NST-N 12/2011 - Niedersächsischer Städtetag
NST-N 12/2011 - Niedersächsischer Städtetag
NST-N 12/2011 - Niedersächsischer Städtetag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
262<br />
PLANUNG UND BAUEN<br />
Demografischer Wandel<br />
Fachwerkstädte liegen zum größeren<br />
Teil in Regionen, die besonders stark<br />
von negativen demografischen Entwicklungen<br />
betroffen sind. Dabei mindert<br />
nicht nur der allgemeine Bevölkerungsrückgang<br />
die Einwohnerzahl,<br />
sondern es ist vielfach durch nicht ausreichende<br />
Attraktivität der Wohnungen,<br />
des Wohnumfeldes, der Infrastruktur<br />
und/oder der Verkehrsanbindung ein<br />
verstärkter Wegzug, vor allem jüngerer<br />
Bewohner, aus Fachwerkstädten zu<br />
beobachten.<br />
Der Wegzug, vor allem jüngerer Bürgerschichten<br />
beruht in der Hauptsache<br />
auf mangelnder Attraktivität. Der<br />
Ansatzpunkt, um demografischen Entwicklungen<br />
entgegenzuwirken, muss<br />
deshalb in erster Linie darin liegen,<br />
die Attraktivität von Fachwerkstädten<br />
für Bürger zu steigern, um sie zum<br />
Dableiben zu veranlassen, für andere<br />
Bürger, um sie zum Zuzug zu animieren<br />
und schließlich für Touristen<br />
und Besucher, um die Stadt aufzusuchen,<br />
zu genießen und in der Stadt<br />
auch zu konsumieren. Zur Attraktivität<br />
einer Stadt gehören unter anderem<br />
Kultur-, Wirtschafts- und Bildungseinrichtungen,<br />
vor allem aber Arbeitsplätze,<br />
neben attraktiven Wohnungen,<br />
günstiger Verkehrsanbindung, ausreichender<br />
Infrastruktur und Einrichtungen<br />
für Gesundheit und Wellness.<br />
Dabei befruchten sich entsprechende<br />
Attraktivitätsaspekte gegenseitig. Vordergründig<br />
gehört zu dieser Attraktivität<br />
aber auch, wie sich die Stadt<br />
für Bürger und Besucher darstellt.<br />
Zur Attraktivitätssteigerung in Fachwerkstädten<br />
dienen alle Initiativen der<br />
Fachwerk Triennale 09 und <strong>12</strong>.<br />
Der mögliche Beitrag von Fachwerkhäusern<br />
zur Verringerung des<br />
CO2-Ausstoßes<br />
Bisher wurde beim Thema Fachwerk<br />
und Energieeinsparung bzw. CO2-Minderung<br />
in erster Linie die Gebäudehülle<br />
betrachtet. Diese Herangehensweise<br />
hat sich als schlecht durchführbar und<br />
wenig effizient erwiesen. Eine Außendämmung<br />
ist bei historischen Sichtfachwerkgebäuden<br />
nicht möglich und<br />
Innendämmungen sind bis jetzt nur<br />
begrenzt durchführbar, also die Forderungen<br />
der EnEV sind in den meisten<br />
Fällen nicht erreichbar.<br />
Zu dicke Innendämmungen bergen<br />
nter anderem folgende Gefahren:<br />
• Tauwasserausfall in der Wand durch<br />
die kälter werdende Außenwand<br />
und zu geringen Dampfdruck,<br />
• Feuchte von außen (insbesondere<br />
Schlagregen), die nicht schnell<br />
genug und ausreichend abgeführt<br />
werden kann,<br />
• Frost zwischen der Innenseite der<br />
Außenwand und der Außenseite der<br />
Dämmung,<br />
• Fehlstellen bei der Innendämmung<br />
und Hinterströmung (Lufteintritt)<br />
zwischen Außenwand und<br />
Dämmung,<br />
• Anbindung der Innenwände/<br />
Wärme brücken,<br />
• Pilzwachstum,<br />
• Nicht ausreichender sommerlicher<br />
Wärmeschutz.<br />
Um den gesellschaftlichen und administrativen<br />
Forderungen nachzukommen<br />
– dies gilt gerade jetzt bei<br />
der intensivsten Energiedebatte, die<br />
jemals geführt wurde – sind für die<br />
Fachwerkbauten und Fachwerkstädte<br />
weitreichendere Ansätze notwendig.<br />
Fachwerk verlangt andere Lösungen,<br />
wie zum Beispiel quartiersbezogene<br />
Sanierungen oder gar die ganzheitliche<br />
Betrachtung der Stadt und<br />
schließlich erfordert umfassender<br />
Klimaschutz auch eine umfassende<br />
Städtebauförderung.<br />
Um unsere Fachwerkstädte generell<br />
energetisch zukunftsfähig zu machen<br />
ist es notwendig:<br />
• in den Fachwerkstädten Energie<br />
günstig bereitzustellen, das heißt,<br />
sowohl bei städtebaulichen Maßnahmen<br />
wie auch Einzelmaßnahmen<br />
günstige Energiequellen wie<br />
Blockheizkraftwerke, Biogasanlagen<br />
(Biogas aus der Region verstromt),<br />
Bioheizkraftwerke (Müll<br />
und Bioabfallverbrennung), Solarenergie<br />
aus Energieparks, Wärmerückgewinnungsanlagen,Erdwärmepumpen<br />
für Grundwasser oder<br />
Flächenkonvektoren (Geothermie),<br />
Luftwärmepumpen und noch zu<br />
erforschende Energiequellen zu<br />
erschließen. Insgesamt müssen im<br />
Rahmen der Stadtentwicklung und<br />
der Bauleitplanung Klimapläne entwickelt<br />
werden, die sich stark auf<br />
regenerative Energien stützen,<br />
• im Gebäude den Energieverbrauch<br />
durch geeignete Kesselanlagen zu<br />
minimieren,<br />
• im Gebäude den Energieverbrauch<br />
durch geeignete Installationssysteme<br />
und Leitungsführungen zu<br />
minimieren,<br />
• Wärmeverluste durch die Außenhaut<br />
des Gebäudes zu minimieren, also<br />
im Bereich von Fachwerkwänden<br />
so viel zu dämmen, wie technisch<br />
unbedenklich möglich ist, dafür<br />
aber im Dach- und Kellerbereich<br />
höchstmögliche Dämmwirkungen<br />
zur Kompensation zu erzielen.<br />
In der Triennale <strong>12</strong> der Arbeitsgemeinschaft<br />
Deutsche Fachwerkstädte e. V.<br />
sollen entsprechende Ansätze der<br />
Städte in Realisierungsreife gebracht<br />
werden. Dazu sollen unter anderem<br />
die Triennalebeiträge von Wolfhagen<br />
und Osterode dienen. Dabei soll der<br />
Schwerpunkt in Wolfhagen auf den<br />
städtebaulichen Aspekten und der<br />
wissenschaftlichen Erforschung geeigneter<br />
Gesamt- wie Einzelmaßnahmen<br />
liegen und in Osterode auf Außendämmungen<br />
unter regional typischen<br />
Verkleidungen.<br />
Ziel sollte es werden, für 2013 als<br />
Ergänzung zu unserer Broschüre zur<br />
Fachwerkimmobilie die Handwerkeranleitung<br />
Nr. 6 in einen Leitfaden zur<br />
CO2-Einsparung einmünden zu lassen.<br />
Dazu würde es auch gehören, dass<br />
wir die Bundesregierung und die KfW<br />
animieren, für Fachwerk grundsätzlich<br />
eine Ausnahmeregelung vorzusehen,<br />
die das Augenmerk nicht auf die Hüllflächen,<br />
sondern auf den Primärverbrauch<br />
von Energie lenkt.<br />
Bei den Fördermöglichkeiten und Fördersätzen<br />
muss auch Berücksichtigung<br />
finden, dass das kleinteilige<br />
Fachwerk höhere Bauunterhaltungsaufwendungen<br />
benötigt wie jüngere<br />
Bauarten. Eine Reihe von Ländern und<br />
Städten haben dazu Handlungsanleitungen<br />
herausgegeben.<br />
Stadtentwicklung/Stadtbild<br />
Stadtentwicklung bedeutet bei schwindender<br />
Bevölkerung vielfach auch<br />
Rückbau. Dabei ist darauf zu achten,<br />
dass die historischen Stadtkerne möglichst<br />
als solche geschlossen erhalten<br />
bleiben. Notwendiger Rückbau sollte<br />
vornehmlich in den Außenbereichen<br />
erfolgen. Bei Denkmalen ist darauf zu<br />
achten, dass nicht etwa zusammenhanglose<br />
Solitäre stehen bleiben. In den<br />
Kernbereichen ist umgekehrt darauf zu<br />
achten, dass leere Grundstücke wieder<br />
genutzt werden und weiter, dass Bra-<br />
<strong>NST</strong>-N <strong>12</strong>/<strong>2011</strong>