Das komplette Antragspaket - GEW
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Anträge zum Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> in Düsseldorf vom 12.-16. Juni 2013<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Allgemeine Gewerkschafts- und Gesellschaftspolitik<br />
1.1 Schuldenbremse, Fiskalpakt und Spar-/Kürzungspolitik<br />
LV Baden-Württemberg<br />
1.2 Nein zu ESM und Fiskalpakt! Nein zu Sozialkahlschlag und dem Abbau<br />
demokratischer Rechte in Europa! Schluss mit den "Rettungsschirmen" für<br />
Zocker, Banken und Konzerne! Hoch die internationale Solidarität!<br />
LV Bayern<br />
1.3 Kampagne UmSteuern<br />
LV Hessen<br />
1.4 Menschenrechte umsetzen: Menschen mit Behinderungen als<br />
gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft anerkennen und Teilhabe<br />
sicherstellen<br />
BFGA Sonderpädagogische Berufe<br />
1.5 Internationale Arbeit/Kinderarbeit<br />
Hauptvorstand<br />
1.6 Internationales. Palästina. Schule unter Besatzung<br />
LV Baden-Württemberg<br />
1.7 Internationales. Palästina. Schule unter Besatzung - Folgeantrag<br />
LV Baden-Württemberg<br />
1.8 Rechtsanspruch auf Förderung und Weiterentwicklung der Familiensprachen<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
1.9 Berufliche Bildung von geduldeten Migrantinnen und Migranten<br />
LV Bremen<br />
1.10 Berufliche Bildung von Migrantinnen und Migranten mit ungeklärten<br />
Herkunftsländern<br />
BA Seniorinnen und Senioren<br />
1.11 Unterstützung der „Böblinger Charta“<br />
LV Baden-Württemberg<br />
1.12 Zielsetzung Deutsches Auslandsschulwesen<br />
Auslandslehrer (AGAL)<br />
1.13 Geschlechtergerechtigkeit im Arbeits- und Gesundheitsschutz in Bildung,<br />
Erziehung und Wissenschaft<br />
Bundesfrauenausschuss<br />
1.14 Für eine Diversitypolitik im Bildungsbereich jenseits von Management-<br />
Orientierung<br />
BA Studentinnen und Studenten<br />
1.15 Jenseits des Tarifkonflikts – Politischer Streik und Generalstreik als<br />
gewerkschaftliches Kampfmittel und ein umfassendes Streikrecht!<br />
LV Bremen<br />
14<br />
17<br />
20<br />
22<br />
24<br />
30<br />
31<br />
32<br />
33<br />
34<br />
35<br />
36<br />
37<br />
39<br />
42<br />
5
1.16 Keine Sonderrechte für die Beschäftigungsverhältnisse bei kirchlichen<br />
Trägern<br />
LV Baden-Württemberg<br />
1.17 Bürgerversicherung/ Gesetzliche Krankenversicherung auch für Beamtinnen<br />
und Beamte<br />
LV Baden-Württemberg<br />
1.18 Aufhebung des Kooperationsverbotes<br />
Hauptvorstand<br />
1.19 Kooperationsverbot Bund-Länder<br />
LV Baden-Württemberg<br />
45<br />
48<br />
50<br />
51<br />
2. Tarif-, Beamten- und Sozialpolitik<br />
2.1 Mehr Bundeskompetenz im Beamtenrecht<br />
Hauptvorstand<br />
2.2 Strukturelle Diskriminierung von teilzeitbeschäftigten Beamt/innen<br />
verhindern<br />
LV Baden-Württemberg<br />
2.3 Arbeitsbedingungen GrundschullehrerInnen<br />
BFGA Grundschulen<br />
2.4 Fachkräftemangel in Tageseinrichtungen für Kinder beheben – attraktive<br />
Arbeitsbedingungen schaffen<br />
BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />
2.5 Qualifikation, Arbeitsbedingungen und Bezahlung von Schulsozialarbeiter/<br />
innen<br />
BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />
2.6 Stufenzuordnung bei Arbeitgeberwechsel<br />
BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />
2.7 Forderungen zur Entgeltordnung für den Sozial- und Erziehungsdienst<br />
BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />
2.8 Fachberatung im System Tageseinrichtungen für Kinder und Tagespflege<br />
LV Baden-Württemberg<br />
2.9 Bildungszeiten im Rentenrecht anerkennen — Altersarmut bekämpfen!<br />
LV Hessen<br />
2.10 Angleichung des Rentenwerts Ost an den Rentenwert West<br />
BA Seniorinnen und Senioren<br />
2.11 Wege zum Traumjob Wissenschaft<br />
Aktionsprogramm zur Umsetzung des Templiner Manifests<br />
Hauptvorstand<br />
53<br />
55<br />
57<br />
58<br />
61<br />
63<br />
64<br />
67<br />
69<br />
72<br />
74<br />
3. Bildungspolitik<br />
3.1 "Kommunale Bildungslandschaften“<br />
Eckpunkte zur Verbesserung der Kooperation der Bildungseinrichtungen in<br />
den Regionen<br />
Hauptvorstand<br />
90<br />
6
3.2 Kommunale/regionale Bildungsplanung als Feld gewerkschaftlicher Arbeit<br />
LV Niedersachsen / Bundesfachgruppe Gesamtschulen<br />
3.3 Bildungsfinanzierung<br />
LV Berlin<br />
3.4 Bildung braucht mehr Geld<br />
LV Bremen<br />
3.5 Bildung als Menschenrecht erfordert Widerstand gegen Ökonomisierung<br />
und Privatisierung des Bildungswesens<br />
LV Hessen<br />
3.6 Privatisierungstendenzen im Bildungsbereich entgegentreten -<br />
Positionspapier<br />
LV Bayern<br />
3.7 „Erklärung zum Berufsethos der Bildungsinternationalen“<br />
Hauptvorstand<br />
3.8 AKTIONSPLAN LEHRERBILDUNG<br />
Hauptvorstand<br />
3.9 Lehrer_innenbildung in den Fokus rücken – jetzt!<br />
BA Junge <strong>GEW</strong>/Landesverband Sachsen<br />
3.10 Genderkompetenz ist Schlüsselqualifikation in der Lehrer_innenbildung<br />
Bundesfrauenausschuss<br />
3.11 Inklusion in Tageseinrichtungen für Kinder<br />
BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />
3.12 Auf dem Weg zu einem inklusiven Schulsystem<br />
Hauptvorstand<br />
3.13 Universalisierung des Inklusions-Begriffs<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
3.14 Inklusion – ein nicht umkehrbarer Weg<br />
- Erfahrungen aus Bremer Schulen nutzen -<br />
LV Bremen<br />
3.15 Inklusive Schule<br />
- Stellungnahme und Forderungen an die Politik –<br />
LV Berlin<br />
3.16 Strategie der <strong>GEW</strong> zur Entwicklung des Schulsystems in Deutschland<br />
Die inklusive Ganztagsgesamtschule / Gemeinschaftsschule / Integrierte<br />
Sekundarschule als Alternative zum gegliederten Schulsystem<br />
LV Niedersachsen<br />
3.17 Die inklusive Ganztagsgrundschule<br />
LV Niedersachsen, Bundesfachgruppe Gesamtschulen<br />
3.18 Inklusion an berufsbildenden Schulen<br />
BFGA kaufmännische Schulen und BFGA gewerbliche Schulen<br />
3.19 Abbau von Geschlechterstereotypen und Diskriminierung wegen der<br />
sexuellen Orientierung und Identität in Schulbüchern und anderen<br />
Unterrichtsmedien und -materialien<br />
Hauptvorstand, Bundesfrauenausschuss<br />
99<br />
107<br />
114<br />
120<br />
123<br />
127<br />
129<br />
139<br />
141<br />
146<br />
150<br />
157<br />
159<br />
162<br />
172<br />
180<br />
186<br />
190<br />
7
3.20 Abbau von Geschlechterstereotypen und Diskriminierung wegen der<br />
sexuellen Orientierung und Identität in Schulbüchern, realitätsnahe<br />
Darstellung der Vielfalt von Menschen und Lebensformen<br />
LV Rheinland-Pfalz<br />
3.21 Abbau von Geschlechterstereotypen und Diskriminierung wegen der<br />
sexuellen Orientierung und Identität in Schulbüchern und<br />
Unterrichtsmaterialien<br />
LV Berlin<br />
3.22 KMK-Empfehlungen für Interkulturelle Bildung und Erziehung in<br />
Deutschland<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
3.23 Dokumentation und Analyse der Gesetzeslage in der BRD bzgl. sprachlicher<br />
Bildung und interkultureller Erziehung<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
3.24 Ausbildung von interkulturellen MentorInnen und BotschafterInnen<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
3.25 Funktionaler Analphabetismus<br />
LV Rheinland-Pfalz<br />
3.26 Neue Akzente in der schulbezogenen Bildungsforschung<br />
Hauptvorstand<br />
3.27 Qualitätsentwicklung<br />
Hauptvorstand<br />
3.28 PISA ist der falsche Weg! Für gute Bildung — gegen die Produktion von<br />
Testwissen!<br />
LV Hessen<br />
3.29 Vergleichsarbeiten (VERA)<br />
LV Hessen<br />
3.30 Vergleichsarbeiten (VERA)<br />
BFGA Grundschulen<br />
3.31 Strategie zur Weiterentwicklung des bestehenden<br />
allgemeinbildenden Schulsystems<br />
BFGA Gesamtschulen<br />
3.32 Ausbau und dauerhafte Absicherung von Schulsozialarbeit<br />
BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />
3.33 Professioneller Umgang mit den Herausforderungen veränderter Kindheit<br />
BFGA Sonderpädagogische Berufe und BFGA Grundschulen<br />
3.34 Berufs- und Arbeitsweltorientierung in der Schule<br />
Hauptvorstand<br />
3.35 Medien zum Lehren und Lernen in allgemeinbildenden Schulen müssen den<br />
Anforderungen einer modernen Pädagogik genügen<br />
Hauptvorstand<br />
3.36 Grundschule ohne Noten<br />
BFGA Grundschulen<br />
3.37 Gewerkschaftliche Positionen zum Gymnasium<br />
BFGA Gymnasien<br />
197<br />
204<br />
211<br />
214<br />
215<br />
216<br />
222<br />
224<br />
227<br />
230<br />
232<br />
234<br />
239<br />
242<br />
244<br />
251<br />
255<br />
256<br />
8
3.38 Forderungen zur Gymnasialen Oberstufe<br />
BFGA Gymnasien<br />
3.39 Weiterentwicklung der gymnasialen Oberstufe an Gymnasien und<br />
Gesamtschulen<br />
BFGA Gesamtschulen<br />
3.40 Schulzeit bis zum Abitur<br />
BFGA Gymnasien<br />
3.41 Forderungen zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife<br />
BFGA Gymnasien<br />
3.42 Bildungsberatung für Lernen im Lebensverlauf<br />
BFGA Erwachsenenbildung, BFGA gewerbliche und kaufmännische Schulen<br />
3.43 Weimarer Thesen 2012 – Ein "Schutzschirm" für die Weiterbildung<br />
BFGA Erwachsenenbildung<br />
3.44 Hochschulen sozial öffnen: Mehr Studienplätze schaffen, freien<br />
Hochschulzugang sichern, BAföG ausbauen, Studiengebühren abschaffen<br />
BA Hochschule und Forschung und BASS<br />
3.45 Baustelle Hochschule –<br />
Vier Bausteine für die Reform der Promotionsphase<br />
BA Hochschule und Forschung und BASS<br />
3.46 Für Zivilklauseln in Satzungen und Leitbildern aller Hochschulen und<br />
Forschungseinrichtungen sowie in den Landeshochschulgesetzen<br />
BFGA Hochschule und Forschung<br />
3.47 Forderungen der <strong>GEW</strong> für den Bereich Fachhochschulen<br />
BFGA Hochschule und Forschung<br />
262<br />
267<br />
268<br />
275<br />
284<br />
290<br />
297<br />
303<br />
307<br />
309<br />
4. Satzung<br />
4.1 Strukurveränderungen (GV und Bundesausschüsse)<br />
LV Sachsen-Anhalt<br />
4.2 Satzungsergänzender Hilfsantrag zum Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zu<br />
§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />
LV Hamburg<br />
4.3 Änderung der <strong>GEW</strong>-Satzung in § 20 der <strong>GEW</strong>-Satzung Ziff. 1.und 2.<br />
(Geschäftsführender Vorstand)<br />
Bundesfrauenausschuss<br />
4.4 Satzung: Umbenennung Arbeitsbereich AuB<br />
Hauptvorstand<br />
4.5 Anpassung der Satzung an die Organisationswirklichkeit<br />
LV Sachsen-Anhalt<br />
4.6 Satzungsänderung "Politischer Streik"<br />
BA der Studentinnen und Studenten/BFGA Hochschule und Forschung<br />
4.7 Satzungsänderung Mitgliedschaft von Strafgefangenen und<br />
Sicherungsverwahrten deutscher Justizvollzugsanstalten<br />
BA Studentinnen und Studenten/BFGA Hochschule und Forschung<br />
4.8 Satzungsänderung<br />
LV Hessen<br />
315<br />
319<br />
320<br />
323<br />
324<br />
330<br />
332<br />
337<br />
9
4.9 Antrag zu § 13 Absatz 1 der <strong>GEW</strong>-Satzung: Zusammensetzung der<br />
Delegierten des Gewerkschaftstages<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
4.10 Verbesserung der Arbeit in den Gremien<br />
LV Sachsen-Anhalt<br />
4.11 Neustrukturierung der Bundesfachgruppenausschüsse an<br />
allgemeinbildenden Schulen<br />
Bundesfachgruppenausschuss Realschulen<br />
4.12 Namensänderung des BAMA<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
4.13 Satzungsergänzender Antrag betr. § 23 der Satzung der <strong>GEW</strong><br />
LV Hamburg<br />
4.14 Verbesserung der Mitwirkung in den allgemeinen schulischen Fachgruppen<br />
Bundesfachgruppenausschüsse Grundschule, Sonderpädagogische Berufe,<br />
Gesamtschule, Gymnasium<br />
338<br />
339<br />
341<br />
345<br />
347<br />
348<br />
5. Organisation<br />
5.1 Grundsätze der Haushaltspolitik<br />
Hauptvorstand<br />
5.2 Änderung der Haushalts- und Kassenordnung<br />
LV Hessen<br />
5.3 Änderung der "Richtlinien für die Entnahme von Mitteln aus dem Kampfund<br />
Unterstützungsfonds"<br />
LV Hessen<br />
5.4 Umsetzung Gewerkschaftstagbeschluss 5.2/Organisationsentwicklung<br />
Hauptvorstand<br />
5.5 Faire An-Sprache in der <strong>GEW</strong> –<br />
Geschlechterdemokratie in Wort und Bild<br />
Bundesfrauenausschuss<br />
5.6 Anpassung einer Richtlinie des Hauptvorstands<br />
LV Rheinland-Pfalz<br />
5.7 Seniorinnen und Senioren in die DGB-Satzung<br />
LV Bremen<br />
5.8 Anforderungen an ein unterstützendes Umfeld für erfolgreiche<br />
<strong>GEW</strong>erkschaftliche Studierendenarbeit<br />
BFGA Hochschule und Forschung/BASS<br />
5.9 Schulsozialarbeit - Arbeitsstrukturen in der <strong>GEW</strong><br />
BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />
5.10 Hauptamtliche Zuständigkeit für den BAMA im HV<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
5.11 Neugründung einer AG LER<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
5.12 Gemeinsame Termine aller Bundesfachgruppen<br />
BFGAs Grundschule, Sonderpädagogische Berufe, Gymnasien<br />
351<br />
360<br />
361<br />
362<br />
367<br />
369<br />
370<br />
371<br />
377<br />
378<br />
379<br />
380<br />
10
5.13 Gemeinsame Satzungsberatungen<br />
BFGAs Grundschule, Sonderpädagogische Berufe, Gymnasien<br />
5.14 Statt Armut Grundeinkommen für ALLE<br />
LV Bremen<br />
5.15 Wissenschaftliche Evaluation der Berufsbildenden Schulen<br />
LV Bremen<br />
5.16 Gesundheit am Arbeitsplatz Weiterbildung<br />
BFGA Erwachsenenbildung<br />
5.17 Einrichtung einer bundesweiten Info-Hotline für prekär Beschäftigte<br />
LV Hessen<br />
5.18 Einrichtung einer bundesweiten Info-Hotline für prekär Beschäftigte im<br />
Bildungsbereich<br />
Landsverbände Bayern und Thüringen<br />
5.19 Bekämpfung prekärer Beschäftigung in Bildung, Wissenschaft und<br />
Forschung<br />
LV Bremen<br />
5.20 Rehabilitierung der Opfer von Berufsverboten und <strong>GEW</strong>-<br />
Unvereinbarkeitsbeschlüssen<br />
LV Hessen<br />
382<br />
384<br />
386<br />
388<br />
390<br />
391<br />
393<br />
396<br />
A. Anhang<br />
A.1 Verfahrensvorschlag der Antragskommission zu den<br />
Satzungsänderungsanträgen<br />
Hauptvorstand<br />
A.2 Anlage zu Antrag 4.1<br />
LV Sachsen-Anhalt<br />
A.3 Anlage zu Antrag 4.3<br />
Bundesfrauenausschuss<br />
A.4 Anhang zu Antrag 4.5<br />
LV Sachsen-Anhalt<br />
A.5 Anhang zu Antrag 4.10<br />
LV Sachsen-Anhalt<br />
11
Anträge zum Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> in Düsseldorf vom 12.-16. Juni 2013<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Allgemeine Gewerkschafts- und Gesellschaftspolitik<br />
1.1 Schuldenbremse, Fiskalpakt und Spar-/Kürzungspolitik<br />
LV Baden-Württemberg<br />
1.2 Nein zu ESM und Fiskalpakt! Nein zu Sozialkahlschlag und dem Abbau<br />
demokratischer Rechte in Europa! Schluss mit den "Rettungsschirmen" für<br />
Zocker, Banken und Konzerne! Hoch die internationale Solidarität!<br />
LV Bayern<br />
1.3 Kampagne UmSteuern<br />
LV Hessen<br />
1.4 Menschenrechte umsetzen: Menschen mit Behinderungen als<br />
gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft anerkennen und Teilhabe<br />
sicherstellen<br />
BFGA Sonderpädagogische Berufe<br />
1.5 Internationale Arbeit/Kinderarbeit<br />
Hauptvorstand<br />
1.6 Internationales. Palästina. Schule unter Besatzung<br />
LV Baden-Württemberg<br />
1.7 Internationales. Palästina. Schule unter Besatzung - Folgeantrag<br />
LV Baden-Württemberg<br />
1.8 Rechtsanspruch auf Förderung und Weiterentwicklung der Familiensprachen<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
1.9 Berufliche Bildung von geduldeten Migrantinnen und Migranten<br />
LV Bremen<br />
1.10 Berufliche Bildung von Migrantinnen und Migranten mit ungeklärten<br />
Herkunftsländern<br />
BA Seniorinnen und Senioren<br />
1.11 Unterstützung der „Böblinger Charta“<br />
LV Baden-Württemberg<br />
1.12 Zielsetzung Deutsches Auslandsschulwesen<br />
Auslandslehrer (AGAL)<br />
1.13 Geschlechtergerechtigkeit im Arbeits- und Gesundheitsschutz in Bildung,<br />
Erziehung und Wissenschaft<br />
Bundesfrauenausschuss<br />
1.14 Für eine Diversitypolitik im Bildungsbereich jenseits von Management-<br />
Orientierung<br />
BA Studentinnen und Studenten<br />
1.15 Jenseits des Tarifkonflikts – Politischer Streik und Generalstreik als<br />
gewerkschaftliches Kampfmittel und ein umfassendes Streikrecht!<br />
LV Bremen<br />
14<br />
17<br />
20<br />
22<br />
24<br />
30<br />
31<br />
32<br />
33<br />
34<br />
35<br />
36<br />
37<br />
39<br />
42<br />
12
1.16 Keine Sonderrechte für die Beschäftigungsverhältnisse bei kirchlichen<br />
Trägern<br />
LV Baden-Württemberg<br />
1.17 Bürgerversicherung/ Gesetzliche Krankenversicherung auch für Beamtinnen<br />
und Beamte<br />
LV Baden-Württemberg<br />
1.18 Aufhebung des Kooperationsverbotes<br />
Hauptvorstand<br />
1.19 Kooperationsverbot Bund-Länder<br />
LV Baden-Württemberg<br />
45<br />
48<br />
50<br />
51<br />
13
1.1 Schuldenbremse, Fiskalpakt und Spar-/<br />
Kürzungspolitik<br />
Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />
Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />
1. Die <strong>GEW</strong> lehnt es grundsätzlich ab, dass<br />
Arbeitnehmer/innen für die Auswirkungen der<br />
Finanz- und Wirtschaftskrise sowie die Staatsverschuldung<br />
zahlen sollen, die sie in keiner<br />
Weise verantworten. Wir verurteilen die ökonomisch<br />
und sozial schädlichen Sparauflagen<br />
gegen Arbeitnehmer/innen Europas, die diesen<br />
aufgezwungen werden, um die Forderungen<br />
der Banken und Finanzanleger zu bedienen,<br />
und fordern ihre Rücknahme. Es muss Schluss<br />
sein mit der Umverteilungspolitik von unten<br />
nach oben. Die öffentlichen Haushalte dürfen<br />
nicht länger herangezogen werden, die Spekulationsverluste<br />
der Banken und Finanzanleger<br />
auszugleichen.<br />
Die <strong>GEW</strong> lehnt deshalb die Unterwerfung der<br />
öffentlichen Haushalte unter das Diktat der<br />
Schuldenbremse und die daraus resultierende<br />
Spar- und Kürzungspolitik in den öffentlichen<br />
Haushalten ab. Die <strong>GEW</strong> fordert die Aufhebung<br />
der Schuldenbremse.<br />
Die Bildungsausgaben müssen deutlich erhöht<br />
werden, anders ist ein sozial gerechtes und<br />
qualitativ hochwertiges Bildungssystem nicht<br />
finanzierbar. Die <strong>GEW</strong> fordert das Recht auf<br />
freie Tarifverhandlungen auch im öffentlichen<br />
Dienst – dies bedeutet, dass Tarifrecht Vorrang<br />
haben muss vor Haushaltsrecht.<br />
2. Wir solidarisieren uns mit dem Kampf aller<br />
Kolleginnen und Kollegen in Europa gegen das<br />
Diktat der EU und der Finanzmärkte, gegen die<br />
Abwälzung der Schuldenlasten auf die Arbeitnehmer/innen,<br />
für den Erhalt ihrer demokratischen<br />
und sozialen Errungenschaften, der<br />
Kollektivverträge und der Tarifautonomie, für<br />
das Recht auf Bildung, Ausbildung und Arbeit,<br />
auf tarifvertraglich und gesetzlich geschützte<br />
Arbeitsverhältnisse.<br />
Solidarität mit den Kolleg/innen in Europa<br />
heißt für uns, uns gegen die zu wenden, die<br />
diese Politik in ganz Europa vorantreiben wollen.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert deshalb die Annullierung<br />
des Fiskalpaktes und des ESM. Beide Verträge<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgender Änderung:<br />
- Streichung der Zeile 59 bis 69. Dafür folgender<br />
Text:<br />
Wir brauchen handlungsfähige Staaten mit soliden<br />
Staatsfinanzen.<br />
- nach Zeile 72 Übernahme aus Antrag 1.2,<br />
Zeile 78 (In) bis 94 und Zeile 106 bis 116, dabei<br />
folgende Änderung von Zeile 113 bis 116:<br />
Spekulative Finanzgeschäfte wie handelbare<br />
Kreditausfallversicherungen ohne Deckung<br />
(CDS), Refinanzierungsmittel risikobehafteter<br />
Kreditforderungen (CDOs) oder die sog.<br />
Leerverkäufe müssen verboten werden.<br />
- anschließend Übernahme aus Antrag 1.2,<br />
Zeile 95 bis 98 in folgender Fassung:<br />
Wir fordern eine Mehrwertsteuer auch auf Finanzprodukte,<br />
wie schon im Steuerkonzept der<br />
<strong>GEW</strong> gefordert.<br />
- anschließend Übernahme aus Antrag 1.2,<br />
Zeile 135 bis 139<br />
- anschließend Übernahme aus Antrag 1.2,<br />
Zeile 122 (Wenn) bis 134<br />
- Streichung Zeile 74 und 77<br />
- nach Zeile 114 Übernahme aus Antrag 1.3,<br />
Zeile 1 bis 16<br />
14
sind die zentralen Instrumente, um die drohenden<br />
Verluste der Banken und Finanzanleger auf<br />
die Bevölkerung abzuwälzen und in Europa die<br />
Spar- und Kürzungspolitik, die Deregulierung<br />
der Arbeitsverhältnisse und die Lohnsenkungen<br />
und damit verbunden letztlich den Bildungsabbau<br />
durchzusetzen. Sie provozieren gleichzeitig<br />
neue Konflikte in Europa.<br />
3. Die <strong>GEW</strong> tritt keineswegs für hemmungsloses<br />
Schuldenmachen ein. Wir brauchen in<br />
Deutschland und Europa zweifelsohne solide<br />
Staatsfinanzen.<br />
Notwendig dazu ist<br />
• kein weiterer Cent für die staatliche Finanzierung<br />
und Haftung für die Bedienung der<br />
Forderungen der Banken und Finanzinvestoren;<br />
• eine Wende in der Finanz- und Steuerpolitik.<br />
Die <strong>GEW</strong> hat dazu ein eigenes Steuerkonzept<br />
als Diskussionsgrundlage vorgeschlagen,<br />
das in der Summe bundesweit Mehreinnahmen<br />
von 79,5 Mrd. Euro bringt.<br />
4. Der geschäftsführende Hauptvorstand wird<br />
beauftragt, entsprechend dieser Forderungen<br />
zu handeln und zu diesen Fragen eine Kampagne<br />
zur Bundestagswahl vorzubereiten:<br />
• Die <strong>GEW</strong> verteidigt das Recht der Kolleg/innen<br />
auf Tarifforderungen für Einkommensverbesserungen<br />
und das Recht der Gewerkschaften<br />
auf freie Tarifverhandlungen für diese<br />
Forderungen, gestützt auf gewerkschaftliche<br />
Kampfmaßnahmen, um ein demokratisches<br />
Gleichgewicht zwischen den verhandelnden<br />
Parteien zu erlauben. Tarifrecht muss Vorrang<br />
vor Haushaltsrecht behalten. Die <strong>GEW</strong> fordert<br />
außerdem unbefristete Normalarbeitsverhältnisse<br />
für alle Beschäftigten im Bildungsbereich.<br />
• Die <strong>GEW</strong> hält fest an der Forderung 7 Prozent<br />
des BIP für Bildung und 3 Prozent für Hochschulen<br />
und Forschung auszugeben und fordert<br />
die Beseitigung der jahrelangen Unterfinanzierung<br />
der gesamten öffentlichen Bildung. Deshalb<br />
tritt die <strong>GEW</strong> dafür ein, dass die Sparpolitik<br />
gestoppt und die Schuldenbremse aufgehoben<br />
wird. Es gibt insbesondere keinerlei<br />
Spielraum für Stellenstreichungen im Bildungsbereich.<br />
Die <strong>GEW</strong> tritt für die volle Ausfinanzierung des<br />
Rechts und der Garantie:<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
15
• auf einen Kitaplatzes für alle Kinder ab dem<br />
ersten Lebensjahr<br />
• den Ausbau der Ganztagesschule<br />
• einer qualifizierten Schul- und Berufsausbildung<br />
für alle Schüler/innen und Jugendliche;<br />
• eines Studienplatzes für alle Studienwilligen.<br />
• Die <strong>GEW</strong> tritt ein für die Rücknahme/<br />
Annullierung<br />
- der Troika-Programme gegen die Arbeitnehmer<br />
und Völker Europas:<br />
- des Fiskalpakts und des ESM.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
16
1.2 Nein zu ESM und Fiskalpakt! Nein zu<br />
Sozialkahlschlag und dem Abbau<br />
demokratischer Rechte in Europa! Schluss<br />
mit den "Rettungsschirmen" für Zocker,<br />
Banken und Konzerne! Hoch die<br />
internationale Solidarität!<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Erledigt bei Annahme des Antrags 1.1 in der<br />
Fassung der Antragskommission<br />
Antragsteller: LV Bayern<br />
Die <strong>GEW</strong> lehnt es grundsätzlich ab, dass Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer für Auswirkungen<br />
der Krise und die ungeheure Staatsverschuldung<br />
zahlen sollen, die sie in keiner<br />
Weise verantworten. Wir verurteilen die ökonomisch<br />
unsinnigen und sozial verheerenden<br />
Sparauflagen gegen die abhängig Beschäftigten<br />
in weiten Teilen Europas. Sie werden diesen<br />
allein aufgezwungen, um die Forderungen der<br />
Banken und Finanzanleger zu bedienen. Wir<br />
fordern die Abkehr von der Austeritätspolitik<br />
und die Rücknahme der erfolgten tiefen sozialen<br />
Einschnitte.<br />
Schluss mit der Privatisierung öffentlicher Güter!<br />
Wir solidarisieren uns mit dem Kampf aller europäischen,<br />
derzeit insbesondere der griechischen<br />
Kolleginnen und Kollegen, im Kampf<br />
gegen das Diktat der EU und der Finanzmärkte,<br />
gegen die Abwälzung der Schuldenlasten auf<br />
die jeweils abhängig Beschäftigten, für die Erhaltung<br />
ihrer demokratischen Errungenschaften,<br />
der Kollektivverträge und der Tarifautonomie.<br />
Solidarität mit den Kolleg/innen in Griechenland,<br />
Portugal, Spanien etc. heißt für uns,<br />
uns gegen die zu wenden, die diese Politik in<br />
ganz Europa vorantreiben wollen.<br />
Im Mai stimmten Bundestag und Bundesrat<br />
dem Rettungsschirm ESM und dem damit<br />
untrennbar verbundenen „Fiskalpakt“ zu. Der<br />
Bundespräsident hat die entsprechenden Gesetze<br />
noch nicht unterschrieben, es stehen<br />
noch Urteile in verschiedenen Verfahren vor<br />
dem Verfassungsgericht an.<br />
Private Zocker, Banken und Konzerne setzen<br />
unverblümt ihre Interessen an den runden<br />
Lobbytischen von WTO, IWF, WB und EU durch:<br />
Auch die Gewerkschaftsbewegung muss sich<br />
auf ihre politisch-ökonomischen Interessen besinnen,<br />
ihre Forderungen danach ausrichten<br />
und diese in Solidarität, aber auch immer mehr<br />
im organisatorischen Schulterschluss und<br />
konzertierten Aktionen mit den abhängig Be-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
17
schäftigten anderer Staaten energisch vortragen:<br />
• Entsprechend ihrem gewerkschaftlichen<br />
Auftrag als Interessenvertretung der<br />
abhängig Beschäftigten lehnt die <strong>GEW</strong> den<br />
Rettungsschirm ESM und den sog. „Fiskalpakt“<br />
ab. Die bisher aufgespannten „Rettungsschirme“<br />
und die damit verbundenen<br />
Lohnsenkungen, Anhebungen des Renteneintrittsalters,<br />
Arbeitszeitverlängerungen<br />
usw. dienen allein privaten Zockern, Banken<br />
und Konzernen. Schluss damit!<br />
• Solidarität mit den griechischen Kolleginnen<br />
und Kollegen! Angesichts der verheerenden<br />
ökonomischen Situation in Griechenland<br />
müssen unsere Kolleginnen und<br />
Kollegen und die Kinder, Jugendlichen und<br />
Studenten in Bildungseinrichtungen dort<br />
unter unzumutbaren Verhältnissen arbeiten.<br />
Mehrfach haben auch Vertreter unserer<br />
griechischen Partnergewerkschaft<br />
OLME in Deutschland auf Veranstaltungen<br />
der <strong>GEW</strong>, zum Beispiel in Hamburg, bereits<br />
darüber berichtet. Unsere Solidarität überall<br />
da, wo die <strong>GEW</strong> aktiv ist, ist dringend<br />
notwendig. Komplette Streichung der<br />
Staatsschulden Griechenlands! Die Verursacher<br />
sollen hier, dort und anderswo ihre<br />
Schuldenkrise selbst bezahlen!<br />
• Die herrschende Klasse Deutschlands hat<br />
im Zuge ihrer neo-merkantilistischen Politik<br />
(Huffschmidt 2007) vom Euro und von den<br />
Staatsschulden am meisten profitiert. In<br />
den letzten Jahren wurden Körperschaftsteuer<br />
und der Spitzensatz der Einkommensteuer<br />
massiv gesenkt. <strong>Das</strong> führte zu<br />
Steuerausfällen für das Gemeinwesen in<br />
Höhe von jährlich nahezu 50 Mrd. Diese<br />
Steuern müssen wieder - wie in unserem<br />
Konzept gefordert - drastisch angehoben<br />
werden.<br />
• <strong>Das</strong> gesamte Geldvermögen in Deutschland<br />
beträgt etwa fünf Billionen Euro. Auf das<br />
oberste Zehntel der Haushalte entfällt die<br />
Hälfte davon. Die Reichen müssen mit einer<br />
Sonderabgabe deutlich zur Senkung der<br />
Staatsschuld beitragen. Die Vermögenssteuer<br />
muss – wie in unserem Steuerkonzept<br />
gefordert - wieder eingeführt werden.<br />
• Wenn schon eine Mehrwertsteuer, dann<br />
auch auf Finanzprodukte, nicht nur auf<br />
Brot. Die dazu im Steuerkonzept der <strong>GEW</strong><br />
enthaltene Steuer muss eingeführt werden.<br />
Ein solches Steuerkonzept ist eine Voraus-<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
18
setzung dafür, dass der Schuldenberg nicht<br />
einseitig von den kleinen Leuten abgetragen,<br />
die Öffentliche Hand saniert und in der<br />
Folge auch das Sieben-Prozent-Ziel beim<br />
Anteil der öffentlichen Bildungskosten am<br />
Bruttoinlandsprodukt erreicht wird.<br />
• Die Banken drehen trotz ihrer tiefsten Krisenerfahrungen<br />
seit 1945 weiterhin mit<br />
möglichst wenig Eigenkapital möglichst<br />
große Krediträder. Die Verluste laden sie<br />
auf den Staat ab. Deshalb muss das Eigenkapital<br />
der Banken deutlich angehoben<br />
werden.<br />
• Handelbare Kreditausfallversicherungen<br />
ohne Deckung (CDS) und Refinanzierungsmittel<br />
risikobehafteter Kreditforderungen<br />
wie CDOs müssen wie die so genannten<br />
Leerverkäufe verboten werden.<br />
• Weltweit gehen Menschen gegen Banken<br />
und Regierungen auf die Straße. Nur durch<br />
breite Massenproteste können Änderungen<br />
der Politik der Herrschenden erzwungen<br />
werden. Wenn wir nicht wollen, dass die<br />
Krisenlasten einseitig auf die abhängig Beschäftigten<br />
abgewälzt werden, brauchen<br />
wir z.B. einen flächendeckenden gesetzlichen<br />
Mindestlohn, der (wenigstens für<br />
Alleinstehende) keine Hartz-IV-Aufstockung<br />
mehr nötig macht. Wir brauchen die Erhöhung<br />
des Hartz IV-Eckregelsatzes auf mindestens<br />
500 Euro, eine deutliche Arbeitszeitverkürzung<br />
in Richtung 30 Wochenstunden<br />
bei vollem Lohnausgleich sowie eine auskömmliche<br />
Mindestrente, und zwar nicht<br />
erst mit 67, sondern bereits mit 60 Jahren.<br />
• Anstelle von „Rettungsschirmen“ und<br />
Strukturanpassungsprogrammen müssen<br />
Hilfsprogramme aufgelegt werden, die den<br />
Ausbau bzw. Wiederaufbau des Öffentlichen<br />
Sektors beinhalten. <strong>Das</strong> betrifft nicht<br />
nur den immer mehr privatisierten<br />
Bildungsbereich, der der <strong>GEW</strong> naturgemäß<br />
besonders am Herzen liegt, sondern alle<br />
Bereiche der öffentlichen Versorgung und<br />
Vorsorge.<br />
• Keine europäische Finanzdiktatur! Über<br />
Transfers in Höhe von erheblichen Teilen<br />
des Volkseinkommens muss es auch Volksabstimmungen<br />
geben.<br />
100<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
19
1.3 Kampagne UmSteuern<br />
Antragsteller: LV Hessen<br />
Die <strong>GEW</strong> organisiert zur Bundestagswahl 2013<br />
und für die Zeit danach eine Kampagne "Um-<br />
Steuern". Ziele der Kampagne sollen sein:<br />
- die Reregulierung der Geldpolitik (Vorschriften<br />
zu den Finanzprodukten, Eigenkapital,<br />
Haftung etc.)<br />
- die Verkleinerung und Reduzierung der<br />
Banken (Verhinderung von “too big to fail“)<br />
- eine Wende in der Steuerpolitik, um eine<br />
ausreichende finanzielle Basis für die gesellschaftlichen<br />
Aufgaben unter öffentlicher<br />
Kontrolle zu haben (z.B. durch Gesetzesinitiativen<br />
für die Re-Aktivierung der Vermögenssteuer,<br />
einer Revision der Erbschaftssteuer etc.)<br />
- die Verteidigung öffentlicher Güter und<br />
demokratischer und sozialer Errungenschaften.<br />
Die beantragte Kampagne soll außerdem einen<br />
Anstoß für eine breite curriculare Debatte in<br />
den Bildungseinrichtungen geben, die folgende<br />
Fragen thematisiert:<br />
Wie verhindern wir, dass durch die Finanzkrisen-Politik<br />
- die Spaltung der Gesellschaften durch eine<br />
gezielte Umverteilungspolitik weiter zunimmt?<br />
- Gier und Profit zum alleinigen Maßstab der<br />
menschlichen Entwicklung werden?<br />
- ständig weitere öffentliche Güter der prinzipiell<br />
demokratisch beeinflussbaren Gemeinwirtschaft<br />
entzogen und der privaten Verfügungsgewalt<br />
und dem privaten Profitstreben<br />
unterworfen werden?<br />
- Banken die Politik vereinnahmen?<br />
- die Brandstifter anschließend als Feuerwehr<br />
gerufen werden (wie der Wechsel von Finanzpolitikern<br />
zu Goldman Sachs u.a. und<br />
wieder zurück zu Regierungs- und Notenbankchefs<br />
zeigen)?<br />
- die Demokratie bis zur Unkenntlichkeit<br />
pervertiert wird, weil Netzwerke von Lobbyisten<br />
die Politik für ihre Zwecke eingespannt haben?<br />
Begründung<br />
Nicht alle bildungspolitischen Fragen sind Finanzfragen.<br />
Aber die Finanzfragen dominieren<br />
doch große Teile unserer Gewerkschaftspolitik,<br />
insbesondere die Frage der Arbeitsbedingungen<br />
und der Bezahlung. Von daher ist ein sol-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Zeile 1 bis 16: Erledigt bei Annahme des Antrags1.1<br />
in der Fassung der Antragskommssion.<br />
Ab Zeile 17: Material zu Antrag 1.1<br />
20
cher Schwerpunkt nicht nur begründet,<br />
sondern unerlässlich.<br />
Die sog. Finanzkrise und die Reaktion der politisch<br />
Verantwortlichen verschärfen<br />
- die sozialen und wirtschaftlichen Probleme<br />
- einen Privatisierungskurs durch Plünderung<br />
der öffentlichen Kassen<br />
- und untergraben die Demokratie.<br />
Durch die herrschende Politik wird gleichzeitig<br />
die Grundlage für weitere Krisen gelegt.<br />
Es ist für die <strong>GEW</strong> als Bildungsgewerkschaft von<br />
besonderem Interesse, dass endlich die Ursachen<br />
und Verursacher der Krise angegangen<br />
werden, weil sowohl unsere Arbeitsbedingungen<br />
als auch die allgemeinen Bildungsbedingungen<br />
in der Hauptsache staatlich finanziert<br />
werden.<br />
Bereits 1996 haben wir in der <strong>GEW</strong> Hessen mit<br />
der optimistischen und belegten These "Geld<br />
ist genug da" (so auch der Titel eines Sammelbandes<br />
von Herbert Schui und Eckart Spoo)<br />
sehr gut 'nach vorn' diskutieren können und<br />
dabei gleichzeitig einen entscheidenden Punkt<br />
benannt, nämlich die Verteilungsfrage (an der<br />
ja auch die Demokratiefrage hängt). Diese ist<br />
aktueller denn je. Und sie wird heute nicht nur<br />
in linken Medien gestellt (vgl. z.B. FAZ vom<br />
20.8.2011). Insofern wäre dies ein guter strategischer<br />
Anknüpfungspunkt. Er ist zu Recht als<br />
Motto für den Aktionstag am 29.9.2012 gewählt<br />
worden.<br />
Vor 15 Jahren - 1997 - hat die <strong>GEW</strong> Hessen die<br />
Kampagne UmSteuern ins Leben gerufen. Und<br />
2010 und 2011 haben wir uns an der Kampagne<br />
gegen die so genannte "Schuldenbremse"<br />
in Hessen beteiligt (insofern erfolgreich, als<br />
trotz des pro-Votums von vier Landtagsparteien<br />
immerhin rund ein Drittel der Abstimmenden<br />
gegen das Verschuldungsverbot in der<br />
hessischen Verfassung votierten).<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
21
1.4 Menschenrechte umsetzen: Menschen<br />
mit Behinderungen als gleichberechtigte<br />
Mitglieder der Gesellschaft anerkennen<br />
und Teilhabe sicherstellen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Antragsteller: BFGA Sonderpädagogische<br />
Berufe<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass das Menschenrecht<br />
auf Teilhabe für Menschen mit Behinderung<br />
in allen Gesellschaftsbereichen umgesetzt<br />
wird. Hierzu gehört ein Bewusstseinswandel<br />
vom Konzept der Fürsorge zum Konzept<br />
der Teilhabe und des Empowerments, wie es in<br />
der UN-Konvention über die Rechte von Menschen<br />
mit Behinderungen gefordert wird.<br />
Die <strong>GEW</strong> vollzieht diesen Paradigmenwechsel<br />
in den eigenen Untergliederungen durch Aufklärung<br />
und Fortbildungen und vertritt diesen<br />
politisch nach außen. Sie fordert von den<br />
Landesregierungen:<br />
• Öffentlichkeitsarbeit im Sinne eines gesellschaftlichen<br />
Bewusstseinswandels<br />
• ausreichende finanzielle Mittel zur Umsetzung<br />
physischer und kommunikativer Barrierefreiheit<br />
im gesamten öffentlichen Raum unter<br />
gleichberechtigter Beteiligung der Betroffenenverbände<br />
• entsprechende Schulungen von Mitarbeiter/innen<br />
in Behörden und Ministerien<br />
• Stimm-, Antrags- und Vetorecht der kommunalen<br />
Behindertenbeauftragten in allen<br />
kommunalen Entscheidungsgremien<br />
• zeitnahe, konsequente und konkrete Aktionspläne<br />
zur Umsetzung der UN-Konvention<br />
• konsequente Entwicklung eines inklusiven<br />
Bildungssystems (ausreichende räumliche und<br />
personelle Ressourcen, inklusiv ausgerichtete<br />
Pädagog/inn/enausbildung sowie entsprechende<br />
Fort- und Weiterbildung)<br />
• Überprüfung von Gesetzen und Erlassen<br />
auf Diskriminierungsfreiheit sowie deren<br />
notwendige Überarbeitung im Sinne der UN-<br />
Konvention. Anpassung aller neuen Gesetzesvorhaben<br />
an die rechtlichen Vorgaben der<br />
UN-Konvention.<br />
Begründung<br />
Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen<br />
mit Behinderungen bezieht die allgemeinen<br />
Menschenrechte auf die Situation von<br />
Menschen mit Behinderungen. Menschen mit<br />
Behinderung werden in Deutschland noch<br />
weitgehend als Objekte christlicher Nächs-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
22
tenliebe, Humanität und Fürsorge und nicht als<br />
Rechtssubjekte gesehen. Deshalb wird die Verwirklichung<br />
des Menschenrechts auf gleichberechtigte<br />
Teilhabe an finanzielle und personelle<br />
Ressourcen geknüpft. Die Umsetzung von<br />
Barrierefreiheit wird von Politikern nicht als<br />
prioritär angesehen. Hierdurch ist die kulturelle<br />
und soziale Teilhabe von Menschen mit Behinderungen<br />
stark eingeschränkt. Auch im<br />
Schulsystem wird es in Kauf genommen, dass<br />
Kinder mit Behinderung lange Busfahrten zu<br />
Sondereinrichtungen auf sich nehmen müssen<br />
und vom Kontakt mit Gleichaltrigen im sozialen<br />
Umfeld ausgeschlossen werden. Ein selbstverständliches<br />
Miteinander, das vom Menschenrecht<br />
der unbedingten Teilhabe in allen<br />
gesellschaftlichen Feldern ausgeht, muss noch<br />
entwickelt werden.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
23
1.5 Internationale Arbeit/Kinderarbeit<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />
1. Der Gewerkschaftstag bekräftigt die Entschlossenheit<br />
der <strong>GEW</strong>, im Geiste der UN-Millenniumsziele<br />
und der Beschlüsse der Bildungsinternationalen<br />
(BI), aktiv und konsequent für<br />
das Menschenrecht auf Bildung, d. h. für das<br />
Recht eines jeden Menschen auf ungehinderten<br />
und gebührenfreien Zugang zu qualifizierter<br />
Bildung einzutreten. Dies schließt den<br />
Kampf für die Durchsetzung des Verbots von<br />
Kinderarbeit ein.<br />
2. Der Gewerkschaftstag ermutigt die Bildungsinternationale,<br />
mit noch mehr Nachdruck auf<br />
den Ausbau eines qualitativ hochwertigen, öffentlichen<br />
und kostenfreien Bildungswesens in<br />
allen Ländern zu drängen und diese dabei zu<br />
unterstützen.<br />
3. Kinderarbeit ist eines der größten Hindernisse<br />
für die Umsetzung des Menschenrechts<br />
auf gute Bildung. Gleichzeitig ist Kinderarbeit<br />
die schlimmste Form der Lohndrückerei und<br />
der Verweigerung von Arbeitnehmerschutzrechten.<br />
Angesichts der weltweit fortschreitenden<br />
Verflechtungen von Wirtschaft und Kapital<br />
und der damit einhergehenden Ausbreitung<br />
des Prekariats appelliert der Gewerkschaftstag<br />
an die Mitglieder und Gliederungen der <strong>GEW</strong>,<br />
sich dem Kampf der internationalen<br />
Gewerkschaftsbewegung für menschenwürdige<br />
Arbeit mit zielführenden Forderungen und Aktionen<br />
anzuschließen.<br />
4. Der Gewerkschaftstag begrüßt die vom<br />
Hauptvorstand der <strong>GEW</strong> im Herbst 2010 beschlossene<br />
Initiative "Bildung statt Kinderarbeit"<br />
und die Gründung der Stiftung "fair<br />
childhood".<br />
Er fordert die Gremien der <strong>GEW</strong> dazu auf, diese<br />
Arbeit mit Nachdruck fortzusetzen.<br />
5. Vor diesem Hintergrund empfiehlt der<br />
Gewerkschaftstag die Erarbeitung eines<br />
"Bildungs- und entwicklungspolitischen<br />
Zielkatalogs" für die internationale Arbeit der<br />
<strong>GEW</strong>.<br />
Dieser Zielkatalog sollte enthalten<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgender Änderung:<br />
Streichung der Zeilen 73 bis 75.<br />
24
• eine bildungs – und entwicklungspolitische<br />
Standortbestimmung der Internationalen<br />
Arbeit <strong>GEW</strong>;<br />
• die Formulierung operationalisierbarer<br />
Ziele und Strategien,<br />
• die Zusammenführung der bisherigen Aktivitäten<br />
der internationalen Solidaritätsarbeit,<br />
• die Einbindung der bildungs- und hochschulpolitischen<br />
Arbeit auf internationaler<br />
Ebene und<br />
• die Formulierung von Eckpunkten einer aktiven<br />
entwicklungspolitischen Inlandsarbeit.<br />
Die Entwicklung der Ziele soll sich an den Beschlüssen<br />
der BI, des EGBW, des IGB sowie den<br />
bisherigen Beschlüssen der <strong>GEW</strong> orientieren<br />
und internationale Kooperationsmöglichkeiten<br />
mit Partnergewerkschaften und Nicht-Regierungsorganisationen<br />
aufzeigen.<br />
6. Die politische Verantwortung und die<br />
Federführung für diese Arbeit liegen in den<br />
Händen des Geschäftsführenden Vorstands.<br />
Begründung<br />
- Weltweit sind mehr als 215 Millionen von<br />
Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 5<br />
und 17 Jahren aus vielfältigen Gründen von<br />
Bildung ausgeschlossen. Eine große Zahl dieser<br />
Kinder geht regelmäßig oder saisonal Arbeit<br />
nach. Mehr als die Hälfte, 151 Millionen von ihnen<br />
arbeitet in den schlimmsten Formen von<br />
Kinderarbeit. Kinderarbeit ist die schlimmste<br />
Form der Lohndrückerei und der Verweigerung<br />
von Arbeitnehmerschutzrechten überhaupt<br />
und eines der größten Hindernisse für die Umsetzung<br />
des Menschenrechts auf gute Bildung.<br />
- Die <strong>GEW</strong> als Gesamtorganisation muss sich<br />
ihrer Aufgabe und Verantwortung als Bildungsgewerkschaft<br />
stellen, wenn sie ihre vielfach<br />
selbst formulierten Forderungen ernst nehmen<br />
will.<br />
- In den Ländern des so genannten “globalen<br />
Nordens“ wurde Kinderarbeit vor gut 100 Jahren<br />
durch die Einführung von Gesetzen zum<br />
Schutz der Gesundheit und von Arbeitnehmer-<br />
Innenrechten schrittweise weitgehend abgeschafft.<br />
Der Alltag in den Ländern des sogenannten<br />
"globalen Südens" sieht jedoch anders<br />
aus. Eine große Zahl von Kindern geht hier<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
25
egelmäßig Erwerbsarbeit nach. Hierdurch wird<br />
diesen Kindern das Recht auf Bildung verwehrt.<br />
Ohne eine anspruchsvolle Grundbildung für<br />
alle – im Sinne der UN Millenniumsziele – und<br />
ohne eine weiterführende berufliche Qualifikation<br />
ist es jedoch nahezu unmöglich, aus dem<br />
Kreislauf von Analphabetismus, menschenunwürdigen<br />
Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />
auszubrechen.<br />
- Die Delegierten des zweiten Weltkongresses<br />
des Internationalen Gewerkschaftsbundes<br />
(IGB) 2010 haben in ihrer Abschlusserklärung<br />
noch einmal betont, dass der "Schutz der<br />
grundlegenden Arbeitnehmerrechte eine Priorität<br />
des IGB ist und bleiben muss". Der Beschluss<br />
fährt fort: "Ebenso wie Armut an einem<br />
Ort eine Gefahr für den Wohlstand überall darstellt,<br />
untergräbt die Verletzung der grundlegenden<br />
Arbeitnehmerrechte in einem Land<br />
diese Rechte auch in Ländern, in denen sie<br />
gegenwärtig geachtet werden."<br />
- <strong>Das</strong> Engagement für qualitative, öffentliche<br />
Bildung und Ausstattung von Bildungseinrichtungen<br />
ist zugleich der Kampf für bessere,<br />
menschenwürdige Arbeitsbedingungen für<br />
Erwachsene. Der Kampf für die Interessen der<br />
ArbeitnehmerInnen auch immer der Kampf für<br />
Lernende.<br />
Gewerkschaften und Bildungsgewerkschaften<br />
wie die <strong>GEW</strong> nehmen darin eine Schlüsselrolle<br />
ein. Erstens sind sie gefordert, sich für menschenwürdige<br />
Arbeitsbedingungen im eigenen<br />
Land und im Rahmen solidarischer Unterstützung<br />
weltweit einzusetzen. Zugleich, und<br />
dies ist Kehrseite der gleichen Medaille, tragen<br />
sie mit diesem Kampf auch zu einer Verbesserung<br />
der Lernsituation von Kindern und<br />
Jugendlichen bei. Die Bereitstellung von qualitativer<br />
öffentlicher Bildung und angemessener<br />
Infrastruktur für alle Kinder ist e i n Schlüssel im<br />
Kampf gegen Kinderarbeit. Denn je mehr Kinder<br />
regelmäßig an Vollzeitunterricht teilnehmen,<br />
desto stärker ist die Verhandlungsbasis<br />
von ArbeitnehmerInnen und ihrer gewerkschaftlichen<br />
Vertretungen für bessere Arbeitsbedingungen<br />
und faire Bezahlung. Eine Bezahlung<br />
die ein menschenwürdiges Leben sichert.<br />
Der Beitrag der <strong>GEW</strong> ist der Kampf für menschenwürdige<br />
Arbeitsbedingungen für PädagogInnen<br />
und gute öffentliche Bildung weltweit.<br />
Studien zeigen, dass gute Arbeitsbedingungen<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
26
auch immer positive Auswirkungen auf den<br />
Arbeitsplatz und das Arbeitsumfeld haben.<br />
Der Kampf gegen Kinderarbeit ist damit<br />
originäres Kernstück des weltweiten Engagements<br />
insbesondere von Bildungsgewerkschaften<br />
für menschenwürdige Arbeitsbedingungen<br />
für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.<br />
- Der Kampf für bessere Arbeitsbedingungen<br />
im "globalen Norden" darf nicht auf Kosten der<br />
Menschen im “globalen Süden“ gehen. Diese<br />
Feststellung erlangt vor dem Hintergrund internationaler<br />
Wirtschafts- und Handelsverflechtungen<br />
eine besondere Bedeutung nicht nur im<br />
"globalen Süden", in so genannten Schwellenländern<br />
sondern auch im "globalen Norden".<br />
Während im Norden ArbeitnehmerInnenrechte<br />
vielfach durch Gesetze geschützt werden, sind<br />
rechtliche Regelungen andernorts vielfach nicht<br />
vorhanden und/oder Verstöße werden nur<br />
unzureichend geahndet. Im Falle der so genannten<br />
BRICS Staaten – Brasilien, Russland, Indien,<br />
China und Südafrika – wiegen die Verstöße<br />
besonders schwer, da sie auf dem internationalen<br />
Markt ein wachsendes ökonomisches<br />
Gewicht erlangen. Ihre zunehmende<br />
handelspolitische Bedeutung bringt die Gefahr<br />
einer weltweit größer werdenden Akzeptanz ihrer<br />
massiven Verletzungen der Menschen- und<br />
Gewerkschaftsrechte sowie ArbeitnehmerInnenschutzrechte<br />
mit sich. Dies macht internationale<br />
Solidarität und gemeinsame Aktivitäten<br />
und Strategien der gewerkschaftlichen Organisationen<br />
für “gute Arbeit für alle“ unerlässlich.<br />
- Die <strong>GEW</strong> hat durch ihre Mitarbeit in der<br />
Globalen Bildungskampagne zusammen mit anderen<br />
NGOs, sowie durch die konkrete Kooperationen<br />
mit vor Ort arbeitenden Organisationen<br />
und Gewerkschaften in Indien ein Zeichen<br />
auf dem Weg der Umsetzung des Rechts auf<br />
Bildung und im Kampf gegen Kinderarbeit gesetzt.<br />
Doch es ist noch ein langer Weg, um<br />
Kindern weltweit ihr Recht auf Bildung zu garantieren.<br />
- Weltweit gesehen ist "gute Bildung für alle"<br />
jedoch nach wie vor nicht selbstverständlich.<br />
Stattdessen gehört Kinderarbeit und Schulabsentismus<br />
zum Alltag. Begründet wird dies mit<br />
herrschender Armut in den betroffenen<br />
Ländern. Argumentiert wird daran anschließend,<br />
dass Kinderarbeit erst verschwinden<br />
wird, wenn es keine Armut mehr gibt.<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
27
Durch die erfolgreiche Arbeit der Stiftung „fair<br />
childhood“ haben wir bestätigt gefunden, dass<br />
Armut jedoch nicht die alleinige Ursache für<br />
Kinderarbeit, hohe Schulabbruchquoten und<br />
damit Schulabsentismus ist.<br />
- Hinzutreten können auch u. a.<br />
- das schlechte Niveau des Bildungswesens,<br />
- der Mangel an geeigneten Lehrkräften und<br />
die unzureichende Qualifikation des pädagogischen<br />
Personals,<br />
215<br />
220<br />
225<br />
- der schlechte Zustand der Bildungseinrichtungen,<br />
- komplexe, von außen vielfach nicht verständliche<br />
formale Abläufe in Bildungseinrichtungen<br />
(insbesondere bei der Schulanmeldung)<br />
- der Analphabetismus und Bildungsferne im<br />
sozialen Umfeld,<br />
- der Mangel an frühkindlichen staatlichen<br />
Betreuungseinrichtungen und Bildungsangeboten,<br />
- die systematische Diskriminierung auf<br />
Grund von sozialem Geschlecht, Herkunft, sozialem<br />
Hintergrund u.v.m.<br />
- Die Vorstellung des Projektes 'fair<br />
childhood' im April 2011 hat breite Resonanz in<br />
der Öffentlichkeit und der Mitgliedschaft<br />
gefunden. In der Folge haben sich Hunderte<br />
von <strong>GEW</strong>-Mitgliedern als Spender engagiert<br />
und zur ehrenamtlichen Mitarbeit bereit<br />
erklärt. Durch zahlreiche Spenden und zusätzliche<br />
Akquirierung von Fördermitteln des BMZ<br />
kann die Stiftung nach 1 1/2 Jahren Förderprojekte<br />
mit einem Volumen von insgesamt über<br />
400.000,-- € unterstützen. Konkret heißt das,<br />
dass in einem Zeitrahmen von drei bis vier Jahren<br />
„fair childhood“ in Zusammenarbeit mit<br />
erfahrenen Partnern annähernd 10.000<br />
Kindern den Ausweg aus der Kinderarbeit und<br />
Zugang zur Schulbildung eröffnen wird.<br />
- Die internationale Solidaritätsarbeit der<br />
<strong>GEW</strong> zeigt, dass dem politischen Willen und Beschlüssen<br />
auch Taten folgen! Dies zeigen die<br />
vielfältigen Nord-Süd und Nord-Nord Partnerschaften<br />
auf gleicher Augenhöhe.<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
265<br />
28
Nach dem erfolgreichen internationalen<br />
Kongress "Schule ist der beste Arbeitsplatz –<br />
Bildungsgewerkschaften aktiv gegen Kinderarbeit"<br />
im Oktober 2012 in Berlin haben erste<br />
Gespräche über den Projektausbau im Themenschwerpunkt<br />
auch in anderen Ländern (z.<br />
B. mit dem Dachverband der Bildungs- und<br />
Wissenschaftsgewerkschaft (TUFESA) und unserer<br />
Schwesterngewerkschaft (FSASH) in Albanien<br />
stattgefunden.<br />
- Zur Stärkung der Außenwahrnehmung der<br />
<strong>GEW</strong> als kompetenten Akteur im Themenfeld<br />
Kinderarbeit und um den innergewerkschaftlichen<br />
Prozess der Auseinandersetzung voranzutreiben,<br />
ist ein Gesamtkonzept internationaler<br />
Arbeit - ein "Bildungs- und Entwicklungspolitischer<br />
Zielkatalog" - dringend erforderlich.<br />
Allein Lippenbekenntnisse sind unzureichend!<br />
Mit dem Konzept sollen zudem lokale Initiativen<br />
zusammengeführt und Synergien im<br />
Kampf für menschenwürdige Arbeitsbedingungen,<br />
qualitative öffentliche Bildung und damit<br />
die Umsetzung des Rechts auf Bildung weltweit<br />
gewinnbringend genutzt werden.<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
29
1.6 Internationales. Palästina. Schule<br />
unter Besatzung<br />
Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Empfehlung wird nachgereicht<br />
Der <strong>GEW</strong>-Hauptvorstand wendet sich<br />
1. an die Bundesregierung,<br />
2. an die israelische Lehrergewerkschaft Histadrut<br />
Hamorim<br />
1<br />
5<br />
und fordert sie auf, bei der israelischen Regierung<br />
darauf hinzuwirken,<br />
1. dass palästinensische Schüler/innen unbehelligt<br />
von israelischen Siedlern ihre Schulen<br />
erreichen,<br />
2. dass die Zerstörung palästinensischer<br />
Schulen gestoppt wird und<br />
3. dass dort, wo großer Mangel an Klassenräumen<br />
für palästinensische Kinder<br />
herrscht, Schulsanierungen und Schulneubauten<br />
von der israelischen Militärverwaltung genehmigt<br />
werden.<br />
4. Der Gewerkschaftstag bekräftigt, dass alle<br />
Schüler/innen sowie ihre Lehrkräfte in Israel, in<br />
den von Israel besetzten Gebieten und in Gaza<br />
einen Anspruch darauf haben, in den Schulen<br />
in Frieden und unbehelligt von kriegerischen/<br />
aggressiven Aktivitäten zu lernen und zu unterrichten.<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30
1.7 Internationales. Palästina. Schule<br />
unter Besatzung - Folgeantrag<br />
Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Ablehnung<br />
Der <strong>GEW</strong>-Hauptvorstand berichtet in E&W über<br />
die Umsetzung des Antrags "Internationales.<br />
Palästina. Schule unter Besatzung".<br />
1<br />
31
1.8 Rechtsanspruch auf Förderung und<br />
Weiterentwicklung der Familiensprachen<br />
Antragsteller: BA Multikulturelle<br />
Angelegenheiten<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich für die Durchsetzung des<br />
Rechtsanspruchs auf Förderung und Weiterentwicklung<br />
der Familiensprachen ein.<br />
Begründung<br />
Inzwischen wird zwar von PolitikerInnen oder z.<br />
B. in Integrationsplänen von Städten oder<br />
Bundesländern der Stellenwert der mitgebrachten<br />
Sprachen betont und zur Wertschätzung<br />
der gesellschaftlichen Vielfalt aufgerufen.<br />
Wichtig für die Wertigkeit dieser Sprachen, für<br />
das Selbstwertgefühl ihrer SprecherInnen wie<br />
für den praktischen Nutzen, ist jedoch ein verbrieftes<br />
Recht auf die Herkunfts- bzw. Familiensprache,<br />
auf ihre Förderung in den Bildungseinrichtungen<br />
wie auf die wissenschaftliche<br />
Weiterentwicklung. Erst dann entsteht der nötige<br />
Druck, um institutionell, organisatorisch<br />
und finanziell die erforderlichen Maßnahmen<br />
zu entwickeln.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
32
1.9 Berufliche Bildung von geduldeten<br />
Migrantinnen und Migranten<br />
Antragsteller: LV Bremen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich für das Recht auf Ausbildung<br />
für alle ein, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.<br />
Der Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> verurteilt den<br />
Umgang der Behörden mit jugendlichen Migranten,<br />
die wegen ihres ungeklärten Aufenthaltstatus<br />
oder wegen ihres ungeklärten<br />
Herkunftslandes keine gültigen Personalpapiere<br />
(Pässe) besitzen.<br />
Begründung<br />
Zahlreiche Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />
werden in Deutschland nur geduldet –<br />
etwa weil ihre Eltern vor der Einreise in die<br />
Bundesrepublik ihre Personalpapiere vernichtet<br />
haben, um ihr Herkunftsland zu verschleiern<br />
und so möglicherweise einer Abschiebung zu<br />
entgehen. Diese Jugendlichen können keine<br />
Ausbildungsstelle antreten und leben in<br />
Duldung, Abschiebeerwartung oder -haft. Auch<br />
diese Jungendlichen haben ein Menschenrecht<br />
auf Bildung, auf Ausbildung und Arbeit, das<br />
auch die Bundesrepublik zu beachten und umzusetzen<br />
hat.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
33
1.10 Berufliche Bildung von Migrantinnen<br />
und Migranten mit ungeklärten<br />
Herkunftsländern<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Erledigt bei Annahme des Antrags 1.9<br />
Antragsteller: BA Seniorinnen und Senioren<br />
Die <strong>GEW</strong> als Bildungsgewerkschaft setzt sich<br />
für eine berufliche Ausbildung der geduldeten<br />
jugendlichen Migrantinnen und Migranten ein,<br />
die zurzeit nach einem Schulbesuch keine Ausbildung<br />
antreten dürfen, weil sie wegen ihres<br />
ungeklärten Herkunftslandes keine gültigen<br />
Personalpapiere (Pässe etc.) besitzen.<br />
Begründung<br />
Weil ihre Eltern vor der Einreise in die<br />
Bundesrepublik ihre Personalpapiere vernichtet<br />
haben, um ihr Herkunftsland zu verschleiern<br />
und so möglicherweise einer Abschiebung zu<br />
entgehen, besitzen zahlreiche Jugendliche mit<br />
Migrationshintergrund keine Personalpapiere.<br />
Deshalb können sie keine Ausbildungsstelle<br />
antreten und leben in Duldung, Abschiebeerwartung<br />
oder -haft. Sie können ihr<br />
Recht auf Bildung nicht verwirklichen. Da von<br />
der Politik zunehmend darauf hingewiesen<br />
wird, dass der Wirtschaft der Nachwuchs fehlt,<br />
sollte man das Potenzial der Jugendlichen mit<br />
ungeklärter Herkunft nutzen und ihnen erlauben<br />
eine Ausbildung in Deutschland zu absolvieren.<br />
Diese Jugendlichen können danach<br />
entweder die Lücken füllen, die durch die ausscheidenden<br />
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />
entstehen oder in anderen Ländern<br />
Entwicklungshilfe leisten.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
34
1.11 Unterstützung der „Böblinger Charta“<br />
Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Überweisung an den Hauptvorstand<br />
Die <strong>GEW</strong> spricht sich dafür aus, die sog.<br />
"Böblinger Charta" zu unterstützen.<br />
Begründung<br />
Die "Böblinger Charta" wurde am 27.10.2012<br />
auf dem Europakongress verschiedener Verbände,<br />
Kirchen und Gewerkschaften, darunter<br />
auch die <strong>GEW</strong> Böblingen, in Böblingen beschlossen.<br />
Sie ist eine Selbstverpflichtung der<br />
Unterzeichnenden auf ein gerechtes und<br />
gemeinschaftliches Zusammenleben über alle<br />
Ländergrenzen hinweg.<br />
Die "Böblinger Charta" sieht soziale Gerechtigkeit<br />
und demokratische Teilhabe durch die<br />
Wirtschaftskrise bedroht. Sie fordert angemessene<br />
Bezahlung, freien Zugang zu Bildung, Umwelt-<br />
und Gesundheitsschutz und Teilhabe am<br />
politischen und kulturellen Leben als<br />
Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft.<br />
Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, auf<br />
Sozial- und Demokratieabbau aufmerksam zu<br />
machen und gleichzeitig lokale Strategien zu initiieren,<br />
um Wege aus der Krise zu finden.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
35
1.12 Zielsetzung Deutsches<br />
Auslandsschulwesen<br />
Antragsteller: Auslandslehrer (AGAL)<br />
Der Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> nimmt mit<br />
Sorge zur Kenntnis, dass die Zielsetzung des<br />
deutschen Auslandsschulwesens zunehmend<br />
mit einem bildungsfernen Utilitarismus befrachtet<br />
wird: <strong>Das</strong> Potential an gut ausgebildeten<br />
einheimischen Absolventen soll genutzt<br />
werden, um dem Fachkräftemangel in Deutschland<br />
entgegenzuwirken. Dazu werden Strategien<br />
erdacht, die zum Studium, Arbeiten und<br />
Bleiben in Deutschland motivieren sollen. Entwicklungspolitische<br />
Überlegungen, dass damit<br />
z.B. ein Braindrain-Effekt unterstützt wird, werden<br />
ignoriert oder nachgeordnet.<br />
Der Gewerkschaftstag fordert, dass<br />
- die Förderung der 140 Auslandsschulen<br />
und der 870 Sprachdiplomschulen vor allem<br />
mit den Schwerpunkten interkulturelle Begegnung<br />
und Friedensförderung verknüpft wird<br />
- dem prognostizierten Fachkräftemangel in<br />
Deutschland zunächst durch langfristige erhebliche<br />
Bildungsinvestitionen im eigenen Land begegnet<br />
wird sowie die prekären Arbeitsverhältnisse<br />
gut ausgebildeter Hochschulabsolventen<br />
in sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze<br />
mit angemessener Bezahlung umgewandelt<br />
werden<br />
- mit den abgebenden Ländern Absprachen<br />
zur Regulierung der Anwerbung, Kompensation<br />
und Rückkehr vereinbart werden, ohne dass<br />
damit etwa bürokratische Hindernisse für ein<br />
Studium in Deutschland aufgebaut werden<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgenden Änderungen:<br />
Annahme der Zeile 15 – 27<br />
Die Zeilen 1 – 13 werden Begründung.<br />
Die Zeilen 28 – 32 werden gestrichen.<br />
36
1.13 Geschlechtergerechtigkeit im Arbeitsund<br />
Gesundheitsschutz in Bildung,<br />
Erziehung und Wissenschaft<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Antragsteller: Bundesfrauenausschuss<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass<br />
• in der Ausbildung der PädagogInnen und<br />
WissenschaftlerInnen Kenntnisse über gesundheitsförderliche<br />
Arbeitsbedingungen und deren Umsetzung<br />
vermittelt werden;<br />
• in die Ausbildung der Fachkräfte für<br />
Arbeitssicherheit und der Betriebsärzt/-innen<br />
das Leitprinzip Gender Mainstreaming mit dem<br />
Ziel späterer geschlechtergerechter Tätigkeit<br />
eingebracht wird;<br />
• umfassende Gefährdungsbeurteilungen geschlechtergerecht<br />
gestaltet werden, insbesondere<br />
die psychischen Belastungen der PädagogInnen<br />
und WissenschaftlerInnen gemessen<br />
und ein Unterstützungssystem von Maßnahmen<br />
(weiter-)entwickelt und angewandt<br />
wird;<br />
• Mittel für die Durchführung von Maßnahmen<br />
zum Arbeits- und Gesundheitsschutz für<br />
die Beschäftigten im Bildungs- und Wissenschaftsbereich<br />
in der gesetzlich vorgeschriebenen<br />
Höhe in die Haushalte der einzelnen<br />
Bundesländer, Kommunen, Hochschulen<br />
und Forschungseinrichtungen eingestellt werden;<br />
• der Arbeits- und Gesundheitsschutz besonders<br />
in atypischen Beschäftigungsverhältnissen<br />
beachtet wird und die Geschlechterperspektive<br />
aufgenommen wird;<br />
• die betriebliche Gesundheitsförderung und<br />
das betriebliche Eingliederungsmanagement<br />
geschlechtersensibel gestaltet werden;<br />
• der Einfluss häuslicher Gewalt auf das<br />
Bildungs- und Erziehungsgeschehen insbesondere<br />
in Kita, Hort und Schule enttabuisiert<br />
wird und pädagogische Handlungsperspektiven<br />
für den Umgang damit erarbeitet werden;<br />
• für Schulen und alle anderen pädagogischen<br />
Einrichtungen sowie Hochschulen und<br />
Forschungseinrichtungen Sexualpräventionskonzepte<br />
entwickelt werden, die im Besonderen<br />
Mädchen und Frauen mit Behinderungen<br />
vor sexuellen Übergriffen schützen;<br />
• Frauen, die über Familienversicherung und<br />
Hinterbliebenenrente mitversichert sind, ein<br />
aktives und passives Wahlrecht bei den Sozialwahlen<br />
erhalten;<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
37
• ein Frauengesundheitsbericht 2015 erstellt<br />
wird;<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich im DGB dafür ein, dass die<br />
Bundesregierung aufgefordert wird, die Ergebnisse<br />
der Sozialwahlen geschlechtergetrennt<br />
auszuweisen.<br />
Die <strong>GEW</strong> startet im DGB eine Initiative, dass insbesondere<br />
die folgenden Anforderungen der<br />
Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenminister/-innen-<br />
sowie -Senator/-innen an die<br />
Bundesministerien umgesetzt werden:<br />
• in das Förderprogramm zur Gesundheitsforschung<br />
und -prävention sowie zum Arbeitsschutz,<br />
zur Arbeitsmedizin, und zu den Arbeitsbedingungen<br />
werden neben gendersensiblen<br />
Projekten zusätzlich die betriebliche<br />
Gesundheitsförderung mit Verhältnisprävention<br />
sowie die Auswirkungen von atypischen<br />
Beschäftigungsverhältnissen auf die Gesundheit<br />
in der Lebenslaufperspektive aufgenommen<br />
(Bundesministerium Bildung und Forschung<br />
und Bundesministerium Arbeit und Soziales);<br />
• in eine zukünftige Präventionsstrategie die<br />
Geschlechterperspektive mitaufgenommen<br />
wird sowie die aktuellen Berichtsergebnisse in<br />
die Überprüfung miteinbezogen (Gesundheit);<br />
sämtliche Schriften zum Gesundheits- und<br />
Arbeitsschutz werden in geschlechtergerechter<br />
Sprache verfasst.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
38
1.14 Für eine Diversitypolitik im<br />
Bildungsbereich jenseits von<br />
Management-Orientierung<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Antragsteller: BA Studentinnen und Studenten<br />
Die <strong>GEW</strong> bekennt sich zu einer Diversitypolitik,<br />
die nicht einer managementorientierten Ausrichtung<br />
folgt, sondern den Abbau und die Vermeidung<br />
von Diskriminierungen aufgrund der<br />
verschiedenen Diversitydimensionen zum Ziel<br />
hat.<br />
Da Diversity-Management nicht auf den Abbau<br />
von Diskriminierungen um ihrer selbst Willen<br />
abzielt, sondern gezielt den "Nutzen" von bestimmten,<br />
erwünschten Aspekten gesellschaftlicher<br />
Vielfalt für das Erreichen von Unternehmensinteressen<br />
(Erschließen neuer Kund_innengruppen<br />
o.ä.) in den Vordergrund stellt,<br />
steht es im Widerspruch zur Forderung der<br />
<strong>GEW</strong>, gleiche Bildungschancen für alle zu gewährleisten<br />
und bestehende Diskriminierungen<br />
zu beseitigen. Gesellschaftliche Vielfalt darf<br />
nicht nur dann Berücksichtigung finden, wenn<br />
sie einen vermeintlichen Nutzen für eine<br />
Einrichtung verspricht.<br />
Auch wenn Geschlecht eine der Dimensionen<br />
von Diversity ist, vertritt die <strong>GEW</strong> eine Diversitypolitik,<br />
die nicht zu Lasten der nach wie vor<br />
dringend notwendigen Frauen-, Gleichstellungs-<br />
und Geschlechterpolitik geht bzw. als Ersatz<br />
für diese herhalten soll. Sie versteht Diversitypolitik<br />
als einen zusätzlichen Ansatz, der<br />
stärker in Bildung, Erziehung und Wissenschaft<br />
Berücksichtigung finden soll und dabei in enger<br />
Verzahnung mit Frauen-, Gleichstellungs- und<br />
Geschlechterpolitik umgesetzt werden muss,<br />
um Überschneidungen verschiedener Diversitydimensionen<br />
im Blick zu haben.<br />
Begründung<br />
Diversity-Konzepte finden immer häufiger Eingang<br />
in Bildungsinstitutionen. Dabei geht es zunächst<br />
einmal darum, dass in Gruppen oder<br />
Einrichtungen die gesellschaftliche Vielfalt, also<br />
bspw. ethnische und soziale Herkunft, Alter, Religion,<br />
Geschlecht, sexuelle Orientierung oder<br />
Identität, Behinderung etc. reflektiert und berücksichtigt<br />
werden sollen. Dieser Ansatz<br />
scheint grundsätzlich begrüßenswert, so kann<br />
er u. a. dazu dienen, unterschiedliche Bildungschancen<br />
in den Blick zu nehmen.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
39
Allerdings gibt es sehr verschiedene Ausrichtungen<br />
und Verständnisse von Diversity. Insbesondere<br />
das aus der US-amerikanischen Betriebswirtschaftslehre<br />
stammende Diversity-<br />
Management deutet Vielfalt als Wettbewerbsvorteil<br />
und zielt auf die Optimierung<br />
von "Humankapital" ab. Diversität wird als ein<br />
Faktor in der Unternehmensführung entdeckt<br />
und als Mittel in Dienst genommen, mit dem<br />
Leistungssteigerungen erreicht werden sollen<br />
und nicht zuletzt auch eine Imagepflege, die<br />
sich bezahlt macht. Wenn dies in Diversity-Management-Konzepten<br />
im Bildungsbereich nun<br />
auch nicht immer so unverblümt zu Tage tritt<br />
wie in der Wirtschaft, so gleicht sich das<br />
Grundmuster dennoch. Im Fokus stehen nicht<br />
die einzelnen Individuen mit ihren Erfahrungen<br />
gesellschaftlicher Diskriminierung und Ausschlusspraxen,<br />
sondern der "Nutzen" von Vielfalt<br />
für die Gesamtinstitution oder abstrakt die<br />
Gesellschaft.<br />
Die grundsätzliche Konzeptionierung eines solchen<br />
Umgangs mit Diversity hat zur Folge, dass<br />
vor allem ökonomisch relevante, und damit<br />
häufig aus Perspektive der Unternehmensführung<br />
ausgewählte Vielfaltsdimensionen berücksichtigt<br />
werden, andere hingegen nicht. Ein Kritikpunkt<br />
ist entsprechend, dass es zu einer Einengung<br />
auf sozial erwünschte Vielfalt kommt.<br />
Gerade damit aber läuft der Umgang mit Diversität<br />
in solchen Diversity-Management-Ansätzen,<br />
die von der Betriebswirtschaft her kommen<br />
und mittlerweile in einer Vielzahl von Institutionen<br />
im Bildungsbereich Einzug gefunden haben,<br />
nicht auf die Anerkennung tatsächlicher<br />
Vielfalt der Individuen und ein Hinterfragen von<br />
Hierarchien und Ausgrenzungen hinaus. In Ansätzen,<br />
die sich auf bloßes Diversity-Management<br />
beschränken, anstatt die betriebene<br />
Diversitypolitik immer auch kritisch unter die<br />
Lupe zu nehmen, bleibt dieses Problem leider<br />
in der Regel unbeachtet.<br />
Was die Ausstattung von Gleichstellungspolitik<br />
konkret betrifft, ist eine äußert bedenkliche<br />
Entwicklung festzustellen: So gibt es Tendenzen,<br />
Frauen-, Gleichstellungs- und Geschlechterpolitik<br />
in Diversity "aufgehen" zu lassen und<br />
damit Kapazitäten von einer nach wie vor dringenden<br />
und wichtigen politischen Arbeit abzuziehen<br />
und in Konkurrenz zueinander zu bringen.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
40
Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass hier eine<br />
Begriffsklärung und Positionierung der <strong>GEW</strong><br />
sinnvoll und notwendig ist, im Hinblick darauf,<br />
welche dieser Konzepte im Einklang mit Forderungen<br />
der <strong>GEW</strong> sind und welche diesen widersprechen,<br />
um die Entstehung und Einführung<br />
solcher Konzepte aus <strong>GEW</strong>-Perspektive begleiten<br />
und mitgestalten zu können.<br />
So richten etwa Hochschulen vermehrt Stabsstellen<br />
oder Beauftragte für Diversity ein. <strong>Das</strong><br />
Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) hat<br />
von 2010 - 2012 das Pilotprojekt "Vielfalt als<br />
Chance" mit einer Reihe von Hochschulen<br />
durchgeführt und damit ein management-orientiertes<br />
Verständnis von Diversity verfolgt.<br />
Dies kann etwa dazu führen, dass Hochschulen<br />
empfohlen wird, sich gezielt um bestimmte<br />
Studierendengruppen zu bemühen, um sie passend<br />
zum Profil der jeweiligen Hochschule auszuwählen.<br />
Dies impliziert, dass andere<br />
Studierendengruppen als unattraktiv für Hochschulen<br />
abgestempelt werden. Auch für<br />
Schulen werden neben der breiten Diskussion<br />
um Inklusion auch Aspekte des Diversity-Managements<br />
in die Debatte eingebracht, die<br />
etwa auf eine Vielfalt unter der Lehrer_innenschaft<br />
abzielt, bei der jedoch Diskriminierungserfahrungen<br />
einzelner Lehrer_innen aus<br />
dem Blick geraten zugunsten einem "Nutzen"<br />
dieser Vielfalt für das Lernen. Auch die Zusammensetzung<br />
von Schüler_innengruppen wird<br />
im Kontext von Diversity-Management eher als<br />
nutzbringende Ressource betrachtet, denn als<br />
Anlass, umfassend für Diskriminierungsgefahren<br />
Einzelner zu sensibilisieren.<br />
Die Berücksichtigung von gesellschaftlicher<br />
Vielfalt in Bildungsinstitutionen ist eine wichtige<br />
Aufgabe. Allerdings darf dies nicht zu einer<br />
Ökonomisierung des Vielfalt-Begriffs führen.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
41
1.15 Jenseits des Tarifkonflikts –<br />
Politischer Streik und Generalstreik als<br />
gewerkschaftliches Kampfmittel und ein<br />
umfassendes Streikrecht!<br />
Antragsteller: LV Bremen<br />
Die <strong>GEW</strong><br />
• bekennt sich zum Politischen Streik und Generalstreik<br />
als gewerkschaftlichem Kampfmittel<br />
zur Durchsetzung der Interessen von<br />
abhängig Beschäftigten,<br />
• unterstützt aktiv gewerkschaftliche und gesellschaftliche<br />
Initiativen mit dem Ziel, den<br />
Politischen Streik und Generalstreik zu<br />
enttabuisieren, die juristische Illegalisierung<br />
zu überwinden und verfassungsrechtlich<br />
zu verankern, gemäß der Allgemeinen<br />
Erklärung der Menschenrechte, der Europäischen<br />
Sozialcharta und den Übereinkommen<br />
mit der Internationalen Arbeitsorganisation<br />
(ILO),<br />
• wirkt aktiv darauf hin, den Politischen<br />
Streik und Generalstreik in der Satzung der<br />
<strong>GEW</strong> zu verankern,<br />
• unterzeichnet den so genannten<br />
„Wiesbadener Appell“ für ein umfassendes<br />
Streikrecht in Deutschland.<br />
• Die <strong>GEW</strong> setzt sich in diesem Zusammenhang<br />
weiterhin auch für das Streikrecht<br />
von Beamten in Tarif- und Besoldungsrunden<br />
ein. Der Hauptvorstand<br />
wird aufgefordert, im Vorfeld der nächsten<br />
Tarif- und Besoldungsrunde eine entsprechende<br />
Mitgliederdiskussion vorzubereiten.<br />
Begründung<br />
Seit geraumer Zeit erleben wir vor dem Hintergrund<br />
der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise,<br />
wie in den Staaten der Europäischen<br />
Union in bisher unbekanntem Maße der Abbau<br />
sozialer und demokratischer Rechte der Menschen<br />
vorangetrieben wird. Mit einer restriktiven<br />
Austeritätspolitik als scheinbar alternativloser<br />
Antwort auf die krisenhafte Entwicklung<br />
einer neoliberal verblendeten Wirtschaftspolitik,<br />
werden immer neue Spardiktate verordnet<br />
und "Rettungsschirme" für marode Banken aufgespannt.<br />
Als deren Resultat geraten ganze<br />
Volkswirtschaften aus den Fugen und die so-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme in folgender Fassung:<br />
Die <strong>GEW</strong> bekennt sich zum Politischen Streik<br />
einschließlich des Generalstreiks als<br />
gewerkschaftlichem Kampfmittel und unterstützt<br />
aktiv gewerkschaftliche und gesellschaftliche<br />
Initiativen mit dem Ziel den Politischen<br />
Streik einschließlich des Generalstreiks zu<br />
enttabuisieren, die juristische Illegalisierung zu<br />
überwinden und verfassungsrechtlich zu verankern,<br />
gemäß der Allgemeinen Erklärung der<br />
Menschenrechte, der Europäischen Sozialcharta<br />
und den Übereinkommen mit der Internationalen<br />
Arbeitsorganisation (ILO).<br />
42
ziale Spaltung in den europäischen Gesellschaften<br />
nimmt teilweise dramatische Formen an.<br />
Während sich die Menschen in Griechenland,<br />
Spanien, Portugal und Frankreich durch Massenproteste<br />
und Generalstreiks zur Wehr setzen,<br />
herrscht in Deutschland eine relative<br />
Ruhe. Lediglich einzelne Warnstreiks und Solidaritätsadressen<br />
haben den "Betriebsablauf"<br />
bisher gestört. Durch den Aufruf des Europäischen<br />
Gewerkschaftsbundes zum europaweiten<br />
Aktionstag am 24.11.2012 hat sich aber<br />
auch hierzulande der Unwille vieler Menschen<br />
über die falsche Politik geregt.<br />
Damit steht auch das Interesse für den politischen<br />
Streik und Generalstreik auf der Tagesordnung.<br />
Jedoch, allein durch schöne Reden<br />
schaffen wir die Illegalisierung des politischen<br />
Streiks nicht aus dem Weg. Die Geschichte hat<br />
gezeigt, dass soziale Grundrechte wie Koalitions-<br />
und Streikfreiheit, die nach Entstehung<br />
und Auftrag gegen die Inhaber wirtschaftlicher<br />
und sozialer Macht gerichtet sind, immer<br />
wieder in Frage gestellt werden und immer<br />
wieder aufs Neue legitimiert, erkämpft und<br />
verteidigt werden müssen. Gerade heute gilt es<br />
umso mehr der öffentlichen Verdrängung entgegenzuwirken<br />
und gleichsam zur Enttabuisierung<br />
des politischen Streiks Folgendes in Erinnerung<br />
zu rufen: Proteststreiks jenseits von Tarifkonflikten<br />
fanden auch hierzulande statt,<br />
ohne rechtliche Konsequenzen für die Initiatoren<br />
und Teilnehmenden. Zum Beispiel:<br />
● Im November 1950 und Januar 1951, als<br />
sich die Stahl- und Bergarbeiter in Urabstimmungen<br />
ihrer Gewerkschaft für Streiks aussprachen,<br />
um die paritätische Mitbestimmung in<br />
den Stahlunternehmen zu erhalten und auf den<br />
Bergbau auszudehnen, woraufhin die Politik<br />
einlenkte und das Montanmitbestimmungsgesetz<br />
verabschiedete.<br />
● Vom 27. bis 29. Mai 1952, als die Beschäftigten<br />
der Zeitungsbetriebe in Befolgung eines<br />
Streikaufrufs der IG Druck und Papier die Arbeit<br />
niederlegten, um für ein besseres Betriebsverfassungsgesetz<br />
zu demonstrieren. Diese Streiks<br />
waren sodann der Anlass für die anschließend<br />
gerichtlich verfügten Verbote politischer<br />
Streiks.<br />
● Vom 25. bis 27. Mai 1972, als Tausende<br />
ArbeitnehmerInnen ihren Arbeitsplatz verließen,<br />
um an Demonstrationen gegen das Mis-<br />
50<br />
55<br />
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90<br />
95<br />
100<br />
43
strauensvotum gegen Willi Brandt teilzunehmen.<br />
● Im Jahre 2006, als die Hafenarbeiter in allen<br />
großen europäischen Häfen streikten, so<br />
auch in Bremerhaven, Hamburg und Rostock,<br />
um die geplante Deregulierung der Hafenarbeiten<br />
durch die EU zu verhindern, die daraufhin<br />
zurückgenommen wurde.<br />
Innerhalb der EU hat Deutschland mit das rückständigste<br />
und restriktivste Streikrecht. Außer<br />
in England, Österreich und Deutschland ist der<br />
Politische Streik in keinem Land rechtlich<br />
illegalisiert, das gilt auch für Beamtenstreiks.<br />
Die Einengung von Streikmaßnahmen auf lediglich<br />
tarifvertraglich regelbare Ziele sind nicht<br />
hinnehmbare demokratische und somit gesellschaftliche<br />
Defizite. Vielmehr handelt es<br />
sich um Verletzung von Menschenrechten und<br />
die Missachtung der Inhalte der auch seit 1965<br />
für Deutschland völkerrechtlich verbindlichen<br />
Europäischen Sozialcharta.<br />
Eine gesellschaftspolitische Debatte hierüber<br />
zu entfachen und selbstbewusst Forderungen<br />
zu stellen, muss vor diesem Hintergrund eine<br />
zentrale Aufgabe der Gewerkschaften und gerade<br />
auch für die <strong>GEW</strong> als Bildungsgewerkschaft<br />
sein. Nur so lassen sich gesellschaftliche Defizite<br />
beheben und soziale Gerechtigkeit in einer<br />
"wehrhaften" Demokratie erkämpfen.<br />
<strong>Das</strong> Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft!<br />
105<br />
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130<br />
135<br />
44
1.16 Keine Sonderrechte für die<br />
Beschäftigungsverhältnisse bei kirchlichen<br />
Trägern<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
setzt sich dafür ein, dass die Sonderrechte für<br />
die Beschäftigungsverhältnisse bei kirchlichen<br />
Trägern abgeschafft werden. Über die für alle<br />
Tendenzbetriebe geltenden Besonderheiten<br />
hinaus dürfen die Rechte von Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern nicht beschnitten werden.<br />
Die Sonderregelungen für religiöse oder weltanschauliche<br />
Einrichtungen nach § 118 Abs. 2<br />
Betriebsverfassungsgesetz und § 9 Allgemeines<br />
Gleichbehandlungsgesetz sind zu beenden. Den<br />
Beschäftigten der Kirchen und ihrer Organisationen,<br />
vor allem Diakonie und Caritas, sind<br />
Mitbestimmung, Koalitionsfreiheit und Tariffreiheit<br />
zuzubilligen. Die Religionszugehörigkeit<br />
oder das religiöse Verhalten dürfen jenseits<br />
eines engen, in herausragender Weise religiös<br />
oder weltanschaulich geprägten<br />
Kernbereiches von Beschäftigungsverhältnissen<br />
kein Einstellungs- oder Entlassungsgrund sein.<br />
Begründung<br />
- In kirchlichen Einrichtungen gilt das Betriebsverfassungsgesetz<br />
nicht: "Auf Religionsgemeinschaften<br />
und ihre karitativen und erzieherischen<br />
Einrichtungen unbeschadet deren<br />
Rechtsform" findet das Gesetz keine<br />
Anwendung (§ 118, Absatz 2). Die Kirchen<br />
praktizieren ein eigenes kirchliches Arbeitsrecht,<br />
das in wichtigen Punkten vom allgemeinen<br />
Arbeitsrecht abweicht und mit mehreren<br />
Grundrechten kollidiert. Für die über eine Million<br />
Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen,<br />
vor allem von Caritas und Diakonie, hat dies<br />
weitreichende negative Folgen.<br />
- Dort gilt eine besondere Loyalitätspflicht,<br />
nicht nur für das Verhalten am Arbeitsplatz,<br />
sondern sie reicht bis ins Privatleben der Beschäftigten:<br />
Konfessionslose Menschen und<br />
Angehörige nichtchristlicher Religionsgemeinschaften<br />
finden in diesen Einrichtungen generell<br />
keine Anstellung. Die Beschäftigten sehen sich<br />
damit konfrontiert, dass ein Verstoß gegen<br />
kirchliche Moralvorstellungen mit einer -<br />
gegebenenfalls sogar fristlosen - Kündigung geahndet<br />
werden kann. Zu diesen "Vergehen"<br />
zählen ein Kirchenaustritt bzw. der Übertritt zu<br />
1<br />
5<br />
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45<br />
45
einer anderen Religion, eine offen gelebte<br />
Homosexualität, die Wiederverheiratung nach<br />
einer Scheidung oder eine kirchlichen Auffassungen<br />
widersprechende öffentliche<br />
Meinungsäußerung (z.B. das Eintreten für die<br />
ersatzlose Streichung des § 218 StGB).<br />
- Egal ob die Mitarbeiter im Bereich der Verkündigung<br />
oder Seelsorge tätig sind oder ob sie<br />
als Ärzt/in, Altenpfleger/in, Erzieher oder Erzieherin,<br />
Schuldnercoach oder Reinigungskraft<br />
arbeiten - nach Auffassung der Kirchen tragen<br />
alle diese Tätigkeiten zu ihrem Verkündigungsauftrag<br />
bei ("Verkündigung durch die helfende<br />
Tat am Nächsten"). Folglich verlangen die kirchlichen<br />
Einrichtungen von ausnahmslos allen Beschäftigten<br />
die Einhaltung einer besonderen<br />
Loyalitätspflicht.<br />
- Leider stützen die höchsten deutschen Gerichte<br />
diese sehr weitgehende Interpretation<br />
kirchlicher Selbstverwaltung bislang. Auch das<br />
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schafft<br />
hier keine Abhilfe, da es in den §§ 9 und 20<br />
eine "zulässige unterschiedliche Behandlung"<br />
erlaubt. Auch der Europäische Gerichtshof für<br />
Menschenrechte hat die Praxis im Grundsatz<br />
bestätigt, allerdings in einer Entscheidung aus<br />
dem Jahr 2010 eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls<br />
angemahnt.<br />
- Ferner müssen die Beschäftigten in kirchlichen<br />
Einrichtungen auf grundlegende Arbeitnehmerrechte<br />
verzichten: In kirchlichen<br />
Einrichtungen wird der sogenannte Dritte Weg<br />
praktiziert. Dieser beruht auf der Vorstellung,<br />
dass sich - anders als in privatwirtschaftlichen<br />
Unternehmen oder dem öffentlichen Dienst -<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht als Vertreter<br />
gegensätzlicher Interessen gegenüberstehen,<br />
sondern in einer "Dienstgemeinschaft" zusammenarbeiten.<br />
Daraus ergibt sich, dass der<br />
"Dritte Weg" kein Streikrecht kennt und ein Betriebsrat<br />
nicht vorgesehen ist.<br />
- Für die Beteiligung der Arbeitnehmer/innen<br />
gibt es in Einrichtungen in kirchlicher<br />
Trägerschaft anstelle von Betriebs- oder Personalräten<br />
lediglich "Mitarbeitervertretungen":<br />
Zur Klärung strittiger Fragen, die die "Betriebsverfassung"<br />
betreffen, treffen sich die<br />
"Dienstnehmer" und die "Dienstgeber" in einem<br />
paritätisch besetzten Gremium. Dort sollen<br />
für anstehende Konflikte einvernehmliche<br />
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100<br />
46
Regelungen gefunden werden; diese müssen<br />
die Zustimmung von 75% der Beteiligten finden.<br />
Gelingt dies nicht, liegt das "Letztentscheidungsrecht"<br />
beim zuständigen Bischof.<br />
- Deshalb werden in Einrichtungen, in denen<br />
der Arbeitsalltag nahezu identisch ist, drei verschiedene<br />
"Betriebsverfassungen" angewandt:<br />
In einem Krankenhaus in kirchlicher Trägerschaft<br />
(Caritas oder Diakonie) gilt das kirchliche<br />
Arbeitsrecht, in kommunalen oder Universitätskliniken<br />
wird das Personalvertretungsgesetz<br />
angewandt und in einem Krankenhaus, das von<br />
der Arbeiterwohlfahrt oder einem Privatunternehmer<br />
betrieben wird, gilt das Betriebsverfassungsgesetz.<br />
- <strong>Das</strong> kirchliche Arbeitsrecht hat zur Folge, dass<br />
in Krankenhäusern, Kindertagesstätten oder Sozialstationen,<br />
die völlig oder weitestgehend aus<br />
öffentlichen Mitteln bezahlt werden, die<br />
Grundrechte nicht uneingeschränkt gelten. Insbesondere<br />
das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit<br />
ist faktisch außer Kraft gesetzt.<br />
Dies führt zum Phänomen der<br />
"Zwangskonfessionalisierung": Manche Menschen<br />
bleiben nur deshalb Mitglied in einer der<br />
beiden großen christlichen Kirchen, weil sie anderswo<br />
keinen Arbeitsplatz finden oder um ihre<br />
berufliche Zukunft fürchten.<br />
- Diese Sonderstellung kirchlicher Sozialeinrichtungen<br />
ist das Ergebnis intensiver Lobbyarbeit<br />
der Kirchen und der Kirchentreue vieler<br />
Abgeordneten in den Parlamenten. Sie widerspricht<br />
dem Geist des Grundgesetzes ebenso<br />
wie dem der europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien.<br />
105<br />
110<br />
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135<br />
140<br />
<strong>Das</strong> darf so nicht bleiben!<br />
47
1.17 Bürgerversicherung/ Gesetzliche<br />
Krankenversicherung auch für Beamtinnen<br />
und Beamte<br />
Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme der Zeilen 1 bis 4.<br />
Ab Zeile 5 wird Begründung.<br />
Die <strong>GEW</strong> unterstützt die Initiative des Deutschen<br />
Gewerkschaftsbundes (DGB) zur Weiterentwicklung<br />
der solidarischen Krankenversicherung<br />
Die Bürgerversicherung ist die sozial gerechte<br />
Weiterentwicklung der solidarischen Krankenversicherung<br />
und ein konsequenter Ansatz<br />
für effektive Strukturreformen im Gesundheitswesen.<br />
Die Bürgerversicherung kann so die Beitragssätze<br />
dauerhaft stabilisieren - Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer sowie Betriebe<br />
werden entlastet.<br />
Dazu wären folgende vier Schritte möglich:<br />
Schrittweise Anhebung der Versicherungspflichtgrenze<br />
Ziel ist, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger<br />
am Solidarausgleich beteiligen. Dadurch könnte<br />
die Beitragsbasis nachhaltig stabilisiert werden.<br />
Private und Gesetzliche Kassen würden dabei in<br />
einen neuen Wettbewerb um die Versicherten<br />
unter gleichen Bedingungen eintreten. In Zukunft<br />
könnten sich alle Bürgerinnen und Bürger<br />
in der Krankenkasse ihrer Wahl versichern - und<br />
zwar unabhängig vom Krankheitsrisiko. Deshalb<br />
ist die Bürgerversicherung keine Einheitskasse.<br />
Einbeziehung anderer Einkommensarten<br />
Dadurch könnten die Beitragssätze weiter gesenkt<br />
und langfristig, unabhängig vom Arbeitsmarkt,<br />
stabilisiert werden. Denkbar ist eine eigenständige<br />
zweite Säule zur Beitragsbemessung<br />
für Zusatzeinkommen. Erforderlich<br />
bei der Einbeziehung zusätzlicher Einkommensarten<br />
ist ein Freibetrag, der sicherstellt, dass<br />
untere Einkommen, sowie Rentnerinnen und<br />
Rentner nicht doppelt und dreifach belastet<br />
werden.<br />
Anpassung der Beitragsbemessungsgrenze<br />
Die Beitragsbemessungsgrenze für Arbeitseinkommen<br />
sollte zunächst nicht angehoben werden.<br />
Damit wird verhindert, dass Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer sowie Betriebe überproportional<br />
belastet werden. Denkbar ist eine<br />
1<br />
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45<br />
48
stufenweise Erhöhung, um der demographischen<br />
Veränderung Rechnung zu tragen.<br />
Eine Bürgerversicherung für alle<br />
Auch Selbständige und neu eingestellte Beamtinnen<br />
und Beamte sollten in Zukunft ein<br />
Wahlrecht in der Bürgerversicherung haben.<br />
Durch diese Ausweitung der solidarischen Finanzierung<br />
auf alle Bürgerinnen und Bürger<br />
könnte der Beitragssatz insgesamt weiter sinken.<br />
Begründung<br />
Unabhängige Gutachten bestätigen, dass keine<br />
verfassungs- oder europarechtlichen Einwände<br />
gegen die schrittweise Einführung der<br />
Bürgerversicherung bestehen.<br />
Vor allem bei der zunehmenden Teilzeitquote<br />
im Lehrerberuf wäre die Option für Beamtinnen,<br />
Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
zu sein und dafür einen Zuschuss des<br />
Landes zu bekommen, die finanziell bessere Variante.<br />
Darüber hinaus würde dies den<br />
Haushalt des Landes vermutlich eher entlasten<br />
als belasten.<br />
(weitere Informationen: Reform-Kommission<br />
"Für ein solidarisches Gesundheitssystem der<br />
Zukunft" BÜRGERVERSICHERUNG STATT KOPF-<br />
PAUSCHALE, Gemeinsame Erklärung für ein solidarisches<br />
Gesundheitssystem der Zukunft.<br />
Herausgeber: DGB Bundesvorstand Juli 2011)<br />
50<br />
55<br />
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65<br />
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75<br />
80<br />
49
1.18 Aufhebung des Kooperationsverbotes<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Kooperationsverbot aufheben<br />
1. Die <strong>GEW</strong> stellt fest: Es ist offenkundig, dass<br />
der konkurrenzbasierte Föderalismus, wie er<br />
durch die Verfassungsreform von 2006 geschaffen<br />
wurde, in der Bildungspolitik gescheitert<br />
ist. <strong>Das</strong>s gemeinsame Anstrengungen wie<br />
bspw. der Dresdner Bildungsgipfel ohne Erfolg<br />
geblieben sind, ist unmittelbarer Ausdruck verfehlter<br />
föderaler Strukturen im Bildungswesen.<br />
Der Verwirklichung gemeinsamer Ziele steht<br />
das Verbot entgegen, bildungspolitische Kooperationen<br />
von Bund und Ländern eingehen zu<br />
können.<br />
2. Die <strong>GEW</strong> fordert einen verfassungsrechtlichen<br />
Rahmen, der die Voraussetzungen für<br />
eine politisch gewollte Kooperation schafft. <strong>Das</strong><br />
Kooperationsverbot muss gestrichen und durch<br />
eine Regelung ersetzt werden, die es Bund und<br />
Ländern ermöglicht, bei der Förderung von<br />
Einrichtungen und Vorhaben der Bildung, Wissenschaft<br />
und Forschung verbindlich zusammenwirken<br />
zu können. Die gemeinsame<br />
Bildungsplanung muss als verpflichtender Auftrag<br />
wieder in das Grundgesetz aufgenommen<br />
werden.<br />
3. Die <strong>GEW</strong> begrüßt, dass Bundesregierung,<br />
Regierungsfraktionen und Opposition im Deutschen<br />
Bundestag sowie Bund und Länder eine<br />
Debatte über die Zukunft der Zusammenarbeit<br />
von Bund und Ländern in Bildung, Wissenschaft<br />
und Forschung begonnen haben. Sie fordert<br />
eine zügige Einigung in der kommenden<br />
Wahlperiode des Deutschen Bundestages.<br />
Begründung<br />
Der GV hat zu der laufenden Diskussion um<br />
eine Lockerung bzw. Aufhebung des Kooperationsverbotes<br />
umfassend Stellung genommen.<br />
Da die öffentliche Debatte anhält, mit einer Einigung<br />
des Bundes und der Länder noch vor<br />
der Bundestagswahl jedoch tendenziell eher<br />
nicht mehr gerechnet werden kann, drängt sich<br />
eine Beschlussfassung durch den Gewerkschaftstag<br />
geradezu auf. Dadurch wird eine Perspektive<br />
für die politische Auseinandersetzung auf<br />
Bundesebene in den kommenden vier Jahren<br />
aufgezeigt und eine Position bezogen, die von<br />
der <strong>GEW</strong> auch öffentlich erwartet wird.<br />
1<br />
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10<br />
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50<br />
50
1.19 Kooperationsverbot Bund-Länder<br />
Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Erledigt bei Annahme des Antrags 1.18<br />
Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Aufhebung des Kooperationsverbotes<br />
zwischen Bund und Ländern in<br />
Bildungsfragen im Grundgesetz.<br />
Der Geschäftsführende Vorstand wird beauftragt<br />
im Rahmen der Bundestagswahl und darüber<br />
hinaus entsprechende Aktionen für diese<br />
Forderung zu entwickeln.<br />
Begründung<br />
Im Rahmen der Föderalismusreform 2006 haben<br />
Bund und Länder ein Kooperationsverbot<br />
in Bildungsfragen beschlossen. Dies hatte u.a.<br />
zur Folge, dass Bund und Länder nicht dauerhaft<br />
in der Bildungspolitik zusammenarbeiten<br />
können und dass der Bund sich nur noch in begrenzten<br />
Ausnahmefällen an der Finanzierung<br />
der Bildung beteiligen kann.<br />
Mittlerweile hat sich gezeigt, dass diese Regelung<br />
unsäglich ist. Tatsächlich sind die Länder -<br />
v.a. finanziell - kaum in der Lage ihrer gesamtstaatlichen<br />
Verantwortung in Sachen Bildung<br />
nachzukommen (z.B. Ausbau der Ganztagesschule).<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
51
Anträge zum Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> in Düsseldorf vom 12.-16. Juni 2013<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
2. Tarif-, Beamten- und Sozialpolitik<br />
2.1 Mehr Bundeskompetenz im Beamtenrecht<br />
Hauptvorstand<br />
2.2 Strukturelle Diskriminierung von teilzeitbeschäftigten Beamt/innen<br />
verhindern<br />
LV Baden-Württemberg<br />
2.3 Arbeitsbedingungen GrundschullehrerInnen<br />
BFGA Grundschulen<br />
2.4 Fachkräftemangel in Tageseinrichtungen für Kinder beheben – attraktive<br />
Arbeitsbedingungen schaffen<br />
BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />
2.5 Qualifikation, Arbeitsbedingungen und Bezahlung von Schulsozialarbeiter/<br />
innen<br />
BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />
2.6 Stufenzuordnung bei Arbeitgeberwechsel<br />
BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />
2.7 Forderungen zur Entgeltordnung für den Sozial- und Erziehungsdienst<br />
BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />
2.8 Fachberatung im System Tageseinrichtungen für Kinder und Tagespflege<br />
LV Baden-Württemberg<br />
2.9 Bildungszeiten im Rentenrecht anerkennen — Altersarmut bekämpfen!<br />
LV Hessen<br />
2.10 Angleichung des Rentenwerts Ost an den Rentenwert West<br />
BA Seniorinnen und Senioren<br />
2.11 Wege zum Traumjob Wissenschaft<br />
Aktionsprogramm zur Umsetzung des Templiner Manifests<br />
Hauptvorstand<br />
53<br />
55<br />
57<br />
58<br />
61<br />
63<br />
64<br />
67<br />
69<br />
72<br />
74<br />
52
2.1 Mehr Bundeskompetenz im<br />
Beamtenrecht<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass der Bund<br />
wieder mehr Gesetzgebungskompetenzen im<br />
Beamtenrecht erhält, damit ein weiteres Auseinanderdriften<br />
der landesgesetzlichen Regelungen,<br />
insbesondere bei der Besoldung, aber<br />
auch in den Bereichen Versorgung und Laufbahn,<br />
verhindert wird.<br />
In einem ersten Schritt strebt die <strong>GEW</strong> an, dass<br />
vergleichbare Funktionen vergleichbaren<br />
Ämtern zugeordnet werden und damit eine<br />
länderübergreifende Vereinheitlichung der<br />
Ämterstruktur hergestellt wird.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Einrichtung einer Kommission<br />
unter Beteiligung der <strong>GEW</strong>, die die Besoldungs-<br />
und Dienstrechtsentwicklungen<br />
analysiert und Vorschläge erarbeitet, die geeignet<br />
sind, die Einheitlichkeit des Beamtenrechts<br />
wieder herzustellen.<br />
Begründung<br />
Mit der Föderalismusreform I im Jahr 2006<br />
wurde mit Ausnahme des Statusrechts die Zuständigkeit<br />
im Beamtenrecht nach fast 35 Jahren<br />
wieder in die alleinige Gesetzgebungskompetenz<br />
der Länder übergeben. Bereits 2003 waren<br />
Arbeitszeit und Sonderzahlungen für<br />
abweichende Landesregelungen freigegeben<br />
worden. Seitdem haben die Länder von ihrer<br />
ausschließlichen Zuständigkeit u. a. bei der Besoldung<br />
regen Gebrauch gemacht, mit der<br />
Folge, dass bereits nach relativ kurzer Zeit<br />
deutliche Divergenzen in der Besoldungshöhe<br />
zu verzeichnen sind.<br />
So liegt beispielsweise die (jährliche) Besoldung<br />
eines Lehrers in Besoldungsgruppe A12 gehobener<br />
Dienst, Endstufe, in Berlin um mehr als<br />
11 Prozent unterhalb der des gleichen Amtes in<br />
Bayern, in der Besoldungsgruppe W2 beläuft<br />
sich der Unterschied sogar auf mehr als 16 Prozent,<br />
so dass die Besoldung eines W2-Professors<br />
in Berlin um drei Prozent unter der Endstufe<br />
von Besoldungsgruppe A12 gehobener<br />
Dienst in Bayern liegt.<br />
Dem Alimentationsgrundsatz entspricht die<br />
Verpflichtung des Gesetzgebers, zur Wahrung<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgenden Änderungen:<br />
Zeile 1 – 6: „Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass<br />
der Bund wieder die Rahmengesetzgebungskompetenz<br />
in der Besoldung, Versorgung und<br />
im Laufbahnrecht erhält“.<br />
Der alte Absatz 3 (Zeilen 15 – 20) wird Absatz 2.<br />
Der alte Absatz 2 (Zeilen 9- 14) wird Absatz 3.<br />
53
einer amtsangemessenen Alimentation das<br />
Ämter- und Besoldungsgefüge konsistent festzusetzen.<br />
Kriterien hierfür sind Verantwortung,<br />
Qualifikation und Inanspruchnahme des Amtsinhabers.<br />
Gravierende Besoldungsunterschiede<br />
bei gleichem Amt, aber unterschiedlichem<br />
Dienstherrn lassen sich deshalb nicht rechtfertigen.<br />
Die nachteiligen Folgen für die gute Versorgung<br />
mit Lehrkräften in allen Bundesländern sind inzwischen<br />
deutlich zu erkennen: Während die<br />
am besten bezahlenden Bundesländer Bayern<br />
und Baden-Württemberg beim Zugang zum<br />
Vorbereitungsdienst und beim Einstellungskorridor<br />
überwiegend eine ausreichende<br />
Bewerberlage aufzuweisen haben, bleiben im<br />
Osten einschließlich Berlin zunehmend Lehrerstellen<br />
unbesetzt, im Norden und z. T. auch im<br />
Westen werden mangels anderer Bewerber zunehmend<br />
nicht voll ausgebildete Lehrkräfte<br />
eingestellt. Dem grundgesetzlichen Auftrag,<br />
einheitliche Lebensbedingungen herzustellen,<br />
läuft dies zuwider. Gerade im Bildungswesen<br />
gebietet es die gesamtstaatliche Verantwortung,<br />
dass die Bildungsangebote in allen<br />
Ländern gleichwertig und umfassend sind.<br />
Um im Wettlauf um Lehrkräfte für vakante Stellen<br />
bestehen zu können, zahlen einzelne Länder<br />
an Lehrkräfte, die aus Ländern mit einer<br />
höheren Besoldung wechseln, überwiegend<br />
dynamische und ruhegehaltfähige Ausgleichszulagen.<br />
Diese alimentationsfremde Form der<br />
Kompensation des niedrigen Besoldungsniveaus<br />
für einige wenige Beamtinnen und Beamten<br />
führt zu einer Mehrklassengesellschaft<br />
im gleichen Lehrerzimmer. Zugleich stellen die<br />
immer stärker fragmentierten Regelungen sowohl<br />
im Laufbahn- als auch im Versorgungsrecht<br />
zunehmend Mobilitätshemmnisse insbesondere<br />
für Lehrkräfte dar.<br />
Es ist absurd, dass bei den reglementierten Berufen,<br />
wozu auch die Lehrer/innen gehören, die<br />
Hindernisse für einen Wechsel zwischen den<br />
Bundesländern deutlich höher sind als für die<br />
Aufnahme einer Beschäftigung in einem anderen<br />
EU-Mitgliedsstaat. Im Ergebnis hat sich die<br />
Föderalismusreform demnach selbst ins Gegenteil<br />
verkehrt. Sie hat zu mehr Bürokratie<br />
geführt und weniger Flexibilität hervorgebracht.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
54
2.2 Strukturelle Diskriminierung von<br />
teilzeitbeschäftigten Beamt/innen<br />
verhindern<br />
Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />
Die <strong>GEW</strong> wird aufgefordert, alle notwendigen<br />
Maßnahmen zu ergreifen, um die strukturelle<br />
Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten zu<br />
beseitigen.<br />
- <strong>Das</strong> Besoldungsrecht des Bundes und der<br />
Länder muss so umgestaltet werden, dass<br />
Einmalbeträge, die von Beschäftigten zu leisten<br />
sind, nicht an der Besoldungsgruppe, sondern<br />
am realen Brutto-Jahreseinkommen ausgerichtet<br />
werden.<br />
- <strong>Das</strong> Besoldungsrecht des Bundes und der<br />
Länder muss so gestaltet werden, dass Teilzeitbeschäftigte<br />
immer anteilig zu ihrem Beschäftigungsumfang<br />
beteiligt werden.<br />
- Zeitliche Verschiebungen von Besoldungsanpassungen<br />
dürfen, soweit sie nicht verhindert<br />
werden können, nicht mehr nach Besoldungsgruppen<br />
gestaffelt werden.<br />
- Die <strong>GEW</strong> setzt sich für die Einführung einer<br />
Bürgerversicherung ein.<br />
Begründung<br />
1. Besoldungsrecht<br />
Grundgehalt, Stellenzulagen, VwL, Familienzuschlag<br />
(eingeschränkt) etc. werden bei Teilzeitbeschäftigung<br />
anteilig bezahlt. In allen Besoldungsregelungen<br />
des Bundes und der Länder<br />
werden Festbeträge wie z.B. Kostendämpfungspauschale<br />
oder Beihilfeeigenleistungen<br />
nicht anteilig berechnet. Sie orientieren<br />
sich an der Besoldungsgruppe, in die die<br />
Lehrkraft eingruppiert ist. In vielen Ländern<br />
wird z.B. bei Vergütung von Mehrarbeit Teilzeit<br />
nicht anteilig berücksichtigt. Verschiebungen<br />
von Besoldungsanpassungen, Besoldungsabsenkungen,<br />
Kürzungen tariflicher Einmalzahlungen<br />
sind immer an Besoldungsgruppen, nie am<br />
realen Einkommen orientiert. Teilzeitbeschäftigte<br />
werden hierdurch überproportional benachteiligt.<br />
2. Soziale Sicherung<br />
Die Beiträge für die bei Beamt/innen de facto<br />
zwingende, private Krankenversicherung sind<br />
feste Beträge, die sich nicht am Einkommen orientieren.<br />
Teilzeitbeschäftigte müssen einen viel<br />
höheren Prozentsatz ihres Nettoverdienstes für<br />
die Absicherung im Krankheitsfall aufwenden<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme in folgender Fassung:<br />
Die Zeilen 1 – 4 werden ersetzt durch:<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, die Benachteiligungen<br />
von Teilzeitbeschäftigten im Besoldungsrecht<br />
zu beseitigen.<br />
Die Zeilen 5 – 20 werden Begründung.<br />
55
und werden damit überproportional belastet.<br />
Daher setzt sich die <strong>GEW</strong> für eine Bürgerversicherung<br />
ein.<br />
50<br />
56
2.3 Arbeitsbedingungen<br />
GrundschullehrerInnen<br />
Antragsteller: BFGA Grundschulen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Überweisung an den Hauptvorstand<br />
Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert alle Bundesländer auf, die<br />
Arbeitsbedingungen der GrundschullehrerInnen<br />
durch die Senkung der Pflichtstundenzahl<br />
und die Anhebung der Besoldung auf A 13 für<br />
alle Lehrkräfte deutlich zu verbessern.<br />
Gleichzeitig müssen die Lernbedingungen für<br />
Grundschulkinder verbessert werden (kleinere<br />
Lerngruppen, bessere Ausstattung, Schulsozialarbeit).<br />
Dazu muss die Finanzierung der Grundschulen<br />
dem OECD-Durchschnitt angepasst<br />
werden.<br />
Begründung<br />
Die Grundschulen in Deutschland sind deutlich<br />
unterfinanziert. Während die OECD-Länder im<br />
Durchschnitt 1,2 % des Bruttoinlandsproduktes<br />
für die primäre Bildung ausgeben, liegt die Finanzierung<br />
der Grundschulen in Deutschland<br />
bei 0,6 % des BIP. Gleichzeitig haben die Grundschullehrkräfte<br />
die höchste Unterrichtspflichtzeit<br />
und werden immer noch nach A 12 bezahlt,<br />
in fast allen Bundesländern ohne<br />
Beförderungsmöglichkeiten und trotz gleicher<br />
Ausbildung wie andere Lehrkräfte.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
57
2.4 Fachkräftemangel in<br />
Tageseinrichtungen für Kinder beheben –<br />
attraktive Arbeitsbedingungen schaffen<br />
Antragsteller: BFGA Sozialpädagogische<br />
Berufe<br />
Der Fachkräftemangel in den Tageseinrichtungen<br />
für Kinder zeichnet sich seit mehreren Jahren<br />
ab. Fachkräfte fehlen nicht plötzlich – der<br />
Mangel ist das Ergebnis einer verfehlten Politik.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert Bund, Länder und Träger auf,<br />
mittel- und langfristige Maßnahmen gemeinsam<br />
mit den Gewerkschaften gegen den<br />
Fachkräftemangel zu ergreifen.<br />
Ausbildungsebene<br />
Die <strong>GEW</strong> unterstützt berufsbegleitende Ausbildungsgänge,<br />
die im fachtheoretischen Teil<br />
2.400 Stunden umfassen und dem Niveau der<br />
Fachschulausbildung entsprechen. Die Absolventinnen<br />
und Absolventen dieser Ausbildungsform<br />
müssen von den Anstellungsträgern<br />
Arbeitsverträge über die gesamte Ausbildungszeit<br />
erhalten.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert den deutlichen Ausbau der<br />
BA-/ MA-Studiengänge "Kindheitspädagogik"<br />
an den Hochschulen. Diese sind grundständig<br />
zu gestalten.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert eine gebührenfreie Ausbildung<br />
und Vergütung der Praktika.<br />
Die <strong>GEW</strong> lehnt Externenprüfungen in der ErzieherInnenausbildung<br />
ab.<br />
Fachpraxis<br />
Die Attraktivität des Berufsbildes hängt<br />
maßgeblich von den Arbeitsbedingungen ab.<br />
Deshalb fordert die <strong>GEW</strong> eine deutlich verbesserte<br />
ErzieherIn-Kind-Relation in Tageseinrichtungen<br />
für Kinder, wie sie in der wissenschaftlichen<br />
Untersuchung der Alice-Salomon-Hochschule<br />
"Schlüssel zu guter Bildung, Erziehung<br />
und Betreuung" empfohlen wurde:<br />
• Alter 0-3 Jahre:1:3<br />
• Alter 3-6 Jahre:1:6/1:8<br />
• Alter 6-12 Jahre:1:12<br />
• Freistellung der Leitungskräfte von der<br />
Gruppenarbeit<br />
• 1/3 der Arbeitszeit als mittelbare pädagogische<br />
Arbeitszeit<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme in folgender Fassung:<br />
Streichung der Zeilen 1 – 4.<br />
Einfügen hinter Zeile 9:<br />
Dazu müssen Maßnahmen in folgenden Bereichen<br />
ergriffen werden.<br />
Zeile 11: 1. Ausbildungsebene<br />
Zeile 31: 2. Fachpraxis<br />
Zeile 77: 3. Bewährte Fachkräfte …<br />
Zeile 90: 4. Bezahlung verbessern“<br />
Zeile 99: 5. Vereinbarungen abschließen<br />
58
• die konsequente Umsetzung des Tarifvertrages<br />
Gesundheitsschutz<br />
• ein Konzept für altersgerechtes Arbeiten<br />
Die <strong>GEW</strong> lehnt verpflichtende Teilzeitbeschäftigung<br />
für Erziehung, Bildung und Betreuung in<br />
Tageseinrichtungen für Kinder ab.<br />
Durch die Zunahme berufsbegleitender Ausbildungsgänge<br />
wird die Kita selbst zum Ausbildungsort.<br />
Hierfür müssen Praxisanleiter in<br />
den Einrichtungen freigestellt werden. Die Berufseinstiegsphase<br />
muss in einem System von<br />
Supervision und Praxisbegleitung systematisch<br />
in Zusammenarbeit mit den Fach- und Hochschulen<br />
gestaltet werden.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Kultusministerkonferenz<br />
(KMK) auf, die Ausbildungsformen so zu gestalten,<br />
dass sie auch für interessierte junge Menschen<br />
mit Migrationshintergrund attraktiv sind.<br />
Hierzu gehören die verbindliche Einführung von<br />
Deutsch als Zweitsprache (DAZ) sowie die Neuregelung<br />
der Fremdsprachenfolge:<br />
1. Fremdsprache: z.B. Türkisch, Russisch und<br />
Polnisch<br />
2. Fremdsprache: z.B. Englisch, Französisch<br />
Prüfungen können auch in der Familiensprache<br />
abgenommen werden.<br />
Bewährte Fachkräfte in den Einrichtungen halten<br />
– Neue Fachkräfte gewinnen<br />
Diese Leitlinie muss für die Entwicklung von<br />
Konzepten berücksichtigt werden. Die <strong>GEW</strong><br />
setzt auf Fachkräfte und lehnt deshalb Umschulungen<br />
durch Maßnahmen der Bundesanstalt<br />
für Arbeit unterhalb des Fachschulniveaus<br />
weiterhin ab. Die gestiegenen Anforderungen<br />
in den Tageseinrichtungen für Kinder werden<br />
auf Dauer nur von qualifizierten Fachkräften<br />
umsetzbar sein.<br />
Bezahlung verbessern<br />
Die nächste Tarifrunde im Bereich Sozial- und<br />
Erziehungsdienst wird von den Gewerkschaften<br />
genutzt werden, die Attraktivität des Berufes<br />
deutlich zu verbessern. Dazu muss vor dem<br />
Hintergrund der neuen Anforderungen an die<br />
Fachkräfte in den Tageseinrichtungen für Kinder<br />
die Bezahlung deutlich verbessert werden.<br />
Vereinbarungen abschließen<br />
Der Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> fordert die<br />
Landesverbände der <strong>GEW</strong> auf, Vereinbarungen<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
59
mit den Landesregierungen und den Trägern<br />
über ein Konzept der Fachkräftegewinnung und<br />
des Haltens von Fachkräften in den Tageseinrichtungen<br />
für Kinder zu schließen. Als<br />
Grundlage dafür dient das Forschungsprojekt<br />
"Schlüssel zu guter Bildung, Erziehung und Betreuung".<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert einen Qualitätspakt<br />
für und mit sozialpädagogischen Fachkräften.<br />
Begründung<br />
Aus Sicht der <strong>GEW</strong> war absehbar, dass der<br />
Bedarf an qualifizierten Fachkräften ab dem<br />
Jahr 2009 steigen würde. Die <strong>GEW</strong> hat frühzeitig<br />
auf die maßgeblichen Faktoren hingewiesen:<br />
• die Umsetzung des Rechtsanspruches auf<br />
einen Krippenplatz ab August 2013,<br />
• den beginnenden Generationenwechsel in<br />
den Kitas,<br />
• dem vorzeitigen Ausstieg aus dem Berufsleben,<br />
• die leichten Verbesserungen des Personalschlüssels<br />
in einigen Bundesländern,<br />
• den Ausbau der Ganztagsgrundschulen,<br />
• das frühe Renteneintrittsalter.<br />
Eine qualifizierte Jugendhilfeplanung hätte dies<br />
erkennen und Handlungsschritte durch den öffentlichen<br />
Träger einleiten können. Eine genaue<br />
Analyse und gezielte Ursachenforschung hätte<br />
Möglichkeiten für Lösungsansätze ergeben. Die<br />
<strong>GEW</strong> kritisiert, dass die Länder dieser Entwicklung<br />
zunächst tatenlos zugesehen haben und<br />
dann mit hektischen Maßnahmen reagierten:<br />
Absenken des Standards der Fachkräfteverordnungen,<br />
übereilter Ausbau von "Fremdschüler-Prüfungen"/Externen-Prüfungen<br />
und<br />
Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit,<br />
welche Personal rekrutieren soll, das mehrheitlich<br />
nicht den Anforderungen an die Arbeit der<br />
Kitas gerecht wird.<br />
Die <strong>GEW</strong> ist aktiv geworden<br />
Zusammen mit anderen Berufsverbänden und<br />
Gewerkschaften wurde eine Werbekampagne<br />
ins Leben gerufen: "Profis für die Kitas". Umfangreiche<br />
Unterrichtsmaterialien wurden<br />
hergestellt und durch das BMFSFJ finanziert.<br />
Darüber hinaus hat die <strong>GEW</strong> in der AG<br />
"Fachkräftegewinnung" des BMFSFJ ihre<br />
differenzierten Vorschläge eingebracht<br />
(BMFSFJ-Veröffentlichung: "Empfehlungen zur<br />
Fachkräftegewinnung in der Kindertagesbetreuung",<br />
November 2012).<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
60
2.5 Qualifikation, Arbeitsbedingungen und<br />
Bezahlung von Schulsozialarbeiter/innen<br />
Antragsteller: BFGA Sozialpädagogische<br />
Berufe<br />
Trotz Expansion des Arbeitsfeldes und wachsender<br />
Bedeutung der Kooperation von<br />
Jugendhilfe und Schule hat sich an den Hochschulen<br />
wenig bewegt. Nur an wenigen Hochschulen<br />
ist es möglich, sich im Rahmen des<br />
Studiums der Sozialen Arbeit für das Arbeitsfeld<br />
Schulsozialarbeit zu qualifizieren. In den<br />
Lehramtsstudiengängen werden die Jugendhilfe<br />
und die Zusammenarbeit mit sozialpädagogischen<br />
Fachkräften kaum thematisiert.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert, an allen Hochschulen Studienangebote<br />
für Schulsozialarbeit aufzubauen<br />
und allen Studierenden die Möglichkeit zu geben,<br />
sich im BA-Studium mit der Zusammenarbeit<br />
von Jugendhilfe und Schule auseinanderzusetzen.<br />
In die Lehramtsstudiengänge<br />
sind verpflichtende Module zur Zusammenarbeit<br />
von Jugendhilfe und Schule zu implementieren.<br />
Schulsozialarbeit braucht professionelle<br />
Arbeitsbedingungen. Jede sozialpädagogische<br />
Fachkraft hat Anspruch auf eine unbefristete<br />
Vollzeitstelle mit tarifvertraglicher Absicherung.<br />
Die Zuständigkeit von einem Schulsozialarbeiter<br />
/ einer Schulsozialarbeiterin für mehrere<br />
Schulen muss beendet werden.<br />
Für die Eingruppierung von Schulsozialarbeiter/<br />
innen fordert die <strong>GEW</strong>:<br />
Im Tarifbereich Länder (TVL): In der allgemeinen<br />
Entgeltordnung für den Sozial- und Erziehungsdienst<br />
(Kapitel 20) muss ein Tätigkeitsmerkmal<br />
„Sozialpädagog/-in mit staatlicher Anerkennung<br />
in der Tätigkeit als Schulsozialarbeiter“<br />
mit Entgeltgruppe EG 12 aufgenommen<br />
werden.<br />
In den tariflichen Regelungen für Lehrkräfte im<br />
TVL sind folgende Entgeltgruppen aufzunehmen:<br />
• EG 12: Sozialpädagoge/-in oder Heilpädagoge/-in<br />
in der Tätigkeit als Schulsozialarbeiter/<br />
in<br />
• EG 11: Erzieher/in oder Heilpädagoge/-in<br />
der Tätigkeit als Schulsozialarbeiter/innen<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme in folgender Fassung:<br />
Annahme der Zeilen 1 – 20<br />
Die Zeilen 22 – 60: Überweisung an den<br />
Hauptvorstand.<br />
61
• EG 10: Beschäftigte in den unter EG 11<br />
genannten Tätigkeiten, die nicht über die dort<br />
geforderte Qualifikation verfügen.<br />
Für die künftigen Verhandlungen zur Entgeltordnung<br />
der Kommunen für den Sozial- und Erziehungsdienst<br />
(TVöD-SuE) fordert die <strong>GEW</strong>, ein<br />
Tätigkeitsmerkmal „Sozialpädagog/in oder vergleichbare<br />
Qualifikation mit Hochschulabschluss<br />
und staatlicher Anerkennung in der Tätigkeit<br />
als Schulsozialarbeiter“ mit Entgeltgruppe<br />
S 16 aufzunehmen.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
62
2.6 Stufenzuordnung bei<br />
Arbeitgeberwechsel<br />
Antragsteller: BFGA Sozialpädagogische<br />
Berufe<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Überweisung an den Hauptvorstand<br />
Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />
In den Tarifverhandlungen TVÖD/TVL soll aus<br />
den Kann-Bestimmungen bezüglich der Mitnahme<br />
der Erfahrungsstufen bei einem<br />
Arbeitgeberwechsel im öffentlichen Dienst in<br />
§ 16 Abs. 3a (Bund) und § 16 Abs. 2a (Kommunen),<br />
sowie in §16 TVL, eine Ist-Bestimmung<br />
gefordert werden. Es soll nicht die Mitnahme<br />
der Erfahrungsstufen, sondern eine generelle<br />
Anrechnung der Zeiten der Berufserfahrung für<br />
die ausgeübte Tätigkeit dort zwingend vorgeschrieben<br />
sein.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
63
2.7 Forderungen zur Entgeltordnung für<br />
den Sozial- und Erziehungsdienst<br />
Antragsteller: BFGA Sozialpädagogische<br />
Berufe<br />
Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass bei den Verhandlungen<br />
über eine Entgeltordnung im TVöD<br />
die Regelungen für den Sozial- und Erziehungsdienst<br />
der Kommunen (TVöD-SuE) als eigenständiger<br />
Teil der Entgeltordnung bestehen<br />
bleiben.<br />
Bei den Neuverhandlungen zum TVöD-SuE wird<br />
die <strong>GEW</strong> insbesondere folgende Themen<br />
einbringen, die verändert werden müssen:<br />
- Die Erweiterung der SuE-Entgeltgruppen nach<br />
oben über die bisherige letzte Entgeltgruppe S<br />
18 hinaus, um die in der Tabelle der Entgeltgruppe<br />
im TVÖD vorhandene EG 14 und EG 15<br />
im TVöD-SuE abzubilden.<br />
- Die Eingruppierungsmerkmale von Leiter/innen,<br />
sowie Stellvertreter/innen im Bereich Tageseinrichtungen<br />
für Kinder so zu verändern,<br />
dass auch die Anzahl der Mitarbeiter/innen in<br />
der Einrichtung und die Frage der Ressourcenverantwortung<br />
berücksichtigt werden.<br />
- Neue Eingruppierungsmerkmale in der Entgelt-ordnung<br />
mit entsprechenden Tätigkeitsmerkmalen<br />
zu formulieren für<br />
• BA-/ MA-Kindheitspädagog/innen<br />
• Fachberatung und Fachaufsicht im Arbeitsbereich<br />
Tageseinrichtungen für Kinder und<br />
Tagespflege<br />
• Schulsozialarbeit<br />
- Die Protokollnotizen „schwierige fachliche Tätigkeiten,<br />
"besonders schwierige Tätigkeiten"<br />
und "schwierige Tätigkeiten" in den Tätigkeitsmerkmalen<br />
zu überarbeiten und neu zu<br />
formulieren<br />
- Eine Regelung im TVSuE zu schaffen, in der<br />
Fort- und Weiterbildungen der Beschäftigten zu<br />
einem schnelleren Stufenaufstieg führen.<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt ihren erfolgreichen Weg der eigenständigen<br />
Tarifpolitik für die Beschäftigten<br />
im Sozial- und Erziehungsdienst mit verstärktem<br />
Einsatz auf Bundes- und Landesebene fort.<br />
Dafür müssen auf Bundes- und Landesebene<br />
entsprechende personelle wie sachliche Mittel<br />
zur Vorbereitung der Tarifrunde TVöD-SuE, zur<br />
Durchführung von Arbeitskampfmaßnahmen<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgenden Änderungen:<br />
Zeile 9 „In den Verhandlungen … einbringen<br />
Streichen in Zeile 11 „die verändert werden<br />
müssen“:<br />
Die Zeilen 40 – 50 werden Begründung.<br />
64
und für die Verhandlungen zur Verfügung gestellt<br />
werden.<br />
Begründung<br />
Am 1. November 2009 ist die Entgeltordnung<br />
für den Sozial- und Erziehungsdienst nach wochenlangen<br />
Streiks und mehreren Kundgebungen<br />
in Kraft getreten. Zum 31.12.2014 ist dieser<br />
Tarifvertrag kündbar und kann dann im Jahr<br />
2015 neu verhandelt werden. Die <strong>GEW</strong> hat bei<br />
der letzten Tarifrunde 2009 und im Vorfeld eine<br />
wichtige Rolle gespielt. Die im Bundesfachgruppenausschuss<br />
Sozialpädagogische Berufe<br />
und in den Ländern diskutierten Inhalte wurden<br />
in Abstimmung mit dem Vorstandsbereich<br />
Tarifpolitik bereits längere Zeit vor Aufnahme<br />
der Tarifverhandlungen in die Öffentlichkeit gebracht.<br />
Es ist jetzt wichtig, die verbliebene Zeit vor der<br />
Neuaufnahme der Tarifverhandlungen zu nutzen,<br />
um deutlich zu machen, dass es darum gehen<br />
muss, in einigen Bereichen im Tarifvertrag<br />
zusätzliche, andere Eingruppierungsmerkmale,<br />
die den heutigen Arbeitsfeldern im Sozial- und<br />
Erziehungsdienst nachkommen, zu formulieren.<br />
Die Gehälter der Beschäftigten im Sozial-Erziehungsdienst,<br />
insbesondere denen in Kindertageseinrichtungen,<br />
entsprechen nicht den an<br />
sie gestellten Anforderungen. Dabei spielt nicht<br />
nur eine neue Entgeltstruktur eine Rolle,<br />
sondern auch die Höhe der Gehälter. Wegen<br />
der Zunahme der Aufgaben und den gestiegenen<br />
Erwartungen an die Qualität und vor allem<br />
die Gewichtung der Bildungsarbeit in Kitas,<br />
muss es uns dieses Mal gelingen, die Gehälter<br />
deutlich zu verbessern. Dafür braucht es einer<br />
Vorbereitung, um gesellschaftlich diesen Zusammenhang<br />
deutlich zu machen und die Stimmung<br />
dafür zu bereiten, dass eine deutliche<br />
Gehaltsverbesserung unumgänglich ist. Der<br />
Fachkräftemangel trägt auch dazu bei, deutlich<br />
zu machen, dass die Arbeitsbedingungen und<br />
die Bezahlung nicht auf dem Niveau sind, das<br />
angesichts der anspruchsvollen Aufgaben der<br />
Fachkräfte erwartet wird. Die <strong>GEW</strong> als<br />
Bildungsgewerkschaft muss hier deutlich<br />
Flagge zeigen. Dafür ist es auch wichtig, dass<br />
die <strong>GEW</strong> dafür sorgt, dass der TVöD-SuE weiterhin<br />
ein eigenständiger Tarifvertrag im TVöD<br />
bleibt um auch zukünftig leichter Veränderungen<br />
in den Entgeltmerkmalen durchsetzen zu<br />
können und nicht davon abhängig zu sein wie<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
65
und ob andere Berufsgruppen und Merkmale<br />
insgesamt verhandelt werden müssen. Dies hat<br />
in einer Online-Umfrage der <strong>GEW</strong> Ende 2012<br />
die überwiegende Mehrheit der Befragten gefordert.<br />
105<br />
66
2.8 Fachberatung im System<br />
Tageseinrichtungen für Kinder und<br />
Tagespflege<br />
Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />
Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />
1. Die <strong>GEW</strong> fordert die Bundesregierung auf,<br />
dass im SGB VIII (KJHG) Fachberatung im System<br />
Tageseinrichtungen für Kinder und Tagespflege<br />
und deren Aufgaben aufgenommen und<br />
dort beschrieben werden. Die Länder werden<br />
aufgefordert, in den entsprechenden Ausführungsgesetzen<br />
zum SGB VIII, den Gesetzen zu<br />
Tageseinrichtungen für Kinder und Tagespflege,<br />
entsprechende Aufgabenbeschreibungen aufgenommen<br />
werden.<br />
2. Die <strong>GEW</strong> initiiert einen Prozess gemeinsam<br />
mit anderen Verbänden, um das Berufsprofil<br />
von Fachberatung zu stärken und zu schärfen<br />
und Fachberatung als Unterstützungs- und Beratungssystem<br />
im Arbeitsfeld Kindertageseinrichtung<br />
stärker zu etablieren.<br />
3. Die <strong>GEW</strong> wird bei den anstehenden Verhandlungen<br />
zum TV-SuE dafür sorgen, dass in<br />
den Tätigkeitsmerkmalen Fachberatung beschrieben<br />
und mit aufgenommen werden und<br />
eine dem Qualifikationsabschluss entsprechende<br />
Eingruppierung erfolgt.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Zeile 3 - 19 Überweisung an den Hauptvorstand<br />
Die Zeilen 21 – 26 sind erledigt bei Annahme<br />
von Antrag 2.7<br />
Begründung<br />
Fachberatung im Arbeitsfeld Kindertageseinrichtungen<br />
sind in den einzelnen Ländern<br />
und Regionen unterschiedlich ausgebaut.<br />
Allerdings ist weitgehend unklar, welche Aufgaben<br />
diese überhaupt haben. Manchmal werden<br />
Fachberatungen auf Kreisebene innerhalb der<br />
Jugendämter oder bei den kreisfreien Städten<br />
rein administrative Aufgaben zugeschrieben.<br />
Nachdem bis in die neunziger Jahre hinein insbesondere<br />
der Deutsche Verein für öffentliche<br />
und private Fürsorge versucht hat, ein genaueres<br />
Berufsprofil zu entwickeln und auch zu<br />
klären, welche Qualifikationen benötigt werden<br />
und das dann gescheitert war, gibt es jetzt<br />
neue Initiativen, um das Berufsbild Fachberatung<br />
zu klären. Fachberater/innen sind auch für<br />
die Umsetzung der neuen Bildungskonzepte<br />
und Bildungspläne für die Prozessberatung<br />
und –entwicklung unbedingt notwendig. <strong>Das</strong><br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
67
Arbeitsfeld braucht dieses Unterstützungssystem,<br />
Stellen und Finanzmittel müssen drastisch<br />
ausgebaut werden, damit die gestiegenen gesellschaftlichen<br />
Ansprüche an die gute Qualität<br />
von Tageseinrichtungen für Kinder gewährleistet<br />
werden kann.<br />
Die <strong>GEW</strong> als Bildungsgewerkschaft tut gut daran,<br />
sich in diesen Prozess auf Bundes- wie<br />
auch auf Landesebene einzubringen und die<br />
Diskussion voranzutreiben. Dabei sollte geklärt<br />
werden, ob Fachberatung neben der Beratungsarbeit<br />
auch Dienst- und Fachaufsicht zu<br />
leisten hat.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
68
2.9 Bildungszeiten im Rentenrecht<br />
anerkennen — Altersarmut bekämpfen!<br />
Antragsteller: LV Hessen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Überweisung an den Hauptvorstand<br />
Mit der Renten“reform“ 2004/05 wurden<br />
endgültig rentensteigernde Ausbildungszeiten<br />
in der Gesetzlichen Rentenversicherung für<br />
Schul- und Hochschulausbildungen nach dem<br />
vollendeten 17. Lebensjahr komplett gestrichen<br />
(die Abschmelzung erfolgte in einem<br />
Übergangsprozess bis zum 31.12.2008). Einzig<br />
Fachschulzeiten und Beamte blieben ausgenommen.<br />
1992 waren noch 7 Jahre rentensteigernd zu<br />
75% des Durchschnittverdienstes aller Versicherten<br />
anerkannt. Im Jahre 1996 wurden dann<br />
weitere 4 Jahre gestrichen. Die verbliebenen<br />
3 Jahre kappte dann 2004 die Rot-Grüne Koalition<br />
in einem "neoliberalen Rausch" (Ottmar<br />
Schreiner; SPD).<br />
Diese Reduzierung bedeutet, dass für Studienzeiten<br />
vor 2009 bis zu 16% der möglichen Beitragszeiten<br />
(bezogen auf den "Eckrentner" mit<br />
45 Beitragsjahren) entfallen.<br />
Schon 2003 sagte die Vorsitzende der <strong>GEW</strong> –<br />
Eva Maria Stange – in einer Presseerklärung:<br />
"Die Streichung ist ein Betrug an allen Menschen<br />
mit längeren Ausbildungszeiten" und<br />
weiter "Die Streichung der Ausbildungszeiten….<br />
bestraft Bildungsbereitschaft…. <strong>Das</strong> ist ein politischer<br />
Skandal ersten Ranges".<br />
Diese Entwertung von gesellschaftlich notwendigen<br />
Bildungszeiten ist ein zentraler Baustein<br />
neoliberaler Bildungspolitik. Dies umso mehr,<br />
da zwischenzeitlich die Expansion schulischer<br />
und universitärer Bildungsprozesse als Ausdruck<br />
einer hochtechnologischen Wissensgesellschaft<br />
irreversibel ist.<br />
Bessere und höhere Bildungsabschlüsse für<br />
mehr Jugendliche, die zunehmende "Akademisierung<br />
der Arbeitswelt", lebenslanges Lernen<br />
und ständige Weiterbildung sind Kennzeichen<br />
dieser Entwicklung.<br />
Detlev Wetzel vom IG-Metall-Vorstand erklärte<br />
schon am 6.10.2011: "Die größte Ausbildungsstätte<br />
ist heute die Hochschule, nicht mehr die<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
69
etriebliche Ausbildung".<br />
Mit größter Besorgnis stellt die <strong>GEW</strong> u.a. fest:<br />
- Jugendliche mit Haupt- bzw. Realschulabschluss,<br />
die nach der Lehre in vollschulischer<br />
Ausbildung das Abitur nachholen wollen, fallen<br />
aus dem Rentenrecht, da diese Zeiten nur bis<br />
zum vollendeten 17. Lebensjahr gelten.<br />
- Ebenso können bei Schulwechsel zwischen<br />
Bundesländern vermehrt Schulzeiten über dieser<br />
Altersgrenze anfallen.<br />
- Die notwendigen Hochschulausbildungen<br />
für den Erziehungsbereich werden entwertet.<br />
- Gemäß dem Europäischen Qualifikationsrahmen<br />
wird jetzt der Meister dem universitären<br />
Bachelor gleichgestellt, aber letzterer im<br />
Rentenrecht nicht anerkannt.<br />
Von Altersarmut im Organisationsbereich der<br />
<strong>GEW</strong> sind zukünftig insbesondere die 650.000<br />
Beschäftigten im Weiterbildungsbereich betroffen.<br />
Dies aus mehreren Gründen:<br />
- 75 % besitzen einen Hochschulabschluss<br />
mit verlorenen Rentenzeiten<br />
- Der allgemeinverbindliche Mindestlohn für<br />
pädagogisches Personal liegt bei rund 26.000<br />
Euro brutto im Jahr. Ein Weiterbildner muss ununterbrochen<br />
mindestens 40 Jahre zu diesem<br />
Lohn arbeiten, um als Rentner die Grundsicherung<br />
in Höhe von 688 Euro monatlich zu erreichen,<br />
wenn es bei den beschlossenen Rentenabsenkungen<br />
bleibt<br />
- Befristungen, Erwerbslosigkeit (40.000<br />
Arbeitsplatzverluste), (Schein-) Selbstständigkeit<br />
und Teilzeit - also prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />
- verringern zudem massiv<br />
die Rentenanwartschaften.<br />
Die Weiterbildungsbranche ist ein typisches<br />
Beispiel zur Widerlegung des uralten Vorurteils,<br />
dass "Akademiker" durchgängig Besserverdiener<br />
seien. Die "Generation Praktikum" und<br />
viele Bachelor-Absolventen sehen ebenfalls nur<br />
begrenzt diese Perspektive. Und Massenentlassungen<br />
in den Konzernen machen nicht vor<br />
"akademischem" Personal halt. Die Statistik<br />
weist aus, dass sogar über 10 % der Beschäftigten<br />
des Niedriglohnsektors (sic!) eine<br />
Fachhochschul- oder Universitätsqualifikation<br />
besitzen.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
70
Die Anerkennung von rentensteigernden Schulund<br />
Hochschulzeiten bedeutet keine Privilegierung<br />
von Besserverdienenden, wenn man weiß,<br />
dass das Rentenrecht soziale Kappungsgrenzen<br />
zulässt. So kann man bei überdurchschnittlich<br />
Verdienenden, die über den 45 Entgeltpunkten<br />
des offiziellen Eckrentners liegen, die Anrechnung<br />
von Bildungszeiten im Sinne von Abschlägen<br />
reduzieren, ohne grundsätzlich deren<br />
Anrechnung in Frage zu stellen.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert, dass jeder Arbeitnehmer, unabhängig<br />
von seinem Status, ab dem vollendeten<br />
17. Lebensjahr im Rentenrecht ein garantiertes<br />
Bildungszeitkonto von 6 Jahren für<br />
Schul- /Fachschul- /Hochschul- und<br />
Weiterbildungszeiten erhält, die mit 100 % des<br />
Durchschnittverdienstes aller Versicherten<br />
bewertet werden.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
71
2.10 Angleichung des Rentenwerts Ost an<br />
den Rentenwert West<br />
Antragsteller: BA Seniorinnen und Senioren<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />
1. Die <strong>GEW</strong> bekennt sich erneut zu dem Ziel der<br />
Angleichung des Rentenwerts Ost an den Rentenwert<br />
West in einem überschaubaren Zeitraum.<br />
Als Orientierung soll das ver.di-<strong>GEW</strong>-<br />
Modell dienen.<br />
2. Der HV wird beauftragt in diesem Sinne auf<br />
den DGB, die Einzelgewerkschaften und die<br />
politischen Entscheidungsträger einzuwirken.<br />
3. Der HV informiert regelmäßig über entsprechende<br />
Initiativen.<br />
Begründung<br />
1. Der Einigungsvertrag fordert die Angleichung<br />
der Lebensverhältnisse in Ost und<br />
West. Zwei Rentenvölker Ost und West sind<br />
darin nicht vorgesehen. Mehr als 20 Jahre<br />
nach der Vereinigung ist die Angleichung<br />
der Rentenwerte überfällig.<br />
2. Die Beschäftigten in Schulen und Kitas in<br />
den östlichen Bundesländern haben über<br />
viele Jahre Solidarität geübt und über Tarifverträge<br />
zur Teilzeitarbeit Entlassungen<br />
verhindert. Zusammen mit dem Verlust ihrer<br />
in der DDR erworbenen Ansprüche auf<br />
Zusatzversorgung führt dies heute nicht selten<br />
zu Renten, die unter oder nur knapp<br />
über der Grundsicherung liegen.<br />
3. Durch prekäre Arbeitsverhältnisse und<br />
Langzeitarbeitslosigkeit wird das Rentenniveau<br />
Ost zukünftig wesentlich geringer sein<br />
als noch heute. <strong>Das</strong> lässt sich bereits heute<br />
beobachten: Die Renten der Neurentnerinnen<br />
und -rentner liegen regelmäßig unterhalb<br />
derjenigen der vorhandenen Rentnerinnen<br />
und -rentnern. Der Verweis auf<br />
angeblich hohe Ostrenten taugt als Gegenargument<br />
gegen eine vorzeitige Angleichung<br />
des Rentenwerts Ost nicht.<br />
4. Bei allen Bemühungen um eine Renteneinheit<br />
muss man sich von dem Grundgedanken<br />
leiten lassen, dass die Angleichung<br />
nicht auf Kosten der aktiv Beschäftigten<br />
oder der westdeutschen Rentnerinnen und<br />
Rentner gehen darf. Dieser Grundgedanke<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
72
prägt auch das seit fünf Jahren propagierte<br />
Modell des „Bündnisses für eine gerechte<br />
Angleichung des Rentenwerts Ost“ aus vier<br />
Einzelgewerkschaften und Sozialverbänden,<br />
in dem die <strong>GEW</strong> von Anfang an mitgewirkt<br />
hat.<br />
50<br />
55<br />
73
2.11 Wege zum Traumjob Wissenschaft<br />
Aktionsprogramm zur Umsetzung des<br />
Templiner Manifests<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
Mit dem Templiner Manifest hat die<br />
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
2010 ein Programm zur Reform von Personalstruktur<br />
und Berufswegen in Hochschule und<br />
Forschung vorgelegt, mit dem sie sich seitdem<br />
für den "Traumjob Wissenschaft" stark macht.<br />
2012 folgte der Herrschinger Kodex "Gute<br />
Arbeit in der Wissenschaft"- ein Vorschlag der<br />
<strong>GEW</strong> an Hochschulen und Forschungseinrichtungen,<br />
sich selbst zu berechenbaren Karrierewegen<br />
und stabilen Beschäftigungsbedingungen<br />
in der Wissenschaft zu verpflichten. Immer<br />
mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Vertragslaufzeiten,<br />
unsichere Berufsperspektiven<br />
und unberechenbare Karrierewege an Hochschulen<br />
und in Forschungseinrichtungen - diese<br />
Missstände hat die <strong>GEW</strong> mit ihrer Kampagne<br />
für den "Traumjob Wissenschaft" angeprangert.<br />
Gute Arbeit in Lehre, Forschung und Wissenschaftsmanagement<br />
auf der einen Seite<br />
sowie gute Beschäftigungsbedingungen und<br />
berufliche Perspektiven auf der anderen Seite<br />
sind zwei Seiten einer Medaille - das war der<br />
Ausgangspunkt für die zehn Eckpunkte des<br />
Templiner Manifests für eine Reform von Berufswegen<br />
und Personalstruktur in Hochschule<br />
und Forschung.<br />
"Traumjob Wissenschaft" - das bedeutet für<br />
uns:<br />
• eine Absicherung der Promotion als erste<br />
Phase der wissenschaftlichen Berufsausübung -<br />
durch ausreichend sozialversicherungspflichtige<br />
Stellen und sinnvoll konzeptionierte fächerübergreifende<br />
Graduiertenzentren,<br />
• verlässliche Perspektiven für Postdocs -<br />
durch einen Tenure Track, der den dauerhaften<br />
Verbleib in Hochschule und Forschung ermöglicht,<br />
• Dauerstellen für Daueraufgaben - um Kontinuität<br />
und Qualität von Forschung, Lehre und<br />
Wissenschaftsmanagement sicherzustellen,<br />
• reguläre statt prekäre Beschäftigung -<br />
Schluss mit der Ausbeutung von Lehrbeauftragten<br />
und anderen Dumping-Lehrkräften,<br />
• ein Recht auf Work-Life-Balance für alle in<br />
der Wissenschaft Tätigen - durch eine famili-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme in folgender Fassung:<br />
Annahme der Zeilen<br />
1 bis 6,<br />
29 bis 68,<br />
87 bis 623,<br />
sowie 660 bis 676.<br />
Die übrigen Zeilen werden Material zum Antrag<br />
2.11<br />
74
enfreundliche Gestaltung von Hochschule und<br />
Forschung,<br />
• ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis<br />
auf allen Stufen der wissenschaftlichen Laufbahn<br />
- durch Quotierung und Anerkennung von<br />
Gleichstellung als Qualitätskriterium,<br />
• die Stärkung der Mitbestimmungsrechte<br />
von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern<br />
- auch in neuen Organisationsformen<br />
wie Graduiertenschulen oder Clustern,<br />
• Förderung statt Bestrafung von Mobilität -<br />
durch Anerkennung von Erfahrungszeiten und<br />
Sozialversicherungsansprüchen,<br />
• einen bedarfs- und nachfragegerechten<br />
Ausbau von Hochschule und Forschung - mehr<br />
Studienplätze, ein besseres Betreuungsverhältnis<br />
und eine intensivere Forschung,<br />
• tarifvertraglichen Schutz für alle Beschäftigten<br />
- durch Ausdehnung des Geltungsbereichs<br />
der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes und<br />
wissenschaftsspezifische Regelungen.<br />
<strong>Das</strong> Templiner Manifest war ein Weckruf: zum<br />
einen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,<br />
Promovierende und Postdocs,<br />
Hochschullehrerinnen, Hochschullehrer und<br />
Lehrkräfte, Beschäftigte, Lehrbeauftragte, Stipendiatinnen<br />
und Stipendiaten, aber auch<br />
Kolleginnen und Kollegen in Technik und Verwaltung,<br />
Beratung und Management, die ihre<br />
Situation reflektieren, sich organisieren und für<br />
Reformen eintreten; zum anderen für Wissenschaftsorganisationen,<br />
Politikerinnen und<br />
Politiker in Bund und Ländern, die Maßnahmen<br />
zur Reform von Karrierewegen und Verbesserung<br />
von Beschäftigungsbedingungen in der<br />
Wissenschaft prüfen und in Aussicht stellen.<br />
Jetzt heißt es: nicht nachgeben, sondern<br />
nachlegen! Der 27. ordentliche Gewerkschaftstag<br />
der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
ruft die Kolleginnen und Kollegen an<br />
Hochschulen und Forschungseinrichtungen auf,<br />
sich in der <strong>GEW</strong> zu organisieren und aktiv für<br />
ihre Interessen und für die Reform von Personalstruktur<br />
und Berufswegen in Hochschule<br />
und Forschung einzutreten. Wir fordern Bund<br />
und Länder, Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
sowie die Tarifpartner des öffentlichen<br />
Dienstes auf, wirksame Maßnahmen<br />
zur Schaffung berechenbarer Berufswege und<br />
zur Stabilisierung der Beschäftigungsbedingungen<br />
in der Wissenschaft zu ergreifen.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
75
1. Bund<br />
Im Bildungsföderalismus der Bundesrepublik<br />
Deutschland liegen wesentliche Kompetenzen<br />
für die Bildungs- und Forschungspolitik bei den<br />
Ländern, die diese in wachsendem Umfang an<br />
die Hochschulen, teilweise auch an Forschungseinrichtungen<br />
weitergeben. Gleichwohl verfügt<br />
der Bund über erhebliche rechtliche Kompetenzen<br />
und politische Handlungsmöglichkeiten,<br />
um die Reform der Karrierewege und die Verbesserung<br />
der Beschäftigungsbedingungen in<br />
der Wissenschaft anzustoßen.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert den Bund auf, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz<br />
dahin gehend zu<br />
ändern, dass<br />
• die Tarifsperre ersatzlos gestrichen wird<br />
und Gewerkschaften und Arbeitgeber das uneingeschränkte<br />
Recht bekommen, sachgerechte<br />
Regelungen für die Befristung von<br />
Arbeitsverträgen in Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
auszuhandeln,<br />
• Mindestlaufzeiten für nach dem Gesetz begründete<br />
Zeitverträge festgeschrieben werden,<br />
wonach die Laufzeit von befristeten Beschäftigungsverhältnissen<br />
mindestens der voraussichtlichen<br />
Dauer der Qualifikation bzw. der<br />
Laufzeit des Drittmittelprojekts entsprechen<br />
muss und ein Jahr nicht unterschreiten darf,<br />
• die familienpolitische Komponente verbindlich<br />
ausgestaltet wird, so dass bei der Betreuung<br />
eines Kindes oder mehrerer Kinder unter<br />
18 Jahren das befristete Beschäftigungsverhältnis<br />
um zwei Jahre pro Kind auf Antrag der<br />
oder des Beschäftigten verlängert werden<br />
muss,<br />
• Beschäftigte auf drittmittelfinanzierten<br />
Stellen den gleichen Anspruch auf die Verlängerung<br />
ihres Zeitvertrages im Rahmen der<br />
familienpolitischen Komponente des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes<br />
sowie in Folge<br />
einer Beurlaubung oder Arbeitszeitermäßigung<br />
für Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen,<br />
Aus-, Fort- oder Weiterbildung, Elternzeit und<br />
Mutterschutz, Wahrnehmung von Aufgaben in<br />
einer Personal- oder Schwerbehindertenvertretung<br />
oder einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten<br />
erhalten wie Beschäftigte auf<br />
Haushaltstellen.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert den Bund auf, das Sozialgesetzbuch<br />
dahin gehend zu ändern, dass Doktorandinnen<br />
und Doktoranden ohne sozialversicherungspflichtiges<br />
Beschäftigungsverhältnis<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
76
oder Anspruch auf Familienversicherung Krankenversicherungsschutz<br />
erhalten. Der Beitrag<br />
muss auf Grundlage eines gesetzlich festgelegten<br />
Einheitssatzes analog zur studentischen<br />
Krankenversicherung berechnet werden.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert den Bund auf, die internationale<br />
Mobilität von Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftlern<br />
und anderen Beschäftigten durch<br />
internationale Abkommen zu fördern, in denen<br />
die uneingeschränkte Anerkennung von im<br />
Ausland erworbenen Sozialversicherungs- und<br />
Altersversorgungsansprüchen in Deutschland<br />
geregelt wird, auch bei kurzfristigen Aufenthalten<br />
sowie Aufenthalten außerhalb der Europäischen<br />
Union.<br />
Schließlich erwartet die <strong>GEW</strong> vom Bund, für<br />
eine regelmäßige und aussagekräftige Berichterstattung<br />
über die Personalstruktur und Berufswege<br />
in Hochschule und Forschung, die<br />
Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses<br />
und die Berufsperspektiven junger<br />
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu<br />
sorgen. Eine entsprechende Bildungs- und Wissenschaftsforschung<br />
ist gezielt zu fördern, die<br />
Datenlage kontinuierlich zu erheben und zu<br />
optimieren.<br />
2. Bund und Länder<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert Bund und Länder zu einer aktiven<br />
Vergabepolitik gegenüber den von ihnen<br />
finanzierten Hochschulen, Forschungseinrichtungen<br />
und Forschungsfördereinrichtungen auf.<br />
Meint es die Politik ernst mit der Zielsetzung,<br />
die Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses<br />
und die Attraktivität des Arbeitsplatzes<br />
Hochschule und Forschung zu verbessern,<br />
muss sie als Geldgeberin Mitverantwortung für<br />
die Qualität von Karrierewegen und Beschäftigungsbedingungen<br />
an den von ihr finanzierten<br />
Wissenschaftseinrichtungen übernehmen -<br />
indem die Finanzierung von Hochschulen und<br />
Forschungseinrichtungen an Auflagen gebunden<br />
wird, deren Erfüllung systematisch<br />
kontrolliert und sanktioniert wird. <strong>Das</strong> betrifft<br />
die institutionelle Finanzierung von Hochschulen<br />
und Forschungseinrichtungen ebenso<br />
wie deren projektförmige Förderung durch<br />
Bund-Länder-Programme wie die Exzellenzinitiative,<br />
den Qualitätspakt Lehre oder den Pakt<br />
für Forschung und Innovation. Die institutionelle<br />
Förderung von Forschungsförderorganisationen<br />
wie der Deutschen Forschungs-<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
77
gemeinschaft (DFG) muss an die Auflage gebunden<br />
werden, dass diese ihrerseits Forschungsprojekte<br />
nach Maßgabe einer entsprechenden<br />
Vergabepolitik finanziert.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert daher, dass die Finanzierung<br />
von Hochschulen, Forschungseinrichtungen<br />
und Forschungsförderorganisationen durch<br />
Bund und Länder unter der Voraussetzung<br />
erfolgt, dass diese<br />
• die Empfehlungen der Europäischen<br />
Kommission von 2005 für eine "Europäische<br />
Charta für Forscher" sowie einen "Kodex für die<br />
Einstellung von Forschern" umsetzen,<br />
• einem Arbeitgeberverband beitreten und<br />
sich zur Einhaltung entsprechender Tarifverträge<br />
verpflichten,<br />
• Stipendien nicht missbräuchlich zur Verdrängung<br />
von sozialversicherungspflichtigen<br />
Beschäftigungsverhältnissen einsetzen und Stipendiatinnen<br />
und Stipendiaten eine auskömmliche<br />
Finanzierung des Lebensunterhalts und<br />
zusätzlich eine Sozialversicherungszulage und<br />
Familienzuschläge für Kinder sowie Verlängerungsansprüche<br />
bei Mutterschutz, Elternzeit<br />
und Kinderbetreuung und für Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler mit Behinderungen<br />
oder chronischen Krankheiten (Nachteilsausgleich)<br />
gewähren,<br />
• eine aktive Personalpolitik betreiben und<br />
über ein zukunftsfähiges Personalentwicklungskonzept<br />
verfügen,<br />
• über ein schlüssiges Gleichstellungskonzept<br />
verfügen, das sich mindestens an dem vom<br />
Wissenschaftsrat empfohlenen Kaskadenmodell<br />
orientiert, wonach der Frauenanteil einer<br />
Beschäftigtengruppe wenigstens den Frauenanteil<br />
der vorausgehenden Qualifikationsstufe<br />
erreichen soll, und die Erreichung der<br />
gleichstellungspolitischen Ziele effektiv<br />
kontrollieren und Nichterfüllungen bzw. Verschlechterungen<br />
sanktionieren.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert Bund und Länder auf, ihre<br />
Haushaltsordnungen dahin gehend zu überarbeiten,<br />
dass Drittmittel auch zur Finanzierung<br />
unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse eingesetzt<br />
werden können und Drittmittelprojekte<br />
familienfreundlich abgewickelt werden können,<br />
d.h. Mittelübertragungen in Folge von Unterbrechungen<br />
bei Mutterschutz und Elternzeit<br />
möglich sind. Bei der Finanzierung von Drittmittelprojekten<br />
sind darüber hinaus die Grundsätze<br />
einer familienfreundlichen Haushaltspolitik<br />
zu beachten und zusätzliche Mittel für Ver-<br />
210<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
78
tragsverlängerungen und Vertretungen sowie<br />
zur Finanzierung von Kinderbetreuungsmöglichkeiten<br />
zu berücksichtigen.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert Bund und Länder auf, die Exzellenzinitiative<br />
schrittweise in ein Programm<br />
zur Stabilisierung von Beschäftigungsverhältnissen<br />
in der Wissenschaft ("Pakt für gute Arbeit<br />
in der Wissenschaft") zu überführen, das qualifizierten<br />
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern<br />
die Perspektive eines dauerhaften<br />
Verbleibs in Forschung, Lehre oder Wissenschaftsmanagement<br />
eröffnet. Mit dem<br />
"Pakt für gute Arbeit in der Wissenschaft" sollen<br />
gezielt Hochschulen finanziert werden, die<br />
nach Maßgabe eines schlüssigen Personalentwicklungskonzepts<br />
den Anteil der unbefristeten<br />
Beschäftigungsverhältnisse erhöhen, die<br />
Laufzeit der befristeten Beschäftigungsverhältnisse<br />
ausdehnen und sich dabei auf eine aktive<br />
Gleichstellungspolitik und die familienfreundliche<br />
Gestaltung von Karrierewegen verpflichten.<br />
Insgesamt erwartet die <strong>GEW</strong> von Bund und<br />
Ländern, dass sie bei der Finanzierung der<br />
Hochschulen den Trend zum Ausbau der projektförmigen<br />
Finanzierung zu Lasten der institutionellen<br />
Finanzierung umkehren und so die<br />
Grundlage für einen nachhaltigen Ausbau und<br />
eine soziale Öffnung der Hochschulen schaffen.<br />
Durch eine Verstetigung und Verstärkung des<br />
Hochschulpakts haben Bund und Länder die<br />
Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass in<br />
Deutschland wie in anderen Industrieländern<br />
über 50 Prozent eines Altersjahrgangs ein<br />
Hochschulstudium aufnehmen und erfolgreich<br />
abschließen können, und zwar - für alle Bachelorabsolventinnen<br />
und -absolventen, die das<br />
möchten - bis zum Masterabschluss. Gleichzeitig<br />
sind die Betreuungsverhältnisse entsprechend<br />
den Empfehlungen des Wissenschaftsrats<br />
auf ein Verhältnis von 1:40 zwischen Hochschullehrer/innen<br />
und Studierenden zu verbessern.<br />
Der Ausbau und die Öffnung der Hochschulen<br />
bedarf einer gemeinsamen Anstrengung<br />
von Bund und Ländern, was<br />
wiederum voraussetzt, dass sich der Bund über<br />
die engen Voraussetzungen des Artikels 91b<br />
des Grundgesetzes hinaus an der institutionellen<br />
Finanzierung der Hochschulen beteiligen<br />
kann. Die <strong>GEW</strong> befürwortet eine entsprechende<br />
Erweiterung des Artikels 91b als Schritt<br />
in Richtung eines zukunftsfähigen, kooperativen<br />
Bildungsföderalismus.<br />
265<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
315<br />
79
Die <strong>GEW</strong> fordert Bund und Länder auf, ihre Personalvertretungsgesetze<br />
in der Weise zu<br />
ändern, dass diese an Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
• die Vertretung aller Beschäftigten einschließlich<br />
der wissenschaftlichen und künstlerischen<br />
Hilfskräfte, studentischen Beschäftigten,<br />
Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer<br />
sowie der Lehrbeauftragten sichern,<br />
• die antragsungebundene Vertretung aller<br />
Beschäftigten an Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
ohne wissenschaftsspezifische<br />
Einschränkungen garantieren,<br />
• die Rechte der Personalräte und ihrer Mitglieder<br />
nicht durch die Gremien der akademischen<br />
Selbstverwaltung bzw. eine Mitgliedschaft<br />
in diesen einschränken lassen,<br />
• im Zusammenhang mit der jeweiligen<br />
Hochschulgesetzgebung sicherstellen, dass das<br />
Land bzw. der Bund Arbeitgeber bzw. Dienstherr<br />
ist und eine Stufenvertretung (Hauptpersonalrat)<br />
immer vorhanden ist,<br />
• auch bei kriterienuntersetzter Mittelvergabe<br />
und Globalbudgets die Mitbestimmung<br />
der Personalräte bei Haushaltsanmeldungen,<br />
Rahmenvereinbarungen bzw. Ziel- und Leistungsvereinbarungen<br />
sicherstellen,<br />
• Freistellungen für Personalratsmitglieder<br />
mindestens im Umfang des Betriebsverfassungsgesetzes<br />
vorsehen und absichern, dass<br />
es für Freistellungen auch Ersatzeinstellungen<br />
gibt bzw. andere wissenschaftsspezifische Freistellungsregelungen<br />
ermöglicht werden,<br />
• die Wahrnehmung des passiven Wahlrechts<br />
über die gesamte Wahlperiode auch für befristet<br />
Beschäftigte ermöglichen, ggf. durch Entfristung<br />
oder Verlängerung der Beschäftigungsverhältnisse.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert Bund und Länder auf, ihre<br />
Gleichstellungsgesetze bzw. Hochschulgesetze<br />
in der Weise zu ändern, dass Frauen- und<br />
Gleichstellungsbeauftragte wirksame Gestaltungsmöglichkeiten,<br />
Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte<br />
erhalten.<br />
3. Länder<br />
Im Bildungsföderalismus der Bundesrepublik<br />
Deutschland liegen wesentliche Kompetenzen<br />
für die Bildungs- und Forschungspolitik bei den<br />
Ländern. Daher können insbesondere die Länder<br />
wesentlich zur überfälligen Reform der<br />
Karrierewege in Hochschule und Forschung<br />
sowie zur Stabilisierung der Beschäftigungs-<br />
320<br />
325<br />
330<br />
335<br />
340<br />
345<br />
350<br />
355<br />
360<br />
365<br />
370<br />
80
edingungen von Wissenschaftlerinnen und<br />
Wissenschaftlern beitragen.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Länder zu einer Reform ihrer<br />
Hochschulgesetze auf, die<br />
• allen Doktorandinnen und Doktoranden unabhängig<br />
von ihrer Finanzierungsart und von<br />
ihrem Beschäftigungsverhältnis den Status als<br />
vollwertige Mitglieder ihrer Hochschule mit aktivem<br />
und passiven Wahlrecht in der Gruppe<br />
der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter gibt,<br />
• befristet beschäftigten Doktorandinnen<br />
und Doktoranden das Recht gibt, drei Viertel ihrer<br />
bezahlten Arbeitszeit für die eigene Qualifizierung<br />
zu nutzen,<br />
• die Beschäftigung von Lehrkräften für besondere<br />
Aufgaben sowie von administrativtechnischen<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
ausschließlich in unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen<br />
gestattet,<br />
• die Hochschulen verpflichtet, regelmäßig<br />
Berichte zur Lage und zu den Perspektiven des<br />
wissenschaftlichen Nachwuchses sowie zur<br />
Gleichstellung von Frauen und Männern vorzulegen,<br />
• die Universitäten verpflichtet, promovierten<br />
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern<br />
(Postdocs) einen Tenure Track<br />
anzubieten, der diesen die Perspektive eines<br />
dauerhaften Verbleibs in Hochschule und Forschung<br />
eröffnet - unabhängig davon, ob eine<br />
Berufung auf eine Professur erfolgt oder nicht,<br />
• auf die Personalkategorie der wissenschaftlichen<br />
Hilfskraft mit Hochschulabschluss zu<br />
Gunsten einer einheitlichen Kategorie der wissenschaftlichen<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
zu verzichten,<br />
• die Vergabe von Lehraufträgen ausschließlich<br />
zur Ergänzung des Lehrangebots zu gestatten,<br />
die Vergabe über einen Zeitraum von mehr<br />
als einem Semester sowie eine angemessene<br />
Vergütung vorzugeben, die Zeiten der Vor- und<br />
Nachbereitung der Lehrveranstaltungen sowie<br />
der Betreuung und Beratung der Studierenden<br />
und die Wahrnehmung von Prüfungsverpflichtungen<br />
berücksichtigt.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Länder auf, im Rahmen<br />
von Hochschulverträgen bzw. in Ziel- und Leistungsvereinbarungen<br />
mit den Hochschulen,<br />
diese zu einer aktiven Personalpolitik und einem<br />
verantwortungsbewussten Umgang mit<br />
dem Instrument der Befristung von Beschäf-<br />
375<br />
380<br />
385<br />
390<br />
395<br />
400<br />
405<br />
410<br />
415<br />
420<br />
425<br />
81
tigungsverhältnissen zu veranlassen. Hochschulen<br />
sind zu verpflichten,<br />
• auf Basis eines schlüssigen Personalentwicklungskonzepts<br />
ein angemessenes Verhältnis<br />
von unbefristeten und befristeten Beschäftigungsverhältnissen<br />
zu bestimmen und<br />
dieses in einem bestimmten Zeitraum zu erreichen,<br />
• sich in einem Kodex "Gute Arbeit in der<br />
Wissenschaft" zu einer aktiven Personalpolitik,<br />
zu berechenbaren Karrierewegen und stabilen<br />
Beschäftigungsbedingungen zu verpflichten.<br />
4. Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
Die Reform von Personalstruktur und Berufswegen<br />
in der Wissenschaft ist nicht nur eine<br />
Herausforderung für die politisch Verantwortlichen<br />
in Bund und Ländern, sondern auch für<br />
die Hochschulen und Forschungseinrichtungen.<br />
Ihre Autonomie in Wirtschafts- und Personalangelegenheiten<br />
wurde in den vergangenen<br />
Jahren stark ausgebaut. Die wissenschaftlichen<br />
Einrichtungen müssen jetzt unter Beweis stellen,<br />
dass sie mit dieser Autonomie verantwortungsvoll<br />
umgehen und die gewonnenen Gestaltungsspielräume<br />
für die Schaffung attraktiver<br />
Karrierewege und Beschäftigungsbedingungen<br />
nutzen.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
auf, sich zur Schaffung stabiler<br />
Beschäftigungsbedingungen und berechenbarer<br />
Karrierewege zu verpflichten. Vorbild für<br />
eine solche Selbstverpflichtungserklärung ist<br />
der Herrschinger Kodex, den die <strong>GEW</strong> 2012<br />
vorgelegt hat. Die <strong>GEW</strong> erwartet von Hochschulen<br />
und Forschungseinrichtungen, sich in<br />
einem Kodex "Gute Arbeit in der Wissenschaft"<br />
dazu zu bekennen,<br />
• mit Doktorandinnen und Doktoranden auf<br />
gleicher Augenhöhe Qualifizierungsvereinbarungen<br />
abzuschließen, die garantieren, dass sie<br />
qualitativ hochwertig betreut und bei der Aufnahme,<br />
Durchführung und dem erfolgreichen<br />
Abschluss ihres Promotionsvorhabens in<br />
fächerübergreifenden Graduiertenzentren unterstützt<br />
werden, die auf freiwilliger Basis Austausch,<br />
Vernetzung und Qualifizierung von Promovierenden<br />
und ihren Betreuerinnen und Betreuern<br />
fördern,<br />
• promovierten Wissenschaftlerinnen und<br />
Wissenschaftlern (Postdocs) eine Tenure-Track-<br />
Option anzubieten, also die Zusage dauerhafter<br />
430<br />
435<br />
440<br />
445<br />
450<br />
455<br />
460<br />
465<br />
470<br />
475<br />
82
Beschäftigung nach Erfüllung einer Zielvereinbarung,<br />
• Mindeststandards für befristete Beschäftigungsverhältnisse<br />
zu gewährleisten, die die<br />
Befristung von Beschäftigungsverhältnissen mit<br />
wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
nur vorsehen, wenn die Beschäftigung<br />
tatsächlich der Qualifizierung mit dem<br />
Ziel einer Promotion, Habilitation oder einer<br />
entsprechenden zeitlich und inhaltlich strukturierten<br />
Weiterbildung dient, die Beschäftigung<br />
überwiegend aus Drittmitteln finanziert ist<br />
oder zur Vertretung einer oder eines beurlaubten,<br />
freigestellten oder erkrankten Beschäftigten<br />
erfolgt, und darüber hinaus Mindestvertragslaufzeiten<br />
für Zeitverträge vorgeben,<br />
• Beschäftigungsverhältnisse mit studentischen<br />
Beschäftigten in der Regel für die Dauer<br />
von mindestens einem Jahr anzubieten,<br />
• Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern<br />
grundsätzlich eine Vollzeitbeschäftigung<br />
anzubieten und Teilzeitbeschäftigung nur auf<br />
ausdrücklichen Wunsch der oder des Beschäftigten<br />
vorzusehen,<br />
• Lehrbeauftragten sozialversicherungspflichtige<br />
Beschäftigungsverhältnisse anzubieten,<br />
wenn diese dauerhaft Lehr- und Prüfungsaufgaben<br />
wahrnehmen,<br />
• die familienfreundliche Hochschule durch<br />
flexible Arbeits-, Lehrveranstaltungs- und<br />
Sitzungszeiten, bedarfsgerechte Kinderbetreuungsmöglichkeiten<br />
und eine familienfreundliche<br />
Personalpolitik zu verwirklichen,<br />
die die unverzügliche Besetzung von wegen<br />
Mutterschutz oder Elternzeit vakanten Stellen<br />
sicherstellt und zusätzliche Mittel für Vertretungen<br />
und Vertragsverlängerungen von vornherein<br />
einplant,<br />
• die familienpolitische Komponente des<br />
Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, die eine<br />
Verlängerung von befristeten Beschäftigungsverhältnissen<br />
bei Betreuung von Kindern über<br />
die Höchstbefristungsdauer hinaus zulässt,<br />
grundsätzlich anzuwenden, solange diese gesetzliche<br />
Regelung nicht, wie von der <strong>GEW</strong> gefordert,<br />
verbindlich ausgestaltet ist,<br />
• eine gleichstellungsorientierte Personalentwicklung<br />
und Personalrekrutierung zu betreiben,<br />
die Frauen- bzw. Gleichstellungsbeauftragten<br />
aktiv zu unterstützen und über eine<br />
Quotierung ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis<br />
auf allen Karrierestufen zu erreichen,<br />
480<br />
485<br />
490<br />
495<br />
500<br />
505<br />
510<br />
515<br />
520<br />
525<br />
530<br />
83
• eine aktive Personalplanung und -entwicklung<br />
zu betreiben, die allen Beschäftigten zielgruppenspezifische<br />
Informations-, Beratungsund<br />
Fortbildungsangebote macht und durch einen<br />
zentralen Überbrückungsfonds die Zwischenfinanzierung<br />
von Beschäftigungsverhältnissen<br />
und so eine mittelfristige Vertragsdauer<br />
oder ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis<br />
auch beim Wechsel der Finanzierungsart<br />
ermöglicht,<br />
• die Beteiligung der Beschäftigten in der<br />
akademischen Selbstverwaltung durch Anrechnung<br />
von Gremientätigkeiten auf die Arbeitszeit,<br />
die aktive Unterstützung des Personalrats<br />
bzw. Betriebsrats und die Einbeziehung auch<br />
von Stipendiatinnen und Stipendiaten sowie<br />
nebenberuflich Tätigen zu fördern.<br />
Die <strong>GEW</strong> schlägt vor, dass die Einhaltung des<br />
Kodex "Gute Arbeit in der Wissenschaft" durch<br />
eine Ombudskommission überwacht wird. Dieser<br />
sollen gewählte Vertreterinnen und Vertreter<br />
der Beschäftigten, darunter mindestens<br />
eine Doktorandin oder ein Doktorand und mindestens<br />
eine oder ein Postdoc, sowie externe<br />
Sachverständige, darunter mindestens ein Mitglied,<br />
das von einer an der Hochschule oder<br />
Forschungseinrichtung vertretenen Gewerkschaft<br />
vorgeschlagen wird, angehören. Die Hochschulen<br />
und Forschungseinrichtungen veröffentlichen<br />
regelmäßig Berichte zur Situation und<br />
zu den Perspektiven ihrer Beschäftigten unter<br />
besonderer Berücksichtigung der Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler in der<br />
Qualifizierungsphase.<br />
5. Tarifpolitik<br />
Knapp 600.000 Kolleginnen und Kollegen arbeiten<br />
an den deutschen Hochschulen, über die<br />
Hälfte davon in Forschung und Lehre, weitere<br />
100.000 Kolleginnen und Kollegen sind an den<br />
außeruniversitären Forschungseinrichtungen<br />
beschäftigt. Der Bereich Hochschule und Forschung<br />
ist damit einer der größten im öffentlichen<br />
Dienst. Diesem Umstand muss auch die<br />
Tarifpolitik für den öffentlichen Dienst Rechnung<br />
tragen und ihren Beitrag zur Verbesserung<br />
der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen<br />
der Kolleginnen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
leisten. Die <strong>GEW</strong> wird<br />
dies in Verhandlungen mit den Arbeitgebern -<br />
Bund und Länder, Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
- einfordern. Die <strong>GEW</strong><br />
fordert die Arbeitgeber in der Wissenschaft auf,<br />
535<br />
540<br />
545<br />
550<br />
555<br />
560<br />
565<br />
570<br />
575<br />
580<br />
585<br />
84
• einem Arbeitgeberverband beizutreten und<br />
sich der Tarifbindung zu unterziehen,<br />
• einer Erweiterung des Geltungsbereichs<br />
der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes auf<br />
wissenschaftliche und künstlerische Hilfskräfte,<br />
studentische Hilfskräfte, Lehrbeauftragte sowie<br />
Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer<br />
zuzustimmen - alle Beschäftigten haben das<br />
Recht auf die kollektivvertragliche Absicherung<br />
ihrer Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen,<br />
• nach dem Vorbild des § 40 des Tarifvertrages<br />
für den öffentlichen Dienst der Länder<br />
(TV-L) Sonderregelungen für Beschäftigte an<br />
Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu<br />
vereinbaren, die die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen<br />
wissenschaftsadäquat ausgestalten,<br />
flexible Arbeitszeitregelungen<br />
ermöglichen, eine mobilitätsfreundliche Anerkennung<br />
von Erfahrungszeiten gewährleisten<br />
und die Zahlung von Ziel- und Funktionszulagen<br />
für die Erfüllung besonderer Ziele bzw. die<br />
Wahrnehmung besonderer Aufgaben vorsehen,<br />
• für befristet Beschäftigte eine besondere<br />
Zulage zu vereinbaren, die den Beschäftigten<br />
einen Ausgleich für ihr besonderes Weiterbeschäftigungsrisiko<br />
gewährt und Arbeitgebern<br />
einen Anreiz gibt, befristete Beschäftigungsverhältnisse<br />
nur dann zu begründen, wenn diese<br />
zwingend erforderlich sind,<br />
• Maßnahmen auszuhandeln und zu ergreifen,<br />
die die "verantwortungsbewusste<br />
Handhabe der Befristungen im Wissenschaftsbereich"<br />
sicherstellen, die 2006 in der Niederschriftserklärung<br />
zum TV-L von der Tarifgemeinschaft<br />
deutscher Länder (TdL) und den<br />
Gewerkschaften vereinbart worden ist.<br />
6. Für eine <strong>GEW</strong>-Wissenschaftsoffensive!<br />
Mit der Kampagne des Templiner Manifests für<br />
den "Traumjob Wissenschaft", für berechenbare<br />
Karrierewege und stabile Beschäftigungsbedingungen<br />
in Hochschule und Forschung<br />
ist die <strong>GEW</strong> auf eine große Resonanz<br />
bei den in der Wissenschaft tätigen Kolleginnen<br />
und Kollegen gestoßen. Mit dem Herrschinger<br />
Kodex "Gute Arbeit in der Wissenschaft" hat<br />
die <strong>GEW</strong> den Kolleginnen und Kollegen vor Ort<br />
ein Instrument in die Hand gegeben, um Debatten<br />
über die Verantwortung ihrer Hochschule<br />
oder Forschungseinrichtung für berechenbare<br />
Karrierewege und stabile Beschäftigungsbedingungen<br />
zu initiieren. 10.000 Unterstützerinnen<br />
und Unterstützer für die zehn Eckpunkte<br />
zur Reform von Berufswegen und Personal-<br />
590<br />
595<br />
600<br />
605<br />
610<br />
615<br />
620<br />
625<br />
630<br />
635<br />
640<br />
85
struktur in Hochschule und Forschung, fast 100<br />
Informations- und Diskussionsveranstaltungen<br />
vor Ort an Hochschulen und Forschungseinrichtungen,<br />
die Gründung und Wiederbelebung<br />
von <strong>GEW</strong>-Hochschul- und Betriebsgruppen, ein<br />
kräftiger Zuwachs an Mitgliedern im Organisationsbereich<br />
Hochschule und Forschung zeigen:<br />
Die <strong>GEW</strong> kann sich mit dem Thema Arbeitsplatz<br />
Hochschule und Forschung erfolgreich als Interessenvertreterin<br />
der Kolleginnen und Kollegen<br />
in der Wissenschaft profilieren. Weitere politische<br />
Erfolge auf dem Weg zum "Traumjob Wissenschaft"<br />
setzen voraus, noch mehr Kolleginnen<br />
und Kollegen zu überzeugen, sich in der<br />
<strong>GEW</strong> zu organisieren und zu engagieren. <strong>Das</strong><br />
Potenzial dafür ist noch lange nicht ausgeschöpft.<br />
Der 27. ordentliche Gewerkschaftstag fordert<br />
den Hauptvorstand auf, eine <strong>GEW</strong>-Wissenschaftsoffensive<br />
zu starten, die<br />
• Aktivitäten zur Gewinnung und Bindung<br />
von Mitgliedern an Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
intensiviert,<br />
• den Aufbau und die Stabilisierung von<br />
<strong>GEW</strong>-Hochschul- und Betriebsgruppen unterstützt,<br />
• Kolleginnen und Kollegen an Hochschulen<br />
und Forschungseinrichtungen für die Mitarbeit<br />
in den <strong>GEW</strong>-Strukturen sowie in Selbstverwaltungsgremien,<br />
Betriebs- und Personalräten<br />
qualifiziert,<br />
• die Kampffähigkeit und Durchsetzungsmacht<br />
der Tarifbeschäftigten an Hochschulen<br />
und Forschungseinrichtungen fördert.<br />
645<br />
650<br />
655<br />
660<br />
665<br />
670<br />
675<br />
<strong>Das</strong> Potenzial dafür ist noch lange nicht ausgeschöpft.<br />
<strong>Das</strong> Beste kommt erst noch!<br />
86
Anträge zum Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> in Düsseldorf vom 12.-16. Juni 2013<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
3. Bildungspolitik<br />
3.1 "Kommunale Bildungslandschaften“<br />
Eckpunkte zur Verbesserung der Kooperation der Bildungseinrichtungen in<br />
den Regionen<br />
Hauptvorstand<br />
3.2 Kommunale/regionale Bildungsplanung als Feld gewerkschaftlicher Arbeit<br />
LV Niedersachsen / Bundesfachgruppe Gesamtschulen<br />
3.3 Bildungsfinanzierung<br />
LV Berlin<br />
3.4 Bildung braucht mehr Geld<br />
LV Bremen<br />
3.5 Bildung als Menschenrecht erfordert Widerstand gegen Ökonomisierung<br />
und Privatisierung des Bildungswesens<br />
LV Hessen<br />
3.6 Privatisierungstendenzen im Bildungsbereich entgegentreten -<br />
Positionspapier<br />
LV Bayern<br />
3.7 „Erklärung zum Berufsethos der Bildungsinternationalen“<br />
Hauptvorstand<br />
3.8 AKTIONSPLAN LEHRERBILDUNG<br />
Hauptvorstand<br />
3.9 Lehrer_innenbildung in den Fokus rücken – jetzt!<br />
BA Junge <strong>GEW</strong>/Landesverband Sachsen<br />
3.10 Genderkompetenz ist Schlüsselqualifikation in der Lehrer_innenbildung<br />
Bundesfrauenausschuss<br />
3.11 Inklusion in Tageseinrichtungen für Kinder<br />
BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />
3.12 Auf dem Weg zu einem inklusiven Schulsystem<br />
Hauptvorstand<br />
3.13 Universalisierung des Inklusions-Begriffs<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
3.14 Inklusion – ein nicht umkehrbarer Weg<br />
- Erfahrungen aus Bremer Schulen nutzen -<br />
LV Bremen<br />
3.15 Inklusive Schule<br />
- Stellungnahme und Forderungen an die Politik –<br />
LV Berlin<br />
3.16 Strategie der <strong>GEW</strong> zur Entwicklung des Schulsystems in Deutschland<br />
Die inklusive Ganztagsgesamtschule / Gemeinschaftsschule / Integrierte<br />
Sekundarschule als Alternative zum gegliederten Schulsystem<br />
LV Niedersachsen<br />
90<br />
99<br />
107<br />
114<br />
120<br />
123<br />
127<br />
129<br />
139<br />
141<br />
146<br />
150<br />
157<br />
159<br />
162<br />
172<br />
87
3.17 Die inklusive Ganztagsgrundschule<br />
LV Niedersachsen, Bundesfachgruppe Gesamtschulen<br />
3.18 Inklusion an berufsbildenden Schulen<br />
BFGA kaufmännische Schulen und BFGA gewerbliche Schulen<br />
3.19 Abbau von Geschlechterstereotypen und Diskriminierung wegen der<br />
sexuellen Orientierung und Identität in Schulbüchern und anderen<br />
Unterrichtsmedien und -materialien<br />
Hauptvorstand, Bundesfrauenausschuss<br />
3.20 Abbau von Geschlechterstereotypen und Diskriminierung wegen der<br />
sexuellen Orientierung und Identität in Schulbüchern, realitätsnahe<br />
Darstellung der Vielfalt von Menschen und Lebensformen<br />
LV Rheinland-Pfalz<br />
3.21 Abbau von Geschlechterstereotypen und Diskriminierung wegen der<br />
sexuellen Orientierung und Identität in Schulbüchern und<br />
Unterrichtsmaterialien<br />
LV Berlin<br />
3.22 KMK-Empfehlungen für Interkulturelle Bildung und Erziehung in<br />
Deutschland<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
3.23 Dokumentation und Analyse der Gesetzeslage in der BRD bzgl. sprachlicher<br />
Bildung und interkultureller Erziehung<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
3.24 Ausbildung von interkulturellen MentorInnen und BotschafterInnen<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
3.25 Funktionaler Analphabetismus<br />
LV Rheinland-Pfalz<br />
3.26 Neue Akzente in der schulbezogenen Bildungsforschung<br />
Hauptvorstand<br />
3.27 Qualitätsentwicklung<br />
Hauptvorstand<br />
3.28 PISA ist der falsche Weg! Für gute Bildung — gegen die Produktion von<br />
Testwissen!<br />
LV Hessen<br />
3.29 Vergleichsarbeiten (VERA)<br />
LV Hessen<br />
3.30 Vergleichsarbeiten (VERA)<br />
BFGA Grundschulen<br />
3.31 Strategie zur Weiterentwicklung des bestehenden<br />
allgemeinbildenden Schulsystems<br />
BFGA Gesamtschulen<br />
3.32 Ausbau und dauerhafte Absicherung von Schulsozialarbeit<br />
BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />
3.33 Professioneller Umgang mit den Herausforderungen veränderter Kindheit<br />
BFGA Sonderpädagogische Berufe und BFGA Grundschulen<br />
3.34 Berufs- und Arbeitsweltorientierung in der Schule<br />
Hauptvorstand<br />
180<br />
186<br />
190<br />
197<br />
204<br />
211<br />
214<br />
215<br />
216<br />
222<br />
224<br />
227<br />
230<br />
232<br />
234<br />
239<br />
242<br />
244<br />
88
3.35 Medien zum Lehren und Lernen in allgemeinbildenden Schulen müssen den<br />
Anforderungen einer modernen Pädagogik genügen<br />
Hauptvorstand<br />
3.36 Grundschule ohne Noten<br />
BFGA Grundschulen<br />
3.37 Gewerkschaftliche Positionen zum Gymnasium<br />
BFGA Gymnasien<br />
3.38 Forderungen zur Gymnasialen Oberstufe<br />
BFGA Gymnasien<br />
3.39 Weiterentwicklung der gymnasialen Oberstufe an Gymnasien und<br />
Gesamtschulen<br />
BFGA Gesamtschulen<br />
3.40 Schulzeit bis zum Abitur<br />
BFGA Gymnasien<br />
3.41 Forderungen zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife<br />
BFGA Gymnasien<br />
3.42 Bildungsberatung für Lernen im Lebensverlauf<br />
BFGA Erwachsenenbildung, BFGA gewerbliche und kaufmännische Schulen<br />
3.43 Weimarer Thesen 2012 – Ein "Schutzschirm" für die Weiterbildung<br />
BFGA Erwachsenenbildung<br />
3.44 Hochschulen sozial öffnen: Mehr Studienplätze schaffen, freien<br />
Hochschulzugang sichern, BAföG ausbauen, Studiengebühren abschaffen<br />
BA Hochschule und Forschung und BASS<br />
3.45 Baustelle Hochschule –<br />
Vier Bausteine für die Reform der Promotionsphase<br />
BA Hochschule und Forschung und BASS<br />
3.46 Für Zivilklauseln in Satzungen und Leitbildern aller Hochschulen und<br />
Forschungseinrichtungen sowie in den Landeshochschulgesetzen<br />
BFGA Hochschule und Forschung<br />
3.47 Forderungen der <strong>GEW</strong> für den Bereich Fachhochschulen<br />
BFGA Hochschule und Forschung<br />
251<br />
255<br />
256<br />
262<br />
267<br />
268<br />
275<br />
284<br />
290<br />
297<br />
303<br />
307<br />
309<br />
89
3.1 "Kommunale Bildungslandschaften“<br />
Eckpunkte zur Verbesserung der<br />
Kooperation der Bildungseinrichtungen in<br />
den Regionen<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
Vorschlag für eine Stellungnahme der <strong>GEW</strong><br />
Neue gesellschaftliche Entwicklungen, besonders<br />
die zunehmende soziale Spaltung der<br />
Gesellschaft und das drohende Auseinanderdriften<br />
städtischer Milieus hinsichtlich<br />
Einkommen, Bildungsstand, Migrationshintergrund,<br />
Kinderzahl etc. stellen die Kommunen<br />
auch im Bildungsbereich vor neue Herausforderungen.<br />
<strong>Das</strong> Deutsche Institut der Wirtschaft stellt 2010<br />
in einer Untersuchung fest: Im Jahr 2008 lebten<br />
in Deutschland "rund 14 Prozent der Bevölkerung<br />
unter der Armutsschwelle. <strong>Das</strong> ist rund<br />
ein Drittel mehr als noch vor zehn Jahren. Dabei<br />
sind Kinder und junge Erwachsene besonders<br />
betroffen.“(DIW 2010)<br />
Teilhabe an Bildung wird zum Schlüssel für gesellschaftliche<br />
Partizipation und berufliche<br />
sowie soziale Entwicklungsmöglichkeiten. Der<br />
Grundstein dafür wird im konkreten Lebensumfeld<br />
vor Ort gelegt. In dem Bemühen, für<br />
Kinder, Jugendliche und Erwachsene bestmögliche<br />
Bildungschancen zu gewährleisten, sind<br />
Kommunen mit sich zum Teil widersprechenden<br />
Aufgaben und Anforderungen konfrontiert.<br />
Insbesondere sind dabei zu nennen,<br />
- die gestiegenen Anforderungen und Erwartungen<br />
an das Bildungssystem, wie z.B. die Organisierung<br />
eines inklusiv organisierten<br />
Bildungswesens oder die Profilierung des Sozial-<br />
und Integrationsauftrags der Schulen,<br />
- die zunehmenden Privatisierungstendenzen<br />
des öffentlichen Bildungsbereichs,<br />
- die regional unterschiedliche demografische<br />
Entwicklung, welche die Unterschiede zwischen<br />
Stadt und Land sowie der Städte untereinander<br />
verstärkt,<br />
- die dadurch wachsende Konkurrenz der<br />
Kommunen untereinander, etwa bei der An-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme in folgender Fassung:<br />
3.1 "Kommunale Bildungslandschaften"<br />
Eckpunkte zur Verbesserung der Kooperation<br />
der Bildungseinrichtungen in den Regionen<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
Die <strong>GEW</strong> nimmt in den Kommunen aktiv an der<br />
Ausgestaltung der Bildungsplanung und ihrer<br />
Umsetzung teil, um ihren Einfluss und ihre<br />
Bündnismöglichkeiten vor Ort zu verstärken<br />
und um die Bildungsmöglichkeiten für Kinder,<br />
Jugendliche und Erwachsene zu verbessern<br />
sowie die Betroffenen an den Entscheidungen<br />
über die kommunale Bildungspolitik zu beteiligten.<br />
Zugleich verfolgt die <strong>GEW</strong> das Ziel, gute<br />
Arbeitsbedingungen und tarifliche Standards<br />
für die Beschäftigen in den Bildungseinrichtungen<br />
durchzusetzen und eine neoliberale Deregulierung<br />
der Beschäftigungsverhältnisse, die<br />
mit einer Dequalifizierung des pädagogischen<br />
Personals verbunden ist, sowie die Privatisierung<br />
von Bildungsangeboten zu verhindern.<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich für ein bedarfsgerecht ausgestattetes,<br />
qualitativ hochwertiges inklusives,<br />
und demokratisches Bildungsangebot in allen<br />
Bereichen ein. Derzeit besteht akuter Handlungsbedarf<br />
vor Ort zum Beispiel<br />
• beim Abbau von Benachteiligungen und<br />
Bildungsarmut,<br />
• bei der Schaffung inklusiver Strukturen vor<br />
allem im Schulbereich,<br />
• beim Ausbau der Kindertagesstätten und<br />
deren qualitativer Weiterentwicklung,<br />
• bei der pädagogischen Gestaltung der horizontalen<br />
und vertikalen Übergange im<br />
Bildungswesen,<br />
• bei der Verbesserung der Finanzierung und<br />
Vergütung in der Weiterbildung,<br />
• bei der Stärkung der kulturellen und politischen<br />
Bildung.<br />
Als Gewerkschaft, die die Beschäftigten aller<br />
Bildungsbereiche organisiert, tritt die <strong>GEW</strong> insbesondere<br />
dafür ein, die bildungsbereichs-<br />
90
Um diese Probleme zu lösen, bemüht man sich<br />
vielerorts, Bildung, Erziehung und Betreuung<br />
bzw. deren Institutionen – häufig unter dem<br />
Stichwort „kommunale Bildungslandschaften“ -<br />
besser zu vernetzen und in ein kommunales<br />
Gesamtkonzept ganzheitlicher Bildung einzufügen.<br />
Viele Städte und Kreise verknüpfen die<br />
neuen Modelle, mit der Forderung nach einer<br />
„Erweiterten Schulträgerschaft“, die den Komsiedlung<br />
von Betrieben ("Standortlogik“) mit<br />
den entsprechenden Auswirkungen nicht nur<br />
im berufsbildenden Bereich, da Bildungseinrichtungen<br />
als Standortfaktor gelten,<br />
- die zunehmenden Tendenzen, Bildungsprozesse<br />
durch Konkurrenzverfahren (z. B.<br />
rankings) zu steuern,<br />
- der zunehmende Bedarf an einer subjektorientierten,<br />
geschlechter- und kultursensiblen<br />
Beratung, um die Beteiligung am lebensbegleitenden<br />
Lernen auch im Erwachsenenalter zu<br />
erhöhen,<br />
- die wachsende Forderung nach Demokratisierung<br />
bzw. nach mehr Beteiligung bei<br />
bildungspolitischen Entscheidungen.<br />
Als Antwort auf diese Probleme bemüht man<br />
sich vielerorts Bildung, Erziehung und Betreuung<br />
bzw. deren Institutionen besser zu vernetzen<br />
und in ein kommunales Gesamtkonzept<br />
ganzheitlicher Bildung einzufügen. Dabei sollen<br />
vor Ort die verschiedenen Bereiche einschließlich<br />
der Schulen enger zusammenwirken, um<br />
allen Gesellschaftsmitgliedern ein lebensbegleitendes<br />
Lernen zu ermöglichen und insbesondere,<br />
um Kinder und Jugendliche entlang ihrer<br />
Bildungsbiografie individuell besonders zu<br />
fördern.<br />
In diesem Sinne entwickeln derzeit viele Städte<br />
und Kreise neue Modelle, die sie oft als "kommunale<br />
Bildungslandschaften“ benennen und<br />
verknüpfen dies mit der Forderung einer<br />
„Erweiterten Schulträgerschaft“, die den Kommunen<br />
mehr Gestaltungsmöglichkeiten auch<br />
im Schulbereich ermöglichen, eine Diskussion,<br />
deren Inhalte durchaus an die früheren Debatten<br />
um "Nachbarschaftsschulen“, "community<br />
education“ und die "Öffnung von Schulen“ erinnern.<br />
In dieser Entwicklung "kommunaler Bildungslandschaften“<br />
liegen durchaus Chancen:<br />
• Im Zuge der engen Kooperation und Vernetzung<br />
von schulischen und außerschulischen<br />
Bildungsinstitutionen können<br />
gemeinsame Konzepte im Sinne ganzheitlicher<br />
Bildung erarbeitet werden, mit denen<br />
- auch dank der Unterschiedlichkeit des<br />
Blickwinkels verschiedener Professionen -<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
übergreifende Kooperation der Professionen<br />
auf Augenhöhe weiterzuentwickeln.<br />
Neue gesellschaftliche Entwicklungen, besonders<br />
die zunehmende soziale Spaltung der<br />
Gesellschaft und das drohende Auseinanderdriften<br />
städtischer Milieus hinsichtlich<br />
Einkommen, Bildungsstand, Migrationshintergrund,<br />
Kinderzahl etc. stellen die Kommunen<br />
auch im Bildungsbereich vor neue Herausforderungen.<br />
Teilhabe an Bildung ist der Schlüssel für gesellschaftliche<br />
Partizipation und berufliche sowie<br />
soziale Entwicklungsmöglichkeiten. Der<br />
Grundstein dafür wird im konkreten Lebensumfeld<br />
vor Ort gelegt. Im Bemühen, für Kinder,<br />
Jugendliche und Erwachsene bestmögliche<br />
Bildungschancen zu gewährleisten, sind Kommunen<br />
mit sich zum Teil widersprechenden<br />
Aufgaben konfrontiert. <strong>Das</strong> sind insbesondere<br />
• die gestiegenen Anforderungen und Erwartungen<br />
an das Bildungssystem,<br />
• die Organisierung eines inklusiven<br />
Bildungswesens und die Erfüllung des Sozial-<br />
und Integrationsauftrags der Schulen,<br />
• die zunehmenden Privatisierungstendenzen<br />
des öffentlichen Bildungsbereichs,<br />
• die regional unterschiedliche demografische<br />
Entwicklung,<br />
• die Konkurrenz der Kommunen untereinander,<br />
etwa bei der Ansiedlung von Betrieben<br />
mit den entsprechenden Auswirkungen auf<br />
den gesamten Bildungsbereich,<br />
• die sich verstärkenden Tendenzen,<br />
Bildungsprozesse durch Konkurrenzverfahren<br />
(z. B. Rankings) zu steuern,<br />
• der zunehmende Bedarf an einer subjektorientierten,<br />
geschlechter- und kultursensiblen<br />
Beratung, um das lebensbegleitende<br />
Lernen zu fördern,<br />
• die wachsende Forderung nach Demokratisierung<br />
und mehr Beteiligung an bildungspolitischen<br />
Entscheidungen.<br />
91
angemessene Antworten auf die besonderen<br />
pädagogischen und sozialen Herausforderungen<br />
vor Ort gegeben werden.<br />
• In dieser Kooperation und Vernetzung liegt<br />
zugleich eine besondere Chance, die<br />
Übergänge zwischen einzelnen Bildungsgängen<br />
und Bildungsinstitutionen zu<br />
optimieren bzw. entsprechende Brüche, z.<br />
B. beim Übergang von Kindertagesstätten<br />
und Grundschule oder vom schulischen in<br />
den beruflichen Bereich, zu vermeiden.<br />
• Da die Mitwirkenden in der "Kommunalen<br />
Bildungslandschaft“ mit den spezifischen<br />
Strukturen und Rahmenbedingungen der<br />
jeweiligen Stadtteile und Milieus und den<br />
Bildungsangeboten der verschiedenen Kooperationspartner<br />
bestens vertraut sind, ist<br />
davon auszugehen, dass sich die dort erarbeiteten<br />
Konzepte bei der Umsetzung<br />
von Standards in besonderer Weise an den<br />
Herausforderungen der jeweiligen Region<br />
und den entsprechenden Praxiserfordernissen<br />
orientieren.<br />
• Diese praxisorientierte Mitwirkung der Beschäftigten<br />
bei der Umsetzung der entsprechenden<br />
Konzepte dürfte deren Identifikation<br />
mit dem Projekt bzw. deren Motivation<br />
erheblich stärken.<br />
• Zugleich kann man in dieser breiten Mitwirkung<br />
auch einen Prozess der Demokratisierung<br />
bildungspolitischer Gestaltungsprozesse<br />
sehen.<br />
Allerdings liegen in dieser Entwicklung "kommunaler<br />
Bildungslandschaften" auch erhebliche<br />
Risiken:<br />
• Angesichts der ohnehin schon allseits<br />
beklagten föderalen Unstimmigkeiten im<br />
Schulbereich könnten wachsende untereinander<br />
nicht abgestimmte Gestaltungsmöglichkeiten<br />
der Kommunen dieses Problem<br />
tendenzieller Inkompatibilität der Bildungssysteme<br />
noch immens verstärken, weil sie<br />
sich dann nicht nur innerhalb der 16<br />
Bundesländer, sondern auch innerhalb der<br />
über 400 Kommunen in Deutschland voneinander<br />
unterscheiden.<br />
• Da sich die sozialen und ökonomischen<br />
Rahmenbedingungen der einzelnen Regionen<br />
und Kommunen erheblich voneinander<br />
unterscheiden, differieren auch deren Gestaltungsmöglichkeiten<br />
im Bildungsbereich,<br />
und zwar in direkter Abhängigkeit von deren<br />
Finanzkraft. Dabei stehen gerade Kom-<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
munen auch im Schulbereich mehr Gestaltungsmöglichkeiten<br />
eröffnen.<br />
In dieser Entwicklung "kommunaler Bildungslandschaften"<br />
liegen durchaus Chancen:<br />
• Im Zuge der engen Kooperation und Vernetzung<br />
von schulischen und außerschulischen<br />
Bildungsinstitutionen können gemeinsame<br />
Konzepte im Sinne ganzheitlicher Bildung erarbeitet<br />
werden, mit denen - auch dank der Unterschiedlichkeit<br />
des Blickwinkels verschiedener<br />
Professionen - angemessenere Antworten<br />
auf die besonderen pädagogischen und sozialen<br />
Herausforderungen vor Ort gegeben werden.<br />
• Die Übergänge zwischen einzelnen Bildungsgängen<br />
und Bildungsinstitutionen können<br />
optimiert und Brüche, z.B. beim Übergang von<br />
Kindertagesstätten zur Grundschule oder vom<br />
schulischen in den beruflichen Bereich vermieden<br />
werden.<br />
• Da die Mitwirkenden mit den spezifischen<br />
Strukturen und Rahmenbedingungen der<br />
jeweiligen Stadtteile und Milieus und den<br />
Bildungsangeboten der verschiedenen Kooperationspartner<br />
bestens vertraut sind, können<br />
sich die Konzepte in besonderer Weise an den<br />
Bedingungen der jeweiligen Region und den<br />
entsprechenden Praxiserfordernissen orientieren.<br />
• Die praxisorientierte Mitwirkung der Beschäftigten<br />
kann deren Identifikation und deren<br />
Mo-tivation erheblich stärken.<br />
Die breite Mitwirkung eröffnet Möglichkeiten<br />
für einen Prozess der Demokratisierung.<br />
Allerdings liegen in der Entwicklung "kommunaler<br />
Bildungslandschaften" auch erhebliche<br />
Risiken:<br />
• Die bereits jetzt bestehende Inkompatibilität<br />
der Bildungssysteme könnte sich noch immens<br />
verstärken, wenn die Konzepte nicht nur<br />
innerhalb der 16 Bundesländer, sondern auch<br />
regional und lokal voneinander abweichen.<br />
• Da sich die sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen<br />
der einzelnen Regionen und<br />
Kommunen erheblich voneinander unterscheiden,<br />
differieren auch deren Gestaltungsmöglichkeiten<br />
im Bildungsbereich. Besonders problematisch<br />
ist, dass gerade Kommunen mit<br />
großen Finanzproblemen oft vor besonders<br />
schwierigen Herausforderungen im pädagogischen<br />
und sozialen Bereich stehen.<br />
92
munen mit großen Finanzproblemen oft<br />
vor besonders schwierigen Herausforderungen<br />
im pädagogischen und sozialen Bereich,<br />
Herausforderungen, die besonders finanzträchtig<br />
sind. Deshalb stellt das Auseinanderdriften<br />
der Regionen bei der Entwicklung<br />
"kommunaler Bildungslandschaften“<br />
eine besondere Gefahr dar.<br />
• Durch das Aufbrechen bislang klarer tradierter<br />
Zuständigkeiten in unserem<br />
Bildungssystem könnte ein Deregulierungsprozess<br />
mit unerwünschten Folgen in Gang<br />
gesetzt werden. So z.B. sind zunehmende<br />
Privatisierungstendenzen im Bildungsbereich<br />
ebenso zu befürchten wie die wachsende<br />
Konkurrenz der Kommunen untereinander,<br />
ein Prozess, den die regional unterschiedliche<br />
demografische Entwicklung<br />
mit entsprechenden Unterschieden zwischen<br />
Stadt und Land sowie der Städte untereinander<br />
noch verstärken dürfte, etwa<br />
bei der Ansiedlung von Betrieben ("Standortlogik“)<br />
mit den entsprechenden Auswirkungen<br />
im berufsbildenden Bereich.<br />
• Insbesondere mit Blick auf die zunehmend<br />
drängender werdende Finanznot der Kommunen<br />
droht zudem die Gefahr, dass diese<br />
- zumal bei gleichzeitig wachsenden Aufgaben<br />
im Bildungsbereich - verstärkt auf die<br />
Unterstützung nicht-staatlicher Institutionen,<br />
z.B. aus dem Bereich der Wirtschaft,<br />
zurückgreifen, denen damit erhebliche,<br />
wenn auch indirekte Steuerungsmöglichkeiten<br />
zuwachsen, z.B. durch Förderung bzw.<br />
Verweigerung entsprechender Zuschüsse.<br />
Damit könnte gleichermaßen eine schleichende<br />
Ökonomisierung wie auch eine Entstaatlichung<br />
des Bildungswesens einhergehen.<br />
• Außerdem kann die wachsende kommunale<br />
Finanznot bei gleichzeitig wachsender<br />
kommunaler Verantwortung im Bildungsbereich<br />
dazu führen, dass aus Haushaltsgründen<br />
von einzelnen Kommunen erhebliche<br />
Kürzungen vorgenommen werden, die sich<br />
in der Finanzausstattung auch der schulischen<br />
Institutionen drastisch auswirken.<br />
• Begleitend zu solcher Entwicklung würde<br />
sich die Gefahr unangemessen bezahlter<br />
Arbeitsverträge bzw. prekärer Arbeitsverhältnisse<br />
der Beschäftigten in den “kommunalen<br />
Bildungslandschaften“ - mit der Folge<br />
wachsender Deprofessionalisierung stellen.<br />
155<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
• Durch das Aufbrechen der Zuständigkeiten im<br />
Bildungssystem könnte ein Deregulierungsprozess<br />
mit unerwünschten Folgen in Gang gesetzt<br />
werden, z.B. zunehmende Privatisierung oder<br />
wachsende Konkurrenz der Kommunen.<br />
• Bereits jetzt führen das interessengeleitete<br />
Handeln von privaten Bildungsträgern und die<br />
Finanznöte der Kommunen zur Etablierung von<br />
Billiglösungen und privaten Eingriffen in die<br />
Steuerung des Bildungswesens.<br />
• Es besteht die Gefahr, dass unangemessen<br />
vergütete oder prekäre Arbeitsverhältnisse bis<br />
hin zur Scheinselbstständigkeit entstehen, in<br />
deren Folge es zu einer wachsenden Deprofessionalisierung<br />
im gesamten Bildungsbereich<br />
kommt.<br />
Angesichts der bildungspolitischen Entwicklung<br />
im kommunalen Bereich ergeben sich für die<br />
<strong>GEW</strong> zwei Aufgaben:<br />
Zum einen nach innen:<br />
Die <strong>GEW</strong> muss überprüfen, inwieweit die existierenden<br />
Strukturen der <strong>GEW</strong> Mitwirkung und<br />
Einflussnahme auf kommunale Bildungsprozesse<br />
ermöglichen. Bei Bedarf sind Strukturen<br />
und Kompetenzen aufzubauen, die zu einem<br />
aktiven Mitwirken vor Ort befähigen, so dass<br />
die <strong>GEW</strong> ihre tarifpolitische und beamtenpolitische<br />
Handlungskraft verstärken kann.<br />
- Zum anderen nach außen:<br />
Die <strong>GEW</strong> muss die bildungspolitischen Entwicklungen<br />
im kommunalen Bereich gemäß ihrer<br />
Ziele bewerten, um sowohl öffentlich Stellung<br />
beziehen als auch den Prozess politisch aktiv<br />
mitgestalten zu können. Mit Blick auf die dargestellten<br />
Chancen und Risiken können z.B "kommunale<br />
Bildungslandschaften" nur fruchtbar<br />
genutzt werden, wenn folgende Bedingungen<br />
gewährleistet sind:<br />
• Sicherung der Gesamtverantwortung des<br />
Staates und Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse<br />
Die Gesamtverantwortung des Staates, unter<br />
dessen Aufsicht entsprechend Artikel 7 I des<br />
Grundgesetzes die Schulen stehen, muss gewahrt<br />
bleiben, denn zur Sicherung landesweiter<br />
konzeptioneller Grundlagen, einer landesweit<br />
ausgeglichenen Personalversorgung und<br />
einer durchgängig hohen Qualität der Bildung<br />
93
Perspektiven:<br />
Mit Blick auf die dargestellten Chancen und<br />
Risiken können "kommunale Bildungslandschaften"<br />
nur fruchtbar genutzt werden,<br />
wenn die Umsetzung den Forderungen entspricht,<br />
die oben genannt wurden. Dabei sind<br />
folgende Stichpunkte hervorzuheben:<br />
• Sicherung der Gesamtverantwortung des<br />
Staates bei der Steuerung der Bildungsprozesse.<br />
Dazu gehört auch die Setzung der<br />
notwendigen Bildungsstandards und "die<br />
Dienstherrneigenschaft“ des Landes für alle<br />
an den Schulen unterrichtenden Lehr- und<br />
sozialpädagogischen Fachkräfte.<br />
• Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse<br />
und entsprechende politische und finanzielle<br />
Steuerung des Bildungsbereichs.<br />
• Ausreichende und gesicherte Finanzausstattung<br />
für die Kommunen, insbesondere<br />
unter dem Blickwinkel deren unterschiedlicher<br />
Finanzkraft.<br />
Angemessene Arbeitsbedingungen und Tarifbindung<br />
für die Beschäftigten in den "kommunalen<br />
Bildungslandschaften.“<br />
Angesichts dieser bildungspolitischen Entwicklung<br />
im kommunalen Bereich ergeben sich für<br />
die <strong>GEW</strong> zwei Aufgaben:<br />
- Zum einen nach innen: Eine Überprüfung,<br />
inwieweit die gegebenen internen Strukturen<br />
der <strong>GEW</strong> eine Mitwirkung in diesen kommunalen<br />
Bildungsprozessen ermöglichen, bzw. den<br />
Aufbau von Strukturen und Kompetenzen, die<br />
zu einem aktiven Mitwirken vor Ort befähigen.<br />
- Zum anderen nach außen: Eine Bewertung<br />
dieser Entwicklung unter dem Blickwinkel der<br />
zentralen <strong>GEW</strong>-Ziele, um diesen Prozess politisch<br />
aktiv mit zu gestalten und auf dieser Basis<br />
nicht nur öffentlich Stellung beziehen zu können.<br />
<strong>Das</strong> gilt vor allen Dingen für die angemessene<br />
Beteiligung der Beschäftigten und ihrer<br />
Gewerkschaft an den Entwicklungsprozessen.<br />
In diesem Sinne verweist die <strong>GEW</strong> auf folgende<br />
Punkte, die in besonderer Weise zu berücksichtigen<br />
sind:<br />
• Sicherung der Gesamtverantwortung des<br />
Staates und Wahrung gleichwertiger<br />
Lebensverhältnisse<br />
210<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
bedarf es einer übergeordneten, staatlichen Instanz<br />
mit ausreichender Steuerungskompetenz.<br />
Die "Dienstherrn- bzw. Arbeitgebereigenschaft"<br />
des Landes für alle Beschäftigten im Schuldienst<br />
muss erhalten bleiben.<br />
<strong>Das</strong> Gebot zur "Herstellung gleichwertiger<br />
Lebensverhältnisse im Bundesgebiet“ nach Artikel<br />
72 II des Grundgesetzes gilt auch für den<br />
Bildungsbereich. Unterschiedliche Entwicklungen<br />
in einzelnen Kommunen, Kreisen bzw.<br />
kreisfreien Städte in Deutschland dürfen nicht<br />
zu unterschiedlichen Bildungsbedingungen für<br />
Kinder und Jugendliche führen. Besondere<br />
Fördermaßnahmen müssen die Wahrung bzw.<br />
Wiederherstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse<br />
im gesamten Bildungsbereich gewährleisten.<br />
• Chancen nutzen und Ökonomisierung verhindern<br />
Im Zuge einer engen Kooperation und Vernetzung<br />
unterschiedlicher Bildungsinstitutionen<br />
und Professionen müssen gemeinsame<br />
Konzepte im Sinne ganzheitlicher Bildung erarbeitet<br />
werden. Um Steuerungsmöglichkeiten<br />
z. B von Seiten der Wirtschaft auszuschließen,<br />
muss die Ökonomisierung und Entstaatlichung<br />
des Bildungswesens verhindert werden.<br />
• Sicherung der notwendigen Finanzmittel<br />
Trotz erheblicher Unterschiede und vielerorts<br />
bestehender gravierender Haushaltsnöte müssen<br />
von den Kommunen viele neue Aufgaben<br />
wahrgenommen werden. Umso wichtiger ist<br />
es, bei der Entwicklung von z.B. "kommunalen<br />
Bildungslandschaften“, das Konnexitätsprinzip<br />
strikt zu beachten. Unabhängig von der<br />
Notwendigkeit, die Kommunen bereits heute<br />
besser finanziell auszustatten, muss der Gesetzgeber,<br />
gestützt auf Art. 104a des Grundgesetzes<br />
bzw. auf die entsprechenden Artikel der<br />
Landesverfassungen, für den finanziellen Ausgleich<br />
der von ihm aufgetragenen Aufgaben<br />
sorgen. Darüber hinaus ist es unabdingbar, indikatorengestützt<br />
dort mehr Mittel zur Verfügung<br />
zu stellen, wo eine Politik der Gleichbehandlung<br />
zunehmende Ungleichheit zur Folge<br />
hätte. Um der bestehenden Ungleichheit entgegenzuwirken,<br />
müssen öffentliche Bildungsangebote<br />
prinzipiell gebührenfrei sein.<br />
94
Jede Diskussion um eine Ausweitung regionaler<br />
Gestaltungsmöglichkeiten im Bildungsbereich<br />
muss eingebettet sein in die Gesamtverantwortung<br />
des Staates, unter dessen Aufsicht entsprechend<br />
Artikel 7 I des Grundgesetzes die<br />
Schulen stehen. Denn zur Sicherung landesweit<br />
konzeptioneller Grundlagen einer landesweit<br />
ausgeglichenen Personalversorgung und einer<br />
gleichen Qualität der Bildung bedarf es einer<br />
übergeordneten, staatlichen Instanz mit ausreichender<br />
Steuerungskompetenz.<br />
Artikel 72 II des Grundgesetzes gebietet die<br />
"Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse<br />
im Bundesgebiet“, und dies gilt auch für den<br />
Bildungsbereich. Doch aufgrund der unterschiedlichen<br />
Entwicklung in den einzelnen<br />
Kommunen unterscheiden sich die Kreise bzw.<br />
kreisfreien Städte in Deutschland in ihrer wirtschaftlichen,<br />
demografischen und sozialen Lage<br />
immer stärker voneinander. Ganze Regionen<br />
driften hinsichtlich ihrer Zukunftschancen auseinander,<br />
ein Problem, mit fatalen Auswirkungen<br />
insbesondere auf die Kinder und Jugendlichen<br />
in den risikobelasteten Gebieten. Besondere<br />
Fördermaßnahmen dürfen nicht zu einer<br />
weiteren Zersplitterung führen, sondern<br />
müssen die Wahrung bzw. Wiederherstellung<br />
gleichwertiger Lebensverhältnisse im gesamten<br />
Bildungsbereich gewährleisten.<br />
• Chancen nutzen und Ökonomisierung verhindern<br />
Im Zuge einer engen Kooperation und Vernetzung<br />
unterschiedlicher Bildungsinstitutionen<br />
müssen gemeinsame Konzepte im Sinne<br />
ganzheitlicher Bildung erarbeitet werden, mit<br />
denen aus unterschiedlichen Blickwinkeln verschiedener<br />
Professionen angemessene Antworten<br />
auf die besonderen pädagogischen und sozialen<br />
Herausforderungen vor Ort gegeben<br />
werden.<br />
Dadurch können auch die Übergänge zwischen<br />
einzelnen Bildungsgängen und Bildungsinstitutionen<br />
optimiert werden.<br />
Es besteht aber die Gefahr, dass durch das Aufbrechen<br />
bislang klarer tradierter Zuständigkeiten<br />
in unserem Bildungssystem ein Deregulierungsprozess<br />
in Gang gesetzt wird. Wenn mit<br />
Blick auf die dringender werdende Finanznot<br />
der Kommunen verstärkt auf die Unterstützung<br />
265<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
315<br />
• Angemessene Arbeitsbedingungen<br />
Mitentscheidend für die Frage, ob die Entwicklung<br />
von z.B, "kommunalen Bildungslandschaften“<br />
gelingt, ist die Sicherung und deutliche<br />
Verbesserung der Arbeitsbedingungen für alle<br />
Beschäftigten in den Bildungseinrichtungen.<br />
Die Arbeitsbedingungen einschließlich der<br />
angemessenen Vergütung müssen tarifvertraglich<br />
geregelt werden. Notwendig sind<br />
außerdem Unterstützungssysteme bei der Projektentwicklung<br />
und die Vertretung bzw. die<br />
Mitbestimmung der Beschäftigten durch Betriebs-<br />
und Personalräte.<br />
Außerdem müssen an dem Prozess der pädagogischen<br />
Weiterentwicklung in den Kommunen<br />
alle Gruppen, insbesondere die Bildungsteilnehmer<br />
und Bildungsteilnehmerinnen und bei<br />
jüngeren Kindern auch deren Eltern sowie die<br />
Beschäftigten und ihre Gewerkschaft angemessen<br />
beteiligt werden.<br />
95
zum Beispiel aus dem Bereich der Wirtschaft<br />
zurückgegriffen wird, dann wächst denen auch<br />
eine erhebliche Steuerungsmöglichkeit zu.<br />
Deshalb muss eine schleichende Ökonomisierung<br />
und eine Entstaatlichung des Bildungswesens<br />
verhindert werden.<br />
• Sicherung der notwendigen Finanzmittel<br />
Ohne ausreichende öffentliche Finanzmittel<br />
kann keine Reform gelingen. Dies ist insbesondere<br />
auch im kommunalen Bereich zu beachten,<br />
wo ohnehin schon erhebliche Unterschiede<br />
und vielerorts gravierende<br />
Haushaltsnöte bestehen, vor allem im<br />
Bildungsbereich, wo vor Ort inzwischen viele<br />
neue Aufgaben wahrgenommen werden. Man<br />
denke z.B. an den Ausbau der Kindertagesstätten-<br />
und Krippenplätze, an die zusätzlichen<br />
Kosten für Schulsozialarbeit und die sonstig<br />
notwendigen "kompensatorischen“ Schul-Maßnahmen<br />
in "schwierigen Stadtteilen“, an die<br />
wachsende Zahl der Ganztagsschulen, die<br />
flächendeckenden Sprachtests vor der Schulzeit,<br />
das kostenlose Mittagessen für bedürftige<br />
Schülerinnen und Schüler, die Qualifizierung<br />
von Tageseltern und Erzieherinnen usw., ganz<br />
zu schweigen von all den Anforderungen, die<br />
unter dem Stichwort "Inklusion" auf die Kommunen<br />
zu kommen. Umso wichtiger ist es, bei<br />
der Entwicklung von z.B. "kommunalen<br />
Bildungslandschaften“, dass das Konnexitätsprinzip<br />
strikt beachtet wird. Unabhängig von<br />
der Notwendigkeit die Kommunen besser zu finanzieren<br />
sollte gestützt auf Art. 104a des<br />
Grundgesetzes bzw. auf die entsprechenden Artikel<br />
der Landesverfassungen, der Gesetzgeber<br />
für den finanziellen Ausgleich der von ihm aufgetragenen<br />
Aufgaben sorgen. Dies reicht aber<br />
nicht aus: Um der zunehmenden Ungleichheit<br />
entgegenzuwirken ist es perspektivisch unabdingbar,<br />
indikatorengestützt dort mehr Mittel<br />
zur Verfügung zu stellen, wo eine Politik der<br />
Gleichbehandlung zunehmende Ungleichheit<br />
zur Folge hätte. Die <strong>GEW</strong> bekennt sich zu dem<br />
Grundsatz Gleiches gleich und Ungleiches ungleich<br />
zu behandeln.<br />
• Angemessene Arbeitsbedingungen<br />
Mitentscheidend für die Frage, ob die Entwicklung<br />
von z.B, "kommunalen Bildungslandschaften“<br />
gelingt, ist die Sicherung und deutliche<br />
320<br />
325<br />
330<br />
335<br />
340<br />
345<br />
350<br />
355<br />
360<br />
365<br />
370<br />
96
Verbesserung der Arbeitsbedingungen für alle<br />
Beschäftigten in den Bildungseinrichtungen.<br />
Dazu gehören, neben angemessener Besoldung<br />
bzw. Tarifbindung und Unterstützungssystemen<br />
bei der Projektentwicklung, auch die Arbeitnehmervertretung<br />
bzw. die Mitbestimmung<br />
der Beschäftigten durch Betriebs- und Personalräte.<br />
Es muss entschieden der Entwicklung<br />
hin zu unangemessener Bezahlung bzw. deprivierter<br />
Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten<br />
entgegengewirkt werden. Die Folgen einer<br />
stark erhöhten Personalfluktuation ebenso, wie<br />
die einer wachsenden Deprofessionalisierung<br />
sind heute schon deutlich sichtbar. Außerdem<br />
müssen an dem Prozess der pädagogischen<br />
Weiterentwicklung alle Gruppen, insbesondere<br />
die Bildungsteilnehmer und Bildungsteilnehmerinnen<br />
und bei jüngeren auch deren Eltern<br />
sowie die Beschäftigten angemessen beteiligt<br />
werden.<br />
Begründung<br />
Nach wie vor gilt in unserem Bildungssystem<br />
die Trennung von inneren und äußeren Schulangelegenheiten.<br />
Dies bedeutet, dass der Staat<br />
im Rahmen seiner Schulaufsicht durch inhaltliche<br />
und strukturelle Vorgaben auf die Gestaltung<br />
von Schul- und Unterrichtsalltag bis ins<br />
Detail Einfluss nimmt, während die Kommunen<br />
lediglich die entsprechende Infrastruktur (z. B.<br />
Schulräume, Lernmittel, Schülertransport) bereit<br />
zu stellen haben, ansonsten jedoch über<br />
nur wenige Gestaltungsmöglichkeiten verfügen.<br />
Angesichts des umfassenden sozialen Wandels<br />
der letzten Jahre und seiner massiven Auswirkungen<br />
auf den Schulbereich ist die praktizierte<br />
Zuständigkeitstrennung vor allem in<br />
schulorganisatorischen Fragen (z.B. Klassenstärke,<br />
Stundentafel ...) nicht mehr zu halten.<br />
Insbesondere die Beteiligten vor Ort müssen<br />
deutlich verstärkte Mitspracherechte erhalten.<br />
Mehr Demokratie wird mehr und mehr eine<br />
zentrale Gelingens-Bedingung für den Bildungsprozess.<br />
Insbesondere die zunehmenden Segregationstendenzen<br />
in den Kommunen, also<br />
das Auseinanderdriften ganzer Stadtteile hinsichtlich<br />
Einkommen, Bildungsstand, Migrationshintergrund,<br />
Kinderzahl usw., erfordern<br />
immer häufiger sehr differenzierte, je nach Zielgruppe<br />
unterschiedliche Bildungs- und Fördermaßnahmen<br />
und "Kümmerer vor Ort“. Eine<br />
fernab im Kultusministerium liegende Zen-<br />
375<br />
380<br />
385<br />
390<br />
395<br />
400<br />
405<br />
410<br />
415<br />
420<br />
97
tralzuständigkeit wird diesen neuen Herausforderungen<br />
nicht mehr gerecht. Hier sind<br />
Veränderungen von Steuerung in Richtung von<br />
mehr Demokratie erforderlich, die es ermöglichen,<br />
auf die unterschiedlichen Strukturen und<br />
Rahmenbedingungen in einzelnen Kommunen<br />
und Stadtteilen bildungspolitisch angemessen<br />
und flexibel zu reagieren.<br />
425<br />
430<br />
98
3.2 Kommunale/regionale<br />
Bildungsplanung als Feld<br />
gewerkschaftlicher Arbeit<br />
Antragsteller: LV Niedersachsen /<br />
Bundesfachgruppe Gesamtschulen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Erledigt bei Annahme des Antrags 3.1 in der<br />
Fassung der Antragskommission<br />
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
engagiert sich im Aufgabenfeld der kommunalen<br />
/ regionalen Bildungsplanung.<br />
Die <strong>GEW</strong> nimmt in den Kommunen aktiv an der<br />
Ausgestaltung der Bildungsplanung und ihrer<br />
Umsetzung teil, um ihren Einfluss und ihre<br />
Bündnismöglichkeiten vor Ort verstärken und<br />
um die Bildungsmöglichkeiten für Kinder,<br />
Jugendliche und Erwachsene zu verbessern<br />
sowie die Betroffenen an den Entscheidungen<br />
über die kommunale Bildungspolitik zu beteiligen.<br />
Zugleich verfolgt die <strong>GEW</strong> das Ziel, gute<br />
Arbeitsbedingungen und tarifliche Standards<br />
für die Beschäftigen in den Bildungseinrichtungen<br />
durchzusetzen und eine neoliberale Deregulierung<br />
der Beschäftigungsverhältnisse, die<br />
mit einer Dequalifizierung des pädagogischen<br />
Personals verbunden ist, sowie die Privatisierung<br />
von Bildungsangeboten zu verhindern.<br />
Diese Gefahren abzuwenden, ist ein vorrangiges<br />
Ziel der <strong>GEW</strong>. Sowohl das interessengeleitete<br />
Handeln von privaten Bildungsträgern<br />
als auch die Finanznöte der Kommunen<br />
führen gegenwärtig zur Etablierung von Billiglösungen<br />
mit von prekären Beschäftigungsverhältnissen<br />
bzw. von Scheinselbständigkeit in<br />
Bildungseinrichtungen.<br />
• Die <strong>GEW</strong> kann mit ihrem Einsatz vor Ort<br />
ihre tarifpolitische und beamtenpolitische<br />
Handlungskraft verstärken.<br />
• Die <strong>GEW</strong> tritt dafür ein, die Einrichtungen<br />
der frühkindlichen Bildung nach dem<br />
Bedarf der Eltern und unter guten Standards<br />
(Gruppengröße, Personalschlüssel,<br />
Qualifikation, Raumsituation) zu entwickeln.<br />
• Die <strong>GEW</strong> tritt für die qualitative Weiterentwicklung<br />
von Kindertagesstätten ein,<br />
um den Übergang vom Kindergarten in die<br />
Grundschule pädagogisch zu gestalten. Der<br />
spezifische Auftrag von Kindertagesstätten<br />
und Grundschulen muss dabei erhalten<br />
bleiben.<br />
• Die <strong>GEW</strong> tritt dafür ein, das Schulangebot<br />
in den Kommunen zu verbessern. Im<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
99
Grundschulbereich geht es um die Einrichtung<br />
von inklusiven Ganztagsgrundschulen,<br />
die mit Horten kooperieren. Bei der Errichtung<br />
von Kinderhäusern setzt sich die <strong>GEW</strong><br />
für die Bewahrung der jeweiligen Aufgaben<br />
von Grundschule und Hort ein.<br />
• Die <strong>GEW</strong> tritt dafür ein, dass in der<br />
Sekundarstufe inklusiven Ganztagsgesamtschulen<br />
/ Gemeinschaftsschulen / Integrierter<br />
Sekundarschulen auch als ersetzende<br />
Schulform für alle Schulen des gegliederten<br />
Schulsystems eingerichtet werden, die den<br />
Weg zum Abitur möglichst lange offen hält.<br />
• Die <strong>GEW</strong> tritt dafür ein, dass in der beruflichen<br />
Bildung die duale Ausbildung gestärkt<br />
wird, dass ein vielfältigen Berufen entsprechendes<br />
Angebot an Beruflichen Schulen<br />
erhalten bleibt und eines neuen<br />
Übergangssystems von der Schule in die<br />
Ausbildung gestaltet wird.<br />
• Die <strong>GEW</strong> tritt in der Weiterbildung für ein<br />
vielfältiges Angebot ein, dass kulturelle und<br />
politische Bildung, die Erweiterung der<br />
schulischen Bildung, berufliche Fort- und<br />
Weiterbildung, sowie Integrationsprogrammen<br />
umfasst. Ziel der <strong>GEW</strong> ist es, die<br />
Weiterbildung aus ihrem Nischendasein zu<br />
holen, für ihre angemessene Finanzierung<br />
zu sorgen, um ein qualitativ hochwertiges<br />
Angebot und gute Arbeitsbedingungen für<br />
die Beschäftigten des Weiterbildungssektors<br />
durchzusetzen.<br />
• Die <strong>GEW</strong> tritt dafür ein, die Kooperation<br />
von Jugendhilfe und Schulen, sowie den<br />
Trägern der Weiterbildung systematisch zu<br />
entwickeln. Kommunale Kultureinrichtungen<br />
(Museen, Theater, Musikschulen,<br />
Volkshochschulen) können mit ihrem Personal<br />
und ihren Bildungsmöglichkeiten zu einer<br />
Bereicherung des schulischen Angebots<br />
insbesondere in Ganztagsschulen beitragen.<br />
Auch die Kooperation von Schulen mit<br />
Vereinen soll im Rahmen einer kommunalen<br />
Bildungsplanung berücksichtigt werden.<br />
• Die <strong>GEW</strong> tritt für die Gebührenfreiheit der<br />
Bildungs- und Kulturangebote ein.<br />
Begründung<br />
Die <strong>GEW</strong> nutzt ihre Chancen, ihren Einfluss in<br />
den Kommunen zu erweitern<br />
Die <strong>GEW</strong> kann sich bei ihrem Einsatz auf das<br />
wachsende Bildungsinteresse der BürgerInnen<br />
stützen. Eltern richten heute größere Erwartungen<br />
an die Leistungen der Bildungseinrichtun-<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
100
gen, insbesondere daran, dass Schulen angeboten<br />
werden, die den Zugang zum Abitur möglichst<br />
lange offenhalten.<br />
Vielfach nimmt die Kommunalpolitik dieses Interesse<br />
ihrer BürgerInnen auf und sucht nach<br />
Wegen, das Bildungsangebot in der Kommune<br />
zu verbessern. Es ist die Tendenz zu verzeichnen,<br />
dass Kommunen, bzw. Kommunale<br />
Spitzenverbände, elaborierte Anforderungen<br />
an die Landespolitik im Bereich der Finanz-,<br />
Schul- und Bildungspolitik formulieren. In der<br />
Zusammenarbeit von <strong>GEW</strong>-Landesverbänden<br />
mit den Kommunalen Spitzenverbänden kann<br />
es gelingen, feste Kooperationen und politische<br />
Bündnisse zu entwickeln, die sich auf die Finanzierung<br />
der Bildung, aber auch auf die Ausgestaltung<br />
der Bestimmungen im Landesrecht beziehen<br />
können. Dies kann die Bedeutung der<br />
Bildung in der Landespolitik und den Einfluss<br />
der <strong>GEW</strong> stärken.<br />
Verhältnis von Kommunen und Ländern in der<br />
Bildungspolitik<br />
In den Aussagen von Kommunalen Spitzenverbänden<br />
zur Bildungspolitik geht es vor allem<br />
um eine stärkeres Gewicht der kommunalen<br />
Schulträger in der Schul- und Bildungspolitik<br />
der Länder. Kommunale Spitzenverbände treten<br />
für die Erhöhung dezentraler Entscheidungskompetenzen<br />
bei der Gestaltung<br />
des Schul- und Bildungsangebots im Bereich<br />
der Kommune ein. Diese erweiterten Entscheidungskompetenzen<br />
werden damit begründet,<br />
dass in den Kommunen das Bildungsangebot<br />
verbessert und Schulen und andere<br />
Bildungseinrichtungen auf der Grundlage einer<br />
kommunalen Bildungsplanung systematisch kooperieren<br />
sollen.<br />
Wenn man von den Stadtstaaten und einigen<br />
Städten in Bayern absieht, besteht im<br />
Schulbereich die Trennung zwischen dem<br />
Schulträger, der für die Errichtung, den Unterhalt<br />
(Bau und Unterhalt von Gebäuden,<br />
Gebäude sowie die Errichtung und Schließung<br />
von Schulen im Rahmen einer Schulentwicklungsplanung)<br />
zuständig ist, und dem Land,<br />
dass per Gesetz und untergesetzlichen Regelungen<br />
die pädagogische Arbeit der Schulen<br />
steuert sowie das Personal einstellt. Insbesondere<br />
die Schulformen, die die Kommunen<br />
errichten und unterhalten dürfen, werden<br />
durch Landesrecht geregelt. Der Grad der Zen-<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
101
tralisierung und der Enge der Landesvorschriften<br />
und damit der Gestaltungsraum der Kommunen<br />
sind in den Bundesländern sehr unterschiedlich<br />
ausgeprägt. In einigen Ländern wird<br />
z.B. die Errichtung von gebundenen Ganztagsschulen<br />
verweigert und es werden ausschließlich<br />
Billigkonzepte mit z. T. rechtswidrigen Verträgen<br />
und prekären Beschäftigungsverhältnissen<br />
finanziert. Der Wunsch von Kommunen zur<br />
Errichtung von Gesamtschulen und anderen<br />
Schulen, die drei Bildungsgänge integrieren,<br />
wird oft durch Landesrecht verweigert oder<br />
durch hohe Hürden erschwert.<br />
Entwicklung des Schulsystems durch kommunale<br />
Entscheidungen<br />
Wenn auf der Ebene der Kommunen unterschiedliche<br />
Handlungsoptionen für die Ausgestaltung<br />
des Schulangebots gegeben sind,<br />
gewinnt die Einflussnahme auch der <strong>GEW</strong> auf<br />
die örtliche Entwicklung des Schulangebots an<br />
Bedeutung. In einigen Bundesländern handeln<br />
KommunalpolitikerInnen in schulpolitischen<br />
Fragen weniger ideologisch und zeigen sich<br />
offen, Gesamtschulen / Schulen, die alle<br />
Bildungsgänge enthalten, zu errichten sowie inklusive<br />
Schulen und Ganztagsschulen zu<br />
fördern.<br />
Weil die Schulpolitik der Länder die Errichtung<br />
integrativer Schulen gegenwärtig nicht vorschreibt,<br />
ist diese nur über die Kommunen<br />
durchsetzbar. Dies setzt allerdings eine entsprechende<br />
Gesetzgebung und entsprechende<br />
untergesetzliche Regelungen voraus. In Zusammenarbeit<br />
mit den Kommunalen Spitzenverbänden<br />
- eine entsprechende schulpolitische<br />
Entwicklung vor Ort vorausgesetzt - kann die<br />
<strong>GEW</strong> ihren politischen Einfluss auf die Gesetzgebung<br />
verstärken.<br />
Zur Begründung des stärkeren Gestaltungsraumes<br />
der Kommunen werden gewachsene<br />
Bildungsansprüche von Eltern (z.B. höherwertige<br />
Bildungsabschlüsse/Abitur mit Offenheit<br />
der Bildungswege, Ganztagsbeschulung und<br />
verlässliche Betreuung, höherer Bedarf an<br />
Krippen/frühkindlicher Bildung), Erwartungen<br />
der örtlichen Unternehmen (z.B. Anforderungen<br />
an höherwertige Bildungsabschlüsse und<br />
Berufliche Bildung/Weiterbildung) und die Gestaltungsabsichten<br />
der Kommunen (z.B die<br />
Erweiterung des örtlichen Angebots an allen<br />
Bildungsgängen mit der Gestaltung von<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
102
optimierter Gebäudenutzung und Schulwegen,<br />
die Gestaltung der Inklusion, die Verzahnung<br />
der unterschiedlichen Bildungsangebote von<br />
Schulen und frühkindlicher Bildung, Einrichtungen<br />
der Jugendhilfe, kommunalen Kulturangeboten,<br />
Kostenoptimierung auch bei demografischem<br />
Wandel, dem Interesse der politischen<br />
Profilierung der Kommunalpolitik gegenüber<br />
der Bürgerschaft) genannt.<br />
Insgesamt ergeben sich für die <strong>GEW</strong> gute Ansatzpunkte,<br />
sich als Bildungsgewerkschaft mit<br />
guten Konzepten und als Interessenvertretung<br />
der Beschäftigen des Bildungswesens im Gebiet<br />
der Kommunen zu profilieren.<br />
<strong>Das</strong> Label "Kommunle Bildungslandschaften"<br />
Unter dem Label "Kommunale Bildungslandschaften"<br />
agieren unterschiedliche politische<br />
Akteure und Bildungsunternehmen mit<br />
unterschiedlichen, ja gegensätzlichen Zielvorstellungen.<br />
Diese Formulierung ist kein definierter<br />
Begriff, der eindeutige Inhalte<br />
kennzeichnet. In verschiedenen Bundesländern<br />
werden unterschiedliche Konzeptionen von<br />
Kommunalen Bildungslandschaften vertreten,<br />
z. T. auch innerhalb des einzelnen Bundeslands.<br />
Dazu nur einige Hinweise:<br />
Kommunale Spitzenverbände verwenden ihn<br />
mehrdeutig. In einigen Aussagen zu kommunalen<br />
Bildungslandschaften ist die Vorstellung von<br />
der Kommunalisierung der bisher im Landesdienst<br />
beschäftigten Lehrkräfte, Sozialpädagogischen<br />
Fachkräften und des nichtlehrenden<br />
Schulpersonals enthalten. Diese Position wird<br />
aber nicht von allen Kommunalen Spitzenverbänden<br />
geteilt. Der Städte- und Gemeindebund<br />
lehnt diese Forderung dezidiert ab. Unscharf ist<br />
auch der Begriff der "erweiterten Schulträgerschaft".<br />
Kräfte im Deutschen Städtetag fassen<br />
auch die Verfügung über das pädagogische Personal<br />
darunter.<br />
Konzeptionen der Kommunalen Bildungslandschaften,<br />
die von Stiftungen vertreten werden,<br />
sind häufig durch eine neue zusätzliche<br />
Steuerungsebene gekennzeichnet, die alle<br />
Bildungseinrichtungen, auch die Schulen, auf<br />
der Ebene der Bildungsregionen erfassen und<br />
mit den Mitteln der Output-Steuerung steuern<br />
will. <strong>Das</strong> Verhältnis von staatlicher Steuerung<br />
(Schulbehörde, Inspektion, usw.) und Steuerung<br />
auf der Ebene der Bildungsregionen bleibt<br />
210<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
103
diffus, insbesondere die Kompetenzen der zusätzlichen<br />
Steuerungsebene, deren Rekrutierung<br />
und Legitimation sind nicht ausgewiesen.<br />
Dennoch tauchen VertreterInnen von Bildungsregionen<br />
und Schulträgern in Schulen auf, um<br />
Qualitätsprüfungen durchzuführen.<br />
Nachdem die Steuerungsvorstellungen, die im<br />
Rahmen der eigenverantwortlichen Schule von<br />
der Bertelsmann-Stiftung entworfen wurden,<br />
gescheitert sind (Inspektion, Vergleichsarbeiten,<br />
Zentrale Abschlussprüfungen, also Mittel<br />
zur Outputmessung) wird versucht, Output-<br />
Steuerung auf einer anderen Ebene und von<br />
anderen Akteuren einzuführen.<br />
Der regionale Zuschnitt der Kommunalen<br />
Bildungslandschaften / Bildungsregionen ist<br />
sehr unterschiedlich konzipiert. Bei einigen Stiftungskonzepten<br />
und z.B. im Konzept des Landes<br />
Niedersachsen handelt es sich um Gebiete,<br />
die weit über das Gebiet eines Schulträgers, einer<br />
kreisfreien Stadt oder eines Landkreises<br />
hinausgehen und die Größe kleiner Bundesländer<br />
übersteigen. Auf dieser Ebene sollen dann,<br />
auch finanziert von beteiligten Kommunen,<br />
Bildungsbüros als Steuerungsebenen eingezogen<br />
werden. In anderen Konzepten sollen<br />
Kommunale Bildungslandschaften auf der<br />
Ebene von Kommunen (Landkreises oder<br />
kreisfreien Städten) eingerichtet werden. Die<br />
Zuschnitte der Kommunalen Bildungslandschaften<br />
sind z. T. nicht kompatibel mit den Zuschnitten<br />
der Schulbehörden. Der NRW-Kultusstaatssekretär<br />
hatte diese Kritik bei einer<br />
Tagung zu kommunalen Bildungslandschaften<br />
in Berlin prägnant vorgetragen.<br />
Unter dem Label Kommunale Bildungslandschaften<br />
wird die Kooperation der verschiedenen<br />
Bildungseinrichtungen sehr unterschiedlich<br />
definiert - abhängig von den Interessenstandpunkten<br />
der Akteure. Insbesondere<br />
private Bildungsträger, die z. T. auch als Träger<br />
der Jugendhilfe tätig sind, versuchen neue Geschäftsfelder<br />
zu requirieren, z. B. durch die<br />
Gründung von Privatschulen, durch die Übernahme<br />
einer Nachmittagsbetreuung an Halbtagsschulen,<br />
die als Ganztagsschulen<br />
bezeichnet werden. In diesem Zusammenhang<br />
werden staatliche Bildungseinrichtungen auf<br />
Billigmodelle umgestrickt, in denen in prekären<br />
Beschäftigungsverhältnissen gearbeitet wird.<br />
Einige Kommunen betreiben auf diesem Wege<br />
265<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
315<br />
104
die Privatisierung oder Teilprivatisierung von<br />
staatlichen oder kommunalen Bildungseinrichtungen.<br />
Zugespitzt kann man feststellen, dass<br />
mancherorts das Interesse, Billigkonzepte<br />
durchzusetzen, im Vordergrund steht. Deren integraler<br />
Bestandteil sind Entprofessionalisierung<br />
und prekäre Beschäftigungsverhältnisse,<br />
die neoliberalen Ordnungsvorstellungen entsprechen.<br />
Pädagogische Standards und Ansprüche<br />
werden dabei zur Disposition gestellt.<br />
Kommunen setzen insbesondere im Rahmen<br />
von Betreuungskonzepten, die die auf Halbtagsschulen<br />
(speziell Halbtagsgrundschulen)<br />
aufgesetzt werden, auf selbstgestrickte Billigmodelle<br />
als Notlösungen (Honorarverträge, Kooperationsverträge),<br />
weil sie von den Ländern<br />
im Stich gelassen werden - konzeptionell, finanziell<br />
und bei der Personalausstattung. Sie versuchen<br />
ohne hinreichende Finanzausstattung<br />
durch die Länder den gewachsenen Ansprüchen<br />
der Eltern gerecht zu werden. Es besteht<br />
die Gefahr, dass diese Entwicklung verstetigt<br />
und ausgeweitet wird und zwar unter dem<br />
Etikett der Kooperation von unterschiedlichen<br />
Bildungsträgern im Rahmen der kommunalen<br />
Bildungslandschaft.<br />
Politische VertreterInnen der Kommunen und<br />
ihrer Spitzenorganisationen agieren aus ihrer<br />
Notlage gegenüber den Ländern mit unterschiedlichen<br />
Strategien. So fordern sie, dass die<br />
Länder ihre Verpflichtung gegenüber den Kommunen<br />
erfüllen sollen, die finanziellen<br />
Zuwendungen für die Bildungsaufgaben der<br />
Kommunen erhöht bzw. absichert und die Länder<br />
ihre originären Aufgaben tatsächlich erfüllen.<br />
Wenn Kommunen resignieren, weil ihnen<br />
eine angemessene Ausstattung durch das Land<br />
vorenthalten wird, versuchen sie, ihre Notlösungen<br />
rechtlich abzusichern und ihren Handlungsspielraum<br />
bei zu geringen Finanzmitteln<br />
zu erweitern. Wenn schon die Mittel nicht reichen,<br />
wollen die Kommunen wenigstens selbst<br />
möglichst viel bestimmen können.<br />
Ein Mittel zu diesem Zweck bieten Kommunale<br />
Bildungslandschaften und Verlagerung von<br />
Kompetenzen vom Land auf die Kommunen,<br />
sowie die Abschaffung von Vorschriften und<br />
landesweiten Regelungen.<br />
Kommunen zeigen die Tendenz, ihr eigenes<br />
Bildungsangebot in Konkurrenz zu anderen,<br />
320<br />
325<br />
330<br />
335<br />
340<br />
345<br />
350<br />
355<br />
360<br />
365<br />
370<br />
105
speziell zu Nachbarkommunen zu entwickeln.<br />
Kommunen mit höherem Steuereinnahmen<br />
versuchen ihren Standortvorteil auszubauen.<br />
Kommunen mit geringeren Einnahmen geraten<br />
ins Hintertreffen. Die Ungleichheit und der Gegensatz<br />
von Stadt und Land droht sich zu verstärken.<br />
Staatliche Steuerung muss diesen Tendenzen<br />
entgegenwirken.<br />
Akteure, die in von Stiftungen befristet finanzierten<br />
Projekten unter dem Label Kommunale<br />
Bildungslandschaften arbeiten, haben das Interesse<br />
ihre Arbeitsplätze zu verstetigen. <strong>Das</strong><br />
ist legitim, aber sollte für die <strong>GEW</strong> kein Handlungsmotiv<br />
sein, zumal in der Folge das nächste<br />
befristete Projekt gestartet wird.<br />
Akteure, die ihre unterschiedlichen Vorstellungen<br />
und Zielsetzungen mit den Kommunalen<br />
Bildungslandschaften verbinden, haben ein Interesse,<br />
diese dadurch zu adeln, dass sich die<br />
<strong>GEW</strong> darauf bezieht. Sie vertrauen darauf, dass<br />
sie mit ihrem Einfluss auf Medien und die<br />
Bildungsadministration die Deutungshoheit haben<br />
und die <strong>GEW</strong> vereinnahmen, wenn sie sich<br />
auf das Label bezieht.<br />
<strong>Das</strong> Label "Kommunale Bildungslandschaften"<br />
eignet sich nicht als Bezugspunkt für die Entwicklung<br />
gewerkschaftlicher Programmatik und<br />
Politik. Auch die "erweiterte kommunale Verantwortungsgemeinschaft"<br />
ist kein hinreichend<br />
klarer Begriff. Z. T. ist die Kommunalisierung<br />
des pädagogischen Personals integraler Bestandteil<br />
dieser Konzepte.<br />
Zugleich erfordert die Tatsache, dass die Kommunen<br />
zunehmend zum Ort bildungspolitischer<br />
Aktivitäten und Gestaltung werden, dass<br />
Kommunale Spitzenverbände auf Landes- und<br />
Bundesebene profilierte Positionen zur<br />
Bildungspolitik beziehen und die oben genannten<br />
widersprüchlichen Entwicklungen, dass die<br />
<strong>GEW</strong> sich dem Arbeitsfeld "kommunale<br />
Bildungspolitik" systematisch widmet, wie es<br />
der vorliegende Antrag skizziert.<br />
375<br />
380<br />
385<br />
390<br />
395<br />
400<br />
405<br />
410<br />
415<br />
106
3.3 Bildungsfinanzierung<br />
Antragsteller: LV Berlin<br />
Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />
Bildung braucht mehr Geld<br />
Die <strong>GEW</strong> stellt fest:<br />
Nach wie vor ist das Bildungswesen in Deutschland<br />
- und das gilt für alle Bundesländer, die<br />
aufgrund unserer föderalen Verfassung dafür<br />
zuständig sind – gravierend unterfinanziert. Um<br />
das demokratische Recht auf Bildung zu verwirklichen,<br />
d.h.<br />
• eine flächendeckende Inklusion im<br />
Bildungswesen zu gestalten, wie es die<br />
Bundesrepublik mit der Ratifizierung der UN-<br />
Behindertenrechtskonvention im Jahre 2009<br />
beschlossen hat,<br />
• die Abhängigkeit der Chance, höhere<br />
Bildungsabschlüsse zu erreichen, von der sozialen<br />
Herkunft zu verringern,<br />
• die Zahl der jungen Menschen, die in<br />
allgemeinbildenden Bildungsgängen direkt eine<br />
Hochschulqualifikation erwerben, entsprechend<br />
europäischen Standards auf deutlich<br />
mehr als die Hälfte eines Geburtsjahrgangs zu<br />
erhöhen und<br />
• ein Weiterbildungssystem zu entwickeln,<br />
das "lebenslanges Lernen" nicht nur für schon<br />
höher Qualifizierte, sondern auch für die Männer<br />
und Frauen, die bisher aufgrund ihrer Ausbildung<br />
und ihres Lebensweges in den unteren<br />
Einkommensschichten verharren, mit realistischen<br />
Angeboten sichert, bedarf es jährlicher<br />
Mehrausgaben von rund 57 Milliarden Euro<br />
(vgl. Piltz-Studie, s. u.).<br />
Hinzu kommen aufgrund des Sanierungsstaus,<br />
des Ausbaus der (Ganztags-)Plätze für unter<br />
3-Jährige, notwendiger Verbesserungen im Elementarbereich<br />
und des notwendigen Ausbaus<br />
von Ganztagsplätzen im Schulbereich einmalige<br />
Investitionen von über 45 Milliarden Euro.<br />
Diese zusätzlichen Ausgaben und Investitionen<br />
müssen für alle Bereiche des Bildungswesens,<br />
• Elementarbereich,<br />
• Schule, Klassen 1 - 13,<br />
• Berufsbildung,<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgenden Änderungen:<br />
Die Zeilen 9 - 11 lauten wie folgt:<br />
... unterfinaziert. <strong>Das</strong> demokratische Recht auf<br />
Bildung ist finanziell abzusichern. Aus Sicht der<br />
<strong>GEW</strong> bedeutet das:<br />
Die Zeilen 33 - 36 lauten wie folgt:<br />
...Angeboten sichert. Dafür bedarf es jährlicher<br />
Mehrausgaben von rund 57 Milliarden Euro<br />
(vgl. Piltz-Studie). Diese Gesamtforderung entspricht-<br />
auch nach neuen Berechnungen von<br />
Dr. Cornelia Heintze- recht genau der Lücke<br />
zwischen aktuellen Bildungsausgaben und dem<br />
im Bildungsgipfel formulierten Ziel der Bundesund<br />
Landesregierungen (7% vom BIP), wenn<br />
man auf die einzig wirklich vergleichbaren Zahlen<br />
gemäß der OECD- Rechnung rekurriert.<br />
Zeilen 46 - 54<br />
werden gestrichen<br />
Zeile 79 - 80<br />
werden gestrichen<br />
Die Zeilen 82 - 91 lauten wie folgt:<br />
Die Studie von Henrik Piltz (2011) "Bildungsfinanzierung<br />
für das 21.Jahrhundert - Finanzierungsbedarf<br />
der Bundesländer zur Umsetzung<br />
eines zukunftsfähigen Bildungssystems" liefert<br />
Daten für alle Bildungsbereiche und Bundesländer.<br />
Daraus ergeben sich aus Sicht der <strong>GEW</strong><br />
folgende Notwendigkeiten und Anforderungen:<br />
Zeilen 134 -141<br />
werden gestrichen<br />
Die Zeilen 199-200 werden wie folgt verändert:<br />
Insgesamt ergeben sich damit Gesamtkosten<br />
für alle Bildungsbereiche in Höhe von 56,8 Milliarden<br />
Euro.<br />
Zeilen 202 - 215<br />
werden gestrichen<br />
Zeilen 252 - 256<br />
- insbesondere...erscheint - werden gestrichen<br />
50<br />
107
• Hochschulen und<br />
• Fort- und Weiterbildung<br />
bereitgestellt werden.<br />
Solche Summen erscheinen zunächst sehr<br />
hoch. Die <strong>GEW</strong> aber nimmt die Politik beim<br />
Wort: Auf dem ersten Bildungsgipfel vor nun<br />
fünf Jahren im Oktober 2008 in Dresden haben<br />
Bundesregierung und MinisterpräsidentInnen<br />
einvernehmlich beschlossen, Deutschland zur<br />
Bildungsrepublik zu entwickeln, und dazu die<br />
Bildungsausgaben nicht nur von damals 4,7 %<br />
des BIP auf den OECD-Durchschnitt von 5,9 %,<br />
sondern deutlich darüber hinaus auf wenigstens<br />
7 % zuzüglich mindestens 3 % für Forschung<br />
anzuheben. Diese Erklärung wurde –<br />
allerdings ohne praktische Konsequenzen – in<br />
den Folgejahren mehrfach bestätigt. <strong>Das</strong> Statistische<br />
Bundesamt weist für 2011 Bildungsausgaben<br />
von 119,1 Mrd. Euro aus. <strong>Das</strong> sind<br />
4,8 % des Bruttoinlandsprodukts. 7 % des BIP<br />
entsprechen rund 174 Mrd. Euro. Dem<br />
Bildungswesen in Deutschland fehlen also rund<br />
55 Mrd. Euro, bis die 7 %-Mindestmarge erreicht<br />
ist. (Pressemitteilung Destatis Nr. 444 v.<br />
1.12.2011)<br />
Die Piltz-Studie liefert die Zahlen für alle Bereiche<br />
und jedes Bundesland.<br />
Deshalb begrüßt die <strong>GEW</strong> die Studie von Henrik<br />
Piltz (2011) "Bildungsfinanzierung für das 21.<br />
Jahrhundert - Finanzierungsbedarf der Bundesländer<br />
zur Umsetzung eines zukunftsfähigen<br />
Bildungssystems", in der die Umsetzung der<br />
Forderungen der <strong>GEW</strong> zur Entwicklung des<br />
Bildungssystems in allen seinen Bereichen für<br />
jedes Bundesland erfasst und berechnet wurden.<br />
Aus dieser Studie ergeben sich folgende<br />
Notwendigkeiten und Anforderungen:<br />
1. für den Elementarbereich<br />
zur Verbesserung der Betreuungsqualität<br />
• die Schaffung von 60 % Ganztagsplätzen für<br />
die Altersgruppe 3 – 6 Jahre,<br />
• die Verbesserung / Absenkung des Betreuungsschlüssels<br />
auf 1 zu 4 für die unter 3-<br />
Jährigen und<br />
• auf 1 zu 8 für die 3 bis 6-Jährigen gemäß<br />
EU-Empfehlung,<br />
• erhöhte Freistellung des Leitungspersonals<br />
und<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
108
• auskömmliche Vertretungsreserven.<br />
Zusätzliche jährliche Gesamtkosten für die Verbesserung<br />
der Bildungsqualität im Elementarbereich<br />
(0 - 6 Jahre): 9,4 Milliarden Euro.<br />
2. für den Schulbereich<br />
zur Verbesserung der Unterrichtsqualität<br />
• die Absenkung der Pflichtstunden auf<br />
maximal 23 und<br />
• der Klassenfrequenzen auf durchschnittlich<br />
18 SchülerInnen und<br />
• die Schaffung von Ganztagsplätzen für 60 %<br />
der SchülerInnen<br />
sowie<br />
zur Umsetzung der Inklusion<br />
• die Einführung flächendeckender Schulsozialarbeit,<br />
• die Schaffung zusätzlicher SchulpsychologInnenstellen<br />
und<br />
• die Verbesserung der Ausstattung mit<br />
SonderpädagogInnen<br />
und schließlich<br />
zum Abbau sozialer Barrieren im Schulsystem<br />
• eine umfassende Lernmittelfreiheit,<br />
• eine auskömmliche Vertretungsreserve und<br />
• ein kostenfreies Mittagessen in den Ganztagsschulen.<br />
Dabei betont die <strong>GEW</strong>, dass die sehr zurückhaltenden<br />
Berechnungsgrundlagen für die Inklusion<br />
(3,7 Stunden pro SchülerIn mit<br />
Förderbedarf) im Zusammenhang mit der deutlich<br />
verbesserten Grundausstattung/Qualitätssteigerung,<br />
also auf der Basis von einer<br />
Frequenz von 18 und höchstens 25 Pflichtstunden<br />
gesehen werden muss.<br />
Zusätzliche jährliche Gesamtkosten für die Verbesserung<br />
der Bildungsqualität im Schulbereich<br />
(ohne Berufsschulen): 27,3 Milliarden Euro.<br />
3. für den Berufsbildungsbereich<br />
• Senkung der Pflichtstunden und Frequenzen<br />
wie im Schulbereich,<br />
• die Schaffung zusätzlicher schulischer Ausbildungsplätze,<br />
• mindestens 12 Wochenstunden Unterricht<br />
in der dualen Berufsausbildung,<br />
• die Anhebung des Schülerbafögs und dessen<br />
erleichterten Zugang.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
Zusätzliche jährliche Gesamtkosten für die Verbesserung<br />
der Bildungsqualität in der berufli-<br />
109
chen Bildung: 2,5 Milliarden Euro.<br />
4. für den Hochschulbereich<br />
• die Verbesserung der Betreuungsquote,<br />
• die Erhöhung des Studierendenanteils auf<br />
mindestens 40 % eines Jahrgangs,<br />
• die Beseitigung von Studien- und Verwaltungsgebühren,<br />
• die Erhöhung des Bafögs,<br />
• die Erleichterung des Zugangs zum Bafög<br />
(Elternunabhängigkeit) und<br />
• die Abschaffung des Darlehensanteils am<br />
Bafög.<br />
Zusätzliche jährliche Gesamtkosten für die Verbesserung<br />
der Bildungsqualität im Hochschulbereich:<br />
10,1 Milliarden Euro.<br />
5. für den Weiterbildungsbereich<br />
• zur beruflichen Weiterbildung: die Einrichtung<br />
von Bildungsfonds, die die Angebote betriebsunabhängig<br />
machen können,<br />
• zur individuellen Weiterbildung ein systematisches<br />
Erwachsenenbildungsförderungskonzept<br />
mit besonderer Berücksichtigung der<br />
ArbeitnehmerInnen, die bisher besondere<br />
Schwierigkeiten haben, an Weiterbildung<br />
teilzunehmen (Teilzeit- und Fristbeschäftigte,<br />
untere Einkommensschichten, Ältere),<br />
• Ausbau einer flächendeckenden unabhängigen<br />
Weiterbildungsberatung,<br />
• die ihrer Ausbildung angemessene Bezahlung<br />
der Lehrkräfte in der Weiterbildung,<br />
• Verstärkung der Weiterbildung Erwerbsloser.<br />
Zusätzliche jährliche Gesamtkosten für die Verbesserung<br />
der Bildungsqualität in der beruflichen<br />
Weiterbildung: 7,5 Milliarden Euro.<br />
Zusätzliche jährliche Gesamtkosten für alle<br />
Bildungsbereiche: 56,8 Milliarden Euro<br />
Die Finanzierung ist möglich<br />
Damit verfügt die <strong>GEW</strong> über übersichtliche und<br />
transparente Größenordnungen für notwendige<br />
Bildungsausgaben, aufgeschlüsselt auch<br />
für die einzelnen Bundesländer. Die Gesamtforderung<br />
in Höhe von rund 56 Mrd. Euro<br />
jährlich entspricht - auch nach neuen Berechnungen<br />
z.B. von Dr. Cornelia Heintze - recht genau<br />
der Lücke zwischen aktuellen Bildungsausgaben<br />
und dem im Bildungsgipfel formulierten<br />
Ziel der Bundes- und Landesregierungen<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
110
(7% vom BIP), wenn man auf die einzig wirklich<br />
vergleichbaren Zahlen gemäß der OECD-Rechnung<br />
rekurriert.<br />
Der Gewerkschaftstag fordert die Landesverbände<br />
auf, mit dieser Grundlage an die jeweiligen<br />
Landesregierungen und Landesparlamente<br />
heranzutreten und die Steigerung der<br />
Bildungsausgaben - nicht zuletzt unter Berufung<br />
auf die Zusagen der MinisterpräsidentInnen<br />
bei den Bildungsgipfeln - einzufordern.<br />
Die <strong>GEW</strong> sieht in den Ergebnissen dieser Studie<br />
den Vorteil, dass durch die Berechnung von<br />
Größenordnungen gerade die Möglichkeit erhalten<br />
bleibt, länderspezifische Modifizierungen<br />
der aktuellen Einzelforderungen umzusetzen.<br />
Dies gilt auch und insbesondere für den<br />
Bereich der Inklusion. Dort hat Piltz zwar die<br />
sehr zurückhaltende und - isoliert gesehen -<br />
unzureichende Forderung aus dem Klemm-Gutachten<br />
von 3,7 Stunden pro FörderschülerIn<br />
übernommen. Zusammen aber mit der deutlich<br />
verbesserten Grundausstattung "zur Verbesserung<br />
der Unterrichtsqualität" (siehe oben) und<br />
den anderen Forderungen ergibt sich ein<br />
Forderungsvolumen mit dem, je nach Lage, in<br />
jedem Bundesland Inklusion vernünftig gestaltet<br />
werden kann.<br />
Der <strong>GEW</strong> ist dabei klar, dass im Zeichen von<br />
Sparhaushalten und Schuldenbremse, die nur<br />
borniert kameralistisch statt dynamisch volkswirtschaftlich<br />
begründbar sind und die notwendige<br />
Investitionen für die Zukunft der Gesellschaft<br />
und insbesondere für die große<br />
Mehrheit der abhängig beschäftigten Menschen<br />
verhindern, es schwer wird, diese<br />
Haushaltsmittel zu realisieren.<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt deshalb - insbesondere solange<br />
alle Parteien außer der Partei Die Linke die unsinnige<br />
Schuldenbremse unterstützen und deshalb<br />
derzeit keine Mehrheit dagegen erreichbar<br />
erscheint - auf eine Steuerpolitik, die<br />
• die Einnahmen des Staates drastisch erhöht,<br />
statt im Sinne der neoliberalistischen<br />
Theoretiker und Praktiker die Staatsquote weiter<br />
zu verringern,<br />
• und dabei aber eine gesellschaftliche Umverteilung<br />
einleitet, die der Entwicklung der<br />
letzten Jahrzehnte entgegenwirkt, in denen<br />
sich die Spaltung der Gesellschaft durch exorbitante<br />
Zuwächse von Gewinn- und Vermögens-<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
265<br />
111
einkommen bei gleichzeitiger Stagnation der<br />
Reallöhne vertieft hat.<br />
Die Reaktion der europäischen Staaten und ihrer<br />
Regierungen auf die europäische Finanzkrise<br />
der letzten Jahre zeigt überdeutlich,<br />
dass dies nicht nur ein Problem Deutschlands<br />
ist. Die <strong>GEW</strong> wird alles daran setzen, im Zusammenschluss<br />
mit den europäischen Gewerkschaften<br />
in den anderen Ländern eine entsprechende<br />
Politik des Umsteuerns und Umverteilens<br />
- nun aber von unten nach oben - anzustoßen.<br />
Eine andere Steuerpolitik ist nötig!<br />
In Deutschland haben in den letzten Jahren die<br />
Gewerkschaften ein entsprechendes finanzpolitisches<br />
Konzept entwickelt - so auch die <strong>GEW</strong><br />
mit ihrem "Steuerkonzept" vom Juni 2010.<br />
Leitende Prinzipien dabei sind und waren:<br />
1. Für staatliche Leistungen, auf die alle<br />
BürgerInnen und insbesondere die breite<br />
Mehrheit der abhängig beschäftigten Menschen<br />
als Grundlage der <strong>Das</strong>einsvorsorge<br />
angewiesen sind - dazu gehört nicht zuletzt die<br />
Möglichkeit einer guten kostenfreien Bildung -<br />
müssen die staatlichen Einnahmen drastisch erhöht<br />
werden.<br />
2. Dabei ist als Ausgleich für die steuerliche<br />
Begünstigung der Vermögenden in den letzten<br />
Jahrzehnten und die damit verbundene asoziale<br />
Umverteilung zu deren Gunsten nun eine<br />
Umkehr der Steuerpolitik mit einer stärkeren<br />
Besteuerung der großen Vermögen und Vermögenseinkommen<br />
anzustreben (u.a. durch eine<br />
Vermögensabgabe, Erhöhung des Spitzensteuersatzes,<br />
Realisierung von Vermögens- und<br />
Erbschaftssteuer, usw.)<br />
3. Dies muss einhergehen mit der Entlastung<br />
von unteren und mittleren Einkommen (u.a.<br />
durch einen höheren Grundfreibetrag, sanftere<br />
Progression in den unteren Einkommensbereichen,<br />
angemessene Freibeträge bei Erbschaftsund<br />
Vermögenssteuer für selbstgenutztes<br />
Wohneigentum). <strong>Das</strong>s dies möglich ist, zeigt die<br />
Überschlagsberechnung des <strong>GEW</strong>-Steuerkonzeptes.<br />
4. Als Lehre aus der Finanz- und daraus<br />
folgenden Staatsschuldenkrise, weil die staatlichen<br />
Haushalte die Verluste des Banken- und<br />
Finanzsektors absichern mussten, fordern die<br />
Gewerkschaften die Einführung einer Finanztransaktionssteuer,<br />
die zum einen die interna-<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
315<br />
320<br />
112
tionale Finanzspekulation bremst, zum anderen<br />
zusätzliche staatliche Einnahmen schafft, eine<br />
Finanzproduktsteuer sowie weitere möglichst<br />
international abgestimmte Maßnahmen zur<br />
Verhinderung und Verringerung der Spekulation.<br />
Auf diese Ziele wird die <strong>GEW</strong> ihre Politik in den<br />
nächsten Jahren ausrichten, denn sie sieht darin<br />
eine absolut notwendige Voraussetzung<br />
• für eine friedliche und demokratische Entwicklung<br />
unserer Gesellschaft,<br />
• unter Teilhabe aller an der Entwicklung des<br />
gesellschaftlichen Reichtums.<br />
325<br />
330<br />
113
3.4 Bildung braucht mehr Geld<br />
Antragsteller: LV Bremen<br />
Die <strong>GEW</strong> stellt fest:<br />
Nach wie vor ist das Bildungswesen in Deutschland<br />
- und das gilt für alle Bundesländer, die<br />
aufgrund unserer föderalen Verfassung dafür<br />
zuständig sind – gravierend unterfinanziert. Um<br />
das demokratische Recht auf Bildung zu verwirklichen,<br />
d.h.<br />
● die Abhängigkeit der Chance, höhere<br />
Bildungsabschlüsse zu erreichen, von der sozialen<br />
Herkunft zu verringern,<br />
● die Zahl der jungen Menschen, die in<br />
allgemeinbildenden Bildungsgängen direkt eine<br />
Hochschulqualifikation erwerben, entsprechend<br />
europäischen Standards auf deutlich<br />
mehr als die Hälfte eines Geburtsjahrgangs zu<br />
erhöhen,<br />
● eine flächendeckende Inklusion im Bildungswesen<br />
zu gestalten, wie es die Bundesrepublik<br />
mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention<br />
im Jahre 2009 beschlossen<br />
hat,<br />
● die Arbeitsbedingungen der Pädagoginnen<br />
und Pädagogen als Voraussetzung einer Qualitätsentwicklung<br />
im Bildungswesen zu verbessern<br />
und<br />
● ein Fort- und Weiterbildungssystem zu entwickeln,<br />
das "lebenslanges Lernen" nicht nur für<br />
schon höher Qualifizierte, sondern auch für die<br />
Männer und Frauen mit realistischen Angeboten<br />
sichert, die bisher aufgrund ihrer Ausbildung<br />
und ihres Lebensweges in den unteren<br />
Einkommensschichten verharren, bedarf es<br />
jährlicher Mehrausgaben von rund 56 Milliarden<br />
Euro (vgl. Piltz-Studie). Hinzu kommen aufgrund<br />
des Sanierungsstaus, des Ausbaus der<br />
(Ganztags-)Plätze für unter 3-Jährige, notwendiger<br />
Verbesserungen im Elementarbereich<br />
und des notwendigen Ausbaus von Ganztagsplätzen<br />
im Schulbereich einmalige Investitionen<br />
von über 40 Milliarden Euro.<br />
Diese zusätzlichen Ausgaben und Investitionen<br />
müssen für alle Bereiche des Bildungswesens,<br />
● Elementarbereich,<br />
● Schule, Klassen 1 - 13,<br />
● Berufsbildung<br />
● Hochschulen und<br />
● Fort- und Weiterbildung<br />
bereitgestellt werden.<br />
Solche Summen erscheinen zunächst sehr<br />
hoch. Die <strong>GEW</strong> aber nimmt die Politik beim<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Erledigt bei Annahme des Antrags 3.3 in der<br />
Fassung der Antragskommission<br />
114
Wort: Auf dem ersten Bildungsgipfel vor nun<br />
fünf Jahren im Oktober 2008 in Dresden haben<br />
Bundesregierung und MinisterpräsidentInnen<br />
einvernehmlich beschlossen, Deutschland zur<br />
Bildungsrepublik zu entwickeln, und dazu die<br />
Bildungsausgaben nicht nur von damals 4,7 %<br />
des BIP auf den OECD.Durchschnitt von 5,9 %,<br />
sondern deutlich darüber hinaus auf wenigstens<br />
7 % zuzüglich mindestens 3 % für Forschung<br />
anzuheben. Diese Erklärung wurde –<br />
allerdings ohne praktische Konsequenzen – in<br />
den Folgejahren mehrfach bestätigt. <strong>Das</strong> Statistische<br />
Bundesamt weist für 2011 Bildungsausgaben<br />
von 119,1 Mrd. Euro aus. <strong>Das</strong> sind<br />
4,8 % des Bruttoinlandsprodukts. 7 % des BIP<br />
entsprechen rund 174 Mrd. Euro. Dem<br />
Bildungswesen in Deutschland fehlten also<br />
rund 55 Mrd. Euro bis die 7 % - Mindestmarge<br />
erreicht ist (Pressemitteilung Destatis Nr. 444 v.<br />
1.12.2011). Deshalb begrüßt die <strong>GEW</strong> die<br />
Studie von Henrik Piltz (2011) "Bildungsfinanzierung<br />
für das 21. Jahrhundert Finanzierungsbedarf<br />
der Bundesländer zur Umsetzung eines<br />
zukunftsfähigen Bildungssystems" , in der die<br />
Umsetzung der Forderungen der <strong>GEW</strong> zur Entwicklung<br />
des Bildungssystems in allen seinen<br />
Bereichen für jedes Bundesland erfasst und berechnet<br />
wurde. Aus dieser Studie ergeben sich<br />
folgende Notwendigkeiten und Anforderungen:<br />
1. für den Elementarbereich zur Verbesserung<br />
der Betreuungsqualität<br />
● die Schaffung von 60 % Ganztagsplätzen in<br />
den Kitas,<br />
● die Verbesserung / Absenkung des Betreuungsschlüssels<br />
auf 1 zu 4 für die unter<br />
3-Jährigen und auf 1 zu 8 für die 3 bis 6-Jährigen<br />
gemäß EU-Empfehlung,<br />
● erhöhte Freistellung des Leitungspersonals<br />
und<br />
● Schaffung eines Personalpuffers.<br />
2. für den Schulbereich zur Verbesserung der<br />
Unterrichtsqualität<br />
● die deutliche Absenkung und Angleichung<br />
der Pflichtstunden und<br />
● der Klassenfrequenzen auf durchschnittlich<br />
18 SchülerInnen<br />
● die Schaffung von Ganztagsplätzen für 60 %<br />
der SchülerInnen mit qualifiziertem nicht unterrichtendem<br />
Personal, bedarfsgerechter materieller<br />
und räumlicher Ausstattung und reduzierter<br />
Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte<br />
an Ganztagsschulen.<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
115
Sowie<br />
3. zur Umsetzung der Inklusion<br />
● die Einführung flächendeckender Schulsozialarbeit<br />
● die Schaffung zusätzlicher SchulpsychologInnenstellen<br />
und<br />
● die Verbesserung der Ausstattung mit<br />
SonderpädagogInnen<br />
● Ausreichende Kooperationszeiten<br />
und schließlich<br />
4. zum Abbau sozialer Barrieren im Schulsystem<br />
● eine umfassende Lernmittelfreiheit,<br />
● einen Personalpuffer und<br />
● ein kostenfreies Mittagessen in den Ganztagsschulen.<br />
Dabei betont die <strong>GEW</strong>, dass die sehr zurückhaltenden<br />
Berechnungsgrundlagen für die Inklusion<br />
(3,7 Stunden pro SchülerIn mit<br />
Förderbedarf) im Zusammenhang mit der deutlich<br />
verbesserten Grundausstattung/ Qualitätssteigerung,<br />
also auf der Basis von einer<br />
Frequenz von 18 und höchstens 25 Pflichtstunden<br />
gesehen werden müssen.<br />
5. für den Berufsbildungsbereich<br />
● Senkung der Pflichtstunden und Frequenzen<br />
wie im Schulbereich,<br />
● die Schaffung zusätzlicher schulischer Ausbildungsplätze,<br />
● die Anhebung des Schülerbafögs und dessen<br />
erleichterten Zugang.<br />
6. für den Hochschulbereich<br />
● die Verbesserung der Betreuungsquote,<br />
● die Erhöhung des Studierendenanteils auf<br />
mindestens 40 % eines Jahrgangs,<br />
● die Beseitigung von Studien- und Verwaltungsgebühren,<br />
● die Erhöhung des Bafögs,<br />
● die Erleichterung des Zugangs zum Bafögs<br />
(Elternunabhängigkeit) und<br />
● die Abschaffung des Darlehensanteils am<br />
Bafög.<br />
7. für den Fort- und Weiterbildungsbereich<br />
● zur beruflichen Weiterbildung: die Einrichtung<br />
von Bildungsfonds, die die Angebote betriebsunabhängig<br />
machen können<br />
● zur individuellen Weiterbildung ein systematisches<br />
Erwachsenenbildungsförderungskon-<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
116
zept mit besonderer Berücksichtigung der<br />
ArbeitnehmerInnen, die bisher besondere<br />
Schwierigkeiten haben, an Weiterbildung<br />
teilzunehmen (Teilzeit- und Fristbeschäftigte,<br />
untere Einkommensschichten, Ältere)<br />
● Aufbau einer Weiterbildungsberatung<br />
● Verstärkung der Weiterbildung Erwerbsloser.<br />
Damit verfügt die <strong>GEW</strong> über übersichtliche und<br />
transparente Größenordnungen für notwendige<br />
Bildungsausgaben, aufgeschlüsselt auch<br />
für die einzelnen Bundesländer. Die Gesamtforderung<br />
in Höhe von rund 56 Mrd. Euro<br />
jährlich entspricht - auch nach neuerlichen Berechnungen<br />
z.B. von Dr. Cornelia Heintze -<br />
recht genau der Lücke zwischen aktuellen<br />
Bildungsausgaben und dem im Bildungsgipfel<br />
formulierten Ziel der Bundes- und Landesregierungen<br />
(7% vom BIP), wenn man auf die einzig<br />
wirklich vergleichbaren Zahlen gemäß der<br />
OECD-Rechnung rekurriert.<br />
Der Gewerkschaftstag fordert die Landesverbände<br />
auf, mit dieser Grundlage an die jeweiligen<br />
Landesregierungen und Landesparlamente<br />
heranzutreten und die Steigerung der<br />
Bildungsausgaben - nicht zuletzt unter Berufung<br />
auf die Zusagen der Ministerpräsident-<br />
Innen bei den Bildungsgipfeln - einzufordern.<br />
Die <strong>GEW</strong> sieht in den Ergebnissen dieser Studie<br />
den Vorteil, dass durch die Berechnung von<br />
Größenordnungen gerade die Möglichkeit erhalten<br />
bleibt, länderspezifische Modifizierungen<br />
der aktuellen Einzelforderungen umzusetzen.<br />
Dies gilt auch und insbesondere für den<br />
Bereich der Inklusion. Dort hat Piltz zwar die<br />
sehr zurückhaltende und - isoliert gesehen –<br />
unzureichende Forderung aus dem Klemm-Gutachten<br />
von 3,7 Stunden pro FörderschülerIn<br />
übernommen. Zusammen aber mit der deutlich<br />
verbesserten Grundausstattung "zur Verbesserung<br />
der Unterrichtsqualität" (siehe oben) und<br />
den anderen Forderungen ergibt sich ein<br />
Forderungsvolumen mit dem je nach Lage in<br />
jedem Bundesland vernünftig gestaltet werden<br />
kann.<br />
Die Finanzierung ist möglich<br />
Der <strong>GEW</strong> ist dabei klar, dass im Zeichen von<br />
Kürzungshaushalten und Schuldenbremse, die<br />
nur borniert kameralistisch statt dynamisch<br />
volkswirtschaftlich begründbar sind und die<br />
notwendige Investitionen für die Zukunft der<br />
Gesellschaft und insbesondere für die große<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
117
Mehrheit der abhängig beschäftigten Menschen<br />
verhindern, es schwer wird, diese<br />
Haushaltsmittel zu realisieren.<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt deshalb – insbesondere solange<br />
alle Parteien außer der Partei Die Linke die unsinnige<br />
Schuldenbremse unterstützen und deshalb<br />
derzeit keine Mehrheit dagegen erreichbar<br />
erscheint - auf eine Steuerpolitik, die<br />
● die Einnahmen des Staates drastisch erhöht,<br />
statt im Sinne der neoliberalistischen Theoretiker<br />
und Praktiker die Staatsquote weiter zu<br />
verringern,<br />
● und dabei aber eine gesellschaftliche Umverteilung<br />
einleitet, die der Entwicklung der letzten<br />
Jahrzehnte entgegenwirkt, in denen sich<br />
die Spaltung der Gesellschaft durch exorbitante<br />
Zuwächse von Gewinn- und Vermögenseinkommen<br />
vertieft hat.<br />
● <strong>Das</strong> Kooperationsverbot zwischen Bund und<br />
Ländern in allen Bildungsbereichen ist aufzuheben<br />
(Grundgesetzänderung Art. 91 und 104).<br />
Die Reaktion der europäischen Staaten und ihrer<br />
Regierungen auf die europäische Finanzkrise<br />
der letzten Jahre zeigt überdeutlich,<br />
dass dies nicht nur ein Problem Deutschlands<br />
ist. Die <strong>GEW</strong> wird alles daran setzen, im Zusammenschluss<br />
mit den europäischen Gewerkschaften<br />
in den anderen Ländern eine entsprechende<br />
Politik des Umsteuerns und Umverteilens<br />
- nun aber von oben nach unten - anzustoßen.<br />
Eine andere Steuerpolitik ist nötig<br />
In Deutschland haben in den letzten Jahren die<br />
Gewerkschaften ein entsprechendes finanzpolitisches<br />
Konzept entwickelt – so auch die <strong>GEW</strong><br />
mit ihrem „Steuerkonzept“ vom Juni 2010.<br />
Leitende Prinzipien dabei sind und waren:<br />
1. Für staatliche Leistungen, auf die alle Bürger-<br />
Innen und insbesondere die breite Mehrheit<br />
der abhängig beschäftigten Menschen als<br />
Grundlage der <strong>Das</strong>einsvorsorge angewiesen<br />
sind – dazu gehört nicht zuletzt die Möglichkeit<br />
einer guten kostenfreien Bildung – müssen die<br />
staatlichen Einnahmen drastisch erhöht werden.<br />
2. Dabei ist als Ausgleich für die steuerliche Begünstigung<br />
der Vermögenden in den letzten<br />
Jahrzehnten und die damit verbundene asoziale<br />
Umverteilung zu deren Gunsten nun eine<br />
Umkehr der Steuerpolitik mit einer stärkeren<br />
Besteuerung der großen Vermögen und Vermögenseinkommen<br />
anzustreben (u.a. durch eine<br />
Vermögensabgabe, Erhöhung des Spitzen-<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
265<br />
118
steuersatzes, Realisierung von Vermögens- und<br />
Erbschaftssteuer, usw.)<br />
3. Dies muss einhergehen mit der Entlastung<br />
von unteren und mittleren Einkommen (u.a.<br />
durch einen höheren Grundfreibetrag, sanftere<br />
Progression in den unteren Einkommensbereichen,<br />
angemessene Freibeträge bei Erbschaftsund<br />
Vermögenssteuer für selbstgenutztes<br />
Wohneigentum). <strong>Das</strong>s dies möglich ist, zeigt die<br />
Überschlagsberechnung des <strong>GEW</strong>-Steuerkonzeptes.<br />
4. Als Lehre aus der Finanz- und daraus folgenden<br />
Staatsschuldenkrise, weil die staatlichen<br />
Haushalte die Verluste des Banken- und Finanzsektors<br />
absichern mussten, fordern die<br />
Gewerkschaften die Einführung einer Finanztransaktionssteuer,<br />
die zum einen die internationale<br />
Finanzspekulation bremst, zum anderen<br />
zusätzliche staatliche Einnahmen schafft, eine<br />
Finanzproduktsteuer, sowie weitere möglichst<br />
international abgestimmte Maßnahmen zur<br />
Verhinderung und Verringerung der Spekulation.<br />
Auf diese Ziele wird die <strong>GEW</strong> ihre Politik in<br />
den nächsten Jahren ausrichten, denn sie sieht<br />
darin eine absolut notwendige Voraussetzung<br />
● für eine friedliche und demokratische Entwicklung<br />
unserer Gesellschaft,<br />
● unter Teilhabe aller an der Entwicklung des<br />
gesellschaftlichen Reichtums.<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
119
3.5 Bildung als Menschenrecht erfordert<br />
Widerstand gegen Ökonomisierung und<br />
Privatisierung des Bildungswesens<br />
Antragsteller: LV Hessen<br />
Die <strong>GEW</strong> tritt für eine umfassende Verwirklichung<br />
des Menschenrechts auf Bildung auf allen<br />
Stufen des Bildungswesens, von der Vorschule<br />
bis zur Universität, ein. Diese Forderung<br />
beinhaltet ein emanzipatorisches Verständnis<br />
von Bildung, das der vollständigen und freien<br />
Entfaltung der Persönlichkeit und ihrer jeweiligen<br />
individuellen Möglichkeiten dienen will,<br />
soziale Ungleichheiten abzubauen bemüht ist<br />
und existierenden Benachteiligungen entgegenzuwirken<br />
hat. Bildungsprozesse mit dieser<br />
Zielvorstellung und die ihnen dienenden<br />
Einrichtungen nehmen die Menschen in allen<br />
Lebensstufen sowie ihre jeweiligen Problemlagen<br />
ernst und können daher nur in einer Atmosphäre<br />
der Freiheit von Angst und Stress und<br />
im Klima von Toleranz und gegenseitigem Verständnis<br />
stattfinden. Bildung in diesem Sinne<br />
befähigt zur selbstbewussten Partizipation an<br />
demokratischen Entscheidungsprozessen. Die<br />
so gestaltete demokratische Bildung ist am Ziel<br />
der freien Selbstentfaltung des Individuums im<br />
solidarischen Zusammenwirken mit anderen<br />
ausgerichtet.<br />
Diesem Verständnis widerspricht es, das<br />
Bildungswesen in erster Linie wirtschaftlich bestimmten<br />
Effizienzkriterien zu unterwerfen und<br />
den Erfolg der Lernenden und Studierenden von<br />
der Erfüllung dementsprechender Nützlichkeitskriterien<br />
abhängig zu machen.<br />
Die <strong>GEW</strong> richtet sich mit Entschiedenheit gegen<br />
die zunehmende Deformation von Bildung im<br />
Kontext nationaler und internationaler<br />
Rankings sowie die zunehmende - und mit Hilfe<br />
von Propagandabegriffen wie 'Selbstständigkeit'<br />
und 'Selbstverantwortlichkeit' schöngeredete<br />
- marktförmige Steuerung und Outputorientierung<br />
von Bildung.<br />
Ein verengtes Bildungsverständnis, das mittels<br />
der Fixierung auf ständige Lerntests und dem<br />
Eintrichtern von Testwissen Lernende auf die<br />
Internalisierung von reinem Verwertungswissen<br />
zur Herstellung von Employability abrichtet,<br />
lehnt die <strong>GEW</strong> daher ab. Dies gilt entsprechend<br />
auch die für verschiedenen internationa-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahmemit folgenden Änderungen<br />
In der Zeile 27 wird eingefügt: Bildungswesen<br />
marktförmig zu steuern, …<br />
Die Zeilen 33 - 65 werden ersetzt durch:<br />
Die <strong>GEW</strong> wendet sich mit Entschiedenheit gegen<br />
die Verkürzung von Bildung auf Kernfächer<br />
und Rankings sowie auf Outputorientierung<br />
und Verwertbarkeit.<br />
In Zeile 73 wird ergänzt:<br />
oder sich von privaten/wirtschaftlichen Institutionen<br />
abhängig zu machen.<br />
Die Zeilen 91 – 93 sind erledigt bei Annahme<br />
von Antrag 3.46.<br />
Die Zeilen 121 – 130 werden an den Hauptvorstand<br />
überwiesen.<br />
120
len Vergleichsstudien wie PISA und IGLU, deren<br />
Autoren sich zudem durch die Geheimhaltung<br />
von Prüfungsmodalitäten wie Items und angewandten<br />
statistischen Methoden der Konfrontation<br />
ihrer Verfahren mit der Diskussion der<br />
internationalen Wissenschaftlergemeinde entziehen<br />
und damit unangreifbar machen.<br />
Den Versuchen, ein Bildungs- und Schulsystem<br />
einzurichten, in dem nur noch die Nützlichkeitserwägungen<br />
der Privatwirtschaft und<br />
ihres Gewinnstrebens den Maßstab für die Zurichtung<br />
von Menschen und Lerngegenständen<br />
abgeben, wird die <strong>GEW</strong> mit aller gebotenen<br />
Entschiedenheit entgegentreten, weil sie im<br />
Widerspruch zum Menschenwürdegebot des<br />
Grundgesetzes stehen.<br />
Dazu gehört auch der Widerstand dagegen,<br />
Bildungseinrichtungen mit knappen und nicht<br />
auskömmlichen Budgets auszustatten und die<br />
Einrichtungen darüber zu zwingen, den Kostensenkungsdruck<br />
an das Personal, Schüler/<br />
Studierende oder die Eltern abzugeben oder<br />
die Qualität zu senken.<br />
Der herrschende Trend zur Privatisierung der<br />
Hochschulen, der verstärkten Abhängigkeit von<br />
Drittmitteln und Stiftungslehrstühlen ist zu<br />
stoppen und durch eine staatliche Garantie von<br />
kritischer und unabhängiger Forschung und<br />
Lehre zu ersetzen. Die mit Privatisierung verbundene<br />
Entdemokratisierung ist zugunsten<br />
von Transparenz und demokratischen Entscheidungsprozeduren<br />
umzukehren. Forschung<br />
und Lehre gehören in öffentliche Hand und unter<br />
die demokratische Kontrolle der Mitwirkenden<br />
und der Öffentlichkeit, weil nur so die<br />
grundgesetzliche Garantie auf die Freiheit der<br />
Wissenschaft zu gewährleisten ist. Eine so verstandene<br />
Hochschule leistet ihren wissenschaftlichen<br />
Beitrag zur friedlichen Entwicklung<br />
der Menschheit. Kriegsforschung hat daher<br />
an den Universitäten und Hochschulen<br />
nichts zu suchen!<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert eine umfassende öffentliche<br />
Finanzierung aller Bildungseinrichtungen sowie<br />
eine Gebührenfreiheit auf allen Ebenen. Der<br />
Konkurrenz setzen wir Kooperation, der Steuerung<br />
durch Markt und Wettbewerb eine massive<br />
Ausweitung demokratischer Mitbestimmung<br />
entgegen. Nicht der Markt soll entschei-<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
121
den, was gute Bildung ist, sondern die Betroffenen.<br />
Die <strong>GEW</strong> wird die dramatisch anwachsende soziale<br />
Ungleichheit und die sich immer weiter<br />
öffnende Kluft zwischen Arm und Reich nicht<br />
widerstandslos hinnehmen. Mit der wachsenden<br />
Armut und dem alltäglichen Druck einer<br />
ständig prekärer werdenden <strong>Das</strong>einsfürsorge<br />
auf die davon Betroffenen werden diese<br />
gleichzeitig tendenziell der Bildungsmittel beraubt,<br />
die ihnen Auswege aus der sozialen Benachteiligung<br />
eröffnen könnten. Daher sieht<br />
die <strong>GEW</strong> das Eintreten für einen kritischen und<br />
solidarischen Bildungsbegriff zugleich als<br />
unverzichtbaren Beitrag zur Veränderung und<br />
Aufhebung der Spaltung der Gesellschaft.<br />
Die <strong>GEW</strong> wird ihr Vorgehen gegen Privatisierung<br />
und Ökonomisierung in den einzelnen<br />
Bundesländern koordinieren und dokumentieren.<br />
Gleiches gilt für die Ebene der Bildungsinternationalen,<br />
weil die Politik der Privatisierung und<br />
Ökonomisierung längst von internationalen Organisationen<br />
nach ähnlichen Mustern propagiert<br />
und durchgesetzt wird.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
122
3.6 Privatisierungstendenzen im<br />
Bildungsbereich entgegentreten -<br />
Positionspapier<br />
Antragsteller: LV Bayern<br />
1. Bildung in öffentlicher Verantwortung<br />
Die <strong>GEW</strong> bekräftigt ihre Auffassung, dass öffentlich<br />
geförderte Bildung, sowohl ihre Organisation<br />
wie ihre Praxis, in öffentlicher Verantwortung<br />
stattfinden muss. Die <strong>GEW</strong> lehnt<br />
daher Privatisierungsvorhaben aller Art ab.<br />
2. Keine PPP-Vorhaben in der Bildung<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert, auf Public-Private-<br />
Partnership-Vorhaben im Bereich der Bildung<br />
gänzlich zu verzichten. Privatisierungen von<br />
Bildungsaufgaben sind nicht geeignet, weil sie<br />
• die öffentliche Bildung vor allem unter betriebswirtschaftlichen<br />
Gesichtspunkten betrachten,<br />
• die pädagogischen Aspekte hinter das Profitstreben<br />
zurückdrängen,<br />
• die materielle und personelle Basis<br />
(Gebäude, Technik, Verwaltung, Bewirtschaftung,<br />
Personal etc.) in private Hand<br />
geben und damit über große Zeiträume<br />
Abhängigkeiten der öffentlichen Hand begründen.<br />
Sie sind außerdem nicht geeignet, die Finanzprobleme<br />
der Länder und Kommunen zu lösen,<br />
und daher abzulehnen.<br />
3. Stopp aller Privatisierungsvorhaben in der<br />
Bildung<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert den Stopp aller Privatisierungsformen<br />
im Bildungswesen. Dazu gehören<br />
durch Privatfirmen als Unterstützungen getarnte<br />
Aufgaben und mehr noch die Vergabe<br />
von schulnahen Aufgaben, wie z.B. Mittagsbetreuungsangebote,<br />
Förderunterricht über<br />
private Nachhilfeeinrichtungen sowie die privaten<br />
Finanzierungen von hochschulischen<br />
Einrichtungen!<br />
In Anbetracht der immer schärferen Privatisierungsangriffe<br />
auf das öffentliche Bildungswesen<br />
und bei der herrschenden polit-ökonomischen<br />
Großwetterlage, die insbesondere die<br />
kommunalen Kassen in immer prekärere Situationen<br />
zwingt, hält die <strong>GEW</strong> die derzeitigen<br />
Entwicklungen, die unter dem neoliberalen<br />
Marketingbegriff "Kommunale Bildungslandschaften"<br />
zusammenzufassen sind, nicht<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme in folgender Fassung:<br />
Annahme der Zeilen 1 – 39<br />
Annahme der Zeilen 64 – 70 (Ziffer 4)<br />
Die Ziffer 7 wird Ziffer 5 und wird angenommen<br />
bis Zeile 112.<br />
Annahme der Zeilen 190 - 196.<br />
Überweisung an den Hauptvorstand:<br />
Die Zeilen 113 - 127 sowie die Zeilen 155 - 188.<br />
Erledigt sind:<br />
Die Zeilen 40 - 62 bei Annahme der Anträge 3.1<br />
und 1.18.<br />
Die Ziffern 5 und 6 bei Annahme von Antrag<br />
3.43<br />
Die Zeilen 129 - 139 bei Annahme von Antrag<br />
3.43<br />
Die Zeilen 141 - 153 bei Annahme von Antrag<br />
3.3.<br />
123
nur für nicht unterstützenswert, sondern für<br />
eine Gefahr für ein demokratisches, öffentlich<br />
finanziertes und staatlich verantwortetes<br />
Bildungssystem, wie es die <strong>GEW</strong> weiterhin vertritt.<br />
Die Zergliedertheit in Zusammenhang mit negativen<br />
Auswirkungen des Föderalismus und<br />
immer weiter fortschreitendem betriebswirtschaftlichen<br />
Umbau haben zu einer "neuen<br />
Unübersichtlichkeit" im Bildungsbereich vor Ort<br />
geführt, der nur durch eine konsequente Gesamtreform<br />
in Richtung eines Bildungssystems<br />
"aus einem Guss" erfolgreich begegnet werden<br />
kann.<br />
4. Keine Leiharbeit in der Bildung<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert, dass die Anstellung der<br />
Lehrkräfte und der anderen Beschäftigten vollständig<br />
eine öffentliche Aufgabe ist. Sie lehnt<br />
vertragliche Vereinbarungen mit Leiharbeitsunternehmen<br />
für den gesamten Bildungsbereich<br />
sowie für die Erziehungs- und Sozialdienste ab.<br />
5. Gleiche Bedingungen für die Beschäftigten<br />
in allen Bildungsbereichen<br />
Für die <strong>GEW</strong> sind alle Bildungsbereiche, die zu<br />
einem anerkannten Ausbildungsabschluss führen<br />
oder darauf vorbereiten, öffentliche Aufgaben.<br />
<strong>Das</strong> gilt insbesondere für die Erwachsenenbildung.<br />
Für die dort beschäftigten Lehrund<br />
Fachkräfte sind gleiche Bedingungen wie<br />
bei staatlichen oder kommunalen Bildungseinrichtungen<br />
zu schaffen. Darüber hinaus ist<br />
bei einer Förderung bzw. Finanzierung aus öffentlichen<br />
Mitteln oder durch die Sozialversicherungsträger<br />
die Einhaltung der Tariftreue als<br />
eine grundlegende Voraussetzung festzulegen.<br />
6. Kein Experimentierfeld Erwachsenenbildung<br />
Nirgendwo sonst im Bildungswesen gibt es<br />
massenhaft miserable Bezahlung, befristete Beschäftigung,<br />
Scheinselbstständigkeit und Tagelöhnerei<br />
wie in der Weiterbildung. Die Erwachsenenbildung<br />
darf nicht länger das Experimentierfeld<br />
für die Prekarisierung der Beschäftigten<br />
in der Bildung sein.<br />
7. Gleiche Entlohnung für alle Lehrkräfte und<br />
Beschäftigten<br />
Freiberuflich tätige Lehrkräfte und andere Beschäftigte<br />
sind in allen Bildungseinrichtungen<br />
zu gleichen oder vergleichbaren Bedingungen<br />
wie angestellte Lehrkräfte und andere Beschäf-<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
124
tigte in öffentlichen Bildungseinrichtungen zu<br />
entlohnen. Soweit bereits Vorschriften zu den<br />
Arbeitsbedingungen in privaten Bildungseinrichtungen<br />
bestehen, fordert die <strong>GEW</strong> das<br />
zuständige Ministerium sowie die zuständigen<br />
Behörden auf, im Genehmigungsverfahren und<br />
bei der Bewilligung von Fördermitteln die<br />
Einhaltung dieser Bedingungen nicht nur zur<br />
Auflage zu machen, sondern auch dauerhaft<br />
genau zu kontrollieren.<br />
8. Unterstützung aller gesellschaftlichen<br />
Kräfte gegen Privatisierungstendenzen<br />
Die <strong>GEW</strong> unterstützt nach ihren Möglichkeiten<br />
andere gesellschaftliche Kräfte und Bündnisse,<br />
die sich die gleichen Ziele in der Auseinandersetzung<br />
mit Privatisierungstendenzen im<br />
Bildungswesen setzen.<br />
9. <strong>GEW</strong> fordert Weiterbildungsgesetz mit<br />
Recht auf Bildungsurlaub<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Parlamente auf, endlich<br />
ein Weiterbildungsgesetz für alle Bundesländer<br />
zu beschließen, das u. a. das Recht auf<br />
Bildungsurlaub enthält.<br />
10. Verbesserung der Förderung der VHS – 1 €<br />
je UE und Teilnehmer<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Parlamente auf, die Volkshochschulen<br />
in einem Maße zu fördern, dass<br />
sie ihren Aufgaben nachkommen können. Die<br />
Förderung muss so ausgestattet werden, dass<br />
für alle Beschäftigte eine Entlohnung auf der<br />
Grundlage der Tarifverträge für den öffentlichen<br />
Dienst möglich ist. Die Förderung der<br />
Kommunen ist mit dieser Bedingung zu verknüpfen.<br />
11. Ausreichende Mittel bereitstellen zur<br />
Sanierung der Schulgebäude<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Parlamente auf, ausreichend<br />
Finanzmittel zur Sanierung von<br />
Schulgebäuden einschließlich der Volkshochschulen<br />
einzustellen.<br />
12. Forderungen aus Bildungsgipfel 2008<br />
umsetzen<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Parlamente auf, endlich<br />
die auf dem Bildungsgipfel von 2008 festgelegten<br />
Ziele durch entsprechende Maßnahmen zu<br />
verwirklichen.<br />
13. Mitgliederinformation über Privatisierung<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
125
Die <strong>GEW</strong> wird ihre Mitglieder über die verschiedenen<br />
Formen der Privatisierung und über<br />
die Erfahrungen mit der privaten Finanzierung<br />
von Bildungseinrichtungen anhand von konkreten<br />
Beispielen in der Bundesrepublik informieren.<br />
Zu informieren ist auch über den politischen<br />
Einfluss von Stiftungen, die häufig im Gewand<br />
neutraler Forschungseinrichtungen auftreten,<br />
tatsächlich aber die Interessen des<br />
privaten Kapitals fördern.<br />
14. Auflistung der Einflussnahme von privaten<br />
Stiftungen und Organisationen<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert alle <strong>GEW</strong>-Gremien auf, die Zusammenarbeit<br />
mit und die Einflussnahme von<br />
privaten Organisationen zu nennen, zu untersuchen<br />
und zu bewerten, so dass ein späterer<br />
Gewerkschaftstag ggf. weitere Beschlüsse fassen<br />
kann. Dabei kommt der Untersuchung der<br />
Tätigkeit der Bertelsmann-Stiftung (neben der<br />
Robert-Bosch-Stiftung, Stiftung der Deutschen<br />
Wirtschaft - sdw - und anderen) eine besondere<br />
Bedeutung zu. Schließlich ist die Bertelsmann-Stiftung<br />
Eigentümerin (ca. 70 %) eines<br />
Großkonzerns. Die Bertelsmann-Stiftung<br />
hat den Boden für die privatwirtschaftliche Organisation<br />
des "Evaluationsmarktes" (z. B. SEIS<br />
als Instrument der internen Evaluation der<br />
Schulen) bereitet. Sie dient in großem Umfang<br />
privatwirtschaftlichen Interessen. Deshalb<br />
muss sich die <strong>GEW</strong> hier Klarheit verschaffen<br />
und Position beziehen.<br />
Die <strong>GEW</strong> vertritt die Beschäftigen in privaten<br />
Bildungseinrichtungen<br />
Im Einklang mit den in diesem Antrag beschlossenen<br />
grundsätzlichen Positionen organisiert<br />
und vertritt die <strong>GEW</strong> die Beschäftigten in privaten<br />
Bildungseinrichtungen, um deren Arbeitsbedingungen<br />
und Einkommen zu verbessern.<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
126
3.7 „Erklärung zum Berufsethos der<br />
Bildungsinternationalen“<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
1. Der Gewerkschaftstag bekräftigt die Erklärung<br />
zum Berufsethos der Bildungsinternationalen<br />
(Education International - Declaration of<br />
Professional Ethics).<br />
2. Die <strong>GEW</strong> verbreitet die Erklärung über ihre<br />
Landesverbände in den Kindertageseinrichtungen,<br />
in allgemein- und berufsbildenden<br />
Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen,<br />
bei Trägern der Weiterbildung sowie in<br />
den Einrichtungen der Aus-, Fort- und<br />
Weiterbildung für das pädagogische Personal.<br />
3. Die <strong>GEW</strong> koordiniert einen Diskussionsprozess<br />
zur Vertiefung und Weiterentwicklung des<br />
professionellen Selbstverständnisses der Lehrerinnen<br />
und Lehrer, der Pädagoginnen und Pädagogen<br />
und anderer im Bildungsbereich Beschäftigter.<br />
Ziel ist, ein gemeinsames Verständnis<br />
für die Rechte und Pflichten, Aufgaben, Einstellungen<br />
und Haltungen in einem inklusiven<br />
diskriminierungsfreien Bildungssystem zu erarbeiten<br />
sowie für die Aufgabe zu sensibilisieren,<br />
einen individuellen Beitrag zur Stärkung<br />
und Weiterentwicklung der Professionen im<br />
Bildungsbereich zu leisten.<br />
Begründung<br />
Die Reflexion und Weiterentwicklung des professionellen<br />
Selbstverständnisses der Beschäftigten<br />
in Bildungseinrichtungen ist eine ständige<br />
Aufgabe. Sexuelle Übergriffe an Schutzbefohlenen<br />
und Abhängigen in Bildungseinrichtungen<br />
sowie die Diskussion um ein inklusives<br />
Bildungswesen haben in letzter Zeit für diese<br />
Notwendigkeit noch einmal mit Nachdruck sensibilisiert.<br />
Die Bildungsinternationale hat bereits<br />
vor Jahren eine Deklaration zum Berufsethos<br />
verabschiedet, der die <strong>GEW</strong> beigetreten<br />
ist. Allerdings ist es bislang nicht gelungen, die<br />
Deklaration in den Bildungseinrichtungen<br />
Deutschlands zu verbreiten und mit den<br />
Kolleginnen und Kollegen zu diskutieren. Nach<br />
wie vor gibt es zahlreiche Themen, zu denen<br />
die Beschäftigten im Bildungsbereich keine<br />
gemeinsame berufsethische Basis haben. Welche<br />
Rechte haben Kinder und welche Grenzen<br />
zieht die Achtung der Menschenwürde einem<br />
selektierenden und segregierenden Bildungs-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
127
system? Welche Verantwortung haben die Beschäftigten<br />
für eine produktive und konstruktive<br />
Arbeit im Team? Welche Verantwortung<br />
haben sie für die Weiterentwicklung ihrer Professionen<br />
und für gute und gesunde Arbeitsbedingungen?<br />
Alles dies sind Fragen, die die<br />
Angehörigen von Professionen untereinander<br />
diskutieren und klären müssen, wollen sie<br />
selbstbewusst und durchsetzungsstark sein.<br />
Die Verpflichtung auf ein professionelles Selbstverständnis,<br />
auf ein Berufsethos, das die Professionen<br />
selbst entwickelt haben, ist der beste<br />
Schutz davor, von "außen" ein Leitbild übergestülpt<br />
zu bekommen, das die Interessen der Beschäftigten<br />
zu wenig beachtet. Einige unserer<br />
internationalen Schwestergewerkschaften machen<br />
sogar die Aufnahme in ihre Gewerkschaft<br />
davon abhängig, dass ein Bekenntnis zum Berufsethos<br />
unterschrieben wird. Einen solchen<br />
Schritt könnte die <strong>GEW</strong> ggf. im Hinblick auf den<br />
Gewerkschaftstag 2017 ins Auge fassen, wenn<br />
eine breite Diskussion stattgefunden hat. Wie<br />
bedeutsam ein solches Bekenntnis sein kann,<br />
wurde im Zusammenhang mit sexueller Gewalt<br />
gegenüber Abhängigen durch <strong>GEW</strong>-Kollegen<br />
offenkundig, als diese den Rechtschutz der<br />
<strong>GEW</strong> begehrten und die <strong>GEW</strong> erst beschließen<br />
musste, in solchen Fällen keinen Rechtschutz zu<br />
geben.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
128
3.8 AKTIONSPLAN LEHRERBILDUNG<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
A. Erste Phase<br />
1. Quantitativer Ausbau und qualitative Verbesserung<br />
der Lehrerinnen- und Lehrerbildung<br />
an Hochschulen<br />
• Die <strong>GEW</strong> fordert, die Studienplätze in der<br />
Lehrerinnen- und Lehrerbildung im Zuge eines<br />
bedarfs- und nachfragegerechten Ausbaus der<br />
Hochschulen auszubauen. Heute müssen so<br />
viele Studienberechtigte ein Studium aufnehmen<br />
können, dass morgen ausreichend Nachwuchs-Lehrkräfte<br />
ausgebildet sind, die die in<br />
den Ruhestand gehenden Kolleginnen und<br />
Kollegen ersetzen.<br />
• Durch die Abschaffung von Studiengebühren,<br />
eine leistungsfähige Ausbildungsförderung,<br />
die Öffnung der Hochschulen für beruflich<br />
Qualifizierte und ein leistungsfähiges System<br />
der Hochschulzulassung sind bestehende<br />
Hindernisse beim Hochschulzugang und für den<br />
erfolgreichen Abschluss eines Studiums zu beseitigen.<br />
• Die <strong>GEW</strong> lehnt eine Auswahl von Studienbewerberinnen<br />
Studienbewerbern durch die<br />
Hochschulen ab und pocht auf das grundgesetzlich<br />
garantierte Recht auf freie Hochschulzulassung.<br />
Stattdessen ist die Selbsteinschätzungskompetenz<br />
von Studienberechtigten<br />
durch eine qualifizierte Beratung zu fördern.<br />
• Alle Bachelor-Absolventinnen und Absolventen<br />
müssen das Recht auf ein Masterstudium<br />
bekommen, denn in allen Bundesländern<br />
ist die hochschulische Ausbildung zur<br />
Lehrerin oder zum Lehrer in Übereinstimmung<br />
mit den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz<br />
erst mit dem Erreichen des Masterabschlusses<br />
abgeschlossen. <strong>Das</strong> setzt zum einen<br />
voraus, bestehende Zulassungsbeschränkungen<br />
(Numerus Clausus) durch eine Ausweitung der<br />
Kapazitäten im Masterbereich zu überwinden,<br />
die nicht zu Lasten der Kapazitäten in den<br />
Bachelorstudiengängen gehen darf: Der Hochschulpakt,<br />
der derzeit auf die Finanzierung eines<br />
vierjährigen Studiums ausgerichtet ist, ist<br />
entsprechend aufzustocken und zu verstetigen.<br />
Zum anderen ist auf besondere Zugangsvoraussetzungen<br />
für die Zulassung zum Masterstudium,<br />
die unabhängig von vorhandenen Kapazitäten<br />
bestehen, zu verzichten.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Vorläufige Empfehlung der Antragskommission:<br />
Aktionsplan Lehrer_innenbildung:<br />
Die <strong>GEW</strong> richtet ein "Zukunftsforum Lehrer_innenbildung"<br />
ein, das die gemeinsame Arbeit zu<br />
diesem Querschnittsthema auf Bundes- und<br />
Landesebene unterstützt und vorantreibt.<br />
Die <strong>GEW</strong> spricht sich dafür aus, die Lehrer_innenbildung<br />
als ganzheitlichen, institutionenübergreifenden<br />
Prozess zu verstehen und zu organisieren:<br />
vom Hochschulstudium über den<br />
Vorbereitungsdienst, die Berufseinstiegsphase<br />
bis hin zur berufsbegleitenden Fort- und Weiterbildung<br />
der Lehrer_innen.<br />
Lehrer_innenbildung trägt der Tatsache Rechnung,<br />
dass es sich bei den Auszubildenden um<br />
erwachsene Lernende handelt. Die Partizipation<br />
bei der Gestaltung der Ausbildung muss<br />
auf allen Stufen sichergestellt sein.<br />
Die <strong>GEW</strong> beteiligt sich auf der Basis der folgenden<br />
Grundsätze an der inhaltlichen Reform der<br />
Lehrerbildung:<br />
• Die Inhalte der Lehrer_innenbildung müssen<br />
sich am notwendigen Professionswissen der<br />
angehenden Lehrer_innen orientieren. Eine<br />
wichtige Rolle kommt in diesem Zusammenhang<br />
theoriegeleiteten Praxisphasen zu,<br />
die die erste und zweite Ausbildungsphase<br />
sinnvoll miteinander verbinden und den angehenden<br />
Lehrer_innen selbstbestimmtes, forschendes<br />
Lernen ermöglichen.<br />
• Die kritisch-konstruktive Auseinandersetzung<br />
mit Theorieansätzen, Praxisphänomenen und<br />
der eigenen Lehrer_innenpersönlichkeit soll<br />
das Studium in den Bildungswissenschaften<br />
strukturieren, nicht das Training von Handlungsroutinen.<br />
• Die eigene Lernbiografie soll in allen Ausbildungsphasen<br />
kritisch reflektiert werden, damit<br />
ein professionelles Selbstkonzept entstehen<br />
kann, in dem Traditionen und Vorurteile nicht<br />
unreflektiert handlungsleitend sind. Dies ist<br />
von zentraler Bedeutung im Hinblick auf ein inklusives<br />
Schulsystem sowie auf diskriminierungsfreies<br />
Lehrer_innenhandeln in Bezug auf<br />
Geschlecht, sexuelle Orientierung, soziale und<br />
129
• Die <strong>GEW</strong> fordert den Bund auf, gemeinsam<br />
mit den Ländern Verantwortung für eine hochwertige<br />
Qualität der Lehrerinnen- und Lehrerbildung<br />
zu übernehmen. Eine „Exzellenzinitiative<br />
Lehrerbildung“ wird dieser Verantwortung<br />
aber gerade nicht gerecht. Die Etablierung<br />
von wenigen Leuchtturm-Universitäten abzielt,<br />
die nach dem Vorbild der Exzellenzinitiative für<br />
die Spitzenforschung aufgrund einer exklusiven<br />
finanziellen Förderung eine qualitativ besonders<br />
hochwertige Ausbildung von Lehrerinnen<br />
und Lehrern leisten können, wäre die falsche<br />
Antwort auf die Herausforderungen, die<br />
sich für die Weiterentwicklung der Lehrerinnen-<br />
und Lehrerbildung in ihrer ganzen Breite<br />
stellen. Von der Elite-Förderung würde nur ein<br />
kleiner Teil der Lehramtsstudierenden und am<br />
Ende wenige Schülerinnen und Schüler profitieren.<br />
Womöglich kämen ausgerechnet jene<br />
Universitäten zum Zuge, die bereits jetzt heute<br />
über die besten Voraussetzungen, etwa in<br />
Folge einer Förderung über die Exzellenzinitiative<br />
für die Spitzenforschung, verfügen. Folge<br />
wäre, dass sich vorhandene Unterschiede in<br />
der Qualität der Lehrerinnen- und Lehrerbildung<br />
weiter vertieften. Gerade in der<br />
Qualitätssicherung und -entwicklung kommt es<br />
aber nicht auf Wettbewerb, sondern auf die<br />
Verbesserung der zielorientierten Zusammenarbeit<br />
an.<br />
• Wir brauchen daher keine „Exzellenzinitiative<br />
Lehrerbildung“, sondern eine Verbesserung<br />
der Qualität der Lehre und Studienbedingungen<br />
in der Fläche, insbesondere durch eine<br />
spürbare Verbesserung des Betreuungsverhältnisses<br />
zwischen Studierenden und Lehrenden.<br />
Ein wesentlicher Grund für zu hohe Abbrecherquoten<br />
und zu lange Studienzeiten, für<br />
Unzufriedenheit bei Studierenden und Lehrenden,<br />
ist die anhaltende Unterfinanzierung der<br />
Hochschulen. Die <strong>GEW</strong> fordert daher zum einen<br />
eine Aufstockung und Verstetigung des<br />
Hochschulpakts 2020, zum anderen spricht sie<br />
sich dafür aus, dass sich der Bund über die engen<br />
Voraussetzungen des Artikels 91b des<br />
Grundgesetzes hinaus an der institutionellen Finanzierung<br />
der Hochschulen beteiligen kann.<br />
Die Föderalismusreform von 2006 hat zu verhängnisvollen<br />
Fehlsteuerungen geführt und die<br />
Kooperation von Bund und Ländern im Hochschulbereich<br />
massiv erschwert, im Schulbereich<br />
praktisch unmöglich gemacht. Die <strong>GEW</strong><br />
befürwortet eine entsprechende Erweiterung<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
ethnische Herkunft, Religion, Weltanschauung,<br />
Behinderung und Alter.<br />
• Die Orientierung am notwendigen Professionswissen<br />
bedeutet für die Fachwissenschaften<br />
und Fachdidaktiken, dass sie die Lehr-/Lerninhalte<br />
der Unterrichtsfächer fachwissenschaftlich<br />
durchdringen und didaktisch reflektieren.<br />
Es geht um Bildung für den Beruf im Medium<br />
der Wissenschaft, nicht um das Studium einer<br />
Fachwissenschaft nach deren immanenter Systematik.<br />
• Die Orientierung am notwendigen Professionswissen<br />
bedeutet zudem, dass auch in der<br />
ersten Ausbildungsphase fächerübergreifende,<br />
fächerverbindende oder projektbezogene<br />
Studienarrangements angeboten werden, die<br />
den Studierenden eine Auseinandersetzung mit<br />
schulischen Bildungszielen und -inhalten<br />
ermöglichen, die nicht nur einer Disziplin zuzuordnen<br />
sind: z.B. Bildung für nachhaltige Entwicklung/Globales<br />
Lernen, Demokratie lernen,<br />
Friedenserziehung oder Medienpädagogik.<br />
Hochschule<br />
• Die <strong>GEW</strong> fordert, die Anzahl der Studienplätze<br />
in der Lehrer_innenbildung im Zuge eines<br />
bedarfs- und nachfragegerechten Ausbaus<br />
der Hochschulen anzupassen. Heute müssen so<br />
viele Studienberechtigte ein Studium aufnehmen<br />
können, dass morgen ausreichend Nachwuchs-Lehrkräfte<br />
ausgebildet sind.<br />
• Die <strong>GEW</strong> lehnt eine Auswahl von Studienbewerber_innen<br />
durch die Hochschulen ab und<br />
verweist auf das grundgesetzlich garantierte<br />
Recht auf freien Hochschulzugang. Stattdessen<br />
ist die Selbsteinschätzungskompetenz von<br />
Studienberechtigten durch eine qualifizierte<br />
Beratung zu fördern.<br />
• Alle Bachelor-Absolvent_innen müssen das<br />
Recht auf ein Masterstudium bekommen, denn<br />
in allen Bundesländern ist die hochschulische<br />
Ausbildung von Lehrer_innen in Übereinstimmung<br />
mit den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz<br />
erst mit dem Erreichen des<br />
Masterabschlusses abgeschlossen.<br />
• <strong>Das</strong> konsekutive Bachelor- und Masterstudium<br />
muss in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung<br />
eine Studiendauer von zehn Se-<br />
130
• Die <strong>GEW</strong> spricht sich für eine bessere Verzahnung<br />
sowohl von fachwissenschaftlichen,<br />
fachdidaktischen und bildungswissenschaftlichen<br />
Anteilen, als auch von theoretischen und<br />
berufspraktischen Anteilen der Lehrerinnen<br />
und Lehrerbildung, sowohl im Bachelor- als<br />
auch im Masterstudium aus. Die schulpraktischen<br />
Anteile der Lehrerinnen- und Lehrdes<br />
Artikel 91b als Schritt in Richtung eines zukunftsfähigen,<br />
kooperativen Bildungsföderalismus.<br />
• Unter der Voraussetzung eines substanziellen<br />
Ausbaus der Hochschulen und der Verbesserung<br />
ihrer Betreuungsverhältnisse begrüßt<br />
die <strong>GEW</strong> ein Bund-Länder-Programm, das zusätzliche<br />
Anreize für Qualitätsverbesserungen<br />
und Innovationen in der Lehrerinnen- und<br />
Lehrerbildung gibt. Voraussetzung dafür ist<br />
eine Breitenwirkung des Programms sowie ein<br />
transparentes Auswahlverfahren, an dem Lehrende,<br />
Studierende und Vertreterinnen und<br />
Vertreter der Berufspraxis, also Gewerkschaften<br />
und Lehrerinnen und Lehrer, substanziell<br />
beteiligt sind.<br />
2. Kurswechsel im Bologna-Prozess<br />
• Die <strong>GEW</strong> spricht sich für einen radikalen<br />
Kurswechsel im Bologna-Prozess aus. Sie unterstützt<br />
die ursprüngliche Idee der Gliederung<br />
des Studiums in an Lernzielen orientierten Modulen,<br />
besteht aber auf der Sicherung der<br />
Studierbarkeit und Studierfreiheit. Sie<br />
befürwortet eine bessere Strukturierung des<br />
Studiums, aber auch eine bessere Betreuung<br />
der Studierenden. Bei der Sicherung von Qualität<br />
und Vergleichbarkeit der Studiengänge sind<br />
Studierende, Lehrende und die berufliche<br />
Praxis einschließlich der Gewerkschaften auf<br />
Augenhöhe zu beteiligen.<br />
• Die <strong>GEW</strong> fordert das Recht auf freien<br />
Zugang zum Masterstudium für alle Bachelor-<br />
Absolventinnen und Absolventen. <strong>Das</strong> konsekutive<br />
Bachelor- und Masterstudium muss in der<br />
Lehrerinnen- und Lehrerbildung eine Studiendauer<br />
von zehn Semestern (300 ECTS-Punkte)<br />
umfassen – wie es die Strukturvorgaben der<br />
Kultusministerkonferenz für alle anderen konsekutiven<br />
Bachelor- und Masterstudiengänge<br />
vorsehen.<br />
• Die Lehrerinnen- und Lehrerbildung ist<br />
künftig nicht mehr an den Schulformen auszurichten,<br />
sondern an den Schulstufen Primarstufe,<br />
Sekundarstufe I und Sekundarstufe II.<br />
Eine frühzeitige und definitive Festlegung der<br />
Ausbildung auf Schulstufen ist jedoch zu vermeiden,<br />
stattdessen ist ein Kerncurriciulum einer<br />
gemeinsamen Lehrerinnen- und Lehrerbildung,<br />
perspektivisch einer gemeinsamen<br />
Pädagoginnen- und Pädagogenbildung zu etablieren.<br />
• Die <strong>GEW</strong> spricht sich in dem Sinne für die<br />
Polyvalenz des Bachelor in der Lehrerinnen-<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
mestern (300 ECTS-Punkte) umfassen – wie es<br />
die Strukturvorgaben der Kultusministerkonferenz<br />
für alle anderen konsekutiven Bachelorund<br />
Masterstudiengänge vorsehen.<br />
• Die <strong>GEW</strong> spricht sich dort, wo es konsekutive<br />
Studiengänge gibt, für die Polyvalenz des Bachelor<br />
in der Lehrer_innenbildung aus, so dass<br />
dieser die Grundlage für die Ausbildung von<br />
Lehrer_innen ist.<br />
• Die Lehrer_innenbildung ist künftig nicht<br />
mehr an den Schulformen auszurichten,<br />
sondern an den Schulstufen Primarstufe,<br />
Sekundarstufe I und Sekundarstufe II. Eine<br />
frühzeitige und definitive Festlegung der Ausbildung<br />
auf Schulstufen ist jedoch zu vermeiden,<br />
stattdessen ist ein Kerncurriculum einer<br />
gemeinsamen Lehrer_innenbildung, perspektivisch<br />
einer gemein-samen Pädagog_innenbildung<br />
zu etablieren.<br />
• Die <strong>GEW</strong> fordert den Bund auf, gemeinsam<br />
mit den Ländern Verantwortung für eine hochwertige<br />
Qualität der Lehrerinnen- und Lehrerbildung<br />
zu übernehmen. Eine "Exzellenzinitiative<br />
Lehrerbildung" wird dieser Verantwortung<br />
nicht gerecht. Gerade in der Qualitätssicherung<br />
und -entwicklung kommt es aber nicht<br />
auf Wettbewerb, sondern auf die Verbesserung<br />
der zielorientierten Zusammenarbeit an. Wir<br />
brauchen daher keine "Exzellenzinitiative Lehrerbildung",<br />
sondern eine Verbesserung der<br />
Qualität der Lehre und Studienbedingungen in<br />
der Fläche, insbesondere durch eine spürbare<br />
Verbesserung des Betreuungsverhältnisses zwischen<br />
Studierenden und Lehrenden.<br />
• Unter der Voraussetzung eines substanziellen<br />
Ausbaus der Hochschulen und der Verbesserung<br />
ihrer Betreuungsverhältnisse begrüßt die<br />
<strong>GEW</strong> ein Bund-Länder-Programm, das zusätzliche<br />
Anreize für Qualitätsverbesserungen und<br />
Innovationen in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung<br />
gibt.<br />
131
und Lehrerbildung aus, dass dieser die<br />
Grundlage für die Ausbildung für Lehrerinnen<br />
und Lehrern an allen Schulstufen sein sollte<br />
und eine für die Primarstufe, Sekundarstufe I<br />
und Sekundarstufe II spezialisierende Ausbildung<br />
erst im Masterstudium erfolgt.<br />
• Die <strong>GEW</strong> spricht sich für eine bessere Verzahnung<br />
sowohl von fachwissenschaftlichen,<br />
fachdidaktischen und bildungswissenschaftlichen<br />
Anteilen, also auch von theoretischen und<br />
berufspraktischen Anteilen der Lehrerinnenund<br />
Lehrerbildung, sowohl im Bachelor- als<br />
auch im Masterstudium aus. Die schulpraktischen<br />
Anteile der Lehrerinnen- und Lehrerbildung<br />
müssen besser mit dem Studium verknüpft<br />
werden, um eine kritisch distanzierte,<br />
theoriegeleitete Reflexion der Praxis zu ermöglichen.<br />
3. Institutionelle Stärkung der Lehrerinnenund<br />
Lehrerbildung an Hochschulen<br />
• Die <strong>GEW</strong> spricht sich dafür aus, die Lehrerinnen-<br />
und Lehrerbildung als ganzheitlichen,<br />
institutionenübergreifenden Prozess zu verstehen<br />
und zu organisieren: vom Hochschulstudium<br />
über das Referendariat bis hin zur Berufseinstiegsphase<br />
sowie berufsbegleitenden<br />
Fort- und Weiterbildung der Lehrerinnen und<br />
Lehrer.<br />
• Vor diesem Hintergrund fordert die <strong>GEW</strong><br />
eine institutionelle Stärkung der Lehrerinnenund<br />
Lehrerbildung an den Hochschulen durch<br />
Weiterentwicklung der an den meisten Universitäten<br />
etablierten „Zentren für Lehrerbildung“<br />
zu „Schools of Education“. Aufgabe der<br />
Schools of Education ist die Professionalisierung<br />
der Lehrerinnen- und Lehrerbildung durch<br />
eine zielorientierte Vernetzung aller an der<br />
Lehrerinnen- und Lehrerbildung beteiligten<br />
Einrichtungen innerhalb und außerhalb der<br />
Hochschulen. Darüber hinaus haben die<br />
Schools eine systematische Professionsforschung<br />
und Evaluation der Lehrerinnen- und<br />
Lehrerbildung sicherzustellen. Die Schools of<br />
Education sollen darüber hinaus zentrale<br />
Einrichtungen der Universitäten analog zu den<br />
Fachbereichen bzw. Fakultäten eine Budgethoheit<br />
über alle anteilig für die Lehrerinnen- und<br />
Lehrerbildung vorgesehene Ressourcen erhalten.<br />
Studierende, Hochschullehrerinnen und<br />
Hochschullehrer, wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche<br />
Beschäftigte sind den Schools<br />
als Mitglieder zuzuordnen, die Schools unter-<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
erbildung müssen besser mit dem Studium verknüpft<br />
werden, um eine kritisch distanzierte,<br />
theoriegeleitete Reflexion der Praxis und der<br />
eigenen professionellen Rolle - auch in Bezug<br />
auf Geschlechterstereotypen - zu ermöglichen.<br />
•Die <strong>GEW</strong> fordert eine institutionelle Stärkung<br />
der Lehrer_innenbildung an den Hochschulen<br />
durch Weiterentwicklung der an den meisten<br />
Universitäten etablierten „Zentren für Lehrer_innenbildung“.<br />
Vorbereitungsdienst/Berufseinstieg<br />
• Der Zugang zum Vorbereitungsdienst soll in<br />
allen Bundesländern einheitlich geregelt sein.<br />
1. Staatsexamen bzw. der Master of Education<br />
sind von allen anderen Bundesländern bedingungslos<br />
anzuerkennen.<br />
• Die Dauer des Vorbereitungsdienstes soll in<br />
allen Bundesländern und für alle Lehramtstypen<br />
einheitlich sein und eine qualifizierte<br />
Ausbildung in der Schulpraxis gewährleisten.<br />
Dazu gehören eine Einführungsphase mit Hospitationen<br />
sowie begleitetem Unterricht und<br />
erst an-schließend eigenverantwortlicher Unterricht.<br />
• Die Berufsanfänger_innen haben Anspruch<br />
auf überfachliche und externe Beratung und<br />
Supervision.<br />
• Der Vorbereitungsdienst wird mit einer<br />
Staatsprüfung abgeschlossen.<br />
• Die Fach- und Seminarleiter_innen werden in<br />
der Dienstzeit zu Fragen der aktuellen pädagogischen<br />
Entwicklung und in Erwachsenenpädagogik<br />
fortgebildet.<br />
• Mentor_innen in schulpraktischen Phasen<br />
sollen vor der Aufnahme der Tätigkeit qualifiziert<br />
werden sowie ein Recht auf regelmäßige<br />
Fortbildung und Supervision haben. Ihre Tätigkeit<br />
wird auf die Unterrichtsverpflichtung in<br />
angemessenem Umfang angerechnet.<br />
Fortbildung<br />
• Die <strong>GEW</strong> fordert den Erhalt und Ausbau bzw.<br />
die Neuerrichtung von Landesinstituten / Akademien<br />
für Lehrer_innenfortbildung in staatlicher<br />
Verantwortung. In Flächenländern sind<br />
132
liegen uneingeschränkt der Hochschulselbstverwaltung.<br />
B. Zweite Phase/Berufseingangsphase/Mentoring<br />
1. Schwerpunkt Interessenvertretung<br />
Die <strong>GEW</strong> intensiviert in der nächsten Wahlperiode<br />
ihre Aktivitäten in der Interessenvertretung<br />
der Referendar/innen, der Fach- und<br />
Seminarleiter/innen, sowie der schulischen<br />
Mentor/innen. Ziel ist, die Gruppe der Auszubildenden<br />
sowie die an der Ausbildung beteiligten<br />
Beschäftigten verstärkt als Mitglieder<br />
und für die Mitarbeit in der <strong>GEW</strong> zu gewinnen.<br />
2. Forderungen für Referendariat/Vorbereitungsdienst:<br />
• Der Zugang zum Referendariat/Vorbereitungsdienst<br />
soll in allen Bundesländern einheitlich<br />
geregelt sein. 1. Staatsexamen bzw. der<br />
Master Ed. sind von allen anderen Bundesländern<br />
bedingungslos anzuerkennen.<br />
• Die Dauer des Referendariats/Vorbereitungsdienstes<br />
soll in allen Bundesländern und<br />
für alle Lehramtstypen einheitlich mindestens<br />
18 Monate betragen. Praxisphasen während<br />
des Studiums sind darauf nicht anzurechnen.<br />
• Der Vorbereitungsdienst gliedert sich in<br />
zwei Phasen: Einführungs- und Professionalisierungsphase.<br />
In der Einführungsphase stehen<br />
Hospitationen, kollegiale Fallberatung, Supervision<br />
und begleiteter Unterricht im Vordergrund.<br />
In der Professionalisierungsphase<br />
stehen eigenverantwortlicher Unterricht,<br />
Eltern-/ Schülergespräche und Bewertungsfragen<br />
im Vordergrund.<br />
• Im Rahmen einer vorgegebenen Bandbreite<br />
bestimmen die Referendar/innen den Umfang<br />
des eigenverantwortlichen Unterrichts selbst.<br />
• Organisation und Inhalte des Referendariats/<br />
Vorbereitungsdienstes tragen der Tatsache<br />
Rechnung, dass es sich bei den Referendaren/<br />
Referendarinnen um erwachsene Lerner<br />
handelt. Die Partizipation bei der Gestaltung<br />
der Ausbildung muss für die Referendar/innen<br />
sichergestellt sein. Für die zuständigen Personalvertretungen<br />
ist die Mitbestimmung in allen<br />
Fragen der Ausbildung zu gewährleisten.<br />
• Die personenbezogene Beratung der<br />
Referendare/ Referendarinnen – insbesondere<br />
in Konfliktsituationen und bei unklarer beruflicher<br />
Eignung – sollen überfachliche Ausbilder<br />
oder Externe übernehmen.<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
265<br />
regionale Unterstrukturen notwendig, um den<br />
Teilnehmer_innen lange Anfahrtswege zu ersparen.<br />
Die finanziellen und personellen<br />
Ressourcen sind den gestiegenen Anforderungen<br />
an die Lehrer_innenbildung anzupassen.<br />
• <strong>Das</strong> Programm soll sich inhaltlich an den<br />
aktuellen Entwicklungen und wissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen zur Schul- und Unterrichtsentwicklung<br />
orientieren und die kritische Auseinandersetzung<br />
mit erziehungswissenschaftlichen,<br />
bildungs- und gesellschaftspolitischen<br />
Fragen ermöglichen. Die Lehrkräfte und ihre<br />
Vertretungen müssen an der Programmentwicklung<br />
beteiligt werden. Die <strong>GEW</strong> entwickelt<br />
eigene Fortbildungsangebote und bietet<br />
den Landesregierungen Kooperationen an.<br />
• Die Fortbildungsangebote müssen auf nachhaltige<br />
Wirksamkeit angelegt sein. Dazu tragen<br />
insbesondere Fortbildungen bei, die sich über<br />
einen längeren Zeitraum mit einem Wechsel<br />
von Praxis- und Reflexionsphasen erstrecken.<br />
Internetbasierte Fortbildungsangebote hält die<br />
<strong>GEW</strong> dann für akzeptabel, wenn zum Erfahrungs-<br />
und Meinungsaustausch auch die<br />
persönliche Begegnung vorgesehen ist.<br />
• Dienstlich angeordnete Fortbildungsmaßnahmen<br />
müssen kostenfrei sein und innerhalb der<br />
Dienstzeit stattfinden. Die Pflicht zur<br />
Fortbildung setzt sinnvolle Angebote in ausreichender<br />
Zahl und Qualität voraus.<br />
Forderungen der <strong>GEW</strong>:<br />
• Geltung des Prinzips „Gleiches Geld für<br />
gleichwertige Arbeit mit gleichwertiger Ausbildung“<br />
auch bei Lehrkräften<br />
• Gleichstellung aller akademisch ausgebildeten<br />
Lehrkräfte mit anderen Akademiker_innen<br />
im öffentlichen Dienst, dass heißt eine einheitliche<br />
Zuordnung aller Lehrämter mit Masterabschluss<br />
(bzw. einem als gleichwertig anerkannten<br />
Abschluss ) und Staatsexamen.<br />
• Gleichwertige materielle Bedingungen während<br />
des Vorbereitungsdienstes unabhängig<br />
vom Lehramt und Beschäftigungsstatus<br />
• Deutliche Erhöhung der Anwärter_innenbezüge.<br />
133
• <strong>Das</strong> Referendariat/ der Vorbereitungsdienst<br />
wird mit einer Staatsprüfung abgeschlossen.<br />
Die Prüfungsleistungen werden ausbildungsbegleitend<br />
erbracht. Die Prüfungsanforderungen<br />
sind einheitlich auszugestalten. Sie bestehen<br />
aus einem Portfolio, zwei Unterrichtsstunden<br />
und einer besonderen Leistung (z.B. Vortrag bei<br />
einer Konferenz, Mitarbeit in einem Schulentwicklungsprojekt,<br />
Planung einer Klassenfahrt...).<br />
• Die Fach- und Seminarleiterinnen und –leiter<br />
werden in der Dienstzeit zu Fragen der<br />
aktuellen pädagogischen Entwicklung und in<br />
Erwachsenenpädagogik fortgebildet.<br />
• Die <strong>GEW</strong> fordert die einheitliche Bezahlung<br />
aller Fach- und Seminarleiter/innen. Fach- und<br />
Seminarleiter/in soll nur werden, wer über<br />
gute fachliche Qualifikationen verfügt und eine<br />
Zusatzqualifikation in Erwachsenenpädagogik<br />
erworben hat.<br />
3. Schulisches Mentoring<br />
Die <strong>GEW</strong> verlangt, dass schulisches Mentoring<br />
während der Praxisphasen des Studiums und in<br />
der zweiten Phase der Lehrerausbildung entsprechend<br />
der Bedeutung dieser Aufgabe<br />
gewürdigt wird. Dazu gehören:<br />
• Qualifizierungsmaßnahmen vor Aufnahme<br />
der Tätigkeit, regelmäßige Fortbildungen und<br />
Supervision für die Mentorinnen/ Mentoren<br />
• eine angemessene Anrechnung auf die Unterrichtsverpflichtung<br />
im Umfang von mindestens<br />
zwei Unterrichtsstunden<br />
• Zugang zu den Einrichtungen der Hochschulen<br />
und der Studienseminare<br />
• Berücksichtigung der Tätigkeit als Mentor/<br />
Mentorin bei dienstlichen Beurteilungen<br />
4. <strong>GEW</strong>-Infrastruktur für die zweite Ausbildungsphase<br />
Die <strong>GEW</strong> schafft auf Landes- und Bundesebene<br />
– falls noch nicht vorhanden – die<br />
notwendige Infrastruktur und erarbeitet geeignete<br />
Materialien und Diskussionsangebote. Sie<br />
prüft, inwieweit Kooperationen mit bestehenden<br />
Seminar- und Fachleitervereinigungen<br />
sinnvoll und möglich sind.<br />
5. Einphasige Lehrerausbildung<br />
Die <strong>GEW</strong> lässt gutachterlich die Vor- und Nachteile<br />
einer einphasigen Lehrerausbildung (Zusammenlegung<br />
Erste und Zweite Phase) prüfen.<br />
Insbesondere soll geprüft werden, wie eine<br />
Auskopplung aus dem beamten- und tarifrecht-<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
315<br />
320<br />
• Einheitliche Bezahlung aller Fach- und Seminarleiter_innen.<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass die KMK-<br />
Standards für die Lehrer_innenbildung im Sinne<br />
dieses Aktionsplans überarbeitet werden.<br />
Die <strong>GEW</strong> unterstützt alle Lehrer_innenbildungseinrichtungen,<br />
die ihr Studien-,<br />
Aus- und Fortbildungsangebot auf die Anforderungen<br />
eines inklusiven und diskriminierungsfreien<br />
Schulsystems einstellen.<br />
Die <strong>GEW</strong> intensiviert ihre Aktivitäten in der Interessenvertretung<br />
der Studierenden, der Lehrkräfte<br />
im Vorbereitungsdienst, der Fach- und<br />
Seminarleiter_innen sowie der Mentor_innen.<br />
Ziel ist, die Gruppe der Auszubildenden sowie<br />
alle an der Ausbildung beteiligten Beschäftigten<br />
verstärkt als Mitglieder und für die Mitarbeit in<br />
der <strong>GEW</strong> zu gewinnen.<br />
Die <strong>GEW</strong> schafft auf Landes- und Bundesebene<br />
– falls noch nicht vorhanden – die<br />
notwendige Infrastruktur und erarbeitet geeignete<br />
Materialien und Diskussionsangebote. Sie<br />
wird u.a. in den nächsten vier Jahren die Vorund<br />
Nachteile einer einphasigen Lehrer_innenausbildung<br />
prüfen lassen.<br />
Lehrer_innenbildung muss in den Fokus gerückt<br />
werden. Ziel des Zukunftsforums ist es,<br />
vor dem Hintergrund der Forderung nach einer<br />
Schule für Alle konkrete, innovative Leitlinien<br />
zu einer inklusiven, länder- und<br />
phasenübergreifenden Lehrer_innenbildung<br />
unter der Perspektive einer langfristig zu realisierenden<br />
gemeinsamen Pädagog_innenbildung<br />
zu formulieren. Daraus sollen weitere Handlungsstrategien<br />
zur bildungspolitischen Umsetzung<br />
entwickelt werden.<br />
<strong>Das</strong> "Zukunftsforum Lehrer_innenbildung"<br />
setzt sich aus Mitgliedern zusammen, die unter-schiedliche<br />
Erfahrungen und Perpektiven<br />
aus den verschiedenen Handlungsfeldern der<br />
Leh-rer_innenbildung einbringen.<br />
134
lichen Gesamtgefüge des öffentlichen Dienstes<br />
vermieden werden kann.<br />
C. Fortbildung<br />
1. Landesinstitute/Akademien für Lehrerfortbildung<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert den Erhalt und Ausbau bzw.<br />
die Neuerrichtung von Landesinstituten / Akademien<br />
für Lehrerfortbildung in staatlicher Verantwortung.<br />
In Flächenländern sind regionale<br />
Unterstrukturen notwendig, um den Teilnehmer/innen<br />
lange Anfahrtswege zu ersparen.<br />
Die finanziellen und personellen Ressourcen<br />
sind den gestiegenen Anforderungen an die<br />
Lehrerbildung anzupassen.<br />
2. Programmgestaltung und Beteiligung<br />
<strong>Das</strong> Programm soll sich inhaltlich an den<br />
aktuellen Entwicklungen und wissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen zur Schul- und Unterrichtsentwicklung<br />
orientieren und die kritische Auseinandersetzung<br />
mit erziehungswissenschaftlichen,<br />
bildungs- und gesellschaftspolitischen<br />
Fragen ermöglichen. Die Lehrerschaft und ihre<br />
Vertretungen müssen an der Programmentwicklung<br />
beteiligt werden. Die <strong>GEW</strong> entwickelt<br />
eigene Fortbildungsangebote und bietet<br />
den Landesregierungen Kooperationen an.<br />
3. Nachhaltig wirksame Fortbildungsangebote<br />
Die Fortbildungsangebote müssen auf nachhaltige<br />
Wirksamkeit angelegt sein. Dazu tragen<br />
insbesondere Fortbildungen bei, die sich über<br />
einen längeren Zeitraum mit einem Wechsel<br />
von Praxis- und Reflexionsphasen erstrecken.<br />
Internetbasierte Fortbildungsangebote hält die<br />
<strong>GEW</strong> dann für akzeptabel, wenn zum Erfahrungs-<br />
und Meinungsaustausch auch die<br />
persönliche Begegnung vorgesehen ist.<br />
4. Verpflichtende Fortbildung<br />
Dienstlich angeordnete Fortbildungsmaßnahmen<br />
müssen kostenfrei sein und innerhalb der<br />
Dienstzeit stattfinden. Die Pflicht zur<br />
Fortbildung setzt sinnvolle Angebote in ausreichender<br />
Zahl und Qualität voraus.<br />
D. Inhalte der Lehrerbildung<br />
325<br />
330<br />
335<br />
340<br />
345<br />
350<br />
355<br />
360<br />
365<br />
370<br />
1. Grundsätze für die Inhalte der Lehrerbildung<br />
135
Die <strong>GEW</strong> beteiligt sich auf der Basis der folgenden<br />
Grundsätze an der inhaltlichen Reform der<br />
Lehrerbildung:<br />
• Die Inhalte der Lehrerbildung müssen sich<br />
am notwendigen Professionswissen der angehenden<br />
Lehrerinnen und Lehrer orientieren<br />
und auch in der ersten Ausbildungsphase einen<br />
deutlichen Bezug zur Schul- und Unterrichtspraxis<br />
haben. Eine wichtige Rolle kommt in diesem<br />
Zusammenhang theoriegeleiteten<br />
Praxisphasen zu, die die erste und zweite Ausbildungsphase<br />
sinnvoll miteinander verbinden<br />
und den angehenden Lehrerinnen und Lehrern<br />
selbstbestimmtes, forschendes Lernen ermöglichen.<br />
• Die kritisch-konstruktive Auseinandersetzung<br />
mit Theorieansätzen, Praxisphänomenen<br />
und der eigenen Lehrerpersönlichkeit soll<br />
das Studium in den Bildungswissenschaften<br />
strukturieren, nicht das Training von Handlungsroutinen.<br />
Dies ist der zweiten Ausbildungs-<br />
und Berufseingangsphase zugeordnet.<br />
Die eigene Lernbiografie soll in allen Ausbildungsphasen<br />
kritisch reflektiert werden, damit<br />
ein professionelles Selbstkonzept entstehen<br />
kann, in dem Traditionen und Vorurteile<br />
nicht unreflektiert handlungsleitend sind. Dies<br />
ist im Hinblick auf ein inklusives Schulsystem<br />
sowie auf diskriminierungsfreies Lehrerhandeln<br />
in Bezug auf sexuelle Orientierung, soziale und<br />
ethnische Herkunft von zentraler Bedeutung.<br />
• Die Orientierung am notwendigen Professionswissen<br />
bedeutet für die Fachwissenschaften<br />
und Fachdidaktiken, dass sie die Lehr-/Lerninhalte<br />
der Unterrichtsfächer fachwissenschaftlich<br />
durchdringen und didaktisch reflektieren.<br />
Es geht um Bildung für den Beruf im Medium<br />
der Wissenschaft, nicht um das Studium einer<br />
Fachwissenschaft nach deren immanenter Systematik.<br />
• Die Orientierung am notwendigen Professionswissen<br />
bedeutet zudem, dass auch in der<br />
ersten Ausbildungsphase fächerübergreifende,<br />
fächerverbindende oder projektbezogene<br />
Studienarrangements angeboten werden, die<br />
den Studierenden eine Auseinandersetzung mit<br />
schulischen Bildungszielen und -inhalten<br />
ermöglichen, die nicht nur einer Disziplin zuzuordnen<br />
sind: z.B. Bildung für nachhaltige Entwicklung/Globales<br />
Lernen, Demokratie lernen,<br />
Friedenserziehung oder Medienpädagogik.<br />
375<br />
380<br />
385<br />
390<br />
395<br />
400<br />
405<br />
410<br />
415<br />
420<br />
425<br />
136
2. Überarbeitung der KMK-Standards Lehrerbildung<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass die KMK-<br />
Standards für die Lehrerbildung im Sinne der<br />
unter 1. genannten Grundsätze überarbeitet<br />
werden.<br />
3. Unterstützung von Hochschulen<br />
Die <strong>GEW</strong> unterstützt Hochschulen, die mit einem<br />
überzeugenden Konzept ihr Studienangebot<br />
auf die Anforderungen eines inklusiven und<br />
diskriminierungsfreien Schulsystems einstellen.<br />
4. Evaluation der Lehrerbildung<br />
Die <strong>GEW</strong> regt eine Evaluation beider Phasen<br />
der Lehrerausbildung an. Ziel ist zu ermitteln,<br />
wie gut sich Studierende und Referendar/innen<br />
auf ihre Berufstätigkeit vorbereitet fühlen.<br />
Grundlage der Evaluation sind die unter 1 genannten<br />
Grundsätze.<br />
E. Statusfragen<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert, dass auch bei Lehrkräften das<br />
Prinzip „Gleiches Geld für gleichwertige Arbeit<br />
mit gleichwertiger Ausbildung“ gelten muss.<br />
Konkret setzt die <strong>GEW</strong> sich ein für:<br />
• die Gleichstellung aller akademisch ausgebildeten<br />
Lehrkräfte mit anderen Akademikern<br />
im öffentlichen Dienst,<br />
• eine einheitliche Zuordnung aller Lehrämter<br />
mit Masterabschluss (bzw. einem als gleichwertig<br />
anerkannten Abschluss) und zweitem<br />
Staatsexamen zum höheren Dienst mit Eingangsamt<br />
A 13 bzw. Zuordnung zu E 13 für Tarifbeschäftigte,<br />
• gleichwertige materielle Bedingungen während<br />
des Vorbereitungsdienstes unabhängig<br />
vom Lehramt und Beschäftigungsstatus,<br />
• eine deutliche Erhöhung der Anwärterbezüge.<br />
Eine Orientierung kann dabei das Praktikantenentgelt<br />
für Sozialarbeiter im Anerkennungsjahr<br />
nach dem TV-L bieten (derzeit<br />
1.527 Euro/Monat),<br />
• gleichwertige Aufstiegsämter unabhängig<br />
von Schulart und Lehramt ausschließlich nach<br />
den Kriterien Verantwortung, Inanspruchnahme<br />
und Qualifikation,<br />
• gleiche Aufstiegschancen und materielle<br />
Gleichstellung für Lehrkräfte im Arbeitsverhältnis<br />
mit Beamtinnen und Beamten,<br />
• die einheitliche Bezahlung aller Fach- und<br />
Seminarleiter/innen. Fach- und Seminarleiter/<br />
in soll nur werden, wer über gute fachliche<br />
430<br />
435<br />
440<br />
445<br />
450<br />
455<br />
460<br />
465<br />
470<br />
475<br />
480<br />
137
Qualifikationen verfügt und eine Zusatzqualifikation<br />
in Erwachsenenpädagogik erworben<br />
hat 485<br />
138
3.9 Lehrer_innenbildung in den Fokus<br />
rücken – jetzt!<br />
Antragsteller: BA Junge <strong>GEW</strong>/Landesverband<br />
Sachsen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Material zu Antrag 3.8 in der vorläufigen<br />
Fassung der Antragskommission<br />
Der Gewerkschaftstag 2013 der Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft möge beschließen:<br />
Die Lehrer_innenbildung ist ein Schwerpunktthema<br />
der <strong>GEW</strong> für die Legislatur 2013 bis<br />
2017. Dazu wird ein "Zukunftsforum Lehrer_innenbildung"<br />
eingerichtet, das sich auf der Basis<br />
der zahlreichen bereits auf Landes- und<br />
Bundesebene bestehenden <strong>GEW</strong>-Positionen<br />
und -Beschlüsse mit inhaltlichen, strukturellen<br />
und (tarif-)politischen Aspekten der Lehrer_innenbildung<br />
auseinandersetzt. <strong>Das</strong> "Zukunftsforum<br />
Lehrer_innenbildung" soll die gemeinsame<br />
Arbeit zu diesem Querschnittsthema auf<br />
Bundes- und Landesebene unterstützen und<br />
vorantreiben.<br />
Ziel ist es, vor dem Hintergrund der Forderung<br />
nach einer Schule für Alle konkrete, innovative<br />
Leitlinien zu einer inklusiven, länder- und<br />
phasenübergreifenden Lehrer_innenbildung<br />
unter der Perspektive einer langfristig zu realisierenden<br />
gemeinsamen Pädagog_innenbildung<br />
zu formulieren. Daraus sollen Handlungsstrategien<br />
zur bildungspolitischen Umsetzung entwickelt<br />
werden.<br />
Als Ausgangspunkt dienen die "Eckpunkte der<br />
<strong>GEW</strong> für die Reform der LehrerInnenbildung"<br />
vom 23. Juni 2001, die unter Berücksichtigung<br />
evidenzbasierter Forschungsergebnisse anhand<br />
der folgenden Fragen zu aktualisieren und<br />
konkretisieren sind:<br />
1. Wie und in welcher Form kann es eine<br />
gemeinsame Lehrer_innenbildung geben,<br />
woran ist sie orientiert und was macht sie attraktiv?<br />
2. Wie und in welchem Umfang sind Theorie<br />
und Praxis in der Lehrer_innenbildung fruchtbar<br />
miteinander zu verknüpfen?<br />
3. Wie ist eine Lehrer_innenbildung gestaltet,<br />
die das Lernen von angehenden Lehrkräften in<br />
den Mittelpunkt stellt?<br />
4. Wie können alternative Wege in das<br />
Studium und in den Schuldienst angelegt sein?<br />
5. Wie kann (Weiter-)Lernen im Beruf im<br />
Sinne einer Professionalisierung gelingen?<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
139
6. Wie lässt sich die Perspektive einer<br />
phasenübergreifenden Professionalisierung inhaltlich<br />
und strukturell realisieren?<br />
<strong>Das</strong> "Zukunftsforum Lehrer_innenbildung"<br />
setzt sich aus Mitgliedern zusammen, die nach<br />
Möglichkeit unterschiedlichste Erfahrungen<br />
und Perspektiven aus den verschiedenen Handlungsfeldern<br />
der Lehrer_innenbildung einbringen.<br />
<strong>Das</strong> Forum ist im Verantwortungsbereich des/<br />
der Bundesvorsitzenden anzusiedeln und mit<br />
angemessenen personellen und finanziellen<br />
Ressourcen auszustatten. Dadurch wird sichergestellt,<br />
dass Veranstaltungen, Arbeitstagungen,<br />
öffentlichkeitswirksame Kampagnen<br />
etc. organisiert und dokumentiert sowie ein internes<br />
Online-Archiv und eine Vernetzungsmöglichkeit<br />
zur intensiven Einbeziehung aller<br />
Beteiligten in die Diskussion aufgebaut und gepflegt<br />
werden können.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
140
3.10 Genderkompetenz ist<br />
Schlüsselqualifikation in der<br />
Lehrer_innenbildung<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Antragsteller: Bundesfrauenausschuss<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich für die Stärkung der professionellen<br />
Handlungskompetenz der Lehrer_innen<br />
durch die Vermittlung von Genderkompetenz<br />
als Schlüsselqualifikation in den Lehramtsstudiengängen<br />
sowie in der Weiterqualifizierung/Fort-<br />
und Weiterbildung ein.<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich für die Integration der Geschlechterforschung<br />
in die Lehramtsstudiengänge<br />
ein. Die Integration der Frauen- und Geschlechterforschung<br />
trägt zur Stärkung der Profession<br />
sowie der Professionalisierungsprozesse<br />
und damit einhergehender Selbstreflexivität<br />
bei. Die Berücksichtigung der sozialen Kategorie<br />
Geschlecht und der gesellschaftlichen Konstruktionsprozesse<br />
zur Herstellung einer dichotomen,<br />
hierarchischen Geschlechterordnung<br />
ist nicht nur in den Sozial- und Kulturwissenschaften<br />
sowie in den Technik- und Naturwissenschaften<br />
ein zentrales Element wissenschaftlicher<br />
Erkenntnis sondern auch in den<br />
Bildungswissenschaften (Erziehungswissenschaft<br />
und Fachdidaktiken). Die Auseinandersetzung<br />
mit Geschlecht und Fragen der Herstellung von<br />
Differenz ist für alle Lehramtsstudiengänge<br />
relevant und muss darüber hinaus jeweils<br />
schulform- und fachspezifisch in die Curricula<br />
integriert werden.<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass die Genderkompetenz<br />
in der ersten Phase der Lehramtsausbildung<br />
insbesondere durch die inhaltliche<br />
Gestaltung der Studiengänge, die Weiterqualifizierung<br />
der Lehrenden und die geschlechtergerechte<br />
Beratung der Studierenden erhöht wird.<br />
In der inhaltlichen Gestaltung der Studiengänge<br />
sind<br />
• Professionalisierungsprozesse der angehenden<br />
Lehrer_innen im Zusammenspiel von<br />
theoretischen und praktischen Einheiten<br />
reflexiv zu begleiten;<br />
• Professionsaspekte des zukünftigen Lehrer_innenberufs<br />
aufzugreifen. <strong>Das</strong> bedeutet,<br />
die Profession auf der individuellen, institutionellen<br />
und gesellschaftlichen Ebene zu<br />
analysieren, um die Vergeschlechtlichung von<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
141
Arbeit und geschlechterdifferenzierte Zuschreibungen<br />
zu verdeutlichen;<br />
• professionsbezogene Kommunikations- und<br />
Interaktionsprozesse sowie geschlechtsbezogene<br />
Wahrnehmungen zu thematisieren,<br />
damit Konstruktionsprozesse von Geschlecht in<br />
den Bildungswissenschaften und in<br />
Fachdisziplinen wissenschaftskritisch reflektiert<br />
werden können;<br />
• Gender-Aspekte als Querschnittsthema in<br />
bestehende Studienfächer aufzunehmen und<br />
die Verankerung eigenständiger Module/Modulbestandteile<br />
zu Gender-Aspekten zu<br />
fördern.<br />
In der Weiterqualifizierung für Lehrende sind<br />
Angebote zu machen<br />
• zum aktuellen Stand der Frauen- und Geschlechterforschung;<br />
• in der Hochschuldidaktik, zur Sensibilisierung<br />
der Lehrenden in Bezug auf die Umsetzung<br />
einer geschlechtssensiblen Lehre;<br />
• zur Vermeidung impliziter Diskriminierung<br />
aufgrund von Geschlecht.<br />
In der Betreuung und Beratung der Studierenden<br />
ist darauf hinzuwirken, dass<br />
• die Geschlechterdifferenzen in der Berufspraxis<br />
an Schulen thematisiert werden,<br />
• eine systematische, geschlechtsdifferenzierende<br />
Beobachtung des Arbeitsmarktes und<br />
eine Berücksichtigung dieser Erkenntnisse sowohl<br />
bei der Studienberatung als auch bei der<br />
Ausgestaltung der Curricula etabliert wird,<br />
• Mentoring-Programme für das im jeweiligen<br />
Feld marginalisierte Geschlecht und in<br />
einzelnen Lehramtsausbildungen Maßnahmen<br />
zur Erhöhung des Männeranteils aufgelegt werden.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Kultusministerien auf,<br />
Genderkompetenz als Schlüsselqualifikation in<br />
Standards, Rahmenvereinbarungen, Gesetzen,<br />
Verordnungen und Erlassen zur Lehramtsausbildung<br />
zu verankern.<br />
Mit den Standards für Lehrer_innenbildung in<br />
den Bildungswissenschaften der KMK (2004) ist<br />
ein Rahmen dafür gegeben. Darin ist festgelegt,<br />
dass Lehramts-Absolvent_innen „die Bedeutung<br />
geschlechtsspezifischer Einflüsse auf<br />
Bildungs- und Erziehungsprozesse“ und „pädagogische,<br />
soziologische und psychologische<br />
Theorien der Entwicklung und Sozialisation von<br />
Kindern und Jugendlichen“ kennen sollen. Des<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
142
Weiteren sollen sie „ihre persönlichen berufsbezogenen<br />
Wertvorstellungen und Einstellungen“<br />
reflektieren können. Insbesondere Reflexionsfähigkeit<br />
bezüglich Bildungs- und Erziehungsprozessen,<br />
aber auch -theorien, wird in<br />
den Standards mehrfach ein hoher Stellenwert<br />
zugesprochen, ebenso der Auseinandersetzung<br />
mit individuellen Lernprozessen und -voraussetzungen<br />
der Schüler_innen. Insgesamt zielen<br />
die inhaltlichen Anforderungen der KMK darauf,<br />
jeweilige Fächer entsprechend der heterogenen<br />
Voraussetzungen der Schüler_innen zu<br />
vermitteln und den Unterricht motivierend und<br />
lernfördernd gestalten zu können.<br />
Zu den Regelwerken, die um Genderkompetenz<br />
ergänzt werden müssen, gehören u.a.<br />
• KMK-Standards für die Lehrerbildung:<br />
Bildungswissenschaften,<br />
• Rahmenvereinbarungen der KMK über die<br />
Ausbildung und Prüfung für die unterschiedlichen<br />
Lehrämter,<br />
• Ländergemeinsame inhaltliche Anforderungen<br />
für die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken<br />
in der Lehrerbildung,<br />
• Empfehlungen zur interkulturellen Bildung<br />
und Erziehung in der Schule,<br />
• Landesgesetze und Rahmenordnungen für<br />
die Ausbildung und Prüfung von Lehrkräften.<br />
Genderkompetenz ist eine zentrale Schlüsselqualifikation<br />
für Lehrerinnen und Lehrer bei<br />
der Bewältigung sozialer und beruflicher Anforderungen,<br />
um das eigene Handeln reflektieren<br />
und kritisch befragen zu können. Sie umfasst<br />
das Wissen um kulturell/sozial bedingte<br />
und stereotypisierende Vorstellungen, über<br />
Verhalten und Einstellungen von Frauen und<br />
Männern sowie die Fähigkeit so damit umgehen<br />
zu können, dass allen Menschen vielfältige<br />
Entwicklungsmöglichkeiten jenseits von Geschlechterrollen<br />
eröffnet werden. Damit hat<br />
Genderkompetenz eine Schlüsselrolle, weil Geschlecht<br />
und damit verbundene Rollen, Aufgaben<br />
und Zuschreibungen nicht naturgegeben<br />
sind, sondern sozial konstruiert wird. Individuelle<br />
und gesellschaftliche Prozesse spielen dabei<br />
eine Rolle. Genderkompetenz ist als<br />
übergreifendes und grundlegendes Wissen aufzufassen,<br />
das Handlungsmöglichkeiten und<br />
Bewusstsein hervorbringt, um Einschränkungen<br />
aufgrund von Geschlecht abbauen zu können<br />
und somit individuelle Bedürfnisse zu erkennen<br />
und Chancen zu ermöglichen.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
143
Genderkompetenz als Reflexionskompetenz für<br />
pädagogisches Personal setzt sich zusammen<br />
aus der Motivation, sich für Gleichstellung zu<br />
engagieren und zum Abbau von Geschlechterhierarchien<br />
beizutragen, dem theoretischen,<br />
wissenschaftlichen und historischen Wissen<br />
über Geschlecht, der Kenntnis von methodischen<br />
und didaktischen Wegen zur Umsetzung.<br />
Begründung<br />
Die Relevanz von Genderkompetenz liegt darin<br />
begründet, dass unsere Gesellschaft durch das<br />
System der Zweigeschlechtlichkeit geprägt ist<br />
und Schule als Institution innerhalb dieser Gesellschaft<br />
nicht davon losgelöst ist. <strong>Das</strong> System<br />
Schule produziert Hierarchien und damit Ungleichheiten<br />
zwischen den Geschlechtern. Da<br />
im Handeln Geschlecht hergestellt wird, ist professionelles<br />
Lehrer_innenhandeln und Unterricht<br />
als interaktiver Prozess davon ebenfalls<br />
nicht frei. Geschlechter-Wissen wird über Sozialisationsprozesse<br />
bereitgestellt und die Beziehung<br />
zwischen Lehrkräften und Schüler_innen<br />
ist auch durch Erziehung und damit Sozialisation<br />
geprägt. Der Anspruch an professionelles<br />
Lehrer_innenhandeln ist die Entwicklung von<br />
selbstbestimmtem, selbstverantwortlichem<br />
Handeln und Lernen aller Schüler_innen zu gewährleisten.<br />
Um dies auch trotz des Einflusses<br />
von Geschlecht als struktur- und handlungsbestimmend<br />
zu ermöglichen, bedarf es der<br />
Genderkompetenz in der Profession der<br />
Lehrkräfte.<br />
Die Bundesländer haben die Aufgabe in Gesetzen,<br />
Verordnungen und Erlassen den Rahmen<br />
für geschlechtersensible Bildung und für die<br />
Genderkompetenz der Lehrkräfte zu regeln.<br />
Den Hochschulen obliegt es dafür zu sorgen,<br />
dass die Geschlechterforschung Eingang in die<br />
Studiengänge findet. Die Arbeitstagung der<br />
<strong>GEW</strong> „Lehrerinnen- und Lehrerbildung auf dem<br />
Prüfstand“ am 9./10. November 2012 hat<br />
Genderkompetenz als Schlüsselqualifikation<br />
für den Lehrer_innenberuf diskutiert und<br />
festgestellt, dass sie in den bildungswissenschaftlichen<br />
Inhalten des Studiums, den<br />
jeweiligen Fächern und in eigenen Modulen<br />
vermittelt werden muss. Da die Praxisphasen<br />
vor und während dem Studium zugenommen<br />
haben, spielt die Verzahnung von Schule und<br />
Studium, Praxis und Theorie eine besondere<br />
Rolle. Unabdingbar ist die Fortbildung der Lehrenden.<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
144
In neun Bundesländern fehlen Aussagen über<br />
die Integration von Geschlechteraspekten in<br />
der ersten und zweiten Phase der Lehrer_innenbildung,<br />
nämlich in Bayern, Berlin, Brandenburg,<br />
Bremen, Hamburg, NRW, Rheinland-<br />
Pfalz, Saarland und Sachsen.<br />
Eine Gruppe von Bundesländern geht lediglich<br />
für das Studium auf geschlechtersensible<br />
Bildung ein – Baden-Württemberg, Schleswig-<br />
Holstein, Thüringen. Baden-Württemberg verlangt<br />
zahlreiche Studieninhalte zur Heterogenität.<br />
Schleswig-Holstein verweist lediglich auf einen<br />
Wahlpflichtbereich Philosophie/Soziologie,<br />
Thüringen sieht es als grundlegende wissenschaftliche<br />
Kompetenz der Bildungswissenschaften<br />
für das Lehramt an Gymnasien und<br />
Regelschulen an, Heterogenität in ihren unterschiedlichen<br />
Dimensionen u.a. hinsichtlich des<br />
Geschlechts zu analysieren und exemplarisch<br />
schulische Handlungsstrategien zu entwickeln.<br />
Eine zweite Gruppe von Bundesländern legt<br />
den Schwerpunkt der geschlechtersensiblen<br />
Bildung in den Vorbereitungsdienst. In Bayern,<br />
Niedersachsen, NRW und Sachsen-Anhalt gibt<br />
es nur wenige Bezugnahmen, Hessen schreibt<br />
für alle Lehramtstypen in diversen Modulen<br />
beispielsweise fachbezogene Diagnose und<br />
Förderkonzepte oder auch als Erziehungsaufgabe<br />
fest.<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
145
3.11 Inklusion in Tageseinrichtungen für<br />
Kinder<br />
Antragsteller: BFGA Sozialpädagogische<br />
Berufe<br />
Mit dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention<br />
(Übereinkommen über die<br />
Rechte von Menschen mit Behinderungen –<br />
UN-BRK) am 26. März 2009 ist in Deutschland<br />
eine neue Entwicklung eingeleitet worden. Die<br />
Ansprüche von Menschen mit Behinderungen<br />
auf umfassende Teilhabe werden als allgemeines<br />
Menschenrecht begriffen und lösen unmittelbar<br />
staatliche Verpflichtungen aus. Es geht<br />
um den Abbau von Barrieren zur gleichberechtigten<br />
Teilhabe aller Menschen in allen Lebensbereichen,<br />
vor allem an Bildung, Erziehung und<br />
Betreuung. Die UN-BRK fußt auf der Allgemeinen<br />
Erklärung der Menschenrechte: „Alle Menschen<br />
sind frei und gleich an Würde und Rechten<br />
geboren.“ Die Achtung vor diesen Rechten<br />
und Freiheiten ist „durch Unterricht und Erziehung“<br />
zu fördern. Der Anspruch auf "Inklusion"<br />
fokussiert in besonderer Weise Menschen mit<br />
Behinderungen. In der Entwicklung des<br />
Bildungswesens und der Jugendhilfe führt er<br />
die Konzepte der Integration fort. Dabei wird<br />
besonders die gesellschaftliche Dimension betont.<br />
Es geht nicht um die Hereinnahme von als<br />
„behindert“ diagnostizierten Menschen in<br />
Kindertageseinrichtungen und Schulen,<br />
sondern um die Gestaltung eines Bildungswesens,<br />
an dem alle barrierefrei teilhaben können.<br />
Inklusion achtet die individuellen Rechte<br />
und Freiheiten eines jeden Menschen und<br />
fördert dessen Einzigartigkeit in allen Bereichen<br />
der Gesellschaft. Um dies zu realisieren, sind<br />
insbesondere im Bildungswesen „angemessene<br />
Vorkehrungen“ (UN-BRK, Art. 24, Abs. c) zu<br />
treffen. Inklusion stellt Pädagoginnen und<br />
Pädagogen in allen Bereichen von Bildung und<br />
Erziehung vor neue Herausforderungen.<br />
Gleichberechtigte Teilhabe zu gewährleisten ist<br />
vor allem eine politische Aufgabe, die im<br />
Gemeinwesen durch kommunale Steuerung<br />
und Vernetzung aller Institutionen angegangen<br />
werden muss.<br />
Zur Umsetzung der UN-BRK in Tageseinrichtungen<br />
für Kinder beschließt der<br />
Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong>:<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgenden Änderungen:<br />
Annahme der Zeile 45 – 47 und 59 – 189.<br />
Die Zeilen 1 - 43 werden Begründung.<br />
Die Zeilen 49 - 58 werden an den Hauptvorstand<br />
überwiesen.<br />
Redaktionelle Änderungen in den Zeilen 63 und<br />
133:<br />
- der freie Zugang zur wohnortnahen Kindertageseinrichtung<br />
für alle Kinder gesichert ist.<br />
(Zeile 63)<br />
- die Finanzierung von Kindertageseinrichtungen<br />
für alle Kinder gesichert ist. (Zeile 133)<br />
146
• Die <strong>GEW</strong> gibt ein Gutachten zur Neureglung<br />
der Finanzierung von Kindertageseinrichtungen<br />
in Auftrag. Darin werden auch Modelle<br />
trägerübergreifender und sozialräumlicher Finanzierung<br />
geprüft.<br />
• Die <strong>GEW</strong> setzt ihre Beratung der Praxis<br />
durch die Herausgabe von Handreichungen<br />
zum Index für Inklusion fort.<br />
• Die <strong>GEW</strong> bietet verstärkt berufsfachliche<br />
Fortbildungen zu „Inklusion“ an.<br />
• Die <strong>GEW</strong> intensiviert ihre politische Arbeit<br />
zur Umsetzung von Inklusion. Im Einzelnen<br />
wirkt die <strong>GEW</strong> daraufhin, dass:<br />
- der freie Zugang zur wohnortnahen Tageseinrichtung<br />
für Kinder für alle Kinder gesichert<br />
ist.<br />
Der Rechtsanspruch für einen Kita-Platz gilt ab<br />
dem 1. August 2013 für alle Kinder ab dem ersten<br />
Lebensjahr. Eltern haben das Recht, die für<br />
ihr Kind geeignete Tageseinrichtung für Kinder<br />
frei zu wählen. Die Einschränkungen in SGB VIII<br />
und dessen Ausführungsregelungen für Kinder<br />
mit Behinderungen („sofern der Hilfebedarf<br />
dies zulässt“, §22a, Abs. 4) sind aufzuheben.<br />
Sondereinrichtungen und Kindergärten für Kinder<br />
mit Behinderungen, die der Behindertenhilfe<br />
bzw. dem Schulwesen zugeordnet sind,<br />
sind in wohnortnahe Regeleinrichtungen der<br />
Jugendhilfe umzuwandeln. Die Überleitung in<br />
die allgemeinen Strukturen des Elementarbereichs<br />
muss unter vollständiger Wahrung der<br />
Arbeitnehmerrechte der Beschäftigten vorgenommen<br />
werden.<br />
- Angebote der Frühförderung in Regelstrukturen<br />
eingebunden werden.<br />
Für den Bildungsweg von Kindern mit Entwicklungsrisiken<br />
und (drohenden) Behinderungen<br />
werden schon in frühen Jahren Weichen gestellt.<br />
Frühförderung als Komplexleistung kann,<br />
sofern sie sich als Teil eines inklusiven Systems<br />
versteht, die Erziehung, Bildung und Betreuung<br />
dieser Kinder unterstützen. Dabei darf der<br />
Fokus allerdings nicht auf den Defiziten des Kindes<br />
und seiner Sorgeberechtigten liegen,<br />
sondern muss vielmehr deren Stärken und<br />
Ressourcen im Blick haben. Die Frühförderung<br />
muss sich stärker als ein auf Inklusion orientiertes<br />
Beratungsangebot für Familien verstehen.<br />
Die Beratung der Eltern muss möglichst früh<br />
ansetzen, damit alle Kinder von dem Besuch einer<br />
Tageseinrichtung für Kinder profitieren. Die<br />
Frühförderung muss sich als wohnortnahes<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
147
Angebot in die Regelstrukturen des Elementarbereichs<br />
einbinden.<br />
- Profession, Qualifikation und Kooperation<br />
für Inklusion im multiprofessionellen Team<br />
implementiert ist.<br />
Kindertageseinrichtungen müssen ein neues<br />
Verständnis von Profession entwickeln. In der<br />
Ausbildung von Fachkräften für Tageseinrichtungen<br />
für Kinder (Erzieher/innen, Kindheitspädagog/innen)<br />
muss das Thema „Inklusion<br />
“ als Querschnittsthema verbindlich verankert<br />
werden. Inklusion muss Gegenstand Allgemeiner<br />
Pädagogik werden. Alle Pädagoginnen und<br />
Pädagogen brauchen Handlungskompetenzen<br />
für eine „Pädagogik der Vielfalt“. Inklusion verlangt<br />
eine Haltung hoher Empathie für jedes<br />
Kind, der Wertschätzung seiner Einzigartigkeit<br />
und des Respekts vor Differenz. Zu den „angemessenen<br />
Vorkehrungen“ der Inklusion<br />
gehören „multiprofessionelle Teams“ aus unterschiedlichen<br />
pädagogischen Berufen. Zu<br />
jedem Kita-Team gehören heilpädagogisch<br />
qualifizierte Fachkräfte. Deren Aufgabe ist neben<br />
der individuellen Unterstützung einzelner<br />
Kinder vor allem die Prozessbegleitung inklusiver<br />
Strukturen und Kulturen in der Einrichtung.<br />
<strong>Das</strong> Kita-Team kooperiert zur sonderpädagogischen<br />
und therapeutischen Unterstützung<br />
mit weiteren, externen Fachkräften und Diensten.<br />
- die Finanzierung von Tageseinrichtungen<br />
für Kinder für alle Kinder gesichert ist.<br />
Damit der Besuch einer Kindertageseinrichtung<br />
für jedes Kind möglich wird, sind die Finanzierungsregelungen<br />
für Kinder mit besonderem<br />
Unterstützungsbedarf im SGB VIII und dessen<br />
Ausführungsgesetzen zusammenfassend und<br />
einheitlich zu regeln. Die zersplitterten und<br />
unübersichtlichen Zuständigkeitsregelungen<br />
der unterschiedlichen Sozialleistungsträger sind<br />
zu beenden. Die Konstruktion der „Eingliederungshilfe“<br />
ist zu einem System von Rechtsansprüchen<br />
auf Beratung und Unterstützung umzuwandeln.<br />
Die bisherigen Leistungen, die an<br />
die individuelle Antragstellung gebunden sind,<br />
müssen den Regeleinrichtungen verfügbar<br />
gemacht werden. Die Finanzierung muss dem<br />
Abbau von Barrieren dienen und die Ressourcen<br />
für „angemessene Vorkehrungen“ bereitstellen<br />
- Fachberatung und Coaching weiterentwickelt<br />
und gesichert werden.<br />
Jedes Kita-Team muss in der Entwicklung seiner<br />
inklusiven Praxis zum Abbau von Barrieren für<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
148
Spiel, Lernen und Partizipation die Möglichkeit<br />
fachlicher Beratung haben. Die Beratung bezieht<br />
sich sowohl auf Organisations- und Prozessbegleitung<br />
als auch auf die Reflexion der<br />
pädagogischen Praxis. Auch die Fachberater/innen<br />
selbst haben Bedarf und Anspruch auf<br />
Qualifizierung. Deren Träger müssen gewährleisten,<br />
dass die Fachberatung in der Lage<br />
ist, die Prozesse von Inklusion sowohl in der<br />
Pädagogik als auch in den Institutionen und<br />
den Netzwerken des Sozialraums zu begleiten.<br />
- der Übergang von der Tageseinrichtung in<br />
die Grundschule ohne Stigmatisierung gelingt.<br />
Für die Vorbereitung des Übergangs von der<br />
Kindertageseinrichtung in die Grundschule sind<br />
angemessene Vorkehrungen zu treffen. Eine<br />
Aussonderung von Kindern in dieser Phase des<br />
Bildungsverlaufs widerspricht dem Anspruch<br />
des Kindes auf uneingeschränkte Teilhabe. Der<br />
Übergang muss ohne Stigmatisierung gelingen.<br />
Hierzu ist eine enge Zusammenarbeit zwischen<br />
Eltern, Tageseinrichtung und Schule erforderlich.<br />
Für den Übergang eventuell notwendige<br />
Diagnostikverfahren müssen so gestaltet werden,<br />
dass sie Kinder nicht beschämen, sondern<br />
ihre Stärken und Entwicklungschancen betonen.<br />
Sie sollen im gewohnten Umfeld des Kindes<br />
durchgeführt werden. Nicht das Kind muss<br />
beweisen, dass es schulfähig ist, sondern die<br />
Schule muss Maßnahmen ergreifen, die geeignet<br />
sind, jedes Kind aufzunehmen. Alle Konzepte<br />
und Programme des Überganges gelten<br />
uneingeschränkt für alle Kinder.<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
149
3.12 Auf dem Weg zu einem inklusiven<br />
Schulsystem<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Empfehlung wird nachgereicht<br />
Grundsätze<br />
1. Die <strong>GEW</strong> geht von einem umfassenden<br />
Verständnis von Inklusion aus. Danach hat<br />
jeder Mensch das Recht und erhält die Möglichkeit,<br />
sich vollständig und gleichberechtigt an<br />
allen gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen<br />
– und zwar von Anfang an und unabhängig<br />
von individuellen Fähigkeiten,<br />
kultureller, ethnischer wie sozialer Herkunft,<br />
Geschlecht oder Alter.<br />
2. Inklusion ist ein Auftrag für die gesamte<br />
Gesellschaft und ihre Einrichtungen auf allen<br />
Ebenen. Für das alltägliche Leben der Menschen<br />
ist die kommunale Ebene entscheidend.<br />
Besonders bedeutsam sind dabei die Bildungseinrichtungen,<br />
die inklusive Strukturen und<br />
Lernsettings, aber auch eine inklusive Pädagogik<br />
entwickeln müssen.<br />
3. Eine Verengung von Inklusion auf Menschen<br />
mit Behinderungen und Beeinträchtigungen<br />
lehnt die <strong>GEW</strong> ab, aber sie betont andererseits<br />
die Wichtigkeit von Inklusion gerade für<br />
diese Gruppe.<br />
4. Für eine inklusive Gesellschaft sind inklusive<br />
Schulen von zentraler Bedeutung. Die<br />
inklusive Schule ist Eine Schule für Alle bis zum<br />
Ende der Pflichtschulzeit. In einer inklusiven<br />
Schule sind alle Kinder und Jugendlichen willkommen<br />
- unabhängig von ihrem Geschlecht,<br />
ihren individuellen Fähigkeiten oder Beeinträchtigungen,<br />
von ihrer kulturellen, ethnischen<br />
wie sozialen Herkunft.<br />
5. Die Schaffung eines inklusiven Schulsystems<br />
ist aus Sicht der <strong>GEW</strong> ein Gebot der<br />
Humanität und gesellschaftspolitischen Vernunft,<br />
auch wenn die selektive Ausrichtung<br />
des traditionellen deutschen Schulwesens dazu<br />
im Widerspruch steht und vor allem für die<br />
Schulen und das pädagogische Personal damit<br />
erhebliche Schwierigkeiten und Herausforderungen<br />
verbunden sind.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Kritik aktueller Entwicklungen<br />
6. Die <strong>GEW</strong> kritisiert, dass die Umsetzung<br />
der UN-Behindertenrechtskonvention in den<br />
150
meisten Bundesländern im Schulbereich nur<br />
sehr schleppend vorangeht und teilweise sogar<br />
hintertrieben wird, indem Eltern auf den<br />
Rechtsweg gedrängt werden, wenn ihr Kind in<br />
einer allgemeinen Schule lernen soll. Aufs<br />
Schärfste kritisiert die <strong>GEW</strong> diejenigen Landesregierungen,<br />
die Etikettenschwindel betreiben<br />
und ihr selektives Schulsystem "inklusiv" nennen,<br />
obwohl sie bestenfalls das gemeinsame<br />
Lernen in der Primarstufe bzw. die zielgleiche<br />
Unterrichtung in der Sekundarstufe dulden<br />
oder die Einrichtung einer Sonderschulklasse in<br />
räumlicher Nähe zu einer allgemeinen Schule<br />
bereits als Inklusion ausgeben. Für <strong>GEW</strong> ist die<br />
zielgleiche Beschulung von Menschen mit Behinderungen<br />
eine selbstverständliche Aufgabe<br />
aller Schulen, aber kein ausreichender Nachweis,<br />
dass Schulen bereits inklusive Schulen<br />
sind. Von inklusiver Pädagogik kann man erst<br />
dann sprechen, wenn die zieldifferente Beschulung<br />
zur Normalität geworden ist.<br />
7. Die <strong>GEW</strong> kritisiert mit Nachdruck die<br />
vielerorts unzureichenden Rahmenbedingungen<br />
für inklusive Settings sowie alle Versuche,<br />
Inklusion kostenneutral zu versuchen oder<br />
sogar zu Einsparzwecken zu missbrauchen. Besonders<br />
verwerflich ist, wenn durch unzureichende<br />
Rahmenbedingungen in den Regelschulen<br />
der "Elternwille" in Richtung Sonderschule<br />
gelenkt wird. So lange Förder-/Sonderschulen<br />
und allgemeine Schulen parallel angeboten<br />
werden, sind höhere Kosten unausweichlich.<br />
Landesregierungen, die dies durch<br />
eine schlechte Ausstattung der allgemeinen<br />
Schulen umgehen, handeln gegen die UN-Konvention<br />
und die Interessen der jungen Menschen<br />
mit Behinderungen.<br />
8. Die <strong>GEW</strong> kritisiert, dass sich die Kultusministerkonferenz<br />
(KMK) nicht auf ein umfassendes<br />
Verständnis von Inklusion verständigen<br />
konnte. Die Folge sind völlig ungleiche Entwicklungen<br />
in den einzelnen Bundesländern sowie<br />
die fälschliche Verwendung des Begriffes "Inklusion".<br />
Auftrag und Ziel ist zwar ein "inklusives"<br />
Schulsystem, bei der praktischen Umsetzung<br />
handelt es sich in der derzeitigen Entwicklungsphase<br />
jedoch zumeist um "Integration".<br />
9. Die <strong>GEW</strong> kritisiert, dass der gemeinsame<br />
Unterricht bzw. die Integration von<br />
Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
151
vor allem als Aufgabe von Grundschulen,<br />
Hauptschulen, Sekundarstufenschulen, Integrierten<br />
Gesamtschulen und Gemeinschaftsschulen<br />
angesehen und wahrgenommen wird.<br />
<strong>Das</strong> zeigt sich besonders bei der Frage, welche<br />
Schulformen diejenigen Kinder und Jugendlichen<br />
aufnehmen sollen, die den Förderschwerpunkten<br />
Lernen, Geistige Entwicklung, Sprache<br />
und emotional-soziale Entwicklung zugewiesen<br />
sind. Realschulen und Gymnasien gelten hier<br />
als nicht zuständig. Daran zeigt sich besonders<br />
deutlich, dass Inklusion bzw. die Integration<br />
von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen<br />
das hierarchisch gegliederte deutsche<br />
Schulsystem deutlich an seine Grenzen führt.<br />
10. Die <strong>GEW</strong> hält es für ein gravierendes<br />
Versäumnis, dass Inklusion für die Studienreformmaßnahmen<br />
im Zuge des Bologna-Prozesses<br />
kein Thema war und es nunmehr eines<br />
neuerlichen Reformprozesses bedarf, um vor<br />
allem die lehrerausbildenden Studiengänge<br />
entsprechend umzugestalten.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
Forderungen<br />
11. Die <strong>GEW</strong> fordert mit Nachdruck, dass<br />
sich alle Schulen allen jungen Menschen öffnen<br />
und sich in der Perspektive zu inklusiven<br />
Schulen weiter entwickeln. Dazu gehört, dass<br />
alle Schulen zieldifferent und binnendifferenziert<br />
arbeiten. "Schwerpunktschulen für Inklusion"<br />
sind als Zielperspektive nicht akzeptabel,<br />
allenfalls als Schritt in Richtung Inklusion.<br />
12. Die Förder-/ Sonderschulen der Schwerpunkte<br />
Lernen/ Sprache/ Verhalten sollen auslaufen,<br />
indem in Zukunft dort keine Kinder<br />
mehr eingeschult werden. Regelschulen können<br />
über Verbünde mit Sonderschulen zusammenwachsen.<br />
Für die erfolgreiche gemeinsame<br />
Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit<br />
auffälligem Verhalten werden schnell erreichbare<br />
Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten<br />
sowie spezielle Qualifizierungsangebote für<br />
die Pädagog/innen benötigt.<br />
13. Die <strong>GEW</strong> bekräftigt ihre Forderung, in<br />
den Schulgesetzen die Entwicklung zu einem<br />
inklusiven Schulsystem als Staatsziel zu verankern<br />
und Aktionspläne für ihre Umsetzung<br />
gemeinsam mit allen relevanten gesellschaftlichen<br />
Gruppen zu entwickeln. In Zeit-, Personalund<br />
Ressourcenplänen ist vor allem auch dar-<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
152
zulegen, wie die Auflösung bzw. Umwidmung<br />
der Sondereinrichtungen vonstattengehen soll.<br />
Der Entwicklungsprozess ist in jedem Bundesland<br />
regelmäßig zu evaluieren.<br />
14. Bei der Überleitung des sonderpädagogisches<br />
Personals in den Bereich der allgemeinen<br />
Schulen sind die Wünsche der Sonderpädagog/innen<br />
sowohl hinsichtlich ihres<br />
Dienstortes wie auch ihres Aufgabenbereichs<br />
(Beratung, Unterricht, Leitung) zu berücksichtigen.<br />
Sonderpädagogische "Wanderarbeiter",<br />
die mit wenigen Stunden in mehr als zwei<br />
Schulen eingesetzt werden, darf es nicht geben.<br />
In Ausnahmefällen muss es deutliche<br />
Arbeitserleichterungen für die Betroffenen geben.<br />
15. <strong>Das</strong> pädagogische Personal braucht für<br />
den Paradigmenwechsel von einem selektiven<br />
zu einem inklusiven Schulwesen ein großes<br />
Maß ideeller und materieller Unterstützung<br />
und Wertschätzung durch die gesamte Gesellschaft.<br />
Es geht schließlich für alle pädagogischen<br />
Professionen darum, ein grundlegend<br />
neues Professionsverständnis zu entwickeln,<br />
das die Defizitorientierung überwindet und die<br />
individuelle (Kompetenz-) Entwicklung und das<br />
gesunde Aufwachsen der Kinder und Jugendlichen<br />
in den Mittelpunkt stellt, nicht das<br />
gleichschrittige Unterrichten von Fächern .<br />
Zudem müssen alle Verantwortlichen lernen, in<br />
multiprofessionellen Teams, die nicht nur aus<br />
Lehrer/innen, sondern auch aus Sozialpädagog/innen,<br />
Schulpsycholog/innen, medizinischem<br />
Personal und Pflegekräften, Schulberatern,<br />
Berufseinstiegsbegleitern, Künstlern,<br />
Mentor/innen und Botschafter/innen für interkulturelle<br />
Kompetenz bestehen, gemeinsam<br />
Verantwortung zu übernehmen. Die beruflichen<br />
Anforderungen und Erwartungen an die<br />
verschiedenen Professionen müssen in gemeinsamen<br />
Kommunikations- und Aushandlungsprozessen<br />
geklärt werden.<br />
16. Menschen mit Behinderungen und solche<br />
mit Einwanderungsgeschichte sollen gezielt<br />
für pädagogische Berufe geworben werden.<br />
17. Inklusive Schulen sind erfolgreich nur in<br />
einem konsequenten Schulentwicklungsprozess<br />
zu erreichen. Alle Schulentwicklungsprozesse<br />
sind deshalb unter der Zielperspektive Inklusion<br />
anzulegen. Die <strong>GEW</strong> fordert systematische<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
153
und verpflichtende Fortbildungsangebote für<br />
Lehrerinnen und Lehrer sowie ausreichende<br />
Ressourcen für Schulentwicklungsprozesse. Die<br />
Gebärdensprache sowie die Herkunftssprachen<br />
sollen im Fächerkanon der allgemeinbildenden<br />
Schulen den Rang einer Fremdsprache erhalten<br />
und in die Lehrerbildung aufgenommen werden.<br />
18. In Anbetracht der Vielfalt an unseren<br />
Schulen fordert die <strong>GEW</strong> die Vermittlung interkultureller<br />
Kompetenz als Pflichtbestandteil<br />
in die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrer/innen<br />
aufzunehmen.<br />
19. Die Aktualisierung von Schulbüchern<br />
und pädagogischen Unterrichtsmaterialien hinsichtlich<br />
der Darstellung von Vielfalt und Inklusion<br />
ist dringend nötig.<br />
20. Die <strong>GEW</strong> verlangt, dass die sächliche<br />
und personelle Ausstattung von Schulen, die<br />
sich Richtung Inklusion entwickeln, an den Bedürfnissen<br />
aller Kinder und Jugendlichen ausgerichtet<br />
wird. Schulen müssen so ausgestattet<br />
sein, dass die Arbeit in multiprofessionellen<br />
Teams ermöglicht wird. Insbesondere sind hier<br />
auch die Schulträger gefragt, die baulich für<br />
eine behindertengerechte Ausstattung der<br />
Schulen und für die Bereitstellung der notwendigen<br />
Hilfsmittel zuständig sind. Mobile Unterstützungsdienste<br />
(z. B. "Zentren für unterstützende<br />
Pädagogik") sollen im Bereich der<br />
Regelschulen angesiedelt werden. Dazu<br />
gehören auch Mentor/innen und Botschafter/<br />
innen für interkulturelle Kompetenz und interkulturelle<br />
Öffnung.<br />
21. Die <strong>GEW</strong> setzt sich für eine pauschale<br />
Ressourcenzuweisung ein, die die multiprofessionellen<br />
Bedarfe und den Sozialindex des<br />
schulischen Umfelds berücksichtigt. Voraussetzung<br />
ist allerdings der Nachweis, dass damit<br />
keine Verschlechterung für die bisherige Integrationsarbeit<br />
("Inklusion light") oder eine<br />
Kürzung der Gesamtmittel für Inklusion/ Integration<br />
verbunden ist.<br />
22. Eine Ressourcenzuweisung auf Grund<br />
einer speziellen Zuschreibungsdiagnostik hält<br />
die <strong>GEW</strong> wegen des Etikettierungsdilemmas<br />
und der Gefahr der schulinternen Separierung<br />
im Grundsatz nicht für sinnvoll. Wo der<br />
Ressourcenbedarf jedoch auf dieser Grundlage<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
265<br />
154
ermittelt wird und "Integrationsklassen" gebildet<br />
werden, verlangt die <strong>GEW</strong> eine personelle<br />
Doppelbesetzung. <strong>Das</strong> Personal zur Unterstützung<br />
von Menschen mit Behinderungen<br />
muss dabei nicht immer dem sonderpädagogischen<br />
Bereich entstammen. Je nach Bedarf<br />
werden z.B. eher Kinderkrankenpfleger/innen<br />
oder Assistenzkräfte gebraucht. Bei Doppelbesetzung<br />
muss die pädagogische Arbeit zwingend<br />
als Teamarbeit konzipiert werden.<br />
23. Die <strong>GEW</strong> hält pauschale Forderungen<br />
zur Größe von integrativen Lerngruppen nicht<br />
für ratsam. Die Gruppengröße muss ins Verhältnis<br />
zur Gesamt-Personalausstattung (Lehrer-Schüler-Verhältnis)<br />
und zur Arbeitsweise<br />
(z.B. Teamarbeit) gesetzt werden, jedoch in der<br />
Regel deutlich unterhalb des Klassenteilers<br />
liegen.<br />
24. Inklusive Pädagogik braucht eine inklusive<br />
Lehrerbildung. Die <strong>GEW</strong> fordert ein einheitliches<br />
Lehramt, das die bisherigen auf Lehrämter<br />
bezogenen Studiengänge zusammenführt.<br />
Eine Differenzierung nach Altersstufen<br />
der Schülerinnen und Schüler und nach<br />
speziellen pädagogischen Aufgaben soll erst in<br />
der Masterphase erfolgen. Inklusion ist nicht<br />
vorrangig Aufgabe der Sonderpädagogen - es<br />
geht aber nicht ohne ihre Kompetenzen. An<br />
die Stelle eines grundständigen Studiums der<br />
Sonderpädagogik soll eine entsprechende Spezialisierung<br />
in der Masterphase treten.<br />
25. Alle angehenden Lehrerinnen und Lehrer<br />
müssen sich in allen Ausbildungsphasen auf<br />
die inklusive Schule vorbereiten. <strong>Das</strong> bedeutet,<br />
sie müssen im Studium und Referendariat obligatorische<br />
Studienangebote und Lerngelegenheiten<br />
zur inklusiven Schule und Pädagogik<br />
sowie zu Grundlagen der Förderdiagnostik vorfinden<br />
und zwar sowohl in den Bildungs- und<br />
Fachwissenschaften wie auch in den<br />
Praxisphasen. Der Umgang mit Heterogenität<br />
und Vielfalt ist in den Mittelpunkt der Lehrerausbildung<br />
zu stellen. Dazu gehört auch eine<br />
grundlegende Ausbildung im Bereich der interkulturellen<br />
Bildung und Erziehung und der<br />
durchgängigen Sprachbildung für Lehrkräfte aller<br />
Schularten.<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
315<br />
26. Die KMK-Vereinbarung zur gegenseitigen<br />
Anerkennung der Abschlüsse sowie die<br />
Lehrerausbildungsgesetze der Bundesländer<br />
155
müssen im Sinne einer inklusiven Pädagogik<br />
überarbeitet werden.<br />
27. Die Kombination von Unterrichtsfächern<br />
mit einem sonderpädagogischen Schwerpunkt<br />
soll in jedem Lehramtstyp möglich sein und von<br />
allen Bundesländern anerkannt werden, auch<br />
wenn es diese Kombination nicht in jedem<br />
Bundesland gibt.<br />
28. Dienstrechtlich sind die Voraussetzungen<br />
zu schaffen, dass Lehrer/innen mit dem<br />
Lehramt der Sonderpädagogik auch Zugang zu<br />
Beförderungsstellen an allgemeinbildenden<br />
Schulen haben. Studienreferendare für das<br />
Lehramt der Sonderpädagogik sollen auch an<br />
allgemeinbildenden Schulen ihren Vorbereitungsdienst<br />
absolvieren können.<br />
29. Die inklusive Schule verträgt keine unterschiedliche<br />
Bezahlung nach Lehramtstypen. Um<br />
Professionskonkurrenzen zu entgehen, fordert<br />
die <strong>GEW</strong> eine einheitliche Bezahlung für alle<br />
Lehrertätigkeiten auf der Basis von A 13/E 13.<br />
320<br />
325<br />
330<br />
335<br />
340<br />
156
3.13 Universalisierung des Inklusions-<br />
Begriffs<br />
Antragsteller: BA Multikulturelle<br />
Angelegenheiten<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Empfehlung wird nachgereicht<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich für die Universalisierung des<br />
Inklusions-Begriffs ein:<br />
keine Engführung auf die Integration Behinderter,<br />
vielmehr gleichberechtigte gesellschaftliche<br />
Teilhabe aller von Anfang an und "Schule für<br />
alle".<br />
Begründung<br />
Inklusion im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention<br />
von 2006 (in Deutschland seit 2009<br />
in Kraft) fordert letztlich gleiche gesellschaftliche<br />
Teilhabe für alle Menschen. Denn "Inklusion"<br />
nur einiger Menschen ist ein Widerspruch<br />
in sich.<br />
Grundsatz der inklusiven Pädagogik ist vielmehr<br />
die Wertschätzung der gesellschaftlichen<br />
Vielfalt in Erziehung und Bildung. Separierung<br />
ist damit nicht vereinbar.<br />
<strong>Das</strong>s "Inklusion" von Behinderten mittlerweile<br />
in der öffentlichen Diskussion als nötig anerkannt<br />
wird, ist gut, reicht aber nicht aus.<br />
Die Benachteiligung von Menschen mit<br />
Einwanderungsgeschichte und mit nicht-deutscher<br />
Familiensprache etwa ist wissenschaftlich<br />
belegt. Sie sind z. B an "Förderschulen" überrepräsentiert,<br />
obgleich die Ursache für mangelnden<br />
Schulerfolg häufig die zu geringe Kompetenz<br />
in deutscher Sprache ist. Deren Beseitigung<br />
aber ist nicht nur eine individuelle Aufgabe,<br />
sondern die einer Didaktik und Pädagogik,<br />
die es als ihre Aufgabe sehen, "den individuellen<br />
Bedürfnissen aller zu entsprechen."<br />
* Eine solche inklusive Bildung verlangt<br />
eine "Schule für alle" statt des hergebrachten<br />
gegliederten Schulsystems.<br />
Wegen der voraussehbaren Herausforderungen<br />
und Schwierigkeiten auf dem Weg dorthin wird<br />
sie häufig als Utopie bezeichnet. Dem ist zum<br />
einen zu entgegnen, dass Utopie (griech. Nicht-<br />
Ort) im Sinn eines Noch-nicht-Orts, einer<br />
Zielidee, die Voraussetzung von Fortschritt ist,<br />
und zum anderen, dass z.B. in skandinavischen<br />
Ländern bereits erfolgreiche Realisierungsmöglichkeiten<br />
praktiziert werden.<br />
Anmerkungen<br />
* Vgl. den in der Tendenz universalen Inklusions-Begriff<br />
im "Handlexikon der Behinderten-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
157
pädagogik" (2006):<br />
Andreas Hinz definiert ihn dort als<br />
"...allgemeinpädagogische[n] Ansatz, der … sich<br />
gegen jede gesellschaftliche Marginalisierung<br />
wendet und somit allen Menschen das gleiche<br />
volle Recht auf individuelle Entwicklung und soziale<br />
Teilhabe ungeachtet ihrer persönlichen<br />
Unterstützungsbedürfnisse zugesichert sehen<br />
will. Für den Bildungsbereich bedeutet dies einen<br />
uneingeschränkten Zugang und die<br />
unbedingte Zugehörigkeit zu allgemeinen<br />
Kindergärten und Schulen des sozialen Umfeldes,<br />
die vor der Aufgabe stehen, den individuellen<br />
Bedürfnissen aller zu entsprechen - und<br />
damit wird dem Verständnis der Inklusion entsprechend<br />
jeder Mensch als selbstverständliches<br />
Mitglied der Gemeinschaft anerkannt."<br />
(Andreas Hinz in: Bleidick u. a (Hrsg.),<br />
Handlexikon der Behindertenpädagogik.<br />
Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2006, S. 97–99 -<br />
gefunden in http://de.wikipedia.org/wiki/Inklusion_%28P%C3%A4dagogik%29#cite_note-5)<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
158
3.14 Inklusion – ein nicht umkehrbarer<br />
Weg<br />
- Erfahrungen aus Bremer Schulen nutzen -<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Empfehlung wird nachgereicht<br />
Antragsteller: LV Bremen<br />
"Inklusion als Prozess oder besser als politisches<br />
und pädagogisches Handeln mit gesellschaftlicher<br />
Bedeutung setzt den Willen, die<br />
Bereitschaft dazu voraus."<br />
Diesen Willen hat die <strong>GEW</strong> mit ihren Beschlüssen<br />
des Bundesgewerkschaftstages 2009 in<br />
Nürnberg deutlich bekundet:<br />
• Eindeutiger, gesetzlich verankerter Vorrang<br />
des Gemeinsamen Unterrichts (GU) vor der separierenden<br />
Unterrichtung.<br />
• Jedes Kind und jeder Jugendlicher hat einen<br />
gesetzlichen Anspruch auf gemeinsamen<br />
Unterricht in einer wohnortnahen Schule.<br />
Haushaltsvorbehalte, sächlich oder personell,<br />
dürfen dieses Recht nicht einschränken. Der<br />
Schulträger hat dafür die Voraussetzungen zu<br />
schaffen.<br />
• Ausreichende sonderpädagogische, sozialpädagogische<br />
und pflegerische Ressourcenzuteilung<br />
an allen Regelschulen.<br />
• Inklusions-/Integrationsfähigkeit von Regelschulen<br />
als vorrangiges Qualitätsmerkmal bei<br />
der Qualitätsüberprüfung und -beratung.<br />
• Gezielte Aus- und Fortbildungsangebote für<br />
Regel- und Förderschullehrkräfte in Integrations-/<br />
Inklusionspädagogik.<br />
Die <strong>GEW</strong> stellt fest, dass dem politischen Willen<br />
für ein inklusives Bildungssystem auch die Bereitstellung<br />
der erforderlichen Strukturen und<br />
Ressourcen folgen muss. Deshalb halten wir<br />
neben den obigen zentralen Forderungen<br />
folgende weiteren Maßnahmen für vordringlich:<br />
• Der Aufbau eines inklusiven Bildungsangebots<br />
ist eine Aufgabe, der sich alle Schulen in<br />
allen Schulstufen und allen Bundesländern zu<br />
stellen haben.<br />
• Der Weg zu einem inklusiven Bildungswesen<br />
muss verbunden sein mit konkreten Schritten<br />
zur Überwindung der Mehrgliederigkeit des<br />
deutschen Schulsystems. Im Ergebnis einer<br />
konsequent durchgeführten Inklusion kann es<br />
nur "Eine Schule für alle" geben. Jede Schule<br />
wird inklusive Schule, jede Klasse wird inklusive<br />
Klasse, jedes Kind ist – Kind.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
159
• Es ist mit geeigneten Steuerungsmaßnahmen<br />
sicherzustellen, dass alle Schulen eine ausreichende<br />
leistungsmäßige und soziale<br />
Durchmischung aufweisen. Hierzu sind bestehende<br />
Regelungen, die der sozialen Entmischung<br />
Vorschub leisten, zu korrigieren.<br />
• Für die Schaffung eines inklusiven Bildungssystems<br />
ist die Bereitstellung von zusätzlichen<br />
Ressourcen unabdingbar. "Schuldenbremse"<br />
und Personal-Kürzungsquoten widersprechen<br />
dieser notwendigen Voraussetzung. Der Prozess<br />
zur inklusiven Schule bedarf einer abgesicherten<br />
Finanzplanung. Spezielle Personal- und<br />
Schulraumplanung sind dafür kurz- und mittelfristig<br />
notwendig. Die Kosten der Inklusion<br />
müssen zum Prozessbeginn berechnet und in<br />
politischen Beschlüssen abgesichert sein. Nachsteuerungen<br />
sind aufgrund der während des<br />
Prozesses sich entwickelnden Neubedarfermittlung<br />
einzuplanen.<br />
• Die Schulen brauchen eine transparente,<br />
verlässliche nach sozialstrukturellen Kriterien<br />
verteilte pauschale Zuweisung der Ressourcen.<br />
• Grundsätzlich müssen jeder Schule sowohl<br />
für die Vorbereitung als auch für die Entwicklung<br />
im Prozess die notwendigen Ressourcen<br />
zur Verfügung stehen.<br />
• Um den Prozess zum inklusiven Schulsystem<br />
zu unterstützen, zu steuern und zu evaluieren,<br />
ist eine unabhängige wissenschaftliche Begleitung<br />
erforderlich, deren Ergebnisse zu veröffentlichen<br />
sind.<br />
• Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort sind<br />
die Träger des Prozesses. Es kommt dabei darauf<br />
an, sie zu beteiligen und inhaltlich für die<br />
Inklusion zu gewinnen. Konzeptionelle Vorgaben<br />
sind während des Prozesses mit ihnen zu<br />
reflektieren und zu überarbeiten.<br />
• Alle am Inklusionsprozess beteiligten<br />
Kolleginnen und Kollegen stehen vor neuen<br />
Herausforderungen, die z.T. ihr Berufsbild<br />
grundlegend verändern. Hierfür müssen sie<br />
durch hochwertige Fort- und Weiterbildung<br />
sowie Begleitung unterstützt werden.<br />
• Den Schulen müssen für die neuen und zusätzlichen<br />
Aufgaben und die Entwicklung hin<br />
zur inklusiven Beschulung angemessene<br />
Anrechnungsstunden zur Verfügung gestellt<br />
werden.<br />
• Multiprofessionelle Teamarbeit und Kooperation<br />
auch in regionalen Netzwerken sind<br />
Grundlagen eines Unterrichts in heterogenen<br />
Lerngruppen. Hierfür wird auf unterschiedli-<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
160
chen Ebenen Zeit benötigt. Diese muss gegeben<br />
werden.<br />
• Die Ausbildung der Lehrkräfte in der 1. als<br />
auch in der 2. Phase muss dem neuen Berufsbild<br />
entsprechend verändert werden. Die<br />
Herausforderungen durch eine inklusive Pädagogik<br />
sind fachdidaktisch und erziehungswissenschaftlich<br />
zu bearbeiten. Entsprechende Veränderungen<br />
sind in den Ausbildungen der anderen<br />
beteiligten Professionen vorzunehmen.<br />
• Die inklusive Schule verträgt keine unterschiedliche<br />
Bezahlung nach Lehramtstypen.<br />
Auf den Anfang kommt es an! Gerade der Aufbau<br />
eines inklusive Schulsystems benötigt intensive<br />
Unterstützung in Form von Ressourcen<br />
sowie eine enge konzeptionelle Begleitung –<br />
auch zur Förderung seiner gesellschaftlichen<br />
Akzeptanz.<br />
Die <strong>GEW</strong> stellt fest, dass der Weg zu einem inklusiven<br />
Bildungssystem kein umkehrbarer Weg<br />
ist und fordert die dafür nötige Unterstützung<br />
durch Politik und Verwaltung für die Schulen.<br />
Begründung<br />
Der Antrag resultiert aus den ersten Erfahrungen<br />
mit der Umsetzung des Bremischen<br />
Schulgesetzes. Ausgehend von der Ratifizierung<br />
der UN-Behindertenrechtkonvention wurde in<br />
Bremen als erstem Bundesland ein Schulgesetz<br />
novelliert, mit dem die Einführung eines inklusiven<br />
Bildungssystems festgelegt wird.<br />
Gleichzeitig wurde jedoch das so genannte<br />
"Zwei-Säulen-Modell" eingeführt, das einen<br />
strukturellen Widerspruch zur Inklusion darstellt.<br />
Die Förderzentren werden schrittweise<br />
aufgelöst. Parallel dazu wird in der Stadt Bremen<br />
im Gegensatz zum Inklusionsprozess das<br />
gymnasiale Angebot ausgeweitet. Hierdurch<br />
werden Leistungsdurchmischung und soziale<br />
Durchmischung eingeschränkt, es entstehen<br />
ungünstige Lerngruppenkonstellationen.<br />
Eine Orientierung an der Bremer Machbarkeitsstudie<br />
von Klemm/Preuß-Lausitz (2009) hat<br />
sich als unzureichend erwiesen.<br />
Die chronische Unterfinanzierung des Bildungsbereichs<br />
führt dazu, dass politisch gesetzte Zielvorgaben<br />
und notwendige pädagogische Standards<br />
nicht umgesetzt werden.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
161
3.15 Inklusive Schule<br />
- Stellungnahme und Forderungen an die<br />
Politik –<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Empfehlung wird nachgereicht<br />
Antragsteller: LV Berlin<br />
"Präambel"<br />
1 Verbindliche inklusive Bildung<br />
2 Recht auf allgemeine Schule<br />
3 öffentlicher Diskurs<br />
4 Umsetzung<br />
4.1 Schulgesetzänderung<br />
4.2 Verordnungen und Rahmenlehrpläne<br />
4.3 Pädagogische Konzepte<br />
4.4 Schulentwicklung<br />
5 Qualität<br />
5.1 personelle Ressourcen<br />
5.1.1Deckelung der Stellen<br />
5.1.2Förderquoten/Zumessung<br />
5.1.3Stundenzuweisung für Integration<br />
5.1.4Frequenzen<br />
5.1.5Ressourcen der Sonderschulen<br />
5.1.6Transparentes Verteilungsverfahren<br />
5.1.7Sozialpädagogische Fachkräfte<br />
5.1.8weiteres Personal zur Unterstützung<br />
5.1.9Unterstützungssysteme<br />
5.1.10Kooperation<br />
5.1.11Vertretungen<br />
5.2 Qualifikation<br />
5.2.1Ausbildung<br />
5.2.2Fortbildung<br />
5.2.3Neueinstellungen<br />
5.3 Bauliche Maßnahmen/Sachausstattung<br />
6 Diagnostik<br />
Stellungnahme der <strong>GEW</strong> und Forderungen an<br />
die Politik<br />
Die <strong>GEW</strong> begrüßt die UN-Konvention über die<br />
Rechte von Menschen mit Behinderung, nach<br />
der Kinder und Jugendliche gleich welcher individuellen<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten und<br />
welcher Herkunft einen Rechtsanspruch auf inklusive<br />
Bildung haben. Dies entspricht langjährigen<br />
Forderungen der <strong>GEW</strong> nach einer "Schule<br />
für alle". Kinder und Jugendliche dürfen nicht<br />
mehr aufgrund von Behinderung, unterschiedlicher<br />
Bildungs- und Lernerfahrung, unterschiedlicher<br />
sozialer und ethischen Hintergründe und<br />
kognitiver Fähigkeiten separiert werden.<br />
Die bildungspolitischen Aktivitäten der Bundesländer<br />
zur Umsetzung der UN-Konvention deuten<br />
in unterschiedlicher Intensität ein Umdenken<br />
in Richtung eines inklusiven Schulsystems<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
162
an. Die <strong>GEW</strong> lehnt alle Überlegungen in Richtung<br />
Kostenneutralität als Voraussetzung des<br />
Umwandlungsprozesses ab, da unter dieser<br />
Bedingung die Einführung von Inklusion nicht<br />
umsetzbar ist.<br />
In diesem Kontext ist auch der Bund bei der<br />
Umsetzung eines inklusiven Bildungssystems<br />
mit in der Verantwortung und muss diese inhaltlich<br />
durch die KMK und finanzielle – vergleichend<br />
zum Ausbau des Ganztags – mit unterstützen.<br />
1 Verbindliche inklusive Bildung<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Umsetzung einer verbindlichen<br />
inklusiven Bildung, die jedes Kind und<br />
jede/n Jugendliche/n in seiner Unterschiedlichkeit<br />
wertschätzt und individuell fördert. In<br />
diesem Verständnis ist jedes Kind, jeder<br />
Jugendliche ein Inklusionskind. Inklusion bezieht<br />
sich auf die frühkindliche Bildung, alle<br />
allgemeinen Schulen, die Berufsbildung, die<br />
Hochschulen und den Übergang in die Arbeitswelt.<br />
Grundsätzlich gelten die Prinzipien der<br />
multiprofessionellen Versorgung, des Mit- und<br />
Voneinander Lernens und der Individualisierung<br />
von Lernprozessen.<br />
2 Recht auf allgemeine Schule<br />
Jedes Kind und jede/r Jugendliche erhält das<br />
uneingeschränkte Recht, die allgemeine Schule<br />
in Wohnortnähe zu besuchen.<br />
Dabei muss dem Anspruch der Schülerinnen<br />
auf "angemessene Vorkehrungen" zur<br />
bestmöglichen Förderung im allgemeinen<br />
Schulsystem entsprochen werden ("Herstellungsanspruch").<br />
3 Öffentlicher Diskurs<br />
Über die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention<br />
muss ein öffentlicher Diskurs<br />
organisiert werden, um Partizipation und<br />
Einfluss aller Beteiligten zu ermöglichen. Nur so<br />
kann auch die notwendige Bewusstseinsbildung<br />
gewährleistet werden, die einen<br />
Wandel vom selektiven zum inklusiven Denken<br />
und Handeln ermöglicht. Dieser Paradigmenwechsel<br />
ist eine wesentliche Voraussetzung<br />
für das Gelingen von Inklusion.<br />
Der Auftrag zur öffentlichen Werbung und<br />
Bewusstseinsbildung wird zurzeit noch nicht<br />
erfüllt. Wir fordern hier mehr Initiative und Einsatz<br />
durch die Kultusministerien.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
163
4 Umsetzung<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Kultusministerien auf, die<br />
UN-Konvention über die Rechte von Menschen<br />
mit Behinderung in allen Bildungseinrichtungen<br />
qualitativ hochwertig und konsequent umzusetzen.<br />
In allen Inklusionskonzepten müssen<br />
auch die gymnasiale Oberstufe und die Berufliche<br />
Bildung Berücksichtigung finden. Inklusion<br />
gilt für alle und deswegen müssen sich alle<br />
Schulen für alle Kinder öffnen. Die Herausnahme<br />
einzelner Schularten ist ein Widerspruch<br />
in sich.<br />
Für die konkrete Umsetzung müssen Konzepte<br />
entwickelt und mit allen Beteiligten dieses Prozesses<br />
diskutiert werden. Ein inklusives Schulsystem<br />
bedarf einer schrittweisen Umsetzung,<br />
die eng an die jeweiligen Bedingungen in den<br />
Kommunen und in den einzelnen Kiezen angelehnt<br />
sein muss.<br />
4.1 Änderung der Schulgesetze<br />
Eine sofortige Änderung der Schulgesetze ist<br />
notwendig. Dazu gehört vor allem die Abschaffung<br />
vorhandener Haushaltvorbehalte<br />
und die Abschaffung der Möglichkeit, ein Kind<br />
gegen den Wunsch der Eltern einer Sonderschule<br />
zuzuweisen. Eltern müssen das Recht<br />
auf Beschulung ihres Kindes in einer Regelschule<br />
eindeutig und schulgesetzlich abgesichert<br />
erhalten.<br />
Die kontinuierliche Umwandlung der Sonderschulen<br />
zu allgemeinen Schulen muss in<br />
Schulgesetzen verankert werden und zwar in<br />
dem Umfang, dass dem Elternwahlrecht entsprochen<br />
werden kann.<br />
4.2 Verordnungen und Rahmenlehrpläne<br />
Sämtliche Verordnungen müssen auch unter<br />
Beteiligung von integrationserfahrenen<br />
KollegInnen auf Inklusivität überprüft und verändert<br />
werden. Die Rahmenlehrpläne sind auf<br />
Basis von Mindeststandards inklusiv zu konzipieren.<br />
Beginnend mit den Bildungsprogrammen<br />
der Kitas sind alle Rahmenlehrpläne aufeinander<br />
abzustimmen. Dabei sind auch<br />
Bildungsprogramme für alle Formen von Ganztagsgrundschulen<br />
mit einzubeziehen.<br />
4.3 Pädagogische Konzepte<br />
Für alle Bildungsbereiche müssen pädagogische<br />
Konzepte, die eine Umsetzung der UN Konvention<br />
ermöglichen, (schul-)übergreifend entwickelt<br />
und bereitgestellt werden. Bereits vorhan-<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
164
dene Konzepte sind dabei zu berücksichtigen.<br />
4.4 Leitlinie der Schulentwicklung<br />
Inklusion muss die Leitlinie der Schulentwicklung<br />
sein. Dabei soll Inklusion als wertschätzender<br />
Umgang mit Vielfalt verstanden werden,<br />
der sich nicht auf die Dimension Behinderung<br />
beschränkt, sondern auch die kulturellen sowie<br />
sozialen Hintergründe, das Geschlecht, die unterschiedliche<br />
Leistungsfähigkeit und die Interessen<br />
der Schülerinnen berücksichtigt. Sowohl<br />
die Schulentwicklungsplanung der Länder und<br />
Kommunen als auch die Schulprogramme der<br />
Schulen müssen inklusiv ausgerichtet sein. Die<br />
Schulen müssen im inklusiven Schul- und Unterrichtsentwicklungsprozess<br />
wissenschaftlich<br />
unterstützt werden.<br />
5 Qualität<br />
Die Qualität der inklusiven Bildung muss<br />
oberste Priorität haben. Die benötigte individuelle<br />
Unterstützung muss jedem Kind in der<br />
allgemeinen Schule zur Verfügung gestellt und<br />
so dem Qualitätsanspruch der UN-Konvention<br />
entsprochen werden. Daher muss inklusive<br />
Bildung eine sachangemessene Ausstattung erhalten.<br />
Die erforderlichen Rahmenbedingungen<br />
für inklusive Bildung sind zu schaffen. Jede<br />
Schule und jedes Kollegium muss in die Lage<br />
versetzt werden, Kinder mit Behinderung und<br />
hohem Unterstützungsbedarf fördern zu können.<br />
Forderungen nach Kostenneutralität, wie sie<br />
auf verschiedenen Ebenen immer wieder erhoben<br />
werden, müssen zurückgenommen werden.<br />
Zumindest für die Übergangsphase zur inklusiven<br />
Schule ist ein Mehrbedarf an personellen<br />
und sächlichen Ressourcen vorhanden, der<br />
gedeckt werden muss.<br />
Der politische Wille zur Entwicklung einer inklusiven<br />
Schule muss seinen Niederschlag in<br />
der Bereitstellung von Haushaltsmitteln finden.<br />
Dies ist gesetzlich zu verankern.<br />
5.1 Personelle Ressourcen<br />
Sämtliche Ressourcen für die sonderpädagogische<br />
Förderung müssen "im System“ bleiben,<br />
d.h. die durch einen erwarteten Schülerrückgang<br />
gewonnenen Personalmittel müssen<br />
zur Umsetzung der inklusiven Schule genutzt<br />
werden. In den Bundesländern, in denen nicht<br />
mit einer demografischen Rendite zu rechnen<br />
ist (Hamburg, Berlin,….), müssen zusätzliche<br />
Mittel in den Haushalt eingestellt werden.<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
165
Sonderpädagoglnnen-Stellen der Sonderschulen<br />
müssen bei Auslaufen dieser Schulen in<br />
den allgemeinen Schulen verankert werden.<br />
Die personellen Ressourcen für angemessene<br />
pädagogische und sonderpädagogische Förderung<br />
sowie pflegerische Betreuung an allgemeinen<br />
Schulen müssen sichergestellt werden.<br />
5.1.1 Deckelung der Stellen<br />
Eine ggf. vorhandene Deckelung von LehrerInnenstellen<br />
für die Inklusion muss aufgehoben<br />
werden. Ebenso muss eine Deckelung von Stellen<br />
für IntegrationserzieherInnen und weiterem<br />
unterstützendem Personal aufgehoben<br />
werden. Eine bedarfsgerechte Ausstattung mit<br />
Stellen für Lehrkräfte sowie Stellen für sozialpädagogische<br />
Fachkräfte für den inklusiven Unterricht<br />
sowie für den Ganztag ist zu gewährleisten.<br />
Der derzeitige Standard ist<br />
zumeist nicht ausreichend, um gute Rahmenbedingungen<br />
für die inklusive Schule zu<br />
schaffen (siehe 5.1.3).<br />
5.1.2 Förderquoten/Zumessung<br />
Grundsätzlich begrüßen wir im Sinne der inklusiven<br />
Bildung eine pauschale Zuweisung der<br />
Ressourcen für Lernen, emotional und soziale<br />
Entwicklung und Sprache (LES) an die Schulen<br />
ohne individuelle Statusdiagnostik.<br />
Pauschale und nach Schularten und örtlichen,<br />
insbesondere sozialen Gegebenheiten bemessene<br />
Förderquoten und Stundenzumessungen<br />
bilden die Grundlage für die Zuweisung von<br />
Personalmitteln. Diese müssen in einem breiten<br />
Konsens unter Beteiligung von Betroffenen<br />
und Experten festgelegt werden.<br />
Ein besonderes Problem stellt die Zumessung<br />
von Personalressourcen für die Oberschulen<br />
dar. Die Zuweisung von zusätzlichem pädagogischem<br />
Personal muss grundsätzlich nach anderen<br />
Kriterien erfolgen als in den Grundschulen.<br />
Da Schulen der Sekundarstufe I keine<br />
Einzugsbereiche haben und in nachgefragten<br />
Schulen die Aufnahme nach besonderer Leistungsfähigkeit<br />
erfolgt, wird sich eine Konzentration<br />
von Schülerinnen mit Schwierigkeiten an<br />
einzelnen Schulen ergeben. Hier müssen<br />
Lösungen gefunden werden, die dem tatsächlichen<br />
Bedarf an sonderpädagogischer Förderung<br />
Rechnung tragen. Wir halten es für<br />
notwendig, dass erfahrene PraktikerInnen und<br />
ExpertInnen für die Sekundarstufe an der Erarbeitung<br />
eines solchen Konzepts beteiligt wer-<br />
210<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
166
den.<br />
5.1.3 Stundenzuweisung für Integration<br />
Die bisherige Stundenzuweisung der integrativen<br />
Beschulung ist daraufhin zu prüfen, ob sie<br />
den tatsächlichen Anforderungen genügt.<br />
Für besondere Projekte und Schulversuche im<br />
Rahmen der Umsetzung der inklusiven Schule<br />
soll eine spezielle Zuweisung von LehrerInnenstunden<br />
erfolgen. Es muss außerdem sichergestellt<br />
werden, dass SchülerInnen, bei denen<br />
sich erhebliche Probleme im Bereich ihrer emotional-sozialen<br />
Entwicklung zeigen, zusätzliche<br />
Förderstunden erhalten. Hier könnte auch<br />
alternativ eine besondere Zuweisung von zusätzlichem<br />
sozialpädagogischem Personal<br />
erfolgen.<br />
5.1.4 Frequenzen<br />
Um die individuelle Förderung aller Schülerinnen<br />
zu ermöglichen, dürfen die Klassenfrequenzen<br />
von 24 in den Grundschulen<br />
und 25 in den Sekundar-I-Schulen keinesfalls<br />
überschritten werden. In Schwerpunktschulen<br />
müssen die Frequenzen entsprechend der Aufnahme<br />
von Kindern mit Behinderung abgesenkt<br />
werden. Eine Reduzierung der Klassenfrequenzen<br />
(mit Frequenzausgleich) sind in<br />
einer Übergangsphase besonders in den<br />
Schulen notwendig, in denen viele SchülerInnen<br />
mit besonderen Bedarfen unterrichtet<br />
werden (überdurchschnittlich viele SchülerInnen<br />
mit sonderpädagogischem Förderbedarf,<br />
Kinder aus bildungsfernen Familien).<br />
In Schulen, die im Rahmen besonderer Projekte<br />
und Schulversuche inklusive Beschulung praktizieren,<br />
soll die SchülerInnenzahl pro Inklusionsklasse<br />
maximal 20 Schülerinnen betragen.<br />
5.1.5 Ressourcen aus Sonderschulen<br />
Die durch Schülerabbau frei werdenden<br />
Ressourcen der Sonderschulen müssen in vollem<br />
Umfang in die allgemeinen Schulen verlagert<br />
werden.<br />
Diese Umverteilung allein reicht allerdings<br />
nicht aus, um die Regelschulen in die Lage zu<br />
versetzen, Inklusion bei hohem qualitativem<br />
Anspruch zu verwirklichen.<br />
5.1.6 Transparentes Verfahren<br />
Die Zuweisung von zusätzlichen Stunden für<br />
Lehrkräfte und ErzieherInnen für die inklusive<br />
Schule muss nach einem gerechten und transparenten<br />
Verfahren erfolgen. Die Schulverwal-<br />
265<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
315<br />
167
tungen werden aufgefordert, eine umfassende<br />
und durchschaubare Berechnung der Ressourcen<br />
offen zu legen.<br />
5.1.7 Sozialpädagogische Fachkräfte<br />
Jede inklusive Schule erhält ganztägig eine Ausstattung<br />
mit ausgebildetem Fachpersonal (Integrationserzieher,<br />
Sozialpädagogen etc.), die<br />
eine erfolgreiche Inklusionsarbeit bei einem<br />
hohen Maß an individueller Zuwendung im<br />
Ganztag gewährleistet.<br />
Die für die Ganztagsschule benötigten zusätzlichen<br />
(Integrations-) Erzieherinnenstellen sind<br />
im Sinne der inklusiven Bildung ebenfalls als<br />
pauschale Ressourcenzuweisung für die Förderschwerpunkte<br />
Lernen, emotional-soziale Entwicklung<br />
und Sprache bereitzustellen (ohne individuelle<br />
Statusdiagnostik). Dies gilt für jede<br />
Form der Halb- und Ganztagsbetreuung.<br />
5.1.8 weiteres Personal zur Unterstützung<br />
Es bedarf verbindlicher Bemessungsgrundlagen<br />
für zusätzlich unterstützendes Personal, auf deren<br />
Basis sie den Schulen im benötigten Umfang<br />
zugewiesen werden. Darüber hinaus sind<br />
die Schulhelferinnen fachlich zu qualifizieren.<br />
5.1.9 Unterstützungssysteme<br />
Schulinterne und kommunale Unterstützungssysteme<br />
müssen aufgebaut bzw. ausgebaut<br />
werden. Damit die Einzelschulen schulinterne<br />
Unterstützungssysteme aufbauen und weiterführen<br />
können, brauchen sie eine stabile und<br />
langjährige Absicherung durch die verlässliche<br />
Vergabe von Mitteln an die Einzelschule.<br />
Dazu müssen die beteiligten Verwaltungen Aktions-<br />
und Maßnahmenpläne erstellen mit dem<br />
Ziel der Zusammenführung der bisher weitgehend<br />
getrennt agierenden Leistungssysteme<br />
Schule und Jugendhilfe bzw. Gesundheits- und<br />
Sozialdienste.<br />
Als Fürsorge für alle Schülerinnen sollen sich<br />
die Bildungsverwaltungen mit ihren Kooperationspartnern<br />
im Zuge der Umsetzung des Inklusionskonzeptes<br />
- hier besonders mit den gesetzlichen<br />
Krankenversicherungen - auch darauf<br />
verständigen, dass (wie in nahezu allen Industrieländern<br />
etabliert) Schulkrankenschwestern<br />
bzw. -pfleger zum Einsatz kommen.<br />
In den dezentralen Beratungs- und Unterstützungszentren<br />
sollte auch die Diagnostik<br />
durch Teams aus integrationserfahrenen<br />
Sonderpädagoglnnen und allgemeinen Päda-<br />
320<br />
325<br />
330<br />
335<br />
340<br />
345<br />
350<br />
355<br />
360<br />
365<br />
370<br />
168
goglnnen erfolgen.<br />
Es muss allerdings sichergestellt werden, dass<br />
die Beratungs- und Unterstützungszentren<br />
nicht aus umgewandelten sonderpädagogischen<br />
Förderzentren entstehen.<br />
5.1.10 Kooperation<br />
Die notwendige Kooperation in multiprofessionellen<br />
Teams muss ermöglicht werden. Dazu<br />
sind Zeiten im Rahmen der Stundenplanung<br />
bzw. Dienstplanung vorzusehen, Arbeitsplatzbeschreibungen<br />
entsprechend zu verändern<br />
und zusätzliche Stunden für Lehrkräfte und zusätzliche<br />
Personalmittel für ErzieherInnen bereitzustellen.<br />
5.1.11 Vertretung<br />
Es ist zu sichern, dass in den einzelnen Schulen<br />
die für die Inklusion zugewiesenen LehrerInnenstunden<br />
nicht als Vertretungsreserve genutzt<br />
werden.<br />
5.2 Qualifikation<br />
Alle an Inklusion beteiligten Institutionen und<br />
Personengruppen müssen in der Weiterentwicklung<br />
ihrer Kompetenzen unterstützt<br />
werden. Der inklusive Umwandlungsprozess ist<br />
bereits vor und während der Einführung der Inklusion<br />
von Qualifizierungsmaßnahmen zu begleiten.<br />
<strong>Das</strong> veränderte Professionsverständnis<br />
weg von der Defizitbeschreibung hin zur Beschreibung<br />
von Entwicklungschancen muss vor<br />
der Einführung der Inklusion eingeleitet werden.<br />
Die Qualifikation der Pädagoglnnen für die<br />
inklusive Schule muss weiterentwickelt werden.<br />
5.2.1 Ausbildung<br />
Die LehrerInnenbildung und die ErzieherInnenausbildung<br />
müssen auf Inklusion ausgerichtet<br />
werden. Alle künftigen PädagogInnen benötigen<br />
eine Basisqualifikation in den Bereichen<br />
interkulturelles Lernen und sonderpädagogische<br />
Förderung. Universitäten haben die Aufgabe,<br />
künftige Lehrkräfte für den Unterricht in<br />
der inklusiven Schule und den Umgang mit Heterogenität<br />
auszubilden, vor allem in den<br />
Fachdidaktiken und in Erziehungswissenschaft.<br />
In alle Ausbildungsgänge für ErzieherInnen soll<br />
ein Modul "Pädagogik der Differenz" integriert<br />
werden.<br />
5.2.2 Fortbildung<br />
Inklusion soll zum Fortbildungsschwerpunkt aller<br />
PädagogInnen in den Ländern und Kommu-<br />
375<br />
380<br />
385<br />
390<br />
395<br />
400<br />
405<br />
410<br />
415<br />
420<br />
425<br />
169
nen gemacht werden und dabei konzeptionell<br />
auf die Herausforderung der Vielfalt selbst mit<br />
allen Facetten von individuellen Fähigkeiten<br />
und Herkunft reagieren und diese weiter entwickeln.<br />
PädagogInnen müssen systematisch<br />
und verbindlich befähigt werden, Kindern beim<br />
gemeinsamen Lernen individuelle Fortschritte<br />
zu ermöglichen. Sowohl für die Lehrkräfte der<br />
allgemeinen Schule als auch für Sonderpädagoglnnen<br />
und ErzieherInnen müssen kontinuierlich<br />
bedarfsorientierte und bedarfsdeckende<br />
Fortbildungen angeboten werden, um sie für<br />
die Arbeit in heterogenen Lerngruppen und in<br />
multiprofessionellen Teams zu qualifizieren.<br />
Es muss ausgeschlossen werden, dass notwendige<br />
Fortbildungen zu einer zusätzlichen<br />
Arbeitsbelastung führen. Ein Teil der notwendigen<br />
Qualifizierungsmaßnahmen für Lehrerinnen<br />
müssen innerhalb der Unterrichtszeit<br />
liegen bzw. durch Anrechnungsstunden in<br />
angemessenem Umfang ausgeglichen werden.<br />
Wir schlagen gemeinsame schulinterne<br />
Fortbildungen an zusätzlichen Studientagen zur<br />
Inklusionspädagogik vor.<br />
5.2.3 Neueinstellungen<br />
Bei Neueinstellung sind die Werbung und Einstellungsmöglichkeiten<br />
für Menschen mit Migrationshintergrund<br />
und/ oder einer Einschränkung<br />
oder Behinderung besonders voranzutreiben.<br />
Sie sind die Vorbilder für die Vielfalt<br />
und schaffen Glaubwürdigkeit und Vertrauen.<br />
5.3 Bauliche Maßnahmen/Sachausstattung<br />
Für die räumliche Ausstattung aller Schulen<br />
und deren Einrichtung müssen Mindeststandards<br />
(z.B. Therapie-, Rhythmik-, Teilungsräume)<br />
festgelegt werden. Mit den Schulträgern<br />
ist ein mittelfristiger Zeitplan für die<br />
entsprechenden Baumaßnahmen zu vereinbaren.<br />
Die benötigten Mittel für diese Maßnahmen<br />
sind ebenso bereitzustellen wie für technischtherapeutische<br />
Geräte und spezielle pädagogische<br />
Materialien.<br />
6 Diagnostik<br />
Im Gegensatz zur bisherigen Integration muss<br />
im Sinne der Inklusion zumindest im Bereich<br />
der Förderschwerpunkte Lernen, emotional-soziale<br />
Entwicklung und Sprache auf administrativ<br />
angeordnete diagnostische Verfahren verzichtet<br />
werden. Für alle Schülerinnen ist statt einer<br />
430<br />
435<br />
440<br />
445<br />
450<br />
455<br />
460<br />
465<br />
470<br />
475<br />
170
Statusdiagnostik eine Förderdiagnostik zu entwickeln.<br />
480<br />
171
3.16 Strategie der <strong>GEW</strong> zur Entwicklung<br />
des Schulsystems in Deutschland<br />
Die inklusive Ganztagsgesamtschule /<br />
Gemeinschaftsschule / Integrierte<br />
Sekundarschule als Alternative zum<br />
gegliederten Schulsystem<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Empfehlung wird nachgereicht<br />
Antragsteller: LV Niedersachsen<br />
Die Alternative Schule zum gegliederten Schulsystem<br />
errichten und unterstützten<br />
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
setzt sich dafür ein, dass solche Schulen errichtet<br />
und in ihrer Entwicklung gefördert werden,<br />
die eine Alternative zum gesamten gegliederten<br />
Schulsystem, insbesondere zum Gymnasium<br />
darstellen und integrativ und inklusiv<br />
arbeiten. Diese Funktion erfüllen in einer<br />
Reihe von Bundesländern insbesondere Gesamtschulen,<br />
Gemeinschaftsschulen bzw. Integrierte<br />
Sekundarschulen (Berlin), z.T. Oberschulen<br />
(Bremen).<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Landesregierungen und<br />
KultusministerInnen auf, die rechtliche und materielle<br />
Bedingungen zu schaffen, die es ermöglichen,<br />
dass inklusive Ganztagsgesamtschulen /<br />
Gemeinschaftsschulen / Integrierte Sekundarschulen<br />
als Alternative zum gegliederten Schulsystem<br />
errichtet werden können und in ihrer<br />
Entwicklung unterstützt werden.<br />
Diese Schulen werden von Eltern in hohem<br />
Maße angewählt, wenn es ein entsprechendes<br />
Angebot gibt. Schulträger richten diese Schulform<br />
ein, um bei rückgängigen SchülerInnenzahlen<br />
ein vollständiges Schulangebot vor Ort<br />
aufrecht zu erhalten und die Möglichkeit zu<br />
schaffen, dass mehr Jugendliche höhere Schulabschlüsse<br />
erreichen können. Politische Parteien,<br />
die für diese Schulen eintreten, können<br />
Wähler und Wahlen gewinnen.<br />
Die Errichtung und Förderung von Gesamtschulen<br />
/ Gemeinschaftsschulen / Integrierter<br />
Sekundarschulen ist der entscheidende strategische<br />
Schritt für die Weiterentwicklung des<br />
Schulsystems in Deutschland.<br />
Gesamtschulen / Gemeinschaftsschulen / Integrierte<br />
Sekundarschulen sind keine zweite<br />
Säule neben dem Gymnasium. Die <strong>GEW</strong> wen-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
172
det sich gegen alle Versuche, ein Zwei-Säulen-<br />
System zu errichten.<br />
Kennzeichen der Inklusiven Ganztagsgesamtschule<br />
/ Gemeinschaftsschule / Integrierten<br />
Sekundarschule<br />
Kennzeichen dieser Schulen ist, dass sie ein<br />
Bildungsangebot für alle SchülerInnen mit allen<br />
drei Bildungsgängen (Hauptschule, Realschule,<br />
Gymnasium) bieten und diese Bildungsgänge<br />
so aufeinander beziehen und integrieren, dass<br />
allen Kindern und Jugendlichen des Schuleinzugsgebietes<br />
optimale Entwicklungsmöglichkeiten<br />
geboten werden. Diese Schulen wenden<br />
sich mit ihren pädagogischen Profil<br />
bewusst an alle sozialen-kulturellen Schichten<br />
ihres Einzuggebietes. Sie sind integrierte und<br />
inklusive Schulen.<br />
Diese Schulen sind auch für diejenigen Eltern<br />
attraktiv, die eine pädagogische Alternative<br />
zum Gymnasium suchen und sich bewusst für<br />
diese Option auf dem Weg zum Abitur entscheiden.<br />
Die Ausgestaltung der Bildungselemente des<br />
gymnasialen Bildungsgangs der Gesamtschulen<br />
/ Gemeinschaftsschule/ Integrierte Sekundarschule<br />
umfasst alle Leistungsanforderungen<br />
des Gymnasiums. Dazu gehört z. B. auch das<br />
vollständige Angebot in der zweiten Fremdsprache.<br />
Die Sekundarstufe II ist grundsätzlich<br />
unverzichtbar, damit diese Schule erfolgreich<br />
mit dem Gymnasium um SchülerInnen<br />
konkurrieren kann. <strong>Das</strong> Abitur wird an Gesamtschulen<br />
im 13. Schuljahrgang erworben. <strong>Das</strong><br />
Turbo-Abitur ist an Gesamtschulen systemfremd.<br />
<strong>Das</strong> gemeinsame Lernen in Klassen<br />
und Lerngruppen endet erst mit dem 10.<br />
Schuljahrgang, jedenfalls solange es keine<br />
weiterentwickelte Gesamtschuloberstufe gibt.<br />
Erweitertes Bildungsverständnis<br />
Zentrale Bedeutung für die Entwicklung einer<br />
Alternative zu allen Schulformen des gegliederten<br />
Schulsystems kommt einem erweiterten<br />
Bildungsverständnis zu. Die Entwicklung der<br />
Persönlichkeit der SchülerInnen benötigt Zeit<br />
und Raum und ist in einem Konzept einer<br />
demokratischen Schule verankert, das die<br />
Schulkultur systematisch gestaltet.<br />
45<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
Eine Schulkultur, in dem die jungen Menschen<br />
den respektvollen Umgang miteinander erfah-<br />
173
en, ist eine grundlegende Bedingung für eine<br />
gelingende soziale Integration und die Inklusion.<br />
Der Respekt der Schule und des Lehrpersonals<br />
gegenüber den SchülerInnen finden seinen<br />
Ausdruck darin, dass jede/r als Persönlichkeit<br />
angenommen und dass die Lern- und<br />
Entwicklungsanforderungen an den jeweiligen<br />
Entwicklungs- und Lernstand anknüpfen.<br />
Durchgänge Sprachförderung in Deutsch als<br />
Zweit- und Bildungssprache und der bewusste<br />
Umgang mit Mehrsprachigkeit gehört in diesem<br />
Zusammenhang zum pädagogischen Konzept<br />
der Gesamtschule / Gemeinschaftsschule / Integrierte<br />
Sekundarschule. Statt Zensuren geben<br />
diese Schulen bis zum 8. Schuljahrgang Rückmeldungen<br />
über die Lern- und Leistungsentwicklung.<br />
Äußere Fachleistungsdifferenzierung<br />
wird durch moderne pädagogische Konzepte<br />
überwunden, wie z.B. das prämierte<br />
Team-Kleingruppen-Modell der IGS Göttingen.<br />
In einem breiten Angebot des Wahlpflichtbereiches<br />
können die SchülerInnen ihren besonderen<br />
Neigungen, Interessen und Begabungen<br />
folgen. Die Auseinandersetzung mit Technik,<br />
Wirtschaft und Arbeitswelt findet seinen speziellen<br />
Lernort im Fach Arbeit, Wirtschaft, Technik<br />
und ist zugleich Teil eines fächerübergreifenden<br />
Konzepts von Lebenswelt- und Arbeitsweltorientierung.<br />
Gebundene Ganztagsschulen<br />
Inklusive Gesamtschulen / Gemeinschaftsschulen<br />
/ Integrierte Sekundarschulen brauchen<br />
Zeit für Bildung und sind daher Ganztagsschulen.<br />
Die Gesamtschulen arbeiten als gebundene<br />
Ganztagsschulen, die in ihrem rhythmisierten<br />
Schultag Zeitblöcke für die Vor- und Nachbereitung,<br />
Vertiefung und Erweiterung des Unterrichts,<br />
für individuelles Lernen und gemeinsames<br />
Lernen in Gruppen mit unterschiedlicher<br />
Lerngeschwindigkeit und auf unterschiedlichem<br />
Anspruchsniveau. Eine spezielle Förderung von<br />
SchülerInnen ist in diese Zeitblöcke integriert.<br />
Gesamtschulen bieten als Ganztagsschulen ein<br />
erweitertes Bildungsangebot im musischkulturellen,<br />
sprachlichen, technischen und<br />
sportlichen Bereich. Diese Angebote unterliegen<br />
nicht einer formalen Leistungsbewertung<br />
und ermöglichen SchülerInnen, Lehrkräften<br />
und sozialpädagogischen Fachkräften an-<br />
100<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
174
dere soziale Kontakte zu entwickeln, als dies im<br />
bewerteten Unterricht möglich ist.<br />
<strong>Das</strong> soziale Lernen ist im Rahmen des gebundenen<br />
Ganztags fest verankert, z.B. in Form von<br />
TutorInnenstunden.<br />
Personalkonzeption für eine Inklusive Ganztagsgesamtschule<br />
/ Gemeinschaftsschule /<br />
Integrierte Sekundarschule<br />
In Gesamtschulen unterrichten allgemeine<br />
Lehrkräfte der verschiedenen Lehrämter und<br />
Förderschullehrkräfte mit gleicher Wochenstundenverpflichtung,<br />
die der des Gymnasiums<br />
entspricht. Solange die Trennung in die Lehrämter<br />
für Haupt- und Realschulen und Gymnasien<br />
nicht überwunden ist, muss der Anteil der<br />
Lehrkräfte mit dem Lehramt Gymnasium an der<br />
integrierten Ganztagsgesamtschule 40 Prozent<br />
betragen. Gewerkschaftliches Ziel ist es, dass<br />
die Arbeit der Lehrkräfte in dieser Schule gleich<br />
bezahlt wird und zwar auf dem Niveau des<br />
bisherigen höheren Lehramts.<br />
Die Klassenleitung von Integrationsklassen wird<br />
von multiprofessionellen Teams wahrgenommen,<br />
in denen sozialpädagogische Fachkräfte<br />
als Lehrkräfte mitarbeiten. Schulsozialarbeit ist<br />
an der inklusiven Ganztagsgesamtschule fest<br />
verankert.<br />
Gelingende Inklusion<br />
Ganztagsgesamtschulen / Gemeinschaftsschulen<br />
/ Integrierten Sekundarschulen können<br />
erfolgreich inklusiv arbeiten, wenn es ihnen<br />
gelingt eine große soziale Integrationskraft<br />
zu entwickeln und eine breite soziale Zusammensetzung<br />
ihrer Schülerschaft zu gewinnen.<br />
In sozialen Brennpunkten muss das erweiterte<br />
Bildungsangebot verstärkt werden, damit diese<br />
Schulen für alle Kinder und Jugendliche interessant<br />
werden.<br />
Die Realisierung des breiten gefächerten<br />
Bildungsangebots, insbesondere die Integration<br />
des gymnasialen Bildungsangebots erfordert<br />
eine Mindestgröße dieser alternativen Schulform.<br />
Für ihre Gründung soll grundsätzlich mindestens<br />
eine Vierzügigkeit gelten, im Ausnahmefall<br />
eine Dreizügigkeit. Für Insellagen und<br />
besonders dünn besiedelte Regionen müssen<br />
Speziallösungen gefunden werden. Gesamtschulen<br />
/ Gemeinschaftsschulen / Integrierte<br />
Sekundarschulen sind das Ergebnis einer geziel-<br />
155<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
175
ten Schulentwicklungsplanung bei den kommunalen<br />
Schulträgern und einer planvoller Errichtung<br />
dieser Schulform. Als Alternative zum gegliederten<br />
Schulsystem sind die Gesamtschulen/<br />
Gemeinschaftsschulen/ Integrierten<br />
Sekundarschulen ersetzend. Schulträger können<br />
bei ihrer Errichtung von der Pflicht befreit<br />
werden, Schulen des gegliederten Schulsystems<br />
vorzuhalten. Die Entwicklung dieser Schulen,<br />
insbesondere die Fortbildung der Lehrkräfte,<br />
muss durch ein spezifisches Fortbildungsprogramm<br />
unterstützt werden.<br />
Begründung<br />
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
verfolgt das Ziel, aufbauend auf der inklusiven<br />
Grundschule, die alle Kinder in ihrem<br />
Einzugsbereich aufnimmt, auch in der<br />
Sekundarstufe eine einzige Schulform einzurichten,<br />
die für alle SchülerInnen optimale Entwicklungsbedingungen<br />
ermöglicht und die das<br />
gegliederte Schulsystem vollständig ersetzt.<br />
Es ist unverkennbar, dass für dieses grundsätzliche<br />
bildungspolitische Ziel der Überwindung<br />
des gegliederten Schulsystems, d.h. insbesondere<br />
für die Abschaffung des Gymnasiums<br />
auf absehbare Zeit keine Mehrheiten in der<br />
Bevölkerung zu finden sind. Die politischen Parteien,<br />
deren Sinn darin liegt, Mehrheiten zu<br />
erringen, um als Regierung politische Gestaltungsmacht<br />
zu erringen, orientieren sich an<br />
dieser Mehrheitsmeinung der BürgerInnen.<br />
Diese Meinung gründet in verfestigten gesellschaftlichen<br />
Strukturen und Haltungen.<br />
Die Errichtung von Schulen, die eine Alternative<br />
zum gegliederten Schulsystem darstellen, ist<br />
daher der entscheidende strategische Schritt<br />
für die Weiterentwicklung des Schulsystems in<br />
Deutschland. Mehr ist auf absehbare Zeit nicht<br />
drin. Der Weg zum Aufbau der Alternative kann<br />
nicht abgekürzt werden. Er ist mühsam. Alle<br />
anderen Vorstellungen haben sich als Illusion<br />
erwiesen.<br />
Scheitern des Zwei-Säulen-Systems<br />
Die wachsende Spaltung der Gesellschaft<br />
spiegelt sich in der Entwicklung des Schulsystems.<br />
<strong>Das</strong> Gymnasium ist schon lange keine Eliteschule<br />
mehr. Wie die Anwahlzahlen zeigen,<br />
wird es zu Schule der oberen Hälfte der Gesellschaft.<br />
Neue soziale Gruppen, denen ein beruflicher<br />
und gesellschaftlicher Aufstieg gelun-<br />
210<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
176
gen ist, haben für ihre Kinder den Zugang zum<br />
Gymnasium erobert.<br />
Auf der anderen Seite gerät die Hauptschule<br />
immer mehr in die Krise, weil sie von immer<br />
mehr Eltern als eine Schulform angesehen<br />
wird, die nicht die von ihnen erwartete Entwicklungsmöglichkeit<br />
für ihre Kinder bietet und<br />
auch dann nicht den Zugang zu allen Bildungsgängen<br />
und den Weg zum Abitur bietet, wenn<br />
sie am Ende der Sekundarstufe I alle Schulabschlüsse<br />
ermöglicht.<br />
Zusammengelegte Haupt- und Realschulen, die<br />
in den Bundesländern unter unterschiedlichen<br />
Namen firmieren (Oberschule, Regelschule,<br />
Regionalschule, erweiterte Realschule …) vollziehen<br />
den Weg in die Krise der Hauptschulen<br />
nach - in den verschiedenen Bundesländern in<br />
unterschiedlicher Geschwindigkeit. Diese Variante<br />
des Zwei-Säulen-Systems, das den Gegensatz<br />
zwischen volkstümlicher und höherer<br />
Bildung in neuer Form bewahren sollte, erweist<br />
sich insofern nicht als tragfähig.<br />
Dies gilt tendenziell auch für die zweite Variante<br />
des Zwei-Säulen Schulsystems, bei dem<br />
neben das Gymnasium eine Schulform gestellt<br />
wird, die ebenfalls mit einer eigenen gymnasialen<br />
Oberstufe zum Abitur führt und die in der<br />
Sekundarstufe I neben dem Haupt- und Realschulbildungsgang<br />
auch den gymnasialen<br />
Bildungsgang integrieren. Dies gilt auch für<br />
ehemalige Gesamtschulen, die z.B. in Hamburg<br />
unter der Bezeichnung Stadtteilschulen geführt<br />
werden. Diese Schulen verlieren durch ihre<br />
Umwandlung den Zugang aus bildungsbürgerlichen<br />
Elternhäusern, die ihre Kinder mit einer<br />
Gymnasialempfehlung bewusst zur Gesamtschule<br />
als Alternative zum Gymnasium angemeldet<br />
hatten. Dieser Verlust in der sozialkulturellen<br />
Zusammensetzung der Schülerschaft<br />
verändert die pädagogische Arbeit der<br />
Lehrkräfte, die trotz ihrer hervorragenden pädagogischen<br />
Konzeption nicht mehr die gleichen<br />
Förder- und Entwicklungschancen für die<br />
übrigen Schülerinnen erzielen können, wie<br />
zuvor. Auch die Integrationskonzepte für<br />
SchülerInnen mit Behinderungen verlieren<br />
durch diesen Verlust erheblich an Tragfähigkeit.<br />
Widersprüchliche Tendenzen<br />
In verschiedenen Bundesländern lassen sich<br />
widersprüchliche Tendenzen feststellen. In Bremen<br />
gelingt es traditionellen integrierten Ge-<br />
265<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
177
samtschulen und integrieren Stadtteilschulen<br />
auch unter der Bezeichnung Oberschule ihre<br />
Rolle als Alternative zum gegliederten Schulsystem<br />
zu bewahren, weil ein erheblicher Teil der<br />
Elternschaft diese Schulen weiterhin als pädagogische<br />
interessante Alternative zum Gymnasium<br />
anwählt. Andere aus ehemaligen Schulzentren<br />
hervorgegangenen Oberschulen können<br />
ihren Charakter Schulen der zweiten Wahl<br />
nicht abstreifen, obwohl sie unter der Bezeichnung<br />
Oberschule formal auch den gymnasialen<br />
Bildungsgang in integrierter Form anbieten. Es<br />
gelingt ihnen nicht, bei der Anwahl durch die<br />
Eltern eine den ehemaligen Integrierten Gesamtschulen<br />
vergleichbare Zusammensetzung<br />
der Schülerschaft zu erreichen.<br />
Eine vergleichbare Tendenz ist in Schleswig-<br />
Holstein zu beobachten. Die ehemaligen Gesamtschulen<br />
können auch unter der Bezeichnung<br />
Gemeinschaftsschule ihren Status bei der<br />
Anwahl durch die Elternschaft bewahren und<br />
bleiben eine Alternative zum gesamten gegliederten<br />
Schulsystem und auch zum Gymnasium.<br />
Sie behalten eine sozial-kulturell<br />
gemischte Schülerschaft. Den neuen<br />
Gemeinschaftsschulen, die aus Haupt- und Realschulen<br />
hervorgegangen sind, fällt es<br />
überwiegend schwer, auch von Eltern angewählt<br />
zu werden, deren Kinder eine Gymnasialempfehlung<br />
haben. Sie verharren also trotz eines<br />
formal veränderten Status als Schulen mit<br />
drei Bildungsgängen und trotz der erheblichen<br />
Bemühungen der Kollegien in der Funktion einer<br />
Haupt- und Realschule. In diesen<br />
Gemeinschaftsschulen arbeiten nur im Ausnahmefall<br />
Lehrkräfte mit gymnasialer Ausbildung.<br />
Ihre personelle Ausstattung ist wesentlich<br />
schlechter als die der früheren Gesamtschulen.<br />
Erfolge beim Aufbau einer Alternative zum gegliederten<br />
Schulsystem<br />
Schulen neben dem Gymnasium, neben Hauptund<br />
Realschulen, müssen sich nicht zwangsläufig<br />
zur zweiten Säule entwickeln, sondern sie<br />
können sich auch zu einer Alternative zum gesamten<br />
gegliederten Schulsystem entwickeln.<br />
Dies zeigen insbesondere die Integrierten Gesamtschulen<br />
in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen,<br />
Hessen, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern<br />
und Thüringen, aber<br />
auch Gemeinschaftsschulen und Integrierte<br />
Sekundarschulen in Berlin und ehemalige Gesamtschulen<br />
in Bremen und Schleswig Holstein.<br />
315<br />
320<br />
325<br />
330<br />
335<br />
340<br />
345<br />
350<br />
355<br />
360<br />
365<br />
178
In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen ist<br />
die Errichtung von Gesamtschulen zu einer<br />
landespolitischen Schlüsselfrage geworden.<br />
Parteien, die Gesamtschulen unterstützen, die<br />
ihre Gründung erleichtern, das Elternrecht auf<br />
Gesamtschulen gewähren, finden bei Landtagswahlen<br />
Mehrheiten. In beiden Ländern ist eine<br />
Expansion der Gesamtschulen zu verzeichnen.<br />
Auch KommunalpolitikerInnen von CDU und<br />
FDP gründen in ihren Städten und Gemeinden<br />
Gesamtschulen.<br />
Auch in anderen Bundesländern, in denen es<br />
bisher (fast) keine Gesamtschulen gibt, kann<br />
eine Schulform als Alternative zum gegliederten<br />
Schulsystem aufgebaut werden, die nicht<br />
als zweite Säule neben dem Gymnasium<br />
fungiert, z.B. in Baden-Württemberg.<br />
370<br />
375<br />
380<br />
385<br />
179
3.17 Die inklusive Ganztagsgrundschule<br />
Antragsteller: LV Niedersachsen,<br />
Bundesfachgruppe Gesamtschulen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Empfehlung wird nachgereicht<br />
Der Gewerkschaftstag beschließt das Diskussionspapier<br />
"Die inklusive Ganztagsgrundschule"<br />
als Anregung für die Schulpolitik der Landesverbände.<br />
Die moderne Grundschule ist gekennzeichnet<br />
von demokratischen und inklusiven Strukturen.<br />
Sie öffnet sich pädagogisch der Verschiedenheit<br />
der Kinder, berücksichtigt in der Förderung die<br />
individuellen Lebenssituationen und schafft so<br />
die Voraussetzungen für den weiterführenden<br />
Schulbesuch.<br />
Die heutige Grundschule ist geprägt von einer<br />
Umwandlung in die inklusive Ganztagsgrundschule.<br />
Die inklusive Ganztagsgrundschule übernimmt<br />
die Verantwortung für<br />
• die Teilhabe aller Kinder des Schulbezirks<br />
am Grundschulunterricht<br />
• die Entwicklung neuer Lernkulturen<br />
• Ausgleich und Verringerung von sozialer<br />
Benachteiligung<br />
• die Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie<br />
und Beruf<br />
• die Teilhabe der Eltern<br />
Die inklusive Ganztagsgrundschule ist gekennzeichnet<br />
durch eine veränderte Schulkultur<br />
Die inklusive Ganztagsgrundschule erzieht ihre<br />
Schüler nach demokratischen Grundsätzen. Die<br />
Persönlichkeitsentwicklung des Einzelnen beinhaltet<br />
das Miteinander- und Voneinanderlernen.<br />
Dazu gehört, dass Schülerinnen und<br />
Schüler, Lehrkräfte und sozialpädagogische<br />
Fachkräfte Verantwortung übernehmen für das<br />
Lernen wie für den respektvollen Umgang miteinander.<br />
In dieser veränderten Schulkultur<br />
wird Inklusion erfahren und gelebt. Jedes Kind<br />
wird als Persönlichkeit angenommen und von<br />
dem Lernstand abgeholt, an dem es sich gerade<br />
befindet. Es erfährt im schulischen Alltag<br />
beim Lernprozess und seiner weiteren Persönlichkeitsentwicklung<br />
die nötige Unterstützung.<br />
Eine solche Schulkultur ist besonders wichtig,<br />
wenn die inklusive Ganztagsgrundschule auch<br />
an "sozialen Brennpunkten" gelingen soll. Bei<br />
der Ausstattung der Schulen müssen soziale<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
180
Faktoren im Stadtteil berücksichtigt werden.<br />
Brennpunktschulen benötigen eine Verstärkung<br />
des Personals und der Mittel, um die Schule<br />
aufzuwerten und attraktiv für alle Kinder zu<br />
machen. Sie benötigen ein breites Bildungsangebot<br />
neben dem klassischen Lernkanon.<br />
Sinnstiftung, Persönlichkeitsentwicklung, kulturelle<br />
Angebote und Möglichkeiten der Selbstverantwortung<br />
und Mitverantwortung - Partizipation<br />
und Resilienz – haben hier einen besonderen<br />
Wert.<br />
Um ihre Verantwortung annehmen zu können,<br />
benötigt die Ganztagsgrundschule ein pädagogisches<br />
Konzept für die Bildung, Erziehung und<br />
Betreuung, das von einem multiprofessionellen<br />
Team gemeinsam umgesetzt wird. Die Ganztagsgrundschule<br />
bietet Kindern Zeit für<br />
gemeinsames und individuelles Lernen, für Aktivitäten<br />
und Entspannung, für Lernaufgaben<br />
und selbst gewählte Tätigkeiten. Diese Zeit<br />
fordert einen Rhythmus, der sich an den Bedürfnissen<br />
der Kinder und den jeweiligen Tätigkeiten<br />
orientiert.<br />
Inklusive Ganztagsgrundschulen sind Schulen,<br />
• die allen Kindern an jedem Werktag ein unentgeltliches<br />
und durchgehend strukturiertes<br />
Angebot in der Schule bieten<br />
• in denen Aktivitäten der Kinder am Vorund<br />
am Nachmittag in einem konzeptionellen<br />
Zusammenhang stehen<br />
• bei denen erweiterte Bildungsangebote, individuelle<br />
Fördermaßnahmen und übendes<br />
Lernen in die Konzeption eingebunden sind<br />
• in denen die gemeinsame und individuelle<br />
Freizeitgestaltung der Kinder als Aufgabe<br />
im Konzept enthalten ist<br />
• in denen alle Kinder kostenlosen Zugang zu<br />
kulturellen Angeboten haben<br />
• in denen an allen Schultagen ein kostenfreies<br />
Mittagessen angeboten wird<br />
• in denen eine enge Verzahnung von<br />
Jugendhilfe und Schule gewährleistet ist<br />
Ganztagsgrundschulen ersetzen nicht das<br />
Angebot von Horten, sondern sie erfordern,<br />
das Verhältnis beider Institutionen neu zu bestimmen<br />
• Der Bildungsauftrag der Horte nach dem<br />
KJHG wird durch die Ganztagsgrundschule<br />
nicht ersetzt und die personellen Standards<br />
der Horte müssen gewährleistet bleiben<br />
(Gruppengröße, Personalschlüssel)<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
181
• Die Öffnungszeiten der Ganztagsgrundschule<br />
erfordern vor und nach der Schulzeit<br />
sowie in den Ferien ein Hortangebot<br />
• Horte und Ganztagsgrundschulen arbeiten<br />
möglichst an einem Standort und unter<br />
gemeinsamer Nutzung von Räumen zusammen,<br />
wobei die Raumstandards des KJHG<br />
gültig bleiben<br />
• Eine personelle Verzahnung des Personals<br />
von Grundschule und Hort ist unter Einhaltung<br />
der geltenden Rechtsnormen sinnvoll<br />
und möglich<br />
Zu einer inklusiven Ganztagsgrundschule<br />
gehört die jahrgangs-gemischte Eingangsstufe<br />
Die Veränderung der Schuleingangsphase wird<br />
geleitet von dem Grundgedanken einer Schule<br />
für alle Kinder, in der jedem Kind die individuell<br />
notwendige Zeit für seine Entwicklung gewährleistet<br />
wird. Die Grundlehrgänge in Lesen<br />
/ Schreiben und Rechnen können in 1 bis 3 Jahren<br />
durchlaufen werden. Kinder, die die Ziele<br />
dieser Lehrgänge nicht erreichen, werden beim<br />
Aufrücken in die nächste Klassenstufe weiter<br />
gefördert, wie es ihren Entwicklungsmöglichkeiten<br />
entspricht. Bei dieser Form der individuellen<br />
Förderung erübrigt sich die Festlegung<br />
von lernzieldifferentem Unterrichten im<br />
Förderschwerpunkt Lernen.<br />
Die Schule baut in enger Zusammenarbeit mit<br />
den Kindertagesstätten auf den Erfahrungen<br />
auf, die die Kinder von dort mitbringen. Durch<br />
die Individualisierung des Unterrichts, die Vielfalt<br />
und die kooperativen Strukturen, die eine<br />
jahrgangsgemischte Lerngruppe bietet, unterstützt<br />
von multiprofessionellen Teams aus<br />
Grundschullehrkräften, Förderschullehrkräften<br />
und sozialpädagogischen Fachkräften werden<br />
Möglichkeiten geschaffen, jedes Kind auf der<br />
Basis seines Entwicklungsstandes sowohl in seiner<br />
Persönlichkeit als auch in seiner Lernentwicklung<br />
optimal zu fördern. Auch in den<br />
übrigen Schuljahrgängen der Grundschule können<br />
die Grundsätze individueller Förderung in<br />
jahrgangsübergreifenden Lerngruppen umgesetzt<br />
werden.<br />
Die inklusive Ganztagsgrundschulen mit<br />
jahrgangsgemischter Eingangsstufe<br />
• stellt kein Kind vom Schulbesuch zurück<br />
• fördert die Persönlichkeitsentwicklung des<br />
Kindes<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
182
• ermöglicht besondere individuelle Förderung<br />
für alle Kinder<br />
• nimmt in den Förderschwerpunkten Lernen,<br />
Sprache und emotional-soziale Entwicklung<br />
keine Feststellung des sonderpädagogischen<br />
Förderbedarfs vor<br />
Dazu benötigen wir<br />
• Klassenobergrenzen von höchstens 24<br />
Schülerinnen und Schülern<br />
• Lernentwicklungsberichte für alle Kinder -<br />
keine Ziffernzeugnisse<br />
• das automatische Aufrücken aller Kinder bis<br />
zum Ende der Grundschulzeit - keine Versetzung,<br />
kein Sitzenbleiben<br />
Dazu benötigen wir an jeder Grundschule die<br />
erforderlichen finanziellen, personellen und<br />
sächlichen Ressourcen sowie angemessene<br />
Arbeitsbedingungen und Bezahlung<br />
• gut ausgestattete Klassenräume und Fachräume<br />
sowie Gruppenräume für individuelle<br />
Förderung, Spiel, Rückzug und Bewegung,<br />
Küche und Mensa für das gemeinsame<br />
Mittagessen<br />
• Arbeits- und Sozialräume für die Beschäftigten<br />
• pädagogisch gestaltete Innen- und Außenflächen<br />
• Hygiene- und Sanitärräume<br />
• multiprofessionelle Teams, die gemeinsam<br />
die Klassenleitung wahrnehmen, bestehend<br />
aus allgemein bildenden und sozialpädagogischen<br />
Lehrkräften und Förderschullehrkräften,<br />
die fest der Grundschule zugeordnet<br />
sind<br />
• eine systemische Zuweisung von Förderschullehrkräften<br />
für die Förderschwerpunkte<br />
Lernen, Sprache und emotional-soziale<br />
Entwicklung in Form einer Grundversorgung,<br />
die die Bildung multiprofessioneller<br />
Teams, Prävention und Beratung, sowie<br />
die gezielte sonderpädagogische Förderung<br />
ermöglicht<br />
• die Erweiterung der Grundversorgung entsprechend<br />
den besonderen sozialkulturellen<br />
Herausforderungen und besonderen<br />
Bedingungen des Schuleingangsbezirks<br />
• die Bereitstellung von Ressourcen für individuelle<br />
Förderbedarfe in den Förderschwerpunkten<br />
geistige und körperliche<br />
Entwicklung sowie bei Sinnesbeeinträch-<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
183
tigungen erfolgt anhand der vor der Einschulung<br />
in die Grundschule festgestellten<br />
Förderbedarfs<br />
• Förderzentren statten die Grundschulen<br />
mit den Förderschullehrkräften aus und<br />
verteilen die Förderschullehrkräfte für die<br />
systemische Absicherung der erweiterten<br />
Grundversorgung, sorgen für Beratung der<br />
Grundschulen, der Eltern und der Kommunen<br />
und organisieren die Fortbildung der<br />
Förderschullehrkräfte, der pädagogischen<br />
MitarbeiterInnen und der Therapeuten<br />
• die Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte<br />
und des nicht lehrenden Schulpersonals<br />
muss so reduziert werden, dass Zeiten für<br />
Koordination und Beratung, Vor- und Nachbereitung<br />
der Arbeit angemessen berücksichtigt<br />
werden<br />
• die Diskriminierung der in der Grundschule<br />
beschäftigten Lehrkräfte und des nicht lehrenden<br />
Schulpersonals muss beendet werden.<br />
Die Bezahlung muss sich an der Studiendauer<br />
orientieren und nicht am Alter der<br />
SchülerInnen<br />
• konzeptionelle Schulsozialarbeit<br />
• pädagogisch ausgebildetes Stammpersonal<br />
in sicheren Arbeitsverhältnissen<br />
• außerschulische Kooperationen sind als Zusatzangebote<br />
zulässig und erwünscht<br />
Übergang in die Sekundarstufe I<br />
Beim Übergang in die Sekundarstufe I muss der<br />
individuelle Förderbedarf in allen Förderschwerpunkten<br />
ermittelt werden, um die<br />
erforderlichen Informationen über den<br />
erforderlichen lernzieldifferenten Unterricht<br />
und den Einsatz der Förderschullehrkräfte und<br />
des sozialpädagogischen Fachpersonals rechtzeitig<br />
vor Eintritt in den ersten Schuljahrgang<br />
der Sekundarstufe zu ermitteln. Eine systemische<br />
Zuweisung von Förderpädagogen ist im<br />
Rahmen des bestehenden gegliederten Schulsystems<br />
nicht möglich, weil die Schulformen<br />
des gegliederten Schulsystems von den Eltern<br />
unterschiedlich angewählt werden. Insbesondere<br />
Gesamtschulen / Gemeinschaftsschulen,<br />
sowie Realschulen oder verbundene<br />
Haupt- und Realschulen werden aufgrund der<br />
sozialen Herkunft der SchülerInnen in den<br />
Förderschwerpunkten Lernen und sozial-emotionale<br />
Entwicklung wesentlich häufiger angewählt<br />
als Gymnasien. Deshalb ist beim<br />
Übergang in die Sekundarstufe I eine gezielte<br />
Steuerung des Einsatzes von Förderschul-<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
265<br />
184
lehrkräften und nicht lehrendem Schulpersonal<br />
erforderlich.<br />
Optimierung der Schulgröße<br />
Die Weiterentwicklung der Grundschule zur inklusiven<br />
Ganztagsgrundschule stellt hohe Anforderungen<br />
an die Qualität der pädagogischen<br />
Arbeit, die nur bei einer adäquaten Personalausstattung<br />
in multiprofessionellen Teams, die<br />
gemeinsam in einer Klasse arbeiten, und bei einer<br />
Absenkung der Klassenobergrenzen möglich<br />
ist. Ohne zusätzliche Ressourcen sind die<br />
hohen Erwartungen der Eltern an eine<br />
moderne Grundschule nicht zu erfüllen.<br />
Zugleich bedarf es aber auch einer Optimierung<br />
der Schulgröße. Den Anforderungen einer<br />
inklusiven Ganztagsgrundschule kann eine<br />
2-zügige Schule sicherlich entsprechen. In dicht<br />
besiedelten Regionen ist eine 2- und<br />
mehrzügige Grundschule eine sinnvolle<br />
Schulgröße. Die Dauer des Schulwegs ist dort<br />
zumutbar. Anders ist es in weniger dicht besiedelten<br />
Gebieten. Hier plädieren wir für Kompromisse<br />
in der Zügigkeit, da diese vernünftig<br />
sein können. Allerdings unter einer bedeutsamen<br />
Einschränkung: Abstriche bei den Qualitätsanforderungen<br />
darf es auch bei diesen<br />
Schulen nicht geben.<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
185
3.18 Inklusion an berufsbildenden Schulen<br />
Antragsteller: BFGA kaufmännische Schulen<br />
und BFGA gewerbliche Schulen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Empfehlung wird nachgereicht<br />
Ausgehend davon, dass die <strong>GEW</strong> die Umsetzung<br />
der UN-Behindertenrechtskonvention<br />
in allen Bildungseinrichtungen befürwortet,<br />
setzt sie sich in berufsbildenden Schulen dafür<br />
ein, dass praktische Schritte unternommen<br />
werden, um allen Menschen die Teilhabe am<br />
gesellschaftlichen Leben, in der Schule, in der<br />
Ausbildung und im Berufsleben zu ermöglichen<br />
und bestehende Barrieren zu beseitigen. <strong>Das</strong><br />
Recht auf Ausbildung und Arbeit gilt für alle<br />
Menschen und hat somit Konsequenzen für berufsbildende<br />
Schulen.<br />
Deshalb fordern wir:<br />
- Inklusion in der Berufsausbildung muss als<br />
übergreifendes Ziel haben, dass alle Menschen<br />
nach ihren individuellen Möglichkeiten einen<br />
Ausbildungsabschluss erhalten. In diesem<br />
Sinne müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
angepasst werden (Berufsbildungsgesetz,<br />
Sozialgesetzbücher etc.).<br />
- Inklusion muss als integraler Bestandteil<br />
der gesamten Schulentwicklung begriffen und<br />
als Aufgabe aller am Schulleben Beteiligter betrachtet<br />
werden. Ziel ist in der berufsbildenden<br />
Schule Inklusion als Leitgedanke zu verankern<br />
und zu praktizieren.<br />
- Berufsbildende Schulen müssen grundsätzlich<br />
barrierefrei sein.<br />
- Der Übergang aus Ausbildungs- und Beschäftigungsverhältnissen<br />
aus noch vorhandenen<br />
Werkstätten für Behinderte in den Ausbildungs-<br />
und Arbeitsmarkt wird angestrebt<br />
und möglichst weitgehend realisiert.<br />
- Inklusion braucht ausreichende Ressourcen,<br />
u .a. muss die Ressourcenzuteilung für berufsbildende<br />
Schulen so erfolgen, dass multiprofessionelle<br />
Teams ermöglicht und für inklusives<br />
Lernen geeignete Gruppengrößen eingehalten<br />
werden. Dazu muss ein Gesamtkonzept<br />
für die Zusammenarbeit der unterschiedlichen<br />
Professionen entwickelt werden.<br />
- Der Anspruch auf gemeinsames Lernen<br />
wird in wohnortnahen berufsbildenden<br />
Schulen realisiert.<br />
- Für Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen<br />
werden zur Inklusion ausreichende Aus- und<br />
Fortbildungsangebote von hoher Qualität geschaffen.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
186
- In der Berufsorientierung wird eine gezielte<br />
personenbezogene Beratung und Begleitung<br />
von der allgemeinbildenden Schule bis in den<br />
Arbeitsprozess hinein angeboten, und zwar für<br />
alle Jugendlichen.<br />
- In den Ausbildungsbetrieben, bei den zuständigen<br />
Stellen (u .a. Kammern), bei der<br />
Bundesagentur für Arbeit sowie den Gebietskörperschaften<br />
und den Ministerien ist eine erhöhte<br />
Sensibilisierung für Inklusion nötig.<br />
- Im DGB und seinen Einzelgewerkschaften<br />
wird Inklusion in Ausbildung und Beschäftigung<br />
als Handlungsfeld für Betriebs- und Personalräte<br />
und Ausbildungsvertretungen sowie andere<br />
gewerkschaftliche Akteure bearbeitet.<br />
Begründung<br />
In der UN-Behindertenrechtskonvention wird<br />
sich folgendermaßen auf berufliche Bildung<br />
wie auch lebenslanges Lernen bezogen:<br />
UN-Behindertenrechtskonvention<br />
Artikel 24 - Bildung:<br />
(1) "Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht<br />
von Menschen mit Behinderungen auf Bildung.<br />
Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf<br />
der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen,<br />
gewährleisten die Vertragsstaaten<br />
ein integratives [inklusives] Bildungssystem auf<br />
allen Ebenen und lebenslanges Lernen … ."<br />
(5) "Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass<br />
Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung<br />
und gleichberechtigt mit anderen<br />
Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung,<br />
Erwachsenenbildung und<br />
lebenslangem Lernen haben. Zu diesem Zweck<br />
stellen die Vertragsstaaten sicher, dass für<br />
Menschen mit Behinderungen angemessene<br />
Vorkehrungen getroffen werden."<br />
Artikel 27 - Arbeit und Beschäftigung:<br />
(1) "Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche<br />
Recht von Menschen mit Behinderungen<br />
auf Arbeit; dies beinhaltet das Recht auf die<br />
Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit<br />
zu verdienen, die in einem offenen, integrativen<br />
und für Menschen mit Behinderungen<br />
zugänglichen Arbeitsmarkt frei gewählt werden<br />
können."<br />
<strong>Das</strong> hat folgende Konsequenzen:<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
187
1. Teilhabe an der Gesellschaft / Barrierefreiheit<br />
Wahrhaftige Teilhabe an dem gesellschaftlichen<br />
Leben beinhaltet insbesondere auch die<br />
Integration in das Arbeitsleben. Ein selbstbestimmtes<br />
Leben setzt auch die Möglichkeit voraus,<br />
seinen Lebensunterhalt durch Arbeit zu finanzieren<br />
und dafür eine berufliche Ausbildung<br />
zu absolvieren. Innerhalb der Diskussion muss<br />
hier jedoch unterschieden werden zwischen<br />
vollschulischen (Aus-) Bildungsgängen und der<br />
dualen Berufsausbildung. Für die schulischen<br />
Bildungsgänge und den schulischen Teil der<br />
dualen Ausbildung, für die die Bildungsminister<br />
der Länder die Verantwortung tragen, gelten<br />
die gleichen Forderungen an eine inklusive Beschulung<br />
wie für allgemeinbildende Schulen.<br />
Dies sind insbesondere laut Beschluss des<br />
Gewerkschaftstages 2009 (Auszug):<br />
"Eindeutiger - gesetzlich verankerter - Vorrang<br />
des gemeinsamen Unterrichts (GU) vor der separierenden<br />
Unterrichtung. Jedes Kind und<br />
jeder Jugendlicher hat einen gesetzlichen Anspruch<br />
auf gemeinsamen Unterricht in einer<br />
wohnortnahen Schule. […] Ausreichende<br />
sonderpädagogische, sozialpädagogische und<br />
pflegerische Ressourcenzuteilung an den Regelschulen<br />
und berufsbildenden Schulen. Beseitigung<br />
aller schulstrukturell bedingten Hindernisse.<br />
<strong>Das</strong> bedeutet, zielgleichen sowie zieldifferenten<br />
Unterricht nicht nur in der Grundschule,<br />
sondern auch in allen Schulformen /<br />
Schulen der Sekundarstufe I / II zu ermöglichen<br />
und mittelfristig eine vollständig inklusive<br />
Schule ohne Selektion zu schaffen. Schaffung<br />
von Barrierefreiheit in allen allgemein bildenden<br />
und berufsbildenden Schulen. Klar geregelter<br />
Nachteilsausgleich bei Prüfungen und Klassenarbeiten.<br />
[…] Gezielte Aus- und<br />
Fortbildungsangebote für Berufsschullehrer,<br />
Regel- und Förderschullehrkräfte in Integrations-/Inklusionspädagogik."<br />
2. Recht auf Ausbildung ("Ausbildungsgarantie")<br />
als Voraussetzung für eine Durchsetzung<br />
der UN-Behindertenkonvention - berufliche<br />
Qualifizierung, Inklusion auch in beruflicher<br />
Fort- und Weiterbildung<br />
Eine Herausforderung stellt allerdings die<br />
konkrete Ausbildung im Betrieb dar. Für die<br />
Umsetzung einer Inklusion in der Berufsausbildung<br />
gelten folgende Aspekte: Da für Inklusion<br />
in der Berufsausbildung als erstes Ziel<br />
gilt, dass Menschen mit Behinderung einen<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
188
vollwertigen Ausbildungsabschluss erhalten,<br />
sind erst dann im Rahmen einer zieldifferenten<br />
Inklusion entsprechend § 66 BBiG Abschlüsse<br />
mit verminderten Anforderungen anzustreben,<br />
wenn dies aufgrund der Schwere der Behinderung<br />
nicht anders möglich ist. Die Berufsausbildung<br />
muss so weiterentwickelt werden,<br />
dass die Voraussetzungen geschaffen werden,<br />
die in Artikel 27 (1) der UN-Konvention<br />
festgelegten Bedingungen zu erreichen. Deshalb<br />
ist es erforderlich, dass die §§ 64 ff Berufsbildungsgesetz<br />
angepasst werden.<br />
Die für Inklusion wichtigen Bestimmungen in<br />
den Sozialgesetzbüchern müssen überprüft<br />
werden.<br />
3. Beratungssystem ausbauen, Kooperation,<br />
individuelle Fallbearbeitung<br />
Voraussetzung für einen inklusiven Übergang<br />
von der allgemeinbildenden Schule in die Berufsausbildung<br />
ist eine möglichst frühe Lebensund<br />
Arbeitsweltorientierung. Sie basiert darauf,<br />
dass Jugendliche ihre Stärken und Neigungen<br />
erkennen und dass diese individuell gefördert<br />
werden. Es kommt darauf an, ihre Persönlichkeit<br />
entsprechend zu stärken, so dass sie zunehmend<br />
selbständiger ihren Lern- und Entwicklungsprozess<br />
steuern und ihren Berufsund<br />
Lebensweg planen können. Zur Lebensund<br />
Arbeitsweltorientierung gehört auch eine<br />
Kooperation mit berufsbildenden Schulen, mit<br />
der Agentur für Arbeit, mit der regionalen Wirtschaft,<br />
sowie mit den Sozialpartnern. Parallel<br />
dazu ist ein Beratungssystem zu installieren,<br />
das alle regionalen Akteure und Institutionen<br />
mit einbezieht und die Jugendlichen bis in die<br />
Berufsausbildung und Beschäftigung hinein begleitet.<br />
4. Finanzierung der Inklusion<br />
Inklusion ist nicht zum Nulltarif zu haben. <strong>Das</strong><br />
ist in den Zeiten der Schuldenbremse und öffentlichen<br />
Sparpolitik besonders zu betonen.<br />
Die <strong>GEW</strong> hat in dem 2012 veröffentlichten Gutachten<br />
"Bildungsfinanzierung für das 21.<br />
Jahrhundert" dargelegt, wie höhere Bildungsausgaben<br />
finanziert werden können.<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
189
3.19 Abbau von Geschlechterstereotypen<br />
und Diskriminierung wegen der sexuellen<br />
Orientierung und Identität in<br />
Schulbüchern und anderen<br />
Unterrichtsmedien und -materialien<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Antragsteller: Hauptvorstand,<br />
Bundesfrauenausschuss<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich umfassend ein für<br />
• die Verwirklichung von Geschlechtergerechtigkeit,<br />
• für die Umsetzung des Rechts von Jungen<br />
wie Mädchen auf eine sensible Begleitung im<br />
Prozess der geschlechtlichen Sozialisation<br />
sowie<br />
• die Vermeidung von Zuordnungen und Einengungen<br />
auf Basis von Geschlechterstereotypen<br />
in pädagogischen Settings.<br />
Pädagog_innen brauchen dazu Genderkompetenz,<br />
d.h. Wissen über die historische Entwicklung<br />
und gegenwärtige Bedeutung von Geschlechterkonstruktionen<br />
und welche Privilegien<br />
und Nachteile mit ihnen einhergehen – einschließlich<br />
der negativen Effekte von Männlichkeitsbildern<br />
und Weiblichkeitsbildern auf<br />
die Persönlichkeitsentwicklung und Lernerfolge<br />
von Jungen und von Mädchen, sowie eine<br />
Reflexion ihrer eigenen Biographie hinsichtlich<br />
Geschlechterrollen.<br />
In einer Umwelt, in der Heterosexualität die<br />
Norm ist, setzt sich die <strong>GEW</strong> dafür ein, Vielfalt<br />
wertzuschätzen und Unterschieden Raum zu<br />
geben, damit lesbische Mädchen und schwule<br />
Jungen, Trans*- oder Inter*-Jugendliche auf der<br />
schwierigen Suche nach ihrer Identität nicht<br />
allein gelassen werden. Auch Kinder und<br />
Jugendliche mit lesbischen Müttern, schwulen<br />
Vätern, Trans*- oder Inter*-Angehörigen sollen<br />
sich in Schulbüchern wiederfinden.<br />
Die <strong>GEW</strong> engagiert sich<br />
• gegen Diskriminierung von Lesben,<br />
Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Inter*, so<br />
dass alle Kinder und Jugendlichen in der Schule<br />
ihr Potential besser entfalten können,<br />
• gegen Diskriminierung wegen der sexuellen<br />
Orientierung und Identität und für eine wertschätzende<br />
Darstellung von Vielfalt in<br />
Schulbüchern,<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
190
• für den Abbau von Geschlechterstereotypen<br />
und für eine geschlechtergerechte<br />
Bildung<br />
• für Qualitätsstandards für gleichstellungsorientierte<br />
und realitätsnahe Schulbücher.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Kultusministerien auf, ihrer<br />
rechtlichen Verantwortung für Antidiskriminierung<br />
wegen der sexuellen Orientierung und<br />
des Geschlechts und für Gleichstellung nachzukommen<br />
und<br />
• die Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit<br />
in der Bildung aktiv zu fördern, um Jungen<br />
und Mädchen unabhängig von ihrer ökonomischen<br />
Lage, ihren Fähigkeiten, dem Bildungsstand<br />
ihrer Familie, ihrer sexuellen Identität, ihrer<br />
Migrationsgeschichte so wie kulturellem<br />
Hintergrund und Praktiken die gleichen Chancen<br />
zu bieten,<br />
• regelmäßig zu überprüfen, ob der rechtliche<br />
Gleichstellungsauftrag und das Verbot von<br />
Diskriminierung durch Normen wie in der UN-<br />
Frauenrechtskonvention (CEDAW), im Grundgesetz,<br />
im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz<br />
(AGG) oder in den die Schulgesetze der<br />
Bundesländer in Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien<br />
verankert sind, beachtet<br />
werden,<br />
• Lerninhalte rund um Gender und LSBTI<br />
fächerübergreifend in alle Bildungsstandards,<br />
Lehrpläne und Richtlinien und auch in Orientierungs-<br />
und Referenzrahmen für Schulqualität<br />
zu integrieren,<br />
• die Verwendung einer geschlechtergerechten<br />
Sprache als Qualitätsstandard zu verankern,<br />
• für Zulassungsverfahren Anforderungen<br />
und Kriterien in Bezug auf den Abbau von Geschlechterstereotypen<br />
und Diskriminierung<br />
wegen der sexuellen Orientierung/Identität in<br />
Schulbüchern zu entwickeln und anwendungsorientiert<br />
zu konkretisieren,<br />
• die Inhalte der Lehramtsaus- und -<br />
weiterbildung zeitnah in allen drei Phasen um<br />
ein Pflichtmodul zu Gender, sexueller Vielfalt<br />
und Diversity zu ergänzen,<br />
• außerschulische Träger, die Aufklärungsarbeit<br />
an Schulen leisten, finanziell und ideell<br />
zu unterstützen,<br />
• über die Landeszentralen für politische<br />
Bildung und die für gesundheitliche Aufklärung<br />
sowie die Bundeszentralen ergänzende Unterrichtsmaterialien<br />
zur Verfügung zu stellen.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
191
Die <strong>GEW</strong> appelliert an Lehrer_innen und<br />
Schulleitungen, ihre Verantwortung wahrzunehmen<br />
und<br />
• sich für geschlechtergerechte Bildung<br />
einzusetzen und das Prinzip des Gender Mainstreaming<br />
konsequent bei allen schulischen<br />
Prozessen anzuwenden,<br />
• das Engagement von Lehrer_innen und<br />
Schüler_innen, die sich für mehr Gleichstellung<br />
und gegen Diskriminierung wegen des Geschlechts<br />
und der sexuellen Orientierung an<br />
Schulen einsetzen, wertzuschätzen und zu unterstützen,<br />
• sich in Lehrplankommissionen oder als beratende_r<br />
Lehrer_in bei Schulbuchverlagen für<br />
den Abbau von Geschlechterstereotypen und<br />
gegen Diskriminierung wegen des Geschlechts<br />
und der sexuellen Orientierung einzusetzen,<br />
• in Fachkonferenzen bei der Auswahl von<br />
Schulbüchern als ein zentrales Kriterium zu berücksichtigen,<br />
ob diese die oben formulierten<br />
inhaltlichen Forderungen zur Gestaltung von<br />
Schulbüchern realisieren,<br />
• bei der Auswahl von Schulbüchern<br />
Schulbuchverlage zu informieren, wenn sich<br />
Fachkonferenzen gegen Schulbücher oder Unterrichtsmaterialien<br />
entschieden haben, weil<br />
sie Geschlechterstereotype reproduzieren,<br />
• als Pädagogen und Pädagoginnen offen für<br />
die Reflektion eigener Geschlechterrollen zu<br />
sein,<br />
• sich kooperativ für die gleichen Chancen<br />
auf Bildung unabhängig vom Geschlecht der<br />
Lernenden zu engagieren,<br />
• mit Schüler_innen Inhalte von Schulbüchern<br />
kritisch zu reflektieren, insbesondere<br />
wenn diese Geschlechterstereotype reproduzieren<br />
oder LSBTI diskriminieren,<br />
• Unterrichtsmaterialien und Methoden zu<br />
Gender und LSBTI zu nutzen, um Themen<br />
einzubringen, die bislang in Schulbüchern unterrepräsentiert<br />
oder nicht angemessen aufbereitet<br />
sind,<br />
• schulinterne Weiterbildungen zu sexueller<br />
Vielfalt und Diversity zu veranstalten bzw. bei<br />
anderen Trägern zu besuchen, um sich für den<br />
Unterricht, aber auch für die Diskussion mit<br />
Eltern- und Schüler_innenvertretungen zu<br />
qualifizieren,<br />
• mit außerschulischen Trägern und Projekten<br />
zur Aufklärung über Gender und LSBTI zusammenzuarbeiten,<br />
• LSBTI und die Gleichstellung der Geschlechter<br />
in Schulentwicklungsprozessen, Leitbildern,<br />
100<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
192
Schulprogrammen sichtbar zu machen und so<br />
zu einem diskriminierungsfreien Schulklima<br />
beizutragen. Die <strong>GEW</strong> fordert die<br />
Schulbuchverlage auf, ihrer Verantwortung für<br />
den Abbau von Geschlechterstereotypen und<br />
für die Darstellung der Vielfalt von Lebensformen<br />
nachzukommen und<br />
• bei der Konzeption von Schulbüchern und<br />
Unterrichtsmaterialien den Stand der wissenschaftlichen<br />
Forschung zu berücksichtigen,<br />
dass Zweigeschlechtlichkeit eine Norm und<br />
keine biologische Tatsache ist,<br />
• historische und aktuelle Diskriminierung zu<br />
thematisieren und die sozialen Bewegungen,<br />
die für rechtlichen Diskriminierungsschutz<br />
gekämpft haben, darzustellen,<br />
• die Bücher und Materialien so zu gestalten,<br />
dass sie Schüler_innen motivieren, sich selbstbewusst<br />
gegen Diskriminierung zu wehren und<br />
konkrete Handlungsansätze anzubieten,<br />
• in den Texten eine geschlechtergerechte<br />
und nicht-diskriminierende Sprache zu verwenden,<br />
• die Lebensrealitäten von Trans* und Inter*<br />
einzubeziehen und zu enttabuisieren,<br />
• die Repräsentation von Menschen, die<br />
nicht Geschlechterstereotypen entsprechen,<br />
und von homo- und bisexuellen Menschen<br />
deutlich zu erhöhen,<br />
• durch die Gestaltung von Schulbüchern und<br />
Unterrichtsmaterialien die Reflektion und den<br />
Abbau von geschlechterbezogenen Vorurteilen<br />
und Zuschreibungen zu unterstützen, z.B. indem<br />
vielfältige Männlichkeitsbilder in den<br />
Schulbüchern vorkommen,<br />
• Diversity, Gleichstellung und Antidiskriminierung<br />
als Qualitätskriterien für Schulbücher<br />
und Unterrichtsmaterialien zu etablieren und<br />
ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend<br />
fachlich zu qualifizieren und<br />
• die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zur<br />
Gleichstellung zu überwachen.<br />
Anmerkungen (Bestandteil des Antragstexts):<br />
• LSBTI steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle,<br />
Trans* und Inter*.<br />
• <strong>Das</strong> Sternchen (*) wird als Platzhalter verwendet.<br />
Inter* und Trans* als Substantive<br />
sowie inter* und trans* als Adjektive sind<br />
Oberbegriffe und umfassen jeweils unterschiedliche<br />
Formen und Bezeichnungen: Inter*<br />
fungiert als deutscher Oberbegriff für Intersexuelle,<br />
Intersex, Hermaphroditen, Zwitter,<br />
Intergender sowie inter- oder zwischenge-<br />
155<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
193
schlechtliche Menschen, die mit einem Körper<br />
geboren sind, der den typischen geschlechtlichen<br />
Standards und Normen von Mann und<br />
Frau nicht entspricht. Trans* fungiert als deutscher<br />
Oberbegriff für Transsexuelle, Transgender,<br />
Transidente, Transvestiten und andere<br />
Menschen, die sich nicht dem Geschlecht<br />
zugehörig fühlen, das ihnen bei ihrer Geburt<br />
zugewiesen wurde und auch solche, die sich<br />
Vergeschlechtlichungsprozessen ganz entziehen<br />
wollen.<br />
• Der Unterstrich (_), auch Gender-Gap genannt,<br />
wird als Instrument genderreflektierter<br />
Sprache verwendet. Er stellt einen Platzhalter<br />
zwischen den Geschlechtern dar, um vielfältigere<br />
geschlechtliche Identitäten sichtbar zu<br />
machen und die Norm der Zweigeschlechtlichkeit<br />
in Frage zu stellen.<br />
Begründung<br />
Die <strong>GEW</strong> hat sich in § 3 ihrer Satzung auf den<br />
Ausbau der Geschlechterdemokratie und die<br />
Verhinderung und Beseitigung von Diskriminierung<br />
verpflichtet. Es darf nicht vom Geschlecht<br />
einer Person abhängen, d.h. von ihrer körperlichen,<br />
gefühlten, zum Ausdruck gebrachten, von<br />
Anderen wahrgenommen Geschlechtlichkeit,<br />
welche Bildung ihr zugänglich ist, welche sie<br />
erwerben kann und was sie ihr nützt. Wenn Geschlechterverhältnisse<br />
und sexuelle Orientierung<br />
nicht reflektiert werden sind unter anderem<br />
eine ungleiche Verteilung von Schulabschlüssen,<br />
kognitiven und sozialen Kompetenzen,<br />
Bestätigungs- und Diskriminierungserfahrungen,<br />
Entlohnung und Machtressourcen zwischen<br />
den Geschlechtern die Folgen.<br />
Ein Themenschwerpunkt der Arbeit für eine geschlechtergerechte<br />
Bildung ist LSBTI in der<br />
Schule, auch am Beispiel von Geschlechterkonstruktionen<br />
und der Darstellung von Lesben,<br />
Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Inter* in<br />
Schulbüchern.<br />
Schulbücher spielen im Unterrichtsalltag eine<br />
zentrale Rolle. Sie sind ein Politikum, denn das<br />
in Schulbüchern didaktisch aufbereitete Wissen<br />
ist keine Abbildung neutraler Fakten. Verschiedene<br />
Akteure handeln mittels Bildungsstandards<br />
und Lehrplänen aus, welches Wissen<br />
als gesellschaftlich relevant gilt. Leistungskontrollen<br />
verleihen ihm eine hohe Legitimation.<br />
So entsteht der Eindruck, in Schulbüchern<br />
werde Schüler_innen „die Wahrheit“ vermit-<br />
210<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
194
telt. Dies ist umso brisanter als in Schulbüchern<br />
auch implizit Normen und Werte vermittelt<br />
werden: Welche Hobbys haben „richtige“ Jungen?<br />
Wer macht die Hausarbeit? Wie sieht eine<br />
Familie aus?<br />
Die Schulbuchforschung zeigt, dass auch heute<br />
in Schulbüchern noch Geschlechterstereotype<br />
reproduziert werden und dass Lesben,<br />
Schwule, Bisexuelle, Trans* und Inter* (LSBTI)<br />
im Vergleich mit der tatsächlichen Vielfalt von<br />
Menschen und Lebensformen völlig unterrepräsentiert<br />
sind. Dies widerspricht dem rechtlichen<br />
Gebot der Gleichstellung, Antidiskriminierung<br />
und Förderung der Entwicklung aller<br />
Schüler_innen.<br />
Nach den rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
liegen der Schutz vor Diskriminierung und die<br />
Durchsetzung tatsächlicher Gleichstellung im<br />
Bildungssystem im Verantwortungsbereich<br />
staatlicher Institutionen. Dies regeln insbesondere<br />
internationale Normen wie die UN-<br />
Frauenrechtskonvention CEDAW (Convention<br />
on the Elimination of All Forms of Discrimination<br />
against Women), das Grundgesetz (Gleichstellungsauftrag<br />
in § 3) und die Schulgesetze<br />
der Bundesländer. Aus diesen und anderen<br />
Rechtsvorschriften lassen sich Anforderungen<br />
für Schulbücher in Bezug auf den Abbau von<br />
Geschlechterstereotypen und Diskriminierung<br />
wegen der sexuellen Orientierung/Identität<br />
und die Darstellung vielfältiger Menschen und<br />
Lebensformen ableiten.<br />
Im Zwischenbericht Band II des Runden Tisches<br />
Sexueller Kindesmissbrauch vom 01.12.2010<br />
wird u.a. gefordert, dass „die schulische und<br />
außerschulische Sexualerziehung erheblich<br />
dazu beiträgt, dass Kinder und Jugendliche ihre<br />
eigene Sexualität entwickeln können. Dazu<br />
gehören ein realistisches Selbstkonzept, eine<br />
realistische Wahrnehmung der Selbstwirksamkeit<br />
sowie ein eigenes Selbstwertgefühl“.<br />
Kinder und Jugendliche „haben ein Recht auf<br />
die Entwicklung ihrer eigenen Sexualität, auf<br />
Zugang zu Ansprechpersonen und –organisation,<br />
denen sie sich anvertrauen können.“ Im<br />
Bericht der Hohen Kommissarin der Vereinten<br />
Nationen für Menschenrechte an den Menschenrechtsrat<br />
vom 17. November 2011 heißt<br />
es: „Der Menschenrechtsausschuss, der Ausschuss<br />
für wirtschaftliche, soziale und<br />
kulturelle Rechte und der Kinderrechtsaus-<br />
265<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
315<br />
195
schuss zeigten sich besorgt über homophobe<br />
Diskriminierung an Schulen und forderten<br />
Maßnahmen, um homophoben und transphoben<br />
Haltungen entgegenzuwirken.“<br />
320<br />
196
3.20 Abbau von Geschlechterstereotypen<br />
und Diskriminierung wegen der sexuellen<br />
Orientierung und Identität in<br />
Schulbüchern, realitätsnahe Darstellung<br />
der Vielfalt von Menschen und<br />
Lebensformen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Material zu Antrag 3.19<br />
Antragsteller: LV Rheinland-Pfalz<br />
Schulbücher spielen im Unterrichtsalltag eine<br />
zentrale Rolle. Sie sind ein Politikum, denn das<br />
in Schulbüchern didaktisch aufbereitete Wissen<br />
ist keine Abbildung neutraler Fakten. Verschiedene<br />
Akteure handeln mittels Bildungsstandards<br />
und Lehrplänen aus, welches Wissen<br />
als gesellschaftlich relevant gilt. Leistungskontrollen<br />
verleihen ihm eine hohe Legitimation.<br />
So entsteht der Eindruck, in Schulbüchern<br />
werde Schüler_innen "die Wahrheit" vermittelt.<br />
Dies ist umso brisanter als in Schulbüchern<br />
auch implizit Normen und Werte vermittelt<br />
werden: Welche Hobbys haben "richtige" Jungen?<br />
Wer macht die Hausarbeit? Wie sieht eine<br />
Familie aus?<br />
Die Schulbuchforschung zeigt, dass auch heute<br />
in Schulbüchern noch Geschlechterstereotype<br />
reproduziert werden und dass Lesben,<br />
Schwule, Bisexuelle, Trans* und Inter* (LSBTI)<br />
im Vergleich mit der tatsächlichen Vielfalt von<br />
Menschen und Lebensformen völlig unterrepräsentiert<br />
sind. Dies widerspricht dem rechtlichen<br />
Gebot der Gleichstellung, Antidiskriminierung<br />
und Förderung der Entwicklung aller<br />
Schüler_innen.<br />
In einer Umwelt, in der Heterosexualität die<br />
Norm ist, setzt sich die <strong>GEW</strong> dafür ein, Vielfalt<br />
wertzuschätzen und Unterschieden Raum zu<br />
geben, damit lesbische Mädchen und schwule<br />
Jungen, Trans*- oder Inter*-Jugendliche auf der<br />
schwierigen Suche nach ihrer Identität nicht<br />
allein gelassen werden. Auch Kinder und<br />
Jugendliche mit lesbischen Müttern, schwulen<br />
Vätern, Trans*- oder Inter*-Angehörigen wollen<br />
sich in Schulbüchern wiederfinden.<br />
Die <strong>GEW</strong> engagiert sich<br />
• für den Abbau von Geschlechterstereotypen<br />
und Diskriminierung wegen der<br />
sexuellen Orientierung und Identität und für<br />
eine wertschätzende Darstellung von Vielfalt in<br />
Schulbüchern,<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
197
• gegen Diskriminierung von Lesben,<br />
Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Inter*, so<br />
dass alle Kinder und Jugendlichen in der Schule<br />
ihr Potential besser entfalten können,<br />
• für Qualitätsstandards für gleichstellungsorientierte<br />
und realitätsnahe Schulbücher.<br />
Verantwortung der Schulbuchverlage<br />
Geschlechterstereotype dürfen in Schulbüchern<br />
nicht reproduziert werden und müssen<br />
aktiv in Frage gestellt werden, indem beispielsweise<br />
auch Kinder und Jugendliche abgebildet<br />
werden, deren Aussehen, Interessen oder Verhalten<br />
Geschlechternormen überschreiten. <strong>Das</strong><br />
können Jungen sein, die Tanzunterricht nehmen<br />
und Frauen, die beruflich LKW fahren.<br />
Oder auch Männer, die Elternzeit nehmen und<br />
Mädchen, die sehr ungehorsam sind. Alle<br />
Schulbücher sollen geschlechtergerechte und<br />
nicht-diskriminierende Sprache verwenden.<br />
Gendertheoretisches Wissen, das die gesellschaftliche<br />
Komponente von "Geschlecht"<br />
ausführlich erklärt und zeigt, dass die klare<br />
Trennung von zwei Geschlechtern eine soziale<br />
Norm und keine biologische Tatsache ist, soll<br />
als eine wissenschaftliche Position bei der Konzeption<br />
von Schulbüchern berücksichtigt werden.<br />
Die historische und aktuelle Diskriminierung<br />
aufgrund des Geschlechts und der sexuellen<br />
Identität so wie alle anderen Formen von<br />
Diskriminierung müssen in allen Fächern und<br />
fächerübergreifend angesprochen werden.<br />
Ebenso die Geschichten sozialer Bewegungen,<br />
die gegen Unterdrückung und Ungleichheit<br />
kämpften und mit ihrem Engagement rechtliche<br />
Diskriminierungsverbote erwirkt haben<br />
und für die Verwirklichung dieser Rechte<br />
kämpfen. Die Schüler_innen sollen motiviert<br />
werden, selbstbewusst Diskriminierung entgegen<br />
zu treten und konkrete Handlungsansätze<br />
kennenlernen.<br />
Die Lebensrealität von Trans* und Inter* darf<br />
nicht ausgeblendet, tabuisiert oder abgewertet<br />
werden. Zahlreiche Kinder und Jugendliche sind<br />
selbst lesbisch, schwul, bisexuell, trans* oder<br />
inter* und statistisch betrachtet kennen alle<br />
aus ihrem sozialen Umfeld Menschen, die sich<br />
so identifizieren. Ihre Erfahrungen müssen repräsentiert<br />
werden, ganz selbstverständlich –<br />
im Mathebuch taucht in einer Aufgabe ein<br />
schwules Paar auf und im Politikunterricht wird<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
198
die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts am<br />
Beispiel des Transsexuellengesetzes erklärt.<br />
Die Schulbuchverlage verstehen die Förderung<br />
von Gleichstellung und Antidiskriminierung als<br />
zentrale Qualitätskriterien aller Schulbücher.<br />
Um sie umzusetzen sollte die Gender- und<br />
Diversity-Kompetenz bei den Mitarbeitenden<br />
durch fachliche Qualifizierung ausgebaut werden.<br />
Dies kann durch Weiterbildung und Beratung<br />
erreicht werden. Der größte Handlungsbedarf<br />
besteht hier thematisch zu Trans* und<br />
Inter*. Weiterhin braucht es Instrumente wie<br />
Monitoring, die es ermöglichen, regelmäßig zu<br />
ermitteln, ob die rechtlichen Vorgaben tatsächlich<br />
eingehalten werden, so dass ggf. nachgebessert<br />
werden kann.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Schulbuchverlage auf,<br />
• bei der Konzeption von Schulbüchern den<br />
Stand der wissenschaftlichen Forschung zu berücksichtigen,<br />
dass Zweigeschlechtlichkeit eine<br />
Norm und keine biologische Tatsache ist,<br />
• die Bücher so zu gestalten, dass sie<br />
Schüler_innen motivieren, sich gegen Diskriminierung<br />
zu wenden und Handlungsansätze<br />
anzubieten,<br />
• in den Texten eine geschlechtergerechte<br />
und nicht-diskriminierende Sprache zu verwenden,<br />
• die Lebensrealitäten von Trans* und Inter*<br />
einzubeziehen und zu enttabuisieren,<br />
• ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fachlich<br />
zu qualifizieren und<br />
• die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zur<br />
Gleichstellung zu überwachen.<br />
Verpflichtung der Ministerien<br />
Rechtliche Normen wie die UN-Frauenrechtskonvention,<br />
die Gender-Richtlinie der EU, das<br />
Grundgesetz, das Allgemeine Gleichstellungsgesetz<br />
oder die Schulgesetze der Bundesländer<br />
verpflichten die staatlichen Institutionen zum<br />
Schutz vor Diskriminierung und zur Durchsetzung<br />
von Gleichstellung. Die Ministerien<br />
sind daher dafür verantwortlich, dass die<br />
Einhaltung rechtlichen Rahmenbedingungen in<br />
Schulbüchern beachtet und regelmäßig überprüft<br />
wird. Gibt es Zulassungsverfahren müssen<br />
diese Anforderungen in den Zulassungskriterien<br />
enthalten sein und anwendungsorientiert<br />
konkretisiert werden, z.B. indem die durchgängige<br />
Verwendung geschlechtergerechter<br />
Sprache verpflichtend zum Qualitätsstandard<br />
100<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
199
erklärt wird. Lerninhalte rund um Gender und<br />
LSBTI müssen in alle Bildungsstandards, Lehrpläne<br />
und Richtlinien und auch in Orientierungs-<br />
und Referenzrahmen für Schulqualität<br />
integriert werden. Die Ministerien werden<br />
zudem aufgefordert, zeitnah die Inhalte der<br />
Lehramtsausbildung zu überarbeiten , so dass<br />
Gender und sexuelle Vielfalt Pflichtmodule der<br />
fachlichen und didaktischen Ausbildung werden<br />
und in Prüfungsordnungen verankert werden.<br />
Aufklärungsprojekte und freie Träger, die an<br />
Schulen Projekttage zu Gender und Sexualität<br />
anbieten, sollen von den Ministerien materiell<br />
gefördert und ideell unterstützt werden. Auch<br />
die Erstellung und Verbreitung von Unterrichtsmaterialien,<br />
die Lehrer_innen als<br />
Ergänzung zu den aktuell überarbeitungsbedürftigen<br />
Schulbüchern nutzen können, soll unterstützt<br />
werden; hier sind auch die Bundeszentrale<br />
für gesundheitliche Aufklärung und die<br />
Bundeszentrale für politische Bildung in der<br />
Pflicht.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Kultusministerien auf,<br />
• regelmäßig zu überprüfen, ob der rechtliche<br />
Gleichstellungsauftrag und das Verbot von<br />
Diskriminierungen in Schulbüchern beachtet<br />
werden,<br />
• für Zulassungsverfahren Anforderungen<br />
und Kriterien in Bezug auf den Abbau von Geschlechterstereotypen<br />
und Diskriminierung<br />
wegen der sexuellen Orientierung/ Identität in<br />
Schulbüchern zu entwickeln und anwendungsorientiert<br />
zu konkretisieren,<br />
• die Verwendung einer geschlechtergerechten<br />
Sprache als Qualitätsstandard zu verankern,<br />
• die Inhalte der Lehramtsausbildung in allen<br />
drei Phasen um Pflichtmodule zu Gender und<br />
sexueller Vielfalt zu ergänzen,<br />
• außerschulische Träger, die Aufklärungsarbeit<br />
an Schulen leisten, finanziell zu unterstützen,<br />
• kurzfristig Unterrichtsmaterialien zur Verfügung<br />
zu stellen,<br />
• in Orientierungs- und Referenzrahmen für<br />
Schulqualität Antidiskriminierungsarbeit als<br />
Qualitätskriterium aufzunehmen.<br />
Handlungsmacht von Lehrer_innen und<br />
Schulen<br />
Auch Lehrer_innen und Schulen können<br />
Einfluss auf Schulbücher und Unterrichtsinhalte<br />
155<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
200
nehmen. Die <strong>GEW</strong> wertschätzt ihr Engagement<br />
und unterstützt alle Kolleg_innen, die sich für<br />
mehr Gleichstellung und gegen Diskriminierung<br />
an Schulen einsetzen.<br />
Alle Lehrer_innen, die selbst in Lehrplankommissionen<br />
oder an Schulbüchern mitwirken,<br />
sind aufgefordert, den Abbau von Stereotypen<br />
und Diskriminierung und vielfältige<br />
Darstellungen von Menschen aktiv zu unterstützen.<br />
Die Fachkonferenzen berücksichtigen<br />
bei der Auswahl von Schulbüchern als ein zentrales<br />
Kriterium, ob diese die oben formulierten<br />
inhaltlichen Forderungen zur Gestaltung<br />
von Schulbüchern realisieren. Sie informieren<br />
die Schulbuchverlage über diese Praxis und<br />
kommunizieren, wenn sie sich gegen den Kauf<br />
von Schulbüchern entscheiden, die Diskriminierung<br />
reproduzieren statt zu kritisieren.<br />
Lehrer_innen sollen im Rahmen ihrer fachlichen<br />
Weiterbildung Seminare und Workshops<br />
zu Gender, sexueller Vielfalt und Diversity angeboten<br />
bekommen, um sie für den Unterricht<br />
aber auch für Diskussion mit Eltern- und Schülervertretungen<br />
zu qualifizieren. Sofern<br />
Schulbücher Geschlechterstereotypen reproduzieren<br />
oder LSBTI diskriminieren sollen sie Wissen<br />
in Schulbüchern in Frage stellen und ihren<br />
Schüler_innen beibringen, reflektiert und kritisch<br />
mit dem Politikum Schulbuch umzugehen.<br />
Sie nutzen einschlägige Unterrichtsmaterialien<br />
und Methoden, um Themen einzubringen, die<br />
bislang in Schulbüchern unterrepräsentiert<br />
sind.<br />
Die <strong>GEW</strong> appelliert an Lehrer_innen und<br />
Schulleitungen,<br />
• sich in Lehrplankommissionen oder als beratende_r<br />
Lehrer_in bei Schulbuchverlagen für<br />
den Abbau von Stereotypen und gegen<br />
Diskriminierung einzusetzen,<br />
• in Fachkonferenzen bei der Auswahl von<br />
Schulbüchern<br />
• Schulbuchverlage zu informieren, wenn sie<br />
sich gegen Schulbücher entschieden haben,<br />
weil sie Geschlechterstereotype reproduzieren,<br />
• schulinterne Weiterbildungen zu sexueller<br />
Vielfalt und Diversity zu veranstalten bzw. bei<br />
anderen Trägern zu besuchen,<br />
• mit Schüler_innen Inhalte von Schulbüchern<br />
kritisch zu reflektieren,<br />
• LSBTI in Schulentwicklungsprozessen,<br />
Leitbildern, Schulprogrammen sichtbar zu ma-<br />
210<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
201
chen und so zu einem diskriminierungsfreien<br />
Schulklima beizutragen.<br />
Begründung<br />
Die <strong>GEW</strong> hat sich in § 3 ihrer Satzung auf den<br />
Ausbau der Geschlechterdemokratie und die<br />
Verhinderung und Beseitigung von Diskriminierung<br />
verpflichtet. Ein Themenschwerpunkt dieser<br />
Arbeit ist LSBTI in der Schule, auch am Beispiel<br />
von Geschlechterkonstruktionen und der<br />
Darstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen,<br />
Trans* und Inter* in Schulbüchern.<br />
Schulbüchern kommt für die Unterrichtspraxis<br />
eine zentrale Bedeutung zu. Sie sind ein Politikum,<br />
denn das Wissen in Schulbüchern gilt als<br />
gesellschaftlich besonders relevant und hat damit<br />
eine normative Funktion.<br />
Nach den rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
liegen der Schutz vor Diskriminierung und die<br />
Durchsetzung tatsächlicher Gleichstellung im<br />
Bildungssystem im Verantwortungsbereich<br />
staatlicher Institutionen. Dies regeln insbesondere<br />
internationale Normen wie die UN-<br />
Frauenrechtskonvention CEDAW (Convention<br />
on the Elimination of All Forms of Discrimination<br />
against Women), das Grundgesetz (Gleichstellungsauftrag<br />
in § 3) und die Schulgesetze<br />
der Bundesländer. Aus diesen und anderen<br />
Rechtsvorschriften lassen sich Anforderungen<br />
für Schulbücher in Bezug auf den Abbau von<br />
Geschlechterstereotypen und Diskriminierung<br />
wegen der sexuellen Orientierung/Identität<br />
und die Darstellung vielfältiger Menschen und<br />
Lebensformen ableiten.<br />
Die Ergebnisse der Schulbuchforschung zeigen,<br />
dass auch aktuelle Schulbücher Geschlechterstereotype<br />
und einschränkende Geschlechternormen<br />
reproduzieren: Mädchen tragen<br />
lange Haare, Männer sind nicht für Hausarbeit<br />
verantwortlich, alle Kinder haben heterosexuelle<br />
Eltern und Trans* und Inter*, also<br />
Menschen, deren Körper oder Identitäten nicht<br />
einer weiblichen oder männlichen Norm entsprechen,<br />
passen nicht ins Bild. Es gibt also<br />
großen Handlungsbedarf, was den Abbau von<br />
Stereotypen und die Repräsentation real existierender<br />
Vielfalt von Menschen und Lebensformen<br />
anbelangt.<br />
265<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
315<br />
202
Anmerkungen<br />
LSBTI steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle,<br />
Trans* und Inter*.<br />
<strong>Das</strong> Sternchen (*) wird als Platzhalter verwendet.<br />
Inter* und Trans* als Substantive sowie inter*<br />
und trans* als Adjektive sind Oberbegriffe<br />
und umfassen jeweils unterschiedliche Formen<br />
und Bezeichnungen: Inter* fungiert als deutscher<br />
Oberbegriff für Intersexuelle, Intersex,<br />
Hermaphroditen, Zwitter, Intergender sowie inter-<br />
oder zwischengeschlechtliche Menschen,<br />
die mit einem Körper geboren sind, der den typischen<br />
geschlechtlichen Standards und Normen<br />
von Mann und Frau nicht entspricht.<br />
Trans* fungiert als deutscher Oberbegriff für<br />
Transsexuelle, Transgender, Transidente,<br />
Transvestiten und andere Menschen, die sich<br />
nicht dem Geschlecht zugehörig fühlen, das ihnen<br />
bei ihrer Geburt zugewiesen wurde und<br />
auch solche, die sich Vergeschlechtlichungsprozessen<br />
ganz entziehen wollen.<br />
Der Unterstrich (_), auch Gender-Gap genannt,<br />
wird als Instrument genderreflektierter Sprache<br />
verwendet. Er stellt einen Platzhalter zwischen<br />
den Geschlechtern dar, um vielfältigere geschlechtliche<br />
Identitäten sichtbar zu machen<br />
und die Norm der Zweigeschlechtlichkeit in<br />
Frage zu stellen.<br />
320<br />
325<br />
330<br />
335<br />
340<br />
345<br />
203
3.21 Abbau von Geschlechterstereotypen<br />
und Diskriminierung wegen der sexuellen<br />
Orientierung und Identität in<br />
Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Erledigt bei Annahme des Antrags 3.19<br />
Antragsteller: LV Berlin<br />
Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich umfassend ein für<br />
• die Verwirklichung von Geschlechtergerechtigkeit,<br />
• für die Umsetzung des Rechts von Jungen<br />
wie Mädchen auf eine sensible Begleitung im<br />
Prozess der geschlechtlichen Sozialisation<br />
sowie<br />
• die Vermeidung von Zuordnungen und Einengungen<br />
auf Basis von Geschlechterstereotypen<br />
in pädagogischen Settings.<br />
Pädagog_innen brauchen dazu Genderkompetenz,<br />
d.h. Wissen über die historische Entwicklung<br />
und gegenwärtige Bedeutung von Geschlechterkonstruktionen<br />
und welche Privilegien<br />
und Nachteile mit ihnen einhergehen – einschließlich<br />
der negativen Effekte von Männlichkeitsbildern<br />
und Weiblichkeitsbildern auf<br />
die Persönlichkeitsentwicklung und Lernerfolge<br />
von Jungen und von Mädchen, sowie eine<br />
Reflexion ihrer eigenen Biographie hinsichtlich<br />
Geschlechterrollen.<br />
In einer Umwelt, in der Heterosexualität die<br />
Norm ist, setzt sich die <strong>GEW</strong> dafür ein, Vielfalt<br />
wertzuschätzen und Unterschieden Raum zu<br />
geben, damit lesbische Mädchen und schwule<br />
Jungen, Trans*- oder Inter*-Jugendliche auf der<br />
schwierigen Suche nach ihrer Identität nicht<br />
allein gelassen werden. Auch Kinder und<br />
Jugendliche mit lesbischen Müttern, schwulen<br />
Vätern, Trans*- oder Inter*-Angehörigen sollen<br />
sich in Schulbüchern wiederfinden.<br />
Die <strong>GEW</strong> engagiert sich<br />
• gegen Diskriminierung von Lesben,<br />
Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Inter*, so<br />
dass alle Kinder und Jugendlichen in der Schule<br />
ihr Potenzial besser entfalten können,<br />
• gegen Diskriminierung wegen der sexuellen<br />
Orientierung und Identität und für eine wertschätzende<br />
Darstellung von Vielfalt in<br />
Schulbüchern,<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
204
• für den Abbau von Geschlechterstereotypen<br />
und für eine geschlechtergerechte<br />
Bildung,<br />
• für Qualitätsstandards für gleichstellungsorientierte<br />
und realitätsnahe Schulbücher.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Kultusministerien auf, ihrer<br />
rechtlichen Verantwortung für Antidiskriminierung<br />
wegen der sexuellen Orientierung und<br />
des Geschlechts und für Gleichstellung nachzukommen<br />
und<br />
• die Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit<br />
in der Bildung aktiv zu fördern, um Jungen<br />
und Mädchen unabhängig von ihrer ökonomischen<br />
Lage, ihren Fähigkeiten, dem Bildungsstand<br />
ihrer Familie, ihrer sexuellen Identität, ihrer<br />
Migrationsgeschichte sowie kulturellem<br />
Hintergrund und Praktiken die gleichen Chancen<br />
zu bieten,<br />
• regelmäßig zu überprüfen, ob der rechtliche<br />
Gleichstellungsauftrag und das Verbot von<br />
Diskriminierung durch Normen wie in der UN-<br />
Frauenrechtskonvention (CEDAW), im Grundgesetz,<br />
im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz<br />
(AGG) oder in den die Schulgesetze der<br />
Bundesländer in Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien<br />
verankert sind, beachtet<br />
werden,<br />
• Lerninhalte rund um Gender und LSBTI<br />
fächerübergreifend in alle Bildungsstandards,<br />
Lehrpläne und Richtlinien und auch in Orientierungs-<br />
und Referenzrahmen für Schulqualität<br />
zu integrieren,<br />
• die Verwendung einer geschlechtergerechten<br />
Sprache als Qualitätsstandard zu verankern,<br />
• für Zulassungsverfahren Anforderungen<br />
und Kriterien in Bezug auf den Abbau von Geschlechterstereotypen<br />
und Diskriminierung<br />
wegen der sexuellen Orientierung/Identität in<br />
Schulbüchern zu entwickeln und anwendungsorientiert<br />
zu konkretisieren,<br />
• die Inhalte der Lehramtsaus- und -<br />
weiterbildung zeitnah in allen drei Phasen um<br />
ein Pflichtmodul zu Gender, sexueller Vielfalt<br />
und Diversity zu ergänzen,<br />
• außerschulische Träger, die Aufklärungsarbeit<br />
an Schulen leisten, finanziell und ideell<br />
zu unterstützen,<br />
• über die Landeszentralen für politische<br />
Bildung und die für gesundheitliche Aufklärung<br />
sowie die Bundeszentralen ergänzende Unterrichtsmaterialien<br />
zur Verfügung zu stellen.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
205
Die <strong>GEW</strong> fordert die Schulbuchverlage auf, ihrer<br />
Verantwortung für den Abbau von Geschlechterstereotypen<br />
und für die Darstellung<br />
der Vielfalt von Lebensformen nachzukommen<br />
und<br />
• bei der Konzeption von Schulbüchern und<br />
Unterrichtsmaterialien den Stand der wissenschaftlichen<br />
Forschung zu berücksichtigen,<br />
dass Zweigeschlechtlichkeit eine Norm und<br />
keine biologische Tatsache ist,<br />
• historische und aktuelle Diskriminierung zu<br />
thematisieren und die sozialen Bewegungen,<br />
die für rechtlichen Diskriminierungsschutz<br />
gekämpft haben, darzustellen,<br />
• die Bücher und Materialien so zu gestalten,<br />
dass sie Schüler_innen motivieren, sich selbstbewusst<br />
gegen Diskriminierung zu wehren und<br />
konkrete Handlungsansätze anzubieten,<br />
• in den Texten eine geschlechtergerechte<br />
und nicht-diskriminierende Sprache zu verwenden,<br />
• die Lebensrealitäten von Trans* und Inter*<br />
einzubeziehen und zu enttabuisieren,<br />
• die Repräsentation von Menschen, die<br />
nicht Geschlechterstereotypen entsprechen,<br />
und von homo- und bisexuellen Menschen<br />
deutlich zu erhöhen,<br />
• durch die Gestaltung von Schulbüchern und<br />
Unterrichtsmaterialien die Reflektion und den<br />
Abbau von geschlechterbezogenen Vorurteilen<br />
und Zuschreibungen zu unterstützen, z.B. indem<br />
vielfältige Männlichkeitsbilder in den<br />
Schulbüchern vorkommen,<br />
• Diversity, Gleichstellung und Antidiskriminierung<br />
als Qualitätskriterien für Schulbücher<br />
und Unterrichtsmaterialien zu etablieren und<br />
ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend<br />
fachlich zu qualifizieren und<br />
• die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zur<br />
Gleichstellung zu überwachen.<br />
Die <strong>GEW</strong> appelliert an Lehrer_innen und<br />
Schulleitungen, ihre Verantwortung wahrzunehmen<br />
und<br />
• sich für geschlechtergerechte Bildung<br />
einzusetzen und das Prinzip des Gender Mainstreaming<br />
konsequent bei allen schulischen<br />
Prozessen anzuwenden,<br />
• das Engagement von Lehrer_innen und<br />
Schüler_innen, die sich für mehr Gleichstellung<br />
und gegen Diskriminierung wegen des Geschlechts<br />
und der sexuellen Orientierung an<br />
Schulen einsetzen, wertzuschätzen und zu unterstützen,<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
206
• sich in Lehrplankommissionen oder als beratende_r<br />
Lehrer_in bei Schulbuchverlagen für<br />
den Abbau von Geschlechterstereotypen und<br />
gegen Diskriminierung wegen des Geschlechts<br />
und der sexuellen Orientierung einzusetzen,<br />
• in Fachkonferenzen bei der Auswahl von<br />
Schulbüchern als ein zentrales Kriterium zu berücksichtigen,<br />
ob diese die oben formulierten<br />
inhaltlichen Forderungen zur Gestaltung von<br />
Schulbüchern realisieren,<br />
• bei der Auswahl von Schulbüchern<br />
Schulbuchverlage zu informieren, wenn sich<br />
Fachkonferenzen gegen Schulbücher oder Unterrichtsmaterialien<br />
entschieden haben, weil<br />
sie Geschlechterstereotype reproduzieren,<br />
• als Pädagogen und Pädagoginnen offen für<br />
die Reflektion eigener Geschlechterrollen zu<br />
sein,<br />
• sich kooperativ für die gleichen Chancen<br />
auf Bildung unabhängig vom Geschlecht der<br />
Lernenden zu engagieren,<br />
• mit Schüler_innen Inhalte von Schulbüchern<br />
kritisch zu reflektieren, insbesondere<br />
wenn diese Geschlechterstereotype reproduzieren<br />
oder LSBTI diskriminieren,<br />
• Unterrichtsmaterialien und Methoden zu<br />
Gender und LSBTI zu nutzen, um Themen<br />
einzubringen, die bislang in Schulbüchern unterrepräsentiert<br />
oder nicht angemessen aufbereitet<br />
sind,<br />
• schulinterne Weiterbildungen zu sexueller<br />
Vielfalt und Diversity zu veranstalten bzw. bei<br />
anderen Trägern zu besuchen, um sich für den<br />
Unterricht, aber auch für die Diskussion mit<br />
Eltern- und Schüler_innenvertretungen zu<br />
qualifizieren,<br />
• mit außerschulischen Trägern und Projekten<br />
zur Aufklärung über Gender und LSBTI zusammenzuarbeiten,<br />
• LSBTI und die Gleichstellung der Geschlechter<br />
in Schulentwicklungsprozessen, Leitbildern,<br />
Schulprogrammen sichtbar zu machen und so<br />
zu einem diskriminierungsfreien Schulklima<br />
beizutragen.<br />
Anmerkungen (Bestandteil des Antragstexts):<br />
• LSBTI steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle,<br />
Trans* und Inter*.<br />
• <strong>Das</strong> Sternchen (*) wird als Platzhalter verwendet.<br />
Inter* und Trans* als Substantive<br />
sowie inter* und trans* als Adjektive sind<br />
Oberbegriffe und umfassen jeweils unterschiedliche<br />
Formen und Bezeichnungen: Inter*<br />
fungiert als deutscher Oberbegriff für In-<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
207
tersexuelle, Intersex, Hermaphroditen, Zwitter,<br />
Intergender sowie inter- oder zwischengeschlechtliche<br />
Menschen, die mit einem Körper<br />
geboren sind, der den typischen geschlechtlichen<br />
Standards und Normen von Mann und<br />
Frau nicht entspricht. Trans* fungiert als deutscher<br />
Oberbegriff für Transsexuelle, Transgender,<br />
Transidente, Transvestiten und andere<br />
Menschen, die sich nicht dem Geschlecht<br />
zugehörig fühlen, das ihnen bei ihrer Geburt<br />
zugewiesen wurde und auch solche, die sich<br />
Vergeschlechtlichungsprozessen ganz entziehen<br />
wollen.<br />
• Der Unterstrich (_), auch Gender-Gap genannt,<br />
wird als Instrument genderreflektierter<br />
Sprache verwendet. Er stellt einen Platzhalter<br />
zwischen den Geschlechtern dar, um vielfältigere<br />
geschlechtliche Identitäten sichtbar zu<br />
machen und die Norm der Zweigeschlechtlichkeit<br />
in Frage zu stellen.<br />
Begründung<br />
Die <strong>GEW</strong> hat sich in § 3 ihrer Satzung auf den<br />
Ausbau der Geschlechterdemokratie und die<br />
Verhinderung und Beseitigung von Diskriminierung<br />
verpflichtet. Es darf nicht vom Geschlecht<br />
einer Person abhängen, d.h. von ihrer körperlichen,<br />
gefühlten, zum Ausdruck gebrachten, von<br />
Anderen wahrgenommen Geschlechtlichkeit,<br />
welche Bildung ihr zugänglich ist, welche sie<br />
erwerben kann und was sie ihr nützt. Wenn Geschlechterverhältnisse<br />
und sexuelle Orientierung<br />
nicht reflektiert werden, sind unter anderem<br />
eine ungleiche Verteilung von Schulabschlüssen,<br />
kognitiven und sozialen Kompetenzen,<br />
Bestätigungs- und Diskriminierungserfahrungen,<br />
Entlohnung und Machtressourcen zwischen<br />
den Geschlechtern die Folgen.<br />
Ein Themenschwerpunkt der Arbeit für eine geschlechtergerechte<br />
Bildung ist LSBTI in der<br />
Schule, auch am Beispiel von Geschlechterkonstruktionen<br />
und der Darstellung von Lesben,<br />
Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Inter* in<br />
Schulbüchern.<br />
Schulbücher spielen im Unterrichtsalltag eine<br />
zentrale Rolle. Sie sind ein Politikum, denn das<br />
in Schulbüchern didaktisch aufbereitete Wissen<br />
ist keine Abbildung neutraler Fakten. Verschiedene<br />
Akteure handeln mittels Bildungsstandards<br />
und Lehrplänen aus, welches Wissen<br />
als gesellschaftlich relevant gilt. Leistungskontrollen<br />
verleihen ihm eine hohe Legitima-<br />
210<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
208
tion. So entsteht der Eindruck, in Schulbüchern<br />
werde Schüler_innen „die Wahrheit“ vermittelt.<br />
Dies ist umso brisanter als in Schulbüchern<br />
auch implizit Normen und Werte vermittelt<br />
werden: Welche Hobbys haben „richtige“ Jungen?<br />
Wer macht die Hausarbeit? Wie sieht eine<br />
Familie aus?<br />
Die Schulbuchforschung zeigt, dass auch heute<br />
in Schulbüchern noch Geschlechterstereotype<br />
reproduziert werden und dass Lesben,<br />
Schwule, Bisexuelle, Trans* und Inter* (LSBTI)<br />
im Vergleich mit der tatsächlichen Vielfalt von<br />
Menschen und Lebensformen völlig unterrepräsentiert<br />
sind. Dies widerspricht dem rechtlichen<br />
Gebot der Gleichstellung, Antidiskriminierung<br />
und Förderung der Entwicklung aller<br />
Schüler_innen.<br />
Nach den rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
liegen der Schutz vor Diskriminierung und die<br />
Durchsetzung tatsächlicher Gleichstellung im<br />
Bildungssystem im Verantwortungsbereich<br />
staatlicher Institutionen. Dies regeln insbesondere<br />
internationale Normen wie die UN-<br />
Frauenrechtskonvention CEDAW (Convention<br />
on the Elimination of All Forms of Discrimination<br />
against Women), das Grundgesetz (Gleichstellungsauftrag<br />
in § 3) und die Schulgesetze<br />
der Bundesländer. Aus diesen und anderen<br />
Rechtsvorschriften lassen sich Anforderungen<br />
für Schulbücher in Bezug auf den Abbau von<br />
Geschlechterstereotypen und Diskriminierung<br />
wegen der sexuellen Orientierung/Identität<br />
und die Darstellung vielfältiger Menschen und<br />
Lebensformen ableiten.<br />
Im Zwischenbericht Band II des Runden Tisches<br />
Sexueller Kindesmissbrauch vom 01.12.2010<br />
wird u.a. gefordert, dass "die schulische und<br />
außerschulische Sexualerziehung erheblich<br />
dazu beiträgt, dass Kinder und Jugendliche ihre<br />
eigene Sexualität entwickeln können. Dazu<br />
gehören ein realistisches Selbstkonzept, eine<br />
realistische Wahrnehmung der Selbstwirksamkeit<br />
sowie ein eigenes Selbstwertgefühl".<br />
Kinder und Jugendliche "haben ein Recht auf<br />
die Entwicklung ihrer eigenen Sexualität, auf<br />
Zugang zu Ansprechpersonen und –organisation,<br />
denen sie sich anvertrauen können." Im<br />
Bericht der Hohen Kommissarin der Vereinten<br />
Nationen für Menschenrechte an den Menschenrechtsrat<br />
vom 17. November 2011 heißt<br />
es: "Der Menschenrechtsausschuss, der Aus-<br />
265<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
315<br />
209
schuss für wirtschaftliche, soziale und<br />
kulturelle Rechte und der Kinderrechtsausschuss<br />
zeigten sich besorgt über homophobe<br />
Diskriminierung an Schulen und forderten<br />
Maßnahmen, um homophoben und transphoben<br />
Haltungen entgegenzuwirken."<br />
320<br />
210
3.22 KMK-Empfehlungen für<br />
Interkulturelle Bildung und Erziehung in<br />
Deutschland<br />
Antragsteller: BA Multikulturelle<br />
Angelegenheiten<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die KMK auf, in die Überarbeitung<br />
der "Empfehlungen für Interkulturelle<br />
Bildung und Erziehung in Deutschland" (geplante<br />
Veröffentlichung 2013) die Ergebnisse<br />
der Mehrsprachigkeitsforschung und sich daraus<br />
ergebende Umsetzungen in den Bildungseinrichtungen<br />
der Bundesländer aufzunehmen.<br />
<strong>Das</strong> erfordert im Einzelnen:<br />
• die Einführung von Durchgängiger<br />
Sprachbildung, Umgang mit Mehrsprachigkeit<br />
und Interkulturelle Bildung und Erziehung als<br />
Prüfungsfächer der Lehrerinnenbildung (in der<br />
1. und 2. Phase) und der Ausbildung von SozialpädagogInnen<br />
und ErzieherInnen in allen<br />
Bundesländern;<br />
• die Qualifizierung (Fort- und Weiterbildung)<br />
der Lehrkräfte, SozialpädagogInnen und ErzieherInnen<br />
für die mehrsprachige / bilinguale Erziehung<br />
sowie für den Erwerb interkultureller<br />
Kompetenz als Querschnittaufgabe;<br />
• die Verankerung von Mehrsprachigkeit,<br />
bilingualer Erziehung und interkultureller<br />
Bildung und Erziehung in den Bildungsplänen<br />
und Curricula aller Bildungseinrichtungen;<br />
• die Aufnahme der in Deutschland gesprochenen<br />
Sprachen in die Lehramtsstudiengänge<br />
und die Angebote der Bildungseinrichtungen;<br />
• die wissenschaftliche Begleitung von Pilotversuchen<br />
und Modellen und Ansätzen zur<br />
bilingualen und mehrsprachigen Erziehung und<br />
Durchgängigen Sprachbildung.<br />
• die Entwicklung von Unterrichtsmaterial für<br />
den mehrsprachigen und den bilingualen Unterricht<br />
in den Familiensprachen sowie für die<br />
interkulturelle Bildung und Erziehung;<br />
• die Sicherung der finanziellen und organisatorischen<br />
Voraussetzungen in allen Bildungsbereichen<br />
für die Durchgängige Sprachbildung,<br />
die mehrsprachige und bilinguale und die interkulturelle<br />
Bildung und Erziehung.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert von allen Bundesländern,<br />
diese Inhalte gesetzlich zu sichern.<br />
Begründung<br />
Nach über 50 Jahren jüngerer Zuwanderungsgeschichte<br />
in Deutschland werden - im Unter-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahmemit folgenden Änderungen:<br />
Annahme der Zeilen 1 - 7<br />
Überweisung der Zeilen 9 – 43 an den<br />
Hauptvorstand im Zusammenhang mit den<br />
Ergebnissen der Fachtagung vom 18./19.01.2013.<br />
211
schied zu anderen, insbesondere skandinavischen<br />
Ländern - Kinder und Jugendliche, die<br />
mit wenigstens einer nichtdeutschen Familiensprache<br />
aufwachsen, immer noch nicht angemessen<br />
gefördert.*<br />
Umso wichtiger ist, dass auf der Ebene der<br />
Kultusministerkonferenz endlich die Ergebnisse<br />
der aktuellen Mehrsprachigkeitsforschung zur<br />
Kenntnis genommen und in den Bildungseinrichtungen<br />
aller Bundesländer umgesetzt<br />
werden. Orientierung bieten dabei Beispiele<br />
aus der Praxis, in denen Zwei- und Mehrsprachigkeit<br />
nicht als Problem, sondern als Potenzial<br />
- und zwar auch für die herkunftsdeutschen<br />
Kinder, SchülerInnen und Erwachsenen - begriffen<br />
wird.<br />
Auf der BAMA-Fachtagung "100 Sprachen hat<br />
das Kind. Mehrsprachigkeit als identitätsstiftende<br />
und zukunftssichernde Ressource" am<br />
18./19.01.2013 in Göttingen wurden solche<br />
Beispiele und wissenschaftlichen Ergebnisse<br />
vorgestellt und Schlussfolgerungen diskutiert.<br />
Eine durchgängige Sprachförderung, ein wünschenswerter<br />
Umgang mit Mehrsprachigkeit<br />
und generell eine interkulturelle Erziehung und<br />
Bildung dürfen nicht nur vom Engagement einzelner<br />
Personen und Gruppen abhängen und<br />
auch nicht nur in einzelnen Bundesländern<br />
politisch gefördert werden, sondern müssen<br />
zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe werden.<br />
Wenn jeder Mensch mit seinen unterschiedlichen<br />
Eigenschaften und familienbedingten<br />
Zugehörigkeiten das Recht auf vollständige gesellschaftliche<br />
Teilhabe hat, wenn also das<br />
Recht auf Gleichheit auch verstanden wird als<br />
Recht auf Verschiedenheit und wenn Diversität<br />
als Reichtum wertgeschätzt wird, dient das<br />
nicht nur der individuellen Entfaltung, sondern<br />
auch dem gesellschaftlichen Frieden und der<br />
Verwirklichung von Demokratie. Der Staat ist<br />
gefordert, diese Entwicklung institutionell zu<br />
ermöglichen und finanziell und organisatorisch<br />
abzusichern.<br />
Anmerkungen<br />
Vgl. das Zitat aus der konservativen FAZ vom<br />
09.04.2010:<br />
"Ein Kind, das fließend Deutsch spricht, ist ein<br />
gutes Kind. Ein Kind, das neben Deutsch auch<br />
fließend Italienisch, Französisch, Englisch oder<br />
sogar Chinesisch spricht oder sich darum<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
212
emüht, eine dieser Sprachen zu erlernen, ist<br />
ein noch besseres Kind. Die Eltern können sich<br />
der gesellschaftlichen Anerkennung sicher sein,<br />
ihren Sprössling durch frühkindliche<br />
Sprachförderung und Schulwahl auf diesen<br />
Weg geschickt zu haben. Ein Kind jedoch, das<br />
Türkisch spricht und Eltern hat, die es dabei unterstützen,<br />
ist in Deutschland ein Problem. Ihm<br />
haftet der Geruch des Störenden, Integrationsunwilligen<br />
an. Auf den öffentlichen Gebrauch<br />
seiner Sprache wird mit Abwehr reagiert." (Krüger<br />
2010)<br />
(aus dem Handout von Frau Dr. Gerlind Belke<br />
auf der BAMA-Fachtagung am 18./19.01.2013)<br />
105<br />
110<br />
115<br />
213
3.23 Dokumentation und Analyse der<br />
Gesetzeslage in der BRD bzgl. sprachlicher<br />
Bildung und interkultureller Erziehung<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Material zu Antrag 3.22<br />
Antragsteller: BA Multikulturelle<br />
Angelegenheiten<br />
Der HV fördert eine rasche Dokumentation und<br />
Analyse der Gesetzeslage in den Bundesländern<br />
bzgl. Mehrsprachigkeit, bilingualer Erziehung,<br />
durchgängiger Sprachbildung und interkultureller<br />
Bildung und Erziehung sowie den<br />
Vergleich mit europäischen Richtlinien und europäischer<br />
Praxis.<br />
Begründung<br />
Bereits in der Richtlinie 77/486/EWG von 1977<br />
wurde für Kinder aus Migrantenfamilien sowohl<br />
die "Unterweisung in der Sprache des<br />
Aufnahmestaats" wie auch die "Unterweisung<br />
der genannten Kinder in ihrer Muttersprache<br />
und in der heimatlichen Landeskunde" vorgeschrieben.<br />
Für eine genaue Bewertung der rechtlichen Situation<br />
in Deutschland bzgl. sprachlicher<br />
Bildung und interkultureller Erziehung wäre<br />
eine Übersicht sowohl über Gesetze und Verordnungen<br />
der deutschen Bundesländer wie<br />
ein Überblick über die aktuelle europäische<br />
Rechtslage und die Praxis in europäischen<br />
Ländern dringend erforderlich.<br />
Wegen des erheblichen Aufwands beantragen<br />
wir die Unterstützung des HV für solche Übersichten<br />
und einen qualifizierten Vergleich noch<br />
in diesem Jahr.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
214
3.24 Ausbildung von interkulturellen<br />
MentorInnen und BotschafterInnen<br />
Antragsteller: BA Multikulturelle<br />
Angelegenheiten<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Empfehlung wird nachgereicht<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Ausbildung von interkulturellen<br />
MentorInnen (zur Unterstützung<br />
von Einzelpersonen) und BotschafterInnen bzw.<br />
ModeratorInnen für die Begleitung und Steuerung<br />
interkultureller Prozesse.<br />
Begründung<br />
PädagogInnen in Schulen und Bildungseinrichtungen<br />
sind häufig überfordert, wenn sie, insbesondere<br />
ohne qualifizierte Vorbereitung, die<br />
Grundsätze einer interkulturellen Erziehung<br />
und Bildung praktisch umsetzen sollen.<br />
Daher sind ausgebildete BegleiterInnen, die<br />
Einzelpersonen auf ihrem Weg bei Bedarf unterstützen<br />
können, und ExpertInnen, die<br />
Gruppen oder Entscheidende beraten (innerhalb<br />
einer Bildungsinstitution oder z.B. in einem<br />
externen Kompetenzzentrum) für die Entwicklung<br />
interkulturell aufgeschlossener<br />
Bildungseinrichtungen - und damit einer Gesellschaft,<br />
in der Vielfalt willkommen ist -, nötig.<br />
Nach der in den IKÖ-Seminaren verwendeten<br />
Terminologie nennen wir sie MentorInnen bzw.<br />
BotschafterInnen.<br />
MentorInnen können z.B. PädagogInnen, die<br />
spezielle Beratung für ihre interkulturelle<br />
Arbeit wünschen oder z.B. auch LehramtsstudentInnen<br />
oder jungen LehrerInnen mit<br />
Zuwanderungsgeschichte individuell unterstützen.<br />
BotschafterInnen für Interkulturelle Kompetenz<br />
(an der eigenen Bildungseinrichtung<br />
oder auch "reisend") beraten z.B. eine Institution<br />
bei der Ausarbeitung ihres Profils und betreuen<br />
bei Bedarf Gruppen in ihrer interkulturellen<br />
Entwicklung; dabei sollten gerechte<br />
Arbeitsbedingungen und demokratische<br />
Verfahren ein zentrales Ziel sein. BotschafterInnen<br />
mit Zuwanderungsgeschichte können<br />
überzeugend SchülerInnen bzw. StudentInnen<br />
aus Migrantenfamilien für pädagogische Berufe<br />
werben.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
215
3.25 Funktionaler Analphabetismus<br />
Antragsteller: LV Rheinland-Pfalz<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Überweisung an den Hauptvorstand<br />
Die <strong>GEW</strong> bringt sich offensiv in die Diskussion<br />
über das Problem des funktionalen Analphabetismus<br />
ein und beteiligt sich an einem breiten<br />
gesellschaftlichen Bündnis zur Prävention<br />
durch bessere individuelle Förderung in den<br />
Schulen sowie zum Ausbau von Alphabetisierungsmaßnahmen<br />
für Erwachsene.<br />
<strong>Das</strong> bedeutet im Einzelnen:<br />
1. Die <strong>GEW</strong> organisiert eine Fortbildungsreihe<br />
mit dem Ziel, ihre Mitglieder in allen Bereichen<br />
des Bildungswesens über Ursachen und Folgen<br />
mangelnder Lese- und Schreibkompetenz zu informieren<br />
und Konzepte zur gezielten Förderung<br />
dieser für schulische Lernprozesse, Integration<br />
in das Beschäftigungssystem und gesellschaftliche<br />
Partizipation unverzichtbaren<br />
Schlüsselkompetenzen aufzuzeigen.<br />
2. Die <strong>GEW</strong> fordert die Bereitstellung ausreichender<br />
finanzieller und personeller Ressourcen<br />
für die Prävention von Analphabetismus in<br />
Kitas und Schulen sowie den Ausbau von<br />
Grundbildungskursen für Erwachsene.<br />
3. Die <strong>GEW</strong> führt Gespräche mit den Bildungsministerien<br />
und den Bundestagsparteien über<br />
die Verbesserung der Rahmenbedingungen für<br />
die Förderung der Lese- und Schreibkompetenz<br />
in den Schulen sowie über die Umsetzung des<br />
Grundbildungspakts im Bereich der<br />
Weiterbildung.<br />
4. Der Vorstandsbereich Berufliche Bildung<br />
und Weiterbildung führt Gespräche mit dem<br />
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dem<br />
Innenministerium und den Bundestagsfraktionen,<br />
um auf eine Verbesserung der Bedingungen<br />
der Alphabetisierungskurse im Rahmen der<br />
Integrationskurse hinzuwirken.<br />
Ausgangssituation:<br />
Erschreckende Zahlen zum funktionalen Analphabetismus<br />
in Deutschland<br />
Die leo. - Level-One Studie der Universität<br />
Hamburg lieferte Anfang 2011 erstmals empirische<br />
Daten zu Ausmaß und Ursachen des funktionalen<br />
Analphabetismus der erwerbsfähigen<br />
Bevölkerung (18 bis 64 Jahre) in Deutschland:<br />
• "Funktionaler Analphabetismus" ist ein relativer<br />
Begriff, der sich aus dem individuellen<br />
Grad der Schriftsprachbeherrschung einerseits<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
216
und den gesellschaftlichen Anforderungen an<br />
Lese- und Schreibkompetenz andererseits<br />
ergibt. Davon sind nach der Level-One Studie<br />
7,5 Millionen (= 14,5 % der erwerbsfähigen<br />
Bevölkerung) betroffen, und zwar:<br />
- 4,5% (2,3 Millionen) gelten als AnalphabetInnen<br />
i.e.S.:<br />
• 300.000 Menschen scheitern bereits an<br />
einzelnen Wörtern (0,6 % = Alpha-Level 1),<br />
• weitere 2 Millionen (3,9 % = Alpha-Level 2)<br />
erreichen die Satzebene nicht, d.h. sie können<br />
nur mühsam einzelne Wörter lesen<br />
und schreiben.<br />
- Weitere 10 % scheitern an der Textebene<br />
(Alpha-Level 3), d.h. sie können zwar mit kurzen<br />
Sätzen umgehen, nicht aber mit Texten, die<br />
sie deshalb vermeiden.<br />
- Weitere 13,3 Millionen (25,9 %) beherrschen<br />
die Rechtschreibung, wie sie bis zum Ende der<br />
Grundschule unterrichtet wird (Alpha-Level 4),<br />
nicht hinreichend und vermeiden deshalb Lesen<br />
und Schreiben häufig.<br />
• Unterscheidung nach<br />
- Geschlecht: Männer sind mit 56% stärker betroffen<br />
als Frauen (44%)<br />
- Altersgruppen: Alter ist von geringerer<br />
Bedeutung als Geschlecht 18 bis 29 = 12,6%<br />
30 bis 39 = 14,9%<br />
40 bis 49 = 14,5%<br />
50 bis 64 = 15,7%<br />
- Erstsprache: Von den 7,5 Millionen haben<br />
58% (4,4 Millionen) Deutsch als Erstsprache,<br />
3,1 Millionen (42%) eine andere Erstsprache erlernt<br />
(Zugewanderte ohne mündliche<br />
Deutschkenntnisse waren an der Studie nicht<br />
beteiligt).<br />
- Schulabschluss: Von den 7,5 Millionen haben<br />
19,3 % keinen Abschluss<br />
47,7% "untere Bildung"<br />
18,9% "mittlere Bildung"<br />
12,3% "höhere Bildung".<br />
- Erwerbstätigkeit:<br />
16,7% der funktionalen AnalphabetInnen sind<br />
arbeitslos,<br />
56,9% erwerbstätig,<br />
2,3% erwerbsunfähig,<br />
10,1% zu Hause (z.B. Elternzeit),<br />
6,3% Rentner,<br />
6,5% in Ausbildung.<br />
- Berufliche Tätigkeit:<br />
Die Erwerbstätigkeit erfolgt vor allem in einfachen<br />
Hilfstätigkeiten mit geringem Einkom-<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
217
men, geringen beruflichen Aufstiegschancen<br />
und unsicheren Arbeitsplätzen, z.B. 56 % der<br />
Hilfskräfte im Baugewerbe (fast ausschließlich<br />
Männer, überdurchschnittlich mit Deutsch als<br />
Zweitsprache, überdurchschnittlich oft ohne<br />
oder mit niedrigem Schulabschluss), 40 % der<br />
Hilfskräfte und Reinigungspersonal in Büros,<br />
in der Gastronomie oder Hotels (überwiegend<br />
Frauen, überdurchschnittlich viele mit Deutsch<br />
als Zweitsprache), 29% der Hilfsarbeiter in der<br />
Fertigung (überdurchschnittlicher Anteil mit<br />
Deutsch als Zweitsprache), 34,1% der<br />
Transport- und Frachtarbeiter, 26,5% der<br />
Köche bzw. Küchenhilfen, 25,8% der Maler<br />
und Tapezierer, 25,3% der Kraftfahrer, 30,3%<br />
der Hausmeister, Hauswarte und verwandten<br />
Berufe.<br />
Handlungsfelder für die <strong>GEW</strong><br />
Die Verteilung der strukturellen AnalphabetInnen<br />
auf die Altersgruppen zeigt, dass trotz<br />
Bildungsexpansion, PISA-Schock und Qualitätsoffensiven<br />
in den letzten Jahren keine nennenswerten<br />
Verbesserungen eingetreten sind. Deshalb<br />
fordert die <strong>GEW</strong>, dass die im Dezember<br />
2011 von der Bundesregierung verkündete<br />
"Nationale Strategie zur Verringerung der Zahl<br />
funktionaler Analphabeten" endlich mit<br />
konkreten Maßnahmen umgesetzt wird:<br />
• Frühkindliche Bildung und Grundschule –<br />
Verbesserung der Rahmenbedingungen<br />
Obwohl die deutschen Grundschulen in internationalen<br />
Vergleichsuntersuchungen relativ<br />
gut abschneiden und sich die Unterrichtsmethoden<br />
zu mehr eigenständigem Lernen weiterentwickelt<br />
haben, ist die individuelle Förderung<br />
auch in der frühkindlichen Bildung und im<br />
Primarbereich infolge unzureichender Rahmenbedingungen<br />
nicht genügend gewährleistet.<br />
Der planerisch vorgesehene Förderunterricht<br />
findet in der Schulpraxis sehr oft nicht<br />
statt, weil die dafür zugewiesenen Lehrerstunden<br />
für Vertretungsunterricht eingesetzt werden,<br />
um Unterrichtsausfall zu vermeiden. Der<br />
enge Zusammenhang zwischen sozialer<br />
Herkunft und Schulerfolg besteht nach wie vor.<br />
Deshalb fordert die <strong>GEW</strong>:<br />
• Bessere Qualifizierung der ErzieherInnen im<br />
Bereich der Sprachförderung, bessere Personalausstattung<br />
und kleinere Kita-<br />
Gruppen<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
218
• Bessere Personalausstattung der Grundschulen<br />
sowie vermehrt Fort- und<br />
Weiterbildungsangebote für die LehrerInnen.<br />
Individuelle Förderung sollte sowohl<br />
innerhalb heterogener Gruppen als auch -<br />
bei Bedarf - einzeln oder in Kleingruppen<br />
außerhalb der Klasse stattfinden.<br />
• Sekundarstufe I – Förderung der Lese- und<br />
Schreibkompetenz als Aufgabe aller Fächer<br />
Die durch PISA festgestellten Defizite in der Lesekompetenz<br />
der 15-jährigen SchülerInnen<br />
werfen die Frage auf, wieso Kompetenzen, die<br />
am Ende der Grundschulzeit vorhanden sind,<br />
im Laufe der Sekundarstufe I verloren gehen<br />
bzw. nicht weiter entwickelt werden. Offensichtlich<br />
setzen die weiterführenden Schulen<br />
die für das fachliche Lernen in der Sekundarstufe<br />
I erforderliche Lese- und Schreibkompetenz<br />
voraus, eine systematische Förderung von<br />
Lese- und Schreibstrategien sowohl im Fach<br />
Deutsch als auch im Fachunterricht findet nicht<br />
statt.<br />
Deshalb fordert die <strong>GEW</strong>:<br />
• Sensibilisierung der Lehrkräfte aller Fächer<br />
für die Notwendigkeit der Förderung der<br />
Lese- und Schreibkompetenz während der<br />
gesamten Schulzeit und entsprechende<br />
Qualifizierung für diese Aufgabe (Diagnostik,<br />
Förderkonzepte)<br />
• Bereitstellung ausreichender Ressourcen<br />
für die individuelle sprachliche Förderung<br />
• Berufsbildende Schulen – Akuter Handlungsbedarf<br />
zur Sicherung des Ausbildungserfolgs<br />
Im Übergang von der Schule in die Berufsausbildung,<br />
während der dualen Berufsausbildung<br />
und in den Vollzeitbildungsgängen<br />
der berufsbildenden Schulen geraten die Probleme<br />
des funktionalen Analphabetismus unmittelbar<br />
in den Blick, weil hier die individuellen<br />
Kompetenzdefizite mit den Anforderungen<br />
der Arbeitswelt konfrontiert werden.<br />
- Junge Menschen erhalten keine Ausbildungsplätze,<br />
weil sie von den Betrieben als "nicht<br />
ausbildungsreif" oder "nicht ausbildungsfähig"<br />
bezeichnet werden.<br />
- Sie scheitern an den Anforderungen der Ausbildungsordnungen,<br />
weil sie nicht in der Lage<br />
sind authentische Fachtexte lesend zu verste-<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
219
hen und die in ihrer beruflichen Tätigkeit geforderten<br />
Texte zu verfassen.<br />
Deshalb fordert die <strong>GEW</strong>:<br />
• Sensibilisierung der Lehrkräfte an berufsbildenden<br />
Schulen für die Notwendigkeit<br />
der sprachlichen Förderung in allen<br />
Fächern, weil die für den Umgang mit<br />
komplexen Fachtexten erforderlichen Leseund<br />
Schreibstrategien nicht von selbst entstehen,<br />
sondern als grundlegende Methodenkompetenz<br />
gezielt in den Unterricht<br />
integriert werden müssen<br />
• Ausweitung des PL-Projekts "Förderung der<br />
Lesekompetenz" für berufsbildende<br />
Schulen, um mittelfristig alle Lehrkräfte zur<br />
Förderung der Lesekompetenz in allen Fächern<br />
zu qualifizieren, sowie Ergänzung<br />
durch Förderung der Schreibkompetenz<br />
• Bereitstellung ausreichender, insbesondere<br />
personeller Ressourcen zur individuellen<br />
Förderung in den beruflichen Bildungsgängen,<br />
Reduzierung der Klassengrößen, Ganztagsangebote,<br />
erhöhte Freistellung für Auszubildende<br />
zum Besuch der Berufsschule<br />
• Weiterbildung – Flächendeckendes, wohnortnahes<br />
Grundbildungsangebot notwendig<br />
Volkshochschulen und andere öffentlich<br />
geförderte Träger der Weiterbildung bieten<br />
seit vielen Jahren Alphakurse an, doch sie erreichen<br />
damit nur einen Bruchteil der Menschen<br />
mit Lese- und Schreibproblemen. Bundesweit<br />
besuchen nach Schätzungen des Bundesverbandes<br />
für Alphabetisierung pro Jahr 20.000<br />
Personen Lese- und Schreibkurse.<br />
Die Fördermittel für Maßnahmen der Alphabetisierung,<br />
die Bund und Länder bereitstellen,<br />
sind zu gering und nicht verlässlich. Es hängt<br />
daher von dem Engagement der einzelnen<br />
Volkshochschulen oder anderer Träger ab, ob<br />
und in welchem Umfang sie unter den nicht<br />
ausreichenden Förderbedingungen Alpha-Kurse<br />
anbieten. Dazu müssen sie noch einplanen,<br />
dass viele Betroffene sich in der Regel nur geringe<br />
Teilnehmerbeiträge leisten können. Teilnahmehemmend<br />
sind auch fehlende Mittel für<br />
Fahrtkosten. Ein weiteres Problem stellt sich<br />
angesichts der mangelnden Förderung den<br />
Weiterbildungseinrichtungen: Sie können ihre<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
265<br />
220
Kursleitenden nur prekär beschäftigen, so dass<br />
qualifiziertes Personal immer wieder<br />
abwandert.<br />
Eine bessere, wenn auch nicht zufrieden stellende<br />
Finanzierung gibt es für die Alpha-Kurse<br />
des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge<br />
(BAMF), die im Rahmen der 2005 eingeführten<br />
Integrationskurse für Betroffene mit Deutsch<br />
als Zweitsprache angeboten werden.<br />
Deshalb fordert die <strong>GEW</strong>:<br />
• Ein flächendeckendes, wohnortnahes<br />
Grundbildungsangebot und eine kostendeckende<br />
Finanzierung für Alpha- und andere<br />
Grundbildungskurse der öffentlich geförderten<br />
Träger der Weiterbildung<br />
• Für Kurse des Bundesamtes Verringerung<br />
der Teilnehmerzahl und bessere Finanzierung<br />
• Beitragsfreie Qualifizierungsangebote für<br />
Lehrkräfte<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
• Angemessene Vergütung der Lehrkräfte,<br />
und zwar<br />
- kurzfristig: höhere Honorare und soziale<br />
Absicherung für freiberufliche Lehrkräfte,<br />
die Grundbildungskurse leiten<br />
- langfristig: tarifvertraglich geregelte Festanstellungen<br />
295<br />
221
3.26 Neue Akzente in der schulbezogenen<br />
Bildungsforschung<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert neue Akzente in der schulbezogenen<br />
Bildungsforschung<br />
Die <strong>GEW</strong> hält eine veränderte Akzentsetzung in<br />
der schulbezogenen Bildungsforschung für<br />
notwendig.<br />
1. Schulbezogene Bildungsforschung muss<br />
vorrangig das Ziel haben, für Bildungspolitik<br />
und Bildungspraxis verwertbare Ergebnisse zu<br />
liefern.<br />
2. Nach einem Jahrzehnt der Schwerpunktsetzung<br />
in quantitativer empirischer Vergleichsforschung<br />
ist es an der Zeit, quantitative<br />
und qualitative Forschung sinnvoll miteinander<br />
zu verbinden. Zur Erklärung auffälliger empirischer<br />
Befunde muss Ursachenforschung betrieben<br />
werden, um den unbefriedigenden Zustand<br />
zu beenden, zwar viel zu wissen, aber<br />
wenig zu verstehen. Vergleichende empirische<br />
Momentaufnahmen müssen ergänzt werden<br />
durch bildungssoziologische Forschungen, die<br />
Entwicklungs- und Veränderungsprozesse<br />
erklären.<br />
3. Die folgenden Forschungsfelder sollen vorrangig<br />
durch öffentliche Mittel gefördert werden:<br />
• Pädagogisches Handeln in inklusiven Settings;<br />
• Maßnahmen der Aus-, Fort- und<br />
Weiterbildung im pädagogischen Feld;<br />
• Programme zur Kompetenzsteigerung in<br />
den basalen Lernfeldern;<br />
• Programme zur Verbesserung von Bildungsgerechtigkeit<br />
und Chancengleichheit;<br />
• wirksame Gelingensbedingungen für die<br />
Schul- und Unterrichtsgestaltung;<br />
• erfolgreiche Implementationsstrategien<br />
von evidenzbasierten Programmen (z.B. FörMig<br />
- Förderung von Kindern und Jugendlichen mit<br />
Migrationshintergrund);<br />
• Wirkung schulpolitischer Maßnahmen für<br />
die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen<br />
der Lehrkräfte<br />
4. Mit gleichem Gewicht, mit dem in internationale<br />
und nationale Vergleichsstudien sowie<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgender Änderungen:<br />
In Zeile 46 wird „der Lehrkräfte“ gestrichen<br />
Die Zeilen 48 - 53 werden ersetzt durch:<br />
Mit dem gleichen Gewicht, mit dem in internationale<br />
und nationale Vergleichsstudien sowie<br />
in Bildungsmonitoring investiert wird, muss in<br />
Schulentwicklungsforschung und Begleitforschung<br />
zu Veränderungsprozessen im Schulwesen<br />
investiert werden.<br />
Zeile 56/57<br />
Streichung „von Lehrerinnen und Lehrern“<br />
222
in Bildungsmonitoring investiert wird, bedarf es<br />
einer Ergänzung um Schulentwicklungsforschung<br />
und Begleitforschung zu Veränderungsprozessen<br />
im Schulwesen.<br />
5. <strong>Das</strong> Professions- und Erfahrungswissen der<br />
Pädagoginnen und Pädagogen, von Lehrerinnen<br />
und Lehrern muss sowohl im Sinne von<br />
"action research" wie auch in dialogischer Form<br />
durch aktive Teilnahme der Praktikerinnen und<br />
Praktiker in die Forschungen einbezogen werden.<br />
Bildungseinrichtungen sollen zudem eigene<br />
Forschungen betreiben bzw. sich an Forschungsvorhaben<br />
beteiligen können.<br />
6. Forschungen, deren Erkenntnisse weder für<br />
die Weiterentwicklung von Bildungseinrichtungen<br />
noch für bildungspolitische Entscheidungen<br />
relevant sind, wie zum Beispiel die<br />
Schulleistungsvergleiche auf Bundesländerebene<br />
sollen nicht länger betrieben werden.<br />
Bestenfalls können Regionalvergleiche soziokulturell<br />
gleicher Regionen näheren Aufschluss<br />
über die Wirksamkeit unterschiedlicher<br />
Bildungspolitiken geben.<br />
Begründung<br />
In den vergangenen Jahren hat der Schwerpunkt<br />
der schulbezogenen Bildungsforschung<br />
auf large scale assessments und punktuellen<br />
Leistungsvergleichen gelegen. Die Ergebnisse<br />
wurden häufig zu parteipolitisch motivierten<br />
(Fehl-)Interpretationen und Auseinandersetzungen<br />
genutzt, nicht jedoch zur Weiterentwicklung<br />
des Schulwesens. Sollen large<br />
scale assessments wie PISA, TIMSS und IGLU jedoch<br />
einen Sinn jenseits parteipolitischer Indienstnahme<br />
haben und zur Verbesserung des<br />
Schulwesens führen, sind neue Akzentsetzungen<br />
in der schulbezogenen Bildungsforschung<br />
dringend erforderlich. Zum einen muss eine seriöse<br />
Ursachenforschung zur Erklärung der<br />
empirisch beobachteten Ergebnisse betrieben<br />
werden, zum anderen müssen pädagogische,<br />
didaktische und bildungspolitische Konzepte<br />
und Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin untersucht<br />
werden.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
223
3.27 Qualitätsentwicklung<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert eine grundlegende Veränderung<br />
der Qualitätssicherung und -entwicklung<br />
im Schulbereich und erklärt dazu:<br />
1. <strong>Das</strong> Ziel von Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung<br />
muss ein inklusives, chancengleiches,<br />
leistungsfähiges, demokratisches<br />
Schulwesen sein, in welchem sich kritikfähige<br />
mündige Bürgerinnen und Bürger entwickeln<br />
können. Die Leistungsvarianz zwischen den<br />
Schulen, sowie der Unterschied zwischen den<br />
leistungsstarken und leistungsschwächeren<br />
SchülerInnen soll - auf möglichst hohem Niveau<br />
- möglichst gering sein.<br />
2. Die <strong>GEW</strong> stellt fest:<br />
a. Mit den schulpolitischen Maßnahmen<br />
"Qualitätssicherung" und "Wettbewerb" als<br />
Reaktion auf die Ergebnisse der internationalen<br />
Vergleichsstudien (TIMSS, PIRLS/IGLU und PISA)<br />
haben Kultusministerkonferenz (KMK) und<br />
Landesregierungen aufs falsche Pferd gesetzt.<br />
Die Folgen sind "Testeritis" in den Schulen verbunden<br />
mit einem unverhältnismäßig hohen<br />
Ressourcenverbrauch. Diese Ressourcen fehlen<br />
für pädagogische Vorhaben, für Schul- und Unterrichtsentwicklung.<br />
b. Durch die Maßnahmen der äußeren Qualitätskontrolle<br />
- Schulinspektion und Vergleichsarbeiten<br />
- konnten weder die Schülerleistungen<br />
signifikant gesteigert noch die Zahl der Schulabbrüche<br />
deutlich gesenkt werden. Vor allem<br />
sind Chancenungleichheit und soziale Einflüsse<br />
bei Bildungsprozessen unverändert hoch geblieben.<br />
c. Die Annahme, durch den Wettbewerb<br />
selbstständiger Schulen um Schüler/innen lasse<br />
sich die Qualität steigern, hat sich als Illusion<br />
erwiesen.<br />
d. Die Strategie, durch die Aufgabenstellung<br />
bei Vergleichsarbeiten kostengünstig Unterrichtsprozesse<br />
und Lehrereinstellungen hin<br />
zu Kompetenz-, Ergebnis- und Schülerorientierung<br />
zu verändern, ist gescheitert. Die Adaption<br />
veränderter Aufgabenformate bewirkt<br />
keine grundlegenden Veränderungen bei Lehr-/<br />
Lernprozessen, wenn die Lehrerschaft nicht<br />
gleichzeitig aus- und fortgebildet wird. Neue<br />
Lehr-/Lernkonzepte müssen pädagogisch und<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
224
lernpsychologisch verstanden und praktisch erprobt<br />
werden.<br />
3. Die <strong>GEW</strong> fordert:<br />
a. Die Lehr-/Lernbedingungen müssen den<br />
pädagogischen Zielen und Erfordernissen angepasst<br />
werden. Dies betrifft die personelle Versorgung,<br />
die bauliche und mediale Ausstattung<br />
sowie die Größe der Lerngruppen. Der Grundsatz<br />
der Kostenneutralität ist aufzugeben und<br />
- wo notwendig - sind die Investitionen entscheidend<br />
zu erhöhen.<br />
b. Die Aus-, Fort- und Weiterbildung des pädagogischen<br />
und des Leitungspersonals an<br />
Schulen muss als der entscheidende Schlüssel<br />
für die Schul-, Unterrichts- und Qualitätsentwicklung<br />
anerkannt und entsprechend<br />
gefördert werden.<br />
c. Die Lehrerfort- und -weiterbildung muss institutionell<br />
und materiell gestärkt und konzeptionell<br />
auf die pädagogischen Entwicklungen<br />
und Notwendigkeiten angepasst und professionalisiert<br />
werden. Abbau und Deregulierung der<br />
Lehrerfortbildung müssen umgehend gestoppt<br />
werden.<br />
d. Die derzeitige Form der Schulinspektionen<br />
soll - wie z.B. in Schweden und Finnland - aufgegeben<br />
werden. Die eingesparten Mittel sollen<br />
in einen Beratungsfond für Schulen fließen.<br />
Eine externe Evaluation kann mit Unterstützung<br />
der Schulbehörde angefordert werden.<br />
e. Priorität hat die Selbstevaluation von<br />
Schulen. Sie soll sich auf konkrete Fragestellungen<br />
beziehen, die sich aus dem Prozess der<br />
Schul- und. Unterrichtsentwicklung ergeben.<br />
Hierfür bedarf es einer hinreichenden Ausstattung<br />
der Schulen mit Zeit, Sachverstand und<br />
Ressourcen, um notwendige Maßnahmen als<br />
Konsequenz aus Evaluationsergebnissen ziehen<br />
zu können.<br />
f. Die Schulen sollen ihre externe Evaluation<br />
selbst steuern und entsprechend der konkreten<br />
Fragestellung die Partner selbst bestimmen<br />
können (Schulnetze, wissenschaftliche Einrichtungen,<br />
Unterstützungssysteme).<br />
g. Vergleichsarbeiten (VERA) sollen als verpflichtende<br />
Maßnahme aufgegeben und zu einem<br />
Instrument der Selbstevaluation weiter<br />
entwickelt werden.<br />
h. Im Hinblick auf die Entwicklung eines inklusiven<br />
Schulsystems sind Kooperationsprogramme<br />
für die Unterrichtsentwicklung von<br />
zentraler Bedeutung. Hier sind die Erfahrungen<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
225
des SINUS-Programms auf ihre Übertragbarkeit<br />
auf andere Fächer auszuwerten. Nationale und<br />
internationale Vergleiche ("large scale assessments")<br />
sollen nur noch im Abstand von mindestens<br />
fünf Jahren durchgeführt werden.<br />
Bundesländervergleiche sollen aufgegeben<br />
werden. Auf nationaler Ebene können bestenfalls<br />
Vergleiche soziokulturell gleicher Regionen<br />
näheren Aufschluss über die Wirksamkeit unterschiedlicher<br />
Bildungspolitiken geben.<br />
j. Die regelmäßige Evaluation von schulpolitischen<br />
Maßnahmen und Programmen hinsichtlich<br />
ihrer Wirksamkeit muss durch unabhängige<br />
Forschungsinstitute erfolgen.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
226
3.28 PISA ist der falsche Weg! Für gute<br />
Bildung — gegen die Produktion von<br />
Testwissen!<br />
Antragsteller: LV Hessen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Erledigt bei Annahme der Anträge 3.26 und<br />
3.27<br />
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
(<strong>GEW</strong>) kritisiert die Interessengeleitetheit und<br />
wissenschaftliche Unseriosität der PISA-Studien<br />
sowie den durch diese forcierten Um- und Abbau<br />
des öffentlichen Bildungssystems – und<br />
fordert ein Ende der PISA-Tests.<br />
Begründung<br />
"Schüler sollen nach PISA nicht lernen, nach<br />
dem Sinn des Lernens zu fragen, sondern sie<br />
sollen Aufgaben lösen, gleichgültig welche. Der<br />
von PISA als kompetent Geprüfte soll später<br />
einmal ebenso Babynahrung produzieren können<br />
wie Landminen. Angesichts der Kriterien<br />
von PISA (und einer auf PISA ausgerichteten<br />
Schule) sind beide Aufgaben gleich gültig. Und<br />
sie bedürfen der gleichen Kompetenzen."<br />
Volker Ladenthin: PISA und Bildung? Volker Ladenthin<br />
im Interview mit Rolf-Michael Simon,<br />
Neue Ruhr Zeitung vom 18.11.2007<br />
Seit Jahren werden die Schulen immer mehr zu<br />
Produktionsstätten abfragbaren Wissens umgebaut.<br />
Statt um gute Bildung geht es zunehmend<br />
um eine aus der Betriebswirtschaft entlehnte<br />
Steuerung anhand vermeintlicher ‚Erfolgskriterien‘:<br />
Egal, wie und mittels welcher bspw.<br />
gesundheitlicher Kosten, wichtig ist, welche so<br />
genannte ‚Leistung‘ die Schülerinnen und<br />
Schüler erbringen. <strong>Das</strong> soll dann Indikator für<br />
gute Bildung sein.<br />
Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus: Statt<br />
zu guter Bildung, die immer auch Zeit zum Verstehen<br />
und Hinterfragen sowie klare gesellschaftlich<br />
definierte Zielsetzungen benötigt,<br />
kommt es allerorten immer mehr zu etwas, das<br />
Schülervertretungen längst als 'Bulimielernen'<br />
bezeichnen, und das mit der sukzessiven<br />
Abkehr von Bildungsinhalten einhergeht: Immer<br />
mehr geht es um den Dreischritt 'Lernen,<br />
Testbestehen, Vergessen' immer weniger um<br />
Reflektieren, Hinterfragen und Verstehen. Was<br />
mittels der Verbetriebswirtschaftlichung von<br />
Schulen hier forciert wird, muss insofern klar<br />
und eindeutig als Bildungsabbau bezeichnet<br />
werden.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
227
All dies ist dabei ursächlich auch auf die von<br />
der OECD, deren primäre Ziele die Förderung<br />
des Wirtschaftswachstums und Ausweitung des<br />
Welthandels sind, verantworteten PISA-<br />
Studien, auf welche sich fast alle Politikerinnen<br />
und Politiker im Lande positiv beziehen,<br />
zurückzuführen. Um es mit den Worten der<br />
PISA-Macher selbst auszudrücken: „Man muss<br />
sich darüber im Klaren sein, dass die PISA-Tests<br />
mit ihrem Verzicht auf transnationale curriculare<br />
Validität (…) und der Konzentration auf<br />
die Erfassung von Basiskompetenzen ein didaktisches<br />
und bildungstheoretisches Konzept mit<br />
sich führen, das normativ ist“(1) .<br />
Tatsächlich geht es bei PISA um die internationale<br />
Standardisierung von Bildung – bei<br />
gleichzeitiger Reduzierung derselben auf so genannte<br />
‚Basiskompetenzen‘, die im Wesentlichen<br />
aus ökonomischen Verwertungsinteresssen<br />
abgeleitet werden. <strong>Das</strong> mag Großunternehmen,<br />
besonders denen, die hinter PISA stehen<br />
(2) und schon darauf warten, eines Tages einen<br />
großen kommerziellen Assessment- und<br />
Testing-Markt in Deutschland zu bedienen, nur<br />
recht sein. Der <strong>GEW</strong> ist es dies nicht.<br />
Während man vor 10 Jahren noch als Häretiker<br />
galt, wenn man zeigte, dass PISA nicht testet,<br />
was es testen will, wenn man zeigte, dass die<br />
Theorie hinter PISA theorielos war, und wenn<br />
man sah, dass das Testen als Instrument der<br />
Bevormundung der Lehrer und für die Heranzüchtung<br />
einer Testindustrie dient, wird<br />
heute zunehmend offensichtlich, dass diese Industrie<br />
zunehmend unser Denken bestimmt,<br />
dass Schule immer noch stärker stranguliert<br />
werden kann und dass das Einüben von Ankreuzritualen<br />
auch in Kulturnationen möglich<br />
ist, wenn die Testindustrie dabei nur mit genügend<br />
großer Marketingmacht vorgeht.<br />
Dabei ist längst bekannt, dass PISA nicht Bildsamkeit<br />
testet, sondern die Fähigkeit, das Denken<br />
der Tester zu erraten. Es ist bekannt, dass<br />
die statistischen Konstrukte von PISA dazu führen,<br />
dass die am Ende präsentierten Länderrankings<br />
ebenso gut großflächig ausgewürfelt<br />
werden könnten. Bekannt, dass Testresultate<br />
leicht manipulierbar sind. Und bekannt, dass<br />
das Testen nur vom Denken abhält. Wir verlieren<br />
nichts, wenn wir PISA einfach einstellen.<br />
Ganz im Gegenteil.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
228
(1) Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA<br />
2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen<br />
und Schülern im internationalen Vergleich, Opladen<br />
2001, S. 19.<br />
(2) Zu den Interessen hinter PISA siehe bspw.:<br />
"Knatsch um Pisa – CDU fordert den Rauswurf<br />
des Pisa-Koordinators"; im Internet unter:<br />
http://www.nachdenkseiten.de/?p=2807.<br />
105<br />
110<br />
229
3.29 Vergleichsarbeiten (VERA)<br />
Antragsteller: LV Hessen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Erledigt bei Annahme des Antrags 3.27<br />
Die <strong>GEW</strong> lehnt verpflichtende Vergleichsarbeiten<br />
ab, weil sie einer inklusiven Bildung widersprechen.<br />
Begründung<br />
Vergleichsarbeiten sind Folge des so genannten<br />
Qualitätssicherungsprogramms der Kultusministerkonferenz.<br />
Kern dieses Programms sind<br />
Bildungsstandards, in denen Erwartungen<br />
formuliert werden, was Schülerinnen und<br />
Schüler zu einem bestimmten Zeitpunkt können<br />
sollen. Um dies zu überprüfen, werden<br />
zentrale Tests durchgeführt, die Lernstandserhebungen<br />
oder Vergleichsarbeiten.*<br />
Inklusive Bildung unterliegt jedoch anderen<br />
Prinzipien und einem anderen Bildungsbegriff.<br />
Es geht nicht um abfragbares Wissen oder<br />
abfragbare Kompetenzen, die zu einem bestimmten<br />
Zeitpunkt erworben sein müssen. Im<br />
Mittelpunkt inklusiver Bildung ist die Entwicklung<br />
des Kindes zu einer selbstbestimmungsfähigen,<br />
mitbestimmungsfähigen, solidaritätsfähigen<br />
und damit demokratiefähigen<br />
Persönlichkeit zu sehen. Bildung und Unterricht<br />
bauen auf sozialem Lernen und einer individuellen<br />
Lernentwicklung auf.<br />
Dies erfordert ein grundsätzliches Umdenken.<br />
Vergleichsarbeiten befördern einen verkürzten<br />
outputorientierten Bildungsbegriff. Überprüfung,<br />
Kontrolle und Wettbewerb sowohl<br />
zwischen Kindern als auch zwischen Lehrkräften<br />
und damit einhergehender Druck sind<br />
Prinzipien dieses Steuerungsinstruments. Vergleichsarbeiten<br />
stehen somit im Widerspruch<br />
zu den Anforderungen an ein inklusives<br />
Bildungssystem und sind damit hinderlich für<br />
eine inklusive Entwicklung unserer Schulen, basierend<br />
auf Menschenrechten und inklusiven<br />
Werten.<br />
* In der Klassenstufe 3 sind Vergleichsarbeiten<br />
in den meisten Bundesländern für alle Kinder in<br />
Deutsch und Mathematik verbindlich. Vergleichsarbeiten<br />
gibt es ebenfalls für die Klassenstufen<br />
6 und 8. Auch hier gibt es eine Tendenz,<br />
die Freiwilligkeit zur Teilnahme mehr und<br />
mehr einzuschränken, indem sie beispielsweise<br />
seit 2012 in Hessen in einem von der Schule zu<br />
1<br />
5<br />
10<br />
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20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
230
wählenden Fach in den 8. Klassen geschrieben<br />
werden müssen.<br />
55<br />
231
3.30 Vergleichsarbeiten (VERA)<br />
Antragsteller: BFGA Grundschulen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Erledigt bei Annahme des Antrags 3.27<br />
Die <strong>GEW</strong> lehnt verpflichtende Vergleichsarbeiten<br />
ab, weil sie einer inklusiven Bildung widersprechen.<br />
Begründung<br />
Vergleichsarbeiten sind Folge des so genannten<br />
Qualitätssicherungsprogramms der Kultusministerkonferenz.<br />
Kern dieses Programms sind<br />
Bildungsstandards, in denen Erwartungen<br />
formuliert werden, was Schülerinnen und<br />
Schüler zu einem bestimmten Zeitpunkt können<br />
sollen. Um dies zu überprüfen, werden<br />
zentrale Tests durchgeführt, die Lernstandserhebungen<br />
oder Vergleichsarbeiten.*<br />
Inklusive Bildung unterliegt jedoch anderen<br />
Prinzipien und einem anderen Bildungsbegriff.<br />
Es geht nicht um abfragbares Wissen oder<br />
abfragbare Kompetenzen, die zu einem bestimmten<br />
Zeitpunkt erworben sein müssen. Im<br />
Mittelpunkt inklusiver Bildung ist die Entwicklung<br />
des Kindes zu einer selbstbestimmungsfähigen,<br />
mitbestimmungsfähigen, solidaritätsfähigen<br />
und damit demokratiefähigen<br />
Persönlichkeit zu sehen. Bildung und Unterricht<br />
bauen auf sozialem Lernen und einer individuellen<br />
Lernentwicklung auf.<br />
Dies erfordert ein grundsätzliches Umdenken.<br />
Vergleichsarbeiten befördern einen verkürzten<br />
output-orientierten Bildungsbegriff. Überprüfung,<br />
Kontrolle und Wettbewerb sowohl<br />
zwischen Kindern als auch zwischen Lehrkräften<br />
und damit einhergehender Druck sind<br />
Prinzipien dieses Steuerungsinstruments. Vergleichsarbeiten<br />
stehen somit im Widerspruch<br />
zu den Anforderungen an ein inklusives<br />
Bildungssystem und sind damit hinderlich für<br />
eine inklusive Entwicklung unserer Schulen, basierend<br />
auf Menschenrechten und inklusiven<br />
Werten.<br />
Anmerkungen<br />
*In der Klassenstufe 3 sind Vergleichsarbeiten<br />
in den meisten Bundesländern für alle Kinder in<br />
Deutsch und Mathematik verbindlich. Vergleichsarbeiten<br />
gibt es ebenfalls für die Klassenstufen<br />
6 und 8. Auch hier gibt es eine Tendenz,<br />
die Freiwilligkeit zur Teilnahme mehr und<br />
mehr einzuschränken, indem sie beispielsweise<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
232
seit 2012 in Hessen in einem von der Schule zu<br />
wählenden Fach in den 8. Klassen geschrieben<br />
werden müssen.<br />
233
3.31 Strategie zur Weiterentwicklung des<br />
bestehenden<br />
allgemeinbildenden Schulsystems<br />
Antragsteller: BFGA Gesamtschulen<br />
Der Gewerkschaftstag setzt sich für die Entwicklung<br />
integrierter inklusiver Schulen innerhalb<br />
des existierenden gegliederten Schulsystems<br />
in der Bundesrepublik Deutschland ein.<br />
Diese Schulen müssen für Eltern und SchülerInnen<br />
in der Sekundarstufe eine attraktive Alternative<br />
zum Gymnasium werden und ein<br />
Bildungsangebot entwickeln, das den gymnasialen<br />
Bildungsgang curricular integriert<br />
anbietet und eine andere Option für ein qualitativ<br />
gleichwertiges Abitur darstellt. Die<br />
Gründung, Ausbreitung und qualitative Weiterentwicklung<br />
dieser Schulen ist die entscheidende<br />
Voraussetzung für eine Überwindung<br />
des gesamten gegliederten Schulwesens.<br />
Folgende Entwicklungsschritte sind dabei von<br />
besonderer Bedeutung:<br />
• Neugründung von integrierten Gesamtschulen,<br />
die in der Sekundarstufe I mindestens<br />
vier-, im Ausnahmefall dreizügig sind;<br />
• Umwandlung von additiven, kooperativen<br />
Gesamtschulen oder Schulzentren mit Hauptschul-,<br />
Realschul- und Gymnasialzweig in integrierte<br />
Gesamtschulen, soweit sie in der<br />
Sekundarstufe I mindestens vierzügig und im<br />
Ausnahmefall dreizügig sind;<br />
• Zulassen von Ausnahmeregelung für<br />
Zügigkeitsregelung für integrierte Gesamtschulen<br />
nur bei Insellagen unterschiedlicher Art<br />
oder bei zeitlich befristeten Anmeldetiefs,<br />
wenn die aus der geringeren Zügigkeit resultierenden<br />
Nachteile für SchülerInnen gemildert<br />
werden können;<br />
• Überwindung starrer Fachleistungsdifferenzierung<br />
zugunsten differenzierterer Förderung<br />
auf der Basis gesamtschulspezifischer Lernkonzepte<br />
(z.B. dem Teamkleingruppenmodell, so<br />
wie es in der IGS in Göttingen Geismar über<br />
den Deutschen Schulpreis 2011 einer breiteren<br />
Öffentlichkeit bekannt geworden ist);<br />
• Erweiterung von integrierten Gesamtschulen,<br />
die nur aus einer Sekundarstufe I bestehen,<br />
in integrierte Gesamtschulen ab dem<br />
Beginn der Primarstufe;<br />
• Aufbau von gymnasialen Oberstufen an integrierten<br />
Gesamtschulen, die nur aus einer<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgenden Änderungen:<br />
Vor Zeile 1 kommt folgender Text:<br />
Die <strong>GEW</strong> hält an ihrer Forderung nach einer<br />
Schule für Alle fest. Solange diese Forderung in<br />
den Bundesländern keine politische Mehrheit<br />
gefunden hat, unterstützt die <strong>GEW</strong> die Entwicklung<br />
…<br />
Annahme der Zeilen 1 – 15 ab „die Entwicklung…“<br />
Einschub nach Zeile 15: In vielen Bundesländern<br />
bleibt der Erhalt und Ausbau der Gesamtschulen<br />
unverzichtbar.<br />
Streichung der Zeile 20/21 ab „die“.<br />
Streichung der Zeilen 25 – 27 ab „soweit“<br />
Streichung der Zeilen 28 – 34 (gesamter Absatz)<br />
Streichung der Klammer in den Zeilen 38 – 41<br />
Streichung der Zeilen 63 – 65 ab „soweit“<br />
Die Zeilen 66 - 74 werden ersetzt durch:<br />
Sicherstellung einer ausreichenden Gesamtschulstandards<br />
entsprechenden Finanzierung<br />
sowie einer ausreichenden Gesamtschulstandards<br />
entsprechenden personellen Versorgung.<br />
234
Sekundarstufe I oder einer Primar- und<br />
Sekundarstufe I bestehen;<br />
• Umwandlung von integrierten Gesamtschulen<br />
mit Halbtagsbetrieb oder offenem<br />
Ganztagsbetrieb in integrierte Gesamtschulen<br />
mit obligatorischem Ganztagsbetrieb mit entsprechend<br />
rhythmisierten Tagesabläufen;<br />
• Gewährleistung eines umfangreichen<br />
Bildungsangebots, das durchgängige Sprachbildung<br />
ermöglicht, Zweisprachigkeit im pädagogischen<br />
Konzept der Schule berücksichtigt und auch das<br />
am Gymnasium übliche Fremdsprachenangebot<br />
vollständig enthält;<br />
• Konsequente Aufnahme von Kindern mit<br />
Behinderungen, soweit die soziale Integrationsfähigkeit<br />
der leistungsheterogenen Lerngruppen<br />
dies möglich macht;<br />
• Forderungen nach ausreichender, Gesamtschulstandards<br />
entsprechender, Finanzierung<br />
sowie ausreichender, Gesamtschulstandards<br />
entsprechender, personeller Versorgung auch<br />
mit GymnasiallehrerInnen für Gemeinschaftsschulen,<br />
Stadtteilschulen, Oberschulen und integrierten<br />
Sekundarschulen, soweit sie alle drei<br />
Bildungsgänge enthalten und mit gesamtschulspezifischen<br />
Lernkonzepten arbeiten.<br />
Begründung<br />
Vorbemerkung I:<br />
Die <strong>GEW</strong> hat ihre Ziele für die Entwicklung eines<br />
integrierten inklusiven allgemeinbildenden<br />
Schulwesens mehrfach beschlossen. In diesem<br />
Zusammenhang gibt es lediglich einen unterschiedlichen<br />
Umgang mit der Bezeichnung Gesamtschule.<br />
Für viele KollegInnen wird die<br />
Bezeichnung Gesamtschule in ihrer vor dem Lübecker<br />
Gewerkschaftstag üblichen Bedeutung<br />
sowohl für das Ziel als auch für eine Schule, die<br />
diesem Ziel innerhalb eines gegliederten Schulsystems<br />
einer auf Ausgrenzung basierenden<br />
Gesellschaft annähert, benutzt. Diese Unterscheidung<br />
ist für den vorliegenden Antrag nicht<br />
von Bedeutung.<br />
Für andere KollegInnen ist die Bezeichnung<br />
Gemeinschaftsschule, integrierte Sekundarschule,<br />
Stadtteilschule, Oberschule nur eine andere<br />
Bezeichnung für Gesamtschule. Wenn mit<br />
diesen Namen vergleichbare pädagogische,<br />
curriculare und schulstrukturelle Merkmale wie<br />
beim Modell der integrierten Gesamtschulen<br />
bezeichnet werden, sind diese Schulen in diesem<br />
Antrag mitgemeint.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
235
Vorbemerkung II:<br />
<strong>Das</strong> Gesamtschulkonzept einer integrierten,<br />
vom Ziel her inklusiven, demokratischen, offenen<br />
und sich selbst weiterentwickelnden<br />
Schule mit multiprofessionellen Teams im<br />
Stadtteil, Förderung statt Sitzenbleiben, mit<br />
Lernentwicklungsberichten und Feedback statt<br />
Zensuren bis einschließlich Jahrgang 8, mit integrierten<br />
Fächern im Bereich Gesellschaftslehre,<br />
Naturwissenschaften und Ästhetik, dem Prinzip<br />
Arbeitslehre bzw. Arbeit, Wirtschaft, Technik<br />
als Element von Arbeitsweltorientierung, Berufsorientierung<br />
und Lebensweltbezug, einem<br />
breiten Wahlpflichtbereich als Möglichkeit auch<br />
individueller Schwerpunktsetzung nach Neigungen<br />
sowie dem Stellenwert sozialen Lernens<br />
wird in diesem Antrag als bekannt vorausgesetzt.<br />
Der Ausbau und die Weiterentwicklung von integrierten<br />
Gesamtschulen spielt eine besondere<br />
Bedeutung vor dem Hintergrund der<br />
aktuellen Situation:<br />
• Wir haben in der Bundesrepublik nach wie<br />
vor ein gegliedertes Schulwesen, in dem mehrere<br />
Schulen, vorrangig Gesamtschulen, versuchen,<br />
die soziale Spaltung dieses Schulwesens<br />
über die Arbeit mit sozial und leistungsmäßig<br />
heterogenen Lerngruppen bei einem vollständigen,<br />
und das heißt auch gymnasialen,<br />
Bildungsangebot zu mindern.<br />
• Es gibt keine gesellschaftliche Kraft in<br />
Deutschland, die heute bereit und in der Lage<br />
wäre, über parlamentarische Mehrheiten ein<br />
integriertes inklusives Schulwesen einzurichten.<br />
Der einzige Weg ist deshalb in der augenblicklichen<br />
Situation, dass das Bildungsangebot<br />
integrierter Schulen Eltern überzeugt und sie<br />
für ihre Kinder diese Art von Schule wollen und<br />
Politikerinnen und Politiker zu der Einschätzung<br />
kommen, dass sie Wahlen gewinnen können,<br />
wenn sie sich für ein derartiges Schulangebot<br />
vor Ort einsetzen und durch die Schaffung entsprechender<br />
Rahmenbedingungen die Ausweitung<br />
und qualitative Weiterentwicklung dieser<br />
Schulen zulassen.<br />
• In mehreren Bundesländern sind inzwischen<br />
die bestehenden Gesamtschulen Teil eines<br />
zweigliedrigen Schulsystems geworden. Sie<br />
sind dadurch zur zweiten Säule neben dem<br />
Gymnasium geworden. Es gibt AnhängerInnen<br />
dieses Modells auch unter GesamtschulbefürworterInnen.<br />
Beim genaueren Hinsehen<br />
stellt sich aber teilweise heraus, dass Vor-<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
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145<br />
150<br />
155<br />
236
teile der Entwicklung lediglich darin bestehen,<br />
dass spezifische regionale Geburtsfehler des<br />
Gesamtschulsystems ausgeglichen werden<br />
konnten (z.B. Start der Gesamtschule erst in Jg.<br />
7, Gesamtschule ohne gymnasiale Oberstufe,<br />
Zwang zur Fachleistungsdifferenzierung, Erschwernis<br />
von Gründungsbedingungen durch<br />
starre Orientierung an sogenannten "Leistungstöpfen"<br />
der Kinder mit Hauptschulempfehlung,<br />
Realschulempfehlung, Gymnasialempfehlung,<br />
Unterfinanzierung), die Hoffnung auf einen<br />
Schritt in ein integriertes inklusives Schulwesen<br />
aber eher fragwürdig sind oder sich<br />
sogar verringert haben: Bei zunehmender Attraktivität<br />
des Gymnasiums besteht die Gefahr,<br />
dass die zweite Säule mittelfristig das Los der<br />
Hauptschule treffen wird, die selbst mit bevorzugter<br />
finanzieller Zuweisung in der Regel von<br />
Eltern als Schule der zweiten Wahl gesehen<br />
wird.<br />
• Die bestehenden integrierten Gesamtschulen<br />
in anderen Bundesländern sind nach<br />
wie vor z. T. einem erheblichen Schulkampf<br />
ausgesetzt. Die Versuchung, diesen Schulkampf<br />
zu vermeiden, indem man sich von der Gesamtschule<br />
distanziert, den Namen wechselt<br />
oder unbegründete Kritik an ihr übernimmt, ist<br />
keine Lösung für das Problem. Die Erfahrung<br />
zeigt auch, dass dort, wo es möglich ist, viele<br />
Eltern versuchen, ihre Kinder in dieser Schulform<br />
anzumelden. In der Regel ist die Nachfrage<br />
nach Gesamtschulen dort größer als das<br />
Angebot. In NRW, Niedersachsen, Rheinland-<br />
Pfalz hat der Name Gesamtschule inzwischen<br />
einen ausgesprochen positiven Klang im<br />
bildungspolitischen Diskurs. <strong>Das</strong> Gerede über<br />
den verbrannten Namen Gesamtschule oder<br />
die diskreditierte Schulform ist Teil des Schulkampfes,<br />
der allerdings in den Bundesländern,<br />
in denen es seit Langem keine Möglichkeit<br />
mehr gibt, diese Schulform zu wählen, nicht<br />
nur bei PolitikerInnen und FunktionärInnen verschiedener<br />
Verbände im Bildungsbereich,<br />
sondern auch bei <strong>GEW</strong>-KollegInnen und Eltern<br />
Spuren hinterlassen hat.<br />
• Gesamtschulen können im Augenblick die<br />
sinnvolle Forderung nach der Integration beruflicher<br />
und allgemeiner Bildung in der Sekundarstufe<br />
II nicht umsetzen. Die Option einer<br />
Kollegschuloberstufe als Oberstufe der Gesamtschule<br />
bleibt als Forderung bestehen, ist aber<br />
angesichts der Konkurrenzsituation zum Gymnasium<br />
keine aktuelle realistische Alternative.<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
237
• Die Möglichkeit auch behinderte Kinder in<br />
allgemeinbildenden Schulen anzumelden, trifft<br />
in Gesamtschulen prinzipiell auf Schulkonzepte<br />
sowie eine soziale Zusammensetzung einer heterogenen<br />
Schülerschaft, die für diese Aufgabe<br />
prädestiniert sind. Andererseits berichten Gesamtschulen<br />
davon, dass sie mit der Situation,<br />
die inzwischen entstanden ist, überfordert sind,<br />
weil die bisherigen erfolgreichen Konzepte zur<br />
Integration von behinderten und nicht behinderten<br />
SchülerInnen in Integrationsklassen<br />
nicht weitergeführt werden können und Alternativen<br />
nicht praktikabel sind.<br />
215<br />
220<br />
238
3.32 Ausbau und dauerhafte Absicherung<br />
von Schulsozialarbeit<br />
Antragsteller: BFGA Sozialpädagogische<br />
Berufe<br />
<strong>Das</strong> Ziel, Bildungsbenachteiligung zu beseitigen,<br />
bedarf einer systematischen, konzeptionell<br />
fundierten Zusammenarbeit der Akteure<br />
öffentlicher Bildung und Erziehung. Wenn<br />
Schule und Jugendhilfe, Lehrkräfte und sozialpädagogische<br />
Fachkräfte kooperieren, können<br />
beide ihrer sozialen Verantwortung für gelingendes<br />
Aufwachsen der nachwachsenden Generation<br />
angesichts des fortschreitenden sozialen<br />
Wandels gerecht werden. <strong>Das</strong> bedeutet,<br />
dass Schule sich der Bedeutung ihres Bildungsauftrags<br />
für die soziale Integration ihrer Schülerinnen<br />
und Schuler bewusst sein muss und<br />
Jugendhilfe ihren sozialpädagogischen Auftrag<br />
nicht ausschließlich, aber zu einem wichtigen<br />
Teil in der Verbesserung der Bildungschancen<br />
junger Menschen sieht.<br />
Für eine Zusammenarbeit von Jugendhilfe und<br />
Schule mit diesen sozial- und bildungspolitischen<br />
Zielen ist die Schulsozialarbeit ein unverzichtbares<br />
Bindeglied. Sie stellt heute ein professionell<br />
und konzeptionell entwickeltes und<br />
anerkanntes Arbeitsfeld der Jugendhilfe dar,<br />
die ebenso wie die Schule eine Zuständigkeit<br />
für alle Kinder und Jugendlichen hat.<br />
Schulsozialarbeit umfasst – unabhängig von der<br />
Trägerschaft - alle Formen verbindlicher Zusammenarbeit<br />
von Jugendhilfe und Schule, die eine<br />
kontinuierliche Tätigkeit von sozialpädagogischen<br />
Fachkräften am Ort Schule und die Zusammenarbeit<br />
mit Lehrkräften dort zur Wahrnehmung<br />
von Aufgaben der Kinder- und<br />
Jugendhilfe für die Schülerinnen und Schüler<br />
zum Ziel haben. Die Formen und Inhalte der<br />
Kooperation werden in einer Vereinbarung geregelt.<br />
Dazu gehört auch die Mitwirkung an<br />
schulischen Gremien.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert einen flächendeckenden und<br />
alle Schulstufen und Schulformen umfassenden<br />
Ausbau der Schulsozialarbeit, deren zentraler<br />
Auftrag darin besteht, die Angebote und Leistungen<br />
der Jugendhilfe allen Schülerinnen einer<br />
Schule verfügbar zu machen. Die zentralen,<br />
im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII, § 1)<br />
beschriebenen Aufgaben sind:<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgender Änderung:<br />
Zeile 132 – 136:<br />
Der Bund darf sich der Verantwortung für die<br />
Regelfinanzierung der Schulsozialarbeit als Aufgabe<br />
der Jugendhilfe nicht verweigern.<br />
239
• Individuelle und soziale Entwicklung<br />
fördern, das bedeutet für die Schulsozialarbeit:<br />
Aktivitäten anbieten, durch die Schüler/innen<br />
ihre Fähigkeiten entfalten, Anerkennung erfahren<br />
und soziale Prozesse gestalten können.<br />
• Benachteiligungen vermeiden und abbauen,<br />
das bedeutet für die Schulsozialarbeit:<br />
dem Scheitern in der Schule entgegenwirken,<br />
Stärken entfalten, Lebensperspektiven entwickeln.<br />
• Bei der Erziehung beraten, das bedeutet für<br />
die Schulsozialarbeit: sozialpädagogische Sichtund<br />
Handlungsweisen in die Schule einbringen.<br />
• Kinder und Jugendliche schützen, das<br />
bedeutet für die Schulsozialarbeit: bei der Bewältigung<br />
alltäglicher Lebensprobleme und<br />
Risiken helfen und zur Selbsthilfe befähigen.<br />
• Positive Lebensbedingungen erhalten bzw.<br />
schaffen, das bedeutet für die Schulsozialarbeit:<br />
Mitwirkung am Schulprogramm und an<br />
der Schulentwicklung, Schule als Lebensraum<br />
für alle gestalten und öffnen.<br />
Diese Leistungen werden durch Angebote der<br />
Schulsozialarbeit am Ort Schule sowie durch<br />
die Vermittlung von der außerschulischen<br />
Jugendhilfe (Jugendarbeit, ASD, Hilfen zur Erziehung)<br />
erbracht. Dabei sind die regionalen<br />
Verhältnisse (soziales Umfeld, Sozialstruktur<br />
der Schülerschaft, Träger und Angebote der<br />
Jugendhilfe, schulische Angebote wie Ganztagsschule<br />
und ihre Qualität) zu berücksichtigen.<br />
Schulsozialarbeit wird damit zugleich zu einem<br />
wichtigen und unverzichtbaren Akteur zur Gestaltung<br />
und Vernetzung von Bildung in der<br />
Kommune und trägt zur Entwicklung eines inklusiven<br />
Lebensraumes bei.<br />
Eine besondere Herausforderung für die Zusammenarbeit<br />
von Jugendhilfe und Schule sind<br />
gelingende Übergänge im Bildungssystem vom<br />
Übergang aus der Kindertagesstätte in die<br />
Grundschule bis hin zum Übergang von der<br />
Schule in Ausbildung und Beschäftigung. Besondere<br />
Aufmerksamkeit verlangt der<br />
Übergang nach der Grundschule in die<br />
Sekundarstufe I. Hier werden später kaum<br />
mehr zu korrigierende Entscheidungen für den<br />
weiteren Bildungsweg gelegt.<br />
Ein wichtiger Arbeitsbereich der Schulsozialarbeit<br />
ist die politische Bildung. Demokratie lernen,<br />
sich einmischen und engagieren sind zentrale<br />
Bildungsinhalte in der Zivilgesellschaft.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
240
Für einen flächendeckenden und alle Schulen<br />
umfassenden Ausbau der Schulsozialarbeit<br />
muss deren Finanzierung unabhängig von der<br />
unterschiedlichen finanziellen Möglichkeit von<br />
Kommunen und Ländern gesichert sein. Die<br />
projektabhängige und zudem keineswegs<br />
gleichmäßig flächendeckende Finanzierung von<br />
Aufgaben der Schulsozialarbeit, wie sie derzeit<br />
etwa durch das Bildungs- und Teilhabepaket im<br />
Rahmen der Initiative „Jugend Stärken“ oder<br />
auch Bildungsbegleiter und unterschiedliche<br />
Länderprogramme erfolgt, muss überwunden<br />
und durch dauerhaft garantierte, institutionelle<br />
Regelfinanzierung ersetzt werden.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert deshalb Bund, Länder und<br />
Gemeinden dazu auf, eine Finanzierung der<br />
Schulsozialarbeit zu gewährleisten, die den<br />
bedarfsgerechten Ausbau an jeder Schule sicherstellt.<br />
In einem ersten Ausbauschritt ist<br />
eine Größenordnung von einer Vollzeitstelle für<br />
Schulsozialarbeit pro 150 Schülerinnen und<br />
Schüler zu realisieren.<br />
Zur politischen Verständigung auf dieses Ziel<br />
fordert die <strong>GEW</strong>, einen "Schulsozialarbeitsgipfel"<br />
von Bund, Ländern und Gemeinden unter<br />
Beteiligung der Verbände Wohlfahrtspflege,<br />
Fachorganisationen und Gewerkschaften einzuberufen.<br />
<strong>Das</strong> Kooperationsverbot des Bundes in<br />
schulischen Angelegenheiten darf nicht dazu<br />
führen, dass der Bund sich der Verantwortung<br />
für die Regelfinanzierung der Schulsozialarbeit<br />
als Aufgabe der Jugendhilfe verweigert.<br />
Die Schulsozialarbeit braucht zu ihrer dauerhaften<br />
Absicherung eine klare gesetzliche Regelung<br />
im Kinder- und Jugendhilfegesetz. Dazu<br />
fordert die <strong>GEW</strong>, in das SGB VIII einen eigenen<br />
Paragraphen aufzunehmen, der den gesetzlichen<br />
Auftrag präzisiert und die Zuständigkeiten<br />
klärt.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
241
3.33 Professioneller Umgang mit den<br />
Herausforderungen veränderter Kindheit<br />
Antragsteller: BFGA Sonderpädagogische<br />
Berufe und BFGA Grundschulen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Landesregierungen auf,<br />
alle Bildungseinrichtungen im professionellen<br />
Umgang mit Kindern und Jugendlichen in<br />
Armutsverhältnissen und mit psychosozialen<br />
Belastungen stärker zu unterstützen und die<br />
schulrechtlichen Rahmenbedingungen an die<br />
Herausforderungen einer stark veränderten<br />
Kindheit anzupassen. <strong>Das</strong> Aufwachsen vieler<br />
Kinder und Jugendlicher ist geprägt durch:<br />
• Armutserfahrungen<br />
• verstärkten Medienkonsum<br />
• veränderte Familienkonstellationen<br />
• mangelnde soziale Orientierungen<br />
• Gewalt- und Suchterfahrungen<br />
• psychosoziale Belastungen<br />
Dies erweitert und verändert die Erziehungsund<br />
Unterstützungsaufgaben aller Bildungseinrichtungen.<br />
Im Einzelnen fordert die <strong>GEW</strong>:<br />
• verlässliche präventive Strukturen für alle<br />
Bildungseinrichtungen von der Kita bis zur Berufsausbildung<br />
(zusätzliche personelle, räumliche<br />
und sächliche Ressourcen)<br />
• eine strukturelle und professionelle Vernetzung<br />
von Schule und Jugendhilfe<br />
• verantwortungsvoller Mediengebrauch als<br />
verpflichtende Kompetenz in den Bildungsplänen.<br />
• verlässliche Strukturen kurzfristiger Krisenintervention<br />
und Beratung für alle Bildungseinrichtungen<br />
• den professionellen Umgang mit den<br />
Folgen von Armut, Traumatisierungen, verstärkten<br />
Medienkonsum und psychosozialen<br />
Belastungen als ein Schwerpunkt in der Pädagog/innen/ausbildung<br />
• Anpassung von Gruppen- und Klassengrößen<br />
an den pädagogischen Unterstützungsbedarf<br />
und die sozialen Strukturen im<br />
Umfeld der Bildungseinrichtung<br />
• Möglichkeiten der Anpassung von fachbezogenen<br />
Leistungsanforderungen sowie ihrer<br />
Bewertung (auch zeitweilig) an gravierende<br />
Lernrückstände und psychosoziale Belastungssituationen<br />
ohne Feststellung des sonderpädagogischen<br />
Förderbedarfs „Lernen“<br />
• finanzielle Hilfen für die Entwicklung, Erprobung<br />
und wissenschaftliche Begleitung von<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
242
Konzepten gestaffelter Hilfen bei psychosozialen<br />
Belastungssituationen im Kindes- und<br />
Jugendalter.<br />
Begründung<br />
Bei stetig sinkenden Schüler/innen/zahlen<br />
steigt die Quote des sonderpädagogischen<br />
Förderbedarfs (L/S/V) stetig an. Die Nachfrage<br />
nach sonderpädagogischen Ressourcen an<br />
Regelschulen ist nicht mehr zu decken. Gründe<br />
sind unter anderem:<br />
• hohe Selektivität des Schulsystems<br />
• Zunahme von Armutsverhältnissen<br />
• Abnahme der bildungsorientierten Sozialisation<br />
in vielen Elternhäusern<br />
• veraltete Unterrichtskonzepte an vielen<br />
Schulen<br />
• Zunahme des suchtartigen Medienkonsums<br />
unter Kindern und Jugendlichen<br />
Im Zuge der Forderung nach inklusiver Pädagogik<br />
wird die Unterrichtung und Erziehung von<br />
Schüler/innen, die wenig mit dem üblichen<br />
schulischen Lernen zurechtkommen, zunehmend<br />
(und durchaus zu Recht) als Aufgabe der<br />
allgemeinen Pädagogik gesehen. Die Schulen<br />
sind allerdings weder personell noch strukturell<br />
auf die Vielzahl dieser Schüler eingestellt. Viele<br />
Kolleg/inn/en sind überfordert und an der<br />
Grenze ihrer Belastbarkeit. Die Etikettierung sozial<br />
benachteiligter und psychosozial belasteter<br />
Schüler/innen als „behindert“ wird oft als<br />
einzige Möglichkeit gesehen, Ressourcen für<br />
die Förderung zu bekommen. Die damit zusammenhängende<br />
Stigmatisierung der Betroffenen<br />
wird hierbei in Kauf genommen.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
243
3.34 Berufs- und Arbeitsweltorientierung<br />
in der Schule<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert einen berufsorientierenden<br />
Unterricht für alle Schülerinnen und Schüler,<br />
der in eine übergreifende Konzeption von<br />
Arbeitsweltorientierung als Teil von<br />
Allgemeinbildung eingebunden ist und als<br />
Bildungsauftrag der Schule unabhängig von<br />
wechselnden Bedingungen auf dem Ausbildungs-<br />
und Arbeitsmarkt in bildungsadministrativer<br />
Verantwortung weiterentwickelt wird.<br />
<strong>GEW</strong>-Forderungen für eine arbeitsweltorientierte<br />
Allgemeinbildung:<br />
• Die arbeitsweltorientierte Allgemeinbildung<br />
ist in allen Schulstufen und Schulformen verbindlich<br />
zu verankern. Sie bezieht sich auf einen<br />
erweiterten Begriff von Arbeit, der z.B.<br />
Erwerbsarbeit, Hausarbeit, Erziehung, Pflege<br />
und ehrenamtliche Arbeit umfasst.<br />
• Auf der Ebene der Kultusministerkonferenz<br />
(KMK) sind Bildungsstandards für eine arbeitsweltorientierte<br />
Allgemeinbildung zu erarbeiten,<br />
die für alle Schulen verbindlich sind.<br />
• Arbeitsweltorientierte Allgemeinbildung ist<br />
nicht einem einzelnen Unterrichtsfach (Arbeitslehre)<br />
oder Fächerverbund (Arbeit-Wirtschaft-<br />
Technik) zuzuweisen, sondern ist auch als Aufgabe<br />
der ganzen Schule zu begreifen. Insofern<br />
muss sie in einzelnen Fächern und fächerübergreifend<br />
in schuleigenen Curricula und ggf.<br />
in Schulprogrammen verankert und entsprechend<br />
didaktisch-methodisch ausgestaltet werden.<br />
Dies betrifft sowohl die multiperspektivische<br />
und fächerübergreifende Auseinandersetzung<br />
mit dem inhaltlich breiten Spektrum an<br />
arbeitsweltbezogenen Themen, Fragen und<br />
Problemen als auch die damit einhergehende<br />
Schaffung fachlich unterschiedlicher (Analyseund<br />
Interpretations-) Zugänge zu den ökonomischen,<br />
sozialen und politischen Dimensionen<br />
des arbeitsweltlichen Handlungsfeldes.<br />
• In diesen didaktischen Kontext sind die organisierten<br />
Begegnungen mit der Arbeitswelt in<br />
Form von Praktika, Betriebserkundungen,<br />
Praxistagen usw. einzubinden, um dadurch das<br />
Spektrum potenzieller Erfahrungen in der Begegnung<br />
zu erweitern und anschließend ordnen<br />
und auswerten zu können.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgenden Änderungen:<br />
Zeilen 114 - 115<br />
Berufsorientierung muss geschlechtersensibel<br />
und geschlechtergerecht erfolgen.<br />
Zeilen 146 - 150<br />
In der Lehrerausbildung ist eine für alle<br />
Studierenden verbindliche Grundqualifizierung<br />
im Bereich berufsorientierender Beratung und<br />
Begleitung einzuführen.<br />
244
• Arbeitsweltorientierte Allgemeinbildung ist<br />
dem Konzept einer umfassenden sozioökonomischen<br />
Bildung verpflichtet. Sie zeigt zentrale<br />
Probleme von Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt<br />
sowie unterschiedliche Lösungsstrategien<br />
und Handlungsmöglichkeiten auf, so dass<br />
Schülerrinnen und Schüler die Rahmenbedingungen<br />
von Arbeit und Wirtschaft als<br />
gestaltbar und veränderbar erleben. Sie zielt<br />
auf politisch mündige, handlungs- und gestaltungsfähige<br />
Subjekte, die in der Lage sind, ökonomische<br />
Bedingungen und Prozesse kritischreflexiv<br />
zu erschließen und ihre Interessen als<br />
Wirtschaftsbürger und zukünftig zumeist<br />
abhängig Beschäftigte einzubringen und solidarisch<br />
zu verwirklichen. Dabei werden sowohl<br />
die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung wie<br />
auch die politische Dimension von beruflichem<br />
Handeln und Betrieb bewusst gemacht, in der<br />
gegensätzliche Interessen aufeinandertreffen.<br />
• Arbeitsweltorientierte Allgemeinbildung<br />
setzt bereits in der Grundschule ein, weil bereits<br />
Schülerinnen und Schüler dieses Alters<br />
Fragen zu Arbeit und Beruf stellen, sie arbeitsweltliche<br />
und gesellschaftliche Probleme (z.B.<br />
Arbeitslosigkeit) bereits wahrnehmen und sich<br />
ihnen zunehmend weniger über Eltern die<br />
Arbeitswelt erschließt.<br />
• Arbeitsweltorientierte Allgemeinbildung ist<br />
als Inhaltsbereich in der Lehrerausbildung zu<br />
verankern. Sowohl in der ersten als auch in der<br />
zweiten Phase der Ausbildung muss deutlich<br />
werden, welchen Beitrag die einzelnen Fächer<br />
zur arbeitsweltorientierten Allgemeinbildung<br />
leisten können.<br />
Forderungen an eine schulische Berufsorientierung<br />
als Element arbeitsweltorientierter<br />
Allgemeinbildung:<br />
• Jugendliche sind zu befähigen, ihren<br />
Bildungsweg, ihre Berufswahl und Lebensgestaltung<br />
zu reflektieren und sich persönliche<br />
Ziele zu setzen. Dies bedeutet, eigene berufsbezogene<br />
Ansprüche, Interessen und biografische<br />
Ziele sich bewusst zu machen und verfolgen<br />
zu können; arbeitsweltliche und berufsbezogene<br />
Entwicklungen, Beschäftigungschancen<br />
und -risiken sowie die Auswirkungen des<br />
technischen, ökonomischen und gesellschaftlichen<br />
Wandel analysieren und im Blick auf die<br />
biografischen Ziele reflektieren zu können,<br />
(Aus-) Bildungswege vergleichen und beurteilen,<br />
Informations- und Beratungssysteme<br />
sowie Zielfindungs- und Entscheidungsme-<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
245
thoden nutzen zu können. Dies bedeutet<br />
weiterhin, die politische Dimension beruflichen<br />
Handelns erkennen sowie eigene arbeits- und<br />
berufsbezogene Interessen und biografische<br />
Ziele im Kontext selbstbestimmter Lebensgestaltung<br />
wahrnehmen und verfolgen zu können.<br />
• Auf der Ebene der KMK sind Standards für<br />
die Berufsorientierung als übergreifende Aufgabe<br />
der Schule zu entwickeln.<br />
• Die <strong>GEW</strong> setzt sich für eine geschlechtersensible<br />
und -gerechte Bildung ein. Dies beinhaltet<br />
u.a., dass Geschlechterstereotypen im<br />
Arbeitsleben und bei der Berufswahl hinterfragt<br />
und Entwicklungsmöglichkeiten für alle<br />
bewusst gemacht werden.<br />
• Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung<br />
schulischer Berufsorientierung wird durch<br />
die Bildungsverwaltung und die Landesinstitute<br />
unterstützt. Sie beziehen sich auf:<br />
- Verankerung entsprechender Kompetenz- und<br />
Inhaltsbeschreibungen in den Rahmen(lehr)plänen,<br />
die in den länderübergreifenden Projekten<br />
im Konsens herausgearbeitet wurden<br />
- Prüfung der Berufsorientierung in den einzelnen<br />
Schulen im Rahmen der üblichen Evaluationsprozesse<br />
(interne/externe Evaluation, Schulinspektion<br />
u.a.)<br />
- Die Kultusministerien werden aufgefordert,<br />
diagnostischer Instrumente und didaktische<br />
Konzepte für die Lehrkräfte zu entwickeln, um<br />
die berufsorientierungsspezifische Kompetenzentwicklung<br />
der Schülerinnen und Schüler erfassen<br />
zu können<br />
- Entwicklung und Umsetzung von Qualitätsstandards<br />
für außerschulische berufsorientierende<br />
Angebote und das Schülerbetriebspraktikum<br />
- Bereitstellung bedarfsgerechter schulinterner<br />
Fortbildung<br />
- Bereitstellung ausreichender personeller und<br />
finanzieller Ressourcen<br />
• In der Lehrerausbildung ist eine für alle<br />
Studierende als zukünftige Klassenlehrerinnen<br />
und – lehrer verbindliche Grundqualifizierung<br />
im Bereich berufsorientierender Beratung und<br />
Begleitung einzuführen.<br />
• Die an der Entwicklung und Finanzierung<br />
derzeitiger Angebote zur Berufsorientierung<br />
beteiligten Bundes- und Landesministerien<br />
und – behörden werden aufgefordert, ein<br />
Bund-LänderKooperationsprogramm einzurichten<br />
mit dem Ziel, die Wirksamkeit einschlägiger<br />
Programme und Angebote zur Berufsorientie-<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
246
ung (z.B. Bildungsketten, Berufseinstiegsbegleiter,<br />
vertiefte Berufsorientierung) zu evaluieren<br />
und bundesweite Qualitätsstandards für<br />
außerschulische berufsorientierende Angebote<br />
zu entwickeln.<br />
• Eine gute Berufsorientierung braucht Kooperationen<br />
mit berufsbildenden Schulen, der<br />
BA, Betrieben, betrieblichen Interessenvertretung<br />
und Gewerkschaften.<br />
Begründung<br />
Es besteht kein Zweifel an der Notwendigkeit<br />
schulischer Berufsorientierung, die es allen<br />
Schülerinnen und Schülern ermöglichen soll,<br />
ihre Bildungs- und Erwerbsbiographie eigenverantwortlich<br />
und selbstständig zu gestalten.<br />
Trotz unübersehbarer Bemühungen und Aktivitäten<br />
hinsichtlich einer Weiterentwicklung des<br />
schulischen Aufgabenfeldes, nicht zuletzt motiviert<br />
durch eine Anpassung an die sich<br />
wandelnde Arbeitswelt und schwieriger werdende<br />
Übergangsverläufe, ist zweierlei festzustellen:<br />
Erstens: Schulische Berufsorientierung<br />
bzw. entsprechende Aktivitäten (Betriebspraktika,<br />
Besuche der Berufsinformationszentren<br />
oder Ausbildungsbörsen usw.) stellen sich in<br />
der Bildungspraxis der Schulen in der Regel als<br />
Sonderveranstaltungen dar, die nur selten eine<br />
Verknüpfung mit den Inhalten des<br />
allgemeinbildenden Unterrichts erfahren. Zweitens:<br />
Berufsorientierung setzt nach wie vor zu<br />
spät ein. Im Zentrum steht zumeist ein Berufswahlunterricht<br />
gegen Ende der Pflichtschulzeit<br />
mit der primären Zielsetzung, individuelle<br />
Stärken, Schwächen, Interessen und Erwartungen<br />
der Lebensgestaltung seitens der Schülerinnen<br />
und Schüler mit jeweils berufsspezifischen<br />
Anforderungen abgleichen und einen<br />
Erst- bzw. Startberuf bestimmen zu können.<br />
Beide Feststellungen verweisen auf ein eigentümliches<br />
Verhältnis von Arbeit und Bildung.<br />
Während Arbeit, Arbeitsplätze, Arbeitsverhältnisse<br />
und Arbeitsbedingungen unseren gesellschaftlich-sozialen,<br />
politischen und kulturellen<br />
Lebenszusammenhang ebenso maßgeblich<br />
mitbestimmen wie die Optionen individueller<br />
Lebensgestaltung, findet der Gegenstand<br />
Arbeit/Arbeitswelt allenfalls eine marginale Berücksichtigung<br />
im Kanon der Inhalte des<br />
allgemeinbildenden Unterrichts. Damit wird<br />
jungen Menschen die Möglichkeit vorenthalten,<br />
sich die Arbeitswelt als einen politisch und<br />
sozial bedeutsamen gesellschaftlichen Handlungs-<br />
und Gestaltungsort kritisch-konstruktiv<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
247
zu erschließen und Kompetenzen selbstbestimmten,<br />
mitbestimmenden und solidarischen<br />
Entscheidens und Handelns ausbilden zu können.<br />
Berufsorientierung ist ein lebenslanger Prozess,<br />
der angesichts einer sich dynamisch wandelnden<br />
Arbeitswelt hohe Anforderungen an<br />
Jugendliche und Erwachsene stellt. Die<br />
Bildungsinstitution Schule ist nach wie vor aufgefordert,<br />
entsprechende Kompetenzen anzubahnen<br />
und zu fördern. Dabei darf sie ihre<br />
Bildungsbemühungen nicht auf die Phase des<br />
Übergangs in Ausbildung bzw. Arbeit verkürzen,<br />
sondern muss Schülerinnen und Schülern<br />
Gelegenheit geben, sich mit der Arbeitswelt einen<br />
maßgeblichen und für die eigene Lebensgestaltung<br />
bedeutsamen gesellschaftlichen<br />
Handlungsort auf kritisch-konstruktivem Wege<br />
zu erschließen. Arbeit, Arbeitsbeziehungen und<br />
Arbeitsmärkte sind ebenso hochgradig politisch<br />
wie Unternehmen und Betriebe. Ein Verständnis<br />
von Berufsorientierung, das sich in den<br />
Slogans "Fit für den Übergang" oder "Fit für<br />
Arbeit und Beruf" niederschlägt, entspricht weder<br />
einem modernen Allgemeinbildungsbegriff<br />
noch einem gewerkschaftlichen Bildungsverständnis,<br />
das in der Befähigung zur Kritik,<br />
Selbst- und Mitbestimmung sowie solidarischem<br />
Handeln von später zumeist abhängig<br />
Beschäftigten eine zentrale Perspektive schulischen<br />
Lernens sieht.<br />
Weiterentwicklung und Ausbau einer arbeitsweltorientierten<br />
Allgemeinbildung für alle<br />
Schülerinnen und Schüler muss vor diesem Hintergrund<br />
eine maßgebliche Forderung<br />
gewerkschaftlicher Bildungspolitik darstellen.<br />
Denn seit der Einführung der Arbeitslehre in<br />
den 1960er bzw. 1970er Jahren hat das Fach<br />
vor allem in den Haupt- und Gesamtschulen einen<br />
festen Platz gefunden. Bereits in den Realschulen<br />
ist es in deutlich geringerem Maße<br />
anzureffen, während ein entsprechendes<br />
Bildungsangebot in den Gymnasien eher die<br />
Ausnahme darstellt. In vielen Bundesländern<br />
gilt Arbeitslehre als die formale Zusammenfassung<br />
von Einzelfächern wie z.B. Technikunterricht,<br />
Textiles Gestalten, Haushaltslehre und<br />
Wirtschaftslehre. Im Sinne einer arbeitsweltorientierten<br />
Allgemeinbildung wirkt es sich negativ<br />
aus, dass diese Fächer häufig inhaltlich wenig<br />
aufeinander Bezug nehmen und dass berufliche<br />
bzw. arbeitsweltliche Bezüge der Fachinhalte<br />
eine untergeordnete Rolle spielen. Eine<br />
umfassende Konzeption arbeitsweltorientierter<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
265<br />
248
Allgemeinbildung muss auch deshalb deutlich<br />
formuliert werden, weil seit einigen Jahren<br />
Wirtschafts- und Finanzverbände, Privatunternehmen,<br />
Stiftungen, Vereine und sonstige<br />
Lobbygruppen immer stärker versuchen, die<br />
Lerninhalte in allgemeinbildenden Schulen zu<br />
beeinflussen. Dabei geht es oft nicht zuletzt um<br />
die Einführung eines einschlägigen Fachs Wirtschaft<br />
sowie eine Veränderung der Paradigmen<br />
bisheriger politisch-ökonomischer Bildung im<br />
Schulwesen. Berufsorientierung als Element einer<br />
arbeitsweltorientierten Allgemeinbildung<br />
zielt auf die Fähigkeit zu kritisch-reflektierender<br />
Distanz gegenüber arbeitsweltlichen Bedingungen,<br />
während Maßnahmen schulischer Berufsorientierung<br />
heute offenbar nicht selten dazu<br />
tendieren, dass Schülerinnen und Schüler ihre<br />
eigenen Interessen, Erwartungen und Perspektiven<br />
an Arbeit, Beruf und Lebensgestaltung<br />
den gegebenen Verhältnissen unterwerfen. Es<br />
darf jedoch nicht darum gehen, Berufsorientierung<br />
auf den Arbeitsmarkt auszurichten und<br />
Jugendliche den Bedürfnissen der Betriebe<br />
anzupassen. Vielmehr gilt es zu verhindern,<br />
dass Schülerinnen und Schüler die ökonomischen,<br />
sozialen und politischen Rahmenbedingungen<br />
von Ausbildung, Arbeit und<br />
Berufs als nicht zu hinterfragende Gegebenheiten<br />
hinnehmen.<br />
Schulische Berufsorientierung hat in den vergangenen<br />
zehn Jahren kontinuierlich an Bedeutung<br />
in Schulentwicklungsprozessen gewonnen,<br />
ist aber als Bildungsauftrag nach wie vor nicht<br />
einheitlich geregelt. Als zentrale Entwicklungslinien<br />
schulischer Aktivitäten lassen sich die Ausweitung<br />
betrieblicher Praxiserfahrungen, der<br />
Aufbau von Kontakten zwischen Schulen und<br />
Unternehmen/ Betrieben, die Ausweitung von<br />
regionalen Kooperationsverbünden und Netzwerken<br />
sowie die Verknüpfung von betrieblichem<br />
und schulischem Lernen für benachteiligte<br />
Jugendliche identifizieren. Diese zweifellos<br />
positiven Entwicklungen zielen im Kern auf eine<br />
Erweiterung von Erfahrungsmöglichkeiten,<br />
diese werden jedoch dann problematisch,<br />
wenn es sich um eine Akzentverschiebung vom<br />
Unterricht zur betrieblichen Praxiserfahrung<br />
handelt. Denn (Praxis-) Erfahrungen sind nicht<br />
per se bildend bzw. erkenntnisfördernd. Sie<br />
werden erst möglich und erkenntnisfördernd<br />
durch die vorgängige Aneignung von (i.w.S.) Kategorien,<br />
die den Lernenden helfen, das in der<br />
außerschulischen Realität Erfahrene (ein-) ord-<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
315<br />
249
nen, interpretieren und bewerten zu können.<br />
Dafür bedarf es einer arbeitsweltorientierten<br />
Allgemeinbildung, die den Lernenden einen facettenreichen<br />
Blick auf Arbeitsprozesse,<br />
Arbeitssituationen, Arbeitsbedingungen und<br />
Arbeitsverhältnisse in sozio-ökonomischer, politisch-sozialer<br />
und historischer Perspektive<br />
ermöglicht.<br />
320<br />
325<br />
250
3.35 Medien zum Lehren und Lernen in<br />
allgemeinbildenden Schulen müssen den<br />
Anforderungen einer modernen Pädagogik<br />
genügen<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
Grundsätze<br />
Die <strong>GEW</strong> hat ein umfassendes Medien-Verständnis.<br />
Gemeint sind "Hardware" und "Software"<br />
in analoger, elektronischer und digitaler<br />
Form und zwar sowohl individuelle Medien für<br />
die Hand der Schülerinnen und Schüler* wie<br />
auch für die Demonstration in größeren Lerngruppen**.<br />
Chancengleichheit beachten – Lehr-/Lernmittelfreiheit<br />
verwirklichen<br />
Grundsätzlich darf es keine Benachteiligung<br />
von Schüler/innen und Schulen geben. Finanzschwache<br />
Schüler/innen, Schulen und<br />
Schulträger brauchen finanzielle Unterstützung.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Landesregierungen auf,<br />
dies durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen.<br />
Vor allem muss die sog. Lehr-/Lernmittelfreiheit<br />
wieder auf einen Stand gebracht<br />
werden, der gleiche Verhältnisse zwischen<br />
Bundesländern und Kommunen garantiert. Die<br />
völlige Kostenfreiheit für Eltern muss<br />
schrittweise wieder realisiert werden. Dies gilt<br />
auch für digitale Lernmedien. <strong>Das</strong> Kostenargument<br />
lässt die <strong>GEW</strong> nicht gelten: die staatlichen<br />
Einnahmen müssen durch eine gerechte Besteuerung<br />
hoher Einkommen verbessert werden.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Hersteller und Anbieter<br />
von Lehr-/Lernmedien auf, erschwingliche und<br />
robuste, wartungsarme und funktionale<br />
Medien zu entwickeln.<br />
Medien sind kein Selbstzweck<br />
Medien müssen schüler- und lehrerfreundlich<br />
sein. Sie müssen das Lehren und Lernen<br />
sinnvoll unterstützen, sie sollen nicht zum<br />
Selbstzweck werden und nicht unnötig viel Aufmerksamkeit<br />
z.B. aufgrund von Störanfälligkeit<br />
binden. Sie sollen aber auch auf das Alter der<br />
Schüler/innen Rücksicht nehmen und<br />
gesundheitliche Aspekte (z.B. Schriftgröße;<br />
Gewicht...) beachten.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgenden Änderungen:<br />
Streichung der Zeilen 24-28<br />
Die Zeilen 36 - 44 werden ersetzt durch:<br />
Medien müssen schüler- und lehrerfreundlich<br />
sein, sie müssen alters- und gesundheitsgerecht<br />
eingesetzt werden.<br />
Sie müssen das Lehren und Lernen sinnvoll unterstützen,<br />
sie sollen nicht zum Selbstzweck<br />
werden und nicht unnötig viel Aufmerksamkeit<br />
z.B. aufgrund von Störanfälligkeit binden.<br />
251
Medien zur Unterstützung moderner Pädagogik<br />
Medien müssen den Anforderungen einer<br />
modernen Pädagogik genügen. <strong>Das</strong> heißt, sie<br />
müssen Schüler/innen motivieren, individuelles<br />
Lernen und miteinander Lernen anregen und<br />
ermöglichen, differenzierendes Unterrichten<br />
unterstützen, sich in heterogenen Lerngruppen<br />
("inklusiven Settings") bewähren und didaktisch-methodisch<br />
gut aufbereitet sein.<br />
Inhaltlich werden aktuelle Lern- und<br />
Lehrmedien benötigt, die relevante Themen<br />
aufgreifen wie z.B. Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />
oder Mehrsprachigkeit, die fächerübergreifend<br />
und –verbindend einsetzbar sind,<br />
die gendersensibel sind und kulturelle und<br />
sprachliche Verschiedenheit sowie unterschiedliche<br />
sexuelle Orientierungen beachten.<br />
Qualitätssiegel<br />
Medien müssen qualitätsgeprüft sein. Die <strong>GEW</strong><br />
beobachtet mit Sorge, dass die Schulen<br />
teilweise mit schlechten Materialien überschwemmt<br />
werden, die in Wirklichkeit getarnte<br />
Werbeträger für unterschiedliche ökonomische<br />
und ideologische Interessen sind. Die <strong>GEW</strong> regt<br />
ein Qualitätssiegel für freie Unterrichtsmedien<br />
nach dem Vorbild der Bundesprüfstelle für<br />
jugendgefährdende Medien an. Die Kultusministerkonferenz<br />
(KMK) soll die Nutzungsrechte<br />
an qualitätsgeprüften digitalen Medien erwerben<br />
und auf einer Internetplattform den<br />
Schulen zur kostenfreien Nutzung zur Verfügung<br />
stellen.<br />
<strong>Das</strong> digitale Klassenzimmer<br />
Schulträger und Schulen, die auf dem Weg zum<br />
"digitalen Klassenzimmer" sind, müssen eine<br />
gründliche Vorbereitung sicherstellen. Die Entscheidung<br />
für das "digitale Klassenzimmer"<br />
muss ihm Rahmen eines Schulentwicklungsprozesses<br />
getroffen werden. Dazu gehören vor allem<br />
systematische Fortbildungsmaßnamen und<br />
Finanzplanungen, bei denen nicht nur die Anschaffungskosten<br />
sondern auch die Folgekosten<br />
durch Reparaturen und Ersatzbedarfe realistisch<br />
einzuschätzen sind.<br />
Praktische und finanzielle Erwägungen weisen<br />
eher in Richtung der traditionellen Lehr- und<br />
Lernmittel: Tafel, Wandbilder, Lehrbücher,<br />
Arbeitsmaterialien ... Die Anforderungen an<br />
eine moderne Pädagogik weisen eher in Richtung<br />
innovativer technischer, elektronischer<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
252
und digitaler Medien. Ein Entweder/Oder ist<br />
angesichts dieses Befundes nicht angemessen.<br />
Vor- und Nachteile müssen sorgfältig gegeneinander<br />
abgewogen werden.<br />
• Alle Beteiligten brauchen Informationen<br />
über die finanziellen Konsequenzen hinsichtlich<br />
Support und Instandhaltung (Schulen können<br />
ihren Etat nur einmal ausgeben).<br />
• Wenn die Erstanschaffung durch Sponsoren<br />
finanziert wird, muss von Anfang an sichergestellt<br />
sein, dass der Schulträger die Folgekosten<br />
übernimmt.<br />
• Wegen der Störanfälligkeit des "digitalen<br />
Klassenzimmers" muss der technische Support<br />
zuverlässig durch Fachkräfte sichergestellt sein.<br />
Lehrkräfte können diese Aufgabe nicht "nebenher"<br />
übernehmen. Es handelt sich um eine<br />
originäre Aufgabe des Schulträgers.<br />
• Die Lehrerinnen und Lehrer benötigen eine<br />
vorlaufende Fortbildung, die technische, pädagogische<br />
und didaktisch-methodische Fragen<br />
gleichermaßen umfasst. Sie brauchen Basiskenntnisse<br />
zur Behebung von kleineren technischen<br />
Problemen.<br />
• Die Störanfälligkeit des digitalen Klassenzimmers<br />
verbietet es zudem, die "analogen"<br />
Lehr- und Lernmittel gänzlich abzuschaffen. Es<br />
wäre z.B. unsinnig, die traditionelle Kreidetafel<br />
zu entfernen, wenn ein interaktives<br />
Whiteboard zum Einsatz kommt.<br />
• Bei allen Maßnahmen, die eine Eigenbeteiligung<br />
der Schülerinnen und Schüler voraussetzen,<br />
muss der Grundsatz der Chancengleichheit<br />
beachtet werden.<br />
Rechtssicherheit herstellen<br />
Für den Einsatz von Medien jeder Art brauchen<br />
die Schulen Rechtssicherheit. Benötigt wird ein<br />
umfassender Rechtsrahmen, der über das klassische<br />
Kopieren hinaus auch die Nutzung von<br />
Digitalisaten und den Einsatz neuer elektronischer<br />
Medien verbindlich und in einer für die<br />
Beschäftigten rechtlich sicheren und nutzerfreundlichen<br />
Weise regelt. Die Beschäftigten im<br />
Bildungswesen müssen ihrer Tätigkeit ohne<br />
rechtliche Risiken nachkommen und dabei alle<br />
Informationsquellen nutzen sowie die gewonnen<br />
Inhalte aufbereiten und wiedergeben können.<br />
Die <strong>GEW</strong> lehnt jegliche Form der Ausforschung<br />
des Personals von Bildungseinrichtungen<br />
ab. Die finanzielle Abgeltung urheberrechtlicher<br />
Ansprüche soll global auf der Basis<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
253
von Schätzungen durch die Landesregierungen<br />
erfolgen.<br />
Anmerkungen<br />
*) Bücher, Lexika, Wörterbücher, Arbeitsmappen,<br />
Hefte, Materialien und Utensilien zum<br />
Schreiben, Lesen, Malen/Zeichnen, Bauen, Basteln,<br />
Personal Computer, Lernprogramme, Internetzugang<br />
**) Tafel, Kreide, Schaubilder, Karten, Folien,<br />
Overheadprojektor, Filme, Fernsehen, Personal<br />
Computer, Beamer, Whiteboard<br />
160<br />
165<br />
254
3.36 Grundschule ohne Noten<br />
Antragsteller: BFGA Grundschulen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />
Der Gewerkschaftstag bekräftigt seine Forderung<br />
nach Einführung einer "Grundschule ohne<br />
Noten" auf Grundlage des Beschlusses des<br />
Gewerkschaftstages von 2009 und fordert die<br />
sofortige Umsetzung in den Bundesländern.<br />
Begründung<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert seit Jahren die Abschaffung<br />
der Zensuren zumindest in der Grundschule.<br />
Die aktuelle Entwicklung zu einer inklusiven<br />
Schule ist Anlass, diese Forderung noch einmal<br />
aufzugreifen, denn Zensuren/Noten widersprechen<br />
einer inklusiven Bildung.<br />
Zensuren/Noten sind nicht objektiv, sondern<br />
spiegeln eine subjektive Beurteilung im Vergleich<br />
zu der jeweiligen Lerngruppe wider. Sie<br />
fördern dadurch die Lernmotivation weder der<br />
leistungsstarken noch der leistungsschwächeren<br />
Kinder. Zensuren können weder den individuellen<br />
Leistungsstand noch die Lernvoraussetzungen<br />
und die Lern- und Persönlichkeitsentwicklung<br />
des einzelnen Kindes berücksichtigen.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
255
3.37 Gewerkschaftliche Positionen zum<br />
Gymnasium<br />
Antragsteller: BFGA Gymnasien<br />
Wir fordern ein Gymnasium, das Chancen bietet,<br />
Hürden beseitigt, individuelle Bildung und<br />
eine ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung<br />
fördert.<br />
Dazu sollen in allen Bundesländern folgende<br />
Maßnahmen ergriffen werden:<br />
• <strong>Das</strong> Eltern- und SchülerInnenrecht auf<br />
Schulwahl wird rechtlich verankert.<br />
• Die Erprobungsstufe wird intensiv zur<br />
Förderung genutzt.<br />
• Der Fächerkanon berücksichtigt regionale<br />
Bedürfnisse.<br />
• Die erzwungene Wiederholung wird abgeschafft.<br />
• Schülerinnen und Schüler durchlaufen an<br />
ihrer Schule unterschiedliche Bildungsgänge<br />
und werden zu einem (mittleren) Schulabschluss<br />
geführt.<br />
• Die bestehenden Vergleichsarbeiten werden<br />
durch angemessene Diagnoseinstrumente<br />
ersetzt.<br />
• Die Lehrkräftezuweisung wird den notwendigen<br />
Differenzierungs- und Betreuungsmaßnahmen<br />
gerecht.<br />
• Allen Schulen steht neben den Lehrkräften<br />
im notwendigen Umfang auch weiteres pädagogisches<br />
Fachpersonal (Schulpsychologinnen<br />
und -psychologen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter<br />
u.a.) zur Verfügung.<br />
• Für die inklusive Beschulung stehen angemessene<br />
sächliche, räumliche und personelle<br />
Ressourcen bereit. Alle Lehrkräfte werden<br />
schon in der Ausbildung und durch Fortbildungen<br />
dafür qualifiziert.<br />
Unabhängig von den länderspezifischen Regelungen<br />
zur Schulzeit bis zum Abitur fordern wir:<br />
• Die Bildungswege am Gymnasium müssen<br />
alle allgemeinbildenden Schulabschlüsse bieten<br />
und Übergänge in andere Regionen und an andere<br />
Schulformen ermöglichen.<br />
• Alle Schulen sollen als Ganztagsschulen mit<br />
entsprechender sächlicher und personeller<br />
Ausstattung geführt werden.<br />
• Die zusätzlichen Aufgaben und Belastungen<br />
der Lehrerinnen und Lehrer müssen durch anderweitige<br />
Entlastungen ausgeglichen werden.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgenden Änderungen:<br />
Zeile 8 und 9: Überweisung an den Hauptvorstand<br />
Zeile 10 - 11 wird ersetzt durch:<br />
Die ersten beiden Jahre werden intensiv zur<br />
Förderung genutzt.<br />
Zeile 14 - 15 wird ersetzt durch:<br />
Klassenwiederholungen finden nur noch<br />
freiwillig statt.<br />
Die Zeilen 20 - 22 sind erledigt bei Annahme<br />
von Antrag 3.27.<br />
Nach Zeile 35 wird eingefügt:<br />
<strong>Das</strong> Gymnasium muss grundsätzlich flexible<br />
Lernzeiten möglich machen, damit Heterogenität<br />
nicht zur Selektion führt und Lernzeit individualisiert<br />
werden kann.<br />
256
Begründung<br />
Die zentrale schulpolitische Leitidee der <strong>GEW</strong><br />
ist die „Eine Schule für alle“. Trotzdem müssen<br />
wir die Gegebenheiten im föderal gestalteten<br />
Schulbereich im Blick halten, die nicht oder nur<br />
bedingt zum längeren gemeinsamen Lernen<br />
führen. Bundesweit zeichnen sich auch in konservativ<br />
geführten Bundesländern eher Entwicklungen<br />
zu verschiedenen „Zwei-Säulen-<br />
Modellen“ ab , bei denen das Gymnasium eines<br />
der beiden tragenden Elemente darstellt.<br />
Im Jahr 2010/11 stammten die ca. 346.000<br />
Schülerinnen und Schüler des ersten Jahres der<br />
Oberstufe (Einführungsphase) an den Gymnasien<br />
zu etwa 94% aus der Mittelstufe dieser<br />
Schulform, was die weitgehend ungebrochene<br />
Rolle des Gymnasiums als die vorrangige ohne<br />
Schulformwechsel zur allgemeinen Hochschulreife<br />
führende Schulform verdeutlicht.<br />
Ein weiteres Indiz für die große bildungspolitische<br />
Bedeutung der Oberstufe des Gymnasiums<br />
zeigt sich darin, dass von den 316.000<br />
Jugendlichen, die im Jahr 2010 die Allgemeine<br />
Hochschulreife erworben haben, 75,6% dies in<br />
einem gymnasialen Bildungsgang (G8: 8,4%,<br />
G9: 67,2%) erreicht haben. Diese Quote ist laut<br />
der jeweiligen Bildungsberichte seit dem Jahr<br />
2004 trotz einer Steigerung der Abiturientenzahlen<br />
um 20% etwa konstant geblieben.<br />
Deshalb muss sich die <strong>GEW</strong> mit dem Thema<br />
Gymnasium befassen und die Interessen der<br />
Beschäftigten dieser Schulform aktiv vertreten<br />
sowie die Arbeit am Gymnasium kritisch konstruktiv<br />
begleiten und an der pädagogischen<br />
Weiterentwicklung mitarbeiten. Neben den<br />
schulstrukturellen und organisatorischen Fragen<br />
(Einführungsphase, Schulzeit, Abiturprüfung)<br />
muss in Anbetracht der größer werdenden<br />
Heterogenität der Schülerschaft auch<br />
der konstruktive Umgang mit dieser Vielfalt im<br />
Sinne eines individuellen Förderns voran gebracht<br />
werden.<br />
Erprobungszeiten<br />
Die ersten beiden Jahre des Gymnasiums unterliegen<br />
als Erprobungs-, Beobachtungs-, Förder-<br />
bzw. Orientierungsstufe einigen besonderen<br />
Regelungen. Es gibt in vielen Bundesländern<br />
kein Sitzenbleiben in dieser Zeit,<br />
allerdings können Schülerinnen und Schüler am<br />
Ende dieser Stufe an andere Schulformen<br />
überwiesen werden. In besonderen Fällen oder<br />
auf Antrag der Eltern ist auch in der Orientierungsstufe<br />
ein Übergang an eine andere Schul-<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
257
form möglich. In den letzten Jahren gingen<br />
viele Bundesländer von der Idee der Orientierungsstufe<br />
ab, nicht zuletzt aufgrund des<br />
Drucks der Einführung von G 8. Die Orientierungsstufe<br />
existiert z.B. in Baden-Württemberg<br />
faktisch nicht. Die Bildungsgänge und Fächer<br />
sind für Gy/RS/HS mittlerweile kaum vergleichbar.<br />
In Bundesländern, die in 7 und 8<br />
keine Klassenwiederholung zulassen, wird der<br />
Übergang aus der Klasse 6 in die Klasse 7 zu einer<br />
entscheidenden selektierenden Hürde in<br />
der Schullaufbahn.<br />
„Sitzenbleiben“ und „Abschulung“<br />
Trotz des Anspruchs "kein Kind zurückzulassen"<br />
führen die strikten Versetzungsregelungen und<br />
die hohen Anforderungen am Gymnasium immer<br />
noch zu einer nicht unerheblichen Zahl an<br />
Nichtversetzungen, Schulwechslern oder Schulabgängern<br />
ohne Abschluss. Schon in Klasse 8<br />
ist die bundesweite Gymnasialquote auf 36 %<br />
(Klasse 5: 41 %) gesunken. Einige Bundesländer<br />
haben in diesem Bereich Regelungen getroffen,<br />
Sitzenbleiben und Abgehen ohne Schulabschluss<br />
zu verbieten oder zu vermeiden - mit<br />
mehr oder weniger Erfolg. Diese rein rechtlichen<br />
Regelungen werden ohne entsprechende<br />
vorbeugende Unterstützungsmaßnahmen keine<br />
Abhilfe schaffen. Es sind vielfältige Maßnahmen<br />
des individuellen Förderns und Strukturen<br />
der inneren und äußeren Laufbahndifferenzierung<br />
notwendig.<br />
Fächerkanon<br />
Neben einem allgemeinen Unterrichtskanon,<br />
der auf einer klassischen fachlichen Spezialisierung<br />
der Lehrerinnen und Lehrer aufbaut und<br />
nur in wenigen Fällen oder Bereichen<br />
fachfremden, fächerverbindenden oder fächerintegrierenden<br />
Unterricht vorsieht, ist der Lehrplan<br />
durch die verpflichtende Belegung einer 2.<br />
Fremdsprache (Englisch – sofern nicht erste FS,<br />
Latein, Französisch, Spanisch …) ab Klasse 5<br />
oder 6 gekennzeichnet. Diese Sprache kann<br />
dann in der Oberstufe fortgesetzt werden. Die<br />
Wahl einer dritten (oder sogar vierten) Fremdsprache<br />
ist ebenfalls oft noch möglich. Darüber<br />
hinaus gibt es viele Gymnasien mit besonderen<br />
Profilen: z.B. Sportgymnasien, Altsprachliche<br />
Gymnasien, Bilinguale Gymnasien, Gymnasien<br />
mit musischen Schwerpunkten).<br />
VERgleichsArbeiten in der 8. Klasse<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
258
Seit dem Schuljahr 2006/7 finden in den meisten<br />
Bundesländern ländergemeinsame Vergleichsarbeiten<br />
(VERA) statt.<br />
Auch wenn die Durchführung der Lernstandserhebungen<br />
mit den angelieferten Testheften<br />
und die Bewältigung der Aufgaben an den<br />
Gymnasien wohl auch wegen der soziologischen<br />
Struktur der Schülerschaft insgesamt<br />
keine grundsätzlichen Schwierigkeiten aufgeworfen<br />
hat, werden diese von den Beschäftigten<br />
als zu aufwändig und zu wirkungslos betrachtet.<br />
Die Aufgaben werden oft als unpassend<br />
und wegen der Notwendigkeit der leichten<br />
Auswertbarkeit als zu technisch empfunden.<br />
Teillösungen oder abweichende kluge<br />
Lösungen werden nicht erkannt. Insgesamt fehlen<br />
sowohl die zeitlichen Ressourcen als auch<br />
die diagnostischen Kompetenzen und die Unterstützungsangebote,<br />
um die durchaus<br />
brauchbaren Testergebnisse gezielt für die Unterrichtsentwicklung<br />
nutzbar zu machen.<br />
Umgang mit Heterogenität<br />
Während der gesamten Sekundarstufe I bleiben<br />
die Schülerinnen und Schüler in ihrem Klassenverband<br />
oder in ihren Wahllerngruppen<br />
(Religion, Fremdsprachen, Wahlpflichtbereiche)<br />
zusammen. Es gibt keine äußere Differenzierung<br />
nach Leistungsniveaus. Es wird noch oft<br />
fälschlicherweise unterstellt, dass die Lerngruppen<br />
an Gymnasien eine hohe Homogenität<br />
haben.<br />
Leistungsschwächere oder anders lernende<br />
Schülerinnen und Schüler werden möglichst in<br />
„Förderkursen“ wieder an den durchschnittlichen<br />
Leistungsstand herangeführt. Sehr oft landet<br />
diese Aufgabe bei Nachhilfeeinrichtungen<br />
z.B. schulinternen Tutoren, Schülerinnen und<br />
Schüler der Sekundarstufe II, schulexterne<br />
Nachhilfelehrerinnen und -lehrer oder Nachhilfeschulen.<br />
Dadurch wird die soziale Benachteiligung<br />
verstärkt.<br />
Mit dem Argument, das Gymnasium bilde nur<br />
einen Bildungsgang ab, werden seitens der Ministerien<br />
ausreichende Fördermittel für<br />
Differenzierung zumeist verweigert.<br />
Besondere Interessen und Leistungen werden<br />
durch Wettbewerbe, Arbeitsgemeinschaften<br />
oder die Teilnahme am Unterricht höherer<br />
Klassen gefördert. Besondere Formen der<br />
„Hochbegabtenförderung“ sind das Drehtürmodell,<br />
bei dem z.B. die beiden in der Schule<br />
angebotenen zweiten Fremdsprachen durch<br />
die halbierte Teilnahme an den beiden Lern-<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
259
gruppen parallel gelernt werden, die Teilnahme<br />
am Fachunterricht höherer Klassen, das Überspringen<br />
einer Klasse und die frühe Teilnahme<br />
an regulären oder besonderen Hochschulveranstaltungen.<br />
Obwohl auch die Gymnasien verschiedene<br />
Schulabschlüsse vergeben, ist das Abitur als<br />
Zielorientierung bei allen Beteiligten dominant.<br />
Zieldifferentes Arbeiten ist organisatorisch<br />
nicht vorgesehen und somit wenig verbreitet.<br />
Inklusion<br />
„Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat nach<br />
langen internen Diskussionen im Februar 2011<br />
einen Entwurf […] beschlossen“, der „trägt nun<br />
die Überschrift Inklusive Bildung von Kindern<br />
und Jugendlichen mit Behinderungen in<br />
Schulen […]“ . Im Verbund mit der Ratifizierung<br />
der UN-Behindertenrechtskonvention durch die<br />
Bundesregierung und vielfältige Beschlüsse in<br />
den Bundesländern haben nun Kinder mit Behinderung<br />
prinzipiell das Recht an der allgemeinen<br />
Schule ihrer Wahl also auch an einem<br />
Gymnasium unterrichtet zu werden. Aus den<br />
Statistiken der KMK für das Schuljahr 2009/10<br />
geht hervor, dass durchschnittlich etwa 5% aller<br />
inklusiv unterrichteten Kinder – dies sind 20%<br />
aller sonderpädagogisch zu fördernder Kinder -<br />
an Gymnasien unterrichtet werden (Gesamtschulen<br />
16%, Schulen mit mehreren Bildungsgängen<br />
19%, Hauptschulen 39%). Dies dürfte<br />
zumeist auf das besondere Engagement einzelner<br />
Schulen oder Lehrkräften zurückzuführen<br />
sein, die sich dieser anspruchsvollen Aufgabe<br />
gewidmet haben. Eine genauere Analyse<br />
müsste noch die Quote der zieldifferent unterrichteten<br />
Kinder aufdecken, da ja nur diese<br />
die enge Bindung des gymnasialen Bildungsgangs<br />
durchbrechen.<br />
Sofern die sonderpädagogisch geförderten<br />
Schülerinnen und Schüler nicht mehr nur in<br />
einzelnen integrativen Fördergruppen, was ja<br />
auch schon vor den neueren bildungspolitischen<br />
Entwicklungen möglich war, sondern in<br />
vielen Klassen tatsächlich inklusiv unterrichtet<br />
werden, erfordert dies eine vollständig andere<br />
Unterrichtsgestaltung und Personalausstattung,<br />
die von den traditionellen Formen der gymnasialen<br />
Bildungsgänge abweichen. Auch rechtliche<br />
Konsequenzen werden über kurz oder<br />
lang notwendig werden, denn was geschieht,<br />
wenn ein bisher zieldifferent sonderpädagogisch<br />
gefördertes Kind seine Defizite überwunden<br />
hat und damit seinen Status verliert und<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
265<br />
260
nun wieder zielgleich mit den anderen Gymnasiasten<br />
unterrichtet werden kann. Muss es<br />
dann die Schule verlassen, weil es bestimmte<br />
formale Voraussetzungen, z.B. die Belegung der<br />
2. Fremdsprache, nicht erfüllt bzw. erfüllen<br />
kann.<br />
Vermutlich wird das Recht auf inklusiven Unterricht<br />
die größte revolutionäre Bewegung an<br />
den Gymnasien hin zur "Einen Schule für alle"<br />
bewirken, denn der sich so entwickelnde zieldifferente<br />
Unterricht stellt das gegliederte<br />
Schulsystem insgesamt in Frage.<br />
270<br />
275<br />
261
3.38 Forderungen zur Gymnasialen<br />
Oberstufe<br />
Antragsteller: BFGA Gymnasien<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Die <strong>GEW</strong> erwartet in Bezug auf die Gymnasiale<br />
Oberstufe in der Sekundarstufe II eine Rückbesinnung<br />
auf die ursprünglichen Ziele der Reform<br />
des Jahres 1972 und die Kompatibilität<br />
der konkreten Umsetzungen der einzelnen<br />
Bundesländer, um die gegenseitige Anerkennung<br />
und die Mobilität der Schülerinnen und<br />
Schüler zu verbessern.<br />
Dazu fordern wir<br />
1. Die gymnasiale Oberstufe dauert 2-4 Jahre,<br />
von denen die beiden letzten Jahre als Qualifikationsphase<br />
zur Berechnung der Abiturnoten<br />
angerechnet werden.<br />
2. Jede Schülerin und jeder Schüler erhält die<br />
Möglichkeit, zur Vorbereitung der Qualifikationsphase<br />
eine Einführungsphase zu durchlaufen.<br />
3. Für die Qualifikationsphase erfolgt eine Einteilung<br />
in Kurse mit grundlegendem und erhöhtem<br />
Anforderungsniveau.<br />
4. Jeder Schüler und jede Schülerin wählt zwei<br />
Kurse des erhöhten Anforderungsniveaus.<br />
Diese werden mindestens fünfstündig unterrichtet.<br />
Die Kurse des grundlegenden Niveaus<br />
in einem Fach werden dreistündig und in<br />
Fächerkombinationen vierstündig unterrichtet.<br />
5. Die Gleichwertigkeit der Fächer wird wieder<br />
hergestellt:<br />
- Generelle Pflichtbelegungen werden für<br />
alle Fächer nur auf grundlegendem Niveau vorgeschrieben.<br />
- Pflichtbelegungen für die Kurse auf erhöhtem<br />
Anforderungsniveau und die Abiturprüfung<br />
sollen sich nur auf Aufgabenfelder<br />
oder umfassendere Teile von Aufgabenfeldern<br />
beziehen, nicht aber auf einzelne Fächer.<br />
- Grundlegende Kompetenzen in Deutsch<br />
und den Fremdsprachen werden in allen<br />
Fächern erworben.<br />
6. Weitere Rahmenvorgaben, die geregelt<br />
werden sollten:<br />
- Konzepte zur Verbesserung der Studierfähigkeit<br />
werden verpflichtend gemacht:<br />
Portfolioarbeit, Methodencurriculum, Seminarfach,<br />
Präsentationsprüfungen, besondere Leistungen<br />
- Feste Vorgaben für die Berufsorientierung<br />
sowie Konzepte zur Vorbereitung auf eine be-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
262
ufliche Ausbildung nach der Allgemeinen<br />
Hochschulreife werden Bestandteil der Richtlinien<br />
und gute Modelle werden veröffentlicht.<br />
- Maßnahmen, die die Persönlichkeitsentwicklung<br />
der Jugendlichen fördern, werden<br />
fester Bestandteil der Oberstufenarbeit.<br />
- Konzepte für den Umgang mit der zunehmenden<br />
Heterogenität der Bildungsvoraussetzungen<br />
aufgrund unterschiedlicher schulischer<br />
Bildungswege, unterschiedlicher sozialer,<br />
kultureller Herkunft und unterschiedlicher<br />
Genderdefinitionen werden entwickelt.<br />
- Andere Wege zur allgemeinen Hochschulreife<br />
und Modelle für „kleine Oberstufen“,<br />
die die allgemeinen Vorgaben erfüllen, werden<br />
in allen Bundesländern ermöglicht.<br />
Begründung<br />
Zu 1. Diese Regelung sorgt für eine hinreichend<br />
lange Phase kontinuierlicher Arbeit in festen<br />
Gruppen.<br />
Zu 2. Die Einführungsphase dient der Eingewöhnung<br />
in die oberstufenspezifischen<br />
Arbeitsweisen, der Hinführung auf die Qualifikationsphase,<br />
der Angleichung der Lernvoraussetzungen,<br />
der Vorbereitung der Wahlen,<br />
der Festlegung der Schriftlichkeit von Fächern<br />
und der gruppendynamischen Findung in der<br />
Schulstufe. Die Teilnahme ist nicht für alle<br />
Schülerinnen und Schüler in gleicher Weise<br />
notwendig.<br />
Zu 3. und 4. Diese Stundenvolumina sind<br />
notwendig, um eine intensive und breite fachliche<br />
Beschäftigung zu ermöglichen. So sind in<br />
beiden Kursarten angemessene Anteile in<br />
Bezug auf die anspruchsvolleren Stufen der Dimensionen<br />
der Kompetenzen der Bildungsstandards<br />
für das Abitur zu erreichen. (Anforderungsbereich<br />
III)<br />
Zu 5. Schon so sind die allgemeinen fachbezogenen<br />
Kompetenzen in Deutsch, Mathematik<br />
oder der Fremdsprache zu erlangen. Die<br />
einzelnen Fächer der Aufgabenbereiche repräsentieren<br />
diese gleichwertig.<br />
Zu 6. letzter Spiegelstrich: In kleinen Systemen<br />
oder bei geringen Anwahlen bestimmter Fächer<br />
werden Alternativen entwickelt: Kooperationen,<br />
„Huckepack“verfahren, erweiterte<br />
Grundkurse, Aufstockungsverfahren, Selbstlernen<br />
mit Beratung, Projektblöcke.<br />
Zum Hintergrund<br />
Die gymnasiale Oberstufe war und ist ein politisch<br />
stark umkämpfter Bereich, weil sich hier<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
263
die gegensätzlichen Bildungskonzepte einer<br />
selbstbestimmten, kritischen, vertieften<br />
Allgemeinbildung und einer auf weiterführende<br />
Verwertbarkeit abzielenden Ausbildung<br />
gegenüber stehen. 1972 gelang einer<br />
mehrheitlich sozialdemokratisch besetzten<br />
Kultusministerkonferenz ein Durchbruch zu einer<br />
Neugestaltung der gymnasialen Oberstufe<br />
(NGO): Es gab eine Verständigung darüber, dass<br />
exemplarisches wissenschaftspropädeutisches<br />
Arbeiten in allen Fächern möglich sei. Diese<br />
prinzipielle Gleichwertigkeit der Fächer machte<br />
ein Strukturmodell mit zwei sechsstündigen<br />
Leistungskursen und dreistündigen Grundkursen<br />
in einem sprachlich-literarisch-künstlerischen,<br />
einem gesellschaftswissenschaftlichen<br />
und einem mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen<br />
Aufgabenfeld möglich. Dieses<br />
Strukturmodell stellte eine didaktisch begründete<br />
Balance zwischen Konzentration auf<br />
Schwerpunkte und Beschäftigung mit Themen<br />
in der Breite dar. Altersadäquat wurde der Klassenverband<br />
zugunsten eines Kurssystems aufgelöst<br />
und Schülerinnen und Schüler durchaus<br />
umfassende und weitreichende Wahlentscheidungen<br />
für ihren individuellen Bildungsweg<br />
abgefordert. Je nach Größe der Sekundarstufe<br />
II, der jeweiligen personellen und sächlichen<br />
Ausstattung, der örtlichen Traditionen<br />
und Gegebenheiten sowie der Möglichkeiten<br />
zur Kooperation mit benachbarten Oberstufen<br />
hatten die einzelnen Schulen hier mehr oder<br />
weniger zu bieten. Während in Ballungsgebieten<br />
die individuellen Wünsche ggf. auch durch<br />
einen Schulwechsel in berufliche zur Hochschulreife<br />
führende Bildungsgänge realisiert<br />
werden konnten blieben die Wahlmöglichkeiten<br />
– hier gab und gibt es oft nur die Wahl zwischen<br />
verschiedenen Profilen - im ländlichen<br />
Bereich beschränkter, ohne dass das grundsätzliche<br />
Konzept aufgegebenen werden musste.<br />
Dies zusammen machte die Vorstellung einer<br />
zeitgemäßen Vorbereitung auf ein Studium<br />
oder auf eine Berufsausbildung aus.<br />
In den Augen der <strong>GEW</strong> war die NGO keineswegs<br />
ein genialer Entwurf. Trotz aller Kritik war<br />
allerdings unstrittig, dass diese Reform der<br />
gymnasialen Oberstufe von 1972 so grundlegend<br />
war und auf Grund ihrer offenen<br />
Struktur auch an zukünftige gesellschaftliche<br />
Herausforderungen angepasst werden könnte,<br />
dass sich ihre konstruktive Entwicklung lohnen<br />
würde. Insofern haben wir die Einführung der<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
264
NGO mitgetragen.<br />
Die Restaurationsbestrebungen<br />
Anders sahen und sehen dies konservative<br />
Bildungspolitikerinnen und -politiker. Ihre Kritikpunkte<br />
bestanden wesentlich in dem Verdacht<br />
des Ausweichens der Schülerinnen und<br />
Schüler auf so genannte anspruchslosere<br />
Fächer im Rahmen der Wahlmöglichkeiten, des<br />
scheinbaren Verlusts breiter Allgemeinbildung<br />
durch das Konzept der prinzipiellen Gleichwertigkeit<br />
der Fächer und der Möglichkeit für<br />
Schülerinnen und Schüler, sich im Rahmen<br />
zweier Leistungskurse zu spezialisieren, woraus<br />
ihrer Meinung nach eine fehlende Vergleichbarkeit<br />
der im Abitur erbrachten Leistungen<br />
folgte. In der Anfangsphase der Umsetzung<br />
hat es hier sicher auch Schwächen gegeben, da<br />
die bisherigen „Nebenfächer“ zunächst ja eine<br />
deutliche curriculare Entwicklung durchlaufen<br />
mussten, um dasselbe Anforderungsniveau wie<br />
die herkömmlichen „Hauptfächer“ zu erlangen.<br />
Insgesamt wurde durch diese neue Gewichtung<br />
aller Fächer aber eine Erhöhung des Niveaus<br />
erreicht. Einige gesamtgesellschaftlich nicht<br />
dauerhaft vermittelbaren Elemente wie die<br />
vollständige Abwahl von Deutsch wurden in<br />
großer Einmütigkeit rückgängig gemacht.<br />
Inzwischen haben sich aber leider die Traditionalisten<br />
mit ihrer Sichtweise in großem Umfang<br />
durchgesetzt. 1997 beschloss die KMK nach intensivem<br />
Drängen der damals CDU-geführten<br />
Baden-Württembergischen Landesregierung relativ<br />
unkommentiert von der Bildungsöffentlichkeit<br />
eine große Revision der NGO, die aus<br />
unserer Sicht inhaltlich ihrer Abschaffung<br />
gleichkommt, obwohl sie sich formal immer<br />
noch darauf bezieht und auch die Zielsetzungen<br />
der vertieften Allgemeinbildung, der<br />
allgemeinen Studierfähigkeit und der wissenschaftspropädeutischen<br />
Bildung ebenso erhalten<br />
geblieben sind wie die Orientierung an<br />
den drei Aufgabenfeldern.<br />
Zurückgenommen wurde das Konzept der<br />
prinzipiellen Gleichwertigkeit der Fächer.<br />
Stattdessen gibt es wieder die alten Hauptfächer<br />
Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen,<br />
die in besonderer Weise auch für die Abiturprüfung<br />
verpflichtend sind.<br />
Zurückgenommen wurde das Konzept der<br />
Strukturierung des Bildungsgangs in (dreistündige)<br />
Grund- und inzwischen sowieso nur noch<br />
fünfstündige Leistungskurse, die durch exemplarisches<br />
Lernen eine vertiefte Bildung ermög-<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
265
lichen sollten. Stattdessen gibt es insgesamt<br />
mehr Pflicht- und Wahlfächer und die Erteilung<br />
des Unterrichts auf zwei unterschiedlichen Anforderungsniveaus.<br />
Inzwischen überwiegt die<br />
Anzahl der Bundesländer die Konzepte mit drei<br />
vierstündigen Kursen auf erhöhtem Niveau, mit<br />
durchgängiger Belegung „basaler“ Fächer und<br />
eine Heraufsetzung der Fächerzahl und Klausurleistungen<br />
bei gleich gebliebenem Gesamtstundenvolumen<br />
verlangen. Diese Festlegungen<br />
haben eine geringere Stundenzahl der einzelnen<br />
Fächer zur Folge.<br />
Zurückgenommen wurde das Konzept einer individuellen<br />
Profilierung der Schülerinnen und<br />
Schüler auf der Basis von Wahlentscheidungen.<br />
Stattdessen gibt es in vielen Bundesländern zu<br />
Beginn der Qualifikationsphase in der Regel lediglich<br />
die Entscheidung für eins von mehreren<br />
Profilen. Die dann noch möglichen Entscheidungen<br />
zwischen Fächeralternativen sind<br />
eher gering.<br />
Alle diese Entwicklungen führen nicht zu Leistungssteigerungen<br />
oder einer wie auch immer<br />
gearteten Qualitätszunahme im Abitur (siehe<br />
die TOSCA-Studie), sie führen auch nicht zu<br />
mehr Abiturientinnen und Abiturienten oder<br />
der Reduzierung von schichtenspezifischen<br />
oder kulturell bedingten Selektionsbeschränkungen.<br />
Sie sind Ausdruck eines konservativen<br />
Bildungs- und Leistungsverständnisses<br />
mit allen bekannten Folgen.<br />
Zusammenfassend lautet unsere Kritik:<br />
Die allgemeinbildende gymnasiale Oberstufe<br />
wird in inhaltlicher, didaktischer und methodischer<br />
Hinsicht zunehmend zu einer Verlängerung<br />
der Sekundarstufe I und bereitet in enger<br />
werdender Weise auf das nachfolgende Bachelorstudium<br />
vor ohne je eine angemessene<br />
fachliche Tiefe und eine vertiefte<br />
Allgemeinbildung zu vermitteln.<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
266
3.39 Weiterentwicklung der gymnasialen<br />
Oberstufe an Gymnasien und<br />
Gesamtschulen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Erledigt bei Annahme des Antrags 3.38<br />
Antragsteller: BFGA Gesamtschulen<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich für die Weiterentwicklung<br />
der gymnasialen Oberstufe an Gymnasien und<br />
Gesamtschulen ein:<br />
1. Die Verweildauer an gymnasialen Oberstufen<br />
der Gymnasien und Gesamtschulen muss<br />
flexibilisiert werden. SchülerInnen sollen während<br />
ihres Besuchs an gymnasialen Oberstufen<br />
entscheiden können, ob sie die gymnasiale<br />
Oberstufe in zwei, drei oder vier Jahren<br />
durchlaufen wollen.<br />
2. Die Schwerpunktsetzung im individuellen<br />
Curriculum soll über zwei mindestens fünfstündige<br />
Leistungskurse mit hoher Gewichtung in<br />
der Gesamtqualifikation sowie dreistündige<br />
Grundkurse ermöglicht werden.<br />
3. Die Leistungskurse können frei innerhalb der<br />
Aufgabenfelder gewählt werden.<br />
4. Die gymnasiale Oberstufe beginnt nach Abschluss<br />
der Sekundarstufe I in Jahrgang 11.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
267
3.40 Schulzeit bis zum Abitur<br />
Antragsteller: BFGA Gymnasien<br />
<strong>Das</strong> Gymnasium muss grundsätzlich flexible<br />
Lernzeiten möglich machen, denn auch das<br />
Gymnasium hat die Aufgabe, dafür zu sorgen,<br />
dass Heterogenität nicht zur Selektion führt. An<br />
die Stelle von G 8 als Regelfall tritt eine flexible<br />
Schulzeit mit der Möglichkeit, Lernzeit zu individualisieren.<br />
In der Sekundarstufe I müssen sich die Rahmenbedingungen<br />
für Lehrende und Lernende<br />
verbessern (z. B. Senkung der Klassenmesszahl,<br />
Lernförderung). Mit dem Ende der Jahrgangsstufe<br />
10 schließt die Sekundarstufe I mit den<br />
Anforderungsprofilen des Mittleren Schulabschlusses<br />
ab.<br />
In der Sekundarstufe II ist eine Reform nötig.<br />
Die Sek. II wird in 2 - 4 Jahren durchlaufen. Es<br />
gibt eine flexible Einführungsphase, die übersprungen<br />
werden kann. Die Qualifikationsphase<br />
dauert 2 - 3 Jahre. Die Sekundarstufe II<br />
endet mit dem Erwerb des Abiturs als<br />
allgemeine Hochschulreife.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert Pilotprojekte zur Weiterentwicklung<br />
des Gymnasiums, die diesen<br />
Grundsätzen entsprechen.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Erledigt bei Annahme der Anträge 3.37 und<br />
3.38<br />
Begründung<br />
Eines der dominierenden Themen in der öffentlichen<br />
Diskussion war die Frage der Schulzeit<br />
(am Gymnasium) bis zum Abitur. Sehr oft werden<br />
von Eltern- und Schülerverbänden im Westen<br />
Änderungen der derzeitigen Regelungen<br />
(G8) gefordert und viele Bundesländer haben<br />
schon individuelle Neuregelungen vorgenommen<br />
oder planen diese.<br />
Aus unserer Sicht ist das ursprüngliche Hauptziel<br />
des früheren Eintritts in das Berufsleben<br />
der Abiturientinnen und Abiturienten durch andere<br />
gesellschaftliche Entwicklungen überholt<br />
worden und rechtfertigt die beobachtbaren<br />
Nachteile der generell kürzeren Schulzeit bis<br />
zum Abitur für die Bildung und die gesellschaftliche<br />
Arbeit Jugendlicher in keiner Weise.<br />
Individuellere Regelungen werden der Heterogenität<br />
und einem demokratischen Menschenbild<br />
eher gerecht als starre formale Regelungen.<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
50<br />
268
Eine verbesserte Kompatibilität zwischen den<br />
länderspezifischen Regelungen ist in Anbetracht<br />
der größer werdenden Mobilität in der<br />
Gesellschaft von eminenter Bedeutung.<br />
Bei den aktuellen Modellen stehen die vermeintlichen<br />
Vermarktungsansprüche der „Wirtschaft“<br />
bzw. der „Gesellschaft“ und die<br />
erwünschte längere Lebensarbeitszeit, die<br />
höhere Einnahmen für die sozialen Sicherungssysteme<br />
bedeutet, im Vergleich zu den<br />
„Bildungsansprüchen“ der jungen Generation<br />
und der Nachhaltigkeit ihrer Bildung eindeutig<br />
im Vordergrund. Diese Ansprüche widersprechen<br />
aus unserer Sicht auch dem Idealtypus<br />
des Staatsbürgers mit einer breiten<br />
Allgemeinbildung.<br />
Dabei gibt es unseres Wissens nach nur ein<br />
zentrales Argument für die Verkürzung der<br />
Schulzeit: Die deutschen Abiturientinnen und<br />
Abiturienten sind älter als die vergleichbaren<br />
Absolventinnen und Absolventen in anderen<br />
europäischen Ländern und dadurch im Wettstreit<br />
um die besten Arbeitsplätze benachteiligt.<br />
Sie haben für die Zulassung zum (Bachelor-)<br />
Studium ein Jahr länger als notwendig<br />
gelernt.<br />
Erste Korrekturen<br />
Als Reaktion auf die massiven Proteste mehren<br />
sich aktuell in verschiedenen Bundesländern<br />
die Anzeichen des Rückzugs oder der Korrektur:<br />
• Der Umfang der Lerninhalte musste in allen<br />
Ländern deutlicher als in den ursprünglichen<br />
Planungen verringert werden, was aber die<br />
Stofffülle nicht entscheidend verminderte.<br />
• Es werden organisatorische Festlegungen<br />
getroffen (z.B. Reduzierung der Hausaufgaben,<br />
Förderunterricht nur für Teilgruppen statt der<br />
gesamten Lerngruppe), die eine Arbeits(zeit)<br />
entlastung der Schüler bewirken sollen.<br />
• Die von der KMK vorgeschriebenen 265<br />
Wochenstunden im Laufe der Sekundarstufe,<br />
die Grundlage des Bildungsgangs bis zum Abitur<br />
sind, werden oft nur durch Rechentricks erreicht:<br />
individuelle Förderkurse, Vertiefungskurse,<br />
Projektkurse können gewählt werden,<br />
sind aber nicht für alle Schülerinnen und<br />
Schüler verpflichtend. Auch endet der Unterricht<br />
im Abiturprüfungshalbjahr vielerorts<br />
schon nach einem Zeitquartal oder früher (RP).<br />
• In Bayern und Schleswig-Holstein wurden<br />
für den ersten G8-Jahrgang in der zentralen<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
269
Prüfung 2011 die Bedingungen zum Bestehen<br />
des Abiturs erleichtert.<br />
• In Nordrhein-Westfalen konnten Schulen<br />
auf Antrag mit Beginn des Schuljahres 2011/12<br />
zu einem G9-Gymnasium „zurückkehren“, das<br />
ein deutlich ausgeweitetes Stundenvolumen<br />
bietet.<br />
• In Schleswig-Holstein gibt es G9- und G8-<br />
Gymnasien und Gymnasien, die beide Schulbesuchszeiten<br />
ermöglichen. Auch in Hessen werden<br />
Vorbereitungen getroffen, solche Modelle<br />
einzuführen.<br />
• In Baden-Württemberg werden ab dem<br />
Schuljahr 2012/13 in einem vorgeblichen<br />
„Modellversuch“ auch wieder neunjährige<br />
Gymnasialzüge ohne Nachmittagsunterricht<br />
angeboten, deren Konzepte sich in der Entwicklung<br />
befinden aber eine große Nähe zu den<br />
früheren „Halbtagsgymnasien“ haben. Einige<br />
Gymnasien haben die Initiative für das „Abitur<br />
im eigenen Takt“ ergriffen und wollen dies als<br />
bundesweiten Modellversuch verbreiten.<br />
• Sogar in Bayern gibt es solche Bestrebungen:<br />
Durch ein Brückenjahr oder ein Flexibilisierungsjahr<br />
wird die Sekundarstufe I erweitert<br />
und an die individuellen Bedürfnisse der<br />
Schülerinnen und Schüler angepasst: Sowohl<br />
leistungsstarke als auch leistungsschwache<br />
Schülerinnen und Schüler sollen besonders<br />
gefördert werden. Alle aufgeführten Wirkungen<br />
konnten schon bisher im G9-Gymnasium erbracht<br />
werden.<br />
Professor von Saldern hat dies so zusammengefasst:<br />
„<strong>Das</strong> Bedauerlichste an diesem ganzen<br />
Vorgehen ist die erneute Erkenntnis, dass derartige<br />
massive Eingriffe […] nicht in Ruhe vorher<br />
durchdacht werden und/oder mithilfe von<br />
Szenarientechniken […] simuliert wird, was passieren<br />
könnte.“<br />
Probleme der verkürzten Zeit bis zum Abitur<br />
Neben den Hinweisen auf die üblichen<br />
Anfangsschwierigkeiten, die bei einer solch<br />
großen Reform natürlich nicht ausbleiben und<br />
sich in den praktischen Umsetzungen im Schulalltag<br />
zeigten (fehlende Bücher, keine Mittagsbetreuung,<br />
unangepasste Lehrpläne, Terminkonflikte<br />
zwischen Schule und außerschulischen<br />
Institutionen), haben wir und andere immer<br />
wieder grundlegende Bedenken geäußert:<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
Die kürzere Schulzeit beeinträchtigt Bildungschancen<br />
270
• Da die KMK einerseits ein Stundenvolumen<br />
von 265 Unterrichtsstunden vorschreibt und<br />
andererseits durch Bildungsstandards und EPAs<br />
inhaltliche Vorgaben macht, führt die kürzere<br />
Schulzeit zu einer Belastungsverdichtung für<br />
die Schülerinnen und Schüler. Die wöchentliche<br />
Pflichtstundenzahl steigt schon ab der Klasse 5<br />
deutlich an und die in diesen Stunden abzuarbeitende<br />
Stofffülle wird ebenfalls verdichtet.<br />
Wenn man nun noch bedenkt, dass für den<br />
zukünftigen gesellschaftlichen und beruflichen<br />
Erfolg die Kompetenzerwartungen im methodischen<br />
und personalen Bereich deutlich gestiegen<br />
sind, so werden die Belastungen der<br />
Jugendlichen noch deutlicher: Wegen des enormen<br />
Leistungs- und Zeitdrucks können die Vorgaben<br />
nur begrenzt erfüllt werden.<br />
• Bei der durch die Kürzung in den Stundentafeln<br />
notwendigen Reduzierung der Lerninhalte<br />
und Themen sind wichtige und<br />
komplexe Themen oder Wiederholungen auf<br />
einem höheren Anspruchsniveau gestrichen<br />
worden, deren Bildungsgehalt zur Bewältigung<br />
zukünftiger Aufgaben notwendig oder wenigstens<br />
förderlich wäre. Somit führt nach von Saldern<br />
die Kürzung von Lerninhalten zur Verringerung<br />
von Zukunftschancen.<br />
• In die gleiche negative Richtung wirkt das<br />
notwendig gewordene Vorziehen von Inhalten<br />
insbesondere aus der früheren 10. Klasse und<br />
dem sich daraus ergebenden Dominoeffekt,<br />
dass andere Inhalte in die jeweilig frühere<br />
Klasse verschoben werden. Dadurch passen<br />
viele Themen und Methoden, die auch zuvor<br />
schon verfrüht „drankamen“, nicht mehr zum<br />
Entwicklungsstand der Jugendlichen. Sie werden<br />
in der auslaufenden Pubertät mit Abstraktionsgraden<br />
konfrontiert, die sie deutlich<br />
überfordern, ihnen die Freude am Lernen nehmen<br />
und so ganze Bereiche der Entwicklung<br />
und des Lernens beeinträchtigen.<br />
• In der Folge der kürzeren Schulzeit bis zum<br />
Abitur hat die 10. Jahrgangsstufe am Gymnasium<br />
eine Doppelfunktion erhalten, die sie<br />
von denselben Klassen anderer Schulformen<br />
deutlich abgrenzt, was in der Bezeichnung als<br />
Einführungsphase in die gymnasiale Oberstufe<br />
deutlich wird. Ohne einen Mittleren Schulabschluss<br />
werden die Schülerinnen und Schüler in<br />
Inhalten und mit Methoden unterrichtet, die<br />
zur Oberstufe gehören und die Grundlage für<br />
die (zentralen) Abiturprüfungen darstellen. Den<br />
mittleren Schulabschluss erreichen sie mit der<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
271
Versetzung in die Qualifikationsphase oder bei<br />
geringen Abstrichen auch ohne die Versetzung.<br />
• Alle aufgeführten Belastungen verstärken<br />
bei männlichen Jugendlichen – und im Besonderen<br />
bei Jungen mit Migrationshintergrund<br />
- den Trend, dass sie mit den notwendigen<br />
„Paukprozessen“ an den sprachenbetonten<br />
Gymnasien nicht mehr zurechtkommen.<br />
Die verkürzte Schulzeit verringert die Bildungschancen<br />
dieser Personengruppe in besonderem<br />
Maße.<br />
Die kürzere Schulzeit beeinträchtigt die<br />
Lebensgestaltung<br />
• Aus der dargestellten hohen zeitlichen, intellektuellen<br />
und psychischen Belastung der<br />
Schülerinnen und Schüler ist offensichtlich,<br />
dass andere Aktivitäten eingeschränkt werden<br />
müssen. Es wurde schon von Befragungen berichtet<br />
, die einen signifikanten Unterschied in<br />
den außerschulischen Aktivitäten im sozialen<br />
oder sportlichen Bereich zwischen der G8-Generation<br />
und früheren Jahrgängen aufzeigen.<br />
Hier wird das Leben junger Menschen alleine<br />
auf ihre zukünftigen beruflichen Aufgaben hin<br />
definiert und nicht als eigenständiger Wert verstanden.<br />
Insbesondere sportliche, künstlerische<br />
und soziale Tätigkeiten werden nicht länger in<br />
dem Maße wie bisher ausgeübt, was die freie<br />
Entfaltung des Einzelnen in erheblichem Maße<br />
reduziert. Auch die Mitarbeit in Schülerzeitungen<br />
hat nachgelassen, was beispielhaft eine<br />
verminderte gesellschaftliche und politische<br />
Teilhabe signalisiert.<br />
• Von diesen negativen Veränderungen sind<br />
insbesondere Schülerinnen und Schüler aus<br />
dem mittleren Leistungsbereich betroffen, da<br />
sie für das Weiterkommen auch außerhalb der<br />
Schule viel Zeit investieren müssen und so die<br />
freiwilligen Angebote der Schule oder der sonstigen<br />
Institutionen (Vereine, Kirchen) nicht nutzen<br />
können.<br />
• Die sachlogischen Veränderungen in den<br />
Schulen durch die verkürzte Schulzeit erfordern<br />
faktisch eine Ganztagsschule an mindestens<br />
drei oder vier Tagen, die aber zu oft nicht konzeptionell<br />
durchdacht wird. Es fehlen sowohl<br />
pädagogische Konzepte als auch die räumliche<br />
und sächliche Ausstattung. Diese Probleme<br />
ergeben sich oft in der Folge der Trennung in<br />
äußere und innere Schulangelegenheiten, da<br />
die Kommunen nicht die Mittel haben oder bereitstellen<br />
wollen, die der bildungspolitisch beschlossene<br />
Ganztag benötigt. Die Schulzeitver-<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
265<br />
272
kürzung erfordert eine Ganztagsschule, die<br />
über ein tragfähiges pädagogisches, personelles<br />
und materielles Konzept verfügt.<br />
Die kürzere Schulzeit verstärkt die soziale<br />
Selektion<br />
• Alle negativen Folgen der benannten Veränderungen<br />
und der tatsächlichen Probleme<br />
wirken stärker auf Jugendliche, die im Elternhaus<br />
keine große finanzielle oder bedeutsame<br />
ideelle Unterstützung erfahren. <strong>Das</strong> erfolgreiche<br />
Durchlaufen des gymnasialen Bildungsgangs<br />
wird stärker als schon in früheren<br />
Studien nachgewiesen davon abhängen, welche<br />
wirtschaftliche Situation oder welche intellektuellen<br />
Möglichkeiten das Elternhaus hat.<br />
Die Nachhilfe durch entsprechende Institute<br />
oder durch die eigenen Eltern bevorzugt die<br />
entsprechenden gesellschaftlichen Schichten<br />
und benachteiligt Jugendliche, die diese Unterstützung<br />
nicht erfahren.<br />
• So kann zumindest über den gymnasialen<br />
Bildungsgang die notwendige und angestrebte<br />
Erhöhung der Abiturientenquote nicht erreicht<br />
werden. Ob die anderen zur allgemeinen Hochschulreife<br />
(AHR) führenden Schulformen und<br />
Bildungsgänge diesen Mangel in nennenswertem<br />
Maße ausgleichen können, ist derzeit nicht<br />
abzusehen, da es diese Wege nicht in allen<br />
Bundesländern in ausreichender Zahl gibt.<br />
• Die Verdichtungen des Unterrichtsstoffs bei<br />
der verkürzten Schulzeit am Gymnasium wirken<br />
ja fast ausschließlich in der Sekundarstufe I und<br />
machen einen nachträglichen Wechsel aus einer<br />
anderen Schulform in den gymnasialen<br />
Bildungsgang zu einem fast unüberwindlichen<br />
Hindernis und zu einem großen Risiko. Um die<br />
Möglichkeit eines Wechsels formal aufrecht zu<br />
erhalten, müssen die Schülerinnen und Schüler<br />
dieser Schulen in der 6. Klasse die zweite<br />
Fremdsprache erlernen, was diesen schulischen<br />
Bildungsgängen und dem individuellen<br />
Profil der Schülerinnen und Schüler zu oft nicht<br />
entspricht.<br />
<strong>Das</strong> Gymnasium wird erneut und verstärkt von<br />
den anderen Schulformen abgeschottet.<br />
Die kürzere Schulzeit verstärkt Privatisierungstendenzen<br />
• Aus den aufgeführten erhöhten Belastungen<br />
ergibt sich für viele Schülerinnen und<br />
Schüler die Notwendigkeit einer fachgerechten<br />
zusätzlichen Unterstützung. Hier wird neben<br />
schulinternen Maßnahmen (indviduelle Förde-<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
315<br />
320<br />
273
ung, Tutorien) ein wachsender Nachhilfemarkt<br />
entstehen, der die schon vorhandenen Privatisierungstendenzen<br />
des Bildungs- und Ausbildungssektors<br />
verstärkt.<br />
• Auf lange Sicht könnte die Schulzeitverkürzung<br />
eine Sparstrategie werden, wenn in<br />
der Folge der Proteste doch die verpflichtende<br />
Unterrichtsstundenzahl reduziert oder diese individualisert<br />
wird.<br />
325<br />
330<br />
274
3.41 Forderungen zum Erwerb der<br />
allgemeinen Hochschulreife<br />
Antragsteller: BFGA Gymnasien<br />
Wir lehnen eine weitere Zentralisierung von<br />
Prüfungen ab, befürworten aber die durch die<br />
Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss<br />
und das Abitur sich ergebenden Angleichungen<br />
der Kompetenzen.<br />
Unabhängig davon fordern wir, dass<br />
• die Anzahl der Prüfungen in klassischer<br />
Form nicht erhöht wird.<br />
• die soziale Selektion, die durch die Abiturprüfung<br />
verstärkt wird, durch neue Prüfungsformen<br />
vermindert wird.<br />
• die innovativen Potenziale und Kompetenzen<br />
in der Lehrerschaft zur Weiterentwicklung<br />
des Unterrichts und der Prüfungen genutzt<br />
werden.<br />
• die öffentliche Hand ihrer Verantwortung<br />
für die Bildung unserer Kinder uneingeschränkt<br />
gerecht wird.<br />
• die mit den verschiedenen Prüfungen verbundenen<br />
Arbeits- und Zeitbelastungen bei<br />
den Lehrerinnen und Lehrern angemessen anerkannt<br />
werden.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme in folgender Fassung:<br />
Annahme der Zeilen 1 – 12 und 20 – 23.<br />
Begründung<br />
In den zurückliegenden Jahren seit 2005 wurden<br />
auch in den Bundesländern, die traditionell<br />
dezentrale Abiturprüfungen mit unterschiedlichen<br />
Vergleichbarkeitsmaßnahmen durchgeführt<br />
hatten, teilzentrale oder landeszentrale<br />
Abiturprüfungen eingeführt. Außerdem bringen<br />
Politiker aus den Südländern (Baden-Würtemberg,<br />
Bayern, Sachsen-Anhalt, Thüringen,<br />
Sachsen) oder aus konservativen Kreisen wie<br />
der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft<br />
e. V. sowie die CDU auf Ihrem Bundesparteitag<br />
2011 im Beschluss „Bildungsrepublik Deutschland“<br />
immer wieder verschiedene Varianten<br />
bundeseinheitlicher Abiturprüfungen ins Gespräch.<br />
Wir als Bundesfachgruppe Gymnasium haben<br />
uns zusammen mit der Bundesfachgruppe Gesamtschulen<br />
schon auf der Tagung zum Zentralabitur<br />
im September 2007 in Solingen kritisch<br />
und überwiegend ablehnend mit den verschiedenen<br />
Formen der landeszentralen Abiturprüfungen<br />
auseinandergesetzt und führen dies<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
275
hier fort.<br />
50<br />
Unsere Kritik<br />
Es gibt keine Untersuchungen über die Leistungsfähigkeit<br />
verschiedener Organisationsformen<br />
von Abiturprüfungen. Auch aus den vorliegenden<br />
empirischen Vergleichstests ist nicht<br />
abzuleiten, dass zentrale Abschlussprüfungen<br />
den dezentralen Formen überlegen sind.<br />
Trotzdem werden mit Hinweis auf die Notwendigkeit<br />
der Einhaltung von Standards und von<br />
mehr Vergleichbarkeit inzwischen in fast allen<br />
Bundesländern zentrale oder teilzentrale Abschlussprüfungen<br />
durchgeführt.<br />
Angesichts der hohen Belastung durch die Erstellung<br />
der Abituraufgaben im dezentralen<br />
Abitur identifizieren sich viele Lehrkräfte inzwischen<br />
mit dem Zentralabitur. Die Verantwortung<br />
für die Aufgabenstellung liegt bei einer<br />
höheren Instanz. Dadurch fällt auch der Druck<br />
weg, sich hinsichtlich des Unterrichts und des<br />
Anforderungsniveaus der Klausuren rechtfertigen<br />
zu müssen.<br />
Wenn aber die Einheit von Unterricht und<br />
Prüfung aufgehoben wird, so hat das erhebliche<br />
Konsequenzen für die verschiedenen Dimensionen<br />
des Lehrens und Lernens. Eine<br />
Folge ist die Umschichtung von Ressourcen hin<br />
zu den zentralen Prüfungskommissionen, die<br />
dann in der Schule fehlen. Andererseits führt es<br />
zur Entwertung der Arbeit der Unterrichtenden,<br />
weil sie für einen wesentlichen Teil der<br />
Abiturprüfung – die Aufgabenerstellung – die<br />
Verantwortung verlieren.<br />
Teaching to the test<br />
In zentralen Prüfungen wird überwiegend standardisierbares<br />
Wissen und Können abgefragt,<br />
da nur so eine landesweite Aufgabenstellung<br />
möglich ist. Dies führt dazu, dass die<br />
Lehrkräfte, die für ihre Schülerinnen und<br />
Schüler ein erfolgreiches Abitur erreichen wollen,<br />
im Unterricht vor allem diese Fähigkeiten<br />
vermitteln. Die Vermittlung prozessorientierter,<br />
methodischer und kritischer Kompetenzen wird<br />
zwangsläufig auch wegen des zunehmenden<br />
zeitlichen Drucks vernachlässigt.<br />
Die <strong>GEW</strong> ist der Ansicht, dass der Erwerb von<br />
kognitiven, personalen, sozialen und emotionalen<br />
Fähigkeiten, wie sie in der KMK-Vereinbarung<br />
zur gymnasialen Oberstufe von 1972 als<br />
Grundlage für die Studier- und Berufsfähigkeit<br />
genannt sind, eines Lernumfeldes bedarf, das<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
276
nicht beherrscht wird von Stofffülle und<br />
Prüfungsdruck. Standards auf der Basis von Inhaltskatalogen<br />
sind mit dem Ziel der Entwicklung<br />
von Kompetenzen nicht vereinbar.<br />
Die Form der Abiturprüfung ist daran zu messen,<br />
ob sie in der gymnasialen Oberstufe Raum<br />
lässt für den Erwerb der gesellschaftlich geforderten<br />
nicht schriftlich abprüfbaren Kompetenzen<br />
und wie weit sie in der Lage ist, dies<br />
nachzuweisen.<br />
Die Chancengleichheit wird nicht verbessert<br />
Landläufig wird dem Zentralabitur zugeschrieben,<br />
dass es eine Vergleichbarkeit der Abiturleistungen<br />
erreicht. Aufgrund der ihm zugrunde<br />
liegenden transparenten Anforderungen<br />
und Bewertungsmaßstäben sorge es im<br />
Vergleich zu dezentralen Prüfungen für größere<br />
Prüfungsgerechtigkeit. Der einzig uns bekannte<br />
empirische Hinweis in diesem Zusammenhang<br />
ist der TIMS-Studie (Third International Mathematics<br />
and Science Study) aus dem Jahr 1998<br />
zu entnehmen. Daraus geht hervor, dass es keinen<br />
eindeutig überlegenen Weg gibt. Unabhängig<br />
von der Prüfungsform unterrichten<br />
und bewerten Lehrerinnen und Lehrer auf sehr<br />
unterschiedliche Weise.<br />
Sicher ist aber, dass jede zentrale Prüfung ein<br />
Ranking von Schülerleistungen ermöglicht und<br />
nahelegt, dieses auf Lehrerleistungen oder die<br />
Ergebnisse von Schulen auszuweiten. Nach<br />
dem Muster der Exzellenzinitiativen an Hochschulen<br />
wäre es durchaus denkbar, eine Schule,<br />
die im Ranking gut abschneidet, materiell zu<br />
honorieren und mit einem entsprechenden<br />
werbewirksamen Zertifikat auszustatten. Ein<br />
solcher Anreiz könnte Schulen dazu motivieren,<br />
missliebige oder leistungsschwache Schülerinnen<br />
und Schüler zugunsten von Jugendlichen<br />
aus bildungsbewussten und materiell gut gestellten<br />
Familien abzuweisen. Da schulische<br />
Leistungen und das Erreichen von Abschlüssen<br />
in Deutschland aber bereits heute in hohem<br />
Maß mit der sozialen Herkunft korrelieren,<br />
würden solche Maßnahmen bestehende Benachteiligungen<br />
verschärfen.<br />
Innovationen werden nicht umgesetzt<br />
Die Kultusministerkonferenz hat sich zum Ziel<br />
gesetzt, durch verbindliche Bildungsstandards<br />
eine vergleichbare Entwicklung, Innovation und<br />
Steuerung des Bildungswesens und des Unterrichts<br />
in Deutschland zu erreichen. In ihrer<br />
Veröffentlichung wird formuliert:<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
277
„Mit der „Gesamtstrategie zum Bildungsmonitoring“<br />
und der „Konzeption zur Nutzung der<br />
Bildungsstandards für die Unterrichtsentwicklung“<br />
werden von der Kultusministerkonferenz<br />
Perspektiven aufgezeigt, wie die Bildungsstandards<br />
in den Ländern umgesetzt werden können.<br />
Mit der Konzeption zur Nutzung der<br />
Bildungsstandards für die Unterrichtsentwicklung<br />
erhalten insbesondere die Vertreterinnen<br />
und Vertreter aus den Bildungsverwaltungen,<br />
der Schulaufsicht, der Schulleitung, der Lehrerfortbildung<br />
und den Landesinstituten aller<br />
Länder eine gemeinsame Orientierung für das<br />
Ziel, die Bildungsstandards neben der notwendigen<br />
Überprüfung von Kompetenzen auch<br />
dafür zu nutzen, den Unterricht weiterzuentwickeln.“<br />
Auch über die einheitlichen Prüfungsanforderungen<br />
(EPA), die auf der Basis dieser Konzeption<br />
formuliert wurden, sollten innovative<br />
Wirkungen auf die Abiturprüfung und den darauf<br />
vorbereitenden Unterricht erreicht werden.<br />
Durch neue oder veränderte Unterrichtsinhalte,<br />
durch andere und schüleraktivierende<br />
Fachmethoden, durch ansprechende Präsentationen<br />
und durch einen stärkeren Alltags- und<br />
Realitätsbezug, die in den EPAs vorgegeben<br />
werden, sollen auch die konkreten Abiturprüfungsaufgaben<br />
verändert werden. Aus<br />
fachdidaktischer Sicht werden zahlreiche innovative<br />
Elemente berücksichtigt.<br />
Dies wurde von S. M. Kühn exemplarisch für die<br />
drei naturwissenschaftlichen Fächer (Biologie,<br />
Chemie, Physik) und in vier Bundesländern<br />
(BW, SL, RP, NRW), die in unterschiedlicher<br />
Weise das Zentralabitur eingeführt haben, für<br />
einen Zeitraum zwischen 2007 und 2009 untersucht.<br />
Ihre Ergebnisse wurden umfassend dargelegt<br />
und interpretiert. Sie stellt fest:<br />
• „<strong>Das</strong> innovative Potenzial, das den EPA<br />
zugeschrieben wird, kommt in der tatsächlichen<br />
Praxis nicht an – die Implementation der<br />
modifizierten EPA im Sinne einer Weiterentwicklung<br />
der gymnasialen Oberstufe und<br />
des Abiturs muss auf Grundlage der vorliegenden<br />
Stichprobe als nicht erfolgreich bezeichnet<br />
werden.“<br />
• „Hinsichtlich des vermuteten Innovationspotenzials<br />
zentraler Prüfungsverfahren zeigt die<br />
retrospektive Längsschnittstudie, dass die beiden<br />
traditionell zentral prüfenden Bundesländer<br />
Baden-Württemberg und Saarland eine erhebliche<br />
Konstanz bezüglich der Gestaltung der<br />
Prüfungsaufgaben aufweisen und mit wenigen<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
278
Ausnahmen kaum Veränderungen deutlich<br />
werden. Innovative Aspekte zur Aufgabengestaltung<br />
aus den modifizierten EPA finden nahezu<br />
keine Berücksichtigung.“<br />
• „Hingegen weisen Abituraufgaben aus dezentralen<br />
Verfahren vergleichsweise mehr Veränderungen<br />
auf, wenngleich sich auch hier kein<br />
eindeutiger Trend feststellen lässt. Unter den<br />
dezentral gestellten Abituraufgaben aus jüngster<br />
Zeit finden sich auch einige (wenige) Aufgaben,<br />
die - aus fachdidaktischer Sicht - im Sinne<br />
von Good-Practice-Beispielen konstruiert sind.“<br />
Kommerzialisierung des Bildungswesens<br />
Bereits heute ist deutlich, dass ein normiertes<br />
Abitur beträchtliche ökonomische Potenziale<br />
birgt. Nachhilfeinstitute und Schulbuchverlage<br />
profitieren längst davon.<br />
So bieten die Verlage gedruckte Trainingsmaterialien,<br />
Software und Internetplattformen für<br />
die Abiturvorbereitung in nicht gekanntem Ausmaß<br />
an. Für sie gilt: Je einheitlicher die<br />
Prüfungsanforderungen oder sogar die Aufgabensammlungen<br />
selbst sind, umso lukrativer ist<br />
das Geschäft. Mit weiterer Normierung der<br />
Abituranforderungen dürften Internet basierte<br />
kostenpflichtige E-Learning-Angebote auch als<br />
Ersatz für Unterricht im Sinne von „blended<br />
learning“ an Bedeutung gewinnen. Diese werden<br />
von der Lehrerschaft dann eher genutzt,<br />
wenn sie aufgrund wechselnder und überhöhter<br />
sowohl inhaltlicher als auch zeitlicher Anforderungen<br />
an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit<br />
arbeiten müssen. Dabei wird die<br />
Bedeutung der persönlichen Identifikation der<br />
Lehrkraft mit Inhalten und Methoden für den<br />
Lernerfolg aber grundlegend missachtet.<br />
Die großen Medienkonzerne haben bereits<br />
weitergehende Initiativen ergriffen, indem sie<br />
Instrumente für die Evaluation von Schulen bereitstellen,<br />
z. B. SEIS von Bertelsmann. Sie haben<br />
begonnen, die Schulentwicklung auf ihre<br />
Ziele auszurichten, außerschulische Zertifikate<br />
anzubieten und sogar eigene Schulen zu gründen.<br />
Internationale Unternehmen, die Tests für den<br />
Bildungsbereich entwickeln und vermarkten,<br />
stehen in den Startlöchern. So bietet das weltweit<br />
operierende australische Unternehmen<br />
ACER Schülerleistungs- und Hochschuleingangstests<br />
an. Der amerikanische Educational<br />
Testing Service (ETS) ist mit dem TOEFL-Test für<br />
englische Sprachkompetenz ebenfalls längst<br />
weltweit im Geschäft. Die Angebote sind umso<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
265<br />
279
gewinnträchtiger, je weniger sich die Prüfungen<br />
unterscheiden. International arbeitet die EU<br />
den Unternehmen zu, indem sie mit großer<br />
Dynamik die Vereinheitlichung des europäischen<br />
Bildungsraums betreibt. Hier zeigt sich<br />
erneut, dass der beabsichtigte Nutzen für die<br />
Mobilität der Bürger auch kommerziellen Interessen<br />
anderer Akteure in die Hände spielt.<br />
Unsere Kritik an neuen Vergleichsprüfungen<br />
Eine adhoc-Maßnahme bundesweit jeweils<br />
10% des Abiturs in Form von Rechtschreib-,<br />
Fremdsprachen und Mathematiktests abzuwickeln,<br />
wie sie von der Vereinigung der Bayerischen<br />
Wirtschaft vorgeschlagen wurde, entwertet<br />
die umfangreichen Anstrengungen zur<br />
Schaffung von Vergleichbarkeit der landeszentralen<br />
Abiturprüfungen durch die bundesweiten<br />
Bildungsstandards und die Entwicklung von<br />
Instrumenten zur Aufgabenerstellung und Aufgabenbeurteilung<br />
durch Beurteilungsraster und<br />
Aufgabenbeispiele. Sie verursacht eine zusätzliche<br />
enorme Prüfungsbelastung der Schülerinnen<br />
und Schüler und eine weitere Korrekturbelastung<br />
der Lehrerinnen und Lehrer.<br />
Zudem deuten die Darstellungen darauf hin,<br />
dass hierbei komplexe Prüfungsaufgaben zugunsten<br />
einheitlicher grundlegenderer und<br />
leichter einheitlich zu formulierender und zu<br />
bewertender Aufgaben verdrängt werden. Es<br />
erfolgt eine besondere Betonung der Bedeutung<br />
„basaler“ Fächer gegenüber anderen für<br />
die individuelle Lebensplanung wichtiger Fächerbereiche<br />
und eine weitere Aufweichung der<br />
Gleichwertigkeit der Fächer, wie sie ursprünglich<br />
im KMK-Beschluss zur reformierten Oberstufe<br />
grundgelegt ist.<br />
Ein weiteres Problemfeld ist eine vermutlich<br />
geringe Wirksamkeit, da diese Prüfung nur einen<br />
zehnprozentigen Anteil an drei Fächern<br />
ausmacht. Bei auftretenden Fehlern oder Ungenauigkeiten<br />
in der Aufgabenstellung, wie sie<br />
zuletzt bei den zentralen Abiturprüfungen z.B.<br />
in NW oder SL vorgekommen sind, ergeben sich<br />
weitreichende Konsequenzen für die Bearbeitung<br />
durch die Schülerinnen und Schüler und<br />
deren Beurteilung,<br />
Unsere Positionen zu den Bildungsstandards<br />
für die AHR<br />
Am 09.03.2012 hat die KMK den Prozess zur<br />
Implementation der Bildungsstandards für die<br />
AHR und die Erstellung einer umfangreichen<br />
Aufgabensammlung für die Abiturprüfung be-<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
315<br />
280
schlossen, um die bundesweite Vergleichbarkeit<br />
des Abiturs zu sichern. Dieser sah<br />
eine Beschlussfassung im Herbst des Jahres vor,<br />
was auch erfolgt ist. Für die Verbändeanhörung<br />
bei der KMK im Dezember 2011 hatte sich die<br />
<strong>GEW</strong> mit einem Beschluss des GV positioniert,<br />
den wir inhaltlich wesentlich gestaltet hatten.<br />
Bildungsstandards und dezentrale Prüfungen<br />
„Die vorgelegten Bildungsstandards stellen eine<br />
brauchbare Möglichkeit dar, das kompetenzorientierte<br />
Lernen in der gymnasialen Oberstufe<br />
sowie die an Kompetenzen orientierte Beurteilung<br />
von Schülerinnen und Schülern in der Abiturprüfung<br />
voranzutreiben, ohne regionale,<br />
örtliche oder individuelle Besonderheiten zu<br />
gering zu achten oder gar vollständig zu verdrängen.<br />
In dieser Hinsicht sind die Standards<br />
nicht nur für die länderspezifischen Bildungspläne,<br />
die schulinternen Lehrpläne und in der<br />
Folge für die konkrete Unterrichtsgestaltung<br />
durch die Lehrkräfte in Abstimmung mit ihren<br />
Lerngruppen vorteilhaft sondern auch systematisch<br />
richtiger als zentrale Prüfungen. Kompetenzbeschreibungen<br />
und kompetenzorientierte<br />
Prüfungen sind allgemeingültig, nachhaltig, zukunftsfähig<br />
und validierbar, während konkrete<br />
Wissens- oder Könnensvorgaben oder -prüfungen<br />
nur eingeschränkt wirksam sind.<br />
Die <strong>GEW</strong> unterstreicht ihre Auffassung, dass die<br />
Abiturstandards diese positive Wirkung am<br />
ehesten in einem dezentralen Abitur entfalten<br />
können. Aber auch zentrale Landesabiture können<br />
auf der Basis der Standards offen und<br />
flexibel gestaltet werden und auf die Vorgabe<br />
einheitlicher Prüfungsaufgaben verzichten.“<br />
Der vorgesehene Aufgabenpool bietet<br />
vielfältige Möglichkeiten und Orientierung und<br />
ist sowohl für Lehrende als auch Lernende hilfreich.<br />
Steuerungswirkung der Bildungsstandards<br />
„Die Bildungsstandards für die AHR sind zumindest<br />
für Personen, die in der Entwicklung von<br />
Bildungsplänen oder an der Aufgabenerstellung<br />
für die (zentralen) Abiturprüfungen tätig sind,<br />
hilfreich und geeignet, outputorientiert zu<br />
arbeiten und ihre Arbeitsergebnisse einzuordnen<br />
und zu beurteilen. Für den einzelnen Lehrer<br />
bzw. die einzelne Lehrerin oder gar die interessierte<br />
Öffentlichkeit sind die Darstellungen<br />
in der vorliegenden Form überwiegend nicht<br />
geeignet, da sie neben der Kenntnis der länderspezifischen<br />
Vorgaben eine intensive Einarbei-<br />
320<br />
325<br />
330<br />
335<br />
340<br />
345<br />
350<br />
355<br />
360<br />
365<br />
370<br />
281
tung in die Grundlagen der Standardentwicklung<br />
und -beschreibung sowie in den jeweiligen<br />
fachdidaktischen Diskurs erfordern.“ Dies zeigt<br />
sich auch darin, dass die Entwicklung der<br />
Bildungsstandards selbst bei den Lehrerinnen<br />
und Lehrern kaum wahrgenommen wurde.<br />
„Die <strong>GEW</strong> wiederholt deshalb ihre Forderung<br />
nach einem erläuternden Glossar und einer<br />
verständlicheren Darstellung für die Öffentlichkeit.“<br />
Fehlende Relevanz für die Zukunftsbewältigung<br />
„Eine wesentliche Schwäche der vorgelegten<br />
Entwürfe liegt darin, dass die in der Grundlagenveröffentlichung<br />
'Erläuterungen zur Konzeption<br />
und Entwicklung’ angesprochene gesellschaftliche<br />
Relevanz des Gelernten nicht<br />
aufgegriffen und zu den fachlichen Kompetenzen<br />
in Beziehung gesetzt wird. Auch fehlen ausdrücklich<br />
benannte Zusammenhänge der<br />
Bildungsstandards zur Studier- und Berufsfähigkeit<br />
der Abiturienten sowie ihrer<br />
Persönlichkeitsentwicklung, die sich nicht<br />
automatisch aus den Darstellungen erschließen.<br />
Eine entsprechende Kritik hat die<br />
<strong>GEW</strong> bereits in ihrer 1. Stellungnahme im Jahr<br />
2003 formuliert. Die <strong>GEW</strong> regt an, die auf die<br />
gesellschaftliche und persönliche Relevanz der<br />
Inhalte und Prozesse abzielenden Aspekte<br />
durch eine weitere, nicht operationalisierbare<br />
Dimension 'Bedeutung’ z.B. mit den Kategorien<br />
wirtschaftlich, sozial, kulturell und zukunftsfähig<br />
darzustellen.“ Angesichts der eher fachbezogenen<br />
Ausrichtung der Arbeitsgruppen bei<br />
der KMK sehen wir allerdings kaum Chancen,<br />
dass diese Anregung umgesetzt wird, da selbst<br />
die fachbezogenen Konzepte eine Reihe grober<br />
Schwächen enthielten.<br />
Einseitige Bevorzugung „basaler“ Fächer<br />
„Durch die jetzt vorgelegten Abiturstandards<br />
für Deutsch, Mathematik und Erste Fremdsprache<br />
erfolgt erneut eine besondere Betonung<br />
und eine bevorzugte Behandlung der sogenannten<br />
Kernfächer, die basale Fertigkeiten<br />
vermitteln. […] Die beim Vorgehen der KMK<br />
deutlich werdende Reduzierung des Abiturs auf<br />
einige Kernfächer wertet die anderen Fächer<br />
erneut ab, obgleich diese einen ebenso hohen<br />
Bildungswert haben.<br />
Die <strong>GEW</strong> erwartet, dass die KMK uneingeschränkt<br />
hinter der Vereinbarung zur Gymnasialen<br />
Oberstufe steht und einen fachlichen<br />
375<br />
380<br />
385<br />
390<br />
395<br />
400<br />
405<br />
410<br />
415<br />
420<br />
425<br />
282
Diskurs mit dem Ziel organisiert, die ursprünglichen<br />
Ziele wieder besser einzulösen.“<br />
430<br />
283
3.42 Bildungsberatung für Lernen im<br />
Lebensverlauf<br />
Antragsteller: BFGA Erwachsenenbildung,<br />
BFGA gewerbliche und kaufmännische<br />
Schulen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Die <strong>GEW</strong> richtet an Länder, Bund und Kommunen<br />
folgende Forderungen:<br />
• dauerhafte Einrichtungen zur Bildungsberatung<br />
mit verlässlichen Standards und Strukturen<br />
zu entwickeln, einzurichten und durch gesetzliche<br />
und vertragliche Bindung zu sichern.<br />
Diese Beratungsstellen dienen sowohl der beruflichen<br />
wie auch allgemeinen Bildung. Sie stehen<br />
nicht in Konkurrenz zu der Beratung in<br />
allgemein- und berufsbildenden Schulen und in<br />
der Bundesagentur für Arbeit (BA), die ihren eigenen<br />
Stellenwert haben.<br />
• insbesondere auch junge Menschen auf ihrem<br />
Bildungsweg durch eine gute subjektorientierte<br />
und kultursensible Beratung zu unterstützen.<br />
Beratung muss als Teil des Lernprozesses<br />
verstanden werden, sich Perspektiven für die<br />
Arbeits- und Lebenswelt zu erschließen. <strong>Das</strong><br />
pädagogische Personal in den allgemein- und<br />
berufsbildenden Schulen muss dafür entsprechend<br />
ausgebildet sein und Ressourcen dafür<br />
erhalten. Der Übergang von Schule in Ausbildung<br />
und/oder in Arbeit erfordert die Zusammenarbeit<br />
in regionalen Netzwerken.<br />
Folgende Anforderungen müssen für öffentliche<br />
Beratungseinrichtungen erfüllt sein:<br />
• Sie sind wohnortnahe, öffentlich getragene<br />
und verantwortete Einrichtungen, die als unabhängige<br />
und steuerfinanzierte, verlässliche<br />
Dienstleistung flächendeckend für alle eingerichtet<br />
werden, um Voraussetzungen für<br />
Lebensbegleitendes Lernen zu schaffen und einen<br />
deutlich erhöhten Bildungszugang und<br />
letztlich mehr Bildungsgerechtigkeit zu realisieren.<br />
Daher ist es wichtig, dass sie barriere- und<br />
entgeltfrei genutzt werden können.<br />
• Bund (einschließlich BA), Länder und Kommunen<br />
verständigen sich auf eine enge, institutionell<br />
abgesicherte Abstimmung und Vernetzung<br />
ihrer Beratungsangebote. Lokale Netzwerke<br />
können ergänzende und/oder auf Zielgruppen<br />
bezogene Sonderaufgaben übernehmen.<br />
Die einzelnen Bildungseinrichtungen beraten<br />
weiterhin auf ihr Angebot bezogen. Bei<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
284
öffentlicher Förderung sind die Einrichtungen<br />
und Träger der Weiterbildung zur Zusammenarbeit<br />
verpflichtet.<br />
• <strong>Das</strong> Beratungsangebot ist diskriminierungsfrei,<br />
kultur- und geschlechtersensibel gestaltet<br />
und subjektorientiert angelegt. Weder ist die<br />
Beratung verpflichtender Zwang, noch sind die<br />
Beratungsergebnisse mit Sanktionen gekoppelt.<br />
Sie haben empfehlenden Charakter. Die letztliche<br />
Entscheidung über ihren Bildungsweg liegt<br />
bei den Ratsuchenden.<br />
• <strong>Das</strong> Beratungsangebot begleitet Menschen<br />
in allen ihren Bildungs- und Lebensphasen und<br />
hilft den Ratsuchenden, sich über<br />
Weiterbildung kompetent und umfassend am<br />
kulturellen, gesellschaftlichen und politischen<br />
Leben zu beteiligen. Dabei ist die Förderung<br />
der Beschäftigungsfähigkeit nur ein Ziel unter<br />
anderen. Beratungseinrichtungen arbeiten<br />
auch aufsuchend.<br />
• <strong>Das</strong> Personal in diesen Beratungseinrichtungen<br />
ist wissenschaftlich ausgebildet, zu tariflichen<br />
Bedingungen festangestellt und bildet<br />
sich im Rahmen seiner Aufgaben regelmäßig<br />
fort. Die Qualität der Beratung und der sie<br />
ergänzenden Aufgaben wird durch regelmäßige<br />
Berichte an die kommunalen parlamentarischen<br />
Gremien sichergestellt, sowie durch geeignete<br />
Maßnahmen innerhalb der Einrichtung<br />
gewährleistet.<br />
• Können konkrete und realistische Bildungswünsche<br />
von Ratsuchenden nicht zu vertretbaren<br />
Bedingungen umgesetzt werden, sprechen<br />
die Berater/innen Empfehlungen und Anregungen<br />
zur Angebotsplanung gegenüber den<br />
Weiterbildungseinrichtungen aus. In ihrem Umfeld<br />
benötigt jede Beratungsstelle umfangreiche<br />
Kooperationskontakte.<br />
Die <strong>GEW</strong> unterstützt den DGB und die anderen<br />
Gewerkschaften bei ihrem Vorhaben, dass<br />
Lernberater/innen und -begleiter/innen ausgebildet<br />
werden, die mit den Organen betrieblicher<br />
und überbetrieblicher Interessenvertretung<br />
der Beschäftigten zusammenarbeiten.<br />
Damit soll die Bildungsbeteiligung aller Beschäftigtengruppen<br />
erreicht und Arbeitslosigkeit<br />
möglicherweise verhindert werden.<br />
Dem Lernen im Betrieb werden so neue<br />
Impulse gegeben und Arbeitnehmer/inneninteressen<br />
hinsichtlich Bildungsberatung und<br />
Bildungsangebot zur Geltung gebracht.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
285
Begründung<br />
In der Bildungsberatung und speziell der<br />
Weiterbildungsberatung waren die Entwicklungen<br />
schon einmal weiter: Und zwar in den 70er<br />
Jahren, als im Kontext der damaligen Bildungsreformdiskussion<br />
und als Folge der Empfehlungen<br />
des Deutschen Bildungsrats von 1970<br />
("Bildungsberatung ist ein Strukturelement des<br />
Bildungswesens", vgl. Empfehlungen der<br />
Bildungskommission des Deutschen Bildungsrats<br />
von 1970, S. 91) kommunale Bildungsberatungsstellen<br />
eingerichtet wurden, vor allem in<br />
Nordrhein-Westfalen (NRW), aber auch in anderen<br />
Bundesländern und später auch in den<br />
neuen Bundesländern. Diese Beratungsstellen<br />
wurden im Zuge der Mittelkürzungen bis<br />
Anfang dieses Jahrtausends immer mehr abgebaut.<br />
<strong>Das</strong> Ausblenden solcher historischer<br />
Rückblicke und die heutige Neigung, bildungspolitische<br />
Errungenschaften früherer Jahre<br />
(oder auch anderer Regionen) zu negieren und<br />
sie später neu zu erfinden, sind problematisch.<br />
Neben den Argumenten, die schon in den 70er<br />
Jahren galten, haben die Argumente an Vielfalt<br />
und Dringlichkeit zugenommen. Zahlreiche<br />
Studien belegen, dass in unserem gesamten<br />
Bildungssystem – so auch in der Weiterbildung<br />
- Teile der Bevölkerung benachteiligt und ausgegrenzt<br />
werden, was wir uns aus sozialen,<br />
ethischen und nicht zuletzt auch wirtschaftlichen<br />
Gründen nicht länger leisten können und<br />
sollten. Deshalb ist das Thema Beratung heute<br />
mehr denn je auf der bildungspolitischen<br />
Agenda. Dies zeigt sich u.a. in folgenden, nur<br />
stichwortartig aufgeführten Fakten:<br />
• Europäische Lissabon-Strategie für Lebenslanges<br />
Lernen und Lifelong Guidance (Beratung)<br />
seit 2000ff<br />
• diverse Studien u.a. der OECD zu Politik und<br />
Praxis der Bildungs- und Berufsberatung in 37<br />
Ländern (2001 - 2004)<br />
• Konsens über die Notwendigkeit von Beratung<br />
als integralem Bestandteil von Lebenslangem<br />
Lernen (so z.B. auf OECD/BMBF-Konferenz<br />
Oktober 2003), denn wenn stärkere Eigenverantwortung<br />
für Lebenslanges Lernen<br />
eingefordert wird, dann braucht man erst recht<br />
Beratungsangebote.<br />
• auf europäischer Ebene zahlreiche Initiativen;<br />
Bildung einer Expertengruppe Lifelong<br />
Guidance; Entschließung (Nr. 9286) vom 28.<br />
Mai 2004, die überarbeitet wurde.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
286
• gemeinsame Tagung von BMBF, BMWA und<br />
BA "Zukunft der Beratung in Bildung, Beruf und<br />
Beschäftigung" im Juni 2004, die als Auslöser<br />
für die folgenden Entwicklungen in Deutschland<br />
gilt.<br />
• Gründung eines Nationalen Forums für Beratung<br />
in Bildung, Beruf und Beschäftigung<br />
(nfb) am 27.09.2006 mit dem Ziel, die (Weiter-)<br />
Entwicklung eines umfassenden Beratungsangebots<br />
zu fördern, den Zugang dazu zu erleichtern<br />
und sich für bestimmte Zielgruppen<br />
besonders einzusetzen (siehe im Einzelnen Internetseite<br />
des nfb www.forum-beratung.de).<br />
Die <strong>GEW</strong> ist seit Beginn an Mitglied im nfb.<br />
• Im Auftrag des BMBF wurde durch das Beratungsunternehmen<br />
Rambøll Management<br />
Consulting eine Studie zur Bestandsaufnahme<br />
und Qualität von Beratungsangeboten erstellt,<br />
die 2007 vorgelegt wurde.<br />
• Seit 2007: europäisches Netzwerk Beratung<br />
(European Lifelong Guidance Policy Network),<br />
in dem das nfb das BMBF fachlich unterstützt.<br />
Inzwischen ist diese Projekttätigkeit des nfb<br />
vertraglich geregelt und stark intensiviert worden<br />
(Vorbereitung eines sog. Peer Learning<br />
Meetings zur Qualitätsentwicklung am 13./14.<br />
Mai 2009)<br />
• Innerhalb des Innovationskreises Weiterbildung<br />
des BMBF wurde auch eine Arbeitsgruppe<br />
Bildungsberatung initiiert, ihre Empfehlungen<br />
(u. a. auf der BMBF – Tagung am<br />
06./07.11.2007) öffentlich vorgestellt und nach<br />
einer weiteren Überarbeitung im Frühjahr 2008<br />
verabschiedet.<br />
• Gleichzeitig - und in gewissem Widerspruch<br />
zu diesen Aktivitäten und verbalen<br />
Erklärungen - gibt es erhebliche problematische<br />
Veränderungen und Einschränkungen des<br />
Beratungsangebots der BA, in der Berufsberatung,<br />
und vor allem - als Folge insbesondere<br />
der “Hartzgesetze“ - der Arbeits- und<br />
Weiterbildungsberatung.<br />
• Ein aktueller Schwerpunkt im Bereich der<br />
"Bildungsberatung" ist das bundesweite Programm<br />
des BMBF "Lernen vor Ort".<br />
Beratung hat auch im Übergang von der<br />
allgemeinbildenden Schule in Ausbildung und<br />
nach Ausbildungsabschluss beim Übergang in<br />
Arbeit oder Studium sektoral an Beachtung gewonnen<br />
und es gibt vereinzelt kommunale Beratungsangebote<br />
sowie Beratungsstrukturen in<br />
allgemein- und berufsbildenden Schulen.<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
287
Im Rahmen der pflichtigen Beratung zur<br />
Bildungsprämie wird Antragsberatung und Ausfüllhilfe<br />
gewährt.<br />
Obschon das Thema Bildungsberatung in den<br />
letzten Jahren eine hohe Priorität auf der<br />
bildungspolitischen Agenda gewonnen hat,<br />
bleiben Initiativen zu einer umfassenden<br />
Strukturreform aus. <strong>Das</strong> Ziel eines abgesicherten<br />
flächendeckenden Angebots ist durchaus<br />
vereinbar mit einer Vielzahl einzelner Aktivitäten<br />
auf den verschiedenen Handlungsebenen.<br />
Eine allgemein akzeptierte Beratungsmethode<br />
und -methodik gibt es noch nicht; es besteht<br />
Entwicklungsbedarf, der sich an Wissenschaft,<br />
Politik und Praxis richtet. Subjektorientierte Beratung<br />
ist weit mehr als Kompetenz-Befundung<br />
und setzt eine neue Bewertung der Funktion<br />
der Berater/innen hinsichtlich ihrer Professionalität,<br />
ihrer wissenschaftlichen Qualifizierung<br />
und pädagogischen Kompetenz voraus. Neben<br />
den professionellen Berater/innen sind die<br />
Pädagog/innen in den Schulen und in der<br />
Jugendarbeit Prozessbeteiligte, weiterhin auch<br />
die Eltern. Beratungskompetenz ist für Pädagoginnen<br />
und Pädagogen unverzichtbar und deren<br />
Aneignung gehört in ihre Ausbildung und<br />
Fortbildung hinein.<br />
Im Zentrum der Beratertätigkeit steht das<br />
persönliche Beratungsgespräch, verstanden als<br />
Lernprozess im Verlauf des lebenslangen Lernens.<br />
Der Ratsuchende ist Experte seiner<br />
selbst! Auch im Beratungsprozess selbst wird<br />
die individuelle Kompetenz für den Ratsuchenden<br />
transparent weiterentwickelt. Die Stellen<br />
leisten die Anerkennung non-formaler und informeller<br />
und ggf. formaler Kompetenzen.<br />
Kompetenzerfassungssysteme können hierbei<br />
durchaus mögliche Hilfsmittel im Beratungsprozess<br />
sein. Sie sind jedoch hinsichtlich ihres Aussagewertes,<br />
der aggregierten Daten und deren<br />
Verwendung kritisch zu beurteilen. Verfahren<br />
mit Biografie-Orientierung sind in jedem Fall zu<br />
bevorzugen. Eine Datenverwendung über die<br />
Köpfe der Ratsuchenden hinweg konterkariert<br />
das subjektorientierte Beratungsziel.<br />
Als Grundlage für die vielfältigen persönlichen<br />
Beratungsanliegen halten die Berater/innen ein<br />
Kompendium von regional und überregional erreichbaren<br />
Bildungsangeboten bereit, die ins<br />
"Netz" gestellt leicht zu finden sind und über<br />
210<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
288
die einfache Informationsfragen direkt erledigt<br />
werden können. Dazu dient auch die angebotene<br />
Telefonberatung durch das Beratungspersonal.<br />
In Einzelfällen kann es auch aufsuchende<br />
Beratungsgespräche geben.<br />
Bei der Bildungsberatung für Erwachsene geht<br />
es sowohl um die zweite oder gar dritte<br />
Chance, wieder in organisierte Bildungsprozesse<br />
einzusteigen, um Bildung für neue Aufgaben<br />
und Herausforderungen wie auch um Anschlusslernen.<br />
Dafür kooperieren die zentralen<br />
Beratungsstellen auch mit den abgebenden Institutionen,<br />
z.B. den Schulen und anderen<br />
Bildungseinrichtungen, deren pädagogisches<br />
Personal auch Beratungs- und Lernbegleitungsfunktion<br />
wahrnimmt.<br />
Wichtige Kooperationspartner für die Beratungsstellen,<br />
besonders bedeutsam im Zusammenhang<br />
von Lernen bei Berufstätigen und bei<br />
arbeitslos Gemeldeten sind die örtlichen, regionalen<br />
Betriebe und ihre Interessenvertretungen,<br />
sowie die Bundesagentur für Arbeit.<br />
265<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
289
3.43 Weimarer Thesen 2012 – Ein<br />
"Schutzschirm" für die Weiterbildung<br />
Antragsteller: BFGA Erwachsenenbildung<br />
Der Gewerkschaftstag 2013 möge die "Weimarer<br />
Thesen" zur Entwicklung der<br />
Weiterbildung als Teil des öffentlichen<br />
Bildungswesens unterstützen. Die Thesen<br />
wurden auf der <strong>GEW</strong> Herbstakademie<br />
Weiterbildung 2012 diskutiert und sollen als<br />
Grundlage für die Politik der <strong>GEW</strong> im<br />
Weiterbildungsbereich dienen.<br />
Vorbemerkung<br />
Die Weiterbildung ist wie kein anderer<br />
Bildungsbereich in den letzten Jahren den<br />
Marktgesetzen unterworfen worden. Dies hat<br />
drastische Konsequenzen für die Situation von<br />
Beschäftigten und Institutionen, die mit ständiger<br />
Verknappung von Fördermitteln, kurzfristigen<br />
Projektförderungen und prekären<br />
Arbeitsverhältnisses konfrontiert sind und für<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die steigende<br />
Kosten für Weiterbildung in Kauf nehmen müssen.<br />
Mit den Weimarer Thesen 2012 wollen wir<br />
auf diese grundlegenden Fehlentwicklungen einer<br />
dem Markt angepassten Weiterbildung<br />
hinweisen und Perspektiven für eine öffentlich<br />
verantwortete Weiterbildung formulieren, für<br />
deren Umsetzung wir bei Verantwortlichen in<br />
Politik, Verbänden und Verwaltung Unterstützung<br />
einfordern.<br />
Ein "Schutzschirm" für die WB - was gehört<br />
dazu?<br />
1. Prekäre Arbeit abschaffen<br />
In keinem anderen Bereich des Bildungswesens<br />
wird völlig selbstverständlich hingenommen,<br />
dass Unterrichtstätigkeit von Honorarkräften<br />
durchgeführt wird, die zu geringen Stundensätzen<br />
vergütet werden, bei Krankheit, Urlaub<br />
oder Kursausfall leer ausgehen und die Kosten<br />
ihrer sozialen Sicherung vollständig alleine tragen<br />
müssen. Selbst bei hohen wöchentlichen<br />
Stundenzahlen wird nach Abzug aller Abgaben<br />
nur die Höhe eines Geringverdienstes erreicht<br />
und damit Altersarmut vorprogrammiert. Unterricht<br />
in der Erwachsenenbildung ist seit<br />
Jahrzehnten für viele Pädagoginnen und<br />
Pädagogen zu einem anspruchsvollen Beruf geworden,<br />
häufig in der Erfüllung öffentlicher<br />
Bildungsaufgaben. Dies hat sich aber weder in<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme der Zeilen 10 - 321 mit folgenden<br />
Änderungen:<br />
Zeilen 128 - 129<br />
Wir wollen eine Weiterbildungspolitik, die dieser<br />
Entwicklung entgegenwirkt.<br />
Zeile 321: Streichung der Klammer<br />
290
der Vergütung noch im Status niedergeschlagen.<br />
Neben der sozialen Absicherung fehlt den<br />
Honorarkräften auch die Möglichkeit, die<br />
Bedingungen ihrer Arbeit und ihres Einkommens<br />
kollektiv auszuhandeln; obwohl sie faktisch<br />
von ihren Auftraggebern abhängig sind,<br />
greifen Arbeits- und Tarifrecht sowie Mitbestimmung<br />
nicht. <strong>Das</strong> muss sich ändern. Die Anerkennung<br />
dieser Kolleginnen und Kollegen als<br />
arbeitnehmerähnliche Personen und die damit<br />
verbundene Tariffähigkeit wäre ein erster<br />
Schritt, um diese rechtlose Situation zu<br />
überwinden.<br />
Auch dort, wo für die Durchführung von<br />
Bildungsmaßnahmen Arbeitsverträge bestehen,<br />
sind diese zumeist durch schlechte Bezahlung,<br />
Befristung und Teilzeit gekennzeichnet.<br />
Der Mindestlohn für die Weiterbildung, der für<br />
einen Teilbereich der Branche gilt, hat hier eine<br />
notwendige Untergrenze eingezogen – zum<br />
Standard oder gar zu Lohnobergrenze darf er<br />
nicht werden. Ein Branchentarifvertrag für die<br />
gesamte Branche steht weiter auf der Tagesordnung.<br />
Wir fordern eine verlässliche Finanzierung der<br />
Erwachsenen- und Weiterbildung, die mehr<br />
feste Stellen und tarifliche Bezahlung ermöglicht<br />
bzw. entsprechend hohe Honorare mit<br />
sozialer Absicherung. Die Mittel, die AA, Bund,<br />
Länder und Kommunen für Weiterbildung aufbringen,<br />
müssen gebündelt, ausgeweitet und<br />
nachhaltig in diesem Sinne eingesetzt werden.<br />
2. Den öffentlichen Bildungsauftrag verteidigen<br />
Der Ausbau der Weiterbildung zu einem<br />
gleichberechtigten Teil des Bildungssystems<br />
war bereits die Forderung des Deutschen<br />
Bildungsrates im Strukturplan für das Bildungswesen<br />
1970 – bis heute ist sie nicht realisiert.<br />
Im Gegenteil:<br />
Der öffentliche Bildungsauftrag für Erwachsenen-<br />
und Weiterbildung beinhaltet das Recht<br />
auf Lernen in jedem Alter für gesellschaftliche,<br />
berufliche, kulturelle oder persönliche Ziele.<br />
Dazu gehört die Möglichkeit zur Entfaltung der<br />
eigenen Person und zur Teilhabe am gesellschaftlichen,<br />
kulturellen und politischen Leben.<br />
Dafür müssen staatliche Rahmenbedingungen<br />
und ausreichende öffentliche<br />
Ressourcen zur Verfügung stehen, um Standards<br />
und Strukturen in den Einrichtungen sichern<br />
zu können.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
291
Die aktuelle Weiterbildungspolitik wird dem<br />
nicht gerecht. Die soziale Spaltung der Gesellschaft<br />
spiegelt sich in der Weiterbildung<br />
wieder und die Durchsetzung marktwirtschaftlicher<br />
Prinzipien verstärkt dies nach dem<br />
Motto: Wer hat, dem wird gegeben. Wer eine<br />
gute Ausbildung hat bzw. über ausreichendes<br />
Einkommen verfügt, kann Weiterbildungsangebote<br />
besser nutzen, wer unten steht, bleibt<br />
zurück. Dieser Logik entspricht auch die Vergabepolitik<br />
der Bundesanstalt für Arbeit und ihrer<br />
Einsortierung von 'Kunden' nach Arbeitsmarkttauglichkeit.<br />
Bei öffentlich geförderten Trägern<br />
müssen die Teilnehmenden immer höhere Kosten<br />
tragen, denn große Anteile ihrer Haushalte<br />
müssen die Einrichtungen 'am Markt' erwirtschaften.<br />
<strong>Das</strong> Postulat des Lebenslangen Lernens<br />
und der damit verbundene Blick auf die<br />
Individualität von Lernprozessen wird zweckentfremdet,<br />
um die Verantwortung für<br />
Bildungsteilhabe dem Individuum zuzuschreiben<br />
und den Staat zum Zweck der Kostenersparnis<br />
weitgehend aus der Verantwortung zu<br />
entlassen.<br />
Wir wollen eine Weiterbildung, die dieser Entwicklung<br />
entgegenwirkt. Wir fordern bundesweite<br />
Regelungen für ein kohärentes inklusives<br />
Weiterbildungssystem, in dem die<br />
allgemeine, kulturelle, berufliche und politische<br />
Bildung gleichermaßen gefördert werden<br />
und für jeden tatsächlich die Chance auf<br />
Teilhabe besteht.<br />
3. Öffentliche Strukturen fördern und ausbauen<br />
Gegen die fortschreitende Privatisierung und<br />
Kommerzialisierung wollen wir öffentlich<br />
geförderte und verantwortete Weiterbildungsstrukturen<br />
ausbauen und stärken. Dies spricht<br />
nicht gegen eine effektive Nutzung öffentlicher<br />
Mittel. Wir wenden uns aber dagegen, dass<br />
durch verschärfte Konkurrenz um zu knappe<br />
Mittel der öffentliche Bildungsauftrag und die<br />
öffentliche Gestaltbarkeit auf der Strecke bleiben.<br />
Dies gilt besonders für die über 900 Volkshochschulen,<br />
die den Kern der öffentlich geförderten<br />
Weiterbildung darstellen. Es muss verhindert<br />
werden, dass sie sich zunehmend dem<br />
Bildungsmarkt, seiner kommerziellen Ausrichtung<br />
und seinen selektiven Konkurrenzstrukturen<br />
unterwerfen müssen. Volkshochschulen<br />
sind bundesweit ortsnah vorhanden und halten<br />
die Grundversorgung an Weiterbildung vor.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
292
Viele Volkshochschulen sind außerdem im Bereich<br />
der SGB II und SGB III geförderten<br />
Weiterbildung tätig und sind Ansprechpartner<br />
für unterschiedlichste Zielgruppen, besonders<br />
auch für diejenigen, die zu „Verlierern“ am<br />
Bildungsmarkt abgestempelt werden. Damit<br />
tragen Volkshochschulen in Kommunen wesentlich<br />
dazu bei, den Zusammenhalt von Menschen<br />
unterschiedlicher sozialer und kultureller<br />
Milieus zu erhalten und ihre Teilhabe an der<br />
Gestaltung der Gesellschaft zu stärken. Im Aufbau<br />
kommunaler und regionaler Bildungsnetze<br />
können Volkshochschulen eine wichtige<br />
Schnittstelle darstellen. Allerdings nehmen<br />
Volkshochschulen in Kauf, bei der Erfüllung ihrer<br />
Aufgaben in hohem Maße auf prekäre<br />
Honorararbeit zurückgreifen zu müssen.<br />
Wir erwarten, dass Volkshochschulen, ihre<br />
Träger und ihre Interessenverbände im<br />
Bemühen um den Abbau prekärer Arbeit ein<br />
Beispiel geben und unsere Verbündete sind.<br />
Entscheidend ist, dass sie von Ländern und<br />
Kommunen ausreichend Ressourcen erhalten.<br />
4. Innovation nachhaltig verankern –<br />
„Projektitis“ abbauen<br />
Die kurzfristige Projektförderung, der innovative<br />
pädagogische Arbeit derzeit unterworfen<br />
ist, halten wir für kontraproduktiv. Einrichtungen<br />
der Weiterbildung übernehmen vielfältig<br />
Verantwortung für die Gestaltung von Bildungsprozessen<br />
in gesellschaftlichen Spannungsfeldern:<br />
Die Förderung von Menschen mit<br />
Grundbildungsbedarf, das Nachholen von<br />
Schulabschlüssen, Integrationskurse für Migrantinnen<br />
und Migranten, Zugänge zum<br />
Arbeitsmarkt, Übergänge zwischen Schule und<br />
Ausbildung, ein Zugang zur Hochschule für Berufstätige,<br />
Umgang mit neuen Medien - das<br />
sind nur einige Beispiele der umfangreichen<br />
pädagogischen Aufgaben, für die neue Konzepte<br />
und didaktische Modelle entwickelt werden.<br />
Innovation bei der Gestaltung von Lernprozessen<br />
ist erforderlich – aber das braucht<br />
Zeit, Kontinuität und Ressourcen. Wenn gute<br />
Ergebnisse nicht nachhaltig umgesetzt werden<br />
können, weil die Projektförderung ausläuft und<br />
keine Mittel mehr vorhanden sind werden Gelder<br />
verbrannt und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
verheizt.<br />
Projektorientierte Anschubfinanzierung für<br />
innovatives Lernen muss bei erfolgreichen<br />
Ergebnissen in eine Regelförderung überge-<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
293
hen. Personelle Kontinuität muss gewährleistet<br />
sein.<br />
5. Politische Bildung offensiv unterstützen<br />
„Demokratie ist die einzige politisch verfasste<br />
Gesellschaftsordnung, die gelernt werden<br />
muss – immer wieder, tagtäglich, bis ins hohe<br />
Alter“ (Oskar Negt 2010). Dieser Aufgabe hat<br />
sich die politische Erwachsenenbildung stets<br />
verpflichtet gesehen. Die Relevanz der politischen<br />
Bildung als Garant demokratischer Gesellschaftsentwicklung<br />
wird grundsätzlich nicht<br />
bestritten. Dennoch ist eine Marginalisierung<br />
der politischen Bildung zu beobachten, sowohl<br />
hinsichtlich der Zahl der Teilnehmenden als<br />
auch bezogen auf die zur Verfügung gestellten<br />
Mittel. Letztere stagnieren oder sind rückläufig.<br />
Dagegen muss aufklärende politische Bildung<br />
wieder aufgewertet werden. Gerade In einer<br />
immer komplizierter werdenden Welt ist die<br />
Aufklärung über gesellschaftspolitische Hintergründe<br />
und Zusammenhänge sowie die Folgen<br />
politischer Entscheidungen notwendig, um eigene<br />
Urteilskraft entwickeln zu können. Die<br />
Tatsache, dass Rechtsextremismus und<br />
fremdenfeindliche rassistische Tendenzen im<br />
öffentlichen Diskurs zunehmend eine Rolle<br />
spielen, ist alarmierend. Auch der Dialog der<br />
Generationen ist notwendig, um den Zusammenhalt<br />
der Gesellschaft nicht zu gefährden.<br />
In der politischen Bildung müssen Konzepte<br />
entwickelt und gefördert werden, um die insbesondere<br />
als „bildungsfern“ geltenden und<br />
bisher von Bildungsprozessen weitgehend ausgeschlossenen<br />
Zielgruppen anzusprechen und<br />
einzubeziehen.<br />
Gesellschaftspolitisches Bewusstsein, Urteilskraft<br />
und Kreativität der Menschen müssen<br />
bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme<br />
wirksam werden können. Die „Erklärung der<br />
Welt“ darf nicht elitären Populisten überlassen<br />
werden.<br />
6. Qualität braucht Professionalität<br />
Die Qualität in der Erwachsenen- und<br />
Weiterbildung ist bedroht, wenn Prozesse der<br />
Spaltung des Personals, der Dequalifizierung<br />
und Unterbezahlung nicht gestoppt werden.<br />
Zur Wahrnehmung der vielfältigen Aufgaben<br />
arbeiten in Einrichtungen der Erwachsenenund<br />
Weiterbildung Menschen unterschiedlicher<br />
Professionen zusammen: planende Pädagoginnen<br />
und Pädagogen und Lehrkräfte für bestimmte<br />
Fachgebiete, Sozialpädagoginnen und<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
265<br />
294
-pädagogen zur Begleitung von Lernenden und<br />
zur Vermittlung in den Arbeitsmarkt, Fachanleitende<br />
oder Meisterinnen und Meister. Für fast<br />
alle gilt, dass die Grenzen der eigenen Profession<br />
"ausfransen", dass zusätzliche Aufgaben in<br />
der Teilnehmerbetreuung und Ablaufdokumentation<br />
bzw. in Qualitätsmanagement,<br />
Marketing und Akquise übernommen werden<br />
müssen. Eine zunehmende Arbeitsverdichtung<br />
belastet die unterschiedlichen Gruppen und<br />
führt dazu, dass die eigentliche Fachkompetenz<br />
nur unzureichend eingesetzt und weitergebildet<br />
werden kann.<br />
Für alle in der Erwachsenenbildung tätigen<br />
muss ein den aktuellen Anforderungen entsprechendes<br />
Berufsbild entwickelt werden,<br />
das neben der spezifischen Fachlichkeit die<br />
Besonderheit des Lernens mit Erwachsenen<br />
herausarbeitet und die Entwicklung eines beruflichen<br />
Selbstbewusstseins ermöglicht. Dies<br />
verbessert nicht nur die Qualität der pädagogischen<br />
Arbeit, sondern schafft auch neue<br />
Voraussetzungen für den Kampf um den Wert<br />
der Arbeitsleistung und verbessert die Chancen<br />
auf eine tarifliche Regulierung.<br />
7. Ein öffentlich gefördertes Beratungsnetz<br />
aufbauen<br />
Ein öffentlich gefördertes flächendeckendes Beratungssystem<br />
besteht bisher nur ansatzweise.<br />
Die wichtige Scharnierfunktion der Beratung,<br />
die darin besteht, den Menschen<br />
Weiterbildungsangebote nahezubringen und<br />
gleichzeitig Weiterbildungsbedarfe zu ermitteln,<br />
kann so nicht erfüllt werden. Nach einer<br />
aktuellen Erhebung der Stiftung Warentest<br />
weist die Qualität der Beratung vieler Einrichtungen<br />
erhebliche Mängel auf und kann nicht<br />
angemessen auf die Anliegen ratsuchender<br />
Menschen eingehen. Für eine subjektorientierte,<br />
gender- und kultursensible Beratung<br />
bedarf es entsprechender Konzepte, guter<br />
Rahmenbedingungen in den Beratungsstellen<br />
und professioneller Ausbildung der Beraterinnen<br />
und Berater. Diese sind bisher nur in Ansätzen<br />
entwickelt und werden nicht flächendeckend<br />
eingesetzt.<br />
Um die Teilhabe an Weiterbildung für alle zu<br />
ermöglichen und Bildung im Lebenslauf verankern<br />
zu können, ist der Aufbau eines transparenten<br />
und kostenlosen Beratungssystems unabdingbar.<br />
Sie ist als öffentliche Aufgabe<br />
wohnortnah und diskriminierungsfrei zu gestalten.<br />
Die Qualität der Beratung muss den<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
315<br />
295
aktuellen wissenschaftlich beschriebenen<br />
Standards entsprechen (vgl. u.a. nfb).<br />
Abschließende Bemerkung<br />
Die Durchsetzung von Wettbewerb und Ökonomisierung<br />
innerhalb eines strukturell unterfinanzierten<br />
Systems von Weiterbildung verschärft<br />
bildungspolitische - und in der Folge gesellschaftliche<br />
- Ungleichheiten und geht zu<br />
Lasten der Teilnehmenden wie der dort arbeitenden<br />
Menschen. Unsere Thesen sollen Anregungen<br />
geben für gewerkschaftliches, bildungsund<br />
gesellschaftspolitisches Argumentieren<br />
und Handeln im Bereich der Erwachsenen- und<br />
Weiterbildung. Wir können uns Rolf Dobischat<br />
anschließen, der in einem Aufsatz zu der Frage:<br />
“Wie viel Ökonomisierung verträgt die Bildung“?<br />
feststellt: „Mit bildungspolitischem und<br />
ökonomischem Augenmaß für die Zukunft zu<br />
handeln, heißt daher, gegen das Auseinanderdriften<br />
von Zugängen zur Bildung eine<br />
Schutzzone zu schaffen, die einer weiteren sozialen<br />
Verwüstung vorbeugt“. (R. Dobischat<br />
2010)<br />
320<br />
325<br />
330<br />
335<br />
340<br />
296
3.44 Hochschulen sozial öffnen: Mehr<br />
Studienplätze schaffen, freien<br />
Hochschulzugang sichern, BAföG<br />
ausbauen, Studiengebühren abschaffen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Antragsteller: BA Hochschule und Forschung<br />
und BASS<br />
Immer mehr junge Menschen wollen studieren,<br />
gleichzeitig nimmt der gesellschaftliche Bedarf<br />
an akademisch qualifizierten Fachkräften kontinuierlich<br />
zu. Doch die Finanzierung der Hochschulen<br />
hält mit den steigenden Studierendenzahlen<br />
nicht Schritt. Jedes Semester werden<br />
Zehntausende von den Hochschulen abgewiesen<br />
und müssen ihren Traum eines Studiums<br />
zerplatzen sehen. Studierende finden sich in<br />
überfüllten Hörsälen wieder, können aus der<br />
Ausbildungsförderung kaum ihren Lebensunterhalt<br />
finanzieren, finden keinen günstigen<br />
Wohnraum und nach wie vor müssen sie in einzelnen<br />
Bundesländern Studiengebühren bezahlen.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert einen Ausbau und eine soziale<br />
Öffnung der Hochschulen. Ein Studium darf<br />
kein Privileg Weniger sein, sondern muss allen<br />
offenstehen, die eine Hochschulzugangsberechtigung<br />
erworben haben – egal, woher sie<br />
kommen und ob sie wohlhabende Eltern haben<br />
oder nicht. Damit sich die soziale Schere beim<br />
Hochschulzugang endlich wieder schließt, brauchen<br />
wir mehr Studienplätze, eine Reform der<br />
Ausbildungsförderung und bundesweit ein<br />
gebührenfreies Studium.<br />
Ausreichend Studienplätze schaffen<br />
Im Wintersemester 2012 lag die Zahl der<br />
Studierenden erstmals über 2,5 Millionen. <strong>Das</strong><br />
ist eine gute Nachricht. Doch die Zahl könnte<br />
noch deutlich höher liegen, wenn alle, die<br />
studieren wollen und sich hierfür qualifiziert<br />
haben, auch studieren könnten. Dies zu ermöglichen<br />
ist die Aufgabe von Bund und Ländern.<br />
Doch der Hochschulpakt zwischen Bund und<br />
Ländern ist unterfinanziert. Nach Prognosen<br />
der Kultusministerkonferenz wird die<br />
Obergrenze der zu finanzierenden zusätzlichen<br />
Studienplätze bereits im Herbst 2013 überschritten<br />
werden. Dem Hochschulpakt gingen<br />
damit bereits zwei Jahre vor Ende seiner ersten<br />
Phase die Mittel aus. Für die zweite Ausbauphase<br />
von 2016 bis 2020 fehlt ohnehin<br />
noch jegliche finanzielle Untersetzung.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
297
Die <strong>GEW</strong> fordert Bund und Länder auf, eine<br />
nachhaltige und bedarfsgerechte Finanzierung<br />
von Studium und Lehre zu schaffen. Wir brauchen<br />
dringend eine deutliche Aufstockung und<br />
eine verlässliche Fortschreibung des Hochschulpaktes.<br />
Dozentinnen und Dozenten, die<br />
jetzt eingestellt werden, dürfen nicht nach<br />
kurzer Zeit wieder auf die Straße gesetzt werden,<br />
denn die Hochschulen haben einen dauerhaft<br />
erhöhten Personalbedarf. Zulassungsbeschränkungen<br />
des Hochschulzugangs für Studienbewerberinnen<br />
und -bewerber schränken<br />
das Recht auf Bildung ein und müssen endlich<br />
wieder zur seltenen Ausnahme werden.<br />
Motivierende Studienbedingungen ermöglichen<br />
Damit sich mehr junge Menschen für die Hochschule<br />
entscheiden, bedarf es einer größeren<br />
Attraktivität des Studiums. Dies setzt eine solide<br />
Finanzierung der Hochschulen voraus.<br />
Doch die öffentliche Hand gibt heute pro Studienplatz<br />
(inflationsbereinigt) nicht mehr,<br />
sondern weniger Geld aus als noch vor zehn<br />
Jahren. Die im Hochschulpakt veranschlagten<br />
Mittel je Studienplatz reichen für gute Studienbedingungen<br />
nicht aus. Verhängnisvoll ist<br />
auch die Abschaffung der Gemeinschaftsaufgabe<br />
Hochschulbau in Folge der Föderalismusreform:<br />
Die dringend benötigten Bundesmittel<br />
laufen 2019 aus, bereits 2013 wird die<br />
Zweckbindung der vom Bund bereit gestellten<br />
Kompensationsmittel aufgehoben.<br />
Die Hochschulen müssen besser ausgestattet<br />
und das Betreuungsverhältnis zwischen<br />
Studierenden und Lehrenden muss verbessert<br />
werden. In- und ausländische Studierende<br />
brauchen qualifizierte Beratungsangebote, aktive<br />
Unterstützung sowie eine ausgebaute wissenschaftliche<br />
und soziale Infrastruktur. Die<br />
Verwirklichung eines inklusiven Studiums, wie<br />
es in der UN-Konvention über die Rechte von<br />
Menschen mit Behinderungen verankert ist, ist<br />
ohne zusätzliche finanzielle Ressourcen und<br />
ohne die Einstellung zusätzlicher Beschäftigter<br />
nicht zu schaffen. Um dem deutlich verschärften<br />
Wohnungsmangel unter Studierenden entgegenzuwirken,<br />
müssen Bund und Länder<br />
unverzüglich mindestens 25.000 zusätzliche<br />
preisgünstige und hochschulnahe Wohnheimplätze<br />
finanzieren und die allgemeinen Mietsteigerungen<br />
in den Städten eindämmen.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
298
Gute Bildung setzt auch gute Arbeitsbedingungen<br />
für die an den Hochschulen tätigen Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler sowie<br />
für ihre Kolleginnen und Kollegen in Technik<br />
und Verwaltung voraus. Die verschärfte Praxis<br />
der Befristung von Arbeitsverträgen, der Trend<br />
zur Begründung prekärer Beschäftigungsverhältnisse<br />
und zur Tarifflucht, die Verdichtung<br />
von Arbeitsprozessen und die fehlende<br />
Planbarkeit von Karrierewegen und Laufbahnen<br />
in der Wissenschaft stehen dem heute entgegen.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert, auch den Arbeitsplatz<br />
Hochschule attraktiver zu machen – als Voraussetzung<br />
für attraktive Studienbedingungen.<br />
Zulassungschaos beenden<br />
Die mangelhafte Koordinierung der Hochschulzulassung<br />
auf Bundesebene hat die Hochschulen<br />
in ein Zulassungschaos gestürzt. <strong>Das</strong> so<br />
genannte dialogorientierte Zulassungsverfahren,<br />
mit dem die Bundesregierung die Hochschulzulassung<br />
auf neue Füße stellen will, fällt<br />
vor allem durch Pannenmeldungen auf und hat<br />
seine Arbeit bis heute nicht umfassend aufgenommen.<br />
Jedes Semester bleiben tausende<br />
Studienplätze unbesetzt, obwohl gleichzeitig<br />
unzählige Bewerberinnen und Bewerber leer<br />
ausgehen. <strong>Das</strong> Zulassungschaos geht damit zu<br />
Lasten der Lebensplanung und der Bildungschancen<br />
junger Menschen.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert den Deutschen Bundestag auf,<br />
ein bundesweites Hochschulzulassungsgesetz<br />
zu verabschieden, damit alle Hochschulen verbindlich<br />
an einem einheitlichen Zulassungsverfahren<br />
teilnehmen. <strong>Das</strong> gemeinsame<br />
Zulassungsverfahren muss für alle Studiengänge<br />
Anwendung finden. Die von Ländern und<br />
Hochschulen geforderte Ausnahme der Lehramtsstudiengänge<br />
vom neuen Zulassungsverfahren<br />
lehnt die <strong>GEW</strong> ab. Werden Studienplätze<br />
in Lehramtsstudiengängen nicht besetzt,<br />
wird dies den Lehrkräftemangel in Deutschland<br />
weiter verschärfen. Deshalb muss auch und gerade<br />
in diesen Studiengängen sichergestellt<br />
sein, dass alle Plätze besetzt werden und die<br />
Bewerberinnen und Bewerber keine unnötigen<br />
Wartezeiten hinnehmen müssen.<br />
Masterstudium öffnen<br />
Mit der Einführung des zweistufigen Studiensystems<br />
im Rahmen des Bologna-Prozesses ist<br />
eine neue Hürde im Hochschulsystem etabliert<br />
worden. Die Erfahrungen der letzten Jahre zei-<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
299
gen, dass nicht nur die Chancen von Akademikerkindern<br />
einerseits und Nichtakademikerkindern<br />
andererseits im Hochschulsystem<br />
insgesamt weiter auseinanderdriften,<br />
sondern dass auch der Übergang vom Bachelor<br />
zum Master mit sozialer Ausgrenzung verbunden<br />
ist. Die verfügbaren Zahlen deuten<br />
außerdem darauf hin, dass sich die zusätzliche<br />
Hürde zwischen Bachelor und Master negativ<br />
auf die Bildungsbeteiligung von Frauen auswirkt.<br />
Auf dem Arbeitsmarkt müssen Bachelorabsolventinnen<br />
und -absolventen von Universitäten<br />
gegenüber den Absolventinnen und Absolventen<br />
von Masterstudiengängen Gehaltseinbußen<br />
von über 20 Prozent hinnehmen (Nationaler<br />
Bologna-Bericht 2012). Viele Bachelorstudiengänge<br />
vermitteln de facto keinen berufsqualifizierenden<br />
Abschluss und können<br />
Hochschulabsolventinnen und -absolventen<br />
keine attraktiven beruflichen Perspektiven eröffnen.<br />
Die Mittelknappheit an den Hochschulen darf<br />
nicht dazu führen, dass der Master einer kleinen<br />
Bildungselite vorbehalten bleibt. Die <strong>GEW</strong><br />
fordert eine Öffnung der Masterstudiengänge<br />
für alle, die nach dem Bachelor ihr Studium<br />
fortsetzen wollen. Dazu müssen die Kapazitäten<br />
der Hochschulen für das Masterstudium<br />
ausgebaut werden und der Hochschulpakt<br />
muss so ausgestaltet werden, dass er die Kosten<br />
eines Studiums vom ersten Semester bis<br />
zum Master abdeckt. Damit ein reibungsloser<br />
Übergang vom Bachelor- zum Masterstudium<br />
gewährleistet ist, brauchen wir außerdem auch<br />
für den Master ein koordiniertes Zulassungsverfahren<br />
auf Bundesebene, dessen Grundlagen<br />
in einem bundesweiten Hochschulzulassungsgesetz<br />
geregelt werden müssen.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert den Verzicht auf besondere<br />
Zugangsvoraussetzungen für das Masterstudium,<br />
die derzeit an vielen Hochschulen<br />
den Masterzugang auch dann einschränken,<br />
wenn ausreichend Studienplätze zur Verfügung<br />
stehen: Weder Quote noch Note dürfen Bachelorabsolventinnen<br />
und -absolventen an der<br />
Aufnahme eines Masterstudiums hindern.<br />
BAföG verbessern<br />
Wer keine wohlhabenden Eltern hat, ist auf<br />
eine gute Ausbildungsförderung angewiesen.<br />
<strong>Das</strong> Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG)<br />
ist deshalb ein zentrales Instrument zur Durchsetzung<br />
von Chancengleichheit beim Hoch-<br />
155<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
300
schulzugang und im Studium. Trotzdem wird<br />
eine angemessene Anhebung der BAföG-Sätze<br />
von Bund und Ländern immer wieder vernachlässigt.<br />
<strong>Das</strong> Deutsche Studentenwerk hat deutlich<br />
gemacht, dass die Bedarfssätze und Freibeträge<br />
allein zur Deckung gestiegener Lebenshaltungskosten<br />
im kommenden Jahr bereits um<br />
mindestens zehn Prozent angehoben werden<br />
müssten. Der von der Bundesregierung und einigen<br />
Ländern anstelle einer Weiterentwicklung<br />
des BAföG forcierte Ausbau des Stipendienwesens<br />
ist kein geeigneter Weg für eine soziale<br />
Öffnung der Hochschulen, da Stipendien<br />
keinen Rechtsanspruch auf eine angemessene<br />
Ausbildungsförderung bieten.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert eine kontinuierliche<br />
Anpassung der Freibeträge, Bedarfssätze und<br />
Sozialpauschalen im BAföG an die studentischen<br />
Lebenshaltungskosten und an die<br />
allgemeine Einkommensentwicklung. Um das<br />
BAföG Bologna-tauglich zu machen fordert die<br />
<strong>GEW</strong> die Ausdehnung des Auslands-BAföG auf<br />
alle Länder des Europäischen Hochschulraums,<br />
die uneingeschränkte Förderfähigkeit aller<br />
Masterstudiengänge, eine lückenlose Absicherung<br />
der Übergangsphase vom Bachelor in den<br />
Master und die Streichung der Altersgrenze.<br />
Der Darlehensanteil im Studierenden-BAföG –<br />
derzeit 50 Prozent – muss wieder abgeschafft<br />
werden, damit junge Menschen aus finanzschwachen<br />
Elternhäusern nicht länger mit<br />
einem Schuldenberg ins Berufsleben starten<br />
müssen. Damit mehr Schülerinnen und Schüler<br />
die allgemeine Hochschulreife erwerben, muss<br />
außerdem die Ausbildungsförderung für alle<br />
Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II<br />
an allgemeinbildenden Schulen wieder eingeführt<br />
werden.<br />
Hochschulen für beruflich Qualifizierte öffnen<br />
Nach wie vor ist in Deutschland der Weg nach<br />
einer beruflichen Ausbildung an die Hochschule<br />
durch Zulassungshürden erschwert und<br />
wird nur von wenigen Menschen beschritten.<br />
Durch unterschiedlichste Regelungen für den<br />
so genannten dritten Bildungsweg in den einzelnen<br />
Ländern ist ein föderaler Flickenteppich<br />
entstanden, der den Übergang von der beruflichen<br />
Bildung in die Hochschule systematisch<br />
erschwert.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert, dass allgemeine und berufliche<br />
Ausbildung grundsätzlich als gleichwertig<br />
210<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
301
anerkannt werden. Der Abschluss einer anerkannten<br />
Berufsausbildung sollte grundsätzlich<br />
die Studienberechtigung beinhalten, wie es<br />
bereits in vielen OECD-Staaten üblich ist. <strong>Das</strong><br />
bedeutet, dass auch die berufsbildenden<br />
Schulen auf ein Studium vorbereiten und personell<br />
und sachlich entsprechend ausgestattet<br />
werden müssen. Auch in der Lehrerinnen- und<br />
Lehrerbildung muss dieser Bildungsauftrag berücksichtigt<br />
werden. Darüber hinaus ist sicherzustellen,<br />
dass in der beruflichen Bildung<br />
erworbene Qualifikationen von den Hochschulen<br />
anerkannt und auf das Studium angerechnet<br />
werden. Die Hochschulen müssen sich<br />
für beruflich Qualifizierte verstärkt öffnen, ihnen<br />
insbesondere in der Studieneingangsphase<br />
die nötige Unterstützung bieten und zielgruppenspezifische<br />
Teilzeit-Studienangebote<br />
machen.<br />
Studiengebühren abschaffen – bundesweit<br />
Der Zugang zur Hochschule darf nicht vom<br />
Geldbeutel der Studierenden und ihrer Eltern<br />
abhängen, sondern muss allen offenstehen, die<br />
eine Hochschulzugangsberechtigung erworben<br />
haben. Die <strong>GEW</strong> fordert deshalb die Abschaffung<br />
jeglicher Studiengebühren, seien es<br />
allgemeine Studiengebühren, so genannte<br />
Langzeitstudiengebühren oder Studienkonten.<br />
Viele Bundesländer haben inzwischen gezeigt:<br />
Fehler lassen sich korrigieren, Widerstand<br />
gegen das Bezahlstudium zahlt sich aus. Mit<br />
Niedersachsen hat inzwischen das vorletzte<br />
Bundesland angekündigt, allgemeine Studiengebühren<br />
wieder abzuschaffen. Nur Bayern hält<br />
derzeit noch am Bezahlstudium ab dem ersten<br />
Semester fest.<br />
Die <strong>GEW</strong> erinnert Bund und Länder an ihre Verpflichtungen<br />
aus dem von ihr ratifizierten Internationalen<br />
Pakt für wirtschaftliche, soziale und<br />
kulturelle Rechte. Darin hat die Bundesrepublik<br />
das Recht einer und eines jeden auf Bildung<br />
völkerrechtlich anerkannt und sich im Hinblick<br />
auf die volle Verwirklichung dieses Rechts unter<br />
anderem dazu verpflichtet, das Hochschulstudium<br />
"auf jede geeignete Weise, insbesondere<br />
durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit"<br />
allen entsprechend ihrer<br />
Fähigkeiten zugänglich zu machen<br />
(Art. 13 Abs. 2 UN-Sozialpakt). Ein bundesweit<br />
gebührenfreies Studium ist völkerrechtlich verankert,<br />
bildungspolitisch vernünftig und sozialpolitisch<br />
geboten.<br />
265<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
315<br />
302
3.45 Baustelle Hochschule –<br />
Vier Bausteine für die Reform der<br />
Promotionsphase<br />
Antragsteller: BA Hochschule und Forschung<br />
und BASS<br />
Die Bedingungen für eine wissenschaftliche<br />
Qualifizierung in Deutschland sind alles andere<br />
als "exzellent". Prekäre Arbeitsverhältnisse und<br />
Finanzierungsmodelle von Promovierenden,<br />
unsichere Karrierechancen, ungünstige<br />
Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Promovierenden<br />
und Betreuenden, fehlende Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />
von Promovierenden<br />
aufgrund ihres ungeklärten Status und<br />
nicht zuletzt soziale Ungleichheiten in Bezug<br />
auf Zugang und Möglichkeiten zur Promotion<br />
kennzeichnen die Promotionsphase als eine<br />
zentrale Problemlage der Baustelle Hochschule.<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich für eine Reform der Promotionsphase<br />
ein. Zentral hierfür ist die Anerkennung<br />
der Promotionsphase als erste Stufe<br />
selbstständiger wissenschaftlicher Arbeit und<br />
der Promovierenden als „early stage researchers“.<br />
Schließlich leisten Promovierende einen<br />
maßgeblichen Anteil an Forschung und Lehre.<br />
Sie generieren innovative Ideen und Ergebnisse,<br />
werben Drittmittel ein und übernehmen<br />
einen nicht geringen Teil der akademischen<br />
Lehre, Prüfungsaufgaben sowie administrative<br />
Aufgaben im Bereich ihrer Hochschulen und<br />
Forschungseinrichtungen.<br />
Es bedarf eines transparenten und gerechten<br />
Zugangs zur Promotion und eines einheitlichen<br />
Status der Promovierenden, der zugleich eine<br />
gleichberechtigte Teilhabe garantiert. Des<br />
Weiteren brauchen wir eine bessere Absicherung<br />
und eine angemessene Unterstützung der<br />
Qualifizierungsphase sowie die Integration der<br />
sich qualifizierenden Wissenschaftler_innen in<br />
den Arbeitsmarkt, indem Stellen der Vorzug vor<br />
Stipendien gegeben wird.<br />
1. Gerechte Zugangsmöglichkeiten durch<br />
eine transparente und unbürokratische<br />
Zulassungspolitik<br />
Um mehr soziale Gerechtigkeit und Transparenz<br />
beim Zugang zur Promotion zu schaffen,<br />
müssen unangemessene Zulassungsrestriktionen<br />
abgeschafft werden, muss die<br />
Exposéphase, d.h. die voraussetzungsreiche<br />
schriftliche Darstellung und Begründung des<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgenden Änderungen:<br />
Die Zeilen 1 - 36 werden ersetzt durch:<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich für eine Reform der Promotionsphase<br />
und ihre Anerkennung als erste<br />
Stufe selbstständiger wissenschaftlicher Arbeit<br />
ein.<br />
Annahme der Zeilen 38 - 205<br />
Die restlichen Zeilen werden Material zu 3.45<br />
303
Promotionsvorhabens, als Einstieg und nicht als<br />
Hürde gestaltet werden und müssen Maßnahmen<br />
für mehr Chancengerechtigkeit ergriffen<br />
werden.<br />
Auch ein adäquater akademischer Studienabschluss<br />
an einer Fachhochschule, der die<br />
Zulassungsvoraussetzungen zur Promotion an<br />
der jeweiligen Institution erfüllt, ist ausreichend.<br />
Zusätzliche Auflagen wie verpflichtende<br />
Seminare oder weitere zulassungsrelevante<br />
Zertifikate sind als unnötige Verlängerungen<br />
der Promotion abzulehnen. Die Exposéphase<br />
ist als Teil der Qualifizierung anzuerkennen, indem<br />
auch sie finanziell abgesichert wird. Weder<br />
Geschlecht, Herkunft, Alter, Behinderung<br />
noch familiäre Betreuungsaufgaben dürfen zu<br />
einer Benachteiligung führen. Durch Abbau von<br />
Hürden, eine gesicherte Finanzierung und eine<br />
transparente, unbürokratische Zulassungspolitik<br />
kann ein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit<br />
geleistet werden.<br />
2. Die Mitbestimmungsmöglichkeiten von<br />
Promovierenden durch einen einheitlichen<br />
Status stärken<br />
Paradoxerweise entscheidet derzeit die Finanzierungsart<br />
– Stelle an der Hochschule, Stipendium<br />
oder wissenschaftsexterne Finanzierung<br />
– und nicht die Tätigkeit über Status und<br />
Partizipationsmöglichkeiten von Promovierenden.<br />
Damit Promovierende als „early stage researchers“<br />
anerkannt werden und gleichberechtigt<br />
an der Gestaltung ihrer Hochschulen<br />
und Forschungseinrichtungen partizipieren<br />
können, ist die Zugehörigkeit zu einer einheitlichen<br />
Statusgruppe in der akademischen Selbstverwaltung<br />
unabdingbar. Voraussetzung dafür<br />
ist die Aufnahme aller Promovierenden als<br />
wahlberechtigte Mitglieder der Hochschule.<br />
Aufgrund ihrer Tätigkeit als Wissenschaftler_innen<br />
sind alle Promovierenden unabhängig von<br />
der Finanzierung ihrer Promotion der Statusgruppe<br />
der wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen<br />
zuzuordnen. In Forschungseinrichtungen<br />
und Graduiertenschulen etc. sind Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />
zu schaffen, die es den<br />
Wissenschaftler_innen erlauben, ihre institutionelle<br />
Forschungsumgebung mitzugestalten.<br />
3. Stellen vor Stipendien<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich für eine Schaffung ausreichend<br />
tarifvertraglich geregelter und sozialversicherungspflichtiger<br />
Qualifikationsstellen ein,<br />
in denen den Promovierenden mindestens drei<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
304
Viertel der bezahlten Arbeitszeit für die Promotion<br />
und auch sämtliche Unterstützungsstrukturen<br />
der Hochschule oder Forschungseinrichtung<br />
zur Verfügung stehen. Bei Qualifizierungsstellen<br />
muss die Laufzeit des befristeten<br />
Beschäftigungsverhältnisses mindestens<br />
der voraussichtlichen Dauer der Qualifizierung<br />
entsprechen. Stipendien sollen weiterhin möglich<br />
sein aber die Ausnahme darstellen. Eine<br />
Einbindung der Stipendiat_innen in die Unterstützungsstrukturen<br />
ist Aufgabe der Hochschulen<br />
und Forschungseinrichtungen.<br />
4. Absicherung und Unterstützung der Promotionsphase<br />
durch Offene Graduiertenzentren<br />
Neben dem Abhängigkeitsverhältnis zwischen<br />
Promovierenden und den Betreuenden stehen<br />
die Bedingungen der Finanzierung und die<br />
Dauer der Promotion in engem Zusammenhang<br />
und wirken sich auf deren Qualität und die<br />
Machbarkeit des Vorhabens aus. Hier bedarf es<br />
einer konstruktiven Unterstützung der Promovierenden.<br />
Wir plädieren für eine strukturelle Veränderung<br />
der bisher durch oft problematische<br />
Abhängigkeiten bestimmten Betreuungskonstellationen,<br />
indem in Offenen Graduiertenzentren<br />
adäquate Unterstützungsmöglichkeiten,<br />
von der rechtlichen Beratung über Konfliktmanagement<br />
bis hin zu Fortbildungsangeboten<br />
und Karriereplanung, vorgehalten werden,<br />
die es den Promovierenden ermöglichen,<br />
die Promotionsphase selbstbestimmt und unabhängiger<br />
von der Begleitung durch die zuständigen<br />
Hochschullehrer_innen zu gestalten.<br />
Hinsichtlich der Absicherung und Unterstützung<br />
der Promotionsphase plädieren wir<br />
für die Einrichtung Offener Graduiertenzentren<br />
als Dachstruktur für alle Promovierenden einer<br />
Universität, die adäquate Unterstützungsmöglichkeiten<br />
bieten, ohne die produktive Vielfalt<br />
von Promotionswegen<br />
und -ausrichtungen abzubauen. Dabei grenzen<br />
wir uns von Graduiertenprogrammen ab, die<br />
mit verpflichtenden Veranstaltungen und strengen<br />
Vorgaben nötige Freiheiten wissenschaftlicher<br />
Arbeit beschneiden. Der Zugang zu diesen<br />
offenen Graduiertenzentren steht allen Promotionsinteressierten<br />
zu jeder Phase der Qualifizierung<br />
offen. Die Promovierenden sind an der<br />
Entwicklung und Gestaltung der Angebote zu<br />
beteiligen, und ihnen sind umfassende Mitbestimmungsrechte<br />
in den Zentren zu gewähren.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
305
Offene Graduiertenzentren machen prozessbegleitende<br />
Veranstaltungs- und Beratungs-angebote<br />
von der Aufnahme bis zum Abschluss der<br />
Promotion, die freiwillig genutzt werden können.<br />
Sie sind eine Plattform für den fachlichen<br />
und überfachlichen Austausch und tragen ihren<br />
Teil zur Integration der Promovierenden in die<br />
wissenschaftliche Community und zur innovativen<br />
Entwicklung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
bei. Sie erheben verlässliche<br />
Daten zu den Arbeitsbedingungen der<br />
Promovierenden und stehen für faire<br />
Bedingungen und soziale Gerechtigkeit ein.<br />
Eine enge Zusammenarbeit der Offenen Graduiertenzentren<br />
mit verschiedenen Förderinstitutionen<br />
für den Bereich Wissenschaft und Forschung<br />
soll eine verlässliche und kontinuierliche<br />
finanzielle und institutionelle Unterstützung<br />
der Promovierenden gewährleisten.<br />
Wir sehen eine solche angebotsorientierte,<br />
konstruktive und offene Strukturierung in offenen<br />
Graduiertenzentren als Chance für eine<br />
Verbesserung der Promotionsphase in Deutschland<br />
bei gleichzeitiger Wahrung notwendiger<br />
Freiräume für Wissenschaft und Forschung.<br />
Für eine Reform der Promotionsphase fordern<br />
wir deshalb:<br />
• Die Anerkennung der Promotion als erste<br />
Phase selbstständiger, wissenschaftlicher<br />
Arbeit.<br />
• Transparente und chancengleiche Zugangsmöglichkeiten<br />
zur Promotion für alle Promotionsinteressierten<br />
mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss.<br />
• Den Ausbau von sozialversicherungspflichtigen<br />
und tarifvertraglich geregelten Stellen mit<br />
angemessenen Laufzeiten und ausreichend Zeit<br />
zur Qualifizierung in der Arbeitszeit.<br />
• Einen einheitlichen Status als Mitglieder<br />
der Hochschule in der Gruppe der wissenschaftlichen<br />
Mitarbeiter_innen und<br />
gleichberechtigte Mitbestimmung von allen<br />
Promovierenden an Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
• Materielle und ideelle Unterstützungsmöglichkeiten<br />
bereits in der Exposéphase.<br />
• Verlässliche, freiwillige und partizipative<br />
Unterstützungsstrukturen durch Offene Graduiertenzentren<br />
als Dachstruktur für alle Promovierenden<br />
einer Universität.<br />
155<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
306
3.46 Für Zivilklauseln in Satzungen und<br />
Leitbildern aller Hochschulen und<br />
Forschungseinrichtungen sowie in den<br />
Landeshochschulgesetzen<br />
Antragsteller: BFGA Hochschule und<br />
Forschung<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahmemit folgender Änderung:<br />
Die Zeile 46 lautet wie folgt:<br />
... mit Peronal- und Betriebsräten ...<br />
Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />
• Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass in<br />
Satzungen und Leitbildern aller Hochschulen<br />
und Forschungseinrichtungen<br />
sowie in den Landeshochschulgesetzen<br />
Zivilklauseln verankert werden. Sie fordert<br />
die Einrichtung von durch die Hochschulsenate<br />
zu wählenden Kontrollgremien für die<br />
Einhaltung der Zivilklauseln.<br />
• Die <strong>GEW</strong> fördert die öffentliche Diskussion<br />
über Drittmittelforschung an Hochschulen<br />
und Forschungseinrichtungen, deren Ergebnisse<br />
militärisch genutzt werden können,<br />
und arbeitet dabei mit anderen Organisationen<br />
der Zivilgesellschaft zusammen. Die<br />
<strong>GEW</strong> unterstützt Engagement und Initiativen<br />
für Zivilklauseln und gegen die Militarisierung<br />
von Forschung, Wissenschaft und<br />
Lehre.<br />
• Die <strong>GEW</strong> fordert die Aufhebung von Fachrichtungen<br />
und Studiengängen, die auf Rüstungsforschung<br />
und militärisch nutzbarer<br />
Forschung aufbauen.<br />
• Die <strong>GEW</strong> unterstützt Bestrebungen zur Etablierung<br />
von Friedensforschung und entsprechender<br />
Lehre an Hochschulen und<br />
Forschungseinrichtungen und beteiligt sich<br />
an der Erstellung entsprechender Konzeptionen.<br />
• Die <strong>GEW</strong> fordert alle Beschäftigten von<br />
Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
auf, sich aktiv und kritisch mit Ambivalenzen<br />
des eigenen Fachgebietes und möglicher<br />
Forschungsthemen auseinanderzusetzen<br />
und Forschungsthemen mit militärischen<br />
Nutzungsbezügen bzw. Zielsetzungen<br />
abzulehnen sowie entsprechende Mittel<br />
oder andere Angebote zurückzuweisen. Die<br />
<strong>GEW</strong> ruft darüber hinaus alle Studierenden<br />
auf, sich aktiv und kritisch mit Ambivalenzen<br />
ihres Studienfaches auseinanderzusetzen.<br />
Die Hochschulen sollen hierzu entsprechende<br />
Veranstaltungsangebote unterbreiten.<br />
• Die <strong>GEW</strong> unterstützt in Zusammenarbeit<br />
mit den Personalräten Beschäftigte an<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
307
Hochschulen und Forschungseinrichtungen,<br />
die eine Mitarbeit an Projekten zu Rüstungsforschung<br />
und militärisch nutzbarer<br />
Forschung ablehnen.<br />
Begründung<br />
An über 40 Hochschulen wird heute explizit im<br />
Auftrag des Bundesverteidigungsministeriums<br />
geforscht. Rüstungsforschung und militärisch<br />
nutzbare Forschung zu Sicherheitspolitik oder<br />
Überwachungstechnologien sowie die auf ihnen<br />
aufbauende Lehre nehmen an Hochschulen<br />
und Forschungseinrichtungen einen<br />
immer größeren Raum ein. Sie ziehen Ressourcen<br />
von der Arbeit der Wissenschaft an den<br />
globalen Herausforderungen der Menschheit<br />
ab, behindern die Freiheit von Lehre und Forschung,<br />
binden öffentliche Mittel, die ziviler<br />
Lehre und Forschung zugutekommen müssten,<br />
und schaffen für Lehrende, Lernende und Forschende<br />
Zwänge, gegen ihr eigenes Gewissen<br />
zu arbeiten.<br />
Zivilklauseln als freiwillige Selbstverpflichtungen<br />
auf friedliche und zivile Lehre und Forschung<br />
geben bei permanenter öffentlicher<br />
Kontrolle ihrer Einhaltung Schutz gegen diese<br />
Entwicklung und darüber hinaus immer wieder<br />
Anlass zur Diskussion über die Aufgaben einer<br />
Lehre und Forschung, die sich ihres gesellschaftlichen<br />
Auftrags bewusst ist.<br />
Die <strong>GEW</strong> hat bereits mit ihren HV-Beschlüssen<br />
"Zivilklausel an Hochschulen und Forschungseinrichtungen"<br />
vom 12./13. November 2010<br />
und "Bundeswehr und Schule: Einfluss<br />
zurückdrängen - Politische Bildung ist Aufgabe<br />
von Lehrkräften" vom 05.0/6. März 2010 Stellung<br />
gegen die Militarisierung von Bildung und<br />
Forschung bezogen. Der Bundeskongress der<br />
Gewerkschaft ver.di 2011 hat einen thematisch<br />
verwandten Antrag ("Zivilklausel für alle Hochschulen,<br />
Forschungseinrichtungen und Schulen")<br />
beschlossen.<br />
Ein Beschluss des Gewerkschaftstages entspricht<br />
der gewachsenen Bedeutung von Rüstungsforschung<br />
und militärisch nutzbarer Forschung<br />
an Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
und fordert alle <strong>GEW</strong>-Mitglieder auf,<br />
sich gegen sie zu engagieren.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
308
3.47 Forderungen der <strong>GEW</strong> für den<br />
Bereich Fachhochschulen<br />
Antragsteller: BFGA Hochschule und<br />
Forschung<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />
Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass die<br />
Fachhochschulen als eigenständiger Hochschultyp<br />
ausgebaut werden und dass die<br />
Gleichwertigkeit von Fachhochschulen und<br />
Universitäten auch durch den Ausbau einer<br />
entsprechenden Personalstruktur an den<br />
Fachhochschulen bei gleichzeitigem Abbau tariflicher<br />
und außertariflicher Diskriminierungen<br />
durchgesetzt wird.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert weiterhin, dass die gegenseitige<br />
Durchlässigkeit zwischen Fachhochschulen<br />
und Universitäten für Studierende, Absolvent_innen,<br />
und Wissenschaftler_innen –<br />
zum Beispiel Doktorand_innen und Postdocs -<br />
sichergestellt wird. Im Einzelnen bedeutet dies<br />
den Einsatz der <strong>GEW</strong> für folgende Teilziele:<br />
1.) Personalstruktur<br />
Alle diejenigen, die über einen Hochschulabschluss<br />
verfügen und in Forschung, Lehre und<br />
Wissenschaftsmanagement neben den Professor_innen<br />
tätig sind, sollen als Wissenschaftliche<br />
Mitarbeiter_innen beschäftigt werden.<br />
2.) Mittelausstattung<br />
Lehre und Forschung müssen durch eine hinreichende<br />
staatliche Grundfinanzierung langfristig<br />
sichergestellt werden. Für die Einrichtung und<br />
Aufrechterhaltung von Qualifizierungsstellen<br />
sind ebenfalls Mittel bereitzustellen.<br />
3.) Eingruppierung, Besoldung und Lehrverpflichtung<br />
Die Eckeingruppierung für alle wissenschaftlichen<br />
Mitarbeiter_innen soll tarifvertraglich geregelt<br />
sein und mindestens in die Entgeltgruppe<br />
13 erfolgen. Beschäftigte, die Aufgaben<br />
in Lehre und/oder Forschung und/oder Wissenschaftsmanagement<br />
wahrnehmen sollen,<br />
jedoch nicht über die Promotionsfähigkeit (EG<br />
13), aber zumindest über einen Bachelorabschluss<br />
oder eine vergleichbare Qualifikation<br />
verfügen, sind in die EG 12 einzugruppieren.<br />
Die Lehrverpflichtung von allen Arbeitnehmer_innen<br />
ist grundsätzlich tarifvertraglich zu<br />
regeln. Diejenige der Beamt_innen soll sich an<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
309
diesen Tarifverträgen orientieren. Fachhochschulprofessor_innen<br />
sollen ausschließlich auf<br />
W3-Stellen beschäftigt werden und damit auch<br />
besoldungsrechtlich Universitätsprofessor_innen<br />
gleichgestellt werden.<br />
Der Master-Abschluss an Fachhochschulen soll<br />
auch tarifvertraglich uneingeschränkt als wissenschaftlicher<br />
Hochschulabschluss gelten und<br />
den Zugang zum höheren Dienst ermöglichen.<br />
4.) Studium und Durchlässigkeit<br />
Gesetzliche und faktische Hürden beim Wechsel<br />
von der Fachhochschule zur Universität<br />
müssen vollständig abgebaut werden. <strong>Das</strong> gilt<br />
sowohl vom Wechsel zwischen erstem und<br />
zweitem Studienabschnitt als auch für den<br />
Zugang zur Promotion. Die Lissabon-Konvention<br />
zur Anerkennung von Studienleistungen<br />
muss gerade auch für den Wechsel zwischen<br />
zwei Hochschultypen Anwendung finden. Die<br />
Anerkennungspraxis der Universitäten soll dazu<br />
bundesweit evaluiert werden.<br />
5.) Qualifikationsförderung / Promotionen<br />
Wenn das Promotionsrecht weiterhin ausschließlich<br />
bei den Universitäten liegt, folgt daraus<br />
die Verpflichtung der Universitäten zu kooperativen<br />
Promotionen. Diese Möglichkeit<br />
darf nicht nur auf zufällig entstandenen Kontakten<br />
von WissenschaftlerInnen aufbauen,<br />
sondern muss institutionell derart verankert<br />
werden, dass jede Fachhochschule über eine<br />
beschränkte Zahl zuverlässiger Partneruniversitäten<br />
verfügt.<br />
Wenn ein entsprechendes Forschungsumfeld<br />
vorhanden ist, sollen Fachhochschulen das Promotionsrecht<br />
erhalten. Sie müssen ihre Möglichkeiten<br />
zur Förderung wissenschaftlicher<br />
Qualifizierungen ausschöpfen, indem sie unter<br />
anderem Tenure-TrackOptionen anbieten, zu<br />
denen auch Juniorprofessuren mit der Chance<br />
zur parallelen Praxisqualifikation gehören.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
Begründung<br />
Den Fachhochschulen obliegt seit dem Bologna-Prozess<br />
ebenso wie den Universitäten die<br />
Aufgabe, Studierende zum Bachelor- oder Master-Abschluss<br />
zu führen. Die Fachhochschulen<br />
verfolgen ein Konzept der angewandten Wissenschaften<br />
mit hohem Praxisbezug in der<br />
Lehre. Ihnen wird de jure die angewandte und<br />
praxisnahe Forschung zugeordnet.<br />
95<br />
100<br />
310
An Fachhochschulen haben sich besondere<br />
Fachkulturen etabliert. Insbesondere Ingenieurwissenschaften,<br />
Sozialarbeitswissenschaften<br />
und Wirtschaftswissenschaften haben hier<br />
eine lange Tradition. Bei der Akademisierung<br />
von bisher nicht an Hochschulen vertretenen<br />
Disziplinen z. B. im Bereich der Gesundheitsund<br />
Pflegewissenschaften, sind die Fachhochschulen<br />
in der Regel die Institutionen, die solche<br />
Studiengänge einrichten.<br />
Fachhochschulen übernehmen Integrationsaufgaben<br />
innerhalb der Gesellschaft. <strong>Das</strong> soziale<br />
Profil der Studierenden an den Universitäten<br />
unterscheidet sich traditionell von dem an<br />
Fachhochschulen. An Universitäten kommen<br />
anteilig die meisten Studierenden aus der<br />
Herkunftsgruppe "hoch" (41 %), während dieser<br />
Anteil an den Fachhochschulen geringer ist<br />
(25 %). Die Fachhochschulen bestätigen ihren<br />
Ruf als Bildungsinstitutionen, die vor allem für<br />
Studieninteressierte aus hochschulfernen<br />
Schichten attraktiv sind: Hier ist eine vergleichsweise<br />
ausgewogene soziale Zusammensetzung<br />
anzutreffen: Drei von zehn Studierenden<br />
kommen aus der Herkunftsgruppe "mittel"<br />
(30 %) und zwei von zehn haben eine<br />
Herkunftsfamilie, die der Gruppe "niedrig"<br />
(20 %) zugeordnet wurde. (DSW/HIS 2009:<br />
130f, (http://www.sozialerhebung.de/download/19/<br />
Soz1906Kap04.pdf).<br />
Die Aufnahme eines Studiums ohne formale<br />
Hochschulreife, aber mit beruflicher Qualifikation<br />
ist in der Praxis an Fachhochschulen eher<br />
möglich als an Universitäten. Hinzu kommt,<br />
dass Fachhochschulen in stärkerem Maße als<br />
Universitäten duale Studiengänge anbieten und<br />
so die Möglichkeit eröffnen, neben einer beruflichen<br />
Ausbildung oder Berufstätigkeit studieren<br />
zu können. Die im Vergleich zu den Universitäten<br />
besseren Betreuungsverhältnisse an<br />
den Fachhochschulen und ihr besonderer<br />
Akzent auf gute Lehre senken die Barrieren für<br />
Studieninteressierte aus hochschulfernen<br />
Schichten.<br />
Fachhochschulen haben in der Regel eine tief<br />
wurzelnde Verankerung in der Region. Diese<br />
Regionalität wird an den meisten Fachhochschulen<br />
durch eine stark internationale strategische<br />
Ausrichtung ergänzt.<br />
Fachhochschulen sind anders als Universitäten,<br />
aber gleichwertig.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
311
Die bisherige Personalausstattung an den<br />
Fachhochschulen wird den Aufgaben nicht<br />
mehr gerecht. Die Professor_innen haben<br />
formal eine sehr hohe Lehrverpflichtung (18<br />
SWS), auch "Lehrkräfte für besondere Aufgaben"<br />
an Fachhochschulen haben eine deutlich<br />
höhere Lehrverpflichtung als ihre Kolleg_innen<br />
an Universitäten. Wissenschatliche Mitarbeiter_innen<br />
gehören nur in wenigen Bundesländern<br />
zur personellen Grundausstattung der<br />
Fachhochschulen. Personalstruktur und<br />
Arbeitslast geben kaum Raum für Forschung.<br />
Die tatsächliche Situation an den Fachhochschulen<br />
ist jedoch einem starken Wandel ausgesetzt:<br />
Während Professor_innen und deren<br />
Mitarbeiter_innen auch verstärkt Forschungstätigkeiten<br />
wahrnehmen, werden zunehmend<br />
Lehrveranstaltungen selbstständig von Mitarbeiter_innen<br />
übernommen.<br />
Die Berufung zum Professor/zur Professorin einer<br />
Fachhochschule setzt in der Regel eine<br />
mehrjährige Tätigkeit außerhalb der Hochschule<br />
und eine Promotion voraus. <strong>Das</strong> führt im<br />
seltensten Fall dazu, dass Absolvent_innen von<br />
Fachhochschulen auch zu Professor_innen werden.<br />
Die Schaffung von Promotionsmöglichkeiten<br />
für Fachhochschulabsolvent_innen, aber<br />
auch die Ermöglichung z. B. spezieller Juniorprofessuren<br />
sollten für wissenschaftliche Mitarbeiter_innen<br />
von Fachhochschulen eine Option<br />
sein, um eine Fachhochschulprofessur zu<br />
erreichen. Nur so ist z. B. sicherzustellen, dass<br />
es wissenschaftliche Qualifizierungen in<br />
Disziplinen, die nur an Fachhochschulen bestehen<br />
und demzufolge auch nur dort das entsprechende<br />
Forschungsumfeld anzutreffen ist<br />
(z.B. neuere Studiengänge in den Pflege- und<br />
Gesundheitswissenschaften), überhaupt geben<br />
kann.<br />
Immer noch gibt es zahlreiche tarifliche und<br />
außertarifliche Diskriminierungen von FH-Beschäftigten<br />
und -Absolvent_innen. Neben der<br />
schon erwähnten deutlich höheren Lehrverpflichtung<br />
werden Lehrkräfte für besondere<br />
Aufgaben nach Richtlinie der TdL in den meisten<br />
Bundesländern nur in EG 11 eingruppiert,<br />
während ihre Kolleg_innen an Universitäten<br />
(bei geringerer Lehrverpflichtung) in EG 13<br />
sind. Außerdem gibt es im Bereich der Professuren<br />
an den Fachhochschulen nur wenige W3-<br />
Stellen, der Großteil der Stellen sind nur W2,<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
312
während es an den Universitäten im Verhältnis<br />
deutlich mehr W3-Stellen gibt.<br />
Die Entgeltordnung zum TV-L regelt weiterhin,<br />
dass Masterabschlüsse der Fachhochschulen<br />
nur dann den Zugang zum höheren Dienst (EG<br />
13) ermöglichen, wenn der Studiengang entsprechend<br />
akkreditiert ist. Eine vergleichbare<br />
Regelung für Universitätsstudiengänge gibt es<br />
hingegen nicht.<br />
Nur wenn diese Diskriminierungen abgebaut<br />
werden, können Fachhochschulen auch als<br />
gleichwertige Bildungs- und Forschungseinrichtungen<br />
wahrgenommen werden.<br />
215<br />
220<br />
225<br />
313
Anträge zum Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> in Düsseldorf vom 12.-16. Juni 2013<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
4. Satzung<br />
4.1 Strukurveränderungen (GV und Bundesausschüsse)<br />
LV Sachsen-Anhalt<br />
4.2 Satzungsergänzender Hilfsantrag zum Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zu<br />
§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />
LV Hamburg<br />
4.3 Änderung der <strong>GEW</strong>-Satzung in § 20 der <strong>GEW</strong>-Satzung Ziff. 1.und 2.<br />
(Geschäftsführender Vorstand)<br />
Bundesfrauenausschuss<br />
4.4 Satzung: Umbenennung Arbeitsbereich AuB<br />
Hauptvorstand<br />
4.5 Anpassung der Satzung an die Organisationswirklichkeit<br />
LV Sachsen-Anhalt<br />
4.6 Satzungsänderung "Politischer Streik"<br />
BA der Studentinnen und Studenten/BFGA Hochschule und Forschung<br />
4.7 Satzungsänderung Mitgliedschaft von Strafgefangenen und<br />
Sicherungsverwahrten deutscher Justizvollzugsanstalten<br />
BA Studentinnen und Studenten/BFGA Hochschule und Forschung<br />
4.8 Satzungsänderung<br />
LV Hessen<br />
4.9 Antrag zu § 13 Absatz 1 der <strong>GEW</strong>-Satzung: Zusammensetzung der<br />
Delegierten des Gewerkschaftstages<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
4.10 Verbesserung der Arbeit in den Gremien<br />
LV Sachsen-Anhalt<br />
4.11 Neustrukturierung der Bundesfachgruppenausschüsse an<br />
allgemeinbildenden Schulen<br />
Bundesfachgruppenausschuss Realschulen<br />
4.12 Namensänderung des BAMA<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
4.13 Satzungsergänzender Antrag betr. § 23 der Satzung der <strong>GEW</strong><br />
LV Hamburg<br />
4.14 Verbesserung der Mitwirkung in den allgemeinen schulischen Fachgruppen<br />
Bundesfachgruppenausschüsse Grundschule, Sonderpädagogische Berufe,<br />
Gesamtschule, Gymnasium<br />
315<br />
319<br />
320<br />
323<br />
324<br />
330<br />
332<br />
337<br />
338<br />
339<br />
341<br />
345<br />
347<br />
348<br />
314
4.1 Strukurveränderungen (GV und<br />
Bundesausschüsse)<br />
Antragsteller: LV Sachsen-Anhalt<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />
Die Satzung der <strong>GEW</strong> wird wie folgt geändert:<br />
I. In § 18 werden in Ziffer 1 Buchstaben c) die<br />
folgenden Worte angefügt:<br />
; nach Buchstabe b) zwei weitere Vertreterinnen<br />
oder Vertreter<br />
II. In § 19 wird in Ziffer 1 Buchstabe b) die Ziffer<br />
"7" durch die Ziffer "6" ersetzt.<br />
III. In § 20 erhält die Ziffer 1 die folgende<br />
Fassung:<br />
1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören<br />
an:<br />
a) die Vorsitzende oder der Vorsitzende,<br />
b) fünf stellvertretende Vorsitzende mit jeweils<br />
einem der folgenden Arbeitsschwerpunkte:<br />
•Organisation, Service und Finanzen<br />
•Tarif- und Beamtenpolitik,<br />
•Bildungspolitik im Bereich der Kinder- und<br />
Jugendhilfe,<br />
•Bildungspolitik im Bereich Schule,<br />
•Bildungspolitik im Bereich Hochschule, Forschung<br />
und Erwachsenenbildung<br />
Mindestens die Hälfte der Mitglieder des Geschäftsführenden<br />
Vorstandes sollen Frauen<br />
sein.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
IV. § 20 Ziffer 4 wird gestrichen. Die bisherigen<br />
Ziffern 5 – 7 werden die neuen Ziffern 4 – 6.<br />
V. In § 21 werden zwei Mal die Worte "leitet die<br />
stellvertretende Vorsitzende bzw. der stellvertretende<br />
Vorsitzende" ersetzt durch die Worte:<br />
leiten die stellvertretenden Vorsitzenden<br />
VI. In § 22 Ziffer 1 erhalten die Buchstaben<br />
a – e die folgende Fassung:<br />
a) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />
Schulen (Primarbereich)<br />
b) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />
Schulen (Sekundarbereich)<br />
c) Bundesfachgruppenausschuss Berufsbildende<br />
Schulen<br />
d) Bundesfachgruppenausschuss Erwachsenenbildung<br />
e) Bundesfachgruppenausschuss Hochschule<br />
und Forschung<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Die bisherigen Buchstaben k – r werden die<br />
neuen Buchstaben f – n.<br />
315
Begründung<br />
Zuschnitt der politischen Aufgabenbereiche<br />
des Geschäftsführenden Vorstandes<br />
Mit dem Satzungsvorschlag zu einer geänderten<br />
Struktur des Geschäftsführenden<br />
Bundesvorstandes wird der Versuch unternommen,<br />
die teils intensiven Diskussionen der letzten<br />
10 Jahre aufzugreifen und in einem Vorschlag,<br />
der sich in den Debatten als am meisten<br />
zustimmungsfähig gezeigt hat, zusammenzufassen.<br />
Mit der neuen Struktur soll vor allem ein Zeichen<br />
für eine Gesamtverantwortung des Geschäftsführenden<br />
Vorstandes für die Politik in<br />
und für die <strong>GEW</strong> zwischen den Gewerkschaftstagen<br />
gesetzt und damit u.a. der vielfach<br />
beklagten "Versäulung" innerhalb der GV-<br />
Struktur entgegengewirkt werden. Dies soll insbesondere<br />
dadurch erreicht werden, dass neben<br />
der bzw. dem Vorsitzenden an die Stelle<br />
der bisherigen Statusunterschiede zwischen<br />
den GV-Mitgliedern (Mitglieder für Arbeitsbereiche,<br />
Mitglieder für Organisationsbereiche,<br />
ein Mitglied mit der Zusatzfunktion der/des<br />
stellvertretenden Vorsitzenden) eine solche Anzahl<br />
gleichberechtigter stellvertretender Vorsitzender<br />
treten soll, die für die Erfüllung der<br />
politischen Aufgaben auf der Bundesebene<br />
erforderlich sind.<br />
Über die erforderliche Anzahl der stellvertretenden<br />
Vorsitzenden bestehen hinsichtlich der<br />
auf der Bundesebene zwingend zu erfüllenden<br />
politischen Kernaufgaben durchaus unterschiedliche<br />
Auffassungen. Die Spannbreite<br />
reicht dabei etwa von drei bis zu sieben weiteren<br />
GV-Mitgliedern neben der/dem Vorsitzenden.<br />
Der vorliegende Vorschlag positioniert<br />
sich mit fünf weiteren GV-Mitgliedern in der<br />
Mitte dieser Spannbreite. Dabei spielten insbesondere<br />
Überlegungen eine Rolle, die die Darstellung<br />
der <strong>GEW</strong> als Tarif- und als Bildungsorganisation<br />
nach außen gegenüber anderen<br />
Akteuren auf der Bundesebene im Blick haben.<br />
Im Hinblick auf die für die <strong>GEW</strong> besonders<br />
bedeutsame Geschlechterverteilung im Geschäftsführenden<br />
Vorstand soll die Satzung die<br />
Forderung beinhalten, dass mindestens die<br />
Hälfte der GV-Mitglieder Frauen sein sollen.<br />
Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass<br />
es neben den in der Satzung zugewiesenen<br />
zentralen Arbeitsschwerpunkten selbstverständlich<br />
eine Fülle weiterer Aufgaben gibt, die<br />
von den Mitgliedern des GV im Interesse der<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
316
<strong>GEW</strong> und ihrer Mitglieder zu erfüllen sind.<br />
Über die Zuweisung weiterer Aufgaben an die<br />
GV-Mitglieder soll künftig der Hauptvorstand<br />
im Rahmen einer Geschäftsverteilung auf Vorschlag<br />
des GV entscheiden. Der vorliegende<br />
Satzungsantrag geht außerdem davon aus, dass<br />
die Identifikation der Mitglieder mit der <strong>GEW</strong><br />
in erster Linie über die sehr eigenverantwortlichen<br />
Landesverbände und ihre gewachsenen<br />
Organisationsstrukturen und weniger über die<br />
Bundesebene erfolgt.<br />
Die <strong>GEW</strong> hat sich als stark erwiesen, weil sie<br />
mehr als andere Schwester- und Konkurrenzorganisationen<br />
in der Lage ist, hohe fachliche<br />
Kompetenz besonders in bildungspolitischen,<br />
zunehmend aber auch in tarif- und beamtenpolitischen<br />
Fragen zu entwickeln und sich damit<br />
Ansehen und Respekt bei vielen Akteuren<br />
und in der Öffentlichkeit erworben hat. Auch<br />
die Auseinandersetzung mit zentralen gesellschaftspolitischen<br />
Fragestellungen gehört<br />
zum "Markenzeichen <strong>GEW</strong>". Allerdings hat sich<br />
in den vergangenen Jahren auch immer wieder<br />
gezeigt, dass eine zu weitgehende Fragmentierung<br />
der Aufgabenbereiche und ihre personale<br />
Abbildung im GV nicht förderlich ist und zu Synergieverlusten<br />
führt. Es ist nicht nur eine Frage<br />
der Ökonomie sondern der politischen Wirksamkeit,<br />
hier das richtige Maß zu finden.<br />
Neben die vier GV-Mitglieder, die zentrale politische<br />
Aufgabenbereiche für die Außenwirkung<br />
der <strong>GEW</strong> übernehmen, soll noch ein weiteres<br />
GV-Mitglied treten, das (neben der/dem Vorsitzenden)<br />
für die innerorganisatorischen Entwicklungen<br />
Verantwortung trägt. Die Entwicklungsprozesse<br />
in anderen Organisationen zeigen,<br />
dass ein solches Mandat hilfreich, möglicherweise<br />
nicht verzichtbar ist.<br />
Änderung der Struktur der Bundesfachgruppenausschüsse<br />
Mit dem Vorschlag, die Struktur der Bundesfachgruppenausschüsse<br />
durch die Zusammenfassung<br />
bestehender schulischer Bundesfachgruppenausschüsse<br />
zu verändern, wird das Ziel<br />
verfolgt, den schulpolitischen Entwicklungen<br />
der letzten Jahre im Sekundarbereich Rechnung<br />
zu tragen und eine möglichst weitgehende<br />
Kompatibilität mit der Struktur von<br />
Fachgruppen in den Landesverbänden zu erreichen.<br />
Es wird davon ausgegangen, dass die verbleibenden<br />
Bundesfachgruppenausschüsse:<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
317
•Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />
Schulen (Primarbereich)<br />
•Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />
Schulen (Sekundarbereich)<br />
•Bundesfachgruppenausschuss Berufsbildende<br />
Schulen<br />
dauerhaft auch eine Entsprechung in den<br />
Schulsystemen der Länder haben.<br />
Um die Vertretung der Fachebene in den Beschlussgremien<br />
der <strong>GEW</strong> (HV und GT) nicht zu<br />
reduzieren, werden als Kompensation für die<br />
Reduzierung der Mandate der schulischen<br />
Bundesfachgruppenausschüsse in diesen<br />
Gremien zusätzliche Mandate für den neuen<br />
Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />
Schulen (Sekundarbereich) vorgesehen. Damit<br />
soll auch die entsprechende Repräsentanz der<br />
Organisationsbereiche in den genannten<br />
Gremien weiterhin gesichert werden.<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
318
4.2 Satzungsergänzender Hilfsantrag zum<br />
Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zu § 20<br />
Geschäftsführender Vorstand<br />
Antragsteller: LV Hamburg<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />
Sollte der Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zur<br />
Änderung der Satzung der <strong>GEW</strong> zur Abstimmung<br />
kommen, so wäre hierin der Vorschlag<br />
für den neuen § 20 anzupassen:<br />
§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />
1. Dem Geschäftsführenden Vorstand<br />
gehören an:<br />
a) die Vorsitzende oder der Vorsitzende,<br />
b) fünf stellvertretende Vorsitzende mit jeweils<br />
einem der folgenden Arbeitsschwerpunkte:<br />
• Organisation, Service und Finanzen,<br />
• Tarif-, Beamten- und Seniorinnen- und Seniorenpolitik,<br />
• Bildungspolitik im Bereich der Kinder- und<br />
Jugendhilfe,<br />
• Bildungspolitik im Bereich Schule,<br />
• Bildungspolitik im Bereich Hochschule, Forschung<br />
und Erwachsenenbildung.<br />
Begründung<br />
Falls der satzungsändernde Antrag der <strong>GEW</strong><br />
Sachsen-Anhalt behandelt wird bzw. zur Abstimmung<br />
kommt, besteht die Möglichkeit,<br />
dass die Stelle in der Satzung, auf die sich unser<br />
Hauptantrag bezieht, verändert wird. Sachlich<br />
ist wiederum alles beim Alten. Falls weitere Begründung<br />
gewünscht wird, erfolgt diese mündlich.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
319
4.3 Änderung der <strong>GEW</strong>-Satzung in § 20 der<br />
<strong>GEW</strong>-Satzung Ziff. 1.und 2.<br />
(Geschäftsführender Vorstand)<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />
Antragsteller: Bundesfrauenausschuss<br />
Antrag des BFA auf Satzungsänderung an den<br />
HV (Änderungen sind unterstrichen)<br />
§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />
1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören<br />
acht Mitglieder an, die Zusammensetzung entspricht<br />
der Geschlechterverteilung der Mitglieder.<br />
Er besteht aus den Mitgliedern der acht<br />
Vorstandsbereiche.<br />
• Finanzen,<br />
• Frauen-, Gleichstellungs- und Geschlechterpolitik,<br />
• Angestellten- und Beamtenpolitik,<br />
• Organisationsentwicklung,<br />
• Jugendhilfe und Sozialarbeit,<br />
• Schule,<br />
• Hochschule und Forschung,<br />
• Berufliche Bildung und Weiterbildung.<br />
Der Gewerkschaftstag wählt aus den acht Mitgliedern<br />
des Geschäftsführenden Vorstands<br />
zwei gleichberechtigte Vorsitzende, von denen<br />
mindestens eine Person eine Frau ist.<br />
Die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstands<br />
sollen über folgende Fähigkeiten verfügen,<br />
um ihre Aufgaben im Sinne eines Teams<br />
wirkungsvoll nach innen und außen zu erfüllen:<br />
• Team-Kompetenz<br />
• Gender-Kompetenz<br />
• Fach-Kompetenz<br />
• Medien- und Kommunikationskompetenz<br />
Sie werden bei der Teamentwicklung professionell<br />
begleitet.<br />
2. Weitere Handlungsfelder sowie ihre Verteilung<br />
auf die Mitglieder des Geschäftsführenden<br />
Vorstandes werden vom Hauptvorstand auf<br />
Vorschlag des Geschäftsführenden Vorstandes<br />
festgelegt. Die Zuständigkeit für Gender Mainstreaming<br />
liegt bei beiden Vorsitzenden, wobei<br />
die Verantwortung der Umsetzung bei allen<br />
Vorstandsmitgliedern liegen muss.<br />
Begründung<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
320
Zielsetzung des Antrags<br />
Der Satzungsentwurf des Bundesfrauenausschusses<br />
verfolgt die Ziele, die Aufgabenwahrnehmung<br />
des Geschäftsführenden Vorstands in<br />
Gesamtverantwortung durch ein Teammodell<br />
mit Doppelspitze zu fördern und die Satzungsziele<br />
Geschlechterdemokratie und Antidiskriminierung<br />
durch Gender-Kompetenz aller Vorstandsmitglieder<br />
und die Verankerung von<br />
Gender Mainstreaming in der Verantwortung<br />
der beiden Vorsitzenden zu stärken.<br />
Zu den Änderungen im Einzelnen<br />
In § 20 Ziffer 1) werden folgende Veränderungen<br />
und Ergänzungen vorgenommen:<br />
Es wird festgelegt, dass sich der Frauenanteil<br />
im Geschäftsführenden Vorstand am Anteil in<br />
der Mitgliedschaft orientiert.<br />
Die bisher verwendeten Begriffe "Arbeitsbereiche"<br />
und "Organisationsbereiche" werden<br />
durch den Begriff "Vorstandsbereiche" ersetzt.<br />
Damit wird die Bezeichnung vereinheitlicht und<br />
die Betonung auf die gemeinsame Vorstandsverantwortung<br />
gelegt.<br />
Der bisherige Vorstandsbereich "Frauenpolitik"<br />
wird umbenannt in "Frauen-, Gleichstellungsund<br />
Geschlechterpolitik". Die Umbenennung<br />
orientiert sich an Zweck und Aufgaben der<br />
<strong>GEW</strong> nach § 3 und trägt der Tatsache Rechnung,<br />
dass die <strong>GEW</strong> sowohl Frauenpolitik als<br />
auch Gleichstellungspolitik betreibt und sie<br />
auch zur Geschlechterpolitik weiterentwickelt.<br />
Es wird ein zusätzlicher Vorstandsbereich "Organisationsentwicklung"<br />
aufgenommen.<br />
Die Einführung einer gleichberechtigten Doppelspitze<br />
mit Mindestquotierung folgt der in<br />
§ 3 festgeschriebenen Aufgabe der <strong>GEW</strong>, die<br />
Geschlechterdemokratie auszubauen. Gleichzeitig<br />
ist die Doppelspitze Ausdruck einer neuen<br />
politischen Kultur in der <strong>GEW</strong>, die sich an den<br />
Grundsätzen einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit<br />
im Team und in Gesamtverantwortung<br />
orientiert.<br />
Die erforderlichen Fähigkeiten für die Wahrnehmung<br />
von Vorstandsaufgaben werden mit<br />
Team-, Gender-, Fach- sowie Medien- und Kommunikationskompetenz<br />
beschrieben, für die<br />
Teamentwicklung wird eine professionelle Begleitung<br />
vorgesehen.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
321
§ 20 Ziffer 2 enthält eine redaktionelle Klarstellung,<br />
in dem der Begriff "Arbeitsbereiche"<br />
durch "Handlungsfelder" ersetzt wird.<br />
Explizit genannt wird das Handlungsfeld Gender<br />
Mainstreaming und es wird festgelegt, dass<br />
die Zuständigkeit dafür bei den beiden Vorsitzenden,<br />
die Verantwortung für die Umsetzung<br />
in der gesamten Vorstandsarbeit bei allen<br />
Vorstandsmitgliedern liegt. So kann sichergestellt<br />
werden, dass geschlechterpolitische<br />
Positionen in alle Handlungsfelder einbezogen<br />
und zu einer qualitativen Weiterentwicklung<br />
der Interessenvertretung sowie<br />
der Politik in der <strong>GEW</strong> beigetragen werden<br />
kann.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
322
4.4 Satzung: Umbenennung<br />
Arbeitsbereich AuB<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />
§ 20 Nr. 1 Buchstabe b) der Satzung der <strong>GEW</strong><br />
erhält folgende Fassung:"b) die Mitglieder der<br />
Arbeitsbereiche<br />
- Finanzen<br />
- Frauenpolitik<br />
- Tarif- und Beamtenpolitik"<br />
1<br />
5<br />
Folgeänderungen:<br />
In den Richtlinien für die Durchführung von Tarifverhandlungen<br />
und die Führung von Arbeitskämpfen<br />
wird jeweils "Angestellten- und Beamtenpolitik"<br />
durch "Tarif- und Beamtenpolitik"<br />
ersetzt.<br />
Begründung<br />
Eine Differenzierung der Arbeitsfelder anhand<br />
des Beschäftigungsstatus "Angestellte" und<br />
"Beamte" hatte historisch ihre Berechtigung, ist<br />
aber nicht mehr zeitgemäß. Ein Arbeitsschwerpunkt<br />
der <strong>GEW</strong>, der in den letzten Jahren zunehmend<br />
an Bedeutung gewonnen hat, ist die<br />
Tarifarbeit. Der Begriff "Angestellter" wird in<br />
Tarifverträgen kaum noch verwendet, an seine<br />
Stelle ist der auch europarechtlich maßgebliche<br />
Begriff des "Beschäftigten" getreten. Hinsichtlich<br />
der Interessensvertretung für Beamtinnen<br />
und Beamte bleibt es auf absehbare Zeit an der<br />
Statusorientierung.<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
323
4.5 Anpassung der Satzung an die<br />
Organisationswirklichkeit<br />
Antragsteller: LV Sachsen-Anhalt<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />
Die Satzung der <strong>GEW</strong> wird wie folgt geändert:<br />
I. In § 6 erhält die Ziffer 3 die folgende Fassung:<br />
3. Mitglied kann auch werden, wer sich in einem<br />
Studium bzw. in einer anderweitigen Ausbildung<br />
befindet, das bzw. die eine spätere Tätigkeit<br />
im Organisationsbereich der <strong>GEW</strong><br />
ermöglicht, oder wer eine Tätigkeit in diesem<br />
Bereich anstrebt. <strong>Das</strong> Weitere regelt der<br />
Hauptvorstand.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
II. In § 10 Ziffer 1 erhält Satz 1 die folgende<br />
Fassung:<br />
"Zur Durchführung ihrer Aufgaben erhebt die<br />
<strong>GEW</strong> einen Mitgliedsbeitrag. Die Höhe der Mitgliedsbeiträge<br />
wird vom Gewerkschaftstag in<br />
einer Beitragsordnung festgelegt."<br />
Der bisherige Satz 2 wird der neue Satz 3.<br />
15<br />
20<br />
III. In § 10 werden in der Ziffer 3 die folgenden<br />
Sätze 1 und 2 vorangestellt:<br />
Der Gewerkschaftstag entscheidet über die<br />
grundlegende Verteilung der Mitgliedsbeiträge.<br />
Dies umfasst u.a. den Anteil für die <strong>GEW</strong> auf<br />
Bundesebene, die Zuführungen zum<br />
Kampffonds und die Finanzierung von<br />
Gemeinschaftsaufgaben.<br />
25<br />
30<br />
Der bisherige einzige Satz wird der neue Satz 3.<br />
IV. In § 10 wird folgende neue Ziffer 4 aufgenommen:<br />
4. Die Finanzverwaltung der <strong>GEW</strong> wird durch<br />
eine Haushalts- und Kassenordnung geregelt,<br />
die vom Hauptvorstand beschlossen wird. Für<br />
die Prüfung der ordnungsgemäßen Durchführung<br />
der Finanzverwaltung und der satzungsgemäßen<br />
Verwendung der Mitgliedsbeiträge wird<br />
eine Revisionskommission gebildet. <strong>Das</strong> Nähere<br />
regelt der Hauptvorstand.<br />
V. In § 18 werden in der Ziffer 2:<br />
• im Satz 2 die Worte "im Rahmen der Beschlüsse<br />
nach §10 Ziffer 3" angefügt und<br />
35<br />
40<br />
45<br />
324
• im Satz 5 die Worte "oder Geschäftsordnung"<br />
gestrichen.<br />
VI. In § 18 erhält die Ziffer 6 die folgende<br />
Fassung:<br />
6. Der Hauptvorstand kann geschäftsführende<br />
Landesvorstände bestellen, sofern ein<br />
Landesverband dazu nicht in der Lage ist. Dies<br />
gilt auch für die Bestellung von Landesschiedskommissionen.<br />
Die Amtszeit von geschäftsführenden<br />
Landesvorständen, die der Hauptvorstand<br />
bestellt, endet mit der Wahl durch das zuständige<br />
Gremium.<br />
VII. In § 19 werden in der Ziffer 2 die Sätze 2, 4<br />
und 5 gestrichen.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
VIII. In § 20 wird folgender neuer Satz 2 eingefügt:<br />
Er trifft Entscheidungen zu Haushaltsfragen im<br />
Rahmen des vom Hauptvorstand beschlossenen<br />
Haushaltsplanes.<br />
Der bisherige Satz 2 wird der neue Satz 3 und<br />
erhält die folgende Fassung:<br />
Er unterstützt die Zusammenarbeit der<br />
Landesverbände und koordiniert federführend<br />
die Beratungen der Bundesgremien (Organe<br />
und Bundesausschüsse).<br />
IX. § 21 erhält eine Unterteilung in Ziffern:<br />
• Satz 1 wird die neue Ziffer 1,<br />
• die Sätze 2 und 3 werden die neue Ziffer 2,<br />
• die Sätze 4 und 5 werden die neue Ziffer 3.<br />
X. In § 21 werden in der neuen Ziffer 1:<br />
• die Worte "allein oder gemeinsam mit anderen<br />
Mitgliedern des Hauptvorstandes" durch<br />
die Worte „nach außen“ ersetzt und<br />
• folgender Satz 2 angefügt:<br />
Bei Rechtsgeschäften vertritt die Vorsitzende<br />
bzw. der Vorsitzende die <strong>GEW</strong> mit einem weiteren<br />
Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes.<br />
XI. In § 21 wird in der neuen Ziffer 2 der Satz 2<br />
gestrichen.<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
325
XII. § 23 erhält eine Unterteilung in Ziffern:<br />
• der Satz 1 wird die neue Ziffer 1,<br />
• die Sätze 2 und 3 werden die neue Ziffer 3,<br />
• die Sätze 4 und 5 werden die neue Ziffer 4,<br />
• der Satz 6 wird die neue Ziffer 5.<br />
XIII. In § 23 wird:<br />
in der neuen Ziffer 1 folgender neuer Satz 2<br />
angefügt:<br />
• <strong>Das</strong> Nähere regelt der Hauptvorstand.<br />
• folgende neue Ziffer 2 eingefügt:<br />
2. Die Bundesausschüsse stimmen sich in ihrer<br />
Arbeit mit den jeweils verantwortlichen Mitgliedern<br />
des Geschäftsführenden Vorstandes<br />
ab. Über die Zuordnung beschließt der HV auf<br />
Vorschlag des Geschäftsführenden Vorstandes.<br />
• in der neuen Ziffer 4 im Satz 2 die Worte<br />
-"Die Aufgabe des Koordinierungsausschusses<br />
für Fachgremienarbeit" durch die Worte "Seine<br />
Aufgabe" ersetzt,<br />
• in der neuen Ziffer 5 das Wort "Er" durch die<br />
Worte "Der Koordinierungsausschuss für<br />
Fachgremienarbeit" ersetzt.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
XIV. In § 23 erhält die Ziffer 1 die folgende<br />
Fassung:<br />
1. Die Bundesausschüsse bestehen aus je einer<br />
Vertreterin oder einem Vertreter aus den<br />
Landesverbänden. Diese werden von den<br />
Landesverbänden entsandt. Der Hauptvorstand<br />
kann weitere Mitglieder berufen.<br />
Begründung<br />
Schaffung fehlender Satzungsgrundlagen<br />
Aufgrund der vielfältigen Veränderungen der<br />
Satzung der <strong>GEW</strong> in den letzten Jahrzehnten<br />
besteht keine durchgängige Systematik der<br />
Übertragung von Kompetenzen und Aufgaben<br />
durch den Gewerkschaftstag an den Hauptvorstand<br />
mehr. Dies steht der notwendigen Transparenz<br />
und der Legitimation von Beschlüssen<br />
des Hauptvorstandes entgegen. Bei einer Reihe<br />
von Beschlüssen ist nicht klar, ob eine Legitimation<br />
für den Hauptvorstand gegeben war,<br />
warum manches eine „Ordnung“ und anderes<br />
eine "Richtlinie" ist, warum bestimmte<br />
Sachverhalte geregelt sind und andere,<br />
gleichgelagerte Sachverhalte nicht usw.<br />
So hat der Hauptvorstand u.a. eine Beitragsordnung<br />
und eine Haushalts- und Kassenordnung<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
326
eschlossen sowie eine Revisionskommission<br />
eingesetzt, ohne dass dafür entsprechende<br />
Satzungsgrundlagen bestehen. Darüber hinaus<br />
hat der Hauptvorstand zwischenzeitlich die<br />
Schiedsordnung geändert, obwohl die Satzung<br />
hierfür keine Legitimation erteilt. Begründet<br />
wird dies vermutlich mit § 18 Abs. 5 der geltenden<br />
Satzung, mit dem der Hauptvorstand eine<br />
Art "Allzuständigkeit" für "die Beschlussfassung<br />
und die Änderung von Richtlinien, Regelungen<br />
und Ordnungen, die die Satzung der <strong>GEW</strong> und<br />
die Wahlordnung auslegen und umsetzen" erhält.<br />
Dies sorgt aber gerade für die bestehende<br />
Unübersichtlichkeit und Unklarheit bei der<br />
Abgrenzung von Zuständigkeiten.<br />
Der vorliegende Satzungsvorschlag geht von<br />
folgender Systematisierung der grundlegenden<br />
Organisationsregelungen aus:<br />
1. Es obliegt allein dem Gewerkschaftstag, neben<br />
der Satzung zu weiteren wichtigen Organisationsregelungen<br />
Ordnungen zu beschließen.<br />
Dies sind:<br />
a) die Geschäftsordnung und die Wahlordnung<br />
des Gewerkschaftstages,<br />
b) die Beitragsordnung,<br />
c) die Haushalts- und Kassenordnung (muss in<br />
der Satzung noch verankert werden),<br />
d) die Schiedsordnung.<br />
Der HV kann Ordnungen nur in dem Rahmen<br />
ändern, in dem er durch den Gewerkschaftstag<br />
durch entsprechende Satzungsformulierungen<br />
ausdrücklich beauftragt ist (z.B. notwendige<br />
Anpassungen der Beitragsordnung, gegebenenfalls<br />
auch der Haushalts- und Kassenordnung).<br />
2. Soweit in der Satzung Aufträge an den HV<br />
verankert sind, zu bestimmten weiteren<br />
Sachverhalten Regelungen zu beschließen, sind<br />
dies "Richtlinien" (mit Ausnahme der Geschäftsordnungen<br />
für die <strong>GEW</strong>-Gremien wegen<br />
des hierfür üblichen Begriffes).<br />
3. Darüber hinaus kann der HV keine grundlegenden<br />
Organisationsregelungen erlassen. Es<br />
gibt inzwischen ausreichend Organisationserfahrungen,<br />
um dem HV in der Satzung an den<br />
notwendigen Stellen entsprechende Aufträge<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
327
durch den Gewerkschaftstag erteilen zu lassen.<br />
Der vorliegende Antrag enthält selbst dazu eine<br />
Reihe von Vorschlägen aus der Praxis der Organisation.<br />
Anpassung von Satzungsregelungen an die Organisationswirklichkeit<br />
Die Anpassungen umfassen im Wesentlichen:<br />
§ 6 Ziffer 3<br />
Es wird klargestellt, dass die <strong>GEW</strong> auch Auszubildende<br />
aufnimmt, soweit die Ausbildung<br />
eine spätere Tätigkeit im Organisationsbereich<br />
der <strong>GEW</strong> ermöglicht. Bisher enthält die Satzung<br />
eine entsprechende Formulierung nur für<br />
Studierende. Der Sachverhalt ist vergleichbar<br />
und teilweise auch schon Organisationspraxis.<br />
§ 18 Ziffer 6:<br />
Dort heißt es bisher; "Der Hauptvorstand bestellt<br />
Organe und Mitglieder von Organen der<br />
<strong>GEW</strong> oder ihrer Gliederungen, sofern die zuständigen<br />
Gremien dazu trotz Aufforderung<br />
nicht in der Lage sind." Organe der <strong>GEW</strong> sind<br />
nach § 11 der Satzung der Gewerkschaftag, der<br />
Hauptvorstand, der Koordinierungsvorstand<br />
und der Geschäftsführende Vorstand. Der<br />
Hauptvorstand kann keines dieser Organe bestellen.<br />
Es wäre auch gar nicht denkbar, dass<br />
dazu ein Anlass bestünde. Er kann auch keine<br />
Mitglieder dieser Organe bestellen. Für die Bestellung<br />
eines Mitgliedes des GV beim vorzeitigen<br />
Ausscheiden gibt es in der Satzung in § 20<br />
Nr. 6 eine gesonderte Bestimmung.<br />
Organe sind nach § 11 der Satzung letztlich<br />
auch "die Delegiertenversammlung der<br />
Landesverbände und die von ihnen vorgesehenen<br />
Organe der Landesverbände sowie die Organe<br />
der Gliederungen des Landesverbandes,<br />
die die Delegiertenversammlung des<br />
Landesverbandes festgelegt hat." Diesbezüglich<br />
ist ebenfalls nicht vorstellbar, dass der<br />
Hauptvorstand Organe unterhalb der Ebene<br />
der geschäftsführenden Landesvorstände bestellt.<br />
Eine sinnvolle Interpretation der bisherigen<br />
Satzungsvorschrift besteht lediglich darin,<br />
dass der Hauptvorstand im Bedarfsfall von<br />
außen dafür sorgt, dass jeder Landesverband<br />
einen geschäftsführenden Landesvorstand hat.<br />
Diese Notwendigkeit ergibt sich aus § 7 Ziffer 1<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
265<br />
328
der Satzung, wonach sich die <strong>GEW</strong> in<br />
Landesverbände gliedert.<br />
§ 19 Ziffer 2 und § 20 Ziffer 5<br />
Die Aufgabe, Entscheidungen zu Haushaltsfragen<br />
im Rahmen des vom Hauptvorstand beschlossenen<br />
Haushaltsplanes zu treffen, war<br />
bisher dem KOVO zugewiesen, wird aber in der<br />
Praxis der Organisation nicht von diesem,<br />
sondern vom GV wahrgenommen. Dies soll in<br />
der Satzung entsprechend verankert werden.<br />
§ 20 Ziffer 4<br />
Dort heiß es bisher: Der Geschäftsführende<br />
Vorstand "regelt die Zusammenarbeit mit den<br />
Landesverbänden und koordiniert federführend<br />
die Arbeit in den Bundesgremien." Für die<br />
Zusammenarbeit mit den Landesverbänden<br />
wurde der Koordinierungsvorstand eingerichtet,<br />
der seine Arbeitsweise selbst bestimmt.<br />
Auch im Hauptvorstand oder in anderen<br />
Bundesgremien gibt es keine "federführende<br />
Koordination der Arbeit dieser Gremien durch<br />
den GV". Der Hauptvorstand ebenso wie der<br />
KOVO und der KAFGA haben gewählte<br />
Präsidien, die die Arbeit leiten. Was der GV leisten<br />
kann und soll, ist Unterstützung der Zusammenarbeit<br />
der Landesverbände und die Koordination<br />
der Beratungen der Bundesgremien<br />
etwa durch eine abgestimmte Terminplanung,<br />
die Erarbeitung der Tagesordnungen bis hin zur<br />
Wahl von Tagungsorten etc.<br />
§ 23 Ziffer 2 (neu)<br />
Mit der neuen Ziffer 2 in § 23 soll sichergestellt<br />
werden, dass durch eine Abstimmung zwischen<br />
den Bundesausschüssen und den jeweils verantwortlichen<br />
Mitgliedern des GV die fachliche<br />
Arbeit der Bundesausschüsse kontinuierlich in<br />
die Arbeit der Gesamtorganisation einfließen<br />
kann und die Bundesausschüsse aus dem GV<br />
die notwendige Unterstützung erhalten.<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
300<br />
305<br />
310<br />
329
4.6 Satzungsänderung "Politischer Streik"<br />
Antragsteller: BA der Studentinnen und<br />
Studenten/BFGA Hochschule und Forschung<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />
Als neuer § 5 Ziffer 2. der Satzung der <strong>GEW</strong><br />
wird folgender Text beschlossen:<br />
"Die <strong>GEW</strong> nimmt das allumfassende Streikrecht<br />
im Sinne eines Politischen Streiks wahr. Dieses<br />
Recht folgt aus Artikel 6 Absatz 4 der Europäischen<br />
Menschenrechts- und Sozialcharta, den<br />
Übereinkommen 87 (Vereinigungsfreiheit) und<br />
98 (Versammlungsfreiheit) der Internationalen<br />
Arbeitsorganisation (ILO)."<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Ziffern 2. bis 4. werden 3. bis 5.<br />
Begründung<br />
Die Auseinandersetzungen um die<br />
Rechtmäßigkeit politischer Streiks in der<br />
Bundesrepublik haben in den letzten Jahren an<br />
Breite zugenommen. Auch die <strong>GEW</strong> sollte<br />
hierzu Position beziehen und dabei dem Beispiel<br />
der IG BAU folgen, die durch Beschluss<br />
des Gewerkschaftstages 2009 die Forderung<br />
nach dem Recht auf politischen Streik in ihre<br />
Bundessatzung aufgenommen hat (§ 3 Punkt 5<br />
der Satzung der IG BAU, siehe<br />
http://www.igbau.de/Binaries/Binary10395Berliner_Satzung_2009.pdf)<br />
Angesichts des massiven Abbaus sozialer und<br />
demokratischer Rechte darf das Streikrecht<br />
nicht länger auf tariffähige Ziele begrenzt bleiben.<br />
Die politische Entscheidung der Gewerkschaften<br />
im DGB aus den fünfziger Jahren den politisch<br />
motivierten Streik im Wesentlichen zu unterlassen,<br />
war begründet in dem Kompromiss<br />
mit der Regierung, die Interessen der abhängig<br />
Beschäftigten im Rahmen der paritätischen<br />
Mitbestimmung zu regeln.<br />
Dieses Modell, welches integriert war in der<br />
Vorstellung des Sozialstaates hatte zum Inhalt,<br />
die gewerkschaftliche Koalitionsfreiheit und<br />
daraus abzuleitende Widerstandsfreiheit gemäß<br />
des Grundgesetzes im politischen Streik,<br />
nicht extensiv wahrzunehmen.<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
330
Der politische Gegenwert dieses Kompromisses<br />
bestand in der Zusicherung, dass im Rahmen<br />
der wirtschaftlichen Entwicklung die sozialen<br />
und ökonomischen Interessen der Arbeitnehmer<br />
paritätisch dazu, als Teilhaberschaft berücksichtigt<br />
werden.<br />
<strong>Das</strong> System des Sozialstaats, das auf Teilhabe<br />
und damit Ausübung des Gewerkschaftsrechts<br />
setzt, kann aufgrund der ökonomischen Entwicklung<br />
und damit verbundener Schwächung<br />
der Gewerkschaften immer schlechter umgesetzt<br />
werden. Die Entwicklung von der Industrie-<br />
zur Dienstleistungsgesellschaft lässt große<br />
Branchen zugunsten kleinerer privater Unternehmungen<br />
verschwinden. Unter dieser Zersplitterung<br />
leiden Organisationsgrad und<br />
Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gewerkschaft neben<br />
anderen Ursachen für die schwindenden<br />
Mitgliederzahlen. Kampfmaßnahmen einer<br />
Gewerkschaft lassen sich immer schwieriger<br />
und mit unterschiedlicher Stärke durchführen.<br />
In den meisten europäischen Staaten gibt es<br />
keine staatspolitische Verfolgung des politisch<br />
motivierten Streiks oder Generalstreiks und die<br />
Gewerkschaften dieser Länder bedienen sich<br />
zunehmend und in neuester Zeit auch koordiniert<br />
über EU-Mitgliedsstaaten-Grenzen hinweg<br />
des Mittels des politischen Streiks um<br />
gemeinsam mit anderen betroffenen gesellschaftlichen<br />
Gruppen ihre Rechte zu verteidigen.<br />
Der Politische Streik muss sich selbstverständlich<br />
des Gesamtfeldes gesellschaftlicher Zusammenhänge<br />
annehmen wenn Gewerkschaftspolitik<br />
und -forderungen nicht unterkomplex<br />
auf Produktionsverhältnisse beschränkt bleiben<br />
sollen. Er zielt daher auf Bewusstseinsbildung<br />
und solidarische Organisation ab.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
331
4.7 Satzungsänderung Mitgliedschaft von<br />
Strafgefangenen und<br />
Sicherungsverwahrten deutscher<br />
Justizvollzugsanstalten<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />
Antragsteller: BA Studentinnen und<br />
Studenten/BFGA Hochschule und Forschung<br />
Zur Aufnahme neuer Mitglieder aus dem Kreise<br />
der in Justizvollzugsanstalten oder anderen<br />
Haftorten Festgehaltenen sollen in der Satzung<br />
der <strong>GEW</strong> Änderungen vorgenommen werden,<br />
um die Mitgliedschaft zu ermöglichen. Die<br />
notwendigen Änderungen umfassen die Bereiche<br />
Mitgliedschaft, Mitgliedsbeitrag, Zuordnung<br />
zu Organisationsstrukturen und Beteiligung<br />
an gewerkschaftsinternen Verfahren.<br />
In Deutschland inhaftierte Menschen sind im<br />
Strafvollzug und der Sicherungsverwahrung<br />
dem Arbeitszwang ausgesetzt (§ 41 StVollzG),<br />
gegen den sie sich mit Hilfe einer gewerkschaftlichen<br />
Vertretung besser zur Wehr setzen könnten.<br />
Dabei kann die Gewerkschaft Erziehung<br />
und Wissenschaft durch ihre Struktur und Kompetenz<br />
eine politische, rechtliche und soziale<br />
Unterstützung bei der Verweigerung von<br />
Zwangsarbeit als auch der Umwandlung der<br />
Zwangsarbeitsstellen und Arbeitsinhalte in<br />
vollwertige, sichere und tariflich entlohnte Anstellungen<br />
bieten. Verbunden mit dem Arbeitszwang<br />
ist die umfassende Ausbeutung, die in<br />
der Regel sanktioniert wird, so durch Einzelund<br />
Isolationshaft oder erschwerte<br />
Haftbedingungen.<br />
Durch diesen Zwang wird die Führung eines<br />
Gefängnisses lohnenswert für den gefängnis-industriellen<br />
Komplex und wirtschaftliche<br />
Gefängnisfirmen, da hier zu Bedingungen und<br />
Kosten produziert werden kann, die sonst in<br />
der EU zu Recht nicht mehr existieren und sich<br />
schärfster Kritik ausgesetzt sähen. Als Menschen<br />
sind sie Teil der totalen Institution, die<br />
durch spezielle Mittel eine Form von "Erziehung"<br />
ausüben und so die Strukturen stabilisieren<br />
soll, die Haftkultur und Sanktion hervorgebracht<br />
haben.<br />
Auch wenn die <strong>GEW</strong> daher künftig Häftlinge als<br />
Mitglieder aufnimmt und sich für ihre Rechte<br />
einsetzt, darf damit kein Bekenntnis zu einer<br />
Notwendigkeit oder zur Sinnhaftigkeit von<br />
"Knästen" verbunden sein. Vielmehr muss die<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
332
Überwindung derartiger Herrschafts- und Beherrschungsformen<br />
gewerkschaftlich-gesellschaftliches<br />
Ziel bleiben.<br />
1. Änderung im Bereich Mitgliedschaft:<br />
1. Satzung der <strong>GEW</strong> § 6 (Mitgliedschaft)<br />
Es wird ein neuer Punkt 3a eingefügt:<br />
"Als Mitglieder können ferner solche Personen<br />
aufgenommen werden, die sich nicht nur kurzfristig<br />
in staatlichem Gewahrsam und somit in<br />
einem besonderen Erziehungsverhältnis befinden<br />
und die in diesem Zusammenhang einer<br />
Arbeitspflicht unterworfen sind."<br />
2. Regelungen für die Mitgliedschaft gemäß<br />
§ 8 der Satzung der <strong>GEW</strong><br />
Punkt 1.3 wird wie folgt gefasst:<br />
"Mitglieder der <strong>GEW</strong> können auch Personen<br />
sein oder werden, die für einen in § 6.3 der<br />
Satzung genannten pädagogischen, sozialpädagogischen<br />
oder wissenschaftlichen Beruf ausgebildet<br />
sind und aufgrund der Arbeitsmarktsituation<br />
eine Beschäftigung im Sinne von 6.3 a)<br />
und b) der Satzung nicht ausüben können. Ferner<br />
solche Personen, die in einer Justizvollzugsanstalt<br />
bzw. in funktions- oder zweckähnlichen<br />
Einrichtung als Strafgefangene oder Sicherungsverwahrte<br />
festgehalten werden.(1) Geringfügige<br />
Beschäftigungen im Sinne der Beitragsordnung<br />
sowie vorübergehende Beschäftigungen<br />
unter einer Dauer von drei Monaten<br />
bleiben unberücksichtigt.<br />
Mitglieder, die eine Tätigkeit außerhalb des Organisationsbereiches<br />
der <strong>GEW</strong> aufnehmen<br />
(§ 15 der DGB-Satzung in Verbindung mit den<br />
Satzungen der Mitgliedsgewerkschaften), werden<br />
zur Wahrung ihrer tariflichen und sonstigen<br />
Rechte an die für sie zuständige DGB-<br />
Gewerkschaft überwiesen. Die Übernahme<br />
erfolgt in der Regel bei Aufrechterhaltung<br />
erworbener Ansprüche."<br />
2. Änderung im Bereich Zuordnung zu Organisationsstrukturen<br />
der <strong>GEW</strong><br />
§ 7 Ziffer 2 Satz 1 der Satzung wird wie folgt gefasst:<br />
"In direkt dem Hauptvorstand zugeordnete<br />
Arbeitsgruppen werden folgende <strong>GEW</strong>-Mitglieder<br />
zusammengefasst:<br />
– Beschäftigte im Ausland, an Einrichtungen<br />
des Bundes oder beim Goethe-Institut sowie<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
333
– Personen, die in einer Justizvollzugsanstalt<br />
bzw. in funktions- oder zweckähnlichen Einrichtung<br />
als Strafgefangene oder Sicherungsverwahrte<br />
festgehalten werden,"<br />
3. Änderung im Bereich Beiträge (Mitgliedsbeitrag)<br />
Beitragsordnung der <strong>GEW</strong><br />
Ergänzung des Punkt 4.3 (Mindestbeitrag):<br />
"Mitglieder nach § 6 Nr. 3a der Satzung sind<br />
vom Mitgliedsbeitrag befreit."<br />
4. Änderung im Bereich Beteiligung an<br />
gewerkschaftsinternen Verfahren<br />
Der Hauptvorstand wird beauftragt, für Mitglieder,<br />
die durch besondere Rechtsvorschriften<br />
wie das Strafvollzugsgesetz an der regulären<br />
Meinungsbildung, Information und der Wahrnehmung<br />
gewerkschaftlichen Rechts gehindert<br />
werden oder werden sollen, besondere Formen<br />
der Beteiligung zu erlassen, die diesen Mitgliedern<br />
Beteiligung an gewerkschaftsinternen<br />
Verfahren sichern und ihre Mitwirkung in (entsprechenden)<br />
Gremien der <strong>GEW</strong> sicherstellen.<br />
Er prüft, inwiefern für diese Personengruppen<br />
eigenständige Vertretungen errichtet werden<br />
müssen und schlägt dem Gewerkschaftstag<br />
2017 ggf. derartige Regelungen vor.<br />
5. Umsetzung<br />
Falls sich in der Umsetzung dieses Beschlusses<br />
zeigt, dass zur effektiven Vertretung von staatlichem<br />
Arbeitszwang und "Erziehung" Unterworfener<br />
weitere Regelungen, sei es<br />
satzungsmäßiger oder anderer Art, notwendig<br />
sind, legt der HV dem Gewerkschaftstag 2017<br />
entsprechende Vorschläge vor. Dazu arbeitet er<br />
mit den Interessenvertretungen Inhaftierter<br />
(IvI) zusammen.<br />
(1) Die Formulierung "Justizvollzugsanstalt bzw.<br />
funktions- oder zweckähnlichen Einrichtug als<br />
Strafgefangene oder Sicherungsverwahrte" umfasst<br />
dabei sowohl den klassischen Strafvollzug<br />
und Sicherheitsverwahrung, aber auch<br />
Erzwingungshaft, Personalarrest und zwangsweise<br />
Unterbringung in sozialtherapeutische<br />
Einrichtungen.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
Begründung<br />
"Strafgefangene und Sicherungsverwahrte sind<br />
gemäß Strafvollzugsgesetz verpflichtet, eine ih-<br />
334
nen zugewiesene Arbeit auszuüben, zu der sie<br />
körperlich in der Lage sind“ (§ 41 StVollzG).<br />
Hierfür erhalten sie eine Arbeitsentlohnung,<br />
die 9% des durchschnittlichen Verdienstes der<br />
ArbeiterInnen und Angestellten beträgt (§ 43<br />
Abs. 2 StVollzG). Wer sich der Zwangsarbeit<br />
verweigert, von diesem Begriff spricht selbst<br />
das Grundgesetz in Artikel 12 Abs. 3, muss in<br />
aller Regel damit rechnen, an den Haftkosten<br />
beteiligt zu werden. Jeden Monat fallen dann<br />
ca. 360 Euro für Unterbringung und Verpflegung<br />
an.<br />
Weitere Sanktionen sind die Regel: Angefangen<br />
beim Entzug des Fernsehers, über Beschränkung<br />
der Teilnahme an Freizeitaktivitäten<br />
innerhalb der Anstalt und Einschränkungen<br />
eventueller Vollzugslockerungen; vor allem<br />
aber keine Möglichkeit, sich Dinge wie Tabak<br />
oder Kaffee zu kaufen, denn solche Nahrungsund<br />
Genussmittel dürfen nur vom Arbeitsentgelt<br />
erworben werden (§ 22 StVollzG). (2)<br />
Die meisten Inhaftierten wollen arbeiten, da<br />
zum einen die Einsamkeit und Langeweile in<br />
den Zellen sie dazu bringt, zum anderen die<br />
Versorgung mit dem Nötigsten darunter leidet,<br />
wenn nicht "unverschuldet ohne Arbeit" attestiert<br />
wird, um somit ein kleines Taschengeld<br />
zu erhalten. Dann muss mit dem geringen<br />
Zuverdienst das Nötigste in den meist<br />
überteuerten Knast-Läden eingekauft werden.<br />
In Baden-Württemberg beispielsweise wirbt die<br />
Landesregierung im Staatsanzeiger mit 'Produktion<br />
in Gefängnissen' die sich als 'Alternative zu<br />
Osteuropa und Asien' darstellt, weshalb diese<br />
als 'China in Deutschland' gälten, da Gefangenenlöhne<br />
zwischen 8,51 Euro und 14,13 Euro/<br />
Tag lägen. Die Gefangenen würden mit Begeisterung<br />
arbeiten. Nicht thematisiert wird<br />
freilich die Geschichte der Zwangsarbeit sowohl<br />
in Deutschland als auch für die sie in Anspruch<br />
nehmenden (Rüstungs-)Firmen, die sich oft<br />
schon jahrzehntelang dieses Mittels bedienen.<br />
Auf der anderen Seite sind auch Inhaftierte als<br />
Fernstudierende immatrikuliert.<br />
Eines der Probleme, derer sich eine<br />
Gewerkschaft annehmen könnte, ist die<br />
fehlende Sozialversicherung der Zwangsarbeiter_innen,<br />
denen nach längeren Haftstrafen<br />
stigmatisierende und ausgrenzende Altersarmut<br />
droht. Grundsätzlich sind Gefängnisse<br />
und die dort vollzogenen Praktiken abzulehnen,<br />
155<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
335
insbesondere die Ausbeutung der Menschen<br />
durch Zwangsarbeit. Da der Kampf gegen<br />
Gefängnisse an anderen Stellen noch besser<br />
geführt werden kann, ist es eine Aufgabe der<br />
anerkannten Gewerkschaften ihr Privileg zu<br />
nutzen und die Menschen in ihren Geltungsbereichen<br />
auch innerhalb von Gefängnismauern<br />
zu vertreten. Die bereits bestehenden Strukturen<br />
der gewerkschaftlichen Arbeit können genutzt<br />
werden, um die neue Mitgliedsgruppe<br />
ohne weitere Kosten zu unterstützen.<br />
Die <strong>GEW</strong> sollte sich aber auch der Problematisierung<br />
des Gedankens "Erziehung durch<br />
Zwang" annehmen. Sie basiert in ihrer Geschichte<br />
auf den "Zuchthaus"-Vorstellungen,<br />
bei denen "herrenlose" Frauen, Bettler_innen<br />
und Menschen mit "ehrlosen" Beschäftigungen<br />
therapiert werden sollten. Sie dient vor allem<br />
dem Wegsperren sozial unerwünschter Menschen<br />
und war stets mit dem Arbeitszwang verknüpft.<br />
Dem sollte die <strong>GEW</strong> als politische<br />
Gewerkschaft den Gedanken der Solidarität<br />
entgegensetzen, zumal verstärkt politisch aktive<br />
Menschen von Repression betroffen sind,<br />
die in den aktuellen, auch von der <strong>GEW</strong> unterstützen,<br />
sozialen und gesellschaftlichen Protestbewegungen<br />
aktiv sind.<br />
(2) Zitiert nach Thomas Meyer-Falk, z.Zt. JVA<br />
Bruchsal:<br />
210<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
336
4.8 Satzungsänderung<br />
Antragsteller: LV Hessen<br />
§ 12 Der Gewerkschaftstag bestimmt die Richtlinien<br />
für die Arbeit der <strong>GEW</strong> und entscheidet<br />
endgültig über alle Angelegenheiten der <strong>GEW</strong>.<br />
wird wie folgt geändert:<br />
§ 12 (neu): Der Gewerkschaftstag bestimmt die<br />
Richtlinien für die Arbeit der <strong>GEW</strong> und entscheidet<br />
über die Grundsätze der Haushaltspolitik<br />
und den Haushalt des auf den<br />
Gewerkschaftstag folgenden Kalenderjahres<br />
sowie endgültig über alle weiteren Angelegenheiten<br />
der <strong>GEW</strong>.<br />
Gleichzeitig wird<br />
§ 18 Hauptvorstand<br />
2. Der Hauptvorstand berät und entscheidet<br />
Grundsatzfragen der <strong>GEW</strong>, soweit Beschlüsse<br />
des Gewerkschaftstages nicht entgegenstehen.<br />
Der Hauptvorstand entscheidet über den<br />
Haushalt der <strong>GEW</strong>. …<br />
geändert in:<br />
§ 18 Hauptvorstand<br />
2. (neu) Der Hauptvorstand berät und entscheidet<br />
Grundsatzfragen der <strong>GEW</strong>, soweit Beschlüsse<br />
des Gewerkschaftstages nicht entgegenstehen.<br />
Der Hauptvorstand entscheidet<br />
über die Haushalte und gegebenenfalls Nachtragshaushalte<br />
der <strong>GEW</strong> mit Ausnahme des<br />
Haushalts für das Kalenderjahr nach dem<br />
Gewerkschaftstag (siehe § 12).<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />
337
4.9 Antrag zu § 13 Absatz 1 der <strong>GEW</strong>-<br />
Satzung: Zusammensetzung der<br />
Delegierten des Gewerkschaftstages<br />
Antragsteller: BA Multikulturelle<br />
Angelegenheiten<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />
Der Gewerkschaftstag möge § 13 <strong>GEW</strong>-Satzung<br />
Absatz 1 wie folgt ergänzen:<br />
VIII. Organe der <strong>GEW</strong><br />
Gewerkschaftstag<br />
§ 13 1. (Zusammensetzung der Delegierten des<br />
Gewerkschaftstages):<br />
"g) mindestens eine Delegierte/ein Delegierter<br />
je Landesverband aus dem Bereich der Landesausschüsse<br />
Multikulturelle Angelegenheiten<br />
(LAMA – in manchen Landesverbänden mit anderer<br />
Bezeichnung)"<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Begründung<br />
1. Organisationspolitisch ist es dringend<br />
notwendig, den wachsenden Anteil der Mitglieder<br />
der Landesausschüsse Multikulturelle<br />
Angelegenheiten der einzelnen Landesverbände<br />
auch in der Zusammensetzung der<br />
Delegierten der Gewerkschaftstage abzubilden.<br />
Ihr Recht der Beteiligung am Gewerkschaftstag<br />
ist ein wichtiger Aspekt der Mitgliederbindung.<br />
2. Auch aus Gleichheitsgründen beantragen wir<br />
diese Ergänzung des § 13. Denn der BAMA ist<br />
mittlerweile die einzige <strong>GEW</strong>-Personengruppe,<br />
die nicht durch eine Delegierte/einen Delegierten<br />
je Landesverband auf dem Gewerkschaftstag<br />
vertreten ist.<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
338
4.10 Verbesserung der Arbeit in den<br />
Gremien<br />
Antragsteller: LV Sachsen-Anhalt<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />
Die Satzung der <strong>GEW</strong> wird wie folgt geändert:<br />
I. In § 18 wird in der Ziffer 4 der folgende<br />
neue Satz 2 eingefügt:<br />
Er gibt sich für seine Arbeit eine Geschäftsordnung.<br />
Die bisherigen Sätze 2 – 5 werden die neuen<br />
Sätze 3 - 6<br />
II. In § 18 erhält die Ziffer 5 die folgende<br />
Fassung:<br />
5. Der Hauptvorstand erlässt eine Organisationsrichtlinie,<br />
in der u.a. folgende Sachverhalte<br />
geregelt werden:<br />
a) die Durchführung von Arbeitskämpfen (§ 5<br />
Ziffer 4)<br />
b) die Aufnahme von Mitgliedern (§ 6 Ziffern 3<br />
und 5 und § 8 Ziffer 1)<br />
c) die Organisation von Arbeitsgruppen<br />
bundesunmittelbarer Mitglieder (§ 7 Ziffer 2)<br />
d) die Haushalts- und Kassenordnung sowie<br />
die Besetzung und das Verfahren für die Revisionskommission<br />
(§ 10 Ziffer 4)<br />
e) die Einrichtung und die Aufgabenstellung<br />
von Arbeitsgemeinschaften und Ausschüssen<br />
auf Dauer (§ 18 Ziffer 2)<br />
f) die Übertragung von Kompetenzen an den<br />
KOVO (§ 18 Ziffer 3)<br />
g) die Verteilung weiterer Arbeitsbereiche auf<br />
die Mitglieder des GV (§ 20 Ziffer 2)<br />
h) die Arbeit von Bundesausschüssen und ihre<br />
Zuordnung zu den jeweils verantwortlichen<br />
Mitgliedern des GV (§ 23 Ziffern 1 und 2)<br />
i) die Arbeit in der Bundesstelle für Rechtsschutz<br />
(§ 27)<br />
j) Grundsätze für die Entnahme von Mitteln<br />
aus dem Kampffonds<br />
k) Grundsätze der Vertrauensleutearbeit<br />
III. In § 19 wird in der Ziffer 3 der folgende Satz<br />
3 angefügt:<br />
Er gibt sich für seine Arbeit eine Geschäftsordnung.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
IV. In § 23 wird in der Ziffer 5 der folgende<br />
neue Satz 2 angefügt:<br />
339
Er gibt sich für seine Arbeit eine Geschäftsordnung.<br />
50<br />
Hinweis:<br />
Die im Antrag unter Punkt II. 5. genannten<br />
Formulierungen zu d) und h) sowie die in Punkt<br />
IV. genannte Formulierung "in der Ziffer 5 der<br />
folgende neue Satz 2" hängen von der Beschlussfassung<br />
zum Antrag "Anpassung der<br />
Satzung an die Organisationswirklichkeit" ab.<br />
Begründung<br />
Systematisierung der durch den HV zu beschließenden<br />
Organisationsregelungen<br />
Um der künftigen Handhabbarkeit der vielfältigen<br />
durch den Hauptvorstand zu beschließenden<br />
Organisationsregelungen besser gerecht zu<br />
werden und für neue Mitglieder im Hauptvorstand<br />
die Arbeit zu erleichtern, wird mit dem<br />
vorliegenden Antrag der Vorschlag unterbreitet,<br />
alle auftragsgemäß zu erlassenden Regelungen<br />
in einer "Organisationsrichtlinie" zusammenzufassen.<br />
Dadurch soll die bisherige<br />
„Allzuständigkeit“ des Hauptvorstandes aus<br />
§ 18 Ziffer 5 durch klare Regelungen für die Zuständigkeiten<br />
des Hauptvorstandes und die<br />
Abgrenzung gegenüber dem Gewerkschaftstag<br />
ersetzt werden.<br />
Verbesserung der Arbeitsweise von Gremien<br />
Für die Arbeit im Hauptvorstand, im KOVO und<br />
im KAFGA sind wegen der sich immer wieder<br />
ändernden Zusammensetzung aus Vertretern<br />
des GV und der Landesverbände verlässliche<br />
Regeln unerlässlich. Den Gremien soll durch die<br />
Satzung aufgegeben werden, sich über diese<br />
Grundregeln in Geschäftsordnungen zu verständigen.<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
340
4.11 Neustrukturierung der<br />
Bundesfachgruppenausschüsse an<br />
allgemeinbildenden Schulen<br />
Antragsteller: Bundesfachgruppenausschuss<br />
Realschulen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />
Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />
§ 22 Ziffer 1 erhält folgende Fassung:<br />
Es bestehen folgende Bundesausschüsse<br />
a) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />
Schulen (Primarstufe)<br />
b) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />
Schulen (Sekundstufe I)<br />
1<br />
5<br />
10<br />
c) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />
Schulen (Sekundarstufe II)<br />
d) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />
Schulen (Schulaufsicht und Schulverwaltung)<br />
e) Bundesfachgruppenausschuss Erwachsenenbildung<br />
f) Bundesfachgruppenausschuss gewerbliche<br />
Schulen<br />
g) Bundesfachgruppenausschuss Hochschule<br />
und Forschung<br />
15<br />
20<br />
25<br />
h) Bundesfachgruppenausschuss Kaufmännische<br />
Schulen<br />
i) Bundesfachgruppenausschuss Sozialpädagogische<br />
Berufe<br />
k) Bundesausschuss für Seniorinnen und Senioren<br />
l) Bundesausschuss „Junge <strong>GEW</strong>“<br />
m) Bundesausschuss für Studentinnen und<br />
Studenten<br />
n) Bundesfrauenausschuss<br />
o) Bundesausschuss für multikulturelle Angelegenheiten<br />
§ 18 Ziffer 1c erhält folgende Fassung:<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
341
c) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der<br />
Bundesausschüsse gemäß § 22 Ziffer 1 c – o,<br />
zwei Vertreterinnen oder Vertreter gemäß § 22<br />
Ziffer 1a, drei Vertreterinnen oder Vertreter<br />
gemäß § 22 Ziffer 1 b<br />
§ 23 a enthält folgende Fassung:<br />
a) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der<br />
Bundesausschüsse gemäß § 22 Ziffer 1 c – o,<br />
zwei Vertreterinnen oder Vertreter gemäß § 22<br />
Ziffer 1a, drei Vertreterinnen oder Vertreter<br />
gemäß § 22 Ziffer 1 b<br />
§ 24 Satz 1 erhält folgende Fassung: 1) Die<br />
Bundesausschüsse bestehen in der Regel aus je<br />
einem Vertreter oder einer Vertreterin gemäß<br />
§ 22 Ziffer 1 a, c – o und aus 2 Vertreterinnen<br />
oder Vertretern gemäß § 22 Ziffer 1 b bestehender<br />
Landesfachgruppen.<br />
Aufgabe des GV:<br />
Der GV übernimmt die Koordination bei der<br />
Neustrukturierung der Bundesfachgruppenausschüsse<br />
im allgemeinschulischen Bereich und<br />
der Findung der neuen Vorstände. Der Prozess<br />
ist Ende 2014 abgeschlossen. Der HV wird in<br />
jeder Sitzung über den Prozess informiert.<br />
Die Vorsitzenden bzw. die Leitungsteams der<br />
ehemaligen Bundesfachgruppenausschüsse im<br />
Sekundarbereich einigen sich im Prozess der<br />
Neustrukturierung der Bundesfachgruppenausschüsse<br />
über den/die Vorsitzende und deren<br />
Stellvertreter/in bzw. über ein Leitungsteam.<br />
Der Vorstand des Bundesfachgruppenausschusses<br />
"Sonderpädagogischen Berufe" ordnet sich<br />
nach Tätigkeitsbereichen den neuen Bundesfachgruppenausschüssen<br />
zu.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
Begründung<br />
- zur Änderung des § 22:<br />
Die Veränderung der Fachgruppenstruktur für<br />
die allgemeinbildenden Schulen bezieht sich<br />
ausschließlich auf die Bundesebene. Die Fachgruppenstruktur<br />
auf Landesebene bleibt unberührt<br />
und wird ausschließlich durch die <strong>GEW</strong><br />
Landesverbände festgelegt. Die bisherige<br />
Struktur der Bundesfachgruppenausschüsse<br />
spiegelt die tatsächliche Struktur des bundesweiten<br />
Schulwesens nicht wieder. Zu den<br />
Schulsystemen der "neuen" Bundesländer<br />
passte die <strong>GEW</strong>-Fachgruppenstruktur noch nie.<br />
90<br />
95<br />
100<br />
342
Aber auch in den "alten" Bundesländern haben<br />
sich schulpolitische Entwicklungen vollzogen.<br />
Nur noch in wenigen "alten" Bundesländern<br />
existieren die Schularten des traditionellen, gegliederten<br />
Schulsystems in der Sekundarstufe.<br />
Es kamen neue Schularten dazu, mehrere<br />
Bildungsgänge wurden zusammengeführt, es<br />
entstanden neue Schularten, und Schularten<br />
erhielten eine Sekundarstufe II, was bis vor wenigen<br />
Jahren undenkbar erschien. Somit ist die<br />
schulformbezogene Arbeit der Fachgruppen<br />
der Sekundarstufe auf Bundesebene anachronistisch<br />
und zudem weder zielführend noch<br />
zeitgemäß.<br />
Nach § 23 bearbeiten die Bundesausschüsse<br />
die in ihr Gebiet fallenden Aufgaben. <strong>Das</strong><br />
bedeutet, dass momentan mehrere Bundesfachgruppenausschüsse<br />
gleiche Aufgaben bearbeiten.<br />
Umgang mit Heterogenität, Vergleichstests,<br />
Bildungsstandards, unterschiedliche<br />
Bezahlung der Lehrkräfte sind Beispiele für<br />
Themen und Aufgabenstellungen, die alle<br />
Schulformen der Sekundarstufe betreffen.<br />
Zu den Aufgaben der Bundesfachgruppenausschüsse<br />
gehört ebenfalls die Auseinandersetzung<br />
um die Veränderungen der Schullandschaft.<br />
Die Entwicklung zu einem inklusiven<br />
Schulsystem ist eine Herausforderung<br />
und Aufgabe für alle. Da es alle KollegInnen betrifft,<br />
müssen auch alle dafür "fit" gemacht<br />
werden, z.B. im Zuge einer berufsbegleitenden<br />
Fort- und Weiterbildung; zusätzlich werden<br />
spezielle BeraterInnen nötig sein.<br />
Da es sich um eine einschneidende Entwicklung<br />
handelt und eine wichtige Aufgabe für alle beinhaltet,<br />
müssen sich alle Beteiligten und alle<br />
Bundesfachgruppenausschüsse damit befassen.<br />
<strong>Das</strong> Wissen der bisher speziell ausgebildeten<br />
KollegInnen ist für alle KollegInnen der<br />
allgemeinbildenden Schulen wichtig.<br />
- zu § 18 und § 23:<br />
Die Mandatsverteilung soll unverändert bleiben.<br />
Bisher hatten die Bundesfachgruppenausschüsse<br />
der allgemeinbildenden Schulen zusammen<br />
7 Sitze im Hauptvorstand und im<br />
KAFGA (Koordinierungsausschuss für Fachgremien).<br />
Dies soll aufgrund der Bedeutung der Bundesfachgruppenausschüsse<br />
unverändert bleiben.<br />
2/3 der <strong>GEW</strong> Mitglieder sind in Schulen tätig,<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
343
so dass der schulische Bereich<br />
vertreten sein soll und muss.<br />
angemessen<br />
- zu § 24:<br />
Zumindest im Übergang soll allen bisher ehrenamtlich<br />
tätigen KollegInnen die Möglichkeit<br />
gegeben werden, dies weiterhin zu tun.<br />
160<br />
344
4.12 Namensänderung des BAMA<br />
Antragsteller: BA Multikulturelle<br />
Angelegenheiten<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />
Der Gewerkschaftstag möge die Namensänderung<br />
des BAMA (unter Beibehaltung der<br />
Abkürzung) beschließen:<br />
§ 22, Ziff. 1 r <strong>GEW</strong>-Satzung erhält folgende<br />
Fassung:<br />
r) Bundesausschuss Migration, Diversity, Antidiskriminierung<br />
Begründung<br />
Wir wollen mit dem neuen Namen präziser unsere<br />
Tätigkeitsfelder bezeichnen und gleichzeitig<br />
– aus praktischen und inhaltlichen Gründen<br />
– die eingeführte Abkürzung beibehalten.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
Im Einzelnen:<br />
1. "Migration" als erster Bestandteil des neuen<br />
Namens versteht sich aus der Geschichte des<br />
BAMA wie aus seiner heutigen Arbeit von<br />
selbst: Als "Ausschuss Ausländerpolitik" wurde<br />
der spätere "BAMA" 1987 gemäß dem<br />
Gewerkschaftstags-Beschluss von 1986 zu seiner<br />
ersten Sitzung einberufen. Seither bestimmten<br />
pädagogische und gesellschaftliche<br />
Antworten auf die Lebens- und Arbeitsverhältnisse<br />
von "Ausländern", "Migranten" und deutschen<br />
Staatsbürgern mit Zuwanderungsgeschichte<br />
maßgeblich die BAMA-Arbeit. In<br />
nächster Zeit wird uns auch die neue Migration<br />
von Flüchtlingen und z.B. der von Roma und<br />
Sinti herausfordern.<br />
2. "Multikulturell" entspricht nicht mehr dem<br />
Stand der wissenschaftlichen Diskussion:<br />
Neuere Ansätze der Interkulturellen und Antirassistischen<br />
Pädagogik kritisieren den Begriff,<br />
da er ein statisches Kulturverständnis vermittle:<br />
Kultur als eine durch Nationalität oder Herkunft<br />
bedingte geschlossene Lebenswelt, die den<br />
einzelnen Menschen für immer präge. Kulturen<br />
würden so als im Grunde unveränderliche Einheiten<br />
betrachtet, die aufeinandertreffen und<br />
sich bestenfalls gegenseitig bereichern können.<br />
Dies entspricht schon lange nicht mehr dem<br />
aktuellen Erkenntnisstand, nach dem Kultur<br />
vielmehr als ein sich ständig verändernder Erlebnis-<br />
und Verhaltens-Komplex aufgefasst wird<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
345
- nicht auf die "Kultur eines Landes" reduzierbar,<br />
sondern eine persönlich und gesellschaftlich<br />
jeweils spezifische, durch verschiedenste<br />
Komponenten beeinflusste<br />
Lebensweise.<br />
Um die Vielfalt in einer Bevölkerung zu beschreiben<br />
und den respektvollen und förderlichen<br />
Umgang miteinander als Grundlage einer<br />
demokratischen, friedlichen und lebendigen<br />
Gesellschaft zu kennzeichnen, halten wir den<br />
(aus der Antidiskriminierungs-Diskussion stammenden)<br />
Begriff "Diversity" zum gegenwärtigen<br />
Zeitpunkt für besonders geeignet. Er hilft<br />
auch, die Verwobenheit von Migration und Ethnizität<br />
mit weiteren Differenzlinien wie Geschlecht,<br />
soziale Schicht, sexuelle Orientierung,<br />
Religion oder Alter zu berücksichtigen. Die<br />
Diversity-Perspektive lenkt den Blick zudem<br />
nicht nur auf individuelle Vorurteile, Defizite<br />
oder Vorzüge, sondern auch auf Institutionen<br />
und politische Rahmenbedingungen. Insbesondere<br />
das Konzept der "Inklusion" vermittelt<br />
das Thema Diversity in der Praxis.<br />
- "Antidiskriminierung" ist zwar inhaltlich im<br />
Diversity-Konzept mit enthalten. Aufgrund<br />
vielfältiger Diskriminierungen in der Gesellschaft<br />
und in Institutionen halten wir es<br />
aber für angemessen, deren Bekämpfung als<br />
Aufgabe eigens zu benennen. In besonderer<br />
Weise fordern Diskriminierungen von Menschen<br />
mit Zuwanderungsgeschichte unser Engagement<br />
als Bundesausschuss. Dazu gehören<br />
der Kampf gegen Rassismus, Rechtsextremismus<br />
und Nationalismus, wo auch immer,<br />
ebenso wie z.B. die Forderung nach Anerkennung<br />
von Herkunftssprachen als zeugnisrelevanten<br />
Fremdsprachen, die Anerkennung<br />
ausländischer Abschlüsse oder das kommunale<br />
Wahlrecht für Ausländer.<br />
- Die Abkürzung "BAMA" behalten wir bei<br />
(auch wenn der zentrale Begriff "Diversity" in<br />
ihr nicht in einem Buchstaben repräsentiert<br />
ist – er wird produktiv mitgedacht). Sie<br />
bezeichnet nicht nur formal die Identität des<br />
Ausschusses, sondern verweist zusammen mit<br />
dem neuen ausgeschriebenen Namen auch auf<br />
den inhaltlichen Zusammenhang der<br />
gewerkschaftlichen Antworten auf gesellschaftliche<br />
und kulturelle Veränderungen.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
346
4.13 Satzungsergänzender Antrag betr.<br />
§ 23 der Satzung der <strong>GEW</strong><br />
Antragsteller: LV Hamburg<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />
Es wird beantragt, den § 23 der Satzung der<br />
<strong>GEW</strong> wie folgt zu ergänzen; was fett steht, soll<br />
eingefügt werden:<br />
§ 23 Die Bundesausschüsse bearbeiten die in<br />
ihr Gebiet fallenden Aufgaben von sich aus<br />
oder im Auftrag der im § 11 genannten Organe<br />
der <strong>GEW</strong>, für die sie in diesem Gebiet gleichzeitig<br />
Sacharbeit leisten. Dem Bundesseniorenausschuss<br />
obliegt es insbesondere, sich um<br />
alle Fragen der Seniorinnen- und Seniorenpolitik<br />
zu kümmern und, unter Berücksichtigung<br />
der Tatsache, dass es sich hierbei um eine<br />
gewerkschaftliche Querschnittaufgabe handelt,<br />
gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit dem<br />
zuständigen GV-Mitglied andere Organe,<br />
Gliederungen oder Gremien der <strong>GEW</strong> einzubeziehen.<br />
Zur aufgabenbezogenen Koordinierung der<br />
Arbeit von Bundesausschüssen mit dem Geschäftsführenden<br />
Vorstand wird ein Koordinierungsausschuss<br />
für Fachgremienarbeit (KAFGA)<br />
eingerichtet. Dem Koordinierungsausschuss<br />
für Fachgremienarbeit gehören an:<br />
a) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der<br />
Bundesausschüsse gemäß § 22,<br />
b) eine Vertreterin oder ein Vertreter der<br />
Bundesstelle für Rechtsschutz gemäß § 18,<br />
Ziffer 1, Buchstabe d<br />
c) die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes.<br />
Der Koordinierungsausschuss für Fachgremienarbeit<br />
ist an Aufträge des Hauptvorstandes gebunden<br />
und dem Hauptvorstand berichtspflichtig.<br />
Die Aufgabe des Koordinierungsausschusses<br />
für Fachgremienarbeit besteht darin,<br />
Prozesse in der <strong>GEW</strong> anzuregen und zu unterstützen,<br />
die erkennen lassen, welche neuen<br />
Arbeitsinhalte und -formen dem ganzheitlichen<br />
Bildungsbegriff und der Bildungsgewerkschaft<br />
gerecht werden. Er tagt unter Federführung<br />
des Geschäftsführenden Vorstandes nach<br />
Bedarf und bestimmt die Sitzungsfolge selbst.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
347
4.14 Verbesserung der Mitwirkung in den<br />
allgemeinen schulischen Fachgruppen<br />
Antragsteller: Bundesfachgruppenausschüsse<br />
Grundschule, Sonderpädagogische Berufe,<br />
Gesamtschule, Gymnasium<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />
Betreff: Bundesausschüsse<br />
§ 24 Ziffer 1 Satz 1 erhält folgende Fassung<br />
(Änderung fett):<br />
"Die Bundesausschüsse bestehen aus je einer<br />
Vertreterin oder einem Vertreter der bestehenden<br />
Landesfachgruppen oder entsprechender,<br />
vom jeweiligen Landesvorstand autorisierter<br />
Gremien. Die Vorsitzende oder der Vorsitzende<br />
bzw. ein Mitglied des Leitungsteams nach § 24<br />
Ziff. 3 werden auf diese Zahl nicht angerechnet.<br />
Die Benennung erfolgt durch die Landesverbände.<br />
Weitere Mitglieder können vom<br />
Hauptvorstand und vom Bundesausschuss im<br />
gegenseitigen Einvernehmen berufen werden."<br />
Begründung<br />
Da nicht in allen Ländern Fachgruppen bestehen,<br />
die namensgleich oder strukturgleich zu<br />
den satzungsgemäßen Bundesausschüssen<br />
sind, wird durch diese Neuformulierung die<br />
satzungsgemäße Beteiligung anderer Vertreterinnen<br />
und Vertreter herbeigeführt.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
348
Anträge zum Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> in Düsseldorf vom 12.-16. Juni 2013<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
5. Organisation<br />
5.1 Grundsätze der Haushaltspolitik<br />
Hauptvorstand<br />
5.2 Änderung der Haushalts- und Kassenordnung<br />
LV Hessen<br />
5.3 Änderung der "Richtlinien für die Entnahme von Mitteln aus dem Kampfund<br />
Unterstützungsfonds"<br />
LV Hessen<br />
5.4 Umsetzung Gewerkschaftstagbeschluss 5.2/Organisationsentwicklung<br />
Hauptvorstand<br />
5.5 Faire An-Sprache in der <strong>GEW</strong> –<br />
Geschlechterdemokratie in Wort und Bild<br />
Bundesfrauenausschuss<br />
5.6 Anpassung einer Richtlinie des Hauptvorstands<br />
LV Rheinland-Pfalz<br />
5.7 Seniorinnen und Senioren in die DGB-Satzung<br />
LV Bremen<br />
5.8 Anforderungen an ein unterstützendes Umfeld für erfolgreiche<br />
<strong>GEW</strong>erkschaftliche Studierendenarbeit<br />
BFGA Hochschule und Forschung/BASS<br />
5.9 Schulsozialarbeit - Arbeitsstrukturen in der <strong>GEW</strong><br />
BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />
5.10 Hauptamtliche Zuständigkeit für den BAMA im HV<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
5.11 Neugründung einer AG LER<br />
BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />
5.12 Gemeinsame Termine aller Bundesfachgruppen<br />
BFGAs Grundschule, Sonderpädagogische Berufe, Gymnasien<br />
5.13 Gemeinsame Satzungsberatungen<br />
BFGAs Grundschule, Sonderpädagogische Berufe, Gymnasien<br />
5.14 Statt Armut Grundeinkommen für ALLE<br />
LV Bremen<br />
5.15 Wissenschaftliche Evaluation der Berufsbildenden Schulen<br />
LV Bremen<br />
5.16 Gesundheit am Arbeitsplatz Weiterbildung<br />
BFGA Erwachsenenbildung<br />
5.17 Einrichtung einer bundesweiten Info-Hotline für prekär Beschäftigte<br />
LV Hessen<br />
351<br />
360<br />
361<br />
362<br />
367<br />
369<br />
370<br />
371<br />
377<br />
378<br />
379<br />
380<br />
382<br />
384<br />
386<br />
388<br />
390<br />
349
5.18 Einrichtung einer bundesweiten Info-Hotline für prekär Beschäftigte im<br />
Bildungsbereich<br />
Landsverbände Bayern und Thüringen<br />
5.19 Bekämpfung prekärer Beschäftigung in Bildung, Wissenschaft und<br />
Forschung<br />
LV Bremen<br />
5.20 Rehabilitierung der Opfer von Berufsverboten und <strong>GEW</strong>-<br />
Unvereinbarkeitsbeschlüssen<br />
LV Hessen<br />
391<br />
393<br />
396<br />
350
5.1 Grundsätze der Haushaltspolitik<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
0. Änderung der Beitragsordnung<br />
1. Ziffer 1.1 der Beitragsordnung lautet: "Bei<br />
Beamtinnen und Beamten beträgt der Beitrag<br />
0,78 % der Besoldungsgruppe und<br />
Stufe, nach der das Mitglied besoldet wird."<br />
2. Ziffer 1.2 der Beitragsordnung lautet: "Bei<br />
Angestellten beträgt der Beitrag 0,73 % der<br />
Entgeltgruppe und Stufe, nach der das Mitglied<br />
vergütet wird. Grundlage für die Berechnung<br />
ist der jeweils geltende Tarifvertrag."<br />
3. Ziffer 3 der Beitragsordnung lautet: "Bei<br />
Empfängern von Pensionen beträgt der Beitrag<br />
0,68 % des Bruttoruhestandsbezuges.<br />
Bei Rentnerinnen und Rentnern beträgt der<br />
Beitrag 0,66 % der Bruttorente. Die Beiträge<br />
werden entsprechend der Rentenangleichung<br />
bzw. der Erhöhung der Versorgung<br />
angepasst."<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
I. Beitragsaufteilung<br />
1. Die zusätzlichen Beitragsanteile nach Ziffer<br />
0.1 und 0.2 um 0,03 % und nach Ziffer 0.3 um<br />
0,02 % werden, nach Berücksichtigung des<br />
DGB-Anteils von 12 %, unmittelbar und in voller<br />
Höhe an den Kampffonds abgeführt.<br />
2. <strong>Das</strong> im Weiteren zu verteilende Beitragsaufkommen<br />
nach dem Abzug gemäß Ziffer 1<br />
wird rechnerisch mit 100 Prozent festgelegt.<br />
3. Von dem Beitragsaufkommen nach Ziffer 2<br />
erhalten:<br />
3.1.der DGB 12 % (ohne arbeitslose Mitglieder);<br />
3.2. der Kampf- und Unterstützungsfonds 1 %;<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
3.3.der Rechtsschutz 5,0 %;<br />
3.4.die Gemeinschaftsaufgaben 4,3 %; davon<br />
für die:<br />
3.4.1. Unterstützung von Landesverbänden<br />
(Länderfinanzausgleich) 3,1 %<br />
45<br />
50<br />
351
3.4.2. Gewerkschaftliche Bildungsarbeit 1,2%<br />
Voraussetzung für den Erhalt dieser Zahlungen<br />
ist die Erfüllung der Verpflichtung zur Transparenz<br />
gemäß Punkt 7.<br />
55<br />
3.5.der Hauptvorstand 18 % (ohne bundesunmittelbare<br />
Mitglieder);<br />
4. Der Hauptvorstand erhält die nach Abzug<br />
der Ziffern 3.1. - 3.4. verbleibenden Beitragsanteile<br />
der bundesunmittelbaren Mitglieder.<br />
5. Die übrigen Beitragsanteile verbleiben bei<br />
den Landesverbänden.<br />
6. An die Max-Traeger-Stiftung werden monatlich<br />
pro Mitglied (ohne arbeitslose/ studentische<br />
Mitglieder) 0,06 € abgeführt.<br />
7. Der Hauptvorstand und die Landesverbände<br />
sind verpflichtet, ihre finanziellen<br />
Planungen und Entscheidungen transparent zu<br />
machen. Gegenseitig veröffentlichen sie ihre<br />
Haushaltspläne, ihre Stellenpläne sowie ihre<br />
Jahresabschlüsse.<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
II. Gemeinschaftsaufgaben und Organisationsentwicklung<br />
80<br />
1. Gemeinschaftsaufgaben<br />
1.1.Unterstützung von Landesverbänden<br />
(Länderfinanzausgleich)<br />
Aus den Mitteln des Länderfinanzausgleiches<br />
werden struktur- und finanzschwache<br />
Landesverbände unterstützt. Finanzschwache<br />
Landesverbände sind gekennzeichnet durch ein<br />
jährliches Beitragsaufkommen von unter einer<br />
Million Euro. Dazu gehören im Einzelnen:<br />
- Bremen<br />
- Mecklenburg-Vorpommern<br />
- Saarland<br />
85<br />
90<br />
95<br />
Strukturschwache Landesverbände sind<br />
gekennzeichnet durch ein ungünstiges Verhältnis<br />
der Beitragseinnahmen zur Größe des<br />
jeweiligen Bundeslandes. Dazu gehören im Ein-<br />
100<br />
352
zelnen:<br />
- Bayern<br />
- Brandenburg<br />
- Rheinland-Pfalz<br />
- Sachsen<br />
- Sachsen-Anhalt<br />
- Schleswig-Holstein<br />
- Thüringen<br />
105<br />
110<br />
Über die Verteilung der finanziellen Mittel entscheidet<br />
der HV auf Vorschlag der betroffenen<br />
Landesverbände.<br />
1.2.Gewerkschaftliche Bildungsarbeit<br />
Die Organisation, Finanzierung und Konzeption<br />
der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit erfolgt<br />
nach folgenden Grundsätzen:<br />
115<br />
120<br />
125<br />
Die entsprechend Punkt I.3.4.2. zur Verfügung<br />
stehenden Mittel werden wie folgt eingesetzt:<br />
- 25 % für die Koordination und für zentrale<br />
Aufgaben beim Hauptvorstand (Personal und<br />
Sachmittel)<br />
- 75 % für die dezentralen Maßnahmen in den<br />
Landesverbänden (Personal und Sachmittel)<br />
130<br />
135<br />
Über die Verwendung der Mittel entscheiden<br />
die für den jeweiligen Haushalt zuständigen<br />
Gremien des Bundes und der Länder.<br />
Diese Mittel sind zweckgebunden zu verwenden.<br />
Dem Hauptvorstand gegenüber muss<br />
Nachweis geführt werden.<br />
140<br />
145<br />
Der Hauptvorstand und die Landesverbände<br />
sind zur Kooperation verpflichtet.<br />
150<br />
2. Prozess zur inhaltlichen und strukturellen<br />
Weiterentwicklung der <strong>GEW</strong><br />
Für die Umsetzung, Begleitung und Durchführung<br />
dieses Prozesses werden jährlich 0,5 %<br />
des Beitragsaufkommens zur Verfügung gestellt.<br />
155<br />
353
Diese Mittel werden zu gleichen Teilen in den<br />
Haushalten des Hauptvorstandes und der<br />
Landesverbände eingestellt und entsprechend<br />
der inhaltlichen Beschlüsse eingesetzt.<br />
160<br />
III. Finanzierung des Rechtsschutzes<br />
165<br />
1. Der gewerkschaftliche Rechtsschutz ist eine<br />
gemeinsame Aufgabe aller Gliederungen der<br />
<strong>GEW</strong>. Sie umfasst die Leistungen der<br />
Landesverbände für die Arbeit der<br />
Landesrechtsschutzstellen, die Leistungen des<br />
Hauptvorstandes für die Arbeit der Bundesstelle<br />
für Rechtsschutz (inkl. Geschäftsstelle),<br />
für die externe Rechtsvertretung, für die zu<br />
übernehmenden Kosten der Gegenseite, für die<br />
Gerichtskosten und für notwendige weitere<br />
Verfahrenskosten.<br />
2. Die Finanzierung des Aufwandes für die<br />
Landesrechtsschutzstellen und die Bundesrechtsschutzstelle<br />
wird in den jeweiligen Haushalten<br />
geregelt. Dazu erhalten die Landesverbände<br />
und der Hauptvorstand insgesamt 2,85 % des<br />
Beitragsaufkommens als Zuschuss (vergleiche<br />
I.3.3.) Dieser Gesamtbetrag entspricht 80 Anteilen,<br />
wovon 9 Landesverbände und der<br />
Hauptvorstand je vier Anteile, die Landesverbände<br />
NRW und Niedersachsen je neun Anteile,<br />
die Landesverbände Berlin und Hessen je<br />
7 Anteile, der Landesverband Saarland zwei<br />
Anteile, und die Landesverbände Bremen und<br />
Mecklenburg-Vorpommern je drei Anteile erhalten.<br />
3. Die Finanzierung der Kosten für externe<br />
Rechtsvertretung, die zu übernehmenden Kosten<br />
der Gegenseite, die Gerichtskosten und die<br />
notwendigen weiteren Verfahrenskosten (z. B.<br />
Rechtsgutachten) erfolgt durch einen Rechtschutzfonds,<br />
der im Rahmen des Haushaltes<br />
des Hauptvorstands separat geführt wird. Die<br />
Rechtsschutzrückstellung ist Bestandteil dieses<br />
Fonds.<br />
Die Zuflüsse dieses Rechtschutzfonds setzen<br />
sich wie folgt zusammen:<br />
3.1. 2,15 % des Beitragsaufkommens (nach<br />
I.3.3.)<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
210<br />
354
3.2. Zinserträge aus der Anlage der Rechtsschutzrückstellung<br />
3.3. Rechtspolitische Umlage der<br />
Gewerkschaften<br />
4. Nicht verbrauchte Mittel nach den Ziffern<br />
3.1. - 3.3. werden der Rechtsschutzrückstellung<br />
zugeführt. Reichen die Mittel gemäß Ziffer<br />
3.1. - 3.3. zur Finanzierung nicht aus, so erfolgt<br />
die Deckung aus der Rechtsschutzrückstellung.<br />
215<br />
220<br />
5. Aufwendungen, die in direktem Zusammenhang<br />
mit dem Rechtsschutz stehen, jedoch<br />
über Ziffer 3 hinausgehen, können in Ausnahmefällen<br />
aus dem Rechtsschutzfonds finanziert<br />
werden. Dazu bedarf es einer Zweidrittelmehrheit<br />
des Hauptvorstandes.<br />
6. Die wirtschaftliche Verwendung der Mittel<br />
für den Rechtsschutz ist im Interesse der Gesamtorganisation<br />
sicherzustellen. Die auf der<br />
Grundlage ausführlicher Analysenwerte aus der<br />
Rechtsschutzdatenbank entwickelten und<br />
durch den HV beschlossenen Steuerungselemente<br />
sind - bis auf die gesondert zu genehmigenden<br />
Ausnahmen - einzuhalten. Die<br />
Bundesstelle für Rechtsschutz überwacht die<br />
Einhaltung der Steuerungselemente und berichtet<br />
dem HV jährlich über die Entwicklung<br />
des Rechtsschutzes und der Rechtsschutzkosten<br />
sowie über die Wirksamkeit der entwickelten<br />
Steuerungselemente.<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
IV. Kampf- und Unterstützungsfonds<br />
1. Zum Zwecke der Finanzierung von Tarifvorhaben<br />
und Vorhaben zu koalitionsrechtlichen<br />
Vereinbarungen und Verträgen zugunsten Dritter,<br />
einschließlich darauf ausgerichteter Aktionen<br />
und Arbeitskämpfe, wird ein Kampf- und<br />
Unterstützungsfonds unterhalten.<br />
2. Die Zuführung wird gemäß der Ziffern I.1<br />
und I.3.2. geregelt.<br />
3. Die Entnahme von Mitteln aus dem Kampfund<br />
Unterstützungsfonds für Maßnahmen gemäß<br />
Ziffer IV/1 erfolgt gemäß einer durch den<br />
Hauptvorstand mit Zweidrittelmehrheit der<br />
Mitglieder zu beschließenden Richtlinie. Über<br />
250<br />
255<br />
260<br />
265<br />
355
Ausnahmen der Zweckbestimmung entscheidet<br />
der Hauptvorstand ebenfalls mit Zweidrittelmehrheit<br />
der Mitglieder.<br />
4. Beschlüsse des Gewerkschaftstages zur Entnahme<br />
von Mitteln aus dem Kampf- und Unterstützungsfonds<br />
bleiben von diesen Grundsätzen<br />
unberührt.<br />
V. Haushalt<br />
270<br />
275<br />
1. Gemäß diesen Grundsätzen der Haushaltspolitik<br />
und der Haushalts- und Kassenordnung<br />
beschließt der Hauptvorstand den Jahreshaushalt<br />
2. Die Personalkosten beim Hauptvorstand -<br />
mit Ausnahme der Personalstellen, die aus den<br />
Gemeinschaftsaufgaben erwachsen, sollen<br />
nicht mehr als 50 % der anteiligen Beitragseinnahmen<br />
betragen.<br />
3. Der Stellenplan ist Anlage zum Haushalt.<br />
280<br />
285<br />
290<br />
VI. Inkrafttreten<br />
Soweit nichts anderes angegeben ist, treten<br />
diese Grundsätze zum 01.01.2014 in Kraft.<br />
Begründung<br />
A. Sicherung und schrittweise Erweiterung<br />
des Bestandes des Kampfonds<br />
Ausgangspunkt für alle Überlegungen ist die Sicherung<br />
und schrittweise Erweiterung des Bestandes<br />
des Kampfonds, um für die auf die<br />
<strong>GEW</strong> in Zukunft zukommenden Aufgaben bessere<br />
Vorsorge zu treffen.<br />
295<br />
300<br />
305<br />
I. Erhöhung von Beitragsanteilen<br />
Zur ausschließlichen Erhöhung der Zuführungen<br />
zum Kampffonds werden die Beiträge<br />
derjenigen Mitglieder erhöht, die von den<br />
künftigen Tarifauseinandersetzungen, die mit<br />
den Mitteln des Kampffonds möglichst erfolgreich<br />
geführt werden sollen, unmittelbar oder<br />
mittelbar betroffen sind und von den Ergebnissen<br />
profitieren. <strong>Das</strong> sind:<br />
a) die Vollbeiträge nach den Nr. 1.1 und 1.2<br />
der Beitragsordnung für tarifbeschäftigte An-<br />
310<br />
315<br />
320<br />
356
gestellt und für Beamte um 0,03 Prozentpunkte,<br />
b) die Ruhestandsbeiträge nach der Nr. 3 der<br />
Beitragsordnung der Pensionsempfänger um<br />
0,02 Prozentpunkte. Die hierdurch entstehenden<br />
Beitragsanteile werden nach Abzuge des<br />
an den DGB abzuführenden Beitragsanteils als<br />
"Vorwegabzug" dem Kampffonds unmittelbar<br />
und in voller Höhe zugeführt. Sie steht somit<br />
für keine anderen Aufgaben und Verteilungen<br />
zur Verfügung.<br />
325<br />
330<br />
II. Verstetigung der Projekte zur Mitgliederentwicklung<br />
ohne weitere Mittelentnahme aus<br />
dem Kampffonds<br />
Neben der Höhe der Mitgliedsbeiträge ist die<br />
Mitgliederentwicklung die zweite entscheidende<br />
Größe, um die Handlungsfähigkeit der<br />
<strong>GEW</strong> dauerhaft zu sichern und zu verbessern.<br />
Um die mit den Mitgliederwerbeprojekten in<br />
den zurückliegenden Jahren in den Landesverbänden<br />
erreichten Erfolge und Strukturen zu<br />
verstetigen, sollen die den Ländern dafür<br />
bisher aus den Kampffonds zur Verfügung gestellten<br />
Mittel (1 % des Gesamtbeitragsaufkommens<br />
ca. 550.000 Euro p.a.) durch Einsparungen<br />
bei den Gemeinschaftsaufgaben zur<br />
Verfügung gestellt werden. Dafür sollen die<br />
Mittel:<br />
a) für den gewerkschaftlichen Rechtsschutz<br />
von 5,5 % auf 5,0 %,<br />
335<br />
340<br />
345<br />
350<br />
355<br />
b) für die gewerkschaftliche Bildungsarbeit<br />
von 1,5 % auf 1,2 % und<br />
c) für den Länderfinanzausgleich von 3,3 %<br />
auf 3,1 %<br />
360<br />
reduziert werden.<br />
Durch die um 1% geringer Abführung bei den<br />
Gemeinschaftsaufgaben erhöht sich der im LV<br />
verbleibende Anteil analog. Mittel für die Koordination<br />
beim HV sind nicht vorgesehen.<br />
B. Weitere Vorhaben<br />
365<br />
370<br />
I. Verstetigung der Projekte zur Reduzierung<br />
der Rechtsschutzkosten<br />
357
Um die sehr erfolgreiche Entwicklung der Projekte<br />
zur Reduzierung der Rechtsschutzkosten<br />
dauerhaft zu sichern und die Ergebnisse weiter<br />
zu verbessern, sollen die durch die Projekte geschaffenen<br />
Strukturen, insbesondere die zusätzlich<br />
geschaffenen Personalstellen durch<br />
dauerhafte Finanzierungsregelungen abgesichert<br />
werden. Die zusätzlichen Mittel sichern<br />
einerseits die geschaffenen Stellen in den<br />
Landesverbänden NRW, Niedersachsen und<br />
neu in Berlin und Hessen und dienen andererseits<br />
zur stärkeren Ko-Finanzierung der Personalkosten<br />
in den anderen Landesverbänden<br />
und der Bundesrechtsschutzstelle. Dazu wird<br />
zusätzlich zu der bereits oben vorgeschlagenen<br />
Reduzierung der Gesamtmittel für den Rechtsschutz<br />
auch die Verteilung der Gesamtmittel<br />
auf die Stellenzuschüsse für die Personalstellen<br />
in der Bundesrechtsstelle und in den<br />
Landesrechtsschutzstellen einerseits und auf<br />
die Kosten für externe Rechtsanwälte andererseits<br />
geändert:<br />
a) die Mittel für die Stellenzuschüsse werden<br />
von 2,0 % auf 2,85 % erhöht<br />
b) die Mittel für die Kosten externer Rechtsanwälte<br />
werden von 3,5 % auf 2,15 % gesenkt<br />
Die starke Reduzierung der Kosten für externe<br />
Rechtsanwälte, die der <strong>GEW</strong> als Gesamtorganisation<br />
insgesamt zu Gute kommt, ist das<br />
zählbare Ergebnis der langjährigen Anstrengungen,<br />
in der Gewährung des gewerkschaftlichen<br />
Rechtsschutzes umzusteuern. Für die ca.<br />
450.000 Euro zusätzlicher Mittel für die Stellenzuschüsse<br />
wird ein geändertes Verteilungssystem<br />
vorgesehen. <strong>Das</strong> neue Verteilungssystem<br />
sieht vor, dass:<br />
a) die Landesverbände NRW und NDS einen<br />
Anteil von 9/80,<br />
b) die Landesverbände Berlin und Hessen einen<br />
Anteil von 7/80,<br />
c) 11 weitere Landesverbände und der HV<br />
4/80,<br />
d) die Landesverbände Bremen und MVP 3/80<br />
und<br />
375<br />
380<br />
385<br />
390<br />
395<br />
400<br />
405<br />
410<br />
415<br />
420<br />
425<br />
358
e) der Landesverband Saarland 2/80<br />
der verfügbaren Mittel als Zuschüsse erhalten.<br />
430<br />
II. Gestaltung des Länderfinanzausgleichs<br />
Die Landesverbände, die als strukturschwache<br />
bzw. als finanzschwache Landesverbände Mittel<br />
aus dem Länderfinanzausgleich erhalten,<br />
werden aufgefordert, sich auf der Grundlage<br />
der geänderten Grundsätze und vor dem Hintergrund<br />
der sich unterschiedlich entwickelnden<br />
Leistungsfähigkeit der betroffenen<br />
Landesverbände baldmöglichst auf eine<br />
Weiterentwicklung der Verteilungsmodalitäten<br />
(Rheinsberger Kompromiss) zu verständigen<br />
und dabei auch der den vom Gewerkschaftstag<br />
formulierten Erwartungen an die Gestaltung<br />
des Länderfinanzausgleichs entsprechend<br />
Rechnung zu tragen.<br />
435<br />
440<br />
445<br />
359
5.2 Änderung der Haushalts- und<br />
Kassenordnung<br />
Antragsteller: LV Hessen<br />
§ 1<br />
3. Der Haushaltsplan wird im GV beraten und<br />
vom Hauptvorstand beschlossen.<br />
4. Die Schatzmeisterin/der Schatzmeister hat<br />
das Recht, im Hauptvorstand ihre/seine abweichende<br />
Auffassung vorzutragen.<br />
§ 2<br />
1. Die Errechnung der voraussichtlichen Einnahmen<br />
erfolgt auf der Basis der Mitgliederzahlen<br />
zum 30. Juni des Vorjahres und den zu<br />
erwartenden Mitgliederveränderungen sowie<br />
den Durchschnittsbeiträgen und sonstigen Einnahmen.<br />
werden wie folgt geändert:<br />
§ 1<br />
3. (neu) Der Haushaltsplan wird im GV beraten<br />
und vom Hauptvorstand zur Vorlage an den<br />
Gewerkschaftstag oder endgültig (siehe § 12<br />
Satzung) beschlossen.<br />
4. Die Schatzmeisterin/der Schatzmeister hat<br />
das Recht, im Hauptvorstand und/oder<br />
Gewerkschaftstag ihre/seine abweichende Auffassung<br />
vorzutragen.<br />
§ 2<br />
1. (neu) Die Errechnung der voraussichtlichen<br />
Einnahmen erfolgt auf der Basis der Mitgliederzahlen<br />
zum Ende des vorletzten Quartals vor<br />
Beschlussfassung im Hauptvorstand (siehe § 1<br />
3.) und den zu erwartenden Mitgliederveränderungen<br />
sowie den Durchschnittsbeiträgen<br />
und sonstigen Einnahmen.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme bei Annahme von Antrag 4.8.<br />
Erledigt bei Ablehnung von Antrag 4.8<br />
360
5.3 Änderung der "Richtlinien für die<br />
Entnahme von Mitteln aus dem Kampfund<br />
Unterstützungsfonds"<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Antragsteller: LV Hessen<br />
Abschnitt 4:<br />
"Über Ausnahmen der Zweckbestimmung des<br />
Kampf- und Unterstützungsfonds entscheidet<br />
der HV mit Zweidrittelmehrheit der Mitglieder."<br />
(aktuelle Fassung)<br />
wird geändert in:<br />
"Ausnahmen von der Zweckbestimmung des<br />
Kampf- und Unterstützungsfonds sind nicht<br />
zulässig."<br />
1<br />
5<br />
10<br />
Begründung<br />
mündlich<br />
361
5.4 Umsetzung<br />
Gewerkschaftstagbeschluss 5.2/<br />
Organisationsentwicklung<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme<br />
Antragsteller: Hauptvorstand<br />
I<br />
Vorbemerkungen<br />
1<br />
Der Gewerkschaftstag 2009 beauftragte den<br />
Hauptvorstand, zum Gewerkschaftstag 2013<br />
"einen Vorschlag zur inhaltlichen und<br />
strukturellen Weiterentwicklung der Gesamtorganisation<br />
zu erarbeiten und dem<br />
Gewerkschaftstag zur Beschlussfassung vorzulegen"<br />
und "zum effektiven Einsatz der personellen<br />
und finanziellen Ressourcen" Maßnahmen<br />
zur "Zielsteuerung" einzuführen.<br />
In § 3 der <strong>GEW</strong>-Satzung werden "Zweck und<br />
Aufgabe der <strong>GEW</strong>" eindeutig benannt: Die<br />
Wahrnehmung der beruflichen, wirtschaftlichen<br />
sozialen und rechtlichen Interessen ihrer<br />
Mitglieder, die Förderung von Erziehung und<br />
Wissenschaft, Ausbau und interkulturelle Öffnung<br />
der Einrichtungen, Ausbau der Geschlechterdemokratie<br />
und Beseitigung von Diskriminierung.<br />
Die Besonderheit der Bildungsgewerkschaft<br />
<strong>GEW</strong> ist dabei die enge Verzahnung<br />
bildungspolitischer und arbeitsplatzpolitischer<br />
Interessen, denn Bildungseinrichtungen –<br />
von der Kita bis zur Erwachsenenbildung – sind<br />
die Arbeitsplätze von Lehrenden und Lernenden.<br />
Diese Ziele der <strong>GEW</strong> umzusetzen erfordert eine<br />
entsprechende Durchsetzungsfähigkeit der<br />
<strong>GEW</strong> in tarif- und beamtenrechtlichen sowie<br />
bildungspolitischen Themenstellungen. Grundlage<br />
gewerk-schaftlicher Durchsetzungsfähigkeit<br />
sind ein hoher Organisationsgrad, die Funktionsfähigkeit<br />
der innergewerkschaftlichen<br />
Strukturen sowie die Einbindung der ehrenamtlich<br />
tätigen Kolleginnen und Kollegen und<br />
Beteiligungsmöglichkeiten für Mitglieder. Zugleich<br />
ist eine kontinuierliche Qualifizierung der<br />
Ehrenamtlichen sicherzustellen.<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
II<br />
Handlungsfelder<br />
Wesentliche Handlungsfelder der <strong>GEW</strong>:<br />
A) Tarif- und Beamtenpolitik<br />
45<br />
362
B) Bildungs- und Professionspolitik<br />
C) Organisationspolitik<br />
Aus dem Beschluss des Gewerkschaftstags folgt<br />
zudem, dass diese zentralen Handlungsfelder<br />
geschlechterpolitisch bearbeitet werden und so<br />
zur Gleichstellung der Geschlechter und nicht<br />
zur Verfestigung der traditionellen Geschlechterrollen<br />
beitragen.<br />
A) Tarif- und Beamtenpolitik<br />
Die Durchsetzung der arbeitsplatzbezogenen<br />
Interessen der Mitglieder ist wesentlicher<br />
Satzungsauftrag aller Gliederungsebenen der<br />
<strong>GEW</strong>. Kernelemente sind die Ausgestaltung und<br />
Vereinbarung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten<br />
im Bildungsbereich. Reduzierung<br />
der Arbeitsbelastung, angemessene und gerechtere<br />
Bewertung der Professionen, gleiches<br />
Entgelt für gleichwertige Arbeit, Nachwuchsgewinnung<br />
und Erhöhung der Einkommen<br />
sind grundlegende Elemente der<br />
gewerkschaftspolitischen Interessenvertretung<br />
und zugleich unverzichtbare Voraussetzung für<br />
die Gewinnung neuer Mitglieder. Der<br />
Kampffonds erfüllt ausschließlich die satzungsgemäße<br />
Aufgabe, Arbeitskämpfe zu finanzieren,<br />
und muss hierfür angemessen ausgestattet<br />
werden.<br />
B) Bildungs- und Professionspolitik<br />
Die <strong>GEW</strong> sieht es als eine bedeutende Aufgabe<br />
an, ihre Mitglieder bei der Sicherung und Entwicklung<br />
ihrer beruflichen Professionalität zu<br />
unterstützen und als Gewerkschaft der in der<br />
Bildung Tätigen bildungspolitische Positionen<br />
durchzusetzen. Dies spiegelt sich auch in der<br />
Satzung der <strong>GEW</strong>: In § 4 b heißt es "als Mittel<br />
zur Erreichung dieses Zwecks betrachtet die<br />
<strong>GEW</strong>... berufliche und gewerkschaftliche<br />
Fortbildung der Mitglieder". Die <strong>GEW</strong> untermauert<br />
somit auch in ihrer Satzung ihr Verständnis<br />
von Professionalität, wonach es zum<br />
Kern einer Profession gehört, die berufliche<br />
Qualität beständig weiter zu entwickeln und<br />
auf einem aktuellen Stand zu halten. Dazu<br />
gehört notwendig auch, dass die <strong>GEW</strong> organisationspolitisch<br />
Voraussetzungen schafft, die<br />
die <strong>GEW</strong> auch als Gesamtorganisation in<br />
bildungspolitischen Themen handlungs- und<br />
kampagnefähig machen.<br />
C) Organisationspolitik<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
363
Voraussetzung zur Erreichung der Satzungsziele<br />
ist die strukturelle und organisatorische Weiterentwicklung<br />
der <strong>GEW</strong>. Deshalb ist die kontinuierliche<br />
Organisationsentwicklung auf allen<br />
Ebenen der <strong>GEW</strong> unverzichtbare Daueraufgabe<br />
und erhält den entsprechenden Stellenwert.<br />
Mitgliedergewinnung und Mitgliederbindung,<br />
die Förderung ehrenamtlicher Arbeit und der<br />
Aufbau von Vertrauensleutestrukturen setzen<br />
an den spezifischen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen<br />
der einzelnen Bildungs- bzw.<br />
Organisationsbereiche sowie Bildungsbereiche<br />
übergreifend an.<br />
III Maßnahmen<br />
Zur Umsetzung dieser Ziele beschließt die <strong>GEW</strong><br />
folgende Maßnahmen:<br />
Alle drei Bereiche benötigen hauptamtliche Kapazitäten<br />
auf Bundesebene und organisierte<br />
Unterstützung in den Landesverbänden. Die<br />
gewerkschaftliche Bildungsarbeit wird zur<br />
"Bildungsarbeit <strong>GEW</strong>" weiterentwickelt und<br />
unterstützt den Organisationsentwicklungsprozess.<br />
a) Bereich Tarif- und Beamtenpolitik:<br />
Die ehrenamtliche Arbeit der <strong>GEW</strong>-Mitglieder<br />
in Betriebs- und Personalräten sowie in Tarifkommissionen<br />
muss professionell unterstützt<br />
werden. Durch neue Kooperations- und Kommunikationsformen<br />
zwischen betrieblicher<br />
Ebene (Vertrauensleute), kollektiver Interessenvertretung<br />
(Betriebs- und Personalräte) und<br />
Tarifkommission erhöht die <strong>GEW</strong> ihre tarif- und<br />
beamtenrechtliche Durchsetzungsfähigkeit.<br />
b) Bereich Bildungs- und Professionspolitik:<br />
Zur Sicherung und Entwicklung der beruflichen<br />
Professionalität der Mitglieder profiliert sich<br />
die <strong>GEW</strong> als Gesamtorganisation verstärkt als<br />
Anbieterin beruflicher Fortbildung. Die Durchsetzung<br />
der bildungspolitischen Positionen der<br />
<strong>GEW</strong> sowohl in inhaltlichen Fragen wie bei<br />
Lern- und Arbeitsbedingungen wird bis hin zur<br />
Kampagnenfähigkeit der <strong>GEW</strong> auf die Agenda<br />
gesetzt.<br />
c) Bereich strukturelle und organisatorische<br />
Weiterentwicklung:<br />
Die <strong>GEW</strong> entwickelt Konzepte und Angebote,<br />
die sie als attraktive und beteiligungsorientierte<br />
Gewerkschaft auch bei jungen Personengruppen<br />
präsentiert und Ehrenamtliche nach-<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
155<br />
364
haltig unterstützt. Jeder Landesverband und<br />
der Hauptvorstand entwickeln in folgenden Bereichen<br />
jeweils spezifische Projekte und setzen<br />
sie transparent um:<br />
• Systematisierung, Vereinheitlichung der Erfassung<br />
und Aktualisierung der Mitgliederdaten<br />
• Präsenz in Betrieben und persönliche Kontakte<br />
zu potenziellen Mitgliedern<br />
• Mitgliedergewinnung und Mitgliederbindung<br />
• Mitgliederbeteiligung ermöglichen und Generationenwechsel<br />
• Ehrenamtliche qualifizieren und unterstützen<br />
IV Finanzielle und personelle Absicherung<br />
Für die Umsetzung, Begleitung und Durchführung<br />
dieses Prozesses werden jährlich 0,5 %<br />
des Gesamtbeitragsaufkommens zur Verfügung<br />
gestellt. Diese Mittel werden zu gleichen Teilen<br />
in den Haushalten des HV und der Landesverbände<br />
eingestellt und entsprechend der inhaltlichen<br />
Beschlüsse eingesetzt.<br />
V Zuständigkeit für die Umsetzung und Steuerung<br />
des Prozesses<br />
Die Zuständigkeit für die Umsetzung und Steuerung<br />
des Prozesses bedarf noch einer konkreten<br />
Abstimmung. Dabei ist von folgenden Verfahrensgrundsätzen<br />
auszugehen:<br />
• Der KoVo organisiert den Austausch zwischen<br />
den Landesverbänden und dem<br />
Hauptvorstand. Er koordiniert den Prozess<br />
und kann dazu eine AG bilden.<br />
• Im Hauptvorstand erfolgt ein jährlicher Bericht<br />
und Austausch über den Stand des<br />
Weiterentwicklungsprozesses.<br />
• Jeder Landesverband beteiligt sich unter<br />
Berücksichtigung seiner Rahmenbedingungen<br />
mit Teilprojekten aus den unter a), b)<br />
und c) genannten Bereichen am Weiterentwicklungsprozess.<br />
Zwischen Landesverbänden und HV bzw.<br />
zwischen Landesverbänden können projektbezogene<br />
Vereinbarungen getroffen<br />
werden, die auch die Beiträge beider Beteiligten<br />
zur Erreichung der Projektziele beinhalten.<br />
Der KoVo wird über alle Vereinbarungen<br />
informiert. Für alle Projekte der<br />
Landesverbände, des Hauptvorstands und<br />
für gemeinsame Vorhaben erfolgt eine<br />
transparente Verständigung über die<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
365
Schritte und den Zeitrahmen für die Umsetzung.<br />
Alle beteiligten Ebenen verständigen<br />
sich in einem gemeinsamen Prozess<br />
über die Definition von Zielen, Maßnahmen<br />
und Indikatoren. Die Verständigung über<br />
die Evaluation der Teilprojekte ist Bestandteil<br />
des Prozesses.<br />
• Vor Einleitung, während und beim Abschluss<br />
von Vorhaben bedarf es einer genauen<br />
Analyse des Mitgliederbestandes<br />
und seiner Entwicklung.<br />
210<br />
215<br />
220<br />
366
5.5 Faire An-Sprache in der <strong>GEW</strong> –<br />
Geschlechterdemokratie in Wort und Bild<br />
Antragsteller: Bundesfrauenausschuss<br />
Bei der Verfolgung ihrer satzungsgemäßen Ziele<br />
- dem Ausbau der Geschlechterdemokratie<br />
(§ 3 d) sowie<br />
- der Verhinderung und Beseitigung von<br />
Diskriminierung (§ 3 e)<br />
sieht die <strong>GEW</strong> einen geschlechtergerechten<br />
Sprachgebrauch und eine ausgewogene Repräsentanz<br />
in den bildlichen Darstellungen als<br />
einen entscheidenen Beitrag an.<br />
Der Gewerkschaftstag fordert die Untergliederungen<br />
der <strong>GEW</strong> auf, in allen schriftlichen und<br />
mündlichen Äußerungen der <strong>GEW</strong> sowie bei<br />
bildlichen Darstellungen (z. B. Fotos, Karikaturen,<br />
Pressemitteilungen, Plakaten, Broschüren,<br />
Webseiten usw.) geschlechtergerecht zu<br />
formulieren und zu gestalten.<br />
Hierfür gibt es folgende Wege:<br />
- Nennung der weiblichen und männlichen<br />
Form (z.B.: Lehrerinnen und Lehrer)<br />
- Gebrauch geschlechterneutraler Begriffe (z.B.:<br />
Lehrkräfte)<br />
- Gebrauch des großen Binnen-I ( z.B.: LehrerInnen)<br />
- Gebrauch des Unterstriches ( z.B.: Lehrer_innen),<br />
der auch Menschen ansprechen soll, die<br />
sich nicht in binären Geschlechterkategorien<br />
wiederfinden<br />
- Abbildungen jeder Art stets auf Rollenklischees<br />
bzw. eine ausgewogene Repräsentanz<br />
der dargestellten Gruppen zu prüfen<br />
Der HV setzt eine Arbeitsgruppe ein, die eine<br />
Handreichung zum geschlechtergerechten<br />
Sprachgebrauch erstellt und setzt sich mit den<br />
verschiedenen Möglichkeiten von geschlechtergerechten<br />
Präsentationsformen in Wort und<br />
Bild auseinander.<br />
Begründung<br />
In vielen Publikationen der <strong>GEW</strong> und in Redebeiträgen<br />
werden durch den Gebrauch des generischen<br />
Maskulinums (z. B.: Lehrer) Frauen -<br />
über die Hälfte unserer Mitgliedschaft - ausgeblendet.<br />
Eine geschlechtergerechte Sprache<br />
dagegen blendet alle ein.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgender Änderung:<br />
In Zeile 11 Ergänzung: „Gliederungen und Untergliederungen<br />
…<br />
367
Die <strong>GEW</strong> hat sich auf den Weg gemacht, einen<br />
Beitrag zur geschlechtergerechten Sprache zu<br />
leisten. Schon der Gewerkschaftstag 1986 in<br />
Osnabrück beschließt, die <strong>GEW</strong>-Satzung zu bereinigen,<br />
so dass Frauen überall vorkommen<br />
(Antrag des BFA). Der <strong>GEW</strong>-Hauptausschuss beschließt<br />
1987: Frauen sollen in allen schriftlichen<br />
und mündlichen Äußerungen der <strong>GEW</strong><br />
genannt werden (Antrag des BFA). Im Newsletter<br />
des VB Frauenpolitik zum Thema Frauen<br />
und Sprache werden im September 2009 Hilfestellungen<br />
für geschlechtergerechte Sprache<br />
gegeben. Im Dezember 2012 beschließt der HV<br />
den Antrag "Abbau von Geschlechterstereotypen<br />
und Diskriminierung wegen sexueller<br />
Orientierung und Identität in Schulbüchern und<br />
anderen Unterrichtsmedien und -materialien".<br />
Danach sollen nicht nur Frauen und Männer in<br />
der Sprache sichtbar gemacht werden, sondern<br />
auch Intersexuelle, Transgender, Transsexuelle<br />
oder Bi-Gendered.<br />
Die Verwendung einer geschlechtergerechten<br />
Präsentationsform ist ein Prozess, den die <strong>GEW</strong><br />
aktiv unterstützt und der eine Ansprache und<br />
Beteiligung aller sichtbar macht.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
368
5.6 Anpassung einer Richtlinie des<br />
Hauptvorstands<br />
Antragsteller: LV Rheinland-Pfalz<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Überweisung an den Hauptvorstand<br />
Die Richtlinien "Rechte der Studentinnen und<br />
Studenten in der <strong>GEW</strong>" werden wie folgt<br />
geändert:<br />
Ziel der Arbeit ist es, die sozialen und materiellen<br />
Interessen der Studierenden zu vertreten,<br />
ihre Forderungen nach einer qualifizierten wissenschaftlichen<br />
Berufsausbildung zu unterstützen,<br />
sich für die Verbesserung von Studienbedingungen<br />
und Berufsaussichten einzusetzen.<br />
Die <strong>GEW</strong>-Studierendengruppen tragen<br />
dazu bei, gewerkschaftliche Positionen in den<br />
Hochschulen zu verbreiten. Sie werben für die<br />
Mitgliedschaft in der <strong>GEW</strong>. Sie treten ein für<br />
eine Wissenschaft, die ihrer gesellschaftlichen<br />
Verantwortung gerecht wird.<br />
1. Die studentischen Mitglieder der <strong>GEW</strong><br />
bilden an jeder Hochschule eine <strong>GEW</strong>-<br />
Studierendengruppe. Sie arbeitet mit der <strong>GEW</strong>-<br />
Fachgruppe Hochschule und Forschung zusammen.<br />
Die <strong>GEW</strong>-Studierendengruppen regeln ihre<br />
Angelegenheit selbstständig. Ihre Beschlüsse<br />
und Verlautbarungen erfolgen in Übereinstimmung<br />
mit der Satzung und den grundlegenden<br />
Beschlüssen des DGB und der <strong>GEW</strong>. Ihre Veröffentlichungen<br />
sind als Äußerungen der <strong>GEW</strong>-<br />
Studierendengruppen zu kennzeichnen.<br />
Die Mitgliederversammlung der <strong>GEW</strong>-<br />
Studierendengruppe wählt jeweils für ein Jahr<br />
eine Vorsitzende bzw. einen Vorsitzenden<br />
sowie eine stellvertretende Vorsitzende bzw. einen<br />
stellvertretenden Vorsitzenden oder ein<br />
Leitungsteam von bis zu drei Personen.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
369
5.7 Seniorinnen und Senioren in die DGB-<br />
Satzung<br />
Antragsteller: LV Bremen<br />
Die <strong>GEW</strong> beantragt auf dem ordentlichen<br />
Bundeskongress des DGB 2014 in § 2 "Grundsätze,<br />
Ziele und Aufgaben des Bundes ..." der<br />
DGB-Satzung auch die Vertretung der Interessen<br />
der ehemaligen Arbeitnehmerinnen und<br />
Arbeitnehmer und der Arbeitslosen als Ziel des<br />
DGB und der in ihm vereinigten Gewerkschaften<br />
zu benennen.<br />
Begründung<br />
In der vom 19. Ordentlichen Bundeskongress<br />
2010 in Berlin beschlossenen Neufassung der<br />
Satzung des DGB heißt es über die Zielgruppe<br />
unter § 2 "Grundsätze, Ziele und Aufgaben des<br />
Bundes":<br />
"2. Ziele<br />
Der Bund und die in ihm vereinigten<br />
Gewerkschaften vertreten die gesellschaftlichen,<br />
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen<br />
Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer."<br />
Auch in den folgenden Spiegelstrichen<br />
werden zwar z.B. der "Ausbau und die Sicherung<br />
des sozialen und demokratischen<br />
Rechtsstaates", "die Verwirklichung der Geschlechterdemokratie",<br />
ein demokratisches Europa<br />
und der Erhalt des Friedens als Ziele benannt,<br />
nicht aber die Vertretung der Interessen<br />
der Rentner und Rentnerinnen, Pensionäre und<br />
Pensionärinnen sowie der Arbeitslosen. Diese<br />
sind aber eine nicht unbedeutende Gruppe unter<br />
den Mitgliedern der DGB-Gewerkschaften<br />
und ihre Vertretung ist selbstverständlicher Teil<br />
der gewerkschaftlichen Praxis.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme in folgender Fassung:<br />
„Die <strong>GEW</strong> beantragt auf dem ordentlichen<br />
Bundeskongress des DGB in 2014 eine<br />
Satzungsänderung in § 2 „Grundsätze, Ziele<br />
und Aufgaben des Bundes…“.<br />
§ 2 Ziele<br />
Der Bund und die in ihm vereinigten<br />
Gewerkschaften vertreten die gesellschaftlichen,<br />
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen<br />
Interessen ihrer Mitglieder.<br />
In der Begründung wird in Zeile 15 hinter dem<br />
Wort "Bundes“ das Wort "bislang" eingefügt.<br />
370
5.8 Anforderungen an ein unterstützendes<br />
Umfeld für erfolgreiche <strong>GEW</strong>erkschaftliche<br />
Studierendenarbeit<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Überweisung an den Hauptvorstand<br />
Antragsteller: BFGA Hochschule und<br />
Forschung/BASS<br />
Auf den Anfang kommt es an!<br />
Aller guten Dinge sind drei – Anforderungen<br />
an ein unterstützendes Umfeld für erfolgreiche<br />
<strong>GEW</strong>erkschaftliche Studierendenarbeit<br />
Drei Dinge sind aus unserer Sicht für eine gelungene<br />
gewerkschaftliche Arbeit und Mobilisierung<br />
wichtig: Eine Struktur von Vertrauensleuten<br />
vor Ort; eine Gewerkschaftsarbeit, die<br />
nicht als bloße Vorfeldarbeit konzeptioniert ist<br />
und auf mögliche Karrierechancen blickt,<br />
sondern die am unmittelbaren Arbeitsumfeld<br />
der Menschen ansetzt: der Hochschule. Drittens<br />
die Bereitstellung der notwendigen<br />
Ressourcen.<br />
(1) Notwendigkeit von Schlüsselpersonen und<br />
Unterstützung von Aktiven<br />
Nicht überall gibt es bereits eine so gut organisierte<br />
Vertrauensleutestruktur wie in Bereichen<br />
mit hohem gewerkschaftlichem Organisationsgrad.<br />
Die Bildung solcher Strukturen ist aber zugleich<br />
die Voraussetzung für eine gute Organisation,<br />
Mobilisierung und Stärkung<br />
gewerkschaftlicher Handlungsmöglichkeiten.<br />
Sie ist für die Organisationsarbeit von hoher<br />
Bedeutung. Es gilt dabei, vor Ort Menschen zu<br />
finden, die nicht bloß als außenstehende<br />
Hauptamtliche irgendwelche Gewerkschaftspositionen<br />
an die Studierenden herantragen,<br />
sondern die vor Ort aktiv und als engagierte<br />
Menschen in diesem Umfeld bekannt sind und<br />
deren Meinung daher bei vielen Menschen in<br />
diesem Umfeld etwas gilt. Sie müssen die Probleme<br />
dieses Umfelds konkret kennen und strategisch<br />
hierzu planen können. Sie übernehmen<br />
so die Rolle von MotivatorInnen. Sie bilden damit<br />
eine unverzichtbare Voraussetzung für eine<br />
erfolgreiche Organisationsarbeit. Man könnte<br />
diese Vertrauensleute auch als "Schlüsselpersonen"<br />
bezeichnen – und damit eine Formulierung<br />
von Saul Alinsky aufgreifen, wie sie in<br />
Feldversuchen von Organizing in hoch prekären<br />
Bereichen mit bislang geringem gewerkschaftli-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
371
chen Organisationsgrad verwendet wird.<br />
(2) Gewerkschaftsarbeit muss am unmittelbaren<br />
Arbeitsumfeld ansetzen: Studierendenarbeit<br />
ist keine Vorfeldarbeit, sondern Organisationsarbeit<br />
im Arbeitsumfeld Hochschule<br />
Die <strong>GEW</strong> hat hier eine herausragende Expertise!<br />
Sie zeichnet sich zudem auch strukturell in<br />
besonderem Maße aus: sie organisiert das<br />
Arbeitsumfeld Hochschule, sie hat Strukturen,<br />
in denen sich Studierende innergewerkschaftlich<br />
als Personengruppe selbst organisieren,<br />
qualifiziert Studierende in Studierendenvertretungen<br />
und studentische Gewerkschaftsmitglieder<br />
in Studierendenseminaren. Mit dieser<br />
Arbeit setzt sie nicht nur auf Schlaglichtveranstaltungen,<br />
sondern leistet eine nachhaltige<br />
gewerkschaftliche Arbeit. Diese ist für die<br />
Studierenden gleichermaßen unverzichtbar wie<br />
für die Gewerkschaft selbst. Für die Studierenden<br />
bildet sie einen Rückhalt als Beschäftigte<br />
und für eine Gruppe, die am unteren Ende der<br />
Hierarchie des "Unternehmens Hochschule"<br />
steht. Für die Gewerkschaft selbst meint diese<br />
Arbeit das Erreichen von Schlüsselpersonen vor<br />
Ort und die Befähigung von Menschen zur<br />
Funktion als engagierte Aktive. Diesen Bereich<br />
zu schwächen oder durch werbewirksame Veranstaltungen<br />
zu ersetzen, die aber die Zielgruppe<br />
nicht erreichen, käme einem Verzicht<br />
auf Vertrauensleuteschulungen oder dem Ersatz<br />
von Vertrauensleutestrukturen durch<br />
bloße Pressearbeit gleich. <strong>Das</strong>s sich die <strong>GEW</strong><br />
eine solche Entwicklung auch bei kontinuierlichem<br />
Mitgliederzuwachs nicht leisten kann,<br />
versteht sich von selbst. <strong>Das</strong> genaue Gegenteil<br />
ist der Fall: sind es doch gerade kontinuierliche<br />
Mitgliederzuwächse, die den Ausbau von<br />
Strukturen notwendig machen, die Mitglieder<br />
in ihrem aktiven Engagement unterstützen und<br />
sie als Schlüsselpersonen qualifizieren. Eine<br />
starke Studierendenarbeit ist hierbei die Voraussetzung<br />
für eine starke Jugendarbeit, wie<br />
sie sich die <strong>GEW</strong> auf die Fahnen geschrieben<br />
hat.<br />
(3) Schnittstelle auf Bundesebene wie auch<br />
für Landesverbände – Voraussetzungen für<br />
Synergieeffekte:<br />
Um die gewünschten Ziele zu erreichen, müssen<br />
die Ehrenamtlichen auf Bundesebene<br />
durch hauptamtliche Kapazität, die im Vorstandsbereich<br />
Hochschule und Forschung angesiedelt<br />
und speziell für den Bereich<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
372
Studierende und Promovierende zuständig ist,<br />
unterstützt werden. Hierbei hat der oder die<br />
Hauptamtliche die Funktion einer Schnittstelle,<br />
sowohl innerhalb des HuF-Bereichs aber auch<br />
zum restlichen Hauptvorstand, <strong>GEW</strong>-Abteilungen<br />
sowie dem DGB, zu den entsprechenden<br />
Haupt- und Ehrenamtlichen, wie auch zu den<br />
Landesverbänden. Dies ist notwendig, um<br />
Arbeitsabläufe zu unterstützen, inhaltliche Positionen<br />
zu erarbeiten, sich zu vernetzen und<br />
geplante Projekte reibungsfrei durchführen zu<br />
können. Dabei soll die Schnittstelle sowohl thematische<br />
Zuarbeit für LASSe und den BASS unterstützen.<br />
<strong>Das</strong> auf Bundesebene ehrenamtlich<br />
arbeitende SprecherInnenteam bedarf einer intensiven<br />
Betreuung, besonders da durch die<br />
veränderten Studienbedingungen die Personalfluktuation<br />
noch weiter steigt und im<br />
Gegenzug die Aktivenzeit sinkt. Der BASS legt<br />
Wert darauf, dass die Studierendenarbeit keine<br />
"Vorfeldarbeit" ist, das bedeutet konsequenter<br />
Weise, dass studentische Themengebiete im<br />
Laufe der Zeit neu erarbeitet, entwickelt und<br />
daraus resultierende Probleme gelöst werden<br />
müssen. Hierfür ist es unabdingbar, für die<br />
Arbeit vor Ort sowie in den Bundesgremien aktive<br />
Mitglieder zu gewinnen. Ein Teil der hauptamtlichen<br />
Kapazität muss sich daher um die<br />
Qualifizierung und Gewinnung ehrenamtlich<br />
Aktiver gezielt kümmern.<br />
Ebenso ist in genau diesem Kontext das Erstellen<br />
und Konzipieren eines studentisch-politischen<br />
Seminarprogramms, gemeinsam mit den<br />
ehrenamtlich Aktiven eine von hauptamtlicher<br />
Kapazität zu erfüllende Aufgabe. <strong>Das</strong> Erstellen<br />
und Verbreiten von politischem Informationsmaterial,<br />
insbesondere die Unterstützung bei<br />
der Erstellung der halbjährlich erscheinenden<br />
Studierendenzeitung read.me ist ein weiteres<br />
wichtiges Aufgabenfeld. Mit der read.me als<br />
gewerkschaftlicher Zeitung von Studierenden<br />
für Studierende werden viele Menschen vor<br />
Ort erreicht und auf <strong>GEW</strong>-Studierende, und die<br />
<strong>GEW</strong> überhaupt aufmerksam.<br />
Diese Kapazitäten sollten außerdem einen Teil<br />
der Promovierendenarbeit übernehmen, indem<br />
sie die für die Gremien der Hans-Böckler-<br />
Stiftung zu erledigende Arbeit, die sowohl die<br />
Studierenden- als auch Promovierendenstipendien<br />
umfasst, abdecken. Auch die inhaltlichen<br />
Schnittmengen, insbesondere bei Semina-<br />
100<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
150<br />
373
en, würden diese organisatorische Anbindung<br />
rechtfertigen.<br />
Der Geschäftsführende Vorstand wird beauftragt,<br />
in seiner Personalplanung die benannten<br />
Arbeitsbereiche entsprechend zu berücksichtigen<br />
und zu gewährleisten, dass die anfallenden<br />
Arbeiten abgedeckt sind und geleistet werden<br />
können.<br />
Begründung<br />
Gewerkschaftliche Studierendenarbeit als Einstieg<br />
in gewerkschaftliche Politisierung<br />
"Auf den Anfang kommt es an!" – das gilt (mit<br />
einem Filmtitel Reinhard Kahls) nicht allein für<br />
den Einstieg ins finnische Schulsystem. <strong>Das</strong><br />
Motto stimmt in gewissem Sinne auch für die<br />
Anfänge aktiven gewerkschaftlichen Engagements.<br />
Wenn sie zum ersten Schritt einer aktivengagierten<br />
Gewerkschaftsarbeit führen sollen,<br />
wollen diese Anfänge gut unterstützt sein. <strong>Das</strong><br />
Studium stellt für Studierende einen eigenen<br />
Lebensabschnitt und ein konkretes Arbeits- und<br />
Lebensumfeld dar. In Anbetracht dessen verlangt<br />
es nach echter Interessenvertretung. Eine<br />
Organisation zum Selbstzweck wäre hier weder<br />
überzeugend noch einer ernsthaften Auseinandersetzung<br />
mit gewerkschaftlichen Perspektiven<br />
dienlich. Eben deshalb ist die<br />
Studierendenarbeit der <strong>GEW</strong> immer auch eine<br />
politische Interessenvertretung gewesen.<br />
Die Hochschule muss unserem Anspruch nach<br />
ein Ort der Verfügungserweiterung und der<br />
Aufklärung über die Grundkontroversen der gesellschaftlichen<br />
Entwicklung und Interessen<br />
sein. Sie war und ist daher gesellschaftlich umkämpft.<br />
Gewerkschaftliche Interessenvertretung<br />
an Hochschulen ist Opposition zu den<br />
politisch gewollten Zumutungen, die fast alle<br />
Menschen in Universität und Gesellschaft betreffen:<br />
Konkurrenz aller gegen alle, Marktdienerschaft,<br />
Leistungsorientierung und "effiziente"<br />
Übelverwaltung. Die Alternative ist: Kooperation<br />
statt Konkurrenz und die humane Ausrichtung<br />
der Wissenschaften im Interesse aller. Die<br />
Arbeit der <strong>GEW</strong> an den Hochschulen war darauf<br />
gerichtet, alle Hochschulmitglieder dafür zu<br />
gewinnen.<br />
Darüber hinaus haben sich die <strong>GEW</strong>-Studierenden<br />
für die Beratung und Vernetzung von<br />
Studierenden engagiert und sich zum Beispiel<br />
155<br />
160<br />
165<br />
170<br />
175<br />
180<br />
185<br />
190<br />
195<br />
200<br />
205<br />
374
für die tarifvertragliche Absicherung wissenschaftlicher<br />
Hilfskräfte gegenüber anderen<br />
bildungspolitischen AkteurInnen eingesetzt.<br />
Die Studierendenarbeit in der <strong>GEW</strong> war dabei<br />
für viele Studierende der erste Schritt nicht nur<br />
zur Gewerkschaftsmitgliedschaft, sondern zu<br />
einer Mitarbeit in ehrenamtlichen Strukturen<br />
und der Ausprägung einer politischen Praxis.<br />
Um erfolgreich Politik zu machen, bedarf es der<br />
richtigen Grundsätze und deren praktischer<br />
Umsetzung - oder mit Che Guevara formuliert:<br />
"Die besten Worte sind Taten!" Dafür waren die<br />
Studierenden darauf angewiesen, sich als eigenständige<br />
Gruppe in der <strong>GEW</strong> organisieren<br />
zu können und auf strukturelle und personelle<br />
Unterstützung – auch durch Hauptamtliche -<br />
sowie die Seminarangebote der <strong>GEW</strong> setzen zu<br />
können. Um dies aufrecht zu erhalten, ist es<br />
dringend erforderlich, dass gewerkschaftliche<br />
Studierendenarbeit weiterhin als eigenständige<br />
politische Interessenvertretung und nicht nur<br />
als Akquisition neuer Mitglieder wahrgenommen<br />
wird, also als erster Schritt einer<br />
gewerkschaftlichen Politisierung künftiger Aktiver<br />
und nicht als bloßes Sammelbecken<br />
(schlimmstenfalls passiver) Mitglieder.<br />
Angesichts kontinuierlich stark ansteigender<br />
StudienanfängerInnenzahlen bis 2025 ist festzuhalten,<br />
dass Studierende eine bedeutende<br />
Zielgruppe für die Mehrheit der von der <strong>GEW</strong><br />
organisierten Berufsgruppen an Schulen und<br />
Hochschulen darstellt. Mit dem langfristig prognostizierten<br />
Anstieg der StudienanfängerInnenquoten<br />
ist zu erwarten, dass sich die Funktion<br />
und Bedeutung der Hochschule, insbesondere<br />
der Universitäten, als Ausbildungseinrichtung<br />
innerhalb des gesellschaftlichen<br />
Qualifizierungssystems verändern. Daraus ist<br />
die strategische Bedeutung intensivierter<br />
gewerkschaftlicher Studierendenarbeit zu begründen.<br />
Die Mitarbeit in einer bildungspolitischen<br />
Organisation, der <strong>GEW</strong>, die die Entwicklung<br />
politischer Handlungskompetenz und<br />
persönlichen Engagements bereits im Studium<br />
aktiv unterstützt, schlägt sich in einer positiven<br />
Mitgliederzahlentwicklung auch der anderen<br />
<strong>GEW</strong>-Organisationsbereiche nieder.<br />
Die Satzung der <strong>GEW</strong> erkennt die Studierendenarbeit<br />
als eigenständige Interessenvertretung<br />
der Studierenden mit umfangreichen<br />
Rechten an. Daher ist es folgerichtig, weiterhin<br />
210<br />
215<br />
220<br />
225<br />
230<br />
235<br />
240<br />
245<br />
250<br />
255<br />
260<br />
375
an der Überzeugung festzuhalten, dass<br />
Studierendenarbeit immer auch Studierendenpolitik<br />
ist. Sie bedarf daher auch entsprechender<br />
materieller Untersetzung.<br />
Als eigenen Beitrag zur organisationspolitischen<br />
Debatte hat der Bundesausschuss der<br />
Studentinnen und Studenten (BASS) im September<br />
2011 das Positionspapier "Wir brauchen<br />
keine Schlüsselversicherung sondern<br />
Schlüsselpersonen" beschlossen. In dessen<br />
Präambel hat der BASS den organisationspolitischen<br />
Grundsatz aus der Satzung festgehalten<br />
und den Wunsch nach Unterstützung<br />
formuliert. Abstrakt, aber sehr programmatisch<br />
hält das Positionspapier fest:<br />
"Studierende sind eine eigene Gruppe in der<br />
Hochschule. Sie bestimmen die Themen, mit<br />
denen sie sich befassen wollen, selbst. Dazu<br />
nutzen und definieren sie die ihnen adäquaten<br />
Mitbestimmungsstrukturen. Studierende sehen<br />
sich zunehmend mit einer Hochschule konfrontiert,<br />
in der sie zunehmend mit selektiven sozialen<br />
Wirkungen konfrontiert sind; mit einer<br />
Ausweitung der Verunsicherung. Jedwede<br />
Handlungsplattform muss an den unmittelbaren<br />
Problemen der Studierenden ansetzen. Sie<br />
müssen, wenn sie ihre Interessen vertreten<br />
wollen, für die Idee einer Hochschule in gesellschaftlicher<br />
Verantwortung eintreten und<br />
diese Idee leben. Dafür steht Studierendenarbeit<br />
in und für die <strong>GEW</strong>."<br />
Die <strong>GEW</strong> wäre schlecht beraten, wenn sie die<br />
Zukunft gewerkschaftlicher Arbeit zum Bauernopfer<br />
gegenwärtiger Grabenkämpfe werden<br />
ließe.<br />
265<br />
270<br />
275<br />
280<br />
285<br />
290<br />
295<br />
376
5.9 Schulsozialarbeit - Arbeitsstrukturen in<br />
der <strong>GEW</strong><br />
Antragsteller: BFGA Sozialpädagogische<br />
Berufe<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Überweisung an den Hauptvorstand<br />
Die Bildungsgewerkschaft <strong>GEW</strong> ist als einzige<br />
Arbeitnehmerorganisation in Deutschland in<br />
der Lage, sowohl die Interessen von Lehrkräften<br />
wie von sozialpädagogischen Fachkräften in<br />
Schulen zu vertreten. Die Expansion von<br />
Schulsozialarbeit in den letzten Jahren und der<br />
zu erwartende weitere Ausbau fordert von der<br />
<strong>GEW</strong> eine verstärkte Präsenz und verbesserte<br />
Angebote.<br />
Der Gewerkschaftstag empfiehlt den<br />
Landesverbänden, zu prüfen, inwieweit die Interessenvertretung<br />
von Schulsozialarbeiter/innen<br />
mit der Gründung einer eigenen Fachgruppe<br />
verbessert werden kann.<br />
Auf Bundesebene hält es der Gewerkschaftstag<br />
für erforderlich, eine organisationsbereichs-,<br />
arbeitsbereichs- und fachgruppenübergreifende<br />
Arbeitsgruppe „Schulsozialarbeit“ einzurichten.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
377
5.10 Hauptamtliche Zuständigkeit für den<br />
BAMA im HV<br />
Antragsteller: BA Multikulturelle<br />
Angelegenheiten<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Nichtbefassung<br />
Im HV wird eine hauptamtliche Zuständigkeit<br />
für den BAMA im Arbeitsfeld einer Referentin /<br />
eines Referenten eingerichtet.<br />
Begründung<br />
Die Themen des BAMA - Migration, Vielfalt der<br />
Gesellschaft (Diversity), Antidiskriminierung<br />
und Antirassismus, "Ausländerpolitik" - sind<br />
nicht nur die Anliegen einer bestimmten Personengruppe,<br />
sondern betreffen alle Erziehungsbereiche<br />
von der Krippe bis zur Erwachsenenbildung<br />
(inklusive der Tarifpolitik).<br />
Um der daraus folgenden Querschnittsaufgabe<br />
gerecht werden zu können, bedarf es der<br />
hauptamtlichen Unterstützung.<br />
Die zurzeit gute Zusammenarbeit zwischen<br />
dem HV und dem BAMA verdankt sich Einzelentscheidungen<br />
und persönlichem Engagement.<br />
Um sie institutionell abzusichern, beantragt<br />
der BAMA die hauptamtliche Zuständigkeit<br />
für den BAMA im Arbeitsfeld einer<br />
Referentin bzw. eines Referenten im HV.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
378
5.11 Neugründung einer AG LER<br />
Antragsteller: BA Multikulturelle<br />
Angelegenheiten<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Überweisung an den Hauptvorstand<br />
Die zwischenzeitlich aufgelöste AG Kirchen wird<br />
als AG LER (Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde)<br />
neu gegründet.<br />
Begründung<br />
Der BAMA setzt sich für die Einrichtung eines<br />
bekenntnisfreien, weltanschaulich und religiös<br />
neutralen integrativen Werteunterrichts als<br />
Pflichtfach in allen Bundesländern ein.<br />
Für die gewerkschaftliche Diskussion und<br />
Einflussnahme der <strong>GEW</strong> ist ein Gremium<br />
erforderlich, das sowohl die Weiterentwicklung<br />
von LER befördert als auch ein Gespräch mit<br />
Kirchen und Religions- und Weltanschauungs-<br />
Gemeinschaften ermöglicht.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
379
5.12 Gemeinsame Termine aller<br />
Bundesfachgruppen<br />
Antragsteller: BFGAs Grundschule,<br />
Sonderpädagogische Berufe, Gymnasien<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Nichtbefassung<br />
Der folgende Text wird als Protokollnotiz zu<br />
§ 24 Ziffer 4 der Satzung eingefügt:<br />
Die Bundesausschüsse der allgemein bildenden<br />
Schulen [§ 22 Ziffer 1 b), d), e), f), i), k), l)] legen<br />
ab 2014 jährlich einen gemeinsamen Termin<br />
fest, an dem eine gemeinsame Sitzung mehrerer<br />
Bundesfachgruppen unter der Leitung des<br />
zuständigen Mitglieds des Geschäftsführenden<br />
Vorstands durchgeführt werden kann, die<br />
gemeinsam mit den Vorsitzenden der beteiligten<br />
Bundesausschüsse vorbereitet und gestaltet<br />
wird.<br />
Begründung<br />
Vor dem Hintergrund der divergierenden schulpolitischen<br />
Entwicklungen in den Ländern der<br />
Bundesrepublik Deutschland und der Forderung<br />
der <strong>GEW</strong> nach mehr und längerem<br />
gemeinsamem Lernen für alle Schülerinnen<br />
und Schüler wächst die Gefahr, dass die<br />
Bundesausschüsse der allgemein bildenden<br />
Schulen mit der derzeitigen Arbeitsstruktur ihrem<br />
Satzungsauftrag nach § 23 Absatz 1 nicht<br />
mehr voll gerecht werden können, da auch die<br />
Anzahl und der Umfang der gemeinsamen Themen<br />
wächst (siehe Tagungen zu Inklusion, SII,<br />
Berufs- und Arbeitsweltorientierung, Lehrerbildung).<br />
Eine regelmäßige und systematische<br />
Zusammenarbeit der gesamten Bundesausschüsse<br />
mit dem GV wird nach unserer Auffassung<br />
die innergewerkschaftliche Debatte<br />
verbessern und zu breit getragenen Ergebnissen<br />
führen.<br />
Als Protokollnotiz erfordert dieser Beschluss<br />
keine satzungsändernde Mehrheit, was seiner<br />
Bedeutung als Geschäftsordnungsregelung entspricht,<br />
ihn leichter ermöglicht und er so auch<br />
leichter wieder zu löschen ist, wenn er sich<br />
überholt hat.<br />
Anmerkungen<br />
Systematisch und regelmäßig stattfindende<br />
gemeinsame Sitzungen der allgemeinbildenden<br />
schulischen Bundesausschüsse hat es lange<br />
Jahre gegeben. Zurzeit werden gemeinsame<br />
Sitzungen zweier oder mehrerer Bundesausschüsse<br />
in einigen Fällen ständig (Hauptschule<br />
und Realschule, Grundschule und Sonderpäd-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
380
agogen) oder sachbezogen (z.B. Gesamtschule<br />
und Gymnasium) herbeigeführt. Ein systematischer<br />
Austausch zu übergreifenden Fragen findet<br />
in anderen Gremien (KAFGA, AG23 des OB<br />
Schule) statt. Die dadurch erreichte umfassende<br />
Meinungsbildung oder die Entwicklung<br />
breit getragener Beschlussvorlagen für den<br />
Hauptvorstand oder den Gewerkschaftstag<br />
erfordern so einen erheblichen Organisationsaufwand<br />
und eine hohe Zeitdauer. Eine Begleitung<br />
und Mitarbeit durch die Leitung des Organisationsbereichs<br />
Schule war so aus zeitlichen<br />
Gründen zu selten möglich.<br />
50<br />
55<br />
60<br />
381
5.13 Gemeinsame Satzungsberatungen<br />
Antragsteller: BFGAs Grundschule,<br />
Sonderpädagogische Berufe, Gymnasien<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Nichtbefassung<br />
Die Bundesausschüsse der allgemein bildenden<br />
Schulen laut § 22 Ziffer 1 b), d), e), f), k), l) bleiben<br />
erhalten. Im Zeitraum 2013 bis 2017 beraten<br />
diese gemeinsam weiter über die sie betreffenden<br />
Satzungsänderungen, die der schulpolitischen<br />
und gewerkschaftspolitischen Entwicklung<br />
angemessen sind.<br />
Begründung<br />
Sowohl zum Erhalt der derzeitigen Satzungsstruktur<br />
als auch der Notwendigkeit der<br />
Weiterentwicklung derselben ist seit dem letzten<br />
Gewerkschaftstag wiederholt ohne konkretes<br />
Ergebnis diskutiert worden. Dies erfolgte<br />
auch in einer Aussprache im HV vom 16. und<br />
17. März des Jahres 2012.<br />
Für eine sinnvolle Mitwirkung der Beschäftigten<br />
der verschiedenen Arbeitsplätze des<br />
allgemeinbildenden schulischen Bereichs gibt<br />
es aus unserer Sicht zur Zeit noch keine Vorschläge,<br />
die eine besser geeignete Struktur der<br />
Bundesausschüsse darstellen. Im Laufe der<br />
bevorstehenden Wahlperiode werden sich voraussichtlich<br />
die schulpolitischen Gegebenheiten<br />
soweit ändern, dass eine nachhaltige und<br />
zukunftsfähige Fachgruppenstruktur entwickelt<br />
werden kann, die auf dem nächsten<br />
Gewerkschaftstag eine satzungsändernde<br />
Mehrheit finden könnte. Diese Entwicklungsarbeit<br />
soll durch eine regelmäßige und verbesserte<br />
Zusammenarbeit der Bundesausschüsse<br />
entsprechend dem Antrag II erfolgen.<br />
Andere uns bekannte satzungsändernde Vorschläge<br />
lehnen wir ab, da sie die demokratischen<br />
Mitwirkungsmöglichkeiten der großen<br />
Teils ehrenamtlichen Mitglieder der Fachgruppen<br />
auf Bundesebene zerstören.<br />
Anmerkungen<br />
Was die verschiedenen Bundesfachgruppenausschüsse<br />
der Allgemeinbildenden Schulen<br />
leisten: Sie stellen einen großen Teil der ehrenamtlich<br />
Tätigen innerhalb der Bundes-<strong>GEW</strong> dar<br />
und sorgen so für ihre strategische Handlungsfähigkeit<br />
und die demokratische Mitwirkung<br />
der Basis innerhalb der Organisation. Die<br />
BFGAs sind der Ort, die Entwicklungen der verschiedenen<br />
Schulformen in den Ländern zu<br />
reflektieren und entsprechende länder-<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
382
übergreifende Konzepte auf der Basis der Alltagserfahrungen<br />
der Kolleginnen und Kollegen<br />
zu entwickeln. Der Austausch innerhalb der<br />
verschiedenen Bundesfachgruppenausschüsse<br />
aber auch der bilaterale Austausch zu gemeinsamen<br />
Themen vermittelt unterschiedliche<br />
Sichtweisen und Erfahrungen und schafft so ein<br />
differenziertes Bild der Schullandschaft und der<br />
schulischen Realitäten. Die ehrenamtlich in<br />
den Ländern Tätigen brauchen die Anerkennung<br />
und den fachlichen Austausch auf<br />
Bundesebene und so kann auch der dringend<br />
benötigte Nachwuchs für die bundesweite<br />
Gremienarbeit gefördert werden. In den verschiedenen<br />
Lehrämtern kristallisieren sich verschiedene<br />
Zugänge auf die pädagogische Arbeit<br />
und eine eigene Professionsgeschichte heraus.<br />
Damit setzen wir uns auseinander und heben<br />
die jeweiligen "Schätze". Im internen und gegenseitigen<br />
Austausch tauschen wir die unterschiedlichen<br />
Standpunkte und Traditionen aus<br />
und sorgen somit für klare und fundierte Positionen.<br />
Die fachliche Arbeit in den BFGAs<br />
zwingt zu realitätsnäheren Präzisierungen<br />
allgemeiner bildungspolitischer Forderungen<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
383
5.14 Statt Armut Grundeinkommen für<br />
ALLE<br />
Antragsteller: LV Bremen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Überweisung an den Hauptvorstand<br />
Der Gewerkschaftstag möge beschließen: Der<br />
Hauptvorstand organisiert eine Tagung zum<br />
"Bedingungslosen Grundeinkommen".<br />
Begründung<br />
Angesichts eines massiven Anstiegs der Einkommensungleichheit<br />
und häufig entwürdigender<br />
Situationen bei Antragstellung von Sozialleistungen<br />
müssen auch Gewerkschaften ihre<br />
bisherigen Wege überdenken, und sich für Veränderungen<br />
einsetzen, die mehr persönliche<br />
Freiheit und gesellschaftliche Solidarität garantieren.<br />
Ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE)<br />
kann emanzipatorisch wirken, weil es das materielle<br />
Überleben der Menschen vom Zwang<br />
zur Lohnarbeit entkoppelt und die<br />
Abhängigkeit von Frauen vom "Familienernährer"<br />
aufhebt, so dass alle, Frauen und Männer,<br />
die Freiheit haben, zu jeder Zumutung, der sie<br />
sich nicht freiwillig stellen wollen, "nein" zu sagen.<br />
Ein emanzipatorisches BGE muss im Rahmen<br />
der Forderungen nach einem gesetzlichen Mindestlohn,<br />
nach Arbeitszeitverkürzung, nach der<br />
Bürgerversicherung, nach Ausbau und Demokratisierung<br />
der Infrastrukturen, nach ökologischer<br />
Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft<br />
gesehen werden.<br />
Schritte zum BGE können sein:<br />
- Die <strong>GEW</strong>-Unterstützung des Bündnisses für<br />
eine Kindergrundsicherung (etwa 500 € ohne<br />
Bedürfnisprüfung).<br />
- Die sich verstärkende Altersarmut kann durch<br />
eine steuerfinanzierte, bedürfnisunabhängige<br />
Mindestrente für alle "65+-Menschen" nach<br />
dem niederländischen Vorbild (zurzeit etwa<br />
1.000 €) begrenzt werden.<br />
- Um der Intensivierung bei der Erwerbsarbeit<br />
entgegenzuwirken, ist eine steuerfinanzierte<br />
Auszeit vorstellbar.<br />
- Eine sanktionsfreie Mindestsicherung.<br />
- Ein elternunabhängiges und rückzahlungsfreies<br />
Bildungsgeld für SchülerInnen, Auszubildende<br />
und Studierende.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
384
Die unterschiedlichen Maßnahmen sind<br />
Schritte, um zu einem existenzsichernden und<br />
bedingungslosen Grundeinkommen für ALLE zu<br />
kommen. Diese politischen Ansätze erfordern<br />
eine Umverteilung von oben nach unten!<br />
50<br />
385
5.15 Wissenschaftliche Evaluation der<br />
Berufsbildenden Schulen<br />
Antragsteller: LV Bremen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Nichtbefassung<br />
Der <strong>GEW</strong>-Hauptvorstand wird beauftragt, eine<br />
umfassende wissenschaftliche Evaluation der<br />
aktuellen Lage der Deutschen Berufsbildenden<br />
Schulen in Bezug auf die Schülerinnen und<br />
Schüler, das Personal, den Wirtschaftsstandort<br />
in Auftrag zu geben.<br />
Begründung<br />
Deutsche Berufsschulen mussten sich in den<br />
letzten Jahren erheblich verändern bzw. stehen<br />
noch vor größeren Veränderungen. Ziel dieser<br />
Reformen ist die effizientere Nutzung vorhandener<br />
Ressourcen zur Erfüllung des staatlichen<br />
(Berufs-)Bildungsauftrages. Maßgebliche Richtung<br />
ist die nicht genau definierte größere<br />
"Selbstständigkeit" und die Umstrukturierung<br />
in unterschiedliche Rechtsformen.<br />
Die Umsteuerung fand und findet statt, obwohl<br />
die Berufsbildung in Deutschland, besonders<br />
die duale Ausbildung, im internationalen Vergleich<br />
sehr erfolgreich ist. Dessen ungeachtet<br />
ist der Reformwille in den Ländern ungebrochen<br />
groß. Der Verdacht liegt nahe, dass die<br />
berufliche Bildung mehr in die einzelbetriebliche<br />
Obhut gegeben werden soll und der Staat<br />
sich zurückzieht – aus Kostengründen und zum<br />
Nachteil der jungen Menschen und der in den<br />
Beruflichen Schulen Tätigen. Für eine fundierte<br />
gewerkschaftliche Argumentation wird dringend<br />
Datenmaterial benötigt.<br />
Die Evaluation soll unter folgenden Gesichtspunkten<br />
erfolgen:<br />
1. Wie weit haben sich die öffentlichen Träger<br />
in den Ländern schon aus der Steuerung ihrer<br />
BBS zurückgezogen um selbstständigere<br />
Einheiten mit größerer betriebswirtschaftlicher<br />
und personalwirtschaftlicher Handlungsfreiheit<br />
einzurichten?<br />
2. Ist intendiert, dass die BBS in der Zukunft<br />
überhaupt nicht mehr in öffentlicher Regie<br />
geführt werden sollen?<br />
3. Was bedeutet die Umorganisation für den<br />
Wirtschaftsraum im Einzugsgebiet der BBS?<br />
4. Welchen Platz haben die Beruflichen<br />
Schulen im Zusammenhang mit den dualen<br />
Studienmöglichkeiten in den Bundesländern?<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
386
5. Welche Kürzungspotenziale ergeben sich<br />
für die öffentlichen Träger?<br />
6. Welche Einflussnahme in der Gesamtentwicklung<br />
geht auf Stiftungen wie z.B. die<br />
Bertelsmannstiftung zurück?<br />
7. Welche positiven und negativen Auswirkungen<br />
haben die Umsteuerungen für die<br />
Schülerinnen und Schüler und Auszubildenden?<br />
8. Welche Auswirkungen haben die Umsteuerungen<br />
auf die Bildungsangebote der<br />
jeweiligen BBS? Gibt es Standards, welche<br />
Fachbereiche, Bildungsgänge zusammengelegt<br />
werden können/dürfen; ob berufsübergreifende<br />
Fächer zusammengelegt<br />
werden dürfen; wie weit der Berufsschulweg<br />
sein darf …?<br />
9. Wie passt der Beamtenstatus der<br />
Lehrkräfte und Schulleitungen zu dem Anspruch<br />
der Eigenbewirtschaftung in selbstständigeren<br />
BBS?<br />
10. Welche positiven und negativen Auswirkungen<br />
haben die Umsteuerungen auf die Beschäftigten<br />
an den BBS? Welche Standards<br />
werden an die verschiedenen Berufsgruppen<br />
gelegt in Bezug auf Ausbildung,<br />
Bezahlung, Einsatz, definierten Arbeitszeiten<br />
etc.?<br />
11. Kommt es vermehrt zu prekären Beschäftigungsverhältnissen<br />
an den BBS? Welche<br />
Rechtsformen fördern diese Art von Beschäftigungsverhältnissen?<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
387
5.16 Gesundheit am Arbeitsplatz<br />
Weiterbildung<br />
Antragsteller: BFGA Erwachsenenbildung<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Überweisung an den Hauptvorstand<br />
Forderungen an die <strong>GEW</strong>:<br />
Die <strong>GEW</strong> ist gefordert, die gesundheitlichen<br />
Konsequenzen der Arbeit in der Erwachsenenbildung<br />
aufzugreifen. Die <strong>GEW</strong> beantragt<br />
deshalb die Erstellung einer Studie zum Thema<br />
"Gesundheit am Arbeitsplatz Weiterbildung".<br />
Folgende Themen sind u. a. in der Studie zu bearbeiten:<br />
- Erhebung zu den gesundheitlichen Auswirkungen<br />
der Belastungen im Weiterbildungsbereich<br />
- Konsequenzen prekärer Arbeit für die<br />
Gesundheit<br />
- Untersuchung der Sonderprobleme Alkohol-<br />
und Medikamentenmissbrauch und Burnout<br />
mit den Konsequenzen für Betroffene und<br />
Gesundheitskosten<br />
- Erfahrungen mit Betriebs- und Dienstvereinbarungen<br />
zum Gesundheitsschutz<br />
Begründung<br />
Die Arbeitsbedingungen in der Weiterbildung<br />
haben sich in den vergangenen Jahren massiv<br />
verändert:<br />
- steigender Arbeitsdruck, -hetze und -stress<br />
- zunehmende Prekarisierung und (Schein-)<br />
Selbstständigkeit<br />
- vermehrte Orientierung an Projekten mit den<br />
Merkmalen Zielvereinbarungen, Ko-Finanzierungs-Regelungen,<br />
Zeitdruck und ständige Verfügbarkeit<br />
- ständige Akquise von Projektmitteln<br />
- Kürzung öffentlicher Mittel in der Weiterbildung<br />
und die Rücknahme der öffentlichen<br />
Verantwortung<br />
- Deregulierung und Privatisierung und damit<br />
verbundene Gewinnorientierung bei Bildungsangeboten<br />
Diese Arbeitsbedingungen haben bei vielen<br />
Kollegen und Kolleginnen zur Frustration und<br />
im weiteren Verlauf zu gesundheitlichen Problemen<br />
geführt.<br />
Ein überbordendes und teilweise unsinniges<br />
und teures (weil an Industrienorm orientiertes)<br />
"Qualitätsmanagement" trägt ebenfalls zur inneren<br />
Kündigung am Arbeitsplatz bei.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
388
Die "Jongleure der Wissensgesellschaft" (Nittel/<br />
Völzke 2002) sind immer weniger dazu in<br />
der Lage, ihre Ringe im Spiel und sich selbst auf<br />
sicheren Beinen zu halten.<br />
Vielfach wird trotz Krankheit die Arbeit fortgesetzt,<br />
das gilt insbesondere für freiberuflich Beschäftigte,<br />
weil ihnen keine Lohnfortzahlung im<br />
Krankheitsfall zusteht und jeder Fehltag Verdienstausfall<br />
bedeutet (vgl. <strong>GEW</strong> Hauptvorstand,<br />
Schwarzbuch 2 - Arbeit in Integrationskursen,<br />
Frankfurt a. M. 2012).<br />
Darüber hinaus gelten viele Krankheiten, insbesondere<br />
psychische Erkrankungen, als Tabuthema.<br />
Aus gewerkschaftlicher, aber auch gesellschaftlicher<br />
Sicht besteht dringender Handlungsbedarf.<br />
Aktuell sind eine Reihe von Studien zum Thema<br />
"Gesundheit und Arbeit" erschienen. Beteiligt<br />
daran waren sowohl verschiedene Krankenkassen,<br />
als auch aus dem gewerkschaftlichen Bereich<br />
die Hans-Böckler-Stiftung.<br />
Da die Hans-Böckler-Stiftung bereits einige Untersuchungen<br />
im Auftrag des DGB und der IG<br />
Metall zum Gesundheitsthema vorgelegt hat,<br />
beantragt die <strong>GEW</strong> bei der Hans-Böckler-Stiftung<br />
eine Untersuchung zum Thema<br />
"Gesundheit am Arbeitsplatz Weiterbildung".<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
389
5.17 Einrichtung einer bundesweiten Info-<br />
Hotline für prekär Beschäftigte<br />
Antragsteller: LV Hessen<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Überweisung an den Hauptvorstand<br />
Die <strong>GEW</strong> Hessen beantragt die Einrichtung einer<br />
bundesweiten Info-Hotline für prekär Beschäftigte<br />
im Bildungsbereich und fordert die<br />
<strong>GEW</strong> auf, die Grundlagen und finanziellen Voraussetzungen<br />
dafür zu schaffen. Die Hotline<br />
soll als Ansprechstelle für alle in prekären Verhältnissen<br />
arbeitenden <strong>GEW</strong>-KollegInnen sein.<br />
Sie dient der Information und Orientierung insbesondere<br />
in allen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen<br />
Fragen von Honorartätigkeit,<br />
befristeter Beschäftigung, Mindestlohn etc.<br />
Für betroffene Mitglieder der <strong>GEW</strong> ist die<br />
Nutzung kostenlos, für Nichtmitglieder wird<br />
eine Gebühr erhoben.<br />
Die Hotline soll wöchentlich insgesamt 10 Stunden,<br />
verteilt über unterschiedliche Tageszeiten,<br />
geschaltet sein.<br />
Begründung<br />
Die <strong>GEW</strong> Hessen beantragt die Einrichtung einer<br />
bundesweiten Info-Hotline für prekär Beschäftigte<br />
im Bildungsbereich und fordert die<br />
<strong>GEW</strong> auf, die Grundlagen und finanziellen Voraussetzungen<br />
dafür zu schaffen. Die Hotline<br />
soll als Ansprechstelle für alle in prekären Verhältnissen<br />
arbeitenden <strong>GEW</strong>-KollegInnen sein.<br />
Sie dient der Information und Orientierung insbesondere<br />
in allen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen<br />
Fragen von Honorartätigkeit,<br />
befristeter Beschäftigung, Mindestlohn etc.<br />
Für betroffene Mitglieder der <strong>GEW</strong> ist die<br />
Nutzung kostenlos, für Nichtmitglieder wird<br />
eine Gebühr erhoben.<br />
Die Hotline soll wöchentlich insgesamt 10 Stunden,<br />
verteilt über unterschiedliche Tageszeiten,<br />
geschaltet sein.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
390
5.18 Einrichtung einer bundesweiten Info-<br />
Hotline für prekär Beschäftigte im<br />
Bildungsbereich<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Überweisung an den Hauptvorstand<br />
Antragsteller: Landsverbände Bayern und<br />
Thüringen<br />
Die genannten Landesverbände beantragen die<br />
Einrichtung einer bundesweiten Info-Hotline<br />
für prekär Beschäftigte im Bildungsbereich und<br />
fordern den HV auf, die Grundlagen und finanziellen<br />
Voraussetzungen dafür zu schaffen. Die<br />
Infohotline dient der Information und Orientierung<br />
insbesondere in allen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen<br />
Fragen. Für betroffene<br />
Mitglieder der <strong>GEW</strong> ist die Nutzung<br />
kostenlos, für Nichtmitglieder wird eine Gebühr<br />
erhoben. Die Hotline soll wöchentlich insgesamt<br />
10 Stunden, verteilt über unterschiedliche<br />
Tageszeiten, in Betrieb sein.<br />
Begründung<br />
Die Anzahl prekär Beschäftigter, z.B.<br />
Honorarkräfte, geringfügig Beschäftigte u. ä.,<br />
hat in den letzten Jahren im Bildungsbereich<br />
erheblich zugenommen. Betroffen sind insbesondere<br />
die Bereiche Weiterbildung sowie<br />
Hochschule und Forschung. Für die Betroffenen<br />
stellen sich schwierige arbeits- und sozialversicherungsrechtliche<br />
Fragen, die nur gut eingearbeitete<br />
Experten beantworten können.<br />
<strong>Das</strong>s ein Bedarf an einer entsprechenden Hotline<br />
besteht, über die Informationen und Beratung<br />
angeboten werden, hat zum einen die<br />
Hotline der <strong>GEW</strong> Bund, die über ca. 5 Jahre hinweg<br />
bis 2005 erfolgreich gearbeitet hat, erwiesen.<br />
Zum anderen beweist dies die nach wie<br />
vor existierende und stark beanspruchte Hotline<br />
von ver.di.<br />
Die Hotline der <strong>GEW</strong>, die als Projekt finanziert<br />
wurde, ist eingestellt worden, weil eine<br />
Weiterführung von der Mitfinanzierung durch<br />
die Landesverbände abhängig gemacht wurde,<br />
die Landesverbände dies aber ablehnten.<br />
Die genannten Landesverbände sind der Meinung,<br />
dass eine solche, Vorstandsbereiche<br />
übergreifende Hotline eindeutig Aufgabe der<br />
Bundes-<strong>GEW</strong> ist und von dieser betrieben werden<br />
muss. Geeignete Expertinnen bzw. Experten<br />
sind in der <strong>GEW</strong> vorhanden. Einschlägige<br />
Erfahrungen und Angebote einzelner<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
391
Landesverbände sollten in eine Konzeption einbezogen<br />
werden.<br />
Durch den begrenzten zeitlichen Rahmen (10<br />
Std. pro Woche) halten sich die Kosten in vertretbaren<br />
Grenzen. Bei Erhebung von Gebühren<br />
für Nichtmitglieder kann zudem ein Teil der<br />
Kosten gedeckt werden.<br />
Die Hotline sollte - bedingt durch die unregelmäßigen<br />
Arbeitszeiten der betroffenen<br />
Kolleginnen und Kollegen - sowohl tagsüber als<br />
auch abends jeweils einige Stunden angeboten<br />
werden.<br />
50<br />
55<br />
392
5.19 Bekämpfung prekärer Beschäftigung<br />
in Bildung, Wissenschaft und Forschung<br />
Antragsteller: LV Bremen<br />
Der Bundesgewerkschaftstag der Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft möge beschließen:<br />
Alle Gremien und Gliederungen der <strong>GEW</strong> werden<br />
aufgefordert, den Kampf gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />
gewerkschaftsintern<br />
und öffentlich zu intensivieren. Insbesondere<br />
ist es notwendig:<br />
1. in Zusammenarbeit mit den anderen DGB-<br />
Gewerkschaften, politischen, sozialen und<br />
kirchlichen Gruppierungen, Verbänden und<br />
Einrichtungen gemeinsam durch Öffentlichkeitsarbeit<br />
und Aktionen gegen prekäre<br />
Beschäftigung in allen Bereichen der<br />
Bildung, Wissenschaft und Forschung und<br />
in der Gesellschaft vorzugehen,<br />
2. im Bereich der <strong>GEW</strong> eine Bestandsaufnahme<br />
durchzuführen, die prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />
erfasst und auswertet,<br />
3. gemeinsam mit betroffenen Kolleginnen<br />
und Kollegen, Aktionsvorschläge und<br />
Planungen zur Verhinderung weiterer<br />
prekärer Beschäftigungsverhältnisse und<br />
zur Verbesserung der Situation der bereits<br />
Betroffenen zu entwickeln,<br />
4. Aktivitäten vor Ort, Aktionsbündnisse und<br />
Beratungsinitiativen personell, materiell,<br />
inhaltlich und strukturell, zum Beispiel<br />
durch Öffentlichkeitsarbeit, unterstützen,<br />
5. tarifvertragliche Regelungen mit dem Ziel<br />
prekäre Beschäftigungsverhältnisse abzuschaffen,<br />
6. bundesweit einen "<strong>GEW</strong>-Ratgeber für<br />
prekär Beschäftigte" herauszugeben,<br />
erforderlichenfalls auch als getrennte<br />
Ratgeber für unterschiedliche Bereiche.<br />
Der Hauptvorstand wird aufgefordert dem<br />
folgenden Bundesgewerkschaftstag der <strong>GEW</strong><br />
über die Umsetzung dieses Beschlusses und erreichte<br />
Erfolge ausführlich Bericht zu erstatten.<br />
Begründung<br />
In allen Arbeitsbereichen der bundesdeutschen<br />
Gesellschaft werden von den Arbeitgebern zunehmend<br />
prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />
forciert. Prekär sind viele Beschäftigungsverhältnisse<br />
in diesen Bereichen, weil die betroffenen<br />
Menschen<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgenden Änderungen:<br />
In Zeile 1 sowie 39 wird Bundesgewerkschaftstag<br />
durch Gewerkschaftstag ersetzt.<br />
Der Punkt 5 lautet neu wie folgt:<br />
Tarifvertragliche Regelungen, die zum Ziel haben,<br />
prekäre Beschäftigungsverhältnisse abzuschaffen.<br />
393
- durch zu geringe oder untertarifliche Bezahlung<br />
für ihre Arbeit nicht angemessen vergütet<br />
werden, teilweise ihren Lebensunterhalt<br />
nicht ausreichend davon bestreiten können<br />
und auf staatliche Transferleistungen angewiesen<br />
sind,<br />
- durch befristete Verträge in ständiger Unsicherheit<br />
gehalten werden, teilweise in<br />
wiederkehrende Arbeitslosigkeit gezwungen<br />
werden und keine ausreichende Berufs- und<br />
Lebensperspektive entwickeln können,<br />
- durch fehlende Sozialversicherungen zum<br />
Beispiel bei Honorarverträgen und Minijobs<br />
teilweise keine ausreichende Absicherung im<br />
Krankheitsfall und insbesondere keine Chance<br />
auf eine ausreichende Alterssicherung haben,<br />
- durch zwangsweise Teilzeittätigkeit materiell<br />
und beruflich sowohl erheblich weniger<br />
Chancen und Möglichkeiten zu haben, wie auch<br />
teilweise auf Zweitjobs oder staatliche oder<br />
private Unterstützung angewiesen sind,<br />
- durch Leiharbeit in der Regel eine massive<br />
Ungleichbehandlung bei Verdienst, Arbeitsplatzsicherheit<br />
und Berufsperspektive erfahren<br />
müssen,<br />
- durch verschiedenste Formen "bunter" Beschäftigungsverhältnisse<br />
und Arbeitsbedingungen<br />
auf ihre Kosten und zum Vorteil der<br />
Arbeitgeber, in einer materiellen, beruflichen,<br />
arbeitsrechtlichen, versicherungsrechtlichen<br />
und/oder sozialen Unsicherheit und<br />
Abhängigkeit gehalten werden, die ihnen oft<br />
Leben und Arbeiten in Würde und die notwendige<br />
freie Entfaltung sehr erschwert oder<br />
unmöglich macht.<br />
Auch unsere Kolleginnen und Kollegen in den<br />
Bereichen Kita, Schule, Hochschule, Wissenschaft,<br />
Forschung und Erwachsenenbildung<br />
sind seit vielen Jahren und zunehmend davon<br />
betroffen.<br />
So sind beispielsweise befristete Arbeitsverträge<br />
oder Zwangsteilzeit im Kita-Bereich, Leiharbeit<br />
oder Minijobs in staatlichen Schulen, untertarifliche<br />
Bezahlung oder Honorarverträge in<br />
Privatschulen und im Erwachsenen- und<br />
Weiterbildungsbereich typische Merkmale<br />
prekärer Beschäftigung. Sie finden sich auch in<br />
zunehmendem Maße an Hochschulen und<br />
außeruniversitären Forschungseinrichtungen<br />
insbesondere im wissenschaftlichen Mittelbau<br />
zum Beispiel durch sehr variabel befristete Anstellungen<br />
über einige Monate, selten über<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
394
Jahre. Zudem sind Armutslöhne bei studentischen<br />
Beschäftigten und wissenschaftlichen<br />
Hilfskräften an der Tagesordnung.<br />
Die Ursachen dieser Entwicklung sind seit vielen<br />
Jahren bekannt und niemand bezweifelt sie<br />
ernsthaft, auch nicht die Politik. Der Erziehungs-,<br />
Bildungs- und Wissenschaftsbereich leidet<br />
in Deutschland und im internationalen Vergleich<br />
an chronischer Unterfinanzierung.<br />
Gleichzeitig werden Arbeitnehmerrechte abgebaut<br />
und die der Arbeitgeber gestärkt, Leistungen<br />
aus den Sozialversicherungen gekürzt und<br />
der Staat leistet sich einen Einkommensverzicht<br />
durch Verzicht auf höhere Besteuerung bei Vermögenden<br />
und Einkommensmillionären.<br />
Diese Politik führt zu einer fortschreitenden<br />
sozialen Spaltung innerhalb der Gesellschaft<br />
und der abhängig Beschäftigten. <strong>Das</strong> können<br />
und dürfen wir als Gewerkschaften nicht weiter<br />
hinnehmen! Die <strong>GEW</strong> muss sich deshalb insbesondere<br />
im Bildungsbereich verstärkt gegen<br />
prekäre Beschäftigungsverhältnisse einsetzen<br />
und den Kampf für gute Arbeitsbedingungen<br />
und Entlohnung in den nächsten Jahren zum<br />
Schwerpunkt machen.<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
395
5.20 Rehabilitierung der Opfer von<br />
Berufsverboten und <strong>GEW</strong>-<br />
Unvereinbarkeitsbeschlüssen<br />
Antragsteller: LV Hessen<br />
Der Gewerkschaftstag begrüßt den Beschluss<br />
109/12 des <strong>GEW</strong>-Hauptvorstands vom 17. März<br />
2012, in welchem die <strong>GEW</strong> die Rehabilitierung<br />
und Entschädigung der demokratischen und<br />
linken politischen Aktiven fordert, die seit 1972<br />
Opfer des sogenannten "Radikalenerlasses"<br />
und der darauf beruhenden Politik der Berufsverbote<br />
geworden sind, und in dem die<br />
<strong>GEW</strong> für die sogenannten "Unvereinbarkeitsbeschlüsse"<br />
um Entschuldigung bittet.<br />
Der Gewerkschaftstag unterstützt auch die Absicht<br />
des Hauptvorstands, das Thema weiter<br />
aktiv zu bearbeiten. Insoweit dient der vorliegende<br />
Antrag der konkreten weiteren Umsetzung<br />
dieses Hauptvorstandsbeschlusses.<br />
1. Wir stellen fest, dass die in den Jahren 1971<br />
bis 1989 im politischen Umfeld der Berufsverbote<br />
erfolgten Gewerkschaftsausschlüsse<br />
demokratischer und linker politischer Aktiver<br />
schwerwiegende politische Fehler und schwere<br />
Verstöße gegen den Grundsatz gewerkschaftlicher<br />
Solidarität waren. In dem Bewusstsein,<br />
dass der Großteil des durch diese Ausschlüsse<br />
verschuldeten Leids nicht wieder gut zu machen<br />
ist, bitten wir die damals ausgeschlossenen<br />
Mitglieder sowohl für den Ausschluss<br />
selbst und die dadurch verschuldeten Folgen<br />
als auch für die späte Entschuldigung um Verzeihung.<br />
2. Die oben genannten Ausschlüsse werden<br />
hiermit für nichtig erklärt; die betroffenen Mitglieder<br />
genießen alle Rechte, die sich aus einer<br />
bis heute ununterbrochen fortdauernden Mitgliedschaft<br />
ergeben, es sei denn, dass sie nach<br />
Kenntnisnahme dieses Beschlusses ausdrücklich<br />
darauf verzichten. Dies gilt sinngemäß auch<br />
für Kolleginnen und Kollegen, die in eine andere<br />
DGB Gewerkschaft eingetreten sind, bis<br />
zum Zeitpunkt ihres Eintritts dort. Bei Kolleginnen<br />
und Kollegen, die aus finanziellen oder anderen<br />
nachvollziehbaren Gründen keiner DGB<br />
Gewerkschaft mehr angehören, ist eine analoge<br />
Anwendung im Einzelfall zu prüfen.<br />
1<br />
5<br />
10<br />
15<br />
20<br />
25<br />
30<br />
35<br />
40<br />
45<br />
Empfehlung der Antragskommission<br />
Annahme mit folgenden Änderungen:<br />
Annahme der Zeilen 1 – 10<br />
Streichung der Zeilen 14 – 16 sowie der Nr. 1 in<br />
Zeile 18.<br />
Annahme der Zeilen 18 – 24 (ohne die Nr. 1)<br />
Anschließend wird angefügt die Zeilen 12 – 14.<br />
Annahme der Zeilen 71 – 77 (ohne die Nr. 7)<br />
Der Rest wird Material.<br />
396
3. Soweit die betroffenen Mitglieder das wünschen,<br />
wird ihre Mitgliedschaft künftig beitragsfrei<br />
fortgeführt.<br />
4. Der Geschäftsführende Hauptvorstand wird<br />
in Zusammenarbeit mit den Landesverbänden<br />
beauftragt, die betroffenen Mitglieder nach<br />
bestem Wissen und Gewissen zu ermitteln, die<br />
Entschuldigung in schriftlicher Form auszusprechen<br />
und ihnen diesen Beschluss mitzuteilen.<br />
5. Alle <strong>GEW</strong>-Mitglieder, die von einschlägigen<br />
Fällen wissen, werden gebeten, dem Geschäftsführenden<br />
Hauptvorstand Namen und/oder<br />
aktuelle Adressen betroffener Mitglieder mitzuteilen.<br />
6. In Zweifelsfällen entscheidet der Geschäftsführende<br />
Hauptvorstand. Betroffenen steht<br />
gegen den GV-Beschluss die Beschwerde zur<br />
Schiedskommission offen.<br />
7. Die Landesverbände fordern - soweit noch<br />
nicht geschehen – ihre Landesregierungen und<br />
Landtage auf, die notwendigen Maßnahmen zu<br />
treffen, die zur Rehabilitierung und Entschädigung<br />
derjenigen demokratischen und linken<br />
Aktiven erforderlich sind, die von Berufsverboten<br />
betroffen waren oder sind.<br />
Begründung<br />
HV Beschluss 109/12:<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
Resolution des <strong>GEW</strong>-Hauptvorstands zum Radikalenerlass<br />
Die <strong>GEW</strong> bewertet den "Radikalenerlass" und<br />
die darauf beruhende Politik der Berufsverbote<br />
als eine politische und rechtsstaatlich falsche<br />
Entscheidung, die eine verhängnisvolle gesellschaftliche<br />
Entwicklung in Gang gesetzt hat.<br />
Die Politik der Berufsverbote richtete sich<br />
gegen gesellschaftliche Alternativen zum kapitalistischen<br />
Wirtschafts- und Gesellschaftssystem<br />
und versuchte, diese zu kriminalisieren.<br />
Die Politik der Berufsverbote führte zu einer<br />
Gesinnungsschnüffelei, die Millionen Menschen<br />
betraf und verbreitete ein Klima der politischen<br />
Einschüchterung. Die Politik der Berufsverbote<br />
war und ist verfassungswidrig.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert eine umfassende Rehabilitierung<br />
der vom sogenannten "Radikalenerlass"<br />
85<br />
90<br />
95<br />
100<br />
397
vom 28. Januar 1972 und insbesondere der infolgedessen<br />
von Berufsverboten betroffenen<br />
Menschen durch Bund, Länder und Kommunen.<br />
Die <strong>GEW</strong> erwartet von der Politik, diese Fehlentscheidung<br />
einzugestehen und Vorschläge<br />
für Rehabilitationsmaßnahmen und Entschädigungsleistungen<br />
vorzulegen.<br />
Die <strong>GEW</strong> unterstützt die Forderung, die auf<br />
dem Radikalenerlass begründeten Akten dem<br />
Verfassungsschutz zu entziehen und sie an das<br />
Bundesarchiv weiterzuleiten, um sie den Betroffenen<br />
und der Wissenschaft zugänglich zu<br />
machen.<br />
Die <strong>GEW</strong> fordert die Bundesregierung auf, die<br />
sogenannte "Extremismusklausel" unverzüglich<br />
zu streichen. Sie kritisiert, dass verantwortliche<br />
politische Kräfte weiterhin den Eindruck zu vermitteln<br />
suchen, die "Feinde der Demokratie"<br />
stünden links. In diesem Zusammenhang diente<br />
die Berufsverbotepolitik schon immer der<br />
Blindheit auf dem rechten Auge.<br />
Die <strong>GEW</strong> bedauert die sogenannten Unvereinbarkeitsbeschlüsse<br />
und bittet die davon Betroffenen<br />
um Entschuldigung.<br />
Die <strong>GEW</strong> verweist in diesem Zusammenhang<br />
auf den Beschluss des Gewerkschaftstages von<br />
1980, in dem eine Aufhebung der Unvereinbarkeitsbeschlüsse<br />
von 1973 gefordert wird,<br />
weil diese "die Glaubwürdigkeit der<br />
Gewerkschaften in Frage stellen" und "selbst<br />
Gesinnungsschnüffelei in den eigenen Reihen"<br />
zur Folge hatten. Die <strong>GEW</strong> hat 1989 den Verweis<br />
auf die Unvereinbarkeitsbeschlüsse des<br />
DGB in § 8 Abs. 4 ihrer Satzung gestrichen.<br />
Göttingen, 16. März 2012<br />
105<br />
110<br />
115<br />
120<br />
125<br />
130<br />
135<br />
140<br />
145<br />
398
Anträge zum Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> in Düsseldorf vom 12.-16. Juni 2013<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
A. Anhang<br />
A.1 Verfahrensvorschlag der Antragskommission zu den<br />
Satzungsänderungsanträgen<br />
Hauptvorstand<br />
A.2 Anlage zu Antrag 4.1<br />
LV Sachsen-Anhalt<br />
A.3 Anlage zu Antrag 4.3<br />
Bundesfrauenausschuss<br />
A.4 Anhang zu Antrag 4.5<br />
LV Sachsen-Anhalt<br />
A.5 Anhang zu Antrag 4.10<br />
LV Sachsen-Anhalt<br />
399
Antragsgruppe 4<br />
Satzungsänderungsanträge<br />
Verfahrensvorschlag und Hinweise der Antragskommission<br />
Die Antragskommission spricht zu den Satzungsänderungsanträgen keine Empfehlungen aus,<br />
so dass über den Satzungsänderungsantrag in der ursprünglichen Form abgestimmt wird.<br />
Stattdessen gibt sie Hinweise zur Satzungssystematik.<br />
Die von einigen Antragstellern umfangreicherer Satzungsänderungsanträge intendierte<br />
zusammenhängende Beratung ist angesichts weiterer Satzungsänderungsanträge zu den<br />
gleichen Paragraphen nicht realisierbar.<br />
Die Satzungsänderungsanträge 4.1 (III/IV/V), 4.2, 4.3, 4.4 und 4.5 (VIII/IX/X/XI) müssen vor<br />
den Wahlen zum Geschäftsführenden Vorstand beraten und entschieden werden, weil sie im<br />
Falle der Annahme mit 2/3-Mehrheit auf die Zusammensetzung und Arbeitsweise des GV<br />
unmittelbaren Einfluss haben.<br />
Die weiteren zur Änderung vorgesehenen Satzungsparagraphen werden aufsteigend zur<br />
Beratung und Entscheidung aufgerufen.<br />
Für alle fristgerecht gestellten Satzungsänderungsanträge gilt im Übrigen, dass sie<br />
unverändert in der vom Antragsteller zu den einzelnen Paragraphen gestellten Form<br />
abgestimmt werden müssen, weil die Abstimmung in einzelnen Teilen eine unzulässige<br />
Veränderung des gestellten Antrags bedeutet.<br />
§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />
4.1 (LV Sachsen-Anhalt)<br />
III. In § 20 erhält die Ziffer 1 die folgende Fassung:<br />
1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören an:<br />
a) die Vorsitzende oder der Vorsitzende,<br />
b) fünf stellvertretende Vorsitzende mit jeweils einem der folgenden Arbeitsschwerpunkte:<br />
•Organisation, Service und Finanzen<br />
•Tarif- und Beamtenpolitik,<br />
•Bildungspolitik im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe,<br />
•Bildungspolitik im Bereich Schule,<br />
•Bildungspolitik im Bereich Hochschule, Forschung und Erwachsenenbildung<br />
Mindestens die Hälfte der Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes sollen Frauen sein.<br />
IV. § 20 Ziffer 4 wird gestrichen. Die bisherigen<br />
Ziffern 5 – 7 werden die neuen Ziffern 4 – 6.<br />
1
4.2 (LV Hamburg)<br />
Sollte der Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zur Änderung der Satzung der <strong>GEW</strong> zur<br />
Abstimmung kommen, so wäre hierin der Vorschlag für den neuen § 20 anzupassen:<br />
§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />
1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören an:<br />
a) die Vorsitzende oder der Vorsitzende,<br />
b) fünf stellvertretende Vorsitzende mit jeweils<br />
einem der folgenden Arbeitsschwerpunkte:<br />
• Organisation, Service und Finanzen,<br />
• Tarif-, Beamten- und Seniorinnen- und Seniorenpolitik,<br />
• Bildungspolitik im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe,<br />
• Bildungspolitik im Bereich Schule,<br />
• Bildungspolitik im Bereich Hochschule, Forschung und Erwachsenenbildung.<br />
4.3 (Bundesfrauenausschuss)<br />
1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören acht Mitglieder an, die Zusammensetzung<br />
entspricht der Geschlechterverteilung der Mitglieder.<br />
Er besteht aus den Mitgliedern der acht Vorstandsbereiche.<br />
• Finanzen,<br />
• Frauen-, Gleichstellungs- und Geschlechterpolitik,<br />
• Angestellten- und Beamtenpolitik,<br />
• Organisationsentwicklung,<br />
• Jugendhilfe und Sozialarbeit,<br />
• Schule,<br />
• Hochschule und Forschung,<br />
• Berufliche Bildung und Weiterbildung.<br />
Der Gewerkschaftstag wählt aus den acht Mitgliedern des Geschäftsführenden Vorstands<br />
zwei gleichberechtigte Vorsitzende, von denen mindestens eine Person eine Frau ist.<br />
Die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstands sollen über folgende Fähigkeiten<br />
verfügen, um ihre Aufgaben im Sinne eines Teams wirkungsvoll nach innen und außen zu<br />
erfüllen:<br />
• Team-Kompetenz<br />
• Gender-Kompetenz<br />
• Fach-Kompetenz<br />
• Medien- und Kommunikationskompetenz<br />
Sie werden bei der Teamentwicklung professionell begleitet.<br />
2. Weitere Handlungsfelder sowie ihre Verteilung auf die Mitglieder des Geschäftsführenden<br />
Vorstandes werden vom Hauptvorstand auf Vorschlag des Geschäftsführenden Vorstandes<br />
festgelegt. Die Zuständigkeit für Gender Mainstreaming liegt bei beiden Vorsitzenden, wobei<br />
die Verantwortung der Umsetzung bei allen Vorstandsmitgliedern liegen muss.<br />
2
4.4 (Hauptvorstand)<br />
§ 20 Nr. 1 Buchstabe b) der Satzung der <strong>GEW</strong> erhält folgende Fassung:<br />
b) die Mitglieder der Arbeitsbereiche<br />
- Finanzen<br />
- Frauenpolitik<br />
- Tarif- und Beamtenpolitik<br />
4.5 (LV Sachsen-Anhalt)<br />
VIII. In § 20 wird folgender neuer Satz 2 eingefügt:<br />
Er trifft Entscheidungen zu Haushaltsfragen im Rahmen des vom Hauptvorstand<br />
beschlossenen Haushaltsplanes.<br />
Der bisherige Satz 2 wird der neue Satz 3 und erhält die folgende Fassung:<br />
Er unterstützt die Zusammenarbeit der Landesverbände und koordiniert federführend die<br />
Beratungen der Bundesgremien (Organe und Bundesausschüsse).<br />
§ 21 Die Vorsitzende/der Vorsitzende<br />
4.1 (LV Sachsen-Anhalt)<br />
V. In § 21 werden zwei Mal die Worte "leitet die stellvertretende Vorsitzende bzw. der<br />
stellvertretende Vorsitzende" ersetzt durch die Worte:<br />
leiten die stellvertretenden Vorsitzenden.<br />
4.5 (LV Sachsen-Anhalt)<br />
IX. § 21 erhält eine Unterteilung in Ziffern:<br />
• Satz 1 wird die neue Ziffer 1,<br />
• die Sätze 2 und 3 werden die neue Ziffer 2,<br />
• die Sätze 4 und 5 werden die neue Ziffer 3.<br />
X. In § 21 werden in der neuen Ziffer 1:<br />
• die Worte "allein oder gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Hauptvorstandes" durch<br />
die Worte „nach außen“ ersetzt und<br />
• folgender Satz 2 angefügt:<br />
Bei Rechtsgeschäften vertritt die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende die <strong>GEW</strong> mit einem<br />
weiteren Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes.<br />
XI. In § 21 wird in der neuen Ziffer 2 der Satz 2 gestrichen.<br />
§ 5 Zweck und Aufgabe<br />
4.6 (BA der Studentinnen und Studenten/BFGA Hochschule und Forschung)<br />
Als neuer § 5 Ziffer 2. der Satzung der <strong>GEW</strong> wird folgender Text beschlossen:<br />
3
Die <strong>GEW</strong> nimmt das allumfassende Streikrecht im Sinne eines Politischen Streiks wahr.<br />
Dieses Recht folgt aus Artikel 6 Absatz 4 der Europäischen Menschenrechts- und<br />
Sozialcharta, den Übereinkommen 87 (Vereinigungsfreiheit) und 98 (Versammlungsfreiheit)<br />
der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).<br />
Ziffern 2. bis 4. werden 3. bis 5.<br />
Hinweis der Antragskommission<br />
<br />
Der Änderungsantrag gehört nach der Systematik der <strong>GEW</strong>-Satzung nicht zu § 5. Der<br />
in der Begründung zitierte Wortlaut der Satzung der IG Bau würde systematisch zu<br />
§ 3 gehören. Der Wortlaut dieses Antrages passt weder zu § 5 noch zu § 3.<br />
§ 6 Organisationsbereich<br />
4.7 (BA der Studentinnen und Studenten/BFGA Hochschule und Forschung)<br />
Es wird ein neuer Punkt 3a eingefügt:<br />
Als Mitglieder können ferner solche Personen aufgenommen werden, die sich nicht nur<br />
kurzfristig in staatlichem Gewahrsam und somit in einem besonderen Erziehungsverhältnis<br />
befinden und die in diesem Zusammenhang einer Arbeitspflicht unterworfen sind.<br />
<br />
Hinweis der Antragskommission<br />
Der Satzungsänderungsantrag ist nicht vereinbar mit § 6 Ziffer 1 und 2 der <strong>GEW</strong>-<br />
Satzung, in dem der Organisationsbereich der <strong>GEW</strong> innerhalb des DGB abschließend<br />
benannt wird.<br />
4.5 (LV Sachsen-Anhalt)<br />
I. In § 6 erhält die Ziffer 3 die folgende Fassung:<br />
3. Mitglied kann auch werden, wer sich in einem Studium bzw. in einer anderweitigen<br />
Ausbildung befindet, das bzw. die eine spätere Tätigkeit im Organisationsbereich der <strong>GEW</strong><br />
ermöglicht, oder wer eine Tätigkeit in diesem Bereich anstrebt. <strong>Das</strong> Weitere regelt der<br />
Hauptvorstand.<br />
§ 7 Gliederung der Gewerkschaft<br />
4.7 (BA der Studentinnen und Studenten/BFGA Hochschule und Forschung)<br />
I. In § 6 erhält die Ziffer 3 die folgende Fassung:<br />
3. Mitglied kann auch werden, wer sich in einem Studium bzw. in einer anderweitigen<br />
Ausbildung befindet, das bzw. die eine spätere Tätigkeit im Organisationsbereich der <strong>GEW</strong><br />
ermöglicht, oder wer eine Tätigkeit in diesem Bereich anstrebt. <strong>Das</strong> Weitere regelt der<br />
Hauptvorstand.<br />
– Personen, die in einer Justizvollzugsanstalt bzw. in funktions- oder zweckähnlichen<br />
Einrichtung als Strafgefangene oder Sicherungsverwahrte festgehalten werden,<br />
4
Hinweis der Antragskommission<br />
Siehe Hinweis zu § 6<br />
Die im Satzungsänderungsantrag 4.8 genannten Folgeregelungen sind Aufgabe des<br />
HV und nicht satzungsändernd.<br />
§ 10 Beitrag<br />
4.5 (LV Sachsen-Anhalt)<br />
II. In § 10 Ziffer 1 erhält Satz 1 die folgende Fassung:<br />
Zur Durchführung ihrer Aufgaben erhebt die <strong>GEW</strong> einen Mitgliedsbeitrag. Die Höhe der<br />
Mitgliedsbeiträge wird vom Gewerkschaftstag in einer Beitragsordnung festgelegt.<br />
Der bisherige Satz 2 wird der neue Satz 3.<br />
III. In § 10 werden in der Ziffer 3 die folgenden Sätze 1 und 2 vorangestellt:<br />
Der Gewerkschaftstag entscheidet über die grundlegende Verteilung der Mitgliedsbeiträge.<br />
Dies umfasst u.a. den Anteil für die <strong>GEW</strong> auf Bundesebene, die Zuführungen zum Kampffonds<br />
und die Finanzierung von Gemeinschaftsaufgaben.<br />
Der bisherige einzige Satz wird der neue Satz 3.<br />
IV. In § 10 wird folgende neue Ziffer 4 aufgenommen:<br />
4. Die Finanzverwaltung der <strong>GEW</strong> wird durch eine Haushalts- und Kassenordnung geregelt,<br />
die vom Hauptvorstand beschlossen wird. Für die Prüfung der ordnungsgemäßen<br />
Durchführung der Finanzverwaltung und der satzungsgemäßen Verwendung der<br />
Mitgliedsbeiträge wird eine Revisionskommission gebildet. <strong>Das</strong> Nähere regelt der<br />
Hauptvorstand.<br />
§ 12 Gewerkschaftstag<br />
4.8 (LV Hessen)<br />
§ 12 (neu): Der Gewerkschaftstag bestimmt die Richtlinien für die Arbeit der <strong>GEW</strong> und<br />
entscheidet über die Grundsätze der Haushaltspolitik und den Haushalt des auf den<br />
Gewerkschaftstag folgenden Kalenderjahres sowie endgültig über alle weiteren<br />
Angelegenheiten der <strong>GEW</strong>.<br />
Hinweis der Antragskommission<br />
<br />
In der bisherigen Systematik der <strong>GEW</strong>-Satzung hat sich der Gewerkschaftstag keine<br />
speziellen Einzelaufgaben zugewiesen. Die Antragskommission hält es nicht für<br />
sinnvoll, diese Systematik aufzugeben, weil die Entscheidung des Gewerkschaftstages<br />
über einen einzelnen Haushalt des Folgejahres Termine im 1. Halbjahr unmöglich<br />
erscheinen lässt.<br />
5
§ 13 Gewerkschaftstag<br />
4.12 (BA Multikulturelle Angelegenheiten)<br />
§ 13 1.<br />
,g) mindestens eine Delegierte/ein Delegierter je Landesverband aus dem Bereich der<br />
Landesausschüsse Multikulturelle Angelegenheiten (LAMA – in manchen Landesverbänden<br />
mit anderer Bezeichnung)<br />
Hinweis der Antragskommission<br />
<br />
Die gültige <strong>GEW</strong>-Satzung definiert den BAMA nicht als Personengruppe.<br />
§ 18 Hauptvorstand<br />
4.1 (LV Sachsen-Anhalt)<br />
I. In § 18 werden in Ziffer 1 Buchstaben c) die folgenden Worte angefügt:<br />
; nach Buchstabe b) zwei weitere Vertreterinnen oder Vertreter<br />
4.5 (LV Sachsen-Anhalt)<br />
V. In § 18 werden in der Ziffer 2:<br />
• im Satz 2 die Worte „im Rahmen der Beschlüsse nach §10 Ziffer 3“ angefügt und<br />
• im Satz 5 die Worte „oder Geschäftsordnung“ gestrichen.<br />
VI. In § 18 erhält die Ziffer 6 die folgende<br />
Fassung:<br />
6. Der Hauptvorstand kann geschäftsführende Landesvorstände bestellen, sofern ein<br />
Landesverband dazu nicht in der Lage ist. Dies gilt auch für die Bestellung von<br />
Landesschiedskommissionen. Die Amtszeit von geschäftsführenden Landesvorständen, die<br />
der Hauptvorstand bestellt, endet mit der Wahl durch das zuständige Gremium.<br />
4.8 (LV Hessen)<br />
§ 18 Hauptvorstand<br />
2. (neu) Der Hauptvorstand berät und entscheidet Grundsatzfragen der <strong>GEW</strong>, soweit<br />
Beschlüsse des Gewerkschaftstages nicht entgegenstehen. Der Hauptvorstand entscheidet<br />
über die Haushalte und gegebenenfalls Nachtragshaushalte der <strong>GEW</strong> mit Ausnahme des<br />
Haushalts für das Kalenderjahr nach dem Gewerkschaftstag (siehe § 12).<br />
Hinweis der Antragskommission<br />
Siehe Hinweis zu § 12<br />
6
4.10 (LV Sachsen-Anhalt)<br />
I. In § 18 wird in der Ziffer 4 der folgende neue Satz 2 eingefügt:<br />
Er gibt sich für seine Arbeit eine Geschäftsordnung.<br />
Die bisherigen Sätze 2 – 5 werden die neuen Sätze 3 - 6<br />
II. In § 18 erhält die Ziffer 5 die folgende Fassung:<br />
5. Der Hauptvorstand erlässt eine Organisationsrichtlinie, in der u.a. folgende Sachverhalte<br />
geregelt werden:<br />
a) die Durchführung von Arbeitskämpfen (§ 5 Ziffer 4)<br />
b) die Aufnahme von Mitgliedern (§ 6 Ziffern 3 und 5 und § 8 Ziffer 1)<br />
c) die Organisation von Arbeitsgruppen bundesunmittelbarer Mitglieder (§ 7 Ziffer 2)<br />
d) die Haushalts- und Kassenordnung sowie die Besetzung und das Verfahren für die<br />
Revisionskommission<br />
(§ 10 Ziffer 4)<br />
e) die Einrichtung und die Aufgabenstellung von Arbeitsgemeinschaften und Ausschüssen auf<br />
Dauer (§ 18 Ziffer 2)<br />
f) die Übertragung von Kompetenzen an den KOVO (§ 18 Ziffer 3)<br />
g) die Verteilung weiterer Arbeitsbereiche auf die Mitglieder des GV (§ 20 Ziffer 2)<br />
h) die Arbeit von Bundesausschüssen und ihre Zuordnung zu den jeweils verantwortlichen<br />
Mitgliedern des GV (§ 23 Ziffern 1 und 2)<br />
i) die Arbeit in der Bundesstelle für Rechtsschutz (§ 27)<br />
j) Grundsätze für die Entnahme von Mitteln aus dem Kampffonds<br />
k) Grundsätze der Vertrauensleutearbeit<br />
4.11 (BFGA Realschulen, Hauptschulen)<br />
§ 18 Ziffer 1c erhält folgende Fassung:<br />
c) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesausschüsse gemäß § 22 Ziffer 1 c – o,<br />
zwei Vertreterinnen oder Vertreter gemäß § 22 Ziffer 1a, drei Vertreterinnen oder Vertreter<br />
gemäß § 22 Ziffer 1 b<br />
§ 19 Koordinierungsvorstand<br />
4.5 (LV Sachsen-Anhalt)<br />
VII. In § 19 werden in der Ziffer 2 die Sätze 2, 4 und 5 gestrichen.<br />
4.10 (LV Sachsen-Anhalt)<br />
III. In § 19 wird in der Ziffer 3 der folgende Satz 3 angefügt:<br />
Er gibt sich für seine Arbeit eine Geschäftsordnung.<br />
7
§ 22 Bundesausschüsse<br />
4.11 (BFGA Realschulen)<br />
§ 22 Ziffer 1 erhält folgende Fassung:<br />
Es bestehen folgende Bundesausschüsse<br />
a) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende Schulen (Primarstufe)<br />
b) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende Schulen (Sekundstufe I)<br />
c) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende Schulen (Sekundarstufe II)<br />
d) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende Schulen (Schulaufsicht und<br />
Schulverwaltung)<br />
e) Bundesfachgruppenausschuss Erwachsenenbildung<br />
f) Bundesfachgruppenausschuss gewerbliche Schulen<br />
g) Bundesfachgruppenausschuss Hochschule und Forschung<br />
h) Bundesfachgruppenausschuss Kaufmännische Schulen<br />
i) Bundesfachgruppenausschuss Sozialpädagogische Berufe<br />
k) Bundesausschuss für Seniorinnen und Senioren<br />
l) Bundesausschuss „Junge <strong>GEW</strong>“<br />
m) Bundesausschuss für Studentinnen und Studenten<br />
n) Bundesfrauenausschuss<br />
o) Bundesausschuss für multikulturelle Angelegenheiten<br />
4.12 (BA Multikulturelle Angelegenheiten)<br />
§ 22, Ziff. 1 r <strong>GEW</strong>-Satzung erhält folgende Fassung:<br />
r) Bundesausschuss Migration, Diversity, Antidiskriminierung<br />
4.1 (LV Sachsen-Anhalt)<br />
VI. In § 22 Ziffer 1 erhalten die Buchstaben a – e die folgende Fassung:<br />
a) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende Schulen (Primarbereich)<br />
b) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende Schulen (Sekundarbereich)<br />
c) Bundesfachgruppenausschuss Berufsbildende Schulen<br />
d) Bundesfachgruppenausschuss Erwachsenenbildung<br />
e) Bundesfachgruppenausschuss Hochschule und Forschung<br />
Die bisherigen Buchstaben k – r werden die neuen Buchstaben f – n.<br />
§ 23 Bundesausschüsse<br />
4.5 (LV Sachsen-Anhalt)<br />
XII. § 23 erhält eine Unterteilung in Ziffern:<br />
• der Satz 1 wird die neue Ziffer 1,<br />
• die Sätze 2 und 3 werden die neue Ziffer 3,<br />
• die Sätze 4 und 5 werden die neue Ziffer 4,<br />
• der Satz 6 wird die neue Ziffer 5.<br />
XIII. In § 23 wird:<br />
8
in der neuen Ziffer 1 folgender neuer Satz 2 angefügt:<br />
• <strong>Das</strong> Nähere regelt der Hauptvorstand.<br />
• folgende neue Ziffer 2 eingefügt:<br />
2. Die Bundesausschüsse stimmen sich in ihrer Arbeit mit den jeweils verantwortlichen<br />
Mitgliedern des Geschäftsführenden Vorstandes ab. Über die Zuordnung beschließt der HV<br />
auf Vorschlag des Geschäftsführenden Vorstandes.<br />
•in der neuen Ziffer 4 im Satz 2 die Worte „ Die Aufgabe des Koordinierungsausschusses für<br />
Fachgremienarbeit“ durch die Worte „Seine Aufgabe“ ersetzt,<br />
• in der neuen Ziffer 5 das Wort „Er“ durch die Worte „Der Koordinierungsausschuss für<br />
Fachgremienarbeit“ ersetzt.<br />
XIV. In § 23 erhält die Ziffer 1 die folgende Fassung:<br />
1. Die Bundesausschüsse bestehen aus je einer Vertreterin oder einem Vertreter aus den<br />
Landesverbänden. Diese werden von den Landesverbänden entsandt. Der Hauptvorstand<br />
kann weitere Mitglieder berufen.<br />
4.10 (LV Sachsen-Anhalt)<br />
IV. In § 23 wird in der Ziffer 5 der folgende neue Satz 2 angefügt:<br />
Er gibt sich für seine Arbeit eine Geschäftsordnung.<br />
4.11 (BFGA Realschulen)<br />
§ 23 a enthält folgende Fassung:<br />
a) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesausschüsse gemäß § 22 Ziffer 1 c – o,<br />
zwei Vertreterinnen oder Vertreter gemäß § 22 Ziffer 1a, drei Vertreterinnen oder Vertreter<br />
gemäß § 22 Ziffer 1 b<br />
4.13 (LV Hamburg)<br />
§ 23 Die Bundesausschüsse bearbeiten die in ihr Gebiet fallenden Aufgaben von sich aus<br />
oder im Auftrag der im § 11 genannten Organe der <strong>GEW</strong>, für die sie in diesem Gebiet<br />
gleichzeitig Sacharbeit leisten. Dem Bundesseniorenausschuss obliegt es insbesondere, sich<br />
um alle Fragen der Seniorinnen- und Seniorenpolitik zu kümmern und, unter<br />
Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich hierbei um eine gewerkschaftliche<br />
Querschnittaufgabe handelt, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit dem zuständigen GV-<br />
Mitglied andere Organe, Gliederungen oder Gremien der <strong>GEW</strong> einzubeziehen.<br />
§ 24 Bundesausschüsse<br />
4.11 (BFGA Realschulen)<br />
§ 24 Satz 1 erhält folgende Fassung: 1) Die Bundesausschüsse bestehen in der Regel aus je<br />
einem Vertreter oder einer Vertreterin gemäß § 22 Ziffer 1 a, c – o und aus 2 Vertreterinnen<br />
oder Vertretern gemäß § 22 Ziffer 1 b bestehender Landesfachgruppen.<br />
9
4.14 (BFGA Grundschulen, Sonderpädagogische Berufe, Gesamtschulen, Gymnasien)<br />
§ 24 Ziffer 1 Satz 1 erhält folgende Fassung (Änderung fett):<br />
Die Bundesausschüsse bestehen aus je einer Vertreterin oder einem Vertreter der<br />
bestehenden Landesfachgruppen oder entsprechender, vom jeweiligen Landesvorstand<br />
autorisierter Gremien. Die Vorsitzende oder der Vorsitzende bzw. ein Mitglied des<br />
Leitungsteams nach § 24 Ziff. 3 werden auf diese Zahl nicht angerechnet.<br />
Die Benennung erfolgt durch die Landesverbände.<br />
Weitere Mitglieder können vom Hauptvorstand und vom Bundesausschuss im gegenseitigen<br />
Einvernehmen berufen werden.<br />
10
Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zur Änderung der Satzung der <strong>GEW</strong> – Strukturänderungen (GV und Bundesausschüsse)<br />
hier: Synopse der Änderungen<br />
Satzung der <strong>GEW</strong> (Fassung GT 2009) Antrag zur Änderung der Satzung Bemerkungen<br />
§ 18 Hauptvorstand<br />
1. Dem Hauptvorstand gehören an:<br />
a) Delegierte der Landesverbände: bis 15.000 Mitglieder<br />
eine Delegierte bzw. ein Delegierter, mehr als<br />
15.000 Mitglieder zwei Delegierte,<br />
b) eine Vertreterin oder ein Vertreter der Arbeitsgruppen<br />
der bundesunmittelbaren Mitglieder gemäß<br />
§ 7 Ziffer 2,<br />
c) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesausschüsse<br />
gemäß § 22,<br />
d) eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesstelle<br />
für Rechtsschutz,<br />
e) die Mitglieder des Koordinierungsvorstandes<br />
gemäß § 19 Ziffer 1.<br />
§ 18 Hauptvorstand<br />
1. Dem Hauptvorstand gehören an:<br />
a) Delegierte der Landesverbände: bis 15.000 Mitglieder<br />
eine Delegierte bzw. ein Delegierter, mehr als<br />
15.000 Mitglieder zwei Delegierte,<br />
b) eine Vertreterin oder ein Vertreter der Arbeitsgruppen<br />
der bundesunmittelbaren Mitglieder gemäß § 7<br />
Ziffer 2,<br />
c) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesausschüsse<br />
gemäß § 22; nach Buchstabe b) zwei<br />
weitere Vertreterinnen oder Vertreter,<br />
d) eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesstelle<br />
für Rechtsschutz,<br />
e) die Mitglieder des Koordinierungsvorstandes<br />
gemäß § 19 Ziffer 1.<br />
Nach der Zusammenlegung von Bundesausschüsse<br />
schulischer Fachgruppe soll die Präsenz<br />
im HV weitgehend erhalten bleiben, da ansonsten<br />
die Gruppe der Lehrkräfte im HV noch<br />
stärker unterrepräsentiert ist.<br />
§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />
1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören an:<br />
a) die Vorsitzende oder der Vorsitzende,<br />
b) die Mitglieder der Arbeitsbereiche<br />
- Finanzen,<br />
- Frauenpolitik,<br />
- Angestellten- und Beamtenpolitik,<br />
c) vier Mitglieder für die Organisationsbereiche<br />
- Jugendhilfe und Sozialarbeit,<br />
- Schule,<br />
- Hochschule und Forschung,<br />
- Berufliche Bildung und Weiterbildung.<br />
…<br />
4. Aus der Mitte der Mitglieder des Geschäftsführenden<br />
Vorstandes nach Ziffer 1 Buchstaben b) und c) wird<br />
die stellvertretende Vorsitzende oder der stellvertretende<br />
Vorsitzende in einem gesonderten Wahlgang<br />
gewählt. Eine der beiden Vorsitzenden nach Ziffer 1<br />
Buchstabe a) und Ziffer 4 soll eine Frau sein.<br />
§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />
1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören an:<br />
a) die Vorsitzende oder der Vorsitzende,<br />
b) fünf stellvertretende Vorsitzende mit jeweils einem<br />
der folgenden Arbeitsschwerpunkte<br />
- Organisation, Service und Finanzen<br />
- Tarif- und Beamtenpolitik,<br />
- Bildungspolitik im Bereich der Kinder- und<br />
Jugendhilfe,<br />
- Bildungspolitik im Bereich Schule,<br />
- Bildungspolitik im Bereich Hochschule,<br />
Forschung und Erwachsenenbildung.<br />
Mindestens die Hälfte der Mitglieder des Geschäftsführenden<br />
Vorstandes sollen Frauen sein.<br />
(…)
§ 21 Die Vorsitzende / der Vorsitzende<br />
…<br />
Bei Verhinderung der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden<br />
leitet die stellvertretende Vorsitzende bzw. der stellvertretende<br />
Vorsitzende die <strong>GEW</strong>, bei Ausscheiden der Vorsitzenden<br />
bzw. des Vorsitzenden leitet die stellvertretende<br />
Vorsitzende bzw. der stellvertretende Vorsitzende die <strong>GEW</strong><br />
bis zur Neuwahl der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden<br />
durch den Gewerkschaftstag.<br />
§ 22<br />
1. Es bestehen folgende Bundesausschüsse<br />
a) Bundesfachgruppenausschuss Erwachsenenbildung<br />
b) Bundesfachgruppenausschuss Gesamtschulen<br />
c) Bundesfachgruppenausschuss Gewerbliche Schulen<br />
d) Bundesfachgruppenausschuss Grundschulen<br />
e) Bundesfachgruppenausschuss Gymnasien<br />
f) Bundesfachgruppenausschuss Hauptschulen<br />
g) Bundesfachgruppenausschuss Hochschule und Forschung<br />
h) Bundesfachgruppenausschuss Kaufmännische Schulen<br />
i) Bundesfachgruppenausschuss Realschulen<br />
k) Bundesfachgruppenausschuss Schulaufsicht und<br />
Schulverwaltung<br />
l) Bundesfachgruppenausschuss Sonderpädagogische<br />
Berufe<br />
m) Bundesfachgruppenausschuss Sozialpädagogische<br />
Berufe<br />
n) Bundesausschuss für Seniorinnen und Senioren<br />
o) Bundesausschuss „Junge <strong>GEW</strong>“<br />
p) Bundesausschuss der Studentinnen und Studenten<br />
q) Bundesfrauenausschuss<br />
r) Bundesausschuss für multikulturelle Angelegenheiten<br />
§ 21 Die Vorsitzende / der Vorsitzende<br />
…<br />
2. Bei Verhinderung der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden<br />
leiten die stellvertretenden Vorsitzenden die<br />
<strong>GEW</strong>, bei Ausscheiden der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden<br />
leiten die stellvertretenden Vorsitzenden<br />
die <strong>GEW</strong> bis zur Neuwahl der Vorsitzenden bzw. des<br />
Vorsitzenden durch den Gewerkschaftstag.<br />
§ 22<br />
1. Es bestehen folgende Bundesausschüsse<br />
d) Bundesfachgruppenausschuss Erwachsenenbildung<br />
b) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />
Schulen (Sekundarbereich)<br />
c) Bundesfachgruppenausschuss Berufsbildende<br />
Schulen<br />
a) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />
Schulen (Primarbereich)<br />
(…)<br />
(…)<br />
e) Bundesfachgruppenausschuss Hochschule und<br />
Forschung<br />
(…)<br />
(…)<br />
f) Bundesfachgruppenausschuss Schulaufsicht und<br />
Schulverwaltung<br />
g) Bundesfachgruppenausschuss Sonderpädagogische<br />
Berufe<br />
h) Bundesfachgruppenausschuss Sozialpädagogische<br />
Berufe<br />
i) Bundesausschuss für Seniorinnen und Senioren<br />
k) Bundesausschuss „Junge <strong>GEW</strong>“<br />
l) Bundesausschuss der Studentinnen und Studenten<br />
m) Bundesfrauenausschuss<br />
n) Bundesausschuss für multikulturelle Angelegenheiten.
Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> 2013<br />
Titel des Antrags:<br />
Änderung der <strong>GEW</strong>-Satzung in § 20 der <strong>GEW</strong>-Satzung Ziff. 1.und 2.<br />
(Geschäftsführender Vorstand)<br />
Antragsteller: Bundesfrauenausschuss<br />
<strong>GEW</strong>-Satzung (zuletzt geändert 2009) 1<br />
Antrag des BFA auf Satzungsänderung an den HV<br />
(Änderungen sind kursiv hinterlegt)<br />
§ 20 Geschäftsführender Vorstand § 20 Geschäftsführender Vorstand<br />
1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören<br />
an:<br />
1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören acht<br />
Mitglieder an, die Zusammensetzung entspricht der<br />
Geschlechterverteilung der Mitglieder. Er besteht aus<br />
den Mitgliedern der acht Vorstandsbereiche.<br />
a) die Vorsitzende oder der Vorsitzende,<br />
b) die Mitglieder der Arbeitsbereiche<br />
– Finanzen, – Finanzen,<br />
– Frauenpolitik, – Frauen-, Gleichstellungs- und Geschlechterpolitik,<br />
– Angestellten- und Beamtenpolitik, – Angestellten- und Beamtenpolitik,<br />
c) vier Mitglieder für die Organisationsbereiche – Organisationsentwicklung,<br />
– Jugendhilfe und Sozialarbeit, – Jugendhilfe und Sozialarbeit,<br />
– Schule, – Schule,<br />
– Hochschule und Forschung, – Hochschule und Forschung,<br />
– Berufliche Bildung und Weiterbildung. – Berufliche Bildung und Weiterbildung.<br />
Der Gewerkschaftstag wählt aus den acht Mitgliedern<br />
des Geschäftsführenden Vorstands zwei<br />
gleichberechtigte Vorsitzende, von denen mindestens<br />
eine Person eine Frau ist.<br />
Die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstands<br />
sollen über folgende Fähigkeiten verfügen, um ihre<br />
Aufgaben im Sinne eines Teams wirkungsvoll nach<br />
innen und außen zu erfüllen:<br />
- Team-Kompetenz<br />
- Gender-Kompetenz<br />
- Fach-Kompetenz<br />
- Medien- und Kommunikationskompetenz<br />
Sie werden bei der Teamentwicklung professionell<br />
begleitet.<br />
2. Weitere Arbeitsbereiche sowie ihre Verteilung<br />
auf die Mitglieder des Geschäftsführenden<br />
Vorstandes werden vom Hauptvorstand auf<br />
Vorschlag des Geschäftsführenden Vorstandes<br />
festgelegt.<br />
2. Weitere Handlungsfelder sowie ihre Verteilung auf<br />
die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes<br />
werden vom Hauptvorstand auf Vorschlag des<br />
Geschäftsführenden Vorstandes festgelegt. Die<br />
Zuständigkeit für Gender Mainstreaming liegt bei<br />
beiden Vorsitzenden, wobei die Verantwortung der<br />
Umsetzung bei allen Vorstandsmitgliedern liegen<br />
muss.<br />
1 <strong>GEW</strong>-Satzung, beschlossen vom Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> am 4. Juni 1968 in Nürnberg zuletzt geändert vom<br />
Gewerkschaftstag 2009 in Nürnberg
Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zur Änderung der Satzung der <strong>GEW</strong> – Anpassung der Satzung an die Organisationswirklichkeit<br />
hier: Synopse der Änderungen<br />
Satzung der <strong>GEW</strong> (Fassung GT 2009) Antrag zur Änderung der Satzung Bemerkungen<br />
§ 6<br />
…<br />
3. Studierende, die ein Studienfach studieren, das auf<br />
eine spätere Tätigkeit im Organisationsbereich der<br />
<strong>GEW</strong> ermöglicht, oder eine Tätigkeit in diesem<br />
Bereich anstreben, werden als Mitglied aufgenommen.<br />
<strong>Das</strong> Weitere regelt der Hauptvorstand.<br />
VII. Beitrag<br />
§ 6<br />
…<br />
3. Mitglied kann auch werden, wer sich in einem<br />
Studium bzw. in einer anderweitigen Ausbildung<br />
befindet, das bzw. die eine spätere Tätigkeit<br />
im Organisationsbereich der <strong>GEW</strong> ermöglicht,<br />
oder wer eine Tätigkeit in diesem Bereich anstrebt.<br />
<strong>Das</strong> Weitere regelt der Hauptvorstand.<br />
VII. Beiträge und Finanzverwaltung<br />
§ 10<br />
1. Zur Durchführung ihrer Aufgaben erhebt die <strong>GEW</strong><br />
einen Mitgliedsbeitrag, dessen Höhe sowie der Anteil der<br />
<strong>GEW</strong> auf Bundesebene vom Gewerkschaftstag festgelegt<br />
werden. Der Gewerkschaftstag kann dem Hauptvorstand<br />
ein Mandat zur Änderung der Beitragsordnung erteilen.<br />
2. Die regelmäßige Entrichtung des vom Gewerkschaftstag<br />
festgelegten Beitrags in der vom Hauptvorstand vorgeschriebenen<br />
Zahlungsart ist Voraussetzung für die Mitgliedschaft<br />
in der <strong>GEW</strong>. Bezahlt ein Mitglied trotz<br />
zweimaliger schriftlicher Mahnung durch die einziehende<br />
Stelle seinen Beitrag nicht, so gilt die Verweigerung der<br />
Beitragszahlung als Erklärung des Austritts.<br />
3. Die Landesverbände verwalten ihr Eigentum und ihren<br />
Beitragsanteil selbst.<br />
§ 10<br />
1. Zur Durchführung ihrer Aufgaben erhebt die <strong>GEW</strong> einen<br />
Mitgliedsbeitrag. Die Höhe der Mitgliedsbeiträge wird<br />
vom Gewerkschaftstag in einer Beitragsordnung<br />
festgelegt. Der Gewerkschaftstag kann dem Hauptvorstand<br />
ein Mandat zur Änderung der Beitragsordnung erteilen.<br />
2. Die regelmäßige Entrichtung des vom Gewerkschaftstag<br />
festgelegten Beitrags in der vom Hauptvorstand vorgeschriebenen<br />
Zahlungsart ist Voraussetzung für die Mitgliedschaft<br />
in der <strong>GEW</strong>. Bezahlt ein Mitglied trotz zweimaliger<br />
schriftlicher Mahnung durch die einziehende Stelle<br />
seinen Beitrag nicht, so gilt die Verweigerung der Beitragszahlung<br />
als Erklärung des Austritts.<br />
3. Der Gewerkschaftstag entscheidet über die grundlegende<br />
Verteilung der Mitgliedsbeiträge. Dies umfasst<br />
u.a. den Anteil für die <strong>GEW</strong> auf Bundesebene,<br />
die Zuführungen zum Kampffonds und die Finanzierung<br />
von Gemeinschaftsaufgaben. Die Landesverbände<br />
verwalten ihr Eigentum und ihren Beitragsanteil selbst.<br />
4. Die Finanzverwaltung der <strong>GEW</strong> wird durch eine<br />
Haushalts- und Kassenordnung geregelt, die vom<br />
Hauptvorstand beschlossen wird. Für die Prüfung<br />
der ordnungsgemäßen Durchführung der Finanzverwaltung<br />
und der satzungsgemäßen Verwendung<br />
der Mitgliedsbeiträge wird eine Revisionskommission<br />
gebildet. <strong>Das</strong> Nähere hierzu regelt der Hauptvorstand.<br />
Es wird in der Satzung bestimmt, dass es eine Beitragsordnung<br />
gibt, in der durch den GT die Höhe der<br />
Mitgliedsbeiträge festgelegt wird.<br />
Es wird eine Satzungsgrundlage für die Beschlüsse zu<br />
den „Grundsätzen der Haushaltspolitik“ geschaffen.<br />
Es wird eine Satzungsgrundlage für den Beschluss<br />
des HV über eine Haushalts- und Kassenordnung<br />
und zur Einsetzung einer Revisionskommission geschaffen.
§ 18 Hauptvorstand<br />
…<br />
2. Der Hauptvorstand berät und entscheidet Grundsatzfragen<br />
der <strong>GEW</strong>, soweit Beschlüsse des Gewerkschaftstages<br />
nicht entgegenstehen. Der Hauptvorstand entscheidet<br />
über den Haushalt der <strong>GEW</strong>.<br />
…<br />
Er bestimmt im Rahmen der Beschlüsse des Gewerkschaftstages<br />
die <strong>GEW</strong>-Politik. Er kann auf Dauer oder<br />
auf Zeit Arbeitsgruppen, Kommissionen, Ausschüsse<br />
und Arbeitsgemeinschaften bilden. Er regelt die Aufgabenstellung<br />
durch Beschluss oder Geschäftsordnung. §<br />
24 Ziffer 3 gilt entsprechend für alle eingerichteten<br />
Ausschüsse.<br />
6. Der Hauptvorstand bestellt Organe und Mitglieder von<br />
Organen der <strong>GEW</strong> oder ihrer Gliederungen, sofern die<br />
zuständigen Gremien dazu trotz Aufforderung nicht in<br />
der Lage sind. Dies gilt auch für die Bestellung von<br />
Landesschiedskommissionen. Die Amtszeit von Organen<br />
und Organmitgliedern, die der Hauptvorstand bestellt,<br />
endet mit der Wahl von Organen und Mitgliedern<br />
von Organen durch die zuständigen Gremien.<br />
§ 19 Koordinierungsvorstand<br />
…<br />
2. Der Koordinierungsvorstand koordiniert die <strong>GEW</strong>-<br />
Politik des Geschäftsführenden Vorstandes und der<br />
Landesverbände. Er trifft Entscheidungen zu Haushaltsfragen,<br />
sofern sie nicht vom Gewerkschaftstag getroffen<br />
werden und nicht über den Rahmen des Haushaltsplanes<br />
hinausgehen. Er kann vorübergehend Arbeitsgruppen<br />
mit begrenztem Arbeitsauftrag einrichten.<br />
Er ist dem Hauptvorstand rechenschaftspflichtig. Weitere<br />
Aufgaben des Koordinierungsvorstandes werden<br />
vom Hauptvorstand festgelegt.<br />
§ 18 Hauptvorstand<br />
…<br />
2. Der Hauptvorstand berät und entscheidet Grundsatzfragen<br />
der <strong>GEW</strong>, soweit Beschlüsse des Gewerkschaftstages<br />
nicht entgegenstehen. Der Hauptvorstand entscheidet<br />
über den Haushalt der <strong>GEW</strong> im Rahmen der<br />
Beschlüsse nach § 10 Ziffer 3. Er bestimmt im Rahmen<br />
der Beschlüsse des Gewerkschaftstages die <strong>GEW</strong>-<br />
Politik. Er kann auf Dauer oder auf Zeit Arbeitsgruppen,<br />
Kommissionen, Ausschüsse und Arbeitsgemeinschaften<br />
bilden. Er regelt die Aufgabenstellung durch<br />
Beschluss (…). § 24 Ziffer 3 gilt entsprechend für alle<br />
eingerichteten Ausschüsse.<br />
…<br />
6. Der Hauptvorstand kann geschäftsführende Landesvorstände<br />
bestellen, sofern ein Landesverband dazu<br />
(…) nicht in der Lage ist. Dies gilt auch für die Bestellung<br />
von Landesschiedskommissionen. Die Amtszeit<br />
von geschäftsführenden Landesvorständen, die der<br />
Hauptvorstand bestellt, endet mit der Wahl (…) durch<br />
das zuständige Gremium.<br />
§ 19 Koordinierungsvorstand<br />
…<br />
2. Der Koordinierungsvorstand koordiniert die <strong>GEW</strong>-<br />
Politik des Geschäftsführenden Vorstandes und der<br />
Landesverbände. (…)<br />
Er kann vorübergehend Arbeitsgruppen mit begrenztem<br />
Arbeitsauftrag einrichten. (…)<br />
Bezug zu den „Grundsätzen der Haushaltspolitik“,<br />
die bei der Aufstellung des HH zu beachten<br />
sind.<br />
Die Aufgabenstellung für eine Arbeitsgruppe,<br />
Kommission etc. wird nicht durch eine Geschäftsordnung<br />
geregelt.<br />
Die Bestellung von geschäftsführenden Landesvorständen<br />
wird durch § 7 Ziffer 1 legitimiert,<br />
wonach sich die <strong>GEW</strong> in Landesverbände gliedert.<br />
Wenn Landesverbände keine Leitung haben<br />
und somit faktisch nicht arbeitsfähig sind,<br />
dann ist in zentralen Fragen auch die <strong>GEW</strong> insgesamt<br />
nicht arbeitsfähig. Eine Ausfüllung der<br />
bisherigen Satzungsregelung über diesen Sachverhalt<br />
hinaus ist nicht legitimiert, sie ist auch<br />
faktisch nicht vorstellbar.<br />
Es hat sich in der Realität gezeigt, dass der KO-<br />
VO die Aufgabe, Entscheidungen zu Haushaltsfragen<br />
zu treffen, nicht wahrgenommen hat.<br />
Der KOVO ist auch ein Satzungsgremium mit<br />
eigenem Rang. Er ist dem HV nicht rechenschaftspflichtig<br />
und hat dies bisher auch nicht<br />
getan – und der HV hat es auch nicht verlangt.<br />
<strong>Das</strong>s der HV dem KOVO weitere Aufgaben<br />
übertragen kann, ist bereits in § 18, Ziffer 3 Satz<br />
2 geregelt.
§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />
…<br />
5. Der Geschäftsführende Vorstand nimmt seine Aufgaben<br />
in Gesamtverantwortung wahr. Er erledigt<br />
nach Maßgabe der Beschlüsse des Gewerkschaftstages,<br />
des Hauptvorstandes und des Koordinierungsvorstandes<br />
die laufenden Geschäfte der <strong>GEW</strong>.<br />
Er regelt die Zusammenarbeit mit den Landesverbänden<br />
und koordiniert federführend die Arbeit in den<br />
Bundesgremien.<br />
§ 21 Die Vorsitzende / der Vorsitzende<br />
Die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende leitet in Kooperation<br />
mit den übrigen Mitgliedern des Geschäftsführenden Vorstands<br />
die Arbeit der <strong>GEW</strong> und vertritt die <strong>GEW</strong> allein oder<br />
gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Hauptvorstandes.<br />
Bei Verhinderung der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden<br />
leitet die stellvertretende Vorsitzende bzw. der stellvertretende<br />
Vorsitzende die <strong>GEW</strong>, bei Ausscheiden der Vorsitzenden<br />
bzw. des Vorsitzenden leitet die stellvertretende<br />
Vorsitzende bzw. der stellvertretende Vorsitzende die <strong>GEW</strong><br />
bis zur Neuwahl der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden<br />
durch den Gewerkschaftstag.<br />
Bei Rechtsgeschäften vertritt die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende<br />
die <strong>GEW</strong> mit einem weiteren Mitglied des Geschäftsführenden<br />
Vorstandes gemäß § 20 Ziffer 1. Ziffer 2<br />
gilt entsprechend.<br />
Die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende kann sachkundige<br />
Mitglieder und Gäste zu den Sitzungen des Hauptvorstandes,<br />
des Koordinierungsvorstandes und des Geschäftsführenden<br />
Vorstandes mit beratender Stimme einladen. Einladungen<br />
zu Sitzungen des Hauptvorstandes können nur im<br />
Einvernehmen mit dem Präsidium des Hauptvorstandes<br />
erfolgen.<br />
§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />
…<br />
5. Der Geschäftsführende Vorstand nimmt seine Aufgaben<br />
in Gesamtverantwortung wahr. Er erledigt nach<br />
Maßgabe der Beschlüsse des Gewerkschaftstages, des<br />
Hauptvorstandes und des Koordinierungsvorstandes<br />
die laufenden Geschäfte der <strong>GEW</strong>. Er trifft Entscheidungen<br />
zu Haushaltsfragen im Rahmen des<br />
vom Hauptvorstand beschlossenen Haushaltsplanes.<br />
Er unterstützt die Zusammenarbeit der<br />
Landesverbände und koordiniert federführend die<br />
Beratungen der Bundesgremien (Organe und Bundesausschüsse).<br />
§ 21 Die Vorsitzende / der Vorsitzende<br />
1. Die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende leitet in Kooperation<br />
mit den übrigen Mitgliedern des Geschäftsführenden<br />
Vorstands die Arbeit der <strong>GEW</strong> und vertritt die<br />
<strong>GEW</strong> nach außen. Bei Rechtsgeschäften vertritt die<br />
Vorsitzende bzw. der Vorsitzende die <strong>GEW</strong> mit einem<br />
weiteren Mitglied des Geschäftsführenden<br />
Vorstandes.<br />
2. Bei Verhinderung der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden<br />
leitet die stellvertretende Vorsitzende bzw. der<br />
stellvertretende Vorsitzende die <strong>GEW</strong>, bei Ausscheiden<br />
der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden leitet die stellvertretende<br />
Vorsitzende bzw. der stellvertretende Vorsitzende<br />
die <strong>GEW</strong> bis zur Neuwahl der Vorsitzenden<br />
bzw. des Vorsitzenden durch den Gewerkschaftstag.<br />
(…)<br />
3. Die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende kann sachkundige<br />
Mitglieder und Gäste zu den Sitzungen des Hauptvorstandes,<br />
des Koordinierungsvorstandes und des Geschäftsführenden<br />
Vorstandes mit beratender Stimme<br />
einladen. Einladungen zu Sitzungen des Hauptvorstandes<br />
können nur im Einvernehmen mit dem Präsidium<br />
des Hauptvorstandes erfolgen.<br />
Mit den geänderten Formulierungen soll die<br />
Organisationswirklichkeit wiedergegeben werden.
§ 23<br />
Die Bundesausschüsse bearbeiten die in ihr Gebiet fallenden<br />
Aufgaben von sich aus oder im Auftrag der im § 11 genannten<br />
Organe der <strong>GEW</strong>, für die sie in diesem Gebiet gleichzeitig<br />
Sacharbeit leisten.<br />
Zur aufgabenbezogenen Koordinierung der Arbeit von<br />
Bundesausschüssen mit dem Geschäftsführenden Vorstand<br />
wird ein Koordinierungsausschuss für Fachgremienarbeit<br />
(KAFGA) eingerichtet. Dem Koordinierungsausschuss für<br />
Fachgremienarbeit gehören an:<br />
a) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesausschüsse<br />
gemäß § 22,<br />
b) eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesstelle für<br />
Rechtsschutz gemäß § 18 Ziffer 1 Buchstabe d<br />
c) die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes.<br />
Der Koordinierungsausschuss für Fachgremienarbeit ist an<br />
Aufträge des Hauptvorstandes gebunden und dem Hauptvorstand<br />
berichtspflichtig. Die Aufgabe des Koordinierungsausschusses<br />
für Fachgremienarbeit besteht darin, Prozesse<br />
in der <strong>GEW</strong> anzuregen und zu unterstützen, die erkennen<br />
lassen, welche neuen Arbeitsinhalte und -formen<br />
dem ganzheitlichen Bildungsbegriff und der Bildungsgewerkschaft<br />
gerecht werden.<br />
Er tagt unter Federführung des Geschäftsführenden Vorstandes<br />
nach Bedarf und bestimmt die Sitzungsfolge selbst.<br />
§ 24<br />
1. Die Bundesausschüsse bestehen aus je einer Vertreterin<br />
oder einem Vertreter der bestehenden Landesfachgruppen.<br />
Die Vorsitzende oder der Vorsitzende bzw. ein<br />
Mitglied des Leitungsteams nach § 24 Ziff. 3 werden auf<br />
diese Zahl nicht angerechnet. Die Benennung erfolgt<br />
durch die Landesverbände. Weitere Mitglieder können<br />
vom Hauptvorstand und vom Bundesausschuss im gegenseitigen<br />
Einvernehmen berufen werden.<br />
§ 23<br />
1. Die Bundesausschüsse bearbeiten die in ihr Gebiet<br />
fallenden Aufgaben von sich aus oder im Auftrag der im<br />
§ 11 genannten Organe der <strong>GEW</strong>, für die sie in diesem<br />
Gebiet gleichzeitig Sacharbeit leisten. <strong>Das</strong> Nähere regelt<br />
der Hauptvorstand.<br />
2. Die Bundesausschüsse stimmen sich in ihrer Arbeit<br />
mit den jeweils verantwortlichen Mitgliedern des<br />
Geschäftsführenden Vorstandes ab. Über die Zuordnung<br />
beschließt der HV auf Vorschlag des Geschäftsführenden<br />
Vorstandes.<br />
3. Zur aufgabenbezogenen Koordinierung der Arbeit von<br />
Bundesausschüssen mit dem Geschäftsführenden Vorstand<br />
wird ein Koordinierungsausschuss für Fachgremienarbeit<br />
(KAFGA) eingerichtet. Dem Koordinierungsausschuss<br />
für Fachgremienarbeit gehören an:<br />
a) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesausschüsse<br />
gemäß § 22,<br />
b) eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesstelle<br />
für Rechtsschutz gemäß § 18 Ziffer 1 Buchstabe e<br />
c) die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes.<br />
4. Der Koordinierungsausschuss für Fachgremienarbeit ist<br />
an Aufträge des Hauptvorstandes gebunden und dem<br />
Hauptvorstand berichtspflichtig. Seine Aufgabe (…)<br />
besteht darin, Prozesse in der <strong>GEW</strong> anzuregen und zu<br />
unterstützen, die erkennen lassen, welche neuen Arbeitsinhalte<br />
und -formen dem ganzheitlichen Bildungsbegriff<br />
und der Bildungsgewerkschaft gerecht werden.<br />
5. Der Koordinierungsausschuss für Fachgremienarbeit<br />
tagt unter Federführung des Geschäftsführenden<br />
Vorstandes nach Bedarf und bestimmt die Sitzungsfolge<br />
selbst.<br />
§ 24<br />
1. Die Bundesausschüsse bestehen aus je einer Vertreterin<br />
oder einem Vertreter aus den Landesverbänden. Diese<br />
werden von den Landesverbänden entsandt. Der<br />
Hauptvorstand kann weitere Mitglieder berufen.<br />
Es wird eine Satzungsgrundlage für den Erlass von<br />
Arbeitsrichtlinien (z.B. Junge <strong>GEW</strong>, Senioren)<br />
Der bisherige enge Zusammenhang zwischen den<br />
bestehenden Landesfachgruppen und den Bundesausschüssen<br />
als Delegationsgrundlage soll wegen der<br />
immer weiter abnehmenden „Passfähigkeit“ aufgelöst<br />
werden. Die bisherige Regelung in Satz 2 zur „Nichtanrechnung“<br />
soll wegen fehlender Begründung entfallen.
Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zur Änderung der Satzung der <strong>GEW</strong> – Verbesserung der Arbeit in den Gremien<br />
hier: Synopse der Änderungen<br />
Satzung der <strong>GEW</strong> (Fassung GT 2009) Antrag zur Änderung der Satzung Bemerkungen<br />
§ 18 Hauptvorstand<br />
…<br />
4. Der Hauptvorstand wählt sich ein Präsidium, bestehend<br />
aus drei stimmberechtigten Mitgliedern.<br />
<strong>Das</strong> Präsidium lädt ein und bereitet die Sitzungen des<br />
Hauptvorstandes vor. Der Hauptvorstand tagt regelmäßig<br />
dreimal im Jahr. Er kann außerordentliche Sitzungen<br />
beschließen. Auf Antrag eines Viertels der Mitglieder<br />
des Hauptvorstandes hat das Präsidium eine außerordentliche<br />
Sitzung einzuberufen.<br />
5. Soweit die Satzung nicht ausdrücklich eine Zuständigkeit<br />
des Gewerkschaftstages vorsieht, obliegt dem<br />
Hauptvorstand die Beschlussfassung und die Änderung<br />
von Richtlinien, Regelungen und Ordnungen, die die<br />
Satzung der <strong>GEW</strong> und die Wahlordnung auslegen und<br />
umsetzen. Er kann diese Aufgaben an den Geschäftsführenden<br />
Vorstand übertragen.<br />
§ 18 Hauptvorstand<br />
…<br />
4. Der Hauptvorstand wählt sich ein Präsidium, bestehend<br />
aus drei stimmberechtigten Mitgliedern. Er gibt sich<br />
für seine Arbeit eine Geschäftsordnung. <strong>Das</strong> Präsidium<br />
lädt ein und bereitet die Sitzungen des Hauptvorstandes<br />
vor. Der Hauptvorstand tagt regelmäßig dreimal<br />
im Jahr. Er kann außerordentliche Sitzungen beschließen.<br />
Auf Antrag eines Viertels der Mitglieder des<br />
Hauptvorstandes hat das Präsidium eine außerordentliche<br />
Sitzung einzuberufen.<br />
5. Der Hauptvorstand erlässt eine Organisationsrichtlinie,<br />
in der u.a. folgende Sachverhalte geregelt<br />
werden:<br />
a) die Durchführung von Arbeitskämpfen (§ 5<br />
Ziffer 4)<br />
b) die Aufnahme von Mitgliedern (§ 6 Ziffern 3<br />
und 5 und § 8 Ziffer 1)<br />
c) die Organisation von Arbeitsgruppen bundesunmittelbarer<br />
Mitglieder (§ 7 Ziffer 2)<br />
d) die Haushalts- und Kassenordnung sowie die<br />
Besetzung und das Verfahren für die Revisionskommission<br />
(§ 10 Ziffer 4)<br />
e) die Einrichtung und die Aufgabenstellung von<br />
Arbeitsgemeinschaften und Ausschüssen auf<br />
Dauer (§ 18 Ziffer 2)<br />
f) die Übertragung von Kompetenzen an den<br />
KOVO (§ 18 Ziffer 3)<br />
g) die Verteilung weiterer Arbeitsbereiche auf die<br />
Mitglieder des GV (§ 20 Ziffer 2)<br />
h) die Arbeit von Bundesausschüssen und ihre<br />
Zuordnung zu den jeweils verantwortlichen<br />
Mitgliedern des GV (§ 23 Ziffern 1 und 2)<br />
i) die Arbeit in der Bundesstelle für Rechtsschutz<br />
(§ 27)<br />
j) Grundsätze für die Entnahme von Mitteln aus<br />
dem Kampffonds<br />
k) Grundsätze der Vertrauensleutearbeit<br />
Den Bundesgremien soll in der Satzung aufgegeben<br />
werden, sich für die Durchführung der<br />
Beratungen eine Geschäftsordnung zu geben.<br />
Dies scheint wegen der Zusammensetzung aus<br />
Vertretern des GV und der Länder und dem<br />
permanenten Wechsel notwendig und sinnvoll.<br />
Die vielfältigen Zuständigkeiten des HV für die<br />
ihm zufallenden Regelungen werden an dieser<br />
Stelle systematisiert, um die Arbeit in diesem<br />
wichtigen Gremium und den hier zu organisierenden<br />
Umgang mit der Satzung der <strong>GEW</strong> für<br />
alle Mitglieder des HV zu erleichtern und die<br />
Transparenz der Entscheidungen – insbesondere<br />
für immer wieder neu hinzukommende Mitglieder<br />
– zu erhöhen.<br />
Die bisherige „Allzuständigkeit“ des HV überschreitet<br />
die Grenzen der demokratischen Legitimation,<br />
insbesondere wenn dabei Fragen der<br />
Auslegung der Satzung und der Wahlordnung<br />
explizit angesprochen werden.
§ 19 Koordinierungsvorstand<br />
…<br />
3. Der Koordinierungsvorstand tagt nach Bedarf. Er<br />
bestimmt seine Sitzungsfolge.<br />
§ 23<br />
…<br />
Er tagt unter Federführung des Geschäftsführenden Vorstandes<br />
nach Bedarf und bestimmt die Sitzungsfolge selbst.<br />
§ 19 Koordinierungsvorstand<br />
…<br />
3. Der Koordinierungsvorstand tagt nach Bedarf. Er bestimmt<br />
seine Sitzungsfolge. Er gibt sich für seine Arbeit<br />
eine Geschäftsordnung.<br />
§ 23<br />
…<br />
5. Der Koordinierungsausschuss für Fachgremienarbeit<br />
tagt unter Federführung des Geschäftsführenden Vorstandes<br />
nach Bedarf und bestimmt die Sitzungsfolge<br />
selbst. Er gibt sich für seine Arbeit eine Geschäftsordnung.<br />
Siehe hierzu die Bemerkung zu § 18, Ziffer 4.<br />
Siehe hierzu die Bemerkung zu § 18, Ziffer 4.