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E&W 6/2011 - GEW

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Foto: Kay Herschelmann<br />

Mut zum Kurswechsel<br />

<strong>GEW</strong>-Kommentar: Mehr Investitionen in Bildung sind notwendig – und machbar<br />

Ulrich Thöne<br />

Bund und Länder haben sich auf dem Bildungsgipfel von Dresden 2008 auf ein klares Ziel<br />

verständigt: Zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sollen bis 2015 für Bildung und<br />

Forschung aufgewendet werden – sieben für Bildung, drei für Forschung (E&W berichtete).<br />

Mit dieser simplen Formel ließen sich viele Probleme unseres Bildungssystems und darüber<br />

hinaus lösen. Denn fast jeder weiß, dass Bildungsarmut materielle Armut nach sich zieht.<br />

Wir akzeptieren deshalb nicht, dass Bund und Länder schon 2010 meinten, den Konsens<br />

in der Bildungsfinanzierung wieder aufgeben zu können und auch nicht, dass mehr<br />

und mehr Länder dort kürzen, wo sie geschworen haben, nicht sparen zu wollen: bei der<br />

Bildung. Wer an der Bildung spart, gefährdet die Zukunft unserer ganzen Gesellschaft.<br />

Die <strong>GEW</strong> wird deshalb noch einmal nachlegen: Am 9. Juni ist die nächste Ministerpräsidentenkonferenz.<br />

Wir werden die Länderchefs daran erinnern, dass wir im Herbst erneut<br />

Bilanz ziehen und die Defizite in der Bildungsfinanzierung offenlegen werden.<br />

Wir werden konkret sagen, wofür mehr Mittel bereitzustellen sind und ebenso konkret,<br />

woher sie kommen sollen. Wir haben Bund und Länder dazu eingeladen, mit uns über<br />

das Steuerkonzept* der Bildungsgewerkschaft zu diskutieren.<br />

Unser Steuerkonzept ist ein grundlegender Beitrag dazu, die Politik wieder handlungsfähig<br />

zu machen und die dringend notwendigen Investitionen in der Bildungspolitik<br />

auf den Weg zu bringen. Ebenso ist es ein grundlegender Beitrag zu mehr Gerechtigkeit<br />

in einer Gesellschaft, die Gefahr läuft, zum wiederholten Mal von neoliberaler Gier gekapert<br />

und ausgeplündert zu werden.<br />

80 Milliarden Euro könnten es sein, die Bund, Länder und Gemeinden jedes Jahr mehr<br />

zur Verfügung stünden, wenn wir ein faires Steuersystem bekämen. 80 Milliarden, die<br />

wir dringend brauchen, um<br />

● die Betreuung für Kinder, die jünger als drei Jahre sind, voranzubringen und den Anspruch<br />

auf Kinderbetreuung zu realisieren,<br />

● die Qualität der Kitas zu verbessern,<br />

● den Ausbau und die Qualität inklusiver Ganztagsschulen zu fördern,<br />

● an jeder Schule mindestens eine Stelle für Schulsozialarbeit bereitzustellen,<br />

● die Qualität von Forschung und Lehre an den Hochschulen nachhaltig zu sichern<br />

und zu verbessern sowie<br />

● die Weiterbildung deutlich auszubauen.<br />

Dafür muss in der Steuer- und Einnahmepolitik ein Kurswechsel erfolgen. Das Steuerkonzept<br />

der <strong>GEW</strong> umfasst folgende Eckpunkte:<br />

● Eine neue Tarifstruktur in der Einkommensteuer führt zu Entlastungen der Haushalte<br />

mit Einkommen bis 70000 Euro. Eine breitere Bemessungsgrundlage führt zu<br />

einem höheren Gesamtaufkommen.<br />

● Unternehmensgewinne müssen realistischer ermittelt werden. Die Gewerbesteuer<br />

soll zu einer Gemeindewirtschaftsteuer ausgebaut, die Körperschaftsteuer auf 25 Prozent<br />

angehoben werden.<br />

● Die Vermögensteuer ist wieder einzuführen. Große Erbschaften und Schenkungen<br />

sind deutlich höher zu besteuern als heute.<br />

● Eine europäische Finanztransaktionssteuer würde ein neues Finanzierungspotenzial<br />

erschließen, ohne die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu belasten. Das EU-<br />

Parlament hat sich jüngst ganz ausdrücklich dafür eingesetzt.<br />

Auch den Steuervollzug sollte Politik verbessern. Es kann nicht angehen, dass wir erst<br />

auf CDs aus Liechtenstein warten müssen und uns dann einer unsäglichen Debatte darüber<br />

ausgesetzt sehen, ob man damit die „armen Millionäre“ nicht in ihren Persönlichkeitsrechten<br />

verletzt. Allein der Vollzug der geltenden Steuergesetze könnte der<br />

Staatskasse Mehreinnahmen in Milliardenhöhe verschaffen.<br />

Für solch eine Debatte braucht die Politik jedoch Mut. Sie darf mit Hinweis auf die jüngste<br />

Steuerschätzung auch nicht den Eindruck entstehen lassen, als seien die Probleme<br />

gelöst. Nur mit einem neuen Steuersystem lassen sich die wichtigen gesellschaftlichen<br />

Aufgaben dauerhaft und sicher bewältigen. Die Neuausrichtung unseres Bildungssystems<br />

steht dabei im Mittelpunkt. Ulrich Thöne, <strong>GEW</strong>-Vorsitzender<br />

BILDUNGSPOLITIK<br />

*s. auch <strong>GEW</strong>-Website<br />

unter:<br />

www.gew.de/Binaries/<br />

Binary65845/2010_10_<br />

26_<strong>GEW</strong>-Steuerkonzept.<br />

pdf sowie E&W 5/2010,<br />

S. 26: Das Steuerkonzept<br />

der <strong>GEW</strong>: Rückkehr<br />

zum Prinzip der<br />

Leistungsfähigkeit<br />

6/<strong>2011</strong> Erziehung und Wissenschaft 21

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