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DieOboisten am Theater an der Wien während ... - Wiener Oboe

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Im April 1800 publizierte die „Leipziger Allgemeine musikalische Zeitung“ eine vierteilige Übersicht „über<br />

den Zust<strong>an</strong>d <strong>der</strong> Musik in Böhmen“ Obwohl Stadler nicht n<strong>am</strong>entlich erwähnt wird, wurde das<br />

Opernorchester, in dem er spielte, vom <strong>an</strong>onymen Autor folgen<strong>der</strong>maßen beschrieben: „Das Opernorchester<br />

ist verhältnißmässig schwach besetzt, ... aber es k<strong>an</strong>n nach dem Zeugnisse Mozarts und mehrerer berühmten<br />

Tonsetzer, die es kennen lernten, unter die vorzüglichen in Deutschl<strong>an</strong>d gerechnet werden. Es enthält zwar<br />

keine großen Konzertspieler o<strong>der</strong> Virtuosen vom ersten R<strong>an</strong>ge: aber alle Glie<strong>der</strong> desselben sind geschickte,<br />

gründliche, und einige sogar treffliche Künstler, die vom Ehrgefühl <strong>an</strong>gefeuert, durch bescheidene<br />

Verläugnung ihrer persönlichen Vorzüge und eine l<strong>an</strong>ge Zeit fortgesetztes Zus<strong>am</strong>menspielen ein treffliches<br />

übereinstimmendes G<strong>an</strong>ze ausmachen, das nur von Einer Seele belebt zu seyn scheint.“ 56<br />

In dieser musikalischen Atmosphäre, die das Ensemblespiel genauso hoch schätzte wie solistische Leistung,<br />

arbeitete Stadler laut Dlabaczs Bericht bis zu seiner Übersiedelung nach <strong>Wien</strong> 1804. Nirgendwo wird<br />

behauptet (und ist auch nicht dokumentiert), dass Stadler <strong>am</strong> <strong>Theater</strong> a. d. <strong>Wien</strong> die Position eines ersten<br />

Oboisten bekleidete; allerdings k<strong>an</strong>n <strong>an</strong>genommen werden, dass er, <strong>der</strong> Bürger von Prag war und dort auch<br />

ein Haus besaß, kaum in die Habsburger Hauptstadt gezogen wäre, ohne sicher zu sein, einen Posten als<br />

erster Oboist zu bekommen. Wie bei mehreren Musikern, die in dieser Zeit aus Böhmen <strong>an</strong>s <strong>Theater</strong> a. d.<br />

<strong>Wien</strong> gingen, scheint es gut möglich, dass Fürst Lobkowitz das Engagement Stadlers initiiert hatte.<br />

1807 o<strong>der</strong> 08 lebten Stadler und seine F<strong>am</strong>ilie im westlichen Vorort Laimgrube im Haus 168, einem Teil <strong>der</strong><br />

k.u.k. Artilleriekaserne, drei Blöcke nordwestlich des <strong>Theater</strong>s a. d. <strong>Wien</strong>. Eine weitere Tochter – Amalia –<br />

ist 1806 zur Welt gekommen. 57 1810, spätestens 1811 scheint sich die F<strong>am</strong>ilie wesentlich westlicher in <strong>der</strong><br />

unteren Steingasse 68 im Vorort Windmühle nie<strong>der</strong>gelassen zu haben. Tochter Cäzilia (o<strong>der</strong> Cecilia) wurde<br />

1808 o<strong>der</strong> 1809 geboren. 58 Irgendw<strong>an</strong>n nach <strong>der</strong> Geburt <strong>der</strong> Tochter Catharina im Jahre 1811 lebte die<br />

F<strong>am</strong>ilie wie<strong>der</strong> im Kasernenkomplex Laimgrube 168, nun aber in einem <strong>an</strong><strong>der</strong>en Appartement. 59 Vielleicht<br />

war <strong>der</strong> tägliche Fußweg von <strong>der</strong> unteren Steingasse, die sich gut einen Kilometer weiter westlich bef<strong>an</strong>d<br />

(und somit zwei km vom <strong>Theater</strong> entfernt lag) für Stadler zu weit o<strong>der</strong> vielleicht entsprach das Quartier in<br />

<strong>der</strong> Kaserne mehr <strong>der</strong> seiner wirtschaftlichen Situation – möglicherweise werden wir es nie erfahren.<br />

Auf den ersten Blick hochinteress<strong>an</strong>t ist Dlabaczs Bericht von vier Kompositionen Stadlers, die in <strong>der</strong> Zeit<br />

bis 1815 von S. A. Steiner in <strong>Wien</strong> verlegt wurden. Unglücklicherweise entpuppen sich diese Werke bei<br />

näherer Betrachtung als identisch mit Werken, die tatsächlich von Joseph Jakob Stadler (geb. 1753)<br />

komponiert wurden. 60<br />

56<br />

„Über den Zust<strong>an</strong>d <strong>der</strong> Musik in Böhmen“, Allgemeine musikalische Zeitung 2 (23. Apr. 1800), Sp. 522-523. Im Orchester spielten<br />

u. a. Praupner (Geige), Kral (Wenzel, Geige) <strong>der</strong> jüngere (Bru<strong>der</strong>) Praupner (Geige), Kutscherer (Joh<strong>an</strong>n, Vorgeiger, zweite Violine),<br />

Stiasny (Wenzel, Cello), Gr<strong>am</strong>s (Kontrabass), Leitl (Flöte/<strong>Oboe</strong>), Dwornik (Wenzel, Klarinette), etc: Diese N<strong>am</strong>en entsprechen <strong>am</strong><br />

ehesten denen, die laut Schönfeld, S. 151, <strong>am</strong> Nationaltheater spielten, wohin Gr<strong>am</strong>s scheinbar wie<strong>der</strong> zurückgekehrt sein muss. Die<br />

AmZ zählt keinen <strong>der</strong> zwei regulären Oboisten des Nationaltheaters – Neum<strong>an</strong>n o<strong>der</strong> Stadler – zu den Besten.<br />

Weiters schreibt die AmZ im selben Artikel (16. Apr. 1800), S. 506–07: „Fr<strong>an</strong>z Leitel auf <strong>der</strong> Flöte und <strong>Oboe</strong>, zeichnet sich durch<br />

gleiche Schönheit des Tones auf beyden Instrumenten aus... Die Brü<strong>der</strong> Kauer sind die besten Oboisten (S. 506 – 507).<br />

Der Oboist Fr<strong>an</strong>z Leidl (die selbe Person wie in Schönfeld, jedoch ohne Daten<strong>an</strong>gaben) ist Gegenst<strong>an</strong>d eines l<strong>an</strong>gen Artikels im<br />

zweiten B<strong>an</strong>d von Dlabaczs Lexikon, II, 192 – 193; Joh<strong>an</strong>n und Wenzel Kauer sind mit kurzen biographischen Artikeln in Dlabacz,<br />

II, 45 –47 vertreten.<br />

57 Conscriptionsbogen, 1805, aktuell ca. 1807-1808 Laimgrube Haus Nr. 168 (durchgestrichen und durch 119 ersetzt), Wohnpartei 3.<br />

Das Gebäude bef<strong>an</strong>d sich in <strong>der</strong> Pfarre <strong>der</strong> Carmeliter Kirche Heute befindet sich das Gebäude hinter den d<strong>am</strong>aligen Stallungen<br />

(heute Museumsquartier) im Komplex <strong>der</strong> „Stiftskaserne“. Der von den Nazis im Kasernenhof <strong>während</strong> des 2. Weltkriegs erbaute<br />

Flakturm ist von <strong>der</strong> Ringstrasse aus gut sichtbar.<br />

58 Conscriptionsbogen, 1810, Windmühle, Haus Nr. 68, Wohnpartei 3 (später 1). Die Wohnung war auf <strong>der</strong> westlichen Seite <strong>der</strong><br />

Unteren Steingasse (heute Webgasse), vielleicht zwei Häuser südlich <strong>der</strong> Mariahilferstraße (zwei Blöcke östlich <strong>der</strong> Linie, heute<br />

Gürtel). Diese Information befindet sich auf den weiter unten folgenden Zeilen des Bogens, stellt somit die Situation Ende 1810 o<strong>der</strong><br />

1811 (noch bevor Catharina geboren wurde) dar. Die Wohnung bef<strong>an</strong>d sich in <strong>der</strong> Pfarre St. Joseph, einige Blöcke westlich von<br />

Haydns Vorstadthaus. Als Stadler dort hingezogen ist, war in dieser Gegend erst kürzlich neu gebaut worden. Im<br />

Conscriptionsbogen, 1810/11 wird Cäcilias Geburtsjahr mit 1809 <strong>an</strong>gegeben, aber im Conscriptionsbogen, <strong>der</strong> nach 1811 gültig war,<br />

mit 1808. Im Conscriptionsbogen, 1821/22 jedoch wird das Geburtsjahr 1811 <strong>an</strong>gegeben, was aber eine Verwechslung mit Catharina<br />

zu sein scheint)<br />

59 Conscriptionsbogen, 1805, [aktuell 1811], Laimgrube Haus Nr. 168, Wohnpartei 2. Ich möchte <strong>an</strong> dieser Stelle Fr. Rita Steblin<br />

d<strong>an</strong>ken, die mich auf diese zweite Eintragung <strong>der</strong> F<strong>am</strong>ilie Stadler in den Volkszählungslisten im Jahre 1805 (1807-1808)<br />

hingewiesen hat.<br />

60 Dlabacz, III, Sp. 195; auch in Wurzbach B<strong>an</strong>d 37, S. 72 zitiert. Die Auslegung <strong>der</strong> Liste folgt Dlabacz. Diese Kompositionen<br />

wurden grundsätzlich gleichlautend in Dlabaczs Artikel über Joseph Jakob Stadler erwähnt. Dieser Stadler wurde in Rosenthal<br />

[Rozmital] in Böhmen 1753 geboren, er war Pi<strong>an</strong>ist, Geiger und Kontrabassist und seine Werke wurden ca. 1805von Steiner in Wein<br />

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