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SCHWEIZER EINWANDERUNG IN PEST-ALTOFEN 49<br />

Die verspäteten kolonisatorischen Bemühungen, die das absolutistische Österreich<br />

und gewisse politische Gruppierungen in Deutschland nach den napoleonischen<br />

Kriegen in Gang zu bringen suchten, legen beredtes Zeugnis davon ab, daß<br />

die staatlich geförderte Kolonisation ein Produkt merkantilistischer Wirtschaftsauffassung,<br />

und deshalb zu jenem Zeitpunkt bereits obsolet war. Interessant<br />

ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß in der entflammenden publizistischen<br />

Diskussion jener Zeit über das Ziel deutscher Auswanderung nicht selten<br />

Teile der Vereinigten Staaten von Amerika mit Ungarn verglichen wurden, und<br />

sich etliche Stimmen gegen eine Übersee-Auswanderung aussprachen.<br />

Selbstverständlich stand auch diese Kontroverse im Schatten der politischen<br />

Gegensätze in Deutschland: »Parteipolitik, großdeutsche Idee, Sympathie gegenüber<br />

dem absolutistischen Österreich oder dem freisinnigen Ungarn beeinflußte<br />

jede Meinungsäußerung.« 31 So steht beispielsweise in einem zeitgenössischen<br />

Pressekommentar zu lesen: »Eher, ja hundertmal eher würden wir unsere auswandernden<br />

Bauern mahnen, nach Texas zu gehen, [...] als nach Ungarn oder sonst<br />

einem der österreichischen Donauländer. [...] Unklug ist jeder Deutsche zu nennen,<br />

der anderswohin emigriert, als nach dem freien Amerika.« 32 Die Hamburger<br />

Börsenhalle ging gar so weit, in der Beschreibung des allfälligen Koloniallandes<br />

in Ungarn folgendes zu schreiben: »Die Wiener wünschen den, dem sie übel wollen,<br />

in jene Gegend. [...] Es ist ein grüner Wiesenteppich, mit kurzem Gras bewachsen,<br />

von einzelnen Sumpfstrecken unterbrochen, ein Grab für Deutsche, aber<br />

das eigentliche magyarische Wohnland.« 33 Im Hinblick vor allem auf die politischen<br />

und wirtschaftlichen Auswirkungen gaben viele Interessierte, so auch Friedrich<br />

List, einer Kolonisierung Ungarns vor der Überseewanderung den Vorzug. In<br />

seinem Sinne schreibt Höfken über die zu praktizierende Vorgangsweise<br />

Deutschlands: »Die Donau-Kolonisation entspricht zugleich ihrem Bedürfnis an<br />

bequemen Abfluß ihrer überschüssigen Bevölkerung und hilft ihre Stellung gegen<br />

den Osten zu sichern.« 34 Wiederum findet sich eine Parallele zu Rußland, bestand<br />

doch Ungarns Vorteil gegenüber Amerika ebenfalls in der einfachen Tatsache,<br />

daß es trockenen Fußes erreicht werden konnte, 35 wenngleich sich in Ungarn Widerstand<br />

gegen eine Belebung alter Kolonisierungspläne, gegen die willfährige<br />

Benutzung zu fremden politischen Zielen breitmachte.<br />

in der Zeit des Dualismus ist, daß es keine gesetzlich festgelegten Bestimmungen zur Erlangung der<br />

ungarischen Staatsangehörigkeit gab.<br />

31 KOSA: Kolonisationsfrage, S. 28.<br />

32 Ebenda, S. 26.<br />

33 Ebenda, S. 25.<br />

34 HÖFKEN: Deutsche Auswanderung, S. 184.<br />

35 »Für viele Spezialisten jener west- und mitteleuropäischen Staaten, die schon während des frühen<br />

19. Jahrhunderts in die eigentliche Industrialisierung einzutreten begannen, war und blieb das Za­<br />

renreich, ähnlich wie Nordamerika, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten^ wo der Tüchtige es<br />

schnell zu etwas bringen konnte. Gegenüber den Vereinigten Staaten hatte dieses Land zudem noch<br />

den Vorteil, nicht durch einen Ozean von der alten Heimat getrennt zu sein.« GOEHRKE: Schweizer,<br />

S. 67. Vgl. noch KOSA: Pest es Buda, S. 47; HÖFKEN: Deutsche Auswanderung, S. 186.

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