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SCHWEIZER EINWANDERUNG IN PEST-ALTOFEN 45<br />
der Wahl des Einwanderungslandes festgestellt und kommt zu dem Schluß, daß es<br />
keine schweizerische, sondern nur eine kantonale Auswanderung gibt. »Die<br />
Schwankungen der jährlichen Auswanderungszahlen aus jedem Kanton [...] deuten<br />
darauf hin, daß diese Phänomene sich nicht von zyklischen und unausweichlichen<br />
Ursachen, sondern eher von einer Reihe kleiner lokaler Fakten und vor allem<br />
vielleicht von persönlichen Neigungen oder Familientraditionen herleite.« 11<br />
Frei von Subjektivität bezüglich der Wertung von Ein- und Auswanderern ist<br />
speziell die ungarische Geschichtsschreibung nicht: Grundsätzlich werden Einund<br />
Auswanderung in überwiegendem Maße entweder national-völkisch oder der<br />
marxistischen Geschichtsauffassung entsprechend verzerrt dargestellt - ein steter<br />
Beweis dafür, daß diese Problematik bis heute an Aktualität kaum verloren hat. 12<br />
II. Eigenheiten der schweizerischen Auswanderung<br />
Die europäische Binnenwanderung stand lange im Schatten der vermeintlich<br />
spektakulären Überseewanderung und blieb bis zum heutigen Tage stark vernachlässigt.<br />
Eine Auseinandersetzung mit diesem Phänomen ist nicht zuletzt deshalb<br />
sinnvoll, weil die komplexen Momente der Wirtschafts- und Sozialgeschichte<br />
ohne Berücksichtigung der binneneuropäischen Migration nur unzureichend analysiert<br />
werden können. Deshalb ist das Bild der schweizerischen Auswanderung in<br />
der Literatur ein teilweise Verzerrtes, was ihre Natur und Datierung betrifft. Bereits<br />
im 18. Jahrhundert haben Tausende von Schweizern aus verschiedenen Gegenden<br />
im Ausland als Handwerker gearbeitet; 13 deshalb ist das allgemein vorherrschende<br />
Bild der schweizerischen Auswanderung als einer primär militärischen<br />
stark zu relativieren. Für das 19. Jahrhundert ist die zivile Auswanderung<br />
ein »konstantes Phänomen«, 14 das dadurch verstärkt wurde, daß bis zu Beginn der<br />
starken Industrialisierung weiter Teile Europas »die berufliche Wanderschaft ein<br />
Teil der fachlichen Ausbildung« war. 15 Gerade in bezug auf Ungarn kann festgestellt<br />
werden, daß diese Berufswanderung vor der bürgerlichen Revolution so<br />
starke wirtschaftliche Auswirkungen in Ungarn hatte, daß sie jede Einwanderung<br />
von Schweizern in Budapest zu einem späteren Zeitpunkt entweder verursachte<br />
oder doch zumindest stark prägte. Ein sehr zwiespältiges Bild ergibt sich bei der<br />
Beurteilung der Literatur bezüglich der Wertung dieser Berufswanderung.<br />
Dezsényis 16 kulturhistorisch durchaus wertvolles Werk beispielsweise erwähnt<br />
11 SCHELBERT: Einführung, S. 198.<br />
12 »Vom Auswanderungsland her werden vor allem Dauerauswanderer in eher negativem Licht gese<br />
hen. [...] Das Einwanderungsland hingegen sieht das gleiche Phänomen in gegenseitigem Licht.«<br />
SCHELBERT: Einführung, S. 33.<br />
13 HAUSER: Wirtschaftsgeschichte, S. 304.<br />
14 SCHELBERT: Einführung, S. 196.<br />
15 Ebenda, S. 199.<br />
16 DEZSÉNYI: Magyarország és Svájc, S. 147. »Im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert hatten junge<br />
Bauern vor allem aus der Ostschweiz Stellungen im Hessischen als Melker und Viehzüchter ange-