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Das komplette Antragspaket - GEW

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Anträge zum Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> in Düsseldorf vom 12.-16. Juni 2013<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. Allgemeine Gewerkschafts- und Gesellschaftspolitik<br />

1.1 Schuldenbremse, Fiskalpakt und Spar-/Kürzungspolitik<br />

LV Baden-Württemberg<br />

1.2 Nein zu ESM und Fiskalpakt! Nein zu Sozialkahlschlag und dem Abbau<br />

demokratischer Rechte in Europa! Schluss mit den "Rettungsschirmen" für<br />

Zocker, Banken und Konzerne! Hoch die internationale Solidarität!<br />

LV Bayern<br />

1.3 Kampagne UmSteuern<br />

LV Hessen<br />

1.4 Menschenrechte umsetzen: Menschen mit Behinderungen als<br />

gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft anerkennen und Teilhabe<br />

sicherstellen<br />

BFGA Sonderpädagogische Berufe<br />

1.5 Internationale Arbeit/Kinderarbeit<br />

Hauptvorstand<br />

1.6 Internationales. Palästina. Schule unter Besatzung<br />

LV Baden-Württemberg<br />

1.7 Internationales. Palästina. Schule unter Besatzung - Folgeantrag<br />

LV Baden-Württemberg<br />

1.8 Rechtsanspruch auf Förderung und Weiterentwicklung der Familiensprachen<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

1.9 Berufliche Bildung von geduldeten Migrantinnen und Migranten<br />

LV Bremen<br />

1.10 Berufliche Bildung von Migrantinnen und Migranten mit ungeklärten<br />

Herkunftsländern<br />

BA Seniorinnen und Senioren<br />

1.11 Unterstützung der „Böblinger Charta“<br />

LV Baden-Württemberg<br />

1.12 Zielsetzung Deutsches Auslandsschulwesen<br />

Auslandslehrer (AGAL)<br />

1.13 Geschlechtergerechtigkeit im Arbeits- und Gesundheitsschutz in Bildung,<br />

Erziehung und Wissenschaft<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

1.14 Für eine Diversitypolitik im Bildungsbereich jenseits von Management-<br />

Orientierung<br />

BA Studentinnen und Studenten<br />

1.15 Jenseits des Tarifkonflikts – Politischer Streik und Generalstreik als<br />

gewerkschaftliches Kampfmittel und ein umfassendes Streikrecht!<br />

LV Bremen<br />

14<br />

17<br />

20<br />

22<br />

24<br />

30<br />

31<br />

32<br />

33<br />

34<br />

35<br />

36<br />

37<br />

39<br />

42<br />

5


1.16 Keine Sonderrechte für die Beschäftigungsverhältnisse bei kirchlichen<br />

Trägern<br />

LV Baden-Württemberg<br />

1.17 Bürgerversicherung/ Gesetzliche Krankenversicherung auch für Beamtinnen<br />

und Beamte<br />

LV Baden-Württemberg<br />

1.18 Aufhebung des Kooperationsverbotes<br />

Hauptvorstand<br />

1.19 Kooperationsverbot Bund-Länder<br />

LV Baden-Württemberg<br />

45<br />

48<br />

50<br />

51<br />

2. Tarif-, Beamten- und Sozialpolitik<br />

2.1 Mehr Bundeskompetenz im Beamtenrecht<br />

Hauptvorstand<br />

2.2 Strukturelle Diskriminierung von teilzeitbeschäftigten Beamt/innen<br />

verhindern<br />

LV Baden-Württemberg<br />

2.3 Arbeitsbedingungen GrundschullehrerInnen<br />

BFGA Grundschulen<br />

2.4 Fachkräftemangel in Tageseinrichtungen für Kinder beheben – attraktive<br />

Arbeitsbedingungen schaffen<br />

BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />

2.5 Qualifikation, Arbeitsbedingungen und Bezahlung von Schulsozialarbeiter/<br />

innen<br />

BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />

2.6 Stufenzuordnung bei Arbeitgeberwechsel<br />

BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />

2.7 Forderungen zur Entgeltordnung für den Sozial- und Erziehungsdienst<br />

BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />

2.8 Fachberatung im System Tageseinrichtungen für Kinder und Tagespflege<br />

LV Baden-Württemberg<br />

2.9 Bildungszeiten im Rentenrecht anerkennen — Altersarmut bekämpfen!<br />

LV Hessen<br />

2.10 Angleichung des Rentenwerts Ost an den Rentenwert West<br />

BA Seniorinnen und Senioren<br />

2.11 Wege zum Traumjob Wissenschaft<br />

Aktionsprogramm zur Umsetzung des Templiner Manifests<br />

Hauptvorstand<br />

53<br />

55<br />

57<br />

58<br />

61<br />

63<br />

64<br />

67<br />

69<br />

72<br />

74<br />

3. Bildungspolitik<br />

3.1 "Kommunale Bildungslandschaften“<br />

Eckpunkte zur Verbesserung der Kooperation der Bildungseinrichtungen in<br />

den Regionen<br />

Hauptvorstand<br />

90<br />

6


3.2 Kommunale/regionale Bildungsplanung als Feld gewerkschaftlicher Arbeit<br />

LV Niedersachsen / Bundesfachgruppe Gesamtschulen<br />

3.3 Bildungsfinanzierung<br />

LV Berlin<br />

3.4 Bildung braucht mehr Geld<br />

LV Bremen<br />

3.5 Bildung als Menschenrecht erfordert Widerstand gegen Ökonomisierung<br />

und Privatisierung des Bildungswesens<br />

LV Hessen<br />

3.6 Privatisierungstendenzen im Bildungsbereich entgegentreten -<br />

Positionspapier<br />

LV Bayern<br />

3.7 „Erklärung zum Berufsethos der Bildungsinternationalen“<br />

Hauptvorstand<br />

3.8 AKTIONSPLAN LEHRERBILDUNG<br />

Hauptvorstand<br />

3.9 Lehrer_innenbildung in den Fokus rücken – jetzt!<br />

BA Junge <strong>GEW</strong>/Landesverband Sachsen<br />

3.10 Genderkompetenz ist Schlüsselqualifikation in der Lehrer_innenbildung<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

3.11 Inklusion in Tageseinrichtungen für Kinder<br />

BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />

3.12 Auf dem Weg zu einem inklusiven Schulsystem<br />

Hauptvorstand<br />

3.13 Universalisierung des Inklusions-Begriffs<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

3.14 Inklusion – ein nicht umkehrbarer Weg<br />

- Erfahrungen aus Bremer Schulen nutzen -<br />

LV Bremen<br />

3.15 Inklusive Schule<br />

- Stellungnahme und Forderungen an die Politik –<br />

LV Berlin<br />

3.16 Strategie der <strong>GEW</strong> zur Entwicklung des Schulsystems in Deutschland<br />

Die inklusive Ganztagsgesamtschule / Gemeinschaftsschule / Integrierte<br />

Sekundarschule als Alternative zum gegliederten Schulsystem<br />

LV Niedersachsen<br />

3.17 Die inklusive Ganztagsgrundschule<br />

LV Niedersachsen, Bundesfachgruppe Gesamtschulen<br />

3.18 Inklusion an berufsbildenden Schulen<br />

BFGA kaufmännische Schulen und BFGA gewerbliche Schulen<br />

3.19 Abbau von Geschlechterstereotypen und Diskriminierung wegen der<br />

sexuellen Orientierung und Identität in Schulbüchern und anderen<br />

Unterrichtsmedien und -materialien<br />

Hauptvorstand, Bundesfrauenausschuss<br />

99<br />

107<br />

114<br />

120<br />

123<br />

127<br />

129<br />

139<br />

141<br />

146<br />

150<br />

157<br />

159<br />

162<br />

172<br />

180<br />

186<br />

190<br />

7


3.20 Abbau von Geschlechterstereotypen und Diskriminierung wegen der<br />

sexuellen Orientierung und Identität in Schulbüchern, realitätsnahe<br />

Darstellung der Vielfalt von Menschen und Lebensformen<br />

LV Rheinland-Pfalz<br />

3.21 Abbau von Geschlechterstereotypen und Diskriminierung wegen der<br />

sexuellen Orientierung und Identität in Schulbüchern und<br />

Unterrichtsmaterialien<br />

LV Berlin<br />

3.22 KMK-Empfehlungen für Interkulturelle Bildung und Erziehung in<br />

Deutschland<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

3.23 Dokumentation und Analyse der Gesetzeslage in der BRD bzgl. sprachlicher<br />

Bildung und interkultureller Erziehung<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

3.24 Ausbildung von interkulturellen MentorInnen und BotschafterInnen<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

3.25 Funktionaler Analphabetismus<br />

LV Rheinland-Pfalz<br />

3.26 Neue Akzente in der schulbezogenen Bildungsforschung<br />

Hauptvorstand<br />

3.27 Qualitätsentwicklung<br />

Hauptvorstand<br />

3.28 PISA ist der falsche Weg! Für gute Bildung — gegen die Produktion von<br />

Testwissen!<br />

LV Hessen<br />

3.29 Vergleichsarbeiten (VERA)<br />

LV Hessen<br />

3.30 Vergleichsarbeiten (VERA)<br />

BFGA Grundschulen<br />

3.31 Strategie zur Weiterentwicklung des bestehenden<br />

allgemeinbildenden Schulsystems<br />

BFGA Gesamtschulen<br />

3.32 Ausbau und dauerhafte Absicherung von Schulsozialarbeit<br />

BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />

3.33 Professioneller Umgang mit den Herausforderungen veränderter Kindheit<br />

BFGA Sonderpädagogische Berufe und BFGA Grundschulen<br />

3.34 Berufs- und Arbeitsweltorientierung in der Schule<br />

Hauptvorstand<br />

3.35 Medien zum Lehren und Lernen in allgemeinbildenden Schulen müssen den<br />

Anforderungen einer modernen Pädagogik genügen<br />

Hauptvorstand<br />

3.36 Grundschule ohne Noten<br />

BFGA Grundschulen<br />

3.37 Gewerkschaftliche Positionen zum Gymnasium<br />

BFGA Gymnasien<br />

197<br />

204<br />

211<br />

214<br />

215<br />

216<br />

222<br />

224<br />

227<br />

230<br />

232<br />

234<br />

239<br />

242<br />

244<br />

251<br />

255<br />

256<br />

8


3.38 Forderungen zur Gymnasialen Oberstufe<br />

BFGA Gymnasien<br />

3.39 Weiterentwicklung der gymnasialen Oberstufe an Gymnasien und<br />

Gesamtschulen<br />

BFGA Gesamtschulen<br />

3.40 Schulzeit bis zum Abitur<br />

BFGA Gymnasien<br />

3.41 Forderungen zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife<br />

BFGA Gymnasien<br />

3.42 Bildungsberatung für Lernen im Lebensverlauf<br />

BFGA Erwachsenenbildung, BFGA gewerbliche und kaufmännische Schulen<br />

3.43 Weimarer Thesen 2012 – Ein "Schutzschirm" für die Weiterbildung<br />

BFGA Erwachsenenbildung<br />

3.44 Hochschulen sozial öffnen: Mehr Studienplätze schaffen, freien<br />

Hochschulzugang sichern, BAföG ausbauen, Studiengebühren abschaffen<br />

BA Hochschule und Forschung und BASS<br />

3.45 Baustelle Hochschule –<br />

Vier Bausteine für die Reform der Promotionsphase<br />

BA Hochschule und Forschung und BASS<br />

3.46 Für Zivilklauseln in Satzungen und Leitbildern aller Hochschulen und<br />

Forschungseinrichtungen sowie in den Landeshochschulgesetzen<br />

BFGA Hochschule und Forschung<br />

3.47 Forderungen der <strong>GEW</strong> für den Bereich Fachhochschulen<br />

BFGA Hochschule und Forschung<br />

262<br />

267<br />

268<br />

275<br />

284<br />

290<br />

297<br />

303<br />

307<br />

309<br />

4. Satzung<br />

4.1 Strukurveränderungen (GV und Bundesausschüsse)<br />

LV Sachsen-Anhalt<br />

4.2 Satzungsergänzender Hilfsantrag zum Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zu<br />

§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />

LV Hamburg<br />

4.3 Änderung der <strong>GEW</strong>-Satzung in § 20 der <strong>GEW</strong>-Satzung Ziff. 1.und 2.<br />

(Geschäftsführender Vorstand)<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

4.4 Satzung: Umbenennung Arbeitsbereich AuB<br />

Hauptvorstand<br />

4.5 Anpassung der Satzung an die Organisationswirklichkeit<br />

LV Sachsen-Anhalt<br />

4.6 Satzungsänderung "Politischer Streik"<br />

BA der Studentinnen und Studenten/BFGA Hochschule und Forschung<br />

4.7 Satzungsänderung Mitgliedschaft von Strafgefangenen und<br />

Sicherungsverwahrten deutscher Justizvollzugsanstalten<br />

BA Studentinnen und Studenten/BFGA Hochschule und Forschung<br />

4.8 Satzungsänderung<br />

LV Hessen<br />

315<br />

319<br />

320<br />

323<br />

324<br />

330<br />

332<br />

337<br />

9


4.9 Antrag zu § 13 Absatz 1 der <strong>GEW</strong>-Satzung: Zusammensetzung der<br />

Delegierten des Gewerkschaftstages<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

4.10 Verbesserung der Arbeit in den Gremien<br />

LV Sachsen-Anhalt<br />

4.11 Neustrukturierung der Bundesfachgruppenausschüsse an<br />

allgemeinbildenden Schulen<br />

Bundesfachgruppenausschuss Realschulen<br />

4.12 Namensänderung des BAMA<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

4.13 Satzungsergänzender Antrag betr. § 23 der Satzung der <strong>GEW</strong><br />

LV Hamburg<br />

4.14 Verbesserung der Mitwirkung in den allgemeinen schulischen Fachgruppen<br />

Bundesfachgruppenausschüsse Grundschule, Sonderpädagogische Berufe,<br />

Gesamtschule, Gymnasium<br />

338<br />

339<br />

341<br />

345<br />

347<br />

348<br />

5. Organisation<br />

5.1 Grundsätze der Haushaltspolitik<br />

Hauptvorstand<br />

5.2 Änderung der Haushalts- und Kassenordnung<br />

LV Hessen<br />

5.3 Änderung der "Richtlinien für die Entnahme von Mitteln aus dem Kampfund<br />

Unterstützungsfonds"<br />

LV Hessen<br />

5.4 Umsetzung Gewerkschaftstagbeschluss 5.2/Organisationsentwicklung<br />

Hauptvorstand<br />

5.5 Faire An-Sprache in der <strong>GEW</strong> –<br />

Geschlechterdemokratie in Wort und Bild<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

5.6 Anpassung einer Richtlinie des Hauptvorstands<br />

LV Rheinland-Pfalz<br />

5.7 Seniorinnen und Senioren in die DGB-Satzung<br />

LV Bremen<br />

5.8 Anforderungen an ein unterstützendes Umfeld für erfolgreiche<br />

<strong>GEW</strong>erkschaftliche Studierendenarbeit<br />

BFGA Hochschule und Forschung/BASS<br />

5.9 Schulsozialarbeit - Arbeitsstrukturen in der <strong>GEW</strong><br />

BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />

5.10 Hauptamtliche Zuständigkeit für den BAMA im HV<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

5.11 Neugründung einer AG LER<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

5.12 Gemeinsame Termine aller Bundesfachgruppen<br />

BFGAs Grundschule, Sonderpädagogische Berufe, Gymnasien<br />

351<br />

360<br />

361<br />

362<br />

367<br />

369<br />

370<br />

371<br />

377<br />

378<br />

379<br />

380<br />

10


5.13 Gemeinsame Satzungsberatungen<br />

BFGAs Grundschule, Sonderpädagogische Berufe, Gymnasien<br />

5.14 Statt Armut Grundeinkommen für ALLE<br />

LV Bremen<br />

5.15 Wissenschaftliche Evaluation der Berufsbildenden Schulen<br />

LV Bremen<br />

5.16 Gesundheit am Arbeitsplatz Weiterbildung<br />

BFGA Erwachsenenbildung<br />

5.17 Einrichtung einer bundesweiten Info-Hotline für prekär Beschäftigte<br />

LV Hessen<br />

5.18 Einrichtung einer bundesweiten Info-Hotline für prekär Beschäftigte im<br />

Bildungsbereich<br />

Landsverbände Bayern und Thüringen<br />

5.19 Bekämpfung prekärer Beschäftigung in Bildung, Wissenschaft und<br />

Forschung<br />

LV Bremen<br />

5.20 Rehabilitierung der Opfer von Berufsverboten und <strong>GEW</strong>-<br />

Unvereinbarkeitsbeschlüssen<br />

LV Hessen<br />

382<br />

384<br />

386<br />

388<br />

390<br />

391<br />

393<br />

396<br />

A. Anhang<br />

A.1 Verfahrensvorschlag der Antragskommission zu den<br />

Satzungsänderungsanträgen<br />

Hauptvorstand<br />

A.2 Anlage zu Antrag 4.1<br />

LV Sachsen-Anhalt<br />

A.3 Anlage zu Antrag 4.3<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

A.4 Anhang zu Antrag 4.5<br />

LV Sachsen-Anhalt<br />

A.5 Anhang zu Antrag 4.10<br />

LV Sachsen-Anhalt<br />

11


Anträge zum Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> in Düsseldorf vom 12.-16. Juni 2013<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. Allgemeine Gewerkschafts- und Gesellschaftspolitik<br />

1.1 Schuldenbremse, Fiskalpakt und Spar-/Kürzungspolitik<br />

LV Baden-Württemberg<br />

1.2 Nein zu ESM und Fiskalpakt! Nein zu Sozialkahlschlag und dem Abbau<br />

demokratischer Rechte in Europa! Schluss mit den "Rettungsschirmen" für<br />

Zocker, Banken und Konzerne! Hoch die internationale Solidarität!<br />

LV Bayern<br />

1.3 Kampagne UmSteuern<br />

LV Hessen<br />

1.4 Menschenrechte umsetzen: Menschen mit Behinderungen als<br />

gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft anerkennen und Teilhabe<br />

sicherstellen<br />

BFGA Sonderpädagogische Berufe<br />

1.5 Internationale Arbeit/Kinderarbeit<br />

Hauptvorstand<br />

1.6 Internationales. Palästina. Schule unter Besatzung<br />

LV Baden-Württemberg<br />

1.7 Internationales. Palästina. Schule unter Besatzung - Folgeantrag<br />

LV Baden-Württemberg<br />

1.8 Rechtsanspruch auf Förderung und Weiterentwicklung der Familiensprachen<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

1.9 Berufliche Bildung von geduldeten Migrantinnen und Migranten<br />

LV Bremen<br />

1.10 Berufliche Bildung von Migrantinnen und Migranten mit ungeklärten<br />

Herkunftsländern<br />

BA Seniorinnen und Senioren<br />

1.11 Unterstützung der „Böblinger Charta“<br />

LV Baden-Württemberg<br />

1.12 Zielsetzung Deutsches Auslandsschulwesen<br />

Auslandslehrer (AGAL)<br />

1.13 Geschlechtergerechtigkeit im Arbeits- und Gesundheitsschutz in Bildung,<br />

Erziehung und Wissenschaft<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

1.14 Für eine Diversitypolitik im Bildungsbereich jenseits von Management-<br />

Orientierung<br />

BA Studentinnen und Studenten<br />

1.15 Jenseits des Tarifkonflikts – Politischer Streik und Generalstreik als<br />

gewerkschaftliches Kampfmittel und ein umfassendes Streikrecht!<br />

LV Bremen<br />

14<br />

17<br />

20<br />

22<br />

24<br />

30<br />

31<br />

32<br />

33<br />

34<br />

35<br />

36<br />

37<br />

39<br />

42<br />

12


1.16 Keine Sonderrechte für die Beschäftigungsverhältnisse bei kirchlichen<br />

Trägern<br />

LV Baden-Württemberg<br />

1.17 Bürgerversicherung/ Gesetzliche Krankenversicherung auch für Beamtinnen<br />

und Beamte<br />

LV Baden-Württemberg<br />

1.18 Aufhebung des Kooperationsverbotes<br />

Hauptvorstand<br />

1.19 Kooperationsverbot Bund-Länder<br />

LV Baden-Württemberg<br />

45<br />

48<br />

50<br />

51<br />

13


1.1 Schuldenbremse, Fiskalpakt und Spar-/<br />

Kürzungspolitik<br />

Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />

Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />

1. Die <strong>GEW</strong> lehnt es grundsätzlich ab, dass<br />

Arbeitnehmer/innen für die Auswirkungen der<br />

Finanz- und Wirtschaftskrise sowie die Staatsverschuldung<br />

zahlen sollen, die sie in keiner<br />

Weise verantworten. Wir verurteilen die ökonomisch<br />

und sozial schädlichen Sparauflagen<br />

gegen Arbeitnehmer/innen Europas, die diesen<br />

aufgezwungen werden, um die Forderungen<br />

der Banken und Finanzanleger zu bedienen,<br />

und fordern ihre Rücknahme. Es muss Schluss<br />

sein mit der Umverteilungspolitik von unten<br />

nach oben. Die öffentlichen Haushalte dürfen<br />

nicht länger herangezogen werden, die Spekulationsverluste<br />

der Banken und Finanzanleger<br />

auszugleichen.<br />

Die <strong>GEW</strong> lehnt deshalb die Unterwerfung der<br />

öffentlichen Haushalte unter das Diktat der<br />

Schuldenbremse und die daraus resultierende<br />

Spar- und Kürzungspolitik in den öffentlichen<br />

Haushalten ab. Die <strong>GEW</strong> fordert die Aufhebung<br />

der Schuldenbremse.<br />

Die Bildungsausgaben müssen deutlich erhöht<br />

werden, anders ist ein sozial gerechtes und<br />

qualitativ hochwertiges Bildungssystem nicht<br />

finanzierbar. Die <strong>GEW</strong> fordert das Recht auf<br />

freie Tarifverhandlungen auch im öffentlichen<br />

Dienst – dies bedeutet, dass Tarifrecht Vorrang<br />

haben muss vor Haushaltsrecht.<br />

2. Wir solidarisieren uns mit dem Kampf aller<br />

Kolleginnen und Kollegen in Europa gegen das<br />

Diktat der EU und der Finanzmärkte, gegen die<br />

Abwälzung der Schuldenlasten auf die Arbeitnehmer/innen,<br />

für den Erhalt ihrer demokratischen<br />

und sozialen Errungenschaften, der<br />

Kollektivverträge und der Tarifautonomie, für<br />

das Recht auf Bildung, Ausbildung und Arbeit,<br />

auf tarifvertraglich und gesetzlich geschützte<br />

Arbeitsverhältnisse.<br />

Solidarität mit den Kolleg/innen in Europa<br />

heißt für uns, uns gegen die zu wenden, die<br />

diese Politik in ganz Europa vorantreiben wollen.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert deshalb die Annullierung<br />

des Fiskalpaktes und des ESM. Beide Verträge<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgender Änderung:<br />

- Streichung der Zeile 59 bis 69. Dafür folgender<br />

Text:<br />

Wir brauchen handlungsfähige Staaten mit soliden<br />

Staatsfinanzen.<br />

- nach Zeile 72 Übernahme aus Antrag 1.2,<br />

Zeile 78 (In) bis 94 und Zeile 106 bis 116, dabei<br />

folgende Änderung von Zeile 113 bis 116:<br />

Spekulative Finanzgeschäfte wie handelbare<br />

Kreditausfallversicherungen ohne Deckung<br />

(CDS), Refinanzierungsmittel risikobehafteter<br />

Kreditforderungen (CDOs) oder die sog.<br />

Leerverkäufe müssen verboten werden.<br />

- anschließend Übernahme aus Antrag 1.2,<br />

Zeile 95 bis 98 in folgender Fassung:<br />

Wir fordern eine Mehrwertsteuer auch auf Finanzprodukte,<br />

wie schon im Steuerkonzept der<br />

<strong>GEW</strong> gefordert.<br />

- anschließend Übernahme aus Antrag 1.2,<br />

Zeile 135 bis 139<br />

- anschließend Übernahme aus Antrag 1.2,<br />

Zeile 122 (Wenn) bis 134<br />

- Streichung Zeile 74 und 77<br />

- nach Zeile 114 Übernahme aus Antrag 1.3,<br />

Zeile 1 bis 16<br />

14


sind die zentralen Instrumente, um die drohenden<br />

Verluste der Banken und Finanzanleger auf<br />

die Bevölkerung abzuwälzen und in Europa die<br />

Spar- und Kürzungspolitik, die Deregulierung<br />

der Arbeitsverhältnisse und die Lohnsenkungen<br />

und damit verbunden letztlich den Bildungsabbau<br />

durchzusetzen. Sie provozieren gleichzeitig<br />

neue Konflikte in Europa.<br />

3. Die <strong>GEW</strong> tritt keineswegs für hemmungsloses<br />

Schuldenmachen ein. Wir brauchen in<br />

Deutschland und Europa zweifelsohne solide<br />

Staatsfinanzen.<br />

Notwendig dazu ist<br />

• kein weiterer Cent für die staatliche Finanzierung<br />

und Haftung für die Bedienung der<br />

Forderungen der Banken und Finanzinvestoren;<br />

• eine Wende in der Finanz- und Steuerpolitik.<br />

Die <strong>GEW</strong> hat dazu ein eigenes Steuerkonzept<br />

als Diskussionsgrundlage vorgeschlagen,<br />

das in der Summe bundesweit Mehreinnahmen<br />

von 79,5 Mrd. Euro bringt.<br />

4. Der geschäftsführende Hauptvorstand wird<br />

beauftragt, entsprechend dieser Forderungen<br />

zu handeln und zu diesen Fragen eine Kampagne<br />

zur Bundestagswahl vorzubereiten:<br />

• Die <strong>GEW</strong> verteidigt das Recht der Kolleg/innen<br />

auf Tarifforderungen für Einkommensverbesserungen<br />

und das Recht der Gewerkschaften<br />

auf freie Tarifverhandlungen für diese<br />

Forderungen, gestützt auf gewerkschaftliche<br />

Kampfmaßnahmen, um ein demokratisches<br />

Gleichgewicht zwischen den verhandelnden<br />

Parteien zu erlauben. Tarifrecht muss Vorrang<br />

vor Haushaltsrecht behalten. Die <strong>GEW</strong> fordert<br />

außerdem unbefristete Normalarbeitsverhältnisse<br />

für alle Beschäftigten im Bildungsbereich.<br />

• Die <strong>GEW</strong> hält fest an der Forderung 7 Prozent<br />

des BIP für Bildung und 3 Prozent für Hochschulen<br />

und Forschung auszugeben und fordert<br />

die Beseitigung der jahrelangen Unterfinanzierung<br />

der gesamten öffentlichen Bildung. Deshalb<br />

tritt die <strong>GEW</strong> dafür ein, dass die Sparpolitik<br />

gestoppt und die Schuldenbremse aufgehoben<br />

wird. Es gibt insbesondere keinerlei<br />

Spielraum für Stellenstreichungen im Bildungsbereich.<br />

Die <strong>GEW</strong> tritt für die volle Ausfinanzierung des<br />

Rechts und der Garantie:<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

15


• auf einen Kitaplatzes für alle Kinder ab dem<br />

ersten Lebensjahr<br />

• den Ausbau der Ganztagesschule<br />

• einer qualifizierten Schul- und Berufsausbildung<br />

für alle Schüler/innen und Jugendliche;<br />

• eines Studienplatzes für alle Studienwilligen.<br />

• Die <strong>GEW</strong> tritt ein für die Rücknahme/<br />

Annullierung<br />

- der Troika-Programme gegen die Arbeitnehmer<br />

und Völker Europas:<br />

- des Fiskalpakts und des ESM.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

16


1.2 Nein zu ESM und Fiskalpakt! Nein zu<br />

Sozialkahlschlag und dem Abbau<br />

demokratischer Rechte in Europa! Schluss<br />

mit den "Rettungsschirmen" für Zocker,<br />

Banken und Konzerne! Hoch die<br />

internationale Solidarität!<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Erledigt bei Annahme des Antrags 1.1 in der<br />

Fassung der Antragskommission<br />

Antragsteller: LV Bayern<br />

Die <strong>GEW</strong> lehnt es grundsätzlich ab, dass Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer für Auswirkungen<br />

der Krise und die ungeheure Staatsverschuldung<br />

zahlen sollen, die sie in keiner<br />

Weise verantworten. Wir verurteilen die ökonomisch<br />

unsinnigen und sozial verheerenden<br />

Sparauflagen gegen die abhängig Beschäftigten<br />

in weiten Teilen Europas. Sie werden diesen<br />

allein aufgezwungen, um die Forderungen der<br />

Banken und Finanzanleger zu bedienen. Wir<br />

fordern die Abkehr von der Austeritätspolitik<br />

und die Rücknahme der erfolgten tiefen sozialen<br />

Einschnitte.<br />

Schluss mit der Privatisierung öffentlicher Güter!<br />

Wir solidarisieren uns mit dem Kampf aller europäischen,<br />

derzeit insbesondere der griechischen<br />

Kolleginnen und Kollegen, im Kampf<br />

gegen das Diktat der EU und der Finanzmärkte,<br />

gegen die Abwälzung der Schuldenlasten auf<br />

die jeweils abhängig Beschäftigten, für die Erhaltung<br />

ihrer demokratischen Errungenschaften,<br />

der Kollektivverträge und der Tarifautonomie.<br />

Solidarität mit den Kolleg/innen in Griechenland,<br />

Portugal, Spanien etc. heißt für uns,<br />

uns gegen die zu wenden, die diese Politik in<br />

ganz Europa vorantreiben wollen.<br />

Im Mai stimmten Bundestag und Bundesrat<br />

dem Rettungsschirm ESM und dem damit<br />

untrennbar verbundenen „Fiskalpakt“ zu. Der<br />

Bundespräsident hat die entsprechenden Gesetze<br />

noch nicht unterschrieben, es stehen<br />

noch Urteile in verschiedenen Verfahren vor<br />

dem Verfassungsgericht an.<br />

Private Zocker, Banken und Konzerne setzen<br />

unverblümt ihre Interessen an den runden<br />

Lobbytischen von WTO, IWF, WB und EU durch:<br />

Auch die Gewerkschaftsbewegung muss sich<br />

auf ihre politisch-ökonomischen Interessen besinnen,<br />

ihre Forderungen danach ausrichten<br />

und diese in Solidarität, aber auch immer mehr<br />

im organisatorischen Schulterschluss und<br />

konzertierten Aktionen mit den abhängig Be-<br />

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10<br />

15<br />

20<br />

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45<br />

17


schäftigten anderer Staaten energisch vortragen:<br />

• Entsprechend ihrem gewerkschaftlichen<br />

Auftrag als Interessenvertretung der<br />

abhängig Beschäftigten lehnt die <strong>GEW</strong> den<br />

Rettungsschirm ESM und den sog. „Fiskalpakt“<br />

ab. Die bisher aufgespannten „Rettungsschirme“<br />

und die damit verbundenen<br />

Lohnsenkungen, Anhebungen des Renteneintrittsalters,<br />

Arbeitszeitverlängerungen<br />

usw. dienen allein privaten Zockern, Banken<br />

und Konzernen. Schluss damit!<br />

• Solidarität mit den griechischen Kolleginnen<br />

und Kollegen! Angesichts der verheerenden<br />

ökonomischen Situation in Griechenland<br />

müssen unsere Kolleginnen und<br />

Kollegen und die Kinder, Jugendlichen und<br />

Studenten in Bildungseinrichtungen dort<br />

unter unzumutbaren Verhältnissen arbeiten.<br />

Mehrfach haben auch Vertreter unserer<br />

griechischen Partnergewerkschaft<br />

OLME in Deutschland auf Veranstaltungen<br />

der <strong>GEW</strong>, zum Beispiel in Hamburg, bereits<br />

darüber berichtet. Unsere Solidarität überall<br />

da, wo die <strong>GEW</strong> aktiv ist, ist dringend<br />

notwendig. Komplette Streichung der<br />

Staatsschulden Griechenlands! Die Verursacher<br />

sollen hier, dort und anderswo ihre<br />

Schuldenkrise selbst bezahlen!<br />

• Die herrschende Klasse Deutschlands hat<br />

im Zuge ihrer neo-merkantilistischen Politik<br />

(Huffschmidt 2007) vom Euro und von den<br />

Staatsschulden am meisten profitiert. In<br />

den letzten Jahren wurden Körperschaftsteuer<br />

und der Spitzensatz der Einkommensteuer<br />

massiv gesenkt. <strong>Das</strong> führte zu<br />

Steuerausfällen für das Gemeinwesen in<br />

Höhe von jährlich nahezu 50 Mrd. Diese<br />

Steuern müssen wieder - wie in unserem<br />

Konzept gefordert - drastisch angehoben<br />

werden.<br />

• <strong>Das</strong> gesamte Geldvermögen in Deutschland<br />

beträgt etwa fünf Billionen Euro. Auf das<br />

oberste Zehntel der Haushalte entfällt die<br />

Hälfte davon. Die Reichen müssen mit einer<br />

Sonderabgabe deutlich zur Senkung der<br />

Staatsschuld beitragen. Die Vermögenssteuer<br />

muss – wie in unserem Steuerkonzept<br />

gefordert - wieder eingeführt werden.<br />

• Wenn schon eine Mehrwertsteuer, dann<br />

auch auf Finanzprodukte, nicht nur auf<br />

Brot. Die dazu im Steuerkonzept der <strong>GEW</strong><br />

enthaltene Steuer muss eingeführt werden.<br />

Ein solches Steuerkonzept ist eine Voraus-<br />

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18


setzung dafür, dass der Schuldenberg nicht<br />

einseitig von den kleinen Leuten abgetragen,<br />

die Öffentliche Hand saniert und in der<br />

Folge auch das Sieben-Prozent-Ziel beim<br />

Anteil der öffentlichen Bildungskosten am<br />

Bruttoinlandsprodukt erreicht wird.<br />

• Die Banken drehen trotz ihrer tiefsten Krisenerfahrungen<br />

seit 1945 weiterhin mit<br />

möglichst wenig Eigenkapital möglichst<br />

große Krediträder. Die Verluste laden sie<br />

auf den Staat ab. Deshalb muss das Eigenkapital<br />

der Banken deutlich angehoben<br />

werden.<br />

• Handelbare Kreditausfallversicherungen<br />

ohne Deckung (CDS) und Refinanzierungsmittel<br />

risikobehafteter Kreditforderungen<br />

wie CDOs müssen wie die so genannten<br />

Leerverkäufe verboten werden.<br />

• Weltweit gehen Menschen gegen Banken<br />

und Regierungen auf die Straße. Nur durch<br />

breite Massenproteste können Änderungen<br />

der Politik der Herrschenden erzwungen<br />

werden. Wenn wir nicht wollen, dass die<br />

Krisenlasten einseitig auf die abhängig Beschäftigten<br />

abgewälzt werden, brauchen<br />

wir z.B. einen flächendeckenden gesetzlichen<br />

Mindestlohn, der (wenigstens für<br />

Alleinstehende) keine Hartz-IV-Aufstockung<br />

mehr nötig macht. Wir brauchen die Erhöhung<br />

des Hartz IV-Eckregelsatzes auf mindestens<br />

500 Euro, eine deutliche Arbeitszeitverkürzung<br />

in Richtung 30 Wochenstunden<br />

bei vollem Lohnausgleich sowie eine auskömmliche<br />

Mindestrente, und zwar nicht<br />

erst mit 67, sondern bereits mit 60 Jahren.<br />

• Anstelle von „Rettungsschirmen“ und<br />

Strukturanpassungsprogrammen müssen<br />

Hilfsprogramme aufgelegt werden, die den<br />

Ausbau bzw. Wiederaufbau des Öffentlichen<br />

Sektors beinhalten. <strong>Das</strong> betrifft nicht<br />

nur den immer mehr privatisierten<br />

Bildungsbereich, der der <strong>GEW</strong> naturgemäß<br />

besonders am Herzen liegt, sondern alle<br />

Bereiche der öffentlichen Versorgung und<br />

Vorsorge.<br />

• Keine europäische Finanzdiktatur! Über<br />

Transfers in Höhe von erheblichen Teilen<br />

des Volkseinkommens muss es auch Volksabstimmungen<br />

geben.<br />

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1.3 Kampagne UmSteuern<br />

Antragsteller: LV Hessen<br />

Die <strong>GEW</strong> organisiert zur Bundestagswahl 2013<br />

und für die Zeit danach eine Kampagne "Um-<br />

Steuern". Ziele der Kampagne sollen sein:<br />

- die Reregulierung der Geldpolitik (Vorschriften<br />

zu den Finanzprodukten, Eigenkapital,<br />

Haftung etc.)<br />

- die Verkleinerung und Reduzierung der<br />

Banken (Verhinderung von “too big to fail“)<br />

- eine Wende in der Steuerpolitik, um eine<br />

ausreichende finanzielle Basis für die gesellschaftlichen<br />

Aufgaben unter öffentlicher<br />

Kontrolle zu haben (z.B. durch Gesetzesinitiativen<br />

für die Re-Aktivierung der Vermögenssteuer,<br />

einer Revision der Erbschaftssteuer etc.)<br />

- die Verteidigung öffentlicher Güter und<br />

demokratischer und sozialer Errungenschaften.<br />

Die beantragte Kampagne soll außerdem einen<br />

Anstoß für eine breite curriculare Debatte in<br />

den Bildungseinrichtungen geben, die folgende<br />

Fragen thematisiert:<br />

Wie verhindern wir, dass durch die Finanzkrisen-Politik<br />

- die Spaltung der Gesellschaften durch eine<br />

gezielte Umverteilungspolitik weiter zunimmt?<br />

- Gier und Profit zum alleinigen Maßstab der<br />

menschlichen Entwicklung werden?<br />

- ständig weitere öffentliche Güter der prinzipiell<br />

demokratisch beeinflussbaren Gemeinwirtschaft<br />

entzogen und der privaten Verfügungsgewalt<br />

und dem privaten Profitstreben<br />

unterworfen werden?<br />

- Banken die Politik vereinnahmen?<br />

- die Brandstifter anschließend als Feuerwehr<br />

gerufen werden (wie der Wechsel von Finanzpolitikern<br />

zu Goldman Sachs u.a. und<br />

wieder zurück zu Regierungs- und Notenbankchefs<br />

zeigen)?<br />

- die Demokratie bis zur Unkenntlichkeit<br />

pervertiert wird, weil Netzwerke von Lobbyisten<br />

die Politik für ihre Zwecke eingespannt haben?<br />

Begründung<br />

Nicht alle bildungspolitischen Fragen sind Finanzfragen.<br />

Aber die Finanzfragen dominieren<br />

doch große Teile unserer Gewerkschaftspolitik,<br />

insbesondere die Frage der Arbeitsbedingungen<br />

und der Bezahlung. Von daher ist ein sol-<br />

1<br />

5<br />

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Empfehlung der Antragskommission<br />

Zeile 1 bis 16: Erledigt bei Annahme des Antrags1.1<br />

in der Fassung der Antragskommssion.<br />

Ab Zeile 17: Material zu Antrag 1.1<br />

20


cher Schwerpunkt nicht nur begründet,<br />

sondern unerlässlich.<br />

Die sog. Finanzkrise und die Reaktion der politisch<br />

Verantwortlichen verschärfen<br />

- die sozialen und wirtschaftlichen Probleme<br />

- einen Privatisierungskurs durch Plünderung<br />

der öffentlichen Kassen<br />

- und untergraben die Demokratie.<br />

Durch die herrschende Politik wird gleichzeitig<br />

die Grundlage für weitere Krisen gelegt.<br />

Es ist für die <strong>GEW</strong> als Bildungsgewerkschaft von<br />

besonderem Interesse, dass endlich die Ursachen<br />

und Verursacher der Krise angegangen<br />

werden, weil sowohl unsere Arbeitsbedingungen<br />

als auch die allgemeinen Bildungsbedingungen<br />

in der Hauptsache staatlich finanziert<br />

werden.<br />

Bereits 1996 haben wir in der <strong>GEW</strong> Hessen mit<br />

der optimistischen und belegten These "Geld<br />

ist genug da" (so auch der Titel eines Sammelbandes<br />

von Herbert Schui und Eckart Spoo)<br />

sehr gut 'nach vorn' diskutieren können und<br />

dabei gleichzeitig einen entscheidenden Punkt<br />

benannt, nämlich die Verteilungsfrage (an der<br />

ja auch die Demokratiefrage hängt). Diese ist<br />

aktueller denn je. Und sie wird heute nicht nur<br />

in linken Medien gestellt (vgl. z.B. FAZ vom<br />

20.8.2011). Insofern wäre dies ein guter strategischer<br />

Anknüpfungspunkt. Er ist zu Recht als<br />

Motto für den Aktionstag am 29.9.2012 gewählt<br />

worden.<br />

Vor 15 Jahren - 1997 - hat die <strong>GEW</strong> Hessen die<br />

Kampagne UmSteuern ins Leben gerufen. Und<br />

2010 und 2011 haben wir uns an der Kampagne<br />

gegen die so genannte "Schuldenbremse"<br />

in Hessen beteiligt (insofern erfolgreich, als<br />

trotz des pro-Votums von vier Landtagsparteien<br />

immerhin rund ein Drittel der Abstimmenden<br />

gegen das Verschuldungsverbot in der<br />

hessischen Verfassung votierten).<br />

55<br />

60<br />

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21


1.4 Menschenrechte umsetzen: Menschen<br />

mit Behinderungen als gleichberechtigte<br />

Mitglieder der Gesellschaft anerkennen<br />

und Teilhabe sicherstellen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Antragsteller: BFGA Sonderpädagogische<br />

Berufe<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass das Menschenrecht<br />

auf Teilhabe für Menschen mit Behinderung<br />

in allen Gesellschaftsbereichen umgesetzt<br />

wird. Hierzu gehört ein Bewusstseinswandel<br />

vom Konzept der Fürsorge zum Konzept<br />

der Teilhabe und des Empowerments, wie es in<br />

der UN-Konvention über die Rechte von Menschen<br />

mit Behinderungen gefordert wird.<br />

Die <strong>GEW</strong> vollzieht diesen Paradigmenwechsel<br />

in den eigenen Untergliederungen durch Aufklärung<br />

und Fortbildungen und vertritt diesen<br />

politisch nach außen. Sie fordert von den<br />

Landesregierungen:<br />

• Öffentlichkeitsarbeit im Sinne eines gesellschaftlichen<br />

Bewusstseinswandels<br />

• ausreichende finanzielle Mittel zur Umsetzung<br />

physischer und kommunikativer Barrierefreiheit<br />

im gesamten öffentlichen Raum unter<br />

gleichberechtigter Beteiligung der Betroffenenverbände<br />

• entsprechende Schulungen von Mitarbeiter/innen<br />

in Behörden und Ministerien<br />

• Stimm-, Antrags- und Vetorecht der kommunalen<br />

Behindertenbeauftragten in allen<br />

kommunalen Entscheidungsgremien<br />

• zeitnahe, konsequente und konkrete Aktionspläne<br />

zur Umsetzung der UN-Konvention<br />

• konsequente Entwicklung eines inklusiven<br />

Bildungssystems (ausreichende räumliche und<br />

personelle Ressourcen, inklusiv ausgerichtete<br />

Pädagog/inn/enausbildung sowie entsprechende<br />

Fort- und Weiterbildung)<br />

• Überprüfung von Gesetzen und Erlassen<br />

auf Diskriminierungsfreiheit sowie deren<br />

notwendige Überarbeitung im Sinne der UN-<br />

Konvention. Anpassung aller neuen Gesetzesvorhaben<br />

an die rechtlichen Vorgaben der<br />

UN-Konvention.<br />

Begründung<br />

Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen<br />

mit Behinderungen bezieht die allgemeinen<br />

Menschenrechte auf die Situation von<br />

Menschen mit Behinderungen. Menschen mit<br />

Behinderung werden in Deutschland noch<br />

weitgehend als Objekte christlicher Nächs-<br />

1<br />

5<br />

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22


tenliebe, Humanität und Fürsorge und nicht als<br />

Rechtssubjekte gesehen. Deshalb wird die Verwirklichung<br />

des Menschenrechts auf gleichberechtigte<br />

Teilhabe an finanzielle und personelle<br />

Ressourcen geknüpft. Die Umsetzung von<br />

Barrierefreiheit wird von Politikern nicht als<br />

prioritär angesehen. Hierdurch ist die kulturelle<br />

und soziale Teilhabe von Menschen mit Behinderungen<br />

stark eingeschränkt. Auch im<br />

Schulsystem wird es in Kauf genommen, dass<br />

Kinder mit Behinderung lange Busfahrten zu<br />

Sondereinrichtungen auf sich nehmen müssen<br />

und vom Kontakt mit Gleichaltrigen im sozialen<br />

Umfeld ausgeschlossen werden. Ein selbstverständliches<br />

Miteinander, das vom Menschenrecht<br />

der unbedingten Teilhabe in allen<br />

gesellschaftlichen Feldern ausgeht, muss noch<br />

entwickelt werden.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

23


1.5 Internationale Arbeit/Kinderarbeit<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />

1. Der Gewerkschaftstag bekräftigt die Entschlossenheit<br />

der <strong>GEW</strong>, im Geiste der UN-Millenniumsziele<br />

und der Beschlüsse der Bildungsinternationalen<br />

(BI), aktiv und konsequent für<br />

das Menschenrecht auf Bildung, d. h. für das<br />

Recht eines jeden Menschen auf ungehinderten<br />

und gebührenfreien Zugang zu qualifizierter<br />

Bildung einzutreten. Dies schließt den<br />

Kampf für die Durchsetzung des Verbots von<br />

Kinderarbeit ein.<br />

2. Der Gewerkschaftstag ermutigt die Bildungsinternationale,<br />

mit noch mehr Nachdruck auf<br />

den Ausbau eines qualitativ hochwertigen, öffentlichen<br />

und kostenfreien Bildungswesens in<br />

allen Ländern zu drängen und diese dabei zu<br />

unterstützen.<br />

3. Kinderarbeit ist eines der größten Hindernisse<br />

für die Umsetzung des Menschenrechts<br />

auf gute Bildung. Gleichzeitig ist Kinderarbeit<br />

die schlimmste Form der Lohndrückerei und<br />

der Verweigerung von Arbeitnehmerschutzrechten.<br />

Angesichts der weltweit fortschreitenden<br />

Verflechtungen von Wirtschaft und Kapital<br />

und der damit einhergehenden Ausbreitung<br />

des Prekariats appelliert der Gewerkschaftstag<br />

an die Mitglieder und Gliederungen der <strong>GEW</strong>,<br />

sich dem Kampf der internationalen<br />

Gewerkschaftsbewegung für menschenwürdige<br />

Arbeit mit zielführenden Forderungen und Aktionen<br />

anzuschließen.<br />

4. Der Gewerkschaftstag begrüßt die vom<br />

Hauptvorstand der <strong>GEW</strong> im Herbst 2010 beschlossene<br />

Initiative "Bildung statt Kinderarbeit"<br />

und die Gründung der Stiftung "fair<br />

childhood".<br />

Er fordert die Gremien der <strong>GEW</strong> dazu auf, diese<br />

Arbeit mit Nachdruck fortzusetzen.<br />

5. Vor diesem Hintergrund empfiehlt der<br />

Gewerkschaftstag die Erarbeitung eines<br />

"Bildungs- und entwicklungspolitischen<br />

Zielkatalogs" für die internationale Arbeit der<br />

<strong>GEW</strong>.<br />

Dieser Zielkatalog sollte enthalten<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

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50<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgender Änderung:<br />

Streichung der Zeilen 73 bis 75.<br />

24


• eine bildungs – und entwicklungspolitische<br />

Standortbestimmung der Internationalen<br />

Arbeit <strong>GEW</strong>;<br />

• die Formulierung operationalisierbarer<br />

Ziele und Strategien,<br />

• die Zusammenführung der bisherigen Aktivitäten<br />

der internationalen Solidaritätsarbeit,<br />

• die Einbindung der bildungs- und hochschulpolitischen<br />

Arbeit auf internationaler<br />

Ebene und<br />

• die Formulierung von Eckpunkten einer aktiven<br />

entwicklungspolitischen Inlandsarbeit.<br />

Die Entwicklung der Ziele soll sich an den Beschlüssen<br />

der BI, des EGBW, des IGB sowie den<br />

bisherigen Beschlüssen der <strong>GEW</strong> orientieren<br />

und internationale Kooperationsmöglichkeiten<br />

mit Partnergewerkschaften und Nicht-Regierungsorganisationen<br />

aufzeigen.<br />

6. Die politische Verantwortung und die<br />

Federführung für diese Arbeit liegen in den<br />

Händen des Geschäftsführenden Vorstands.<br />

Begründung<br />

- Weltweit sind mehr als 215 Millionen von<br />

Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 5<br />

und 17 Jahren aus vielfältigen Gründen von<br />

Bildung ausgeschlossen. Eine große Zahl dieser<br />

Kinder geht regelmäßig oder saisonal Arbeit<br />

nach. Mehr als die Hälfte, 151 Millionen von ihnen<br />

arbeitet in den schlimmsten Formen von<br />

Kinderarbeit. Kinderarbeit ist die schlimmste<br />

Form der Lohndrückerei und der Verweigerung<br />

von Arbeitnehmerschutzrechten überhaupt<br />

und eines der größten Hindernisse für die Umsetzung<br />

des Menschenrechts auf gute Bildung.<br />

- Die <strong>GEW</strong> als Gesamtorganisation muss sich<br />

ihrer Aufgabe und Verantwortung als Bildungsgewerkschaft<br />

stellen, wenn sie ihre vielfach<br />

selbst formulierten Forderungen ernst nehmen<br />

will.<br />

- In den Ländern des so genannten “globalen<br />

Nordens“ wurde Kinderarbeit vor gut 100 Jahren<br />

durch die Einführung von Gesetzen zum<br />

Schutz der Gesundheit und von Arbeitnehmer-<br />

Innenrechten schrittweise weitgehend abgeschafft.<br />

Der Alltag in den Ländern des sogenannten<br />

"globalen Südens" sieht jedoch anders<br />

aus. Eine große Zahl von Kindern geht hier<br />

55<br />

60<br />

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100<br />

25


egelmäßig Erwerbsarbeit nach. Hierdurch wird<br />

diesen Kindern das Recht auf Bildung verwehrt.<br />

Ohne eine anspruchsvolle Grundbildung für<br />

alle – im Sinne der UN Millenniumsziele – und<br />

ohne eine weiterführende berufliche Qualifikation<br />

ist es jedoch nahezu unmöglich, aus dem<br />

Kreislauf von Analphabetismus, menschenunwürdigen<br />

Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />

auszubrechen.<br />

- Die Delegierten des zweiten Weltkongresses<br />

des Internationalen Gewerkschaftsbundes<br />

(IGB) 2010 haben in ihrer Abschlusserklärung<br />

noch einmal betont, dass der "Schutz der<br />

grundlegenden Arbeitnehmerrechte eine Priorität<br />

des IGB ist und bleiben muss". Der Beschluss<br />

fährt fort: "Ebenso wie Armut an einem<br />

Ort eine Gefahr für den Wohlstand überall darstellt,<br />

untergräbt die Verletzung der grundlegenden<br />

Arbeitnehmerrechte in einem Land<br />

diese Rechte auch in Ländern, in denen sie<br />

gegenwärtig geachtet werden."<br />

- <strong>Das</strong> Engagement für qualitative, öffentliche<br />

Bildung und Ausstattung von Bildungseinrichtungen<br />

ist zugleich der Kampf für bessere,<br />

menschenwürdige Arbeitsbedingungen für<br />

Erwachsene. Der Kampf für die Interessen der<br />

ArbeitnehmerInnen auch immer der Kampf für<br />

Lernende.<br />

Gewerkschaften und Bildungsgewerkschaften<br />

wie die <strong>GEW</strong> nehmen darin eine Schlüsselrolle<br />

ein. Erstens sind sie gefordert, sich für menschenwürdige<br />

Arbeitsbedingungen im eigenen<br />

Land und im Rahmen solidarischer Unterstützung<br />

weltweit einzusetzen. Zugleich, und<br />

dies ist Kehrseite der gleichen Medaille, tragen<br />

sie mit diesem Kampf auch zu einer Verbesserung<br />

der Lernsituation von Kindern und<br />

Jugendlichen bei. Die Bereitstellung von qualitativer<br />

öffentlicher Bildung und angemessener<br />

Infrastruktur für alle Kinder ist e i n Schlüssel im<br />

Kampf gegen Kinderarbeit. Denn je mehr Kinder<br />

regelmäßig an Vollzeitunterricht teilnehmen,<br />

desto stärker ist die Verhandlungsbasis<br />

von ArbeitnehmerInnen und ihrer gewerkschaftlichen<br />

Vertretungen für bessere Arbeitsbedingungen<br />

und faire Bezahlung. Eine Bezahlung<br />

die ein menschenwürdiges Leben sichert.<br />

Der Beitrag der <strong>GEW</strong> ist der Kampf für menschenwürdige<br />

Arbeitsbedingungen für PädagogInnen<br />

und gute öffentliche Bildung weltweit.<br />

Studien zeigen, dass gute Arbeitsbedingungen<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

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135<br />

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145<br />

150<br />

155<br />

26


auch immer positive Auswirkungen auf den<br />

Arbeitsplatz und das Arbeitsumfeld haben.<br />

Der Kampf gegen Kinderarbeit ist damit<br />

originäres Kernstück des weltweiten Engagements<br />

insbesondere von Bildungsgewerkschaften<br />

für menschenwürdige Arbeitsbedingungen<br />

für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.<br />

- Der Kampf für bessere Arbeitsbedingungen<br />

im "globalen Norden" darf nicht auf Kosten der<br />

Menschen im “globalen Süden“ gehen. Diese<br />

Feststellung erlangt vor dem Hintergrund internationaler<br />

Wirtschafts- und Handelsverflechtungen<br />

eine besondere Bedeutung nicht nur im<br />

"globalen Süden", in so genannten Schwellenländern<br />

sondern auch im "globalen Norden".<br />

Während im Norden ArbeitnehmerInnenrechte<br />

vielfach durch Gesetze geschützt werden, sind<br />

rechtliche Regelungen andernorts vielfach nicht<br />

vorhanden und/oder Verstöße werden nur<br />

unzureichend geahndet. Im Falle der so genannten<br />

BRICS Staaten – Brasilien, Russland, Indien,<br />

China und Südafrika – wiegen die Verstöße<br />

besonders schwer, da sie auf dem internationalen<br />

Markt ein wachsendes ökonomisches<br />

Gewicht erlangen. Ihre zunehmende<br />

handelspolitische Bedeutung bringt die Gefahr<br />

einer weltweit größer werdenden Akzeptanz ihrer<br />

massiven Verletzungen der Menschen- und<br />

Gewerkschaftsrechte sowie ArbeitnehmerInnenschutzrechte<br />

mit sich. Dies macht internationale<br />

Solidarität und gemeinsame Aktivitäten<br />

und Strategien der gewerkschaftlichen Organisationen<br />

für “gute Arbeit für alle“ unerlässlich.<br />

- Die <strong>GEW</strong> hat durch ihre Mitarbeit in der<br />

Globalen Bildungskampagne zusammen mit anderen<br />

NGOs, sowie durch die konkrete Kooperationen<br />

mit vor Ort arbeitenden Organisationen<br />

und Gewerkschaften in Indien ein Zeichen<br />

auf dem Weg der Umsetzung des Rechts auf<br />

Bildung und im Kampf gegen Kinderarbeit gesetzt.<br />

Doch es ist noch ein langer Weg, um<br />

Kindern weltweit ihr Recht auf Bildung zu garantieren.<br />

- Weltweit gesehen ist "gute Bildung für alle"<br />

jedoch nach wie vor nicht selbstverständlich.<br />

Stattdessen gehört Kinderarbeit und Schulabsentismus<br />

zum Alltag. Begründet wird dies mit<br />

herrschender Armut in den betroffenen<br />

Ländern. Argumentiert wird daran anschließend,<br />

dass Kinderarbeit erst verschwinden<br />

wird, wenn es keine Armut mehr gibt.<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

27


Durch die erfolgreiche Arbeit der Stiftung „fair<br />

childhood“ haben wir bestätigt gefunden, dass<br />

Armut jedoch nicht die alleinige Ursache für<br />

Kinderarbeit, hohe Schulabbruchquoten und<br />

damit Schulabsentismus ist.<br />

- Hinzutreten können auch u. a.<br />

- das schlechte Niveau des Bildungswesens,<br />

- der Mangel an geeigneten Lehrkräften und<br />

die unzureichende Qualifikation des pädagogischen<br />

Personals,<br />

215<br />

220<br />

225<br />

- der schlechte Zustand der Bildungseinrichtungen,<br />

- komplexe, von außen vielfach nicht verständliche<br />

formale Abläufe in Bildungseinrichtungen<br />

(insbesondere bei der Schulanmeldung)<br />

- der Analphabetismus und Bildungsferne im<br />

sozialen Umfeld,<br />

- der Mangel an frühkindlichen staatlichen<br />

Betreuungseinrichtungen und Bildungsangeboten,<br />

- die systematische Diskriminierung auf<br />

Grund von sozialem Geschlecht, Herkunft, sozialem<br />

Hintergrund u.v.m.<br />

- Die Vorstellung des Projektes 'fair<br />

childhood' im April 2011 hat breite Resonanz in<br />

der Öffentlichkeit und der Mitgliedschaft<br />

gefunden. In der Folge haben sich Hunderte<br />

von <strong>GEW</strong>-Mitgliedern als Spender engagiert<br />

und zur ehrenamtlichen Mitarbeit bereit<br />

erklärt. Durch zahlreiche Spenden und zusätzliche<br />

Akquirierung von Fördermitteln des BMZ<br />

kann die Stiftung nach 1 1/2 Jahren Förderprojekte<br />

mit einem Volumen von insgesamt über<br />

400.000,-- € unterstützen. Konkret heißt das,<br />

dass in einem Zeitrahmen von drei bis vier Jahren<br />

„fair childhood“ in Zusammenarbeit mit<br />

erfahrenen Partnern annähernd 10.000<br />

Kindern den Ausweg aus der Kinderarbeit und<br />

Zugang zur Schulbildung eröffnen wird.<br />

- Die internationale Solidaritätsarbeit der<br />

<strong>GEW</strong> zeigt, dass dem politischen Willen und Beschlüssen<br />

auch Taten folgen! Dies zeigen die<br />

vielfältigen Nord-Süd und Nord-Nord Partnerschaften<br />

auf gleicher Augenhöhe.<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

265<br />

28


Nach dem erfolgreichen internationalen<br />

Kongress "Schule ist der beste Arbeitsplatz –<br />

Bildungsgewerkschaften aktiv gegen Kinderarbeit"<br />

im Oktober 2012 in Berlin haben erste<br />

Gespräche über den Projektausbau im Themenschwerpunkt<br />

auch in anderen Ländern (z.<br />

B. mit dem Dachverband der Bildungs- und<br />

Wissenschaftsgewerkschaft (TUFESA) und unserer<br />

Schwesterngewerkschaft (FSASH) in Albanien<br />

stattgefunden.<br />

- Zur Stärkung der Außenwahrnehmung der<br />

<strong>GEW</strong> als kompetenten Akteur im Themenfeld<br />

Kinderarbeit und um den innergewerkschaftlichen<br />

Prozess der Auseinandersetzung voranzutreiben,<br />

ist ein Gesamtkonzept internationaler<br />

Arbeit - ein "Bildungs- und Entwicklungspolitischer<br />

Zielkatalog" - dringend erforderlich.<br />

Allein Lippenbekenntnisse sind unzureichend!<br />

Mit dem Konzept sollen zudem lokale Initiativen<br />

zusammengeführt und Synergien im<br />

Kampf für menschenwürdige Arbeitsbedingungen,<br />

qualitative öffentliche Bildung und damit<br />

die Umsetzung des Rechts auf Bildung weltweit<br />

gewinnbringend genutzt werden.<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

29


1.6 Internationales. Palästina. Schule<br />

unter Besatzung<br />

Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Empfehlung wird nachgereicht<br />

Der <strong>GEW</strong>-Hauptvorstand wendet sich<br />

1. an die Bundesregierung,<br />

2. an die israelische Lehrergewerkschaft Histadrut<br />

Hamorim<br />

1<br />

5<br />

und fordert sie auf, bei der israelischen Regierung<br />

darauf hinzuwirken,<br />

1. dass palästinensische Schüler/innen unbehelligt<br />

von israelischen Siedlern ihre Schulen<br />

erreichen,<br />

2. dass die Zerstörung palästinensischer<br />

Schulen gestoppt wird und<br />

3. dass dort, wo großer Mangel an Klassenräumen<br />

für palästinensische Kinder<br />

herrscht, Schulsanierungen und Schulneubauten<br />

von der israelischen Militärverwaltung genehmigt<br />

werden.<br />

4. Der Gewerkschaftstag bekräftigt, dass alle<br />

Schüler/innen sowie ihre Lehrkräfte in Israel, in<br />

den von Israel besetzten Gebieten und in Gaza<br />

einen Anspruch darauf haben, in den Schulen<br />

in Frieden und unbehelligt von kriegerischen/<br />

aggressiven Aktivitäten zu lernen und zu unterrichten.<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30


1.7 Internationales. Palästina. Schule<br />

unter Besatzung - Folgeantrag<br />

Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Ablehnung<br />

Der <strong>GEW</strong>-Hauptvorstand berichtet in E&W über<br />

die Umsetzung des Antrags "Internationales.<br />

Palästina. Schule unter Besatzung".<br />

1<br />

31


1.8 Rechtsanspruch auf Förderung und<br />

Weiterentwicklung der Familiensprachen<br />

Antragsteller: BA Multikulturelle<br />

Angelegenheiten<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich für die Durchsetzung des<br />

Rechtsanspruchs auf Förderung und Weiterentwicklung<br />

der Familiensprachen ein.<br />

Begründung<br />

Inzwischen wird zwar von PolitikerInnen oder z.<br />

B. in Integrationsplänen von Städten oder<br />

Bundesländern der Stellenwert der mitgebrachten<br />

Sprachen betont und zur Wertschätzung<br />

der gesellschaftlichen Vielfalt aufgerufen.<br />

Wichtig für die Wertigkeit dieser Sprachen, für<br />

das Selbstwertgefühl ihrer SprecherInnen wie<br />

für den praktischen Nutzen, ist jedoch ein verbrieftes<br />

Recht auf die Herkunfts- bzw. Familiensprache,<br />

auf ihre Förderung in den Bildungseinrichtungen<br />

wie auf die wissenschaftliche<br />

Weiterentwicklung. Erst dann entsteht der nötige<br />

Druck, um institutionell, organisatorisch<br />

und finanziell die erforderlichen Maßnahmen<br />

zu entwickeln.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

32


1.9 Berufliche Bildung von geduldeten<br />

Migrantinnen und Migranten<br />

Antragsteller: LV Bremen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich für das Recht auf Ausbildung<br />

für alle ein, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.<br />

Der Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> verurteilt den<br />

Umgang der Behörden mit jugendlichen Migranten,<br />

die wegen ihres ungeklärten Aufenthaltstatus<br />

oder wegen ihres ungeklärten<br />

Herkunftslandes keine gültigen Personalpapiere<br />

(Pässe) besitzen.<br />

Begründung<br />

Zahlreiche Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />

werden in Deutschland nur geduldet –<br />

etwa weil ihre Eltern vor der Einreise in die<br />

Bundesrepublik ihre Personalpapiere vernichtet<br />

haben, um ihr Herkunftsland zu verschleiern<br />

und so möglicherweise einer Abschiebung zu<br />

entgehen. Diese Jugendlichen können keine<br />

Ausbildungsstelle antreten und leben in<br />

Duldung, Abschiebeerwartung oder -haft. Auch<br />

diese Jungendlichen haben ein Menschenrecht<br />

auf Bildung, auf Ausbildung und Arbeit, das<br />

auch die Bundesrepublik zu beachten und umzusetzen<br />

hat.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

33


1.10 Berufliche Bildung von Migrantinnen<br />

und Migranten mit ungeklärten<br />

Herkunftsländern<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Erledigt bei Annahme des Antrags 1.9<br />

Antragsteller: BA Seniorinnen und Senioren<br />

Die <strong>GEW</strong> als Bildungsgewerkschaft setzt sich<br />

für eine berufliche Ausbildung der geduldeten<br />

jugendlichen Migrantinnen und Migranten ein,<br />

die zurzeit nach einem Schulbesuch keine Ausbildung<br />

antreten dürfen, weil sie wegen ihres<br />

ungeklärten Herkunftslandes keine gültigen<br />

Personalpapiere (Pässe etc.) besitzen.<br />

Begründung<br />

Weil ihre Eltern vor der Einreise in die<br />

Bundesrepublik ihre Personalpapiere vernichtet<br />

haben, um ihr Herkunftsland zu verschleiern<br />

und so möglicherweise einer Abschiebung zu<br />

entgehen, besitzen zahlreiche Jugendliche mit<br />

Migrationshintergrund keine Personalpapiere.<br />

Deshalb können sie keine Ausbildungsstelle<br />

antreten und leben in Duldung, Abschiebeerwartung<br />

oder -haft. Sie können ihr<br />

Recht auf Bildung nicht verwirklichen. Da von<br />

der Politik zunehmend darauf hingewiesen<br />

wird, dass der Wirtschaft der Nachwuchs fehlt,<br />

sollte man das Potenzial der Jugendlichen mit<br />

ungeklärter Herkunft nutzen und ihnen erlauben<br />

eine Ausbildung in Deutschland zu absolvieren.<br />

Diese Jugendlichen können danach<br />

entweder die Lücken füllen, die durch die ausscheidenden<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

entstehen oder in anderen Ländern<br />

Entwicklungshilfe leisten.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

34


1.11 Unterstützung der „Böblinger Charta“<br />

Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Überweisung an den Hauptvorstand<br />

Die <strong>GEW</strong> spricht sich dafür aus, die sog.<br />

"Böblinger Charta" zu unterstützen.<br />

Begründung<br />

Die "Böblinger Charta" wurde am 27.10.2012<br />

auf dem Europakongress verschiedener Verbände,<br />

Kirchen und Gewerkschaften, darunter<br />

auch die <strong>GEW</strong> Böblingen, in Böblingen beschlossen.<br />

Sie ist eine Selbstverpflichtung der<br />

Unterzeichnenden auf ein gerechtes und<br />

gemeinschaftliches Zusammenleben über alle<br />

Ländergrenzen hinweg.<br />

Die "Böblinger Charta" sieht soziale Gerechtigkeit<br />

und demokratische Teilhabe durch die<br />

Wirtschaftskrise bedroht. Sie fordert angemessene<br />

Bezahlung, freien Zugang zu Bildung, Umwelt-<br />

und Gesundheitsschutz und Teilhabe am<br />

politischen und kulturellen Leben als<br />

Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft.<br />

Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, auf<br />

Sozial- und Demokratieabbau aufmerksam zu<br />

machen und gleichzeitig lokale Strategien zu initiieren,<br />

um Wege aus der Krise zu finden.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

35


1.12 Zielsetzung Deutsches<br />

Auslandsschulwesen<br />

Antragsteller: Auslandslehrer (AGAL)<br />

Der Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> nimmt mit<br />

Sorge zur Kenntnis, dass die Zielsetzung des<br />

deutschen Auslandsschulwesens zunehmend<br />

mit einem bildungsfernen Utilitarismus befrachtet<br />

wird: <strong>Das</strong> Potential an gut ausgebildeten<br />

einheimischen Absolventen soll genutzt<br />

werden, um dem Fachkräftemangel in Deutschland<br />

entgegenzuwirken. Dazu werden Strategien<br />

erdacht, die zum Studium, Arbeiten und<br />

Bleiben in Deutschland motivieren sollen. Entwicklungspolitische<br />

Überlegungen, dass damit<br />

z.B. ein Braindrain-Effekt unterstützt wird, werden<br />

ignoriert oder nachgeordnet.<br />

Der Gewerkschaftstag fordert, dass<br />

- die Förderung der 140 Auslandsschulen<br />

und der 870 Sprachdiplomschulen vor allem<br />

mit den Schwerpunkten interkulturelle Begegnung<br />

und Friedensförderung verknüpft wird<br />

- dem prognostizierten Fachkräftemangel in<br />

Deutschland zunächst durch langfristige erhebliche<br />

Bildungsinvestitionen im eigenen Land begegnet<br />

wird sowie die prekären Arbeitsverhältnisse<br />

gut ausgebildeter Hochschulabsolventen<br />

in sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze<br />

mit angemessener Bezahlung umgewandelt<br />

werden<br />

- mit den abgebenden Ländern Absprachen<br />

zur Regulierung der Anwerbung, Kompensation<br />

und Rückkehr vereinbart werden, ohne dass<br />

damit etwa bürokratische Hindernisse für ein<br />

Studium in Deutschland aufgebaut werden<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgenden Änderungen:<br />

Annahme der Zeile 15 – 27<br />

Die Zeilen 1 – 13 werden Begründung.<br />

Die Zeilen 28 – 32 werden gestrichen.<br />

36


1.13 Geschlechtergerechtigkeit im Arbeitsund<br />

Gesundheitsschutz in Bildung,<br />

Erziehung und Wissenschaft<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Antragsteller: Bundesfrauenausschuss<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass<br />

• in der Ausbildung der PädagogInnen und<br />

WissenschaftlerInnen Kenntnisse über gesundheitsförderliche<br />

Arbeitsbedingungen und deren Umsetzung<br />

vermittelt werden;<br />

• in die Ausbildung der Fachkräfte für<br />

Arbeitssicherheit und der Betriebsärzt/-innen<br />

das Leitprinzip Gender Mainstreaming mit dem<br />

Ziel späterer geschlechtergerechter Tätigkeit<br />

eingebracht wird;<br />

• umfassende Gefährdungsbeurteilungen geschlechtergerecht<br />

gestaltet werden, insbesondere<br />

die psychischen Belastungen der PädagogInnen<br />

und WissenschaftlerInnen gemessen<br />

und ein Unterstützungssystem von Maßnahmen<br />

(weiter-)entwickelt und angewandt<br />

wird;<br />

• Mittel für die Durchführung von Maßnahmen<br />

zum Arbeits- und Gesundheitsschutz für<br />

die Beschäftigten im Bildungs- und Wissenschaftsbereich<br />

in der gesetzlich vorgeschriebenen<br />

Höhe in die Haushalte der einzelnen<br />

Bundesländer, Kommunen, Hochschulen<br />

und Forschungseinrichtungen eingestellt werden;<br />

• der Arbeits- und Gesundheitsschutz besonders<br />

in atypischen Beschäftigungsverhältnissen<br />

beachtet wird und die Geschlechterperspektive<br />

aufgenommen wird;<br />

• die betriebliche Gesundheitsförderung und<br />

das betriebliche Eingliederungsmanagement<br />

geschlechtersensibel gestaltet werden;<br />

• der Einfluss häuslicher Gewalt auf das<br />

Bildungs- und Erziehungsgeschehen insbesondere<br />

in Kita, Hort und Schule enttabuisiert<br />

wird und pädagogische Handlungsperspektiven<br />

für den Umgang damit erarbeitet werden;<br />

• für Schulen und alle anderen pädagogischen<br />

Einrichtungen sowie Hochschulen und<br />

Forschungseinrichtungen Sexualpräventionskonzepte<br />

entwickelt werden, die im Besonderen<br />

Mädchen und Frauen mit Behinderungen<br />

vor sexuellen Übergriffen schützen;<br />

• Frauen, die über Familienversicherung und<br />

Hinterbliebenenrente mitversichert sind, ein<br />

aktives und passives Wahlrecht bei den Sozialwahlen<br />

erhalten;<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

37


• ein Frauengesundheitsbericht 2015 erstellt<br />

wird;<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich im DGB dafür ein, dass die<br />

Bundesregierung aufgefordert wird, die Ergebnisse<br />

der Sozialwahlen geschlechtergetrennt<br />

auszuweisen.<br />

Die <strong>GEW</strong> startet im DGB eine Initiative, dass insbesondere<br />

die folgenden Anforderungen der<br />

Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenminister/-innen-<br />

sowie -Senator/-innen an die<br />

Bundesministerien umgesetzt werden:<br />

• in das Förderprogramm zur Gesundheitsforschung<br />

und -prävention sowie zum Arbeitsschutz,<br />

zur Arbeitsmedizin, und zu den Arbeitsbedingungen<br />

werden neben gendersensiblen<br />

Projekten zusätzlich die betriebliche<br />

Gesundheitsförderung mit Verhältnisprävention<br />

sowie die Auswirkungen von atypischen<br />

Beschäftigungsverhältnissen auf die Gesundheit<br />

in der Lebenslaufperspektive aufgenommen<br />

(Bundesministerium Bildung und Forschung<br />

und Bundesministerium Arbeit und Soziales);<br />

• in eine zukünftige Präventionsstrategie die<br />

Geschlechterperspektive mitaufgenommen<br />

wird sowie die aktuellen Berichtsergebnisse in<br />

die Überprüfung miteinbezogen (Gesundheit);<br />

sämtliche Schriften zum Gesundheits- und<br />

Arbeitsschutz werden in geschlechtergerechter<br />

Sprache verfasst.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

38


1.14 Für eine Diversitypolitik im<br />

Bildungsbereich jenseits von<br />

Management-Orientierung<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Antragsteller: BA Studentinnen und Studenten<br />

Die <strong>GEW</strong> bekennt sich zu einer Diversitypolitik,<br />

die nicht einer managementorientierten Ausrichtung<br />

folgt, sondern den Abbau und die Vermeidung<br />

von Diskriminierungen aufgrund der<br />

verschiedenen Diversitydimensionen zum Ziel<br />

hat.<br />

Da Diversity-Management nicht auf den Abbau<br />

von Diskriminierungen um ihrer selbst Willen<br />

abzielt, sondern gezielt den "Nutzen" von bestimmten,<br />

erwünschten Aspekten gesellschaftlicher<br />

Vielfalt für das Erreichen von Unternehmensinteressen<br />

(Erschließen neuer Kund_innengruppen<br />

o.ä.) in den Vordergrund stellt,<br />

steht es im Widerspruch zur Forderung der<br />

<strong>GEW</strong>, gleiche Bildungschancen für alle zu gewährleisten<br />

und bestehende Diskriminierungen<br />

zu beseitigen. Gesellschaftliche Vielfalt darf<br />

nicht nur dann Berücksichtigung finden, wenn<br />

sie einen vermeintlichen Nutzen für eine<br />

Einrichtung verspricht.<br />

Auch wenn Geschlecht eine der Dimensionen<br />

von Diversity ist, vertritt die <strong>GEW</strong> eine Diversitypolitik,<br />

die nicht zu Lasten der nach wie vor<br />

dringend notwendigen Frauen-, Gleichstellungs-<br />

und Geschlechterpolitik geht bzw. als Ersatz<br />

für diese herhalten soll. Sie versteht Diversitypolitik<br />

als einen zusätzlichen Ansatz, der<br />

stärker in Bildung, Erziehung und Wissenschaft<br />

Berücksichtigung finden soll und dabei in enger<br />

Verzahnung mit Frauen-, Gleichstellungs- und<br />

Geschlechterpolitik umgesetzt werden muss,<br />

um Überschneidungen verschiedener Diversitydimensionen<br />

im Blick zu haben.<br />

Begründung<br />

Diversity-Konzepte finden immer häufiger Eingang<br />

in Bildungsinstitutionen. Dabei geht es zunächst<br />

einmal darum, dass in Gruppen oder<br />

Einrichtungen die gesellschaftliche Vielfalt, also<br />

bspw. ethnische und soziale Herkunft, Alter, Religion,<br />

Geschlecht, sexuelle Orientierung oder<br />

Identität, Behinderung etc. reflektiert und berücksichtigt<br />

werden sollen. Dieser Ansatz<br />

scheint grundsätzlich begrüßenswert, so kann<br />

er u. a. dazu dienen, unterschiedliche Bildungschancen<br />

in den Blick zu nehmen.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

39


Allerdings gibt es sehr verschiedene Ausrichtungen<br />

und Verständnisse von Diversity. Insbesondere<br />

das aus der US-amerikanischen Betriebswirtschaftslehre<br />

stammende Diversity-<br />

Management deutet Vielfalt als Wettbewerbsvorteil<br />

und zielt auf die Optimierung<br />

von "Humankapital" ab. Diversität wird als ein<br />

Faktor in der Unternehmensführung entdeckt<br />

und als Mittel in Dienst genommen, mit dem<br />

Leistungssteigerungen erreicht werden sollen<br />

und nicht zuletzt auch eine Imagepflege, die<br />

sich bezahlt macht. Wenn dies in Diversity-Management-Konzepten<br />

im Bildungsbereich nun<br />

auch nicht immer so unverblümt zu Tage tritt<br />

wie in der Wirtschaft, so gleicht sich das<br />

Grundmuster dennoch. Im Fokus stehen nicht<br />

die einzelnen Individuen mit ihren Erfahrungen<br />

gesellschaftlicher Diskriminierung und Ausschlusspraxen,<br />

sondern der "Nutzen" von Vielfalt<br />

für die Gesamtinstitution oder abstrakt die<br />

Gesellschaft.<br />

Die grundsätzliche Konzeptionierung eines solchen<br />

Umgangs mit Diversity hat zur Folge, dass<br />

vor allem ökonomisch relevante, und damit<br />

häufig aus Perspektive der Unternehmensführung<br />

ausgewählte Vielfaltsdimensionen berücksichtigt<br />

werden, andere hingegen nicht. Ein Kritikpunkt<br />

ist entsprechend, dass es zu einer Einengung<br />

auf sozial erwünschte Vielfalt kommt.<br />

Gerade damit aber läuft der Umgang mit Diversität<br />

in solchen Diversity-Management-Ansätzen,<br />

die von der Betriebswirtschaft her kommen<br />

und mittlerweile in einer Vielzahl von Institutionen<br />

im Bildungsbereich Einzug gefunden haben,<br />

nicht auf die Anerkennung tatsächlicher<br />

Vielfalt der Individuen und ein Hinterfragen von<br />

Hierarchien und Ausgrenzungen hinaus. In Ansätzen,<br />

die sich auf bloßes Diversity-Management<br />

beschränken, anstatt die betriebene<br />

Diversitypolitik immer auch kritisch unter die<br />

Lupe zu nehmen, bleibt dieses Problem leider<br />

in der Regel unbeachtet.<br />

Was die Ausstattung von Gleichstellungspolitik<br />

konkret betrifft, ist eine äußert bedenkliche<br />

Entwicklung festzustellen: So gibt es Tendenzen,<br />

Frauen-, Gleichstellungs- und Geschlechterpolitik<br />

in Diversity "aufgehen" zu lassen und<br />

damit Kapazitäten von einer nach wie vor dringenden<br />

und wichtigen politischen Arbeit abzuziehen<br />

und in Konkurrenz zueinander zu bringen.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

40


Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass hier eine<br />

Begriffsklärung und Positionierung der <strong>GEW</strong><br />

sinnvoll und notwendig ist, im Hinblick darauf,<br />

welche dieser Konzepte im Einklang mit Forderungen<br />

der <strong>GEW</strong> sind und welche diesen widersprechen,<br />

um die Entstehung und Einführung<br />

solcher Konzepte aus <strong>GEW</strong>-Perspektive begleiten<br />

und mitgestalten zu können.<br />

So richten etwa Hochschulen vermehrt Stabsstellen<br />

oder Beauftragte für Diversity ein. <strong>Das</strong><br />

Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) hat<br />

von 2010 - 2012 das Pilotprojekt "Vielfalt als<br />

Chance" mit einer Reihe von Hochschulen<br />

durchgeführt und damit ein management-orientiertes<br />

Verständnis von Diversity verfolgt.<br />

Dies kann etwa dazu führen, dass Hochschulen<br />

empfohlen wird, sich gezielt um bestimmte<br />

Studierendengruppen zu bemühen, um sie passend<br />

zum Profil der jeweiligen Hochschule auszuwählen.<br />

Dies impliziert, dass andere<br />

Studierendengruppen als unattraktiv für Hochschulen<br />

abgestempelt werden. Auch für<br />

Schulen werden neben der breiten Diskussion<br />

um Inklusion auch Aspekte des Diversity-Managements<br />

in die Debatte eingebracht, die<br />

etwa auf eine Vielfalt unter der Lehrer_innenschaft<br />

abzielt, bei der jedoch Diskriminierungserfahrungen<br />

einzelner Lehrer_innen aus<br />

dem Blick geraten zugunsten einem "Nutzen"<br />

dieser Vielfalt für das Lernen. Auch die Zusammensetzung<br />

von Schüler_innengruppen wird<br />

im Kontext von Diversity-Management eher als<br />

nutzbringende Ressource betrachtet, denn als<br />

Anlass, umfassend für Diskriminierungsgefahren<br />

Einzelner zu sensibilisieren.<br />

Die Berücksichtigung von gesellschaftlicher<br />

Vielfalt in Bildungsinstitutionen ist eine wichtige<br />

Aufgabe. Allerdings darf dies nicht zu einer<br />

Ökonomisierung des Vielfalt-Begriffs führen.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

41


1.15 Jenseits des Tarifkonflikts –<br />

Politischer Streik und Generalstreik als<br />

gewerkschaftliches Kampfmittel und ein<br />

umfassendes Streikrecht!<br />

Antragsteller: LV Bremen<br />

Die <strong>GEW</strong><br />

• bekennt sich zum Politischen Streik und Generalstreik<br />

als gewerkschaftlichem Kampfmittel<br />

zur Durchsetzung der Interessen von<br />

abhängig Beschäftigten,<br />

• unterstützt aktiv gewerkschaftliche und gesellschaftliche<br />

Initiativen mit dem Ziel, den<br />

Politischen Streik und Generalstreik zu<br />

enttabuisieren, die juristische Illegalisierung<br />

zu überwinden und verfassungsrechtlich<br />

zu verankern, gemäß der Allgemeinen<br />

Erklärung der Menschenrechte, der Europäischen<br />

Sozialcharta und den Übereinkommen<br />

mit der Internationalen Arbeitsorganisation<br />

(ILO),<br />

• wirkt aktiv darauf hin, den Politischen<br />

Streik und Generalstreik in der Satzung der<br />

<strong>GEW</strong> zu verankern,<br />

• unterzeichnet den so genannten<br />

„Wiesbadener Appell“ für ein umfassendes<br />

Streikrecht in Deutschland.<br />

• Die <strong>GEW</strong> setzt sich in diesem Zusammenhang<br />

weiterhin auch für das Streikrecht<br />

von Beamten in Tarif- und Besoldungsrunden<br />

ein. Der Hauptvorstand<br />

wird aufgefordert, im Vorfeld der nächsten<br />

Tarif- und Besoldungsrunde eine entsprechende<br />

Mitgliederdiskussion vorzubereiten.<br />

Begründung<br />

Seit geraumer Zeit erleben wir vor dem Hintergrund<br />

der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise,<br />

wie in den Staaten der Europäischen<br />

Union in bisher unbekanntem Maße der Abbau<br />

sozialer und demokratischer Rechte der Menschen<br />

vorangetrieben wird. Mit einer restriktiven<br />

Austeritätspolitik als scheinbar alternativloser<br />

Antwort auf die krisenhafte Entwicklung<br />

einer neoliberal verblendeten Wirtschaftspolitik,<br />

werden immer neue Spardiktate verordnet<br />

und "Rettungsschirme" für marode Banken aufgespannt.<br />

Als deren Resultat geraten ganze<br />

Volkswirtschaften aus den Fugen und die so-<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme in folgender Fassung:<br />

Die <strong>GEW</strong> bekennt sich zum Politischen Streik<br />

einschließlich des Generalstreiks als<br />

gewerkschaftlichem Kampfmittel und unterstützt<br />

aktiv gewerkschaftliche und gesellschaftliche<br />

Initiativen mit dem Ziel den Politischen<br />

Streik einschließlich des Generalstreiks zu<br />

enttabuisieren, die juristische Illegalisierung zu<br />

überwinden und verfassungsrechtlich zu verankern,<br />

gemäß der Allgemeinen Erklärung der<br />

Menschenrechte, der Europäischen Sozialcharta<br />

und den Übereinkommen mit der Internationalen<br />

Arbeitsorganisation (ILO).<br />

42


ziale Spaltung in den europäischen Gesellschaften<br />

nimmt teilweise dramatische Formen an.<br />

Während sich die Menschen in Griechenland,<br />

Spanien, Portugal und Frankreich durch Massenproteste<br />

und Generalstreiks zur Wehr setzen,<br />

herrscht in Deutschland eine relative<br />

Ruhe. Lediglich einzelne Warnstreiks und Solidaritätsadressen<br />

haben den "Betriebsablauf"<br />

bisher gestört. Durch den Aufruf des Europäischen<br />

Gewerkschaftsbundes zum europaweiten<br />

Aktionstag am 24.11.2012 hat sich aber<br />

auch hierzulande der Unwille vieler Menschen<br />

über die falsche Politik geregt.<br />

Damit steht auch das Interesse für den politischen<br />

Streik und Generalstreik auf der Tagesordnung.<br />

Jedoch, allein durch schöne Reden<br />

schaffen wir die Illegalisierung des politischen<br />

Streiks nicht aus dem Weg. Die Geschichte hat<br />

gezeigt, dass soziale Grundrechte wie Koalitions-<br />

und Streikfreiheit, die nach Entstehung<br />

und Auftrag gegen die Inhaber wirtschaftlicher<br />

und sozialer Macht gerichtet sind, immer<br />

wieder in Frage gestellt werden und immer<br />

wieder aufs Neue legitimiert, erkämpft und<br />

verteidigt werden müssen. Gerade heute gilt es<br />

umso mehr der öffentlichen Verdrängung entgegenzuwirken<br />

und gleichsam zur Enttabuisierung<br />

des politischen Streiks Folgendes in Erinnerung<br />

zu rufen: Proteststreiks jenseits von Tarifkonflikten<br />

fanden auch hierzulande statt,<br />

ohne rechtliche Konsequenzen für die Initiatoren<br />

und Teilnehmenden. Zum Beispiel:<br />

● Im November 1950 und Januar 1951, als<br />

sich die Stahl- und Bergarbeiter in Urabstimmungen<br />

ihrer Gewerkschaft für Streiks aussprachen,<br />

um die paritätische Mitbestimmung in<br />

den Stahlunternehmen zu erhalten und auf den<br />

Bergbau auszudehnen, woraufhin die Politik<br />

einlenkte und das Montanmitbestimmungsgesetz<br />

verabschiedete.<br />

● Vom 27. bis 29. Mai 1952, als die Beschäftigten<br />

der Zeitungsbetriebe in Befolgung eines<br />

Streikaufrufs der IG Druck und Papier die Arbeit<br />

niederlegten, um für ein besseres Betriebsverfassungsgesetz<br />

zu demonstrieren. Diese Streiks<br />

waren sodann der Anlass für die anschließend<br />

gerichtlich verfügten Verbote politischer<br />

Streiks.<br />

● Vom 25. bis 27. Mai 1972, als Tausende<br />

ArbeitnehmerInnen ihren Arbeitsplatz verließen,<br />

um an Demonstrationen gegen das Mis-<br />

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100<br />

43


strauensvotum gegen Willi Brandt teilzunehmen.<br />

● Im Jahre 2006, als die Hafenarbeiter in allen<br />

großen europäischen Häfen streikten, so<br />

auch in Bremerhaven, Hamburg und Rostock,<br />

um die geplante Deregulierung der Hafenarbeiten<br />

durch die EU zu verhindern, die daraufhin<br />

zurückgenommen wurde.<br />

Innerhalb der EU hat Deutschland mit das rückständigste<br />

und restriktivste Streikrecht. Außer<br />

in England, Österreich und Deutschland ist der<br />

Politische Streik in keinem Land rechtlich<br />

illegalisiert, das gilt auch für Beamtenstreiks.<br />

Die Einengung von Streikmaßnahmen auf lediglich<br />

tarifvertraglich regelbare Ziele sind nicht<br />

hinnehmbare demokratische und somit gesellschaftliche<br />

Defizite. Vielmehr handelt es<br />

sich um Verletzung von Menschenrechten und<br />

die Missachtung der Inhalte der auch seit 1965<br />

für Deutschland völkerrechtlich verbindlichen<br />

Europäischen Sozialcharta.<br />

Eine gesellschaftspolitische Debatte hierüber<br />

zu entfachen und selbstbewusst Forderungen<br />

zu stellen, muss vor diesem Hintergrund eine<br />

zentrale Aufgabe der Gewerkschaften und gerade<br />

auch für die <strong>GEW</strong> als Bildungsgewerkschaft<br />

sein. Nur so lassen sich gesellschaftliche Defizite<br />

beheben und soziale Gerechtigkeit in einer<br />

"wehrhaften" Demokratie erkämpfen.<br />

<strong>Das</strong> Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft!<br />

105<br />

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130<br />

135<br />

44


1.16 Keine Sonderrechte für die<br />

Beschäftigungsverhältnisse bei kirchlichen<br />

Trägern<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

setzt sich dafür ein, dass die Sonderrechte für<br />

die Beschäftigungsverhältnisse bei kirchlichen<br />

Trägern abgeschafft werden. Über die für alle<br />

Tendenzbetriebe geltenden Besonderheiten<br />

hinaus dürfen die Rechte von Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern nicht beschnitten werden.<br />

Die Sonderregelungen für religiöse oder weltanschauliche<br />

Einrichtungen nach § 118 Abs. 2<br />

Betriebsverfassungsgesetz und § 9 Allgemeines<br />

Gleichbehandlungsgesetz sind zu beenden. Den<br />

Beschäftigten der Kirchen und ihrer Organisationen,<br />

vor allem Diakonie und Caritas, sind<br />

Mitbestimmung, Koalitionsfreiheit und Tariffreiheit<br />

zuzubilligen. Die Religionszugehörigkeit<br />

oder das religiöse Verhalten dürfen jenseits<br />

eines engen, in herausragender Weise religiös<br />

oder weltanschaulich geprägten<br />

Kernbereiches von Beschäftigungsverhältnissen<br />

kein Einstellungs- oder Entlassungsgrund sein.<br />

Begründung<br />

- In kirchlichen Einrichtungen gilt das Betriebsverfassungsgesetz<br />

nicht: "Auf Religionsgemeinschaften<br />

und ihre karitativen und erzieherischen<br />

Einrichtungen unbeschadet deren<br />

Rechtsform" findet das Gesetz keine<br />

Anwendung (§ 118, Absatz 2). Die Kirchen<br />

praktizieren ein eigenes kirchliches Arbeitsrecht,<br />

das in wichtigen Punkten vom allgemeinen<br />

Arbeitsrecht abweicht und mit mehreren<br />

Grundrechten kollidiert. Für die über eine Million<br />

Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen,<br />

vor allem von Caritas und Diakonie, hat dies<br />

weitreichende negative Folgen.<br />

- Dort gilt eine besondere Loyalitätspflicht,<br />

nicht nur für das Verhalten am Arbeitsplatz,<br />

sondern sie reicht bis ins Privatleben der Beschäftigten:<br />

Konfessionslose Menschen und<br />

Angehörige nichtchristlicher Religionsgemeinschaften<br />

finden in diesen Einrichtungen generell<br />

keine Anstellung. Die Beschäftigten sehen sich<br />

damit konfrontiert, dass ein Verstoß gegen<br />

kirchliche Moralvorstellungen mit einer -<br />

gegebenenfalls sogar fristlosen - Kündigung geahndet<br />

werden kann. Zu diesen "Vergehen"<br />

zählen ein Kirchenaustritt bzw. der Übertritt zu<br />

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45


einer anderen Religion, eine offen gelebte<br />

Homosexualität, die Wiederverheiratung nach<br />

einer Scheidung oder eine kirchlichen Auffassungen<br />

widersprechende öffentliche<br />

Meinungsäußerung (z.B. das Eintreten für die<br />

ersatzlose Streichung des § 218 StGB).<br />

- Egal ob die Mitarbeiter im Bereich der Verkündigung<br />

oder Seelsorge tätig sind oder ob sie<br />

als Ärzt/in, Altenpfleger/in, Erzieher oder Erzieherin,<br />

Schuldnercoach oder Reinigungskraft<br />

arbeiten - nach Auffassung der Kirchen tragen<br />

alle diese Tätigkeiten zu ihrem Verkündigungsauftrag<br />

bei ("Verkündigung durch die helfende<br />

Tat am Nächsten"). Folglich verlangen die kirchlichen<br />

Einrichtungen von ausnahmslos allen Beschäftigten<br />

die Einhaltung einer besonderen<br />

Loyalitätspflicht.<br />

- Leider stützen die höchsten deutschen Gerichte<br />

diese sehr weitgehende Interpretation<br />

kirchlicher Selbstverwaltung bislang. Auch das<br />

Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schafft<br />

hier keine Abhilfe, da es in den §§ 9 und 20<br />

eine "zulässige unterschiedliche Behandlung"<br />

erlaubt. Auch der Europäische Gerichtshof für<br />

Menschenrechte hat die Praxis im Grundsatz<br />

bestätigt, allerdings in einer Entscheidung aus<br />

dem Jahr 2010 eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls<br />

angemahnt.<br />

- Ferner müssen die Beschäftigten in kirchlichen<br />

Einrichtungen auf grundlegende Arbeitnehmerrechte<br />

verzichten: In kirchlichen<br />

Einrichtungen wird der sogenannte Dritte Weg<br />

praktiziert. Dieser beruht auf der Vorstellung,<br />

dass sich - anders als in privatwirtschaftlichen<br />

Unternehmen oder dem öffentlichen Dienst -<br />

Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht als Vertreter<br />

gegensätzlicher Interessen gegenüberstehen,<br />

sondern in einer "Dienstgemeinschaft" zusammenarbeiten.<br />

Daraus ergibt sich, dass der<br />

"Dritte Weg" kein Streikrecht kennt und ein Betriebsrat<br />

nicht vorgesehen ist.<br />

- Für die Beteiligung der Arbeitnehmer/innen<br />

gibt es in Einrichtungen in kirchlicher<br />

Trägerschaft anstelle von Betriebs- oder Personalräten<br />

lediglich "Mitarbeitervertretungen":<br />

Zur Klärung strittiger Fragen, die die "Betriebsverfassung"<br />

betreffen, treffen sich die<br />

"Dienstnehmer" und die "Dienstgeber" in einem<br />

paritätisch besetzten Gremium. Dort sollen<br />

für anstehende Konflikte einvernehmliche<br />

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46


Regelungen gefunden werden; diese müssen<br />

die Zustimmung von 75% der Beteiligten finden.<br />

Gelingt dies nicht, liegt das "Letztentscheidungsrecht"<br />

beim zuständigen Bischof.<br />

- Deshalb werden in Einrichtungen, in denen<br />

der Arbeitsalltag nahezu identisch ist, drei verschiedene<br />

"Betriebsverfassungen" angewandt:<br />

In einem Krankenhaus in kirchlicher Trägerschaft<br />

(Caritas oder Diakonie) gilt das kirchliche<br />

Arbeitsrecht, in kommunalen oder Universitätskliniken<br />

wird das Personalvertretungsgesetz<br />

angewandt und in einem Krankenhaus, das von<br />

der Arbeiterwohlfahrt oder einem Privatunternehmer<br />

betrieben wird, gilt das Betriebsverfassungsgesetz.<br />

- <strong>Das</strong> kirchliche Arbeitsrecht hat zur Folge, dass<br />

in Krankenhäusern, Kindertagesstätten oder Sozialstationen,<br />

die völlig oder weitestgehend aus<br />

öffentlichen Mitteln bezahlt werden, die<br />

Grundrechte nicht uneingeschränkt gelten. Insbesondere<br />

das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit<br />

ist faktisch außer Kraft gesetzt.<br />

Dies führt zum Phänomen der<br />

"Zwangskonfessionalisierung": Manche Menschen<br />

bleiben nur deshalb Mitglied in einer der<br />

beiden großen christlichen Kirchen, weil sie anderswo<br />

keinen Arbeitsplatz finden oder um ihre<br />

berufliche Zukunft fürchten.<br />

- Diese Sonderstellung kirchlicher Sozialeinrichtungen<br />

ist das Ergebnis intensiver Lobbyarbeit<br />

der Kirchen und der Kirchentreue vieler<br />

Abgeordneten in den Parlamenten. Sie widerspricht<br />

dem Geist des Grundgesetzes ebenso<br />

wie dem der europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien.<br />

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<strong>Das</strong> darf so nicht bleiben!<br />

47


1.17 Bürgerversicherung/ Gesetzliche<br />

Krankenversicherung auch für Beamtinnen<br />

und Beamte<br />

Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme der Zeilen 1 bis 4.<br />

Ab Zeile 5 wird Begründung.<br />

Die <strong>GEW</strong> unterstützt die Initiative des Deutschen<br />

Gewerkschaftsbundes (DGB) zur Weiterentwicklung<br />

der solidarischen Krankenversicherung<br />

Die Bürgerversicherung ist die sozial gerechte<br />

Weiterentwicklung der solidarischen Krankenversicherung<br />

und ein konsequenter Ansatz<br />

für effektive Strukturreformen im Gesundheitswesen.<br />

Die Bürgerversicherung kann so die Beitragssätze<br />

dauerhaft stabilisieren - Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer sowie Betriebe<br />

werden entlastet.<br />

Dazu wären folgende vier Schritte möglich:<br />

Schrittweise Anhebung der Versicherungspflichtgrenze<br />

Ziel ist, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger<br />

am Solidarausgleich beteiligen. Dadurch könnte<br />

die Beitragsbasis nachhaltig stabilisiert werden.<br />

Private und Gesetzliche Kassen würden dabei in<br />

einen neuen Wettbewerb um die Versicherten<br />

unter gleichen Bedingungen eintreten. In Zukunft<br />

könnten sich alle Bürgerinnen und Bürger<br />

in der Krankenkasse ihrer Wahl versichern - und<br />

zwar unabhängig vom Krankheitsrisiko. Deshalb<br />

ist die Bürgerversicherung keine Einheitskasse.<br />

Einbeziehung anderer Einkommensarten<br />

Dadurch könnten die Beitragssätze weiter gesenkt<br />

und langfristig, unabhängig vom Arbeitsmarkt,<br />

stabilisiert werden. Denkbar ist eine eigenständige<br />

zweite Säule zur Beitragsbemessung<br />

für Zusatzeinkommen. Erforderlich<br />

bei der Einbeziehung zusätzlicher Einkommensarten<br />

ist ein Freibetrag, der sicherstellt, dass<br />

untere Einkommen, sowie Rentnerinnen und<br />

Rentner nicht doppelt und dreifach belastet<br />

werden.<br />

Anpassung der Beitragsbemessungsgrenze<br />

Die Beitragsbemessungsgrenze für Arbeitseinkommen<br />

sollte zunächst nicht angehoben werden.<br />

Damit wird verhindert, dass Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer sowie Betriebe überproportional<br />

belastet werden. Denkbar ist eine<br />

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45<br />

48


stufenweise Erhöhung, um der demographischen<br />

Veränderung Rechnung zu tragen.<br />

Eine Bürgerversicherung für alle<br />

Auch Selbständige und neu eingestellte Beamtinnen<br />

und Beamte sollten in Zukunft ein<br />

Wahlrecht in der Bürgerversicherung haben.<br />

Durch diese Ausweitung der solidarischen Finanzierung<br />

auf alle Bürgerinnen und Bürger<br />

könnte der Beitragssatz insgesamt weiter sinken.<br />

Begründung<br />

Unabhängige Gutachten bestätigen, dass keine<br />

verfassungs- oder europarechtlichen Einwände<br />

gegen die schrittweise Einführung der<br />

Bürgerversicherung bestehen.<br />

Vor allem bei der zunehmenden Teilzeitquote<br />

im Lehrerberuf wäre die Option für Beamtinnen,<br />

Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

zu sein und dafür einen Zuschuss des<br />

Landes zu bekommen, die finanziell bessere Variante.<br />

Darüber hinaus würde dies den<br />

Haushalt des Landes vermutlich eher entlasten<br />

als belasten.<br />

(weitere Informationen: Reform-Kommission<br />

"Für ein solidarisches Gesundheitssystem der<br />

Zukunft" BÜRGERVERSICHERUNG STATT KOPF-<br />

PAUSCHALE, Gemeinsame Erklärung für ein solidarisches<br />

Gesundheitssystem der Zukunft.<br />

Herausgeber: DGB Bundesvorstand Juli 2011)<br />

50<br />

55<br />

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49


1.18 Aufhebung des Kooperationsverbotes<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Kooperationsverbot aufheben<br />

1. Die <strong>GEW</strong> stellt fest: Es ist offenkundig, dass<br />

der konkurrenzbasierte Föderalismus, wie er<br />

durch die Verfassungsreform von 2006 geschaffen<br />

wurde, in der Bildungspolitik gescheitert<br />

ist. <strong>Das</strong>s gemeinsame Anstrengungen wie<br />

bspw. der Dresdner Bildungsgipfel ohne Erfolg<br />

geblieben sind, ist unmittelbarer Ausdruck verfehlter<br />

föderaler Strukturen im Bildungswesen.<br />

Der Verwirklichung gemeinsamer Ziele steht<br />

das Verbot entgegen, bildungspolitische Kooperationen<br />

von Bund und Ländern eingehen zu<br />

können.<br />

2. Die <strong>GEW</strong> fordert einen verfassungsrechtlichen<br />

Rahmen, der die Voraussetzungen für<br />

eine politisch gewollte Kooperation schafft. <strong>Das</strong><br />

Kooperationsverbot muss gestrichen und durch<br />

eine Regelung ersetzt werden, die es Bund und<br />

Ländern ermöglicht, bei der Förderung von<br />

Einrichtungen und Vorhaben der Bildung, Wissenschaft<br />

und Forschung verbindlich zusammenwirken<br />

zu können. Die gemeinsame<br />

Bildungsplanung muss als verpflichtender Auftrag<br />

wieder in das Grundgesetz aufgenommen<br />

werden.<br />

3. Die <strong>GEW</strong> begrüßt, dass Bundesregierung,<br />

Regierungsfraktionen und Opposition im Deutschen<br />

Bundestag sowie Bund und Länder eine<br />

Debatte über die Zukunft der Zusammenarbeit<br />

von Bund und Ländern in Bildung, Wissenschaft<br />

und Forschung begonnen haben. Sie fordert<br />

eine zügige Einigung in der kommenden<br />

Wahlperiode des Deutschen Bundestages.<br />

Begründung<br />

Der GV hat zu der laufenden Diskussion um<br />

eine Lockerung bzw. Aufhebung des Kooperationsverbotes<br />

umfassend Stellung genommen.<br />

Da die öffentliche Debatte anhält, mit einer Einigung<br />

des Bundes und der Länder noch vor<br />

der Bundestagswahl jedoch tendenziell eher<br />

nicht mehr gerechnet werden kann, drängt sich<br />

eine Beschlussfassung durch den Gewerkschaftstag<br />

geradezu auf. Dadurch wird eine Perspektive<br />

für die politische Auseinandersetzung auf<br />

Bundesebene in den kommenden vier Jahren<br />

aufgezeigt und eine Position bezogen, die von<br />

der <strong>GEW</strong> auch öffentlich erwartet wird.<br />

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1.19 Kooperationsverbot Bund-Länder<br />

Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Erledigt bei Annahme des Antrags 1.18<br />

Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Aufhebung des Kooperationsverbotes<br />

zwischen Bund und Ländern in<br />

Bildungsfragen im Grundgesetz.<br />

Der Geschäftsführende Vorstand wird beauftragt<br />

im Rahmen der Bundestagswahl und darüber<br />

hinaus entsprechende Aktionen für diese<br />

Forderung zu entwickeln.<br />

Begründung<br />

Im Rahmen der Föderalismusreform 2006 haben<br />

Bund und Länder ein Kooperationsverbot<br />

in Bildungsfragen beschlossen. Dies hatte u.a.<br />

zur Folge, dass Bund und Länder nicht dauerhaft<br />

in der Bildungspolitik zusammenarbeiten<br />

können und dass der Bund sich nur noch in begrenzten<br />

Ausnahmefällen an der Finanzierung<br />

der Bildung beteiligen kann.<br />

Mittlerweile hat sich gezeigt, dass diese Regelung<br />

unsäglich ist. Tatsächlich sind die Länder -<br />

v.a. finanziell - kaum in der Lage ihrer gesamtstaatlichen<br />

Verantwortung in Sachen Bildung<br />

nachzukommen (z.B. Ausbau der Ganztagesschule).<br />

1<br />

5<br />

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51


Anträge zum Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> in Düsseldorf vom 12.-16. Juni 2013<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

2. Tarif-, Beamten- und Sozialpolitik<br />

2.1 Mehr Bundeskompetenz im Beamtenrecht<br />

Hauptvorstand<br />

2.2 Strukturelle Diskriminierung von teilzeitbeschäftigten Beamt/innen<br />

verhindern<br />

LV Baden-Württemberg<br />

2.3 Arbeitsbedingungen GrundschullehrerInnen<br />

BFGA Grundschulen<br />

2.4 Fachkräftemangel in Tageseinrichtungen für Kinder beheben – attraktive<br />

Arbeitsbedingungen schaffen<br />

BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />

2.5 Qualifikation, Arbeitsbedingungen und Bezahlung von Schulsozialarbeiter/<br />

innen<br />

BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />

2.6 Stufenzuordnung bei Arbeitgeberwechsel<br />

BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />

2.7 Forderungen zur Entgeltordnung für den Sozial- und Erziehungsdienst<br />

BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />

2.8 Fachberatung im System Tageseinrichtungen für Kinder und Tagespflege<br />

LV Baden-Württemberg<br />

2.9 Bildungszeiten im Rentenrecht anerkennen — Altersarmut bekämpfen!<br />

LV Hessen<br />

2.10 Angleichung des Rentenwerts Ost an den Rentenwert West<br />

BA Seniorinnen und Senioren<br />

2.11 Wege zum Traumjob Wissenschaft<br />

Aktionsprogramm zur Umsetzung des Templiner Manifests<br />

Hauptvorstand<br />

53<br />

55<br />

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61<br />

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74<br />

52


2.1 Mehr Bundeskompetenz im<br />

Beamtenrecht<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass der Bund<br />

wieder mehr Gesetzgebungskompetenzen im<br />

Beamtenrecht erhält, damit ein weiteres Auseinanderdriften<br />

der landesgesetzlichen Regelungen,<br />

insbesondere bei der Besoldung, aber<br />

auch in den Bereichen Versorgung und Laufbahn,<br />

verhindert wird.<br />

In einem ersten Schritt strebt die <strong>GEW</strong> an, dass<br />

vergleichbare Funktionen vergleichbaren<br />

Ämtern zugeordnet werden und damit eine<br />

länderübergreifende Vereinheitlichung der<br />

Ämterstruktur hergestellt wird.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Einrichtung einer Kommission<br />

unter Beteiligung der <strong>GEW</strong>, die die Besoldungs-<br />

und Dienstrechtsentwicklungen<br />

analysiert und Vorschläge erarbeitet, die geeignet<br />

sind, die Einheitlichkeit des Beamtenrechts<br />

wieder herzustellen.<br />

Begründung<br />

Mit der Föderalismusreform I im Jahr 2006<br />

wurde mit Ausnahme des Statusrechts die Zuständigkeit<br />

im Beamtenrecht nach fast 35 Jahren<br />

wieder in die alleinige Gesetzgebungskompetenz<br />

der Länder übergeben. Bereits 2003 waren<br />

Arbeitszeit und Sonderzahlungen für<br />

abweichende Landesregelungen freigegeben<br />

worden. Seitdem haben die Länder von ihrer<br />

ausschließlichen Zuständigkeit u. a. bei der Besoldung<br />

regen Gebrauch gemacht, mit der<br />

Folge, dass bereits nach relativ kurzer Zeit<br />

deutliche Divergenzen in der Besoldungshöhe<br />

zu verzeichnen sind.<br />

So liegt beispielsweise die (jährliche) Besoldung<br />

eines Lehrers in Besoldungsgruppe A12 gehobener<br />

Dienst, Endstufe, in Berlin um mehr als<br />

11 Prozent unterhalb der des gleichen Amtes in<br />

Bayern, in der Besoldungsgruppe W2 beläuft<br />

sich der Unterschied sogar auf mehr als 16 Prozent,<br />

so dass die Besoldung eines W2-Professors<br />

in Berlin um drei Prozent unter der Endstufe<br />

von Besoldungsgruppe A12 gehobener<br />

Dienst in Bayern liegt.<br />

Dem Alimentationsgrundsatz entspricht die<br />

Verpflichtung des Gesetzgebers, zur Wahrung<br />

1<br />

5<br />

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45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgenden Änderungen:<br />

Zeile 1 – 6: „Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass<br />

der Bund wieder die Rahmengesetzgebungskompetenz<br />

in der Besoldung, Versorgung und<br />

im Laufbahnrecht erhält“.<br />

Der alte Absatz 3 (Zeilen 15 – 20) wird Absatz 2.<br />

Der alte Absatz 2 (Zeilen 9- 14) wird Absatz 3.<br />

53


einer amtsangemessenen Alimentation das<br />

Ämter- und Besoldungsgefüge konsistent festzusetzen.<br />

Kriterien hierfür sind Verantwortung,<br />

Qualifikation und Inanspruchnahme des Amtsinhabers.<br />

Gravierende Besoldungsunterschiede<br />

bei gleichem Amt, aber unterschiedlichem<br />

Dienstherrn lassen sich deshalb nicht rechtfertigen.<br />

Die nachteiligen Folgen für die gute Versorgung<br />

mit Lehrkräften in allen Bundesländern sind inzwischen<br />

deutlich zu erkennen: Während die<br />

am besten bezahlenden Bundesländer Bayern<br />

und Baden-Württemberg beim Zugang zum<br />

Vorbereitungsdienst und beim Einstellungskorridor<br />

überwiegend eine ausreichende<br />

Bewerberlage aufzuweisen haben, bleiben im<br />

Osten einschließlich Berlin zunehmend Lehrerstellen<br />

unbesetzt, im Norden und z. T. auch im<br />

Westen werden mangels anderer Bewerber zunehmend<br />

nicht voll ausgebildete Lehrkräfte<br />

eingestellt. Dem grundgesetzlichen Auftrag,<br />

einheitliche Lebensbedingungen herzustellen,<br />

läuft dies zuwider. Gerade im Bildungswesen<br />

gebietet es die gesamtstaatliche Verantwortung,<br />

dass die Bildungsangebote in allen<br />

Ländern gleichwertig und umfassend sind.<br />

Um im Wettlauf um Lehrkräfte für vakante Stellen<br />

bestehen zu können, zahlen einzelne Länder<br />

an Lehrkräfte, die aus Ländern mit einer<br />

höheren Besoldung wechseln, überwiegend<br />

dynamische und ruhegehaltfähige Ausgleichszulagen.<br />

Diese alimentationsfremde Form der<br />

Kompensation des niedrigen Besoldungsniveaus<br />

für einige wenige Beamtinnen und Beamten<br />

führt zu einer Mehrklassengesellschaft<br />

im gleichen Lehrerzimmer. Zugleich stellen die<br />

immer stärker fragmentierten Regelungen sowohl<br />

im Laufbahn- als auch im Versorgungsrecht<br />

zunehmend Mobilitätshemmnisse insbesondere<br />

für Lehrkräfte dar.<br />

Es ist absurd, dass bei den reglementierten Berufen,<br />

wozu auch die Lehrer/innen gehören, die<br />

Hindernisse für einen Wechsel zwischen den<br />

Bundesländern deutlich höher sind als für die<br />

Aufnahme einer Beschäftigung in einem anderen<br />

EU-Mitgliedsstaat. Im Ergebnis hat sich die<br />

Föderalismusreform demnach selbst ins Gegenteil<br />

verkehrt. Sie hat zu mehr Bürokratie<br />

geführt und weniger Flexibilität hervorgebracht.<br />

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54


2.2 Strukturelle Diskriminierung von<br />

teilzeitbeschäftigten Beamt/innen<br />

verhindern<br />

Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />

Die <strong>GEW</strong> wird aufgefordert, alle notwendigen<br />

Maßnahmen zu ergreifen, um die strukturelle<br />

Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten zu<br />

beseitigen.<br />

- <strong>Das</strong> Besoldungsrecht des Bundes und der<br />

Länder muss so umgestaltet werden, dass<br />

Einmalbeträge, die von Beschäftigten zu leisten<br />

sind, nicht an der Besoldungsgruppe, sondern<br />

am realen Brutto-Jahreseinkommen ausgerichtet<br />

werden.<br />

- <strong>Das</strong> Besoldungsrecht des Bundes und der<br />

Länder muss so gestaltet werden, dass Teilzeitbeschäftigte<br />

immer anteilig zu ihrem Beschäftigungsumfang<br />

beteiligt werden.<br />

- Zeitliche Verschiebungen von Besoldungsanpassungen<br />

dürfen, soweit sie nicht verhindert<br />

werden können, nicht mehr nach Besoldungsgruppen<br />

gestaffelt werden.<br />

- Die <strong>GEW</strong> setzt sich für die Einführung einer<br />

Bürgerversicherung ein.<br />

Begründung<br />

1. Besoldungsrecht<br />

Grundgehalt, Stellenzulagen, VwL, Familienzuschlag<br />

(eingeschränkt) etc. werden bei Teilzeitbeschäftigung<br />

anteilig bezahlt. In allen Besoldungsregelungen<br />

des Bundes und der Länder<br />

werden Festbeträge wie z.B. Kostendämpfungspauschale<br />

oder Beihilfeeigenleistungen<br />

nicht anteilig berechnet. Sie orientieren<br />

sich an der Besoldungsgruppe, in die die<br />

Lehrkraft eingruppiert ist. In vielen Ländern<br />

wird z.B. bei Vergütung von Mehrarbeit Teilzeit<br />

nicht anteilig berücksichtigt. Verschiebungen<br />

von Besoldungsanpassungen, Besoldungsabsenkungen,<br />

Kürzungen tariflicher Einmalzahlungen<br />

sind immer an Besoldungsgruppen, nie am<br />

realen Einkommen orientiert. Teilzeitbeschäftigte<br />

werden hierdurch überproportional benachteiligt.<br />

2. Soziale Sicherung<br />

Die Beiträge für die bei Beamt/innen de facto<br />

zwingende, private Krankenversicherung sind<br />

feste Beträge, die sich nicht am Einkommen orientieren.<br />

Teilzeitbeschäftigte müssen einen viel<br />

höheren Prozentsatz ihres Nettoverdienstes für<br />

die Absicherung im Krankheitsfall aufwenden<br />

1<br />

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45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme in folgender Fassung:<br />

Die Zeilen 1 – 4 werden ersetzt durch:<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, die Benachteiligungen<br />

von Teilzeitbeschäftigten im Besoldungsrecht<br />

zu beseitigen.<br />

Die Zeilen 5 – 20 werden Begründung.<br />

55


und werden damit überproportional belastet.<br />

Daher setzt sich die <strong>GEW</strong> für eine Bürgerversicherung<br />

ein.<br />

50<br />

56


2.3 Arbeitsbedingungen<br />

GrundschullehrerInnen<br />

Antragsteller: BFGA Grundschulen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Überweisung an den Hauptvorstand<br />

Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert alle Bundesländer auf, die<br />

Arbeitsbedingungen der GrundschullehrerInnen<br />

durch die Senkung der Pflichtstundenzahl<br />

und die Anhebung der Besoldung auf A 13 für<br />

alle Lehrkräfte deutlich zu verbessern.<br />

Gleichzeitig müssen die Lernbedingungen für<br />

Grundschulkinder verbessert werden (kleinere<br />

Lerngruppen, bessere Ausstattung, Schulsozialarbeit).<br />

Dazu muss die Finanzierung der Grundschulen<br />

dem OECD-Durchschnitt angepasst<br />

werden.<br />

Begründung<br />

Die Grundschulen in Deutschland sind deutlich<br />

unterfinanziert. Während die OECD-Länder im<br />

Durchschnitt 1,2 % des Bruttoinlandsproduktes<br />

für die primäre Bildung ausgeben, liegt die Finanzierung<br />

der Grundschulen in Deutschland<br />

bei 0,6 % des BIP. Gleichzeitig haben die Grundschullehrkräfte<br />

die höchste Unterrichtspflichtzeit<br />

und werden immer noch nach A 12 bezahlt,<br />

in fast allen Bundesländern ohne<br />

Beförderungsmöglichkeiten und trotz gleicher<br />

Ausbildung wie andere Lehrkräfte.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

57


2.4 Fachkräftemangel in<br />

Tageseinrichtungen für Kinder beheben –<br />

attraktive Arbeitsbedingungen schaffen<br />

Antragsteller: BFGA Sozialpädagogische<br />

Berufe<br />

Der Fachkräftemangel in den Tageseinrichtungen<br />

für Kinder zeichnet sich seit mehreren Jahren<br />

ab. Fachkräfte fehlen nicht plötzlich – der<br />

Mangel ist das Ergebnis einer verfehlten Politik.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert Bund, Länder und Träger auf,<br />

mittel- und langfristige Maßnahmen gemeinsam<br />

mit den Gewerkschaften gegen den<br />

Fachkräftemangel zu ergreifen.<br />

Ausbildungsebene<br />

Die <strong>GEW</strong> unterstützt berufsbegleitende Ausbildungsgänge,<br />

die im fachtheoretischen Teil<br />

2.400 Stunden umfassen und dem Niveau der<br />

Fachschulausbildung entsprechen. Die Absolventinnen<br />

und Absolventen dieser Ausbildungsform<br />

müssen von den Anstellungsträgern<br />

Arbeitsverträge über die gesamte Ausbildungszeit<br />

erhalten.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert den deutlichen Ausbau der<br />

BA-/ MA-Studiengänge "Kindheitspädagogik"<br />

an den Hochschulen. Diese sind grundständig<br />

zu gestalten.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert eine gebührenfreie Ausbildung<br />

und Vergütung der Praktika.<br />

Die <strong>GEW</strong> lehnt Externenprüfungen in der ErzieherInnenausbildung<br />

ab.<br />

Fachpraxis<br />

Die Attraktivität des Berufsbildes hängt<br />

maßgeblich von den Arbeitsbedingungen ab.<br />

Deshalb fordert die <strong>GEW</strong> eine deutlich verbesserte<br />

ErzieherIn-Kind-Relation in Tageseinrichtungen<br />

für Kinder, wie sie in der wissenschaftlichen<br />

Untersuchung der Alice-Salomon-Hochschule<br />

"Schlüssel zu guter Bildung, Erziehung<br />

und Betreuung" empfohlen wurde:<br />

• Alter 0-3 Jahre:1:3<br />

• Alter 3-6 Jahre:1:6/1:8<br />

• Alter 6-12 Jahre:1:12<br />

• Freistellung der Leitungskräfte von der<br />

Gruppenarbeit<br />

• 1/3 der Arbeitszeit als mittelbare pädagogische<br />

Arbeitszeit<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme in folgender Fassung:<br />

Streichung der Zeilen 1 – 4.<br />

Einfügen hinter Zeile 9:<br />

Dazu müssen Maßnahmen in folgenden Bereichen<br />

ergriffen werden.<br />

Zeile 11: 1. Ausbildungsebene<br />

Zeile 31: 2. Fachpraxis<br />

Zeile 77: 3. Bewährte Fachkräfte …<br />

Zeile 90: 4. Bezahlung verbessern“<br />

Zeile 99: 5. Vereinbarungen abschließen<br />

58


• die konsequente Umsetzung des Tarifvertrages<br />

Gesundheitsschutz<br />

• ein Konzept für altersgerechtes Arbeiten<br />

Die <strong>GEW</strong> lehnt verpflichtende Teilzeitbeschäftigung<br />

für Erziehung, Bildung und Betreuung in<br />

Tageseinrichtungen für Kinder ab.<br />

Durch die Zunahme berufsbegleitender Ausbildungsgänge<br />

wird die Kita selbst zum Ausbildungsort.<br />

Hierfür müssen Praxisanleiter in<br />

den Einrichtungen freigestellt werden. Die Berufseinstiegsphase<br />

muss in einem System von<br />

Supervision und Praxisbegleitung systematisch<br />

in Zusammenarbeit mit den Fach- und Hochschulen<br />

gestaltet werden.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Kultusministerkonferenz<br />

(KMK) auf, die Ausbildungsformen so zu gestalten,<br />

dass sie auch für interessierte junge Menschen<br />

mit Migrationshintergrund attraktiv sind.<br />

Hierzu gehören die verbindliche Einführung von<br />

Deutsch als Zweitsprache (DAZ) sowie die Neuregelung<br />

der Fremdsprachenfolge:<br />

1. Fremdsprache: z.B. Türkisch, Russisch und<br />

Polnisch<br />

2. Fremdsprache: z.B. Englisch, Französisch<br />

Prüfungen können auch in der Familiensprache<br />

abgenommen werden.<br />

Bewährte Fachkräfte in den Einrichtungen halten<br />

– Neue Fachkräfte gewinnen<br />

Diese Leitlinie muss für die Entwicklung von<br />

Konzepten berücksichtigt werden. Die <strong>GEW</strong><br />

setzt auf Fachkräfte und lehnt deshalb Umschulungen<br />

durch Maßnahmen der Bundesanstalt<br />

für Arbeit unterhalb des Fachschulniveaus<br />

weiterhin ab. Die gestiegenen Anforderungen<br />

in den Tageseinrichtungen für Kinder werden<br />

auf Dauer nur von qualifizierten Fachkräften<br />

umsetzbar sein.<br />

Bezahlung verbessern<br />

Die nächste Tarifrunde im Bereich Sozial- und<br />

Erziehungsdienst wird von den Gewerkschaften<br />

genutzt werden, die Attraktivität des Berufes<br />

deutlich zu verbessern. Dazu muss vor dem<br />

Hintergrund der neuen Anforderungen an die<br />

Fachkräfte in den Tageseinrichtungen für Kinder<br />

die Bezahlung deutlich verbessert werden.<br />

Vereinbarungen abschließen<br />

Der Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> fordert die<br />

Landesverbände der <strong>GEW</strong> auf, Vereinbarungen<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

59


mit den Landesregierungen und den Trägern<br />

über ein Konzept der Fachkräftegewinnung und<br />

des Haltens von Fachkräften in den Tageseinrichtungen<br />

für Kinder zu schließen. Als<br />

Grundlage dafür dient das Forschungsprojekt<br />

"Schlüssel zu guter Bildung, Erziehung und Betreuung".<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert einen Qualitätspakt<br />

für und mit sozialpädagogischen Fachkräften.<br />

Begründung<br />

Aus Sicht der <strong>GEW</strong> war absehbar, dass der<br />

Bedarf an qualifizierten Fachkräften ab dem<br />

Jahr 2009 steigen würde. Die <strong>GEW</strong> hat frühzeitig<br />

auf die maßgeblichen Faktoren hingewiesen:<br />

• die Umsetzung des Rechtsanspruches auf<br />

einen Krippenplatz ab August 2013,<br />

• den beginnenden Generationenwechsel in<br />

den Kitas,<br />

• dem vorzeitigen Ausstieg aus dem Berufsleben,<br />

• die leichten Verbesserungen des Personalschlüssels<br />

in einigen Bundesländern,<br />

• den Ausbau der Ganztagsgrundschulen,<br />

• das frühe Renteneintrittsalter.<br />

Eine qualifizierte Jugendhilfeplanung hätte dies<br />

erkennen und Handlungsschritte durch den öffentlichen<br />

Träger einleiten können. Eine genaue<br />

Analyse und gezielte Ursachenforschung hätte<br />

Möglichkeiten für Lösungsansätze ergeben. Die<br />

<strong>GEW</strong> kritisiert, dass die Länder dieser Entwicklung<br />

zunächst tatenlos zugesehen haben und<br />

dann mit hektischen Maßnahmen reagierten:<br />

Absenken des Standards der Fachkräfteverordnungen,<br />

übereilter Ausbau von "Fremdschüler-Prüfungen"/Externen-Prüfungen<br />

und<br />

Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit,<br />

welche Personal rekrutieren soll, das mehrheitlich<br />

nicht den Anforderungen an die Arbeit der<br />

Kitas gerecht wird.<br />

Die <strong>GEW</strong> ist aktiv geworden<br />

Zusammen mit anderen Berufsverbänden und<br />

Gewerkschaften wurde eine Werbekampagne<br />

ins Leben gerufen: "Profis für die Kitas". Umfangreiche<br />

Unterrichtsmaterialien wurden<br />

hergestellt und durch das BMFSFJ finanziert.<br />

Darüber hinaus hat die <strong>GEW</strong> in der AG<br />

"Fachkräftegewinnung" des BMFSFJ ihre<br />

differenzierten Vorschläge eingebracht<br />

(BMFSFJ-Veröffentlichung: "Empfehlungen zur<br />

Fachkräftegewinnung in der Kindertagesbetreuung",<br />

November 2012).<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

60


2.5 Qualifikation, Arbeitsbedingungen und<br />

Bezahlung von Schulsozialarbeiter/innen<br />

Antragsteller: BFGA Sozialpädagogische<br />

Berufe<br />

Trotz Expansion des Arbeitsfeldes und wachsender<br />

Bedeutung der Kooperation von<br />

Jugendhilfe und Schule hat sich an den Hochschulen<br />

wenig bewegt. Nur an wenigen Hochschulen<br />

ist es möglich, sich im Rahmen des<br />

Studiums der Sozialen Arbeit für das Arbeitsfeld<br />

Schulsozialarbeit zu qualifizieren. In den<br />

Lehramtsstudiengängen werden die Jugendhilfe<br />

und die Zusammenarbeit mit sozialpädagogischen<br />

Fachkräften kaum thematisiert.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert, an allen Hochschulen Studienangebote<br />

für Schulsozialarbeit aufzubauen<br />

und allen Studierenden die Möglichkeit zu geben,<br />

sich im BA-Studium mit der Zusammenarbeit<br />

von Jugendhilfe und Schule auseinanderzusetzen.<br />

In die Lehramtsstudiengänge<br />

sind verpflichtende Module zur Zusammenarbeit<br />

von Jugendhilfe und Schule zu implementieren.<br />

Schulsozialarbeit braucht professionelle<br />

Arbeitsbedingungen. Jede sozialpädagogische<br />

Fachkraft hat Anspruch auf eine unbefristete<br />

Vollzeitstelle mit tarifvertraglicher Absicherung.<br />

Die Zuständigkeit von einem Schulsozialarbeiter<br />

/ einer Schulsozialarbeiterin für mehrere<br />

Schulen muss beendet werden.<br />

Für die Eingruppierung von Schulsozialarbeiter/<br />

innen fordert die <strong>GEW</strong>:<br />

Im Tarifbereich Länder (TVL): In der allgemeinen<br />

Entgeltordnung für den Sozial- und Erziehungsdienst<br />

(Kapitel 20) muss ein Tätigkeitsmerkmal<br />

„Sozialpädagog/-in mit staatlicher Anerkennung<br />

in der Tätigkeit als Schulsozialarbeiter“<br />

mit Entgeltgruppe EG 12 aufgenommen<br />

werden.<br />

In den tariflichen Regelungen für Lehrkräfte im<br />

TVL sind folgende Entgeltgruppen aufzunehmen:<br />

• EG 12: Sozialpädagoge/-in oder Heilpädagoge/-in<br />

in der Tätigkeit als Schulsozialarbeiter/<br />

in<br />

• EG 11: Erzieher/in oder Heilpädagoge/-in<br />

der Tätigkeit als Schulsozialarbeiter/innen<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme in folgender Fassung:<br />

Annahme der Zeilen 1 – 20<br />

Die Zeilen 22 – 60: Überweisung an den<br />

Hauptvorstand.<br />

61


• EG 10: Beschäftigte in den unter EG 11<br />

genannten Tätigkeiten, die nicht über die dort<br />

geforderte Qualifikation verfügen.<br />

Für die künftigen Verhandlungen zur Entgeltordnung<br />

der Kommunen für den Sozial- und Erziehungsdienst<br />

(TVöD-SuE) fordert die <strong>GEW</strong>, ein<br />

Tätigkeitsmerkmal „Sozialpädagog/in oder vergleichbare<br />

Qualifikation mit Hochschulabschluss<br />

und staatlicher Anerkennung in der Tätigkeit<br />

als Schulsozialarbeiter“ mit Entgeltgruppe<br />

S 16 aufzunehmen.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

62


2.6 Stufenzuordnung bei<br />

Arbeitgeberwechsel<br />

Antragsteller: BFGA Sozialpädagogische<br />

Berufe<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Überweisung an den Hauptvorstand<br />

Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />

In den Tarifverhandlungen TVÖD/TVL soll aus<br />

den Kann-Bestimmungen bezüglich der Mitnahme<br />

der Erfahrungsstufen bei einem<br />

Arbeitgeberwechsel im öffentlichen Dienst in<br />

§ 16 Abs. 3a (Bund) und § 16 Abs. 2a (Kommunen),<br />

sowie in §16 TVL, eine Ist-Bestimmung<br />

gefordert werden. Es soll nicht die Mitnahme<br />

der Erfahrungsstufen, sondern eine generelle<br />

Anrechnung der Zeiten der Berufserfahrung für<br />

die ausgeübte Tätigkeit dort zwingend vorgeschrieben<br />

sein.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

63


2.7 Forderungen zur Entgeltordnung für<br />

den Sozial- und Erziehungsdienst<br />

Antragsteller: BFGA Sozialpädagogische<br />

Berufe<br />

Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass bei den Verhandlungen<br />

über eine Entgeltordnung im TVöD<br />

die Regelungen für den Sozial- und Erziehungsdienst<br />

der Kommunen (TVöD-SuE) als eigenständiger<br />

Teil der Entgeltordnung bestehen<br />

bleiben.<br />

Bei den Neuverhandlungen zum TVöD-SuE wird<br />

die <strong>GEW</strong> insbesondere folgende Themen<br />

einbringen, die verändert werden müssen:<br />

- Die Erweiterung der SuE-Entgeltgruppen nach<br />

oben über die bisherige letzte Entgeltgruppe S<br />

18 hinaus, um die in der Tabelle der Entgeltgruppe<br />

im TVÖD vorhandene EG 14 und EG 15<br />

im TVöD-SuE abzubilden.<br />

- Die Eingruppierungsmerkmale von Leiter/innen,<br />

sowie Stellvertreter/innen im Bereich Tageseinrichtungen<br />

für Kinder so zu verändern,<br />

dass auch die Anzahl der Mitarbeiter/innen in<br />

der Einrichtung und die Frage der Ressourcenverantwortung<br />

berücksichtigt werden.<br />

- Neue Eingruppierungsmerkmale in der Entgelt-ordnung<br />

mit entsprechenden Tätigkeitsmerkmalen<br />

zu formulieren für<br />

• BA-/ MA-Kindheitspädagog/innen<br />

• Fachberatung und Fachaufsicht im Arbeitsbereich<br />

Tageseinrichtungen für Kinder und<br />

Tagespflege<br />

• Schulsozialarbeit<br />

- Die Protokollnotizen „schwierige fachliche Tätigkeiten,<br />

"besonders schwierige Tätigkeiten"<br />

und "schwierige Tätigkeiten" in den Tätigkeitsmerkmalen<br />

zu überarbeiten und neu zu<br />

formulieren<br />

- Eine Regelung im TVSuE zu schaffen, in der<br />

Fort- und Weiterbildungen der Beschäftigten zu<br />

einem schnelleren Stufenaufstieg führen.<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt ihren erfolgreichen Weg der eigenständigen<br />

Tarifpolitik für die Beschäftigten<br />

im Sozial- und Erziehungsdienst mit verstärktem<br />

Einsatz auf Bundes- und Landesebene fort.<br />

Dafür müssen auf Bundes- und Landesebene<br />

entsprechende personelle wie sachliche Mittel<br />

zur Vorbereitung der Tarifrunde TVöD-SuE, zur<br />

Durchführung von Arbeitskampfmaßnahmen<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgenden Änderungen:<br />

Zeile 9 „In den Verhandlungen … einbringen<br />

Streichen in Zeile 11 „die verändert werden<br />

müssen“:<br />

Die Zeilen 40 – 50 werden Begründung.<br />

64


und für die Verhandlungen zur Verfügung gestellt<br />

werden.<br />

Begründung<br />

Am 1. November 2009 ist die Entgeltordnung<br />

für den Sozial- und Erziehungsdienst nach wochenlangen<br />

Streiks und mehreren Kundgebungen<br />

in Kraft getreten. Zum 31.12.2014 ist dieser<br />

Tarifvertrag kündbar und kann dann im Jahr<br />

2015 neu verhandelt werden. Die <strong>GEW</strong> hat bei<br />

der letzten Tarifrunde 2009 und im Vorfeld eine<br />

wichtige Rolle gespielt. Die im Bundesfachgruppenausschuss<br />

Sozialpädagogische Berufe<br />

und in den Ländern diskutierten Inhalte wurden<br />

in Abstimmung mit dem Vorstandsbereich<br />

Tarifpolitik bereits längere Zeit vor Aufnahme<br />

der Tarifverhandlungen in die Öffentlichkeit gebracht.<br />

Es ist jetzt wichtig, die verbliebene Zeit vor der<br />

Neuaufnahme der Tarifverhandlungen zu nutzen,<br />

um deutlich zu machen, dass es darum gehen<br />

muss, in einigen Bereichen im Tarifvertrag<br />

zusätzliche, andere Eingruppierungsmerkmale,<br />

die den heutigen Arbeitsfeldern im Sozial- und<br />

Erziehungsdienst nachkommen, zu formulieren.<br />

Die Gehälter der Beschäftigten im Sozial-Erziehungsdienst,<br />

insbesondere denen in Kindertageseinrichtungen,<br />

entsprechen nicht den an<br />

sie gestellten Anforderungen. Dabei spielt nicht<br />

nur eine neue Entgeltstruktur eine Rolle,<br />

sondern auch die Höhe der Gehälter. Wegen<br />

der Zunahme der Aufgaben und den gestiegenen<br />

Erwartungen an die Qualität und vor allem<br />

die Gewichtung der Bildungsarbeit in Kitas,<br />

muss es uns dieses Mal gelingen, die Gehälter<br />

deutlich zu verbessern. Dafür braucht es einer<br />

Vorbereitung, um gesellschaftlich diesen Zusammenhang<br />

deutlich zu machen und die Stimmung<br />

dafür zu bereiten, dass eine deutliche<br />

Gehaltsverbesserung unumgänglich ist. Der<br />

Fachkräftemangel trägt auch dazu bei, deutlich<br />

zu machen, dass die Arbeitsbedingungen und<br />

die Bezahlung nicht auf dem Niveau sind, das<br />

angesichts der anspruchsvollen Aufgaben der<br />

Fachkräfte erwartet wird. Die <strong>GEW</strong> als<br />

Bildungsgewerkschaft muss hier deutlich<br />

Flagge zeigen. Dafür ist es auch wichtig, dass<br />

die <strong>GEW</strong> dafür sorgt, dass der TVöD-SuE weiterhin<br />

ein eigenständiger Tarifvertrag im TVöD<br />

bleibt um auch zukünftig leichter Veränderungen<br />

in den Entgeltmerkmalen durchsetzen zu<br />

können und nicht davon abhängig zu sein wie<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

65


und ob andere Berufsgruppen und Merkmale<br />

insgesamt verhandelt werden müssen. Dies hat<br />

in einer Online-Umfrage der <strong>GEW</strong> Ende 2012<br />

die überwiegende Mehrheit der Befragten gefordert.<br />

105<br />

66


2.8 Fachberatung im System<br />

Tageseinrichtungen für Kinder und<br />

Tagespflege<br />

Antragsteller: LV Baden-Württemberg<br />

Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />

1. Die <strong>GEW</strong> fordert die Bundesregierung auf,<br />

dass im SGB VIII (KJHG) Fachberatung im System<br />

Tageseinrichtungen für Kinder und Tagespflege<br />

und deren Aufgaben aufgenommen und<br />

dort beschrieben werden. Die Länder werden<br />

aufgefordert, in den entsprechenden Ausführungsgesetzen<br />

zum SGB VIII, den Gesetzen zu<br />

Tageseinrichtungen für Kinder und Tagespflege,<br />

entsprechende Aufgabenbeschreibungen aufgenommen<br />

werden.<br />

2. Die <strong>GEW</strong> initiiert einen Prozess gemeinsam<br />

mit anderen Verbänden, um das Berufsprofil<br />

von Fachberatung zu stärken und zu schärfen<br />

und Fachberatung als Unterstützungs- und Beratungssystem<br />

im Arbeitsfeld Kindertageseinrichtung<br />

stärker zu etablieren.<br />

3. Die <strong>GEW</strong> wird bei den anstehenden Verhandlungen<br />

zum TV-SuE dafür sorgen, dass in<br />

den Tätigkeitsmerkmalen Fachberatung beschrieben<br />

und mit aufgenommen werden und<br />

eine dem Qualifikationsabschluss entsprechende<br />

Eingruppierung erfolgt.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Zeile 3 - 19 Überweisung an den Hauptvorstand<br />

Die Zeilen 21 – 26 sind erledigt bei Annahme<br />

von Antrag 2.7<br />

Begründung<br />

Fachberatung im Arbeitsfeld Kindertageseinrichtungen<br />

sind in den einzelnen Ländern<br />

und Regionen unterschiedlich ausgebaut.<br />

Allerdings ist weitgehend unklar, welche Aufgaben<br />

diese überhaupt haben. Manchmal werden<br />

Fachberatungen auf Kreisebene innerhalb der<br />

Jugendämter oder bei den kreisfreien Städten<br />

rein administrative Aufgaben zugeschrieben.<br />

Nachdem bis in die neunziger Jahre hinein insbesondere<br />

der Deutsche Verein für öffentliche<br />

und private Fürsorge versucht hat, ein genaueres<br />

Berufsprofil zu entwickeln und auch zu<br />

klären, welche Qualifikationen benötigt werden<br />

und das dann gescheitert war, gibt es jetzt<br />

neue Initiativen, um das Berufsbild Fachberatung<br />

zu klären. Fachberater/innen sind auch für<br />

die Umsetzung der neuen Bildungskonzepte<br />

und Bildungspläne für die Prozessberatung<br />

und –entwicklung unbedingt notwendig. <strong>Das</strong><br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

67


Arbeitsfeld braucht dieses Unterstützungssystem,<br />

Stellen und Finanzmittel müssen drastisch<br />

ausgebaut werden, damit die gestiegenen gesellschaftlichen<br />

Ansprüche an die gute Qualität<br />

von Tageseinrichtungen für Kinder gewährleistet<br />

werden kann.<br />

Die <strong>GEW</strong> als Bildungsgewerkschaft tut gut daran,<br />

sich in diesen Prozess auf Bundes- wie<br />

auch auf Landesebene einzubringen und die<br />

Diskussion voranzutreiben. Dabei sollte geklärt<br />

werden, ob Fachberatung neben der Beratungsarbeit<br />

auch Dienst- und Fachaufsicht zu<br />

leisten hat.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

68


2.9 Bildungszeiten im Rentenrecht<br />

anerkennen — Altersarmut bekämpfen!<br />

Antragsteller: LV Hessen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Überweisung an den Hauptvorstand<br />

Mit der Renten“reform“ 2004/05 wurden<br />

endgültig rentensteigernde Ausbildungszeiten<br />

in der Gesetzlichen Rentenversicherung für<br />

Schul- und Hochschulausbildungen nach dem<br />

vollendeten 17. Lebensjahr komplett gestrichen<br />

(die Abschmelzung erfolgte in einem<br />

Übergangsprozess bis zum 31.12.2008). Einzig<br />

Fachschulzeiten und Beamte blieben ausgenommen.<br />

1992 waren noch 7 Jahre rentensteigernd zu<br />

75% des Durchschnittverdienstes aller Versicherten<br />

anerkannt. Im Jahre 1996 wurden dann<br />

weitere 4 Jahre gestrichen. Die verbliebenen<br />

3 Jahre kappte dann 2004 die Rot-Grüne Koalition<br />

in einem "neoliberalen Rausch" (Ottmar<br />

Schreiner; SPD).<br />

Diese Reduzierung bedeutet, dass für Studienzeiten<br />

vor 2009 bis zu 16% der möglichen Beitragszeiten<br />

(bezogen auf den "Eckrentner" mit<br />

45 Beitragsjahren) entfallen.<br />

Schon 2003 sagte die Vorsitzende der <strong>GEW</strong> –<br />

Eva Maria Stange – in einer Presseerklärung:<br />

"Die Streichung ist ein Betrug an allen Menschen<br />

mit längeren Ausbildungszeiten" und<br />

weiter "Die Streichung der Ausbildungszeiten….<br />

bestraft Bildungsbereitschaft…. <strong>Das</strong> ist ein politischer<br />

Skandal ersten Ranges".<br />

Diese Entwertung von gesellschaftlich notwendigen<br />

Bildungszeiten ist ein zentraler Baustein<br />

neoliberaler Bildungspolitik. Dies umso mehr,<br />

da zwischenzeitlich die Expansion schulischer<br />

und universitärer Bildungsprozesse als Ausdruck<br />

einer hochtechnologischen Wissensgesellschaft<br />

irreversibel ist.<br />

Bessere und höhere Bildungsabschlüsse für<br />

mehr Jugendliche, die zunehmende "Akademisierung<br />

der Arbeitswelt", lebenslanges Lernen<br />

und ständige Weiterbildung sind Kennzeichen<br />

dieser Entwicklung.<br />

Detlev Wetzel vom IG-Metall-Vorstand erklärte<br />

schon am 6.10.2011: "Die größte Ausbildungsstätte<br />

ist heute die Hochschule, nicht mehr die<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

69


etriebliche Ausbildung".<br />

Mit größter Besorgnis stellt die <strong>GEW</strong> u.a. fest:<br />

- Jugendliche mit Haupt- bzw. Realschulabschluss,<br />

die nach der Lehre in vollschulischer<br />

Ausbildung das Abitur nachholen wollen, fallen<br />

aus dem Rentenrecht, da diese Zeiten nur bis<br />

zum vollendeten 17. Lebensjahr gelten.<br />

- Ebenso können bei Schulwechsel zwischen<br />

Bundesländern vermehrt Schulzeiten über dieser<br />

Altersgrenze anfallen.<br />

- Die notwendigen Hochschulausbildungen<br />

für den Erziehungsbereich werden entwertet.<br />

- Gemäß dem Europäischen Qualifikationsrahmen<br />

wird jetzt der Meister dem universitären<br />

Bachelor gleichgestellt, aber letzterer im<br />

Rentenrecht nicht anerkannt.<br />

Von Altersarmut im Organisationsbereich der<br />

<strong>GEW</strong> sind zukünftig insbesondere die 650.000<br />

Beschäftigten im Weiterbildungsbereich betroffen.<br />

Dies aus mehreren Gründen:<br />

- 75 % besitzen einen Hochschulabschluss<br />

mit verlorenen Rentenzeiten<br />

- Der allgemeinverbindliche Mindestlohn für<br />

pädagogisches Personal liegt bei rund 26.000<br />

Euro brutto im Jahr. Ein Weiterbildner muss ununterbrochen<br />

mindestens 40 Jahre zu diesem<br />

Lohn arbeiten, um als Rentner die Grundsicherung<br />

in Höhe von 688 Euro monatlich zu erreichen,<br />

wenn es bei den beschlossenen Rentenabsenkungen<br />

bleibt<br />

- Befristungen, Erwerbslosigkeit (40.000<br />

Arbeitsplatzverluste), (Schein-) Selbstständigkeit<br />

und Teilzeit - also prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />

- verringern zudem massiv<br />

die Rentenanwartschaften.<br />

Die Weiterbildungsbranche ist ein typisches<br />

Beispiel zur Widerlegung des uralten Vorurteils,<br />

dass "Akademiker" durchgängig Besserverdiener<br />

seien. Die "Generation Praktikum" und<br />

viele Bachelor-Absolventen sehen ebenfalls nur<br />

begrenzt diese Perspektive. Und Massenentlassungen<br />

in den Konzernen machen nicht vor<br />

"akademischem" Personal halt. Die Statistik<br />

weist aus, dass sogar über 10 % der Beschäftigten<br />

des Niedriglohnsektors (sic!) eine<br />

Fachhochschul- oder Universitätsqualifikation<br />

besitzen.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

70


Die Anerkennung von rentensteigernden Schulund<br />

Hochschulzeiten bedeutet keine Privilegierung<br />

von Besserverdienenden, wenn man weiß,<br />

dass das Rentenrecht soziale Kappungsgrenzen<br />

zulässt. So kann man bei überdurchschnittlich<br />

Verdienenden, die über den 45 Entgeltpunkten<br />

des offiziellen Eckrentners liegen, die Anrechnung<br />

von Bildungszeiten im Sinne von Abschlägen<br />

reduzieren, ohne grundsätzlich deren<br />

Anrechnung in Frage zu stellen.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert, dass jeder Arbeitnehmer, unabhängig<br />

von seinem Status, ab dem vollendeten<br />

17. Lebensjahr im Rentenrecht ein garantiertes<br />

Bildungszeitkonto von 6 Jahren für<br />

Schul- /Fachschul- /Hochschul- und<br />

Weiterbildungszeiten erhält, die mit 100 % des<br />

Durchschnittverdienstes aller Versicherten<br />

bewertet werden.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

71


2.10 Angleichung des Rentenwerts Ost an<br />

den Rentenwert West<br />

Antragsteller: BA Seniorinnen und Senioren<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />

1. Die <strong>GEW</strong> bekennt sich erneut zu dem Ziel der<br />

Angleichung des Rentenwerts Ost an den Rentenwert<br />

West in einem überschaubaren Zeitraum.<br />

Als Orientierung soll das ver.di-<strong>GEW</strong>-<br />

Modell dienen.<br />

2. Der HV wird beauftragt in diesem Sinne auf<br />

den DGB, die Einzelgewerkschaften und die<br />

politischen Entscheidungsträger einzuwirken.<br />

3. Der HV informiert regelmäßig über entsprechende<br />

Initiativen.<br />

Begründung<br />

1. Der Einigungsvertrag fordert die Angleichung<br />

der Lebensverhältnisse in Ost und<br />

West. Zwei Rentenvölker Ost und West sind<br />

darin nicht vorgesehen. Mehr als 20 Jahre<br />

nach der Vereinigung ist die Angleichung<br />

der Rentenwerte überfällig.<br />

2. Die Beschäftigten in Schulen und Kitas in<br />

den östlichen Bundesländern haben über<br />

viele Jahre Solidarität geübt und über Tarifverträge<br />

zur Teilzeitarbeit Entlassungen<br />

verhindert. Zusammen mit dem Verlust ihrer<br />

in der DDR erworbenen Ansprüche auf<br />

Zusatzversorgung führt dies heute nicht selten<br />

zu Renten, die unter oder nur knapp<br />

über der Grundsicherung liegen.<br />

3. Durch prekäre Arbeitsverhältnisse und<br />

Langzeitarbeitslosigkeit wird das Rentenniveau<br />

Ost zukünftig wesentlich geringer sein<br />

als noch heute. <strong>Das</strong> lässt sich bereits heute<br />

beobachten: Die Renten der Neurentnerinnen<br />

und -rentner liegen regelmäßig unterhalb<br />

derjenigen der vorhandenen Rentnerinnen<br />

und -rentnern. Der Verweis auf<br />

angeblich hohe Ostrenten taugt als Gegenargument<br />

gegen eine vorzeitige Angleichung<br />

des Rentenwerts Ost nicht.<br />

4. Bei allen Bemühungen um eine Renteneinheit<br />

muss man sich von dem Grundgedanken<br />

leiten lassen, dass die Angleichung<br />

nicht auf Kosten der aktiv Beschäftigten<br />

oder der westdeutschen Rentnerinnen und<br />

Rentner gehen darf. Dieser Grundgedanke<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

72


prägt auch das seit fünf Jahren propagierte<br />

Modell des „Bündnisses für eine gerechte<br />

Angleichung des Rentenwerts Ost“ aus vier<br />

Einzelgewerkschaften und Sozialverbänden,<br />

in dem die <strong>GEW</strong> von Anfang an mitgewirkt<br />

hat.<br />

50<br />

55<br />

73


2.11 Wege zum Traumjob Wissenschaft<br />

Aktionsprogramm zur Umsetzung des<br />

Templiner Manifests<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

Mit dem Templiner Manifest hat die<br />

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

2010 ein Programm zur Reform von Personalstruktur<br />

und Berufswegen in Hochschule und<br />

Forschung vorgelegt, mit dem sie sich seitdem<br />

für den "Traumjob Wissenschaft" stark macht.<br />

2012 folgte der Herrschinger Kodex "Gute<br />

Arbeit in der Wissenschaft"- ein Vorschlag der<br />

<strong>GEW</strong> an Hochschulen und Forschungseinrichtungen,<br />

sich selbst zu berechenbaren Karrierewegen<br />

und stabilen Beschäftigungsbedingungen<br />

in der Wissenschaft zu verpflichten. Immer<br />

mehr Zeitverträge mit immer kürzeren Vertragslaufzeiten,<br />

unsichere Berufsperspektiven<br />

und unberechenbare Karrierewege an Hochschulen<br />

und in Forschungseinrichtungen - diese<br />

Missstände hat die <strong>GEW</strong> mit ihrer Kampagne<br />

für den "Traumjob Wissenschaft" angeprangert.<br />

Gute Arbeit in Lehre, Forschung und Wissenschaftsmanagement<br />

auf der einen Seite<br />

sowie gute Beschäftigungsbedingungen und<br />

berufliche Perspektiven auf der anderen Seite<br />

sind zwei Seiten einer Medaille - das war der<br />

Ausgangspunkt für die zehn Eckpunkte des<br />

Templiner Manifests für eine Reform von Berufswegen<br />

und Personalstruktur in Hochschule<br />

und Forschung.<br />

"Traumjob Wissenschaft" - das bedeutet für<br />

uns:<br />

• eine Absicherung der Promotion als erste<br />

Phase der wissenschaftlichen Berufsausübung -<br />

durch ausreichend sozialversicherungspflichtige<br />

Stellen und sinnvoll konzeptionierte fächerübergreifende<br />

Graduiertenzentren,<br />

• verlässliche Perspektiven für Postdocs -<br />

durch einen Tenure Track, der den dauerhaften<br />

Verbleib in Hochschule und Forschung ermöglicht,<br />

• Dauerstellen für Daueraufgaben - um Kontinuität<br />

und Qualität von Forschung, Lehre und<br />

Wissenschaftsmanagement sicherzustellen,<br />

• reguläre statt prekäre Beschäftigung -<br />

Schluss mit der Ausbeutung von Lehrbeauftragten<br />

und anderen Dumping-Lehrkräften,<br />

• ein Recht auf Work-Life-Balance für alle in<br />

der Wissenschaft Tätigen - durch eine famili-<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme in folgender Fassung:<br />

Annahme der Zeilen<br />

1 bis 6,<br />

29 bis 68,<br />

87 bis 623,<br />

sowie 660 bis 676.<br />

Die übrigen Zeilen werden Material zum Antrag<br />

2.11<br />

74


enfreundliche Gestaltung von Hochschule und<br />

Forschung,<br />

• ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis<br />

auf allen Stufen der wissenschaftlichen Laufbahn<br />

- durch Quotierung und Anerkennung von<br />

Gleichstellung als Qualitätskriterium,<br />

• die Stärkung der Mitbestimmungsrechte<br />

von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern<br />

- auch in neuen Organisationsformen<br />

wie Graduiertenschulen oder Clustern,<br />

• Förderung statt Bestrafung von Mobilität -<br />

durch Anerkennung von Erfahrungszeiten und<br />

Sozialversicherungsansprüchen,<br />

• einen bedarfs- und nachfragegerechten<br />

Ausbau von Hochschule und Forschung - mehr<br />

Studienplätze, ein besseres Betreuungsverhältnis<br />

und eine intensivere Forschung,<br />

• tarifvertraglichen Schutz für alle Beschäftigten<br />

- durch Ausdehnung des Geltungsbereichs<br />

der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes und<br />

wissenschaftsspezifische Regelungen.<br />

<strong>Das</strong> Templiner Manifest war ein Weckruf: zum<br />

einen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,<br />

Promovierende und Postdocs,<br />

Hochschullehrerinnen, Hochschullehrer und<br />

Lehrkräfte, Beschäftigte, Lehrbeauftragte, Stipendiatinnen<br />

und Stipendiaten, aber auch<br />

Kolleginnen und Kollegen in Technik und Verwaltung,<br />

Beratung und Management, die ihre<br />

Situation reflektieren, sich organisieren und für<br />

Reformen eintreten; zum anderen für Wissenschaftsorganisationen,<br />

Politikerinnen und<br />

Politiker in Bund und Ländern, die Maßnahmen<br />

zur Reform von Karrierewegen und Verbesserung<br />

von Beschäftigungsbedingungen in der<br />

Wissenschaft prüfen und in Aussicht stellen.<br />

Jetzt heißt es: nicht nachgeben, sondern<br />

nachlegen! Der 27. ordentliche Gewerkschaftstag<br />

der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

ruft die Kolleginnen und Kollegen an<br />

Hochschulen und Forschungseinrichtungen auf,<br />

sich in der <strong>GEW</strong> zu organisieren und aktiv für<br />

ihre Interessen und für die Reform von Personalstruktur<br />

und Berufswegen in Hochschule<br />

und Forschung einzutreten. Wir fordern Bund<br />

und Länder, Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

sowie die Tarifpartner des öffentlichen<br />

Dienstes auf, wirksame Maßnahmen<br />

zur Schaffung berechenbarer Berufswege und<br />

zur Stabilisierung der Beschäftigungsbedingungen<br />

in der Wissenschaft zu ergreifen.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

75


1. Bund<br />

Im Bildungsföderalismus der Bundesrepublik<br />

Deutschland liegen wesentliche Kompetenzen<br />

für die Bildungs- und Forschungspolitik bei den<br />

Ländern, die diese in wachsendem Umfang an<br />

die Hochschulen, teilweise auch an Forschungseinrichtungen<br />

weitergeben. Gleichwohl verfügt<br />

der Bund über erhebliche rechtliche Kompetenzen<br />

und politische Handlungsmöglichkeiten,<br />

um die Reform der Karrierewege und die Verbesserung<br />

der Beschäftigungsbedingungen in<br />

der Wissenschaft anzustoßen.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert den Bund auf, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz<br />

dahin gehend zu<br />

ändern, dass<br />

• die Tarifsperre ersatzlos gestrichen wird<br />

und Gewerkschaften und Arbeitgeber das uneingeschränkte<br />

Recht bekommen, sachgerechte<br />

Regelungen für die Befristung von<br />

Arbeitsverträgen in Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

auszuhandeln,<br />

• Mindestlaufzeiten für nach dem Gesetz begründete<br />

Zeitverträge festgeschrieben werden,<br />

wonach die Laufzeit von befristeten Beschäftigungsverhältnissen<br />

mindestens der voraussichtlichen<br />

Dauer der Qualifikation bzw. der<br />

Laufzeit des Drittmittelprojekts entsprechen<br />

muss und ein Jahr nicht unterschreiten darf,<br />

• die familienpolitische Komponente verbindlich<br />

ausgestaltet wird, so dass bei der Betreuung<br />

eines Kindes oder mehrerer Kinder unter<br />

18 Jahren das befristete Beschäftigungsverhältnis<br />

um zwei Jahre pro Kind auf Antrag der<br />

oder des Beschäftigten verlängert werden<br />

muss,<br />

• Beschäftigte auf drittmittelfinanzierten<br />

Stellen den gleichen Anspruch auf die Verlängerung<br />

ihres Zeitvertrages im Rahmen der<br />

familienpolitischen Komponente des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes<br />

sowie in Folge<br />

einer Beurlaubung oder Arbeitszeitermäßigung<br />

für Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen,<br />

Aus-, Fort- oder Weiterbildung, Elternzeit und<br />

Mutterschutz, Wahrnehmung von Aufgaben in<br />

einer Personal- oder Schwerbehindertenvertretung<br />

oder einer Frauen- oder Gleichstellungsbeauftragten<br />

erhalten wie Beschäftigte auf<br />

Haushaltstellen.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert den Bund auf, das Sozialgesetzbuch<br />

dahin gehend zu ändern, dass Doktorandinnen<br />

und Doktoranden ohne sozialversicherungspflichtiges<br />

Beschäftigungsverhältnis<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

76


oder Anspruch auf Familienversicherung Krankenversicherungsschutz<br />

erhalten. Der Beitrag<br />

muss auf Grundlage eines gesetzlich festgelegten<br />

Einheitssatzes analog zur studentischen<br />

Krankenversicherung berechnet werden.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert den Bund auf, die internationale<br />

Mobilität von Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftlern<br />

und anderen Beschäftigten durch<br />

internationale Abkommen zu fördern, in denen<br />

die uneingeschränkte Anerkennung von im<br />

Ausland erworbenen Sozialversicherungs- und<br />

Altersversorgungsansprüchen in Deutschland<br />

geregelt wird, auch bei kurzfristigen Aufenthalten<br />

sowie Aufenthalten außerhalb der Europäischen<br />

Union.<br />

Schließlich erwartet die <strong>GEW</strong> vom Bund, für<br />

eine regelmäßige und aussagekräftige Berichterstattung<br />

über die Personalstruktur und Berufswege<br />

in Hochschule und Forschung, die<br />

Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses<br />

und die Berufsperspektiven junger<br />

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu<br />

sorgen. Eine entsprechende Bildungs- und Wissenschaftsforschung<br />

ist gezielt zu fördern, die<br />

Datenlage kontinuierlich zu erheben und zu<br />

optimieren.<br />

2. Bund und Länder<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert Bund und Länder zu einer aktiven<br />

Vergabepolitik gegenüber den von ihnen<br />

finanzierten Hochschulen, Forschungseinrichtungen<br />

und Forschungsfördereinrichtungen auf.<br />

Meint es die Politik ernst mit der Zielsetzung,<br />

die Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses<br />

und die Attraktivität des Arbeitsplatzes<br />

Hochschule und Forschung zu verbessern,<br />

muss sie als Geldgeberin Mitverantwortung für<br />

die Qualität von Karrierewegen und Beschäftigungsbedingungen<br />

an den von ihr finanzierten<br />

Wissenschaftseinrichtungen übernehmen -<br />

indem die Finanzierung von Hochschulen und<br />

Forschungseinrichtungen an Auflagen gebunden<br />

wird, deren Erfüllung systematisch<br />

kontrolliert und sanktioniert wird. <strong>Das</strong> betrifft<br />

die institutionelle Finanzierung von Hochschulen<br />

und Forschungseinrichtungen ebenso<br />

wie deren projektförmige Förderung durch<br />

Bund-Länder-Programme wie die Exzellenzinitiative,<br />

den Qualitätspakt Lehre oder den Pakt<br />

für Forschung und Innovation. Die institutionelle<br />

Förderung von Forschungsförderorganisationen<br />

wie der Deutschen Forschungs-<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

77


gemeinschaft (DFG) muss an die Auflage gebunden<br />

werden, dass diese ihrerseits Forschungsprojekte<br />

nach Maßgabe einer entsprechenden<br />

Vergabepolitik finanziert.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert daher, dass die Finanzierung<br />

von Hochschulen, Forschungseinrichtungen<br />

und Forschungsförderorganisationen durch<br />

Bund und Länder unter der Voraussetzung<br />

erfolgt, dass diese<br />

• die Empfehlungen der Europäischen<br />

Kommission von 2005 für eine "Europäische<br />

Charta für Forscher" sowie einen "Kodex für die<br />

Einstellung von Forschern" umsetzen,<br />

• einem Arbeitgeberverband beitreten und<br />

sich zur Einhaltung entsprechender Tarifverträge<br />

verpflichten,<br />

• Stipendien nicht missbräuchlich zur Verdrängung<br />

von sozialversicherungspflichtigen<br />

Beschäftigungsverhältnissen einsetzen und Stipendiatinnen<br />

und Stipendiaten eine auskömmliche<br />

Finanzierung des Lebensunterhalts und<br />

zusätzlich eine Sozialversicherungszulage und<br />

Familienzuschläge für Kinder sowie Verlängerungsansprüche<br />

bei Mutterschutz, Elternzeit<br />

und Kinderbetreuung und für Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler mit Behinderungen<br />

oder chronischen Krankheiten (Nachteilsausgleich)<br />

gewähren,<br />

• eine aktive Personalpolitik betreiben und<br />

über ein zukunftsfähiges Personalentwicklungskonzept<br />

verfügen,<br />

• über ein schlüssiges Gleichstellungskonzept<br />

verfügen, das sich mindestens an dem vom<br />

Wissenschaftsrat empfohlenen Kaskadenmodell<br />

orientiert, wonach der Frauenanteil einer<br />

Beschäftigtengruppe wenigstens den Frauenanteil<br />

der vorausgehenden Qualifikationsstufe<br />

erreichen soll, und die Erreichung der<br />

gleichstellungspolitischen Ziele effektiv<br />

kontrollieren und Nichterfüllungen bzw. Verschlechterungen<br />

sanktionieren.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert Bund und Länder auf, ihre<br />

Haushaltsordnungen dahin gehend zu überarbeiten,<br />

dass Drittmittel auch zur Finanzierung<br />

unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse eingesetzt<br />

werden können und Drittmittelprojekte<br />

familienfreundlich abgewickelt werden können,<br />

d.h. Mittelübertragungen in Folge von Unterbrechungen<br />

bei Mutterschutz und Elternzeit<br />

möglich sind. Bei der Finanzierung von Drittmittelprojekten<br />

sind darüber hinaus die Grundsätze<br />

einer familienfreundlichen Haushaltspolitik<br />

zu beachten und zusätzliche Mittel für Ver-<br />

210<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

78


tragsverlängerungen und Vertretungen sowie<br />

zur Finanzierung von Kinderbetreuungsmöglichkeiten<br />

zu berücksichtigen.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert Bund und Länder auf, die Exzellenzinitiative<br />

schrittweise in ein Programm<br />

zur Stabilisierung von Beschäftigungsverhältnissen<br />

in der Wissenschaft ("Pakt für gute Arbeit<br />

in der Wissenschaft") zu überführen, das qualifizierten<br />

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern<br />

die Perspektive eines dauerhaften<br />

Verbleibs in Forschung, Lehre oder Wissenschaftsmanagement<br />

eröffnet. Mit dem<br />

"Pakt für gute Arbeit in der Wissenschaft" sollen<br />

gezielt Hochschulen finanziert werden, die<br />

nach Maßgabe eines schlüssigen Personalentwicklungskonzepts<br />

den Anteil der unbefristeten<br />

Beschäftigungsverhältnisse erhöhen, die<br />

Laufzeit der befristeten Beschäftigungsverhältnisse<br />

ausdehnen und sich dabei auf eine aktive<br />

Gleichstellungspolitik und die familienfreundliche<br />

Gestaltung von Karrierewegen verpflichten.<br />

Insgesamt erwartet die <strong>GEW</strong> von Bund und<br />

Ländern, dass sie bei der Finanzierung der<br />

Hochschulen den Trend zum Ausbau der projektförmigen<br />

Finanzierung zu Lasten der institutionellen<br />

Finanzierung umkehren und so die<br />

Grundlage für einen nachhaltigen Ausbau und<br />

eine soziale Öffnung der Hochschulen schaffen.<br />

Durch eine Verstetigung und Verstärkung des<br />

Hochschulpakts haben Bund und Länder die<br />

Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass in<br />

Deutschland wie in anderen Industrieländern<br />

über 50 Prozent eines Altersjahrgangs ein<br />

Hochschulstudium aufnehmen und erfolgreich<br />

abschließen können, und zwar - für alle Bachelorabsolventinnen<br />

und -absolventen, die das<br />

möchten - bis zum Masterabschluss. Gleichzeitig<br />

sind die Betreuungsverhältnisse entsprechend<br />

den Empfehlungen des Wissenschaftsrats<br />

auf ein Verhältnis von 1:40 zwischen Hochschullehrer/innen<br />

und Studierenden zu verbessern.<br />

Der Ausbau und die Öffnung der Hochschulen<br />

bedarf einer gemeinsamen Anstrengung<br />

von Bund und Ländern, was<br />

wiederum voraussetzt, dass sich der Bund über<br />

die engen Voraussetzungen des Artikels 91b<br />

des Grundgesetzes hinaus an der institutionellen<br />

Finanzierung der Hochschulen beteiligen<br />

kann. Die <strong>GEW</strong> befürwortet eine entsprechende<br />

Erweiterung des Artikels 91b als Schritt<br />

in Richtung eines zukunftsfähigen, kooperativen<br />

Bildungsföderalismus.<br />

265<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

315<br />

79


Die <strong>GEW</strong> fordert Bund und Länder auf, ihre Personalvertretungsgesetze<br />

in der Weise zu<br />

ändern, dass diese an Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

• die Vertretung aller Beschäftigten einschließlich<br />

der wissenschaftlichen und künstlerischen<br />

Hilfskräfte, studentischen Beschäftigten,<br />

Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer<br />

sowie der Lehrbeauftragten sichern,<br />

• die antragsungebundene Vertretung aller<br />

Beschäftigten an Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

ohne wissenschaftsspezifische<br />

Einschränkungen garantieren,<br />

• die Rechte der Personalräte und ihrer Mitglieder<br />

nicht durch die Gremien der akademischen<br />

Selbstverwaltung bzw. eine Mitgliedschaft<br />

in diesen einschränken lassen,<br />

• im Zusammenhang mit der jeweiligen<br />

Hochschulgesetzgebung sicherstellen, dass das<br />

Land bzw. der Bund Arbeitgeber bzw. Dienstherr<br />

ist und eine Stufenvertretung (Hauptpersonalrat)<br />

immer vorhanden ist,<br />

• auch bei kriterienuntersetzter Mittelvergabe<br />

und Globalbudgets die Mitbestimmung<br />

der Personalräte bei Haushaltsanmeldungen,<br />

Rahmenvereinbarungen bzw. Ziel- und Leistungsvereinbarungen<br />

sicherstellen,<br />

• Freistellungen für Personalratsmitglieder<br />

mindestens im Umfang des Betriebsverfassungsgesetzes<br />

vorsehen und absichern, dass<br />

es für Freistellungen auch Ersatzeinstellungen<br />

gibt bzw. andere wissenschaftsspezifische Freistellungsregelungen<br />

ermöglicht werden,<br />

• die Wahrnehmung des passiven Wahlrechts<br />

über die gesamte Wahlperiode auch für befristet<br />

Beschäftigte ermöglichen, ggf. durch Entfristung<br />

oder Verlängerung der Beschäftigungsverhältnisse.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert Bund und Länder auf, ihre<br />

Gleichstellungsgesetze bzw. Hochschulgesetze<br />

in der Weise zu ändern, dass Frauen- und<br />

Gleichstellungsbeauftragte wirksame Gestaltungsmöglichkeiten,<br />

Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte<br />

erhalten.<br />

3. Länder<br />

Im Bildungsföderalismus der Bundesrepublik<br />

Deutschland liegen wesentliche Kompetenzen<br />

für die Bildungs- und Forschungspolitik bei den<br />

Ländern. Daher können insbesondere die Länder<br />

wesentlich zur überfälligen Reform der<br />

Karrierewege in Hochschule und Forschung<br />

sowie zur Stabilisierung der Beschäftigungs-<br />

320<br />

325<br />

330<br />

335<br />

340<br />

345<br />

350<br />

355<br />

360<br />

365<br />

370<br />

80


edingungen von Wissenschaftlerinnen und<br />

Wissenschaftlern beitragen.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Länder zu einer Reform ihrer<br />

Hochschulgesetze auf, die<br />

• allen Doktorandinnen und Doktoranden unabhängig<br />

von ihrer Finanzierungsart und von<br />

ihrem Beschäftigungsverhältnis den Status als<br />

vollwertige Mitglieder ihrer Hochschule mit aktivem<br />

und passiven Wahlrecht in der Gruppe<br />

der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter gibt,<br />

• befristet beschäftigten Doktorandinnen<br />

und Doktoranden das Recht gibt, drei Viertel ihrer<br />

bezahlten Arbeitszeit für die eigene Qualifizierung<br />

zu nutzen,<br />

• die Beschäftigung von Lehrkräften für besondere<br />

Aufgaben sowie von administrativtechnischen<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

ausschließlich in unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen<br />

gestattet,<br />

• die Hochschulen verpflichtet, regelmäßig<br />

Berichte zur Lage und zu den Perspektiven des<br />

wissenschaftlichen Nachwuchses sowie zur<br />

Gleichstellung von Frauen und Männern vorzulegen,<br />

• die Universitäten verpflichtet, promovierten<br />

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern<br />

(Postdocs) einen Tenure Track<br />

anzubieten, der diesen die Perspektive eines<br />

dauerhaften Verbleibs in Hochschule und Forschung<br />

eröffnet - unabhängig davon, ob eine<br />

Berufung auf eine Professur erfolgt oder nicht,<br />

• auf die Personalkategorie der wissenschaftlichen<br />

Hilfskraft mit Hochschulabschluss zu<br />

Gunsten einer einheitlichen Kategorie der wissenschaftlichen<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

zu verzichten,<br />

• die Vergabe von Lehraufträgen ausschließlich<br />

zur Ergänzung des Lehrangebots zu gestatten,<br />

die Vergabe über einen Zeitraum von mehr<br />

als einem Semester sowie eine angemessene<br />

Vergütung vorzugeben, die Zeiten der Vor- und<br />

Nachbereitung der Lehrveranstaltungen sowie<br />

der Betreuung und Beratung der Studierenden<br />

und die Wahrnehmung von Prüfungsverpflichtungen<br />

berücksichtigt.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Länder auf, im Rahmen<br />

von Hochschulverträgen bzw. in Ziel- und Leistungsvereinbarungen<br />

mit den Hochschulen,<br />

diese zu einer aktiven Personalpolitik und einem<br />

verantwortungsbewussten Umgang mit<br />

dem Instrument der Befristung von Beschäf-<br />

375<br />

380<br />

385<br />

390<br />

395<br />

400<br />

405<br />

410<br />

415<br />

420<br />

425<br />

81


tigungsverhältnissen zu veranlassen. Hochschulen<br />

sind zu verpflichten,<br />

• auf Basis eines schlüssigen Personalentwicklungskonzepts<br />

ein angemessenes Verhältnis<br />

von unbefristeten und befristeten Beschäftigungsverhältnissen<br />

zu bestimmen und<br />

dieses in einem bestimmten Zeitraum zu erreichen,<br />

• sich in einem Kodex "Gute Arbeit in der<br />

Wissenschaft" zu einer aktiven Personalpolitik,<br />

zu berechenbaren Karrierewegen und stabilen<br />

Beschäftigungsbedingungen zu verpflichten.<br />

4. Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

Die Reform von Personalstruktur und Berufswegen<br />

in der Wissenschaft ist nicht nur eine<br />

Herausforderung für die politisch Verantwortlichen<br />

in Bund und Ländern, sondern auch für<br />

die Hochschulen und Forschungseinrichtungen.<br />

Ihre Autonomie in Wirtschafts- und Personalangelegenheiten<br />

wurde in den vergangenen<br />

Jahren stark ausgebaut. Die wissenschaftlichen<br />

Einrichtungen müssen jetzt unter Beweis stellen,<br />

dass sie mit dieser Autonomie verantwortungsvoll<br />

umgehen und die gewonnenen Gestaltungsspielräume<br />

für die Schaffung attraktiver<br />

Karrierewege und Beschäftigungsbedingungen<br />

nutzen.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

auf, sich zur Schaffung stabiler<br />

Beschäftigungsbedingungen und berechenbarer<br />

Karrierewege zu verpflichten. Vorbild für<br />

eine solche Selbstverpflichtungserklärung ist<br />

der Herrschinger Kodex, den die <strong>GEW</strong> 2012<br />

vorgelegt hat. Die <strong>GEW</strong> erwartet von Hochschulen<br />

und Forschungseinrichtungen, sich in<br />

einem Kodex "Gute Arbeit in der Wissenschaft"<br />

dazu zu bekennen,<br />

• mit Doktorandinnen und Doktoranden auf<br />

gleicher Augenhöhe Qualifizierungsvereinbarungen<br />

abzuschließen, die garantieren, dass sie<br />

qualitativ hochwertig betreut und bei der Aufnahme,<br />

Durchführung und dem erfolgreichen<br />

Abschluss ihres Promotionsvorhabens in<br />

fächerübergreifenden Graduiertenzentren unterstützt<br />

werden, die auf freiwilliger Basis Austausch,<br />

Vernetzung und Qualifizierung von Promovierenden<br />

und ihren Betreuerinnen und Betreuern<br />

fördern,<br />

• promovierten Wissenschaftlerinnen und<br />

Wissenschaftlern (Postdocs) eine Tenure-Track-<br />

Option anzubieten, also die Zusage dauerhafter<br />

430<br />

435<br />

440<br />

445<br />

450<br />

455<br />

460<br />

465<br />

470<br />

475<br />

82


Beschäftigung nach Erfüllung einer Zielvereinbarung,<br />

• Mindeststandards für befristete Beschäftigungsverhältnisse<br />

zu gewährleisten, die die<br />

Befristung von Beschäftigungsverhältnissen mit<br />

wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

nur vorsehen, wenn die Beschäftigung<br />

tatsächlich der Qualifizierung mit dem<br />

Ziel einer Promotion, Habilitation oder einer<br />

entsprechenden zeitlich und inhaltlich strukturierten<br />

Weiterbildung dient, die Beschäftigung<br />

überwiegend aus Drittmitteln finanziert ist<br />

oder zur Vertretung einer oder eines beurlaubten,<br />

freigestellten oder erkrankten Beschäftigten<br />

erfolgt, und darüber hinaus Mindestvertragslaufzeiten<br />

für Zeitverträge vorgeben,<br />

• Beschäftigungsverhältnisse mit studentischen<br />

Beschäftigten in der Regel für die Dauer<br />

von mindestens einem Jahr anzubieten,<br />

• Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern<br />

grundsätzlich eine Vollzeitbeschäftigung<br />

anzubieten und Teilzeitbeschäftigung nur auf<br />

ausdrücklichen Wunsch der oder des Beschäftigten<br />

vorzusehen,<br />

• Lehrbeauftragten sozialversicherungspflichtige<br />

Beschäftigungsverhältnisse anzubieten,<br />

wenn diese dauerhaft Lehr- und Prüfungsaufgaben<br />

wahrnehmen,<br />

• die familienfreundliche Hochschule durch<br />

flexible Arbeits-, Lehrveranstaltungs- und<br />

Sitzungszeiten, bedarfsgerechte Kinderbetreuungsmöglichkeiten<br />

und eine familienfreundliche<br />

Personalpolitik zu verwirklichen,<br />

die die unverzügliche Besetzung von wegen<br />

Mutterschutz oder Elternzeit vakanten Stellen<br />

sicherstellt und zusätzliche Mittel für Vertretungen<br />

und Vertragsverlängerungen von vornherein<br />

einplant,<br />

• die familienpolitische Komponente des<br />

Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, die eine<br />

Verlängerung von befristeten Beschäftigungsverhältnissen<br />

bei Betreuung von Kindern über<br />

die Höchstbefristungsdauer hinaus zulässt,<br />

grundsätzlich anzuwenden, solange diese gesetzliche<br />

Regelung nicht, wie von der <strong>GEW</strong> gefordert,<br />

verbindlich ausgestaltet ist,<br />

• eine gleichstellungsorientierte Personalentwicklung<br />

und Personalrekrutierung zu betreiben,<br />

die Frauen- bzw. Gleichstellungsbeauftragten<br />

aktiv zu unterstützen und über eine<br />

Quotierung ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis<br />

auf allen Karrierestufen zu erreichen,<br />

480<br />

485<br />

490<br />

495<br />

500<br />

505<br />

510<br />

515<br />

520<br />

525<br />

530<br />

83


• eine aktive Personalplanung und -entwicklung<br />

zu betreiben, die allen Beschäftigten zielgruppenspezifische<br />

Informations-, Beratungsund<br />

Fortbildungsangebote macht und durch einen<br />

zentralen Überbrückungsfonds die Zwischenfinanzierung<br />

von Beschäftigungsverhältnissen<br />

und so eine mittelfristige Vertragsdauer<br />

oder ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis<br />

auch beim Wechsel der Finanzierungsart<br />

ermöglicht,<br />

• die Beteiligung der Beschäftigten in der<br />

akademischen Selbstverwaltung durch Anrechnung<br />

von Gremientätigkeiten auf die Arbeitszeit,<br />

die aktive Unterstützung des Personalrats<br />

bzw. Betriebsrats und die Einbeziehung auch<br />

von Stipendiatinnen und Stipendiaten sowie<br />

nebenberuflich Tätigen zu fördern.<br />

Die <strong>GEW</strong> schlägt vor, dass die Einhaltung des<br />

Kodex "Gute Arbeit in der Wissenschaft" durch<br />

eine Ombudskommission überwacht wird. Dieser<br />

sollen gewählte Vertreterinnen und Vertreter<br />

der Beschäftigten, darunter mindestens<br />

eine Doktorandin oder ein Doktorand und mindestens<br />

eine oder ein Postdoc, sowie externe<br />

Sachverständige, darunter mindestens ein Mitglied,<br />

das von einer an der Hochschule oder<br />

Forschungseinrichtung vertretenen Gewerkschaft<br />

vorgeschlagen wird, angehören. Die Hochschulen<br />

und Forschungseinrichtungen veröffentlichen<br />

regelmäßig Berichte zur Situation und<br />

zu den Perspektiven ihrer Beschäftigten unter<br />

besonderer Berücksichtigung der Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler in der<br />

Qualifizierungsphase.<br />

5. Tarifpolitik<br />

Knapp 600.000 Kolleginnen und Kollegen arbeiten<br />

an den deutschen Hochschulen, über die<br />

Hälfte davon in Forschung und Lehre, weitere<br />

100.000 Kolleginnen und Kollegen sind an den<br />

außeruniversitären Forschungseinrichtungen<br />

beschäftigt. Der Bereich Hochschule und Forschung<br />

ist damit einer der größten im öffentlichen<br />

Dienst. Diesem Umstand muss auch die<br />

Tarifpolitik für den öffentlichen Dienst Rechnung<br />

tragen und ihren Beitrag zur Verbesserung<br />

der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen<br />

der Kolleginnen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

leisten. Die <strong>GEW</strong> wird<br />

dies in Verhandlungen mit den Arbeitgebern -<br />

Bund und Länder, Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

- einfordern. Die <strong>GEW</strong><br />

fordert die Arbeitgeber in der Wissenschaft auf,<br />

535<br />

540<br />

545<br />

550<br />

555<br />

560<br />

565<br />

570<br />

575<br />

580<br />

585<br />

84


• einem Arbeitgeberverband beizutreten und<br />

sich der Tarifbindung zu unterziehen,<br />

• einer Erweiterung des Geltungsbereichs<br />

der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes auf<br />

wissenschaftliche und künstlerische Hilfskräfte,<br />

studentische Hilfskräfte, Lehrbeauftragte sowie<br />

Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer<br />

zuzustimmen - alle Beschäftigten haben das<br />

Recht auf die kollektivvertragliche Absicherung<br />

ihrer Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen,<br />

• nach dem Vorbild des § 40 des Tarifvertrages<br />

für den öffentlichen Dienst der Länder<br />

(TV-L) Sonderregelungen für Beschäftigte an<br />

Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu<br />

vereinbaren, die die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen<br />

wissenschaftsadäquat ausgestalten,<br />

flexible Arbeitszeitregelungen<br />

ermöglichen, eine mobilitätsfreundliche Anerkennung<br />

von Erfahrungszeiten gewährleisten<br />

und die Zahlung von Ziel- und Funktionszulagen<br />

für die Erfüllung besonderer Ziele bzw. die<br />

Wahrnehmung besonderer Aufgaben vorsehen,<br />

• für befristet Beschäftigte eine besondere<br />

Zulage zu vereinbaren, die den Beschäftigten<br />

einen Ausgleich für ihr besonderes Weiterbeschäftigungsrisiko<br />

gewährt und Arbeitgebern<br />

einen Anreiz gibt, befristete Beschäftigungsverhältnisse<br />

nur dann zu begründen, wenn diese<br />

zwingend erforderlich sind,<br />

• Maßnahmen auszuhandeln und zu ergreifen,<br />

die die "verantwortungsbewusste<br />

Handhabe der Befristungen im Wissenschaftsbereich"<br />

sicherstellen, die 2006 in der Niederschriftserklärung<br />

zum TV-L von der Tarifgemeinschaft<br />

deutscher Länder (TdL) und den<br />

Gewerkschaften vereinbart worden ist.<br />

6. Für eine <strong>GEW</strong>-Wissenschaftsoffensive!<br />

Mit der Kampagne des Templiner Manifests für<br />

den "Traumjob Wissenschaft", für berechenbare<br />

Karrierewege und stabile Beschäftigungsbedingungen<br />

in Hochschule und Forschung<br />

ist die <strong>GEW</strong> auf eine große Resonanz<br />

bei den in der Wissenschaft tätigen Kolleginnen<br />

und Kollegen gestoßen. Mit dem Herrschinger<br />

Kodex "Gute Arbeit in der Wissenschaft" hat<br />

die <strong>GEW</strong> den Kolleginnen und Kollegen vor Ort<br />

ein Instrument in die Hand gegeben, um Debatten<br />

über die Verantwortung ihrer Hochschule<br />

oder Forschungseinrichtung für berechenbare<br />

Karrierewege und stabile Beschäftigungsbedingungen<br />

zu initiieren. 10.000 Unterstützerinnen<br />

und Unterstützer für die zehn Eckpunkte<br />

zur Reform von Berufswegen und Personal-<br />

590<br />

595<br />

600<br />

605<br />

610<br />

615<br />

620<br />

625<br />

630<br />

635<br />

640<br />

85


struktur in Hochschule und Forschung, fast 100<br />

Informations- und Diskussionsveranstaltungen<br />

vor Ort an Hochschulen und Forschungseinrichtungen,<br />

die Gründung und Wiederbelebung<br />

von <strong>GEW</strong>-Hochschul- und Betriebsgruppen, ein<br />

kräftiger Zuwachs an Mitgliedern im Organisationsbereich<br />

Hochschule und Forschung zeigen:<br />

Die <strong>GEW</strong> kann sich mit dem Thema Arbeitsplatz<br />

Hochschule und Forschung erfolgreich als Interessenvertreterin<br />

der Kolleginnen und Kollegen<br />

in der Wissenschaft profilieren. Weitere politische<br />

Erfolge auf dem Weg zum "Traumjob Wissenschaft"<br />

setzen voraus, noch mehr Kolleginnen<br />

und Kollegen zu überzeugen, sich in der<br />

<strong>GEW</strong> zu organisieren und zu engagieren. <strong>Das</strong><br />

Potenzial dafür ist noch lange nicht ausgeschöpft.<br />

Der 27. ordentliche Gewerkschaftstag fordert<br />

den Hauptvorstand auf, eine <strong>GEW</strong>-Wissenschaftsoffensive<br />

zu starten, die<br />

• Aktivitäten zur Gewinnung und Bindung<br />

von Mitgliedern an Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

intensiviert,<br />

• den Aufbau und die Stabilisierung von<br />

<strong>GEW</strong>-Hochschul- und Betriebsgruppen unterstützt,<br />

• Kolleginnen und Kollegen an Hochschulen<br />

und Forschungseinrichtungen für die Mitarbeit<br />

in den <strong>GEW</strong>-Strukturen sowie in Selbstverwaltungsgremien,<br />

Betriebs- und Personalräten<br />

qualifiziert,<br />

• die Kampffähigkeit und Durchsetzungsmacht<br />

der Tarifbeschäftigten an Hochschulen<br />

und Forschungseinrichtungen fördert.<br />

645<br />

650<br />

655<br />

660<br />

665<br />

670<br />

675<br />

<strong>Das</strong> Potenzial dafür ist noch lange nicht ausgeschöpft.<br />

<strong>Das</strong> Beste kommt erst noch!<br />

86


Anträge zum Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> in Düsseldorf vom 12.-16. Juni 2013<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

3. Bildungspolitik<br />

3.1 "Kommunale Bildungslandschaften“<br />

Eckpunkte zur Verbesserung der Kooperation der Bildungseinrichtungen in<br />

den Regionen<br />

Hauptvorstand<br />

3.2 Kommunale/regionale Bildungsplanung als Feld gewerkschaftlicher Arbeit<br />

LV Niedersachsen / Bundesfachgruppe Gesamtschulen<br />

3.3 Bildungsfinanzierung<br />

LV Berlin<br />

3.4 Bildung braucht mehr Geld<br />

LV Bremen<br />

3.5 Bildung als Menschenrecht erfordert Widerstand gegen Ökonomisierung<br />

und Privatisierung des Bildungswesens<br />

LV Hessen<br />

3.6 Privatisierungstendenzen im Bildungsbereich entgegentreten -<br />

Positionspapier<br />

LV Bayern<br />

3.7 „Erklärung zum Berufsethos der Bildungsinternationalen“<br />

Hauptvorstand<br />

3.8 AKTIONSPLAN LEHRERBILDUNG<br />

Hauptvorstand<br />

3.9 Lehrer_innenbildung in den Fokus rücken – jetzt!<br />

BA Junge <strong>GEW</strong>/Landesverband Sachsen<br />

3.10 Genderkompetenz ist Schlüsselqualifikation in der Lehrer_innenbildung<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

3.11 Inklusion in Tageseinrichtungen für Kinder<br />

BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />

3.12 Auf dem Weg zu einem inklusiven Schulsystem<br />

Hauptvorstand<br />

3.13 Universalisierung des Inklusions-Begriffs<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

3.14 Inklusion – ein nicht umkehrbarer Weg<br />

- Erfahrungen aus Bremer Schulen nutzen -<br />

LV Bremen<br />

3.15 Inklusive Schule<br />

- Stellungnahme und Forderungen an die Politik –<br />

LV Berlin<br />

3.16 Strategie der <strong>GEW</strong> zur Entwicklung des Schulsystems in Deutschland<br />

Die inklusive Ganztagsgesamtschule / Gemeinschaftsschule / Integrierte<br />

Sekundarschule als Alternative zum gegliederten Schulsystem<br />

LV Niedersachsen<br />

90<br />

99<br />

107<br />

114<br />

120<br />

123<br />

127<br />

129<br />

139<br />

141<br />

146<br />

150<br />

157<br />

159<br />

162<br />

172<br />

87


3.17 Die inklusive Ganztagsgrundschule<br />

LV Niedersachsen, Bundesfachgruppe Gesamtschulen<br />

3.18 Inklusion an berufsbildenden Schulen<br />

BFGA kaufmännische Schulen und BFGA gewerbliche Schulen<br />

3.19 Abbau von Geschlechterstereotypen und Diskriminierung wegen der<br />

sexuellen Orientierung und Identität in Schulbüchern und anderen<br />

Unterrichtsmedien und -materialien<br />

Hauptvorstand, Bundesfrauenausschuss<br />

3.20 Abbau von Geschlechterstereotypen und Diskriminierung wegen der<br />

sexuellen Orientierung und Identität in Schulbüchern, realitätsnahe<br />

Darstellung der Vielfalt von Menschen und Lebensformen<br />

LV Rheinland-Pfalz<br />

3.21 Abbau von Geschlechterstereotypen und Diskriminierung wegen der<br />

sexuellen Orientierung und Identität in Schulbüchern und<br />

Unterrichtsmaterialien<br />

LV Berlin<br />

3.22 KMK-Empfehlungen für Interkulturelle Bildung und Erziehung in<br />

Deutschland<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

3.23 Dokumentation und Analyse der Gesetzeslage in der BRD bzgl. sprachlicher<br />

Bildung und interkultureller Erziehung<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

3.24 Ausbildung von interkulturellen MentorInnen und BotschafterInnen<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

3.25 Funktionaler Analphabetismus<br />

LV Rheinland-Pfalz<br />

3.26 Neue Akzente in der schulbezogenen Bildungsforschung<br />

Hauptvorstand<br />

3.27 Qualitätsentwicklung<br />

Hauptvorstand<br />

3.28 PISA ist der falsche Weg! Für gute Bildung — gegen die Produktion von<br />

Testwissen!<br />

LV Hessen<br />

3.29 Vergleichsarbeiten (VERA)<br />

LV Hessen<br />

3.30 Vergleichsarbeiten (VERA)<br />

BFGA Grundschulen<br />

3.31 Strategie zur Weiterentwicklung des bestehenden<br />

allgemeinbildenden Schulsystems<br />

BFGA Gesamtschulen<br />

3.32 Ausbau und dauerhafte Absicherung von Schulsozialarbeit<br />

BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />

3.33 Professioneller Umgang mit den Herausforderungen veränderter Kindheit<br />

BFGA Sonderpädagogische Berufe und BFGA Grundschulen<br />

3.34 Berufs- und Arbeitsweltorientierung in der Schule<br />

Hauptvorstand<br />

180<br />

186<br />

190<br />

197<br />

204<br />

211<br />

214<br />

215<br />

216<br />

222<br />

224<br />

227<br />

230<br />

232<br />

234<br />

239<br />

242<br />

244<br />

88


3.35 Medien zum Lehren und Lernen in allgemeinbildenden Schulen müssen den<br />

Anforderungen einer modernen Pädagogik genügen<br />

Hauptvorstand<br />

3.36 Grundschule ohne Noten<br />

BFGA Grundschulen<br />

3.37 Gewerkschaftliche Positionen zum Gymnasium<br />

BFGA Gymnasien<br />

3.38 Forderungen zur Gymnasialen Oberstufe<br />

BFGA Gymnasien<br />

3.39 Weiterentwicklung der gymnasialen Oberstufe an Gymnasien und<br />

Gesamtschulen<br />

BFGA Gesamtschulen<br />

3.40 Schulzeit bis zum Abitur<br />

BFGA Gymnasien<br />

3.41 Forderungen zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife<br />

BFGA Gymnasien<br />

3.42 Bildungsberatung für Lernen im Lebensverlauf<br />

BFGA Erwachsenenbildung, BFGA gewerbliche und kaufmännische Schulen<br />

3.43 Weimarer Thesen 2012 – Ein "Schutzschirm" für die Weiterbildung<br />

BFGA Erwachsenenbildung<br />

3.44 Hochschulen sozial öffnen: Mehr Studienplätze schaffen, freien<br />

Hochschulzugang sichern, BAföG ausbauen, Studiengebühren abschaffen<br />

BA Hochschule und Forschung und BASS<br />

3.45 Baustelle Hochschule –<br />

Vier Bausteine für die Reform der Promotionsphase<br />

BA Hochschule und Forschung und BASS<br />

3.46 Für Zivilklauseln in Satzungen und Leitbildern aller Hochschulen und<br />

Forschungseinrichtungen sowie in den Landeshochschulgesetzen<br />

BFGA Hochschule und Forschung<br />

3.47 Forderungen der <strong>GEW</strong> für den Bereich Fachhochschulen<br />

BFGA Hochschule und Forschung<br />

251<br />

255<br />

256<br />

262<br />

267<br />

268<br />

275<br />

284<br />

290<br />

297<br />

303<br />

307<br />

309<br />

89


3.1 "Kommunale Bildungslandschaften“<br />

Eckpunkte zur Verbesserung der<br />

Kooperation der Bildungseinrichtungen in<br />

den Regionen<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

Vorschlag für eine Stellungnahme der <strong>GEW</strong><br />

Neue gesellschaftliche Entwicklungen, besonders<br />

die zunehmende soziale Spaltung der<br />

Gesellschaft und das drohende Auseinanderdriften<br />

städtischer Milieus hinsichtlich<br />

Einkommen, Bildungsstand, Migrationshintergrund,<br />

Kinderzahl etc. stellen die Kommunen<br />

auch im Bildungsbereich vor neue Herausforderungen.<br />

<strong>Das</strong> Deutsche Institut der Wirtschaft stellt 2010<br />

in einer Untersuchung fest: Im Jahr 2008 lebten<br />

in Deutschland "rund 14 Prozent der Bevölkerung<br />

unter der Armutsschwelle. <strong>Das</strong> ist rund<br />

ein Drittel mehr als noch vor zehn Jahren. Dabei<br />

sind Kinder und junge Erwachsene besonders<br />

betroffen.“(DIW 2010)<br />

Teilhabe an Bildung wird zum Schlüssel für gesellschaftliche<br />

Partizipation und berufliche<br />

sowie soziale Entwicklungsmöglichkeiten. Der<br />

Grundstein dafür wird im konkreten Lebensumfeld<br />

vor Ort gelegt. In dem Bemühen, für<br />

Kinder, Jugendliche und Erwachsene bestmögliche<br />

Bildungschancen zu gewährleisten, sind<br />

Kommunen mit sich zum Teil widersprechenden<br />

Aufgaben und Anforderungen konfrontiert.<br />

Insbesondere sind dabei zu nennen,<br />

- die gestiegenen Anforderungen und Erwartungen<br />

an das Bildungssystem, wie z.B. die Organisierung<br />

eines inklusiv organisierten<br />

Bildungswesens oder die Profilierung des Sozial-<br />

und Integrationsauftrags der Schulen,<br />

- die zunehmenden Privatisierungstendenzen<br />

des öffentlichen Bildungsbereichs,<br />

- die regional unterschiedliche demografische<br />

Entwicklung, welche die Unterschiede zwischen<br />

Stadt und Land sowie der Städte untereinander<br />

verstärkt,<br />

- die dadurch wachsende Konkurrenz der<br />

Kommunen untereinander, etwa bei der An-<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme in folgender Fassung:<br />

3.1 "Kommunale Bildungslandschaften"<br />

Eckpunkte zur Verbesserung der Kooperation<br />

der Bildungseinrichtungen in den Regionen<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

Die <strong>GEW</strong> nimmt in den Kommunen aktiv an der<br />

Ausgestaltung der Bildungsplanung und ihrer<br />

Umsetzung teil, um ihren Einfluss und ihre<br />

Bündnismöglichkeiten vor Ort zu verstärken<br />

und um die Bildungsmöglichkeiten für Kinder,<br />

Jugendliche und Erwachsene zu verbessern<br />

sowie die Betroffenen an den Entscheidungen<br />

über die kommunale Bildungspolitik zu beteiligten.<br />

Zugleich verfolgt die <strong>GEW</strong> das Ziel, gute<br />

Arbeitsbedingungen und tarifliche Standards<br />

für die Beschäftigen in den Bildungseinrichtungen<br />

durchzusetzen und eine neoliberale Deregulierung<br />

der Beschäftigungsverhältnisse, die<br />

mit einer Dequalifizierung des pädagogischen<br />

Personals verbunden ist, sowie die Privatisierung<br />

von Bildungsangeboten zu verhindern.<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich für ein bedarfsgerecht ausgestattetes,<br />

qualitativ hochwertiges inklusives,<br />

und demokratisches Bildungsangebot in allen<br />

Bereichen ein. Derzeit besteht akuter Handlungsbedarf<br />

vor Ort zum Beispiel<br />

• beim Abbau von Benachteiligungen und<br />

Bildungsarmut,<br />

• bei der Schaffung inklusiver Strukturen vor<br />

allem im Schulbereich,<br />

• beim Ausbau der Kindertagesstätten und<br />

deren qualitativer Weiterentwicklung,<br />

• bei der pädagogischen Gestaltung der horizontalen<br />

und vertikalen Übergange im<br />

Bildungswesen,<br />

• bei der Verbesserung der Finanzierung und<br />

Vergütung in der Weiterbildung,<br />

• bei der Stärkung der kulturellen und politischen<br />

Bildung.<br />

Als Gewerkschaft, die die Beschäftigten aller<br />

Bildungsbereiche organisiert, tritt die <strong>GEW</strong> insbesondere<br />

dafür ein, die bildungsbereichs-<br />

90


Um diese Probleme zu lösen, bemüht man sich<br />

vielerorts, Bildung, Erziehung und Betreuung<br />

bzw. deren Institutionen – häufig unter dem<br />

Stichwort „kommunale Bildungslandschaften“ -<br />

besser zu vernetzen und in ein kommunales<br />

Gesamtkonzept ganzheitlicher Bildung einzufügen.<br />

Viele Städte und Kreise verknüpfen die<br />

neuen Modelle, mit der Forderung nach einer<br />

„Erweiterten Schulträgerschaft“, die den Komsiedlung<br />

von Betrieben ("Standortlogik“) mit<br />

den entsprechenden Auswirkungen nicht nur<br />

im berufsbildenden Bereich, da Bildungseinrichtungen<br />

als Standortfaktor gelten,<br />

- die zunehmenden Tendenzen, Bildungsprozesse<br />

durch Konkurrenzverfahren (z. B.<br />

rankings) zu steuern,<br />

- der zunehmende Bedarf an einer subjektorientierten,<br />

geschlechter- und kultursensiblen<br />

Beratung, um die Beteiligung am lebensbegleitenden<br />

Lernen auch im Erwachsenenalter zu<br />

erhöhen,<br />

- die wachsende Forderung nach Demokratisierung<br />

bzw. nach mehr Beteiligung bei<br />

bildungspolitischen Entscheidungen.<br />

Als Antwort auf diese Probleme bemüht man<br />

sich vielerorts Bildung, Erziehung und Betreuung<br />

bzw. deren Institutionen besser zu vernetzen<br />

und in ein kommunales Gesamtkonzept<br />

ganzheitlicher Bildung einzufügen. Dabei sollen<br />

vor Ort die verschiedenen Bereiche einschließlich<br />

der Schulen enger zusammenwirken, um<br />

allen Gesellschaftsmitgliedern ein lebensbegleitendes<br />

Lernen zu ermöglichen und insbesondere,<br />

um Kinder und Jugendliche entlang ihrer<br />

Bildungsbiografie individuell besonders zu<br />

fördern.<br />

In diesem Sinne entwickeln derzeit viele Städte<br />

und Kreise neue Modelle, die sie oft als "kommunale<br />

Bildungslandschaften“ benennen und<br />

verknüpfen dies mit der Forderung einer<br />

„Erweiterten Schulträgerschaft“, die den Kommunen<br />

mehr Gestaltungsmöglichkeiten auch<br />

im Schulbereich ermöglichen, eine Diskussion,<br />

deren Inhalte durchaus an die früheren Debatten<br />

um "Nachbarschaftsschulen“, "community<br />

education“ und die "Öffnung von Schulen“ erinnern.<br />

In dieser Entwicklung "kommunaler Bildungslandschaften“<br />

liegen durchaus Chancen:<br />

• Im Zuge der engen Kooperation und Vernetzung<br />

von schulischen und außerschulischen<br />

Bildungsinstitutionen können<br />

gemeinsame Konzepte im Sinne ganzheitlicher<br />

Bildung erarbeitet werden, mit denen<br />

- auch dank der Unterschiedlichkeit des<br />

Blickwinkels verschiedener Professionen -<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

übergreifende Kooperation der Professionen<br />

auf Augenhöhe weiterzuentwickeln.<br />

Neue gesellschaftliche Entwicklungen, besonders<br />

die zunehmende soziale Spaltung der<br />

Gesellschaft und das drohende Auseinanderdriften<br />

städtischer Milieus hinsichtlich<br />

Einkommen, Bildungsstand, Migrationshintergrund,<br />

Kinderzahl etc. stellen die Kommunen<br />

auch im Bildungsbereich vor neue Herausforderungen.<br />

Teilhabe an Bildung ist der Schlüssel für gesellschaftliche<br />

Partizipation und berufliche sowie<br />

soziale Entwicklungsmöglichkeiten. Der<br />

Grundstein dafür wird im konkreten Lebensumfeld<br />

vor Ort gelegt. Im Bemühen, für Kinder,<br />

Jugendliche und Erwachsene bestmögliche<br />

Bildungschancen zu gewährleisten, sind Kommunen<br />

mit sich zum Teil widersprechenden<br />

Aufgaben konfrontiert. <strong>Das</strong> sind insbesondere<br />

• die gestiegenen Anforderungen und Erwartungen<br />

an das Bildungssystem,<br />

• die Organisierung eines inklusiven<br />

Bildungswesens und die Erfüllung des Sozial-<br />

und Integrationsauftrags der Schulen,<br />

• die zunehmenden Privatisierungstendenzen<br />

des öffentlichen Bildungsbereichs,<br />

• die regional unterschiedliche demografische<br />

Entwicklung,<br />

• die Konkurrenz der Kommunen untereinander,<br />

etwa bei der Ansiedlung von Betrieben<br />

mit den entsprechenden Auswirkungen auf<br />

den gesamten Bildungsbereich,<br />

• die sich verstärkenden Tendenzen,<br />

Bildungsprozesse durch Konkurrenzverfahren<br />

(z. B. Rankings) zu steuern,<br />

• der zunehmende Bedarf an einer subjektorientierten,<br />

geschlechter- und kultursensiblen<br />

Beratung, um das lebensbegleitende<br />

Lernen zu fördern,<br />

• die wachsende Forderung nach Demokratisierung<br />

und mehr Beteiligung an bildungspolitischen<br />

Entscheidungen.<br />

91


angemessene Antworten auf die besonderen<br />

pädagogischen und sozialen Herausforderungen<br />

vor Ort gegeben werden.<br />

• In dieser Kooperation und Vernetzung liegt<br />

zugleich eine besondere Chance, die<br />

Übergänge zwischen einzelnen Bildungsgängen<br />

und Bildungsinstitutionen zu<br />

optimieren bzw. entsprechende Brüche, z.<br />

B. beim Übergang von Kindertagesstätten<br />

und Grundschule oder vom schulischen in<br />

den beruflichen Bereich, zu vermeiden.<br />

• Da die Mitwirkenden in der "Kommunalen<br />

Bildungslandschaft“ mit den spezifischen<br />

Strukturen und Rahmenbedingungen der<br />

jeweiligen Stadtteile und Milieus und den<br />

Bildungsangeboten der verschiedenen Kooperationspartner<br />

bestens vertraut sind, ist<br />

davon auszugehen, dass sich die dort erarbeiteten<br />

Konzepte bei der Umsetzung<br />

von Standards in besonderer Weise an den<br />

Herausforderungen der jeweiligen Region<br />

und den entsprechenden Praxiserfordernissen<br />

orientieren.<br />

• Diese praxisorientierte Mitwirkung der Beschäftigten<br />

bei der Umsetzung der entsprechenden<br />

Konzepte dürfte deren Identifikation<br />

mit dem Projekt bzw. deren Motivation<br />

erheblich stärken.<br />

• Zugleich kann man in dieser breiten Mitwirkung<br />

auch einen Prozess der Demokratisierung<br />

bildungspolitischer Gestaltungsprozesse<br />

sehen.<br />

Allerdings liegen in dieser Entwicklung "kommunaler<br />

Bildungslandschaften" auch erhebliche<br />

Risiken:<br />

• Angesichts der ohnehin schon allseits<br />

beklagten föderalen Unstimmigkeiten im<br />

Schulbereich könnten wachsende untereinander<br />

nicht abgestimmte Gestaltungsmöglichkeiten<br />

der Kommunen dieses Problem<br />

tendenzieller Inkompatibilität der Bildungssysteme<br />

noch immens verstärken, weil sie<br />

sich dann nicht nur innerhalb der 16<br />

Bundesländer, sondern auch innerhalb der<br />

über 400 Kommunen in Deutschland voneinander<br />

unterscheiden.<br />

• Da sich die sozialen und ökonomischen<br />

Rahmenbedingungen der einzelnen Regionen<br />

und Kommunen erheblich voneinander<br />

unterscheiden, differieren auch deren Gestaltungsmöglichkeiten<br />

im Bildungsbereich,<br />

und zwar in direkter Abhängigkeit von deren<br />

Finanzkraft. Dabei stehen gerade Kom-<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

munen auch im Schulbereich mehr Gestaltungsmöglichkeiten<br />

eröffnen.<br />

In dieser Entwicklung "kommunaler Bildungslandschaften"<br />

liegen durchaus Chancen:<br />

• Im Zuge der engen Kooperation und Vernetzung<br />

von schulischen und außerschulischen<br />

Bildungsinstitutionen können gemeinsame<br />

Konzepte im Sinne ganzheitlicher Bildung erarbeitet<br />

werden, mit denen - auch dank der Unterschiedlichkeit<br />

des Blickwinkels verschiedener<br />

Professionen - angemessenere Antworten<br />

auf die besonderen pädagogischen und sozialen<br />

Herausforderungen vor Ort gegeben werden.<br />

• Die Übergänge zwischen einzelnen Bildungsgängen<br />

und Bildungsinstitutionen können<br />

optimiert und Brüche, z.B. beim Übergang von<br />

Kindertagesstätten zur Grundschule oder vom<br />

schulischen in den beruflichen Bereich vermieden<br />

werden.<br />

• Da die Mitwirkenden mit den spezifischen<br />

Strukturen und Rahmenbedingungen der<br />

jeweiligen Stadtteile und Milieus und den<br />

Bildungsangeboten der verschiedenen Kooperationspartner<br />

bestens vertraut sind, können<br />

sich die Konzepte in besonderer Weise an den<br />

Bedingungen der jeweiligen Region und den<br />

entsprechenden Praxiserfordernissen orientieren.<br />

• Die praxisorientierte Mitwirkung der Beschäftigten<br />

kann deren Identifikation und deren<br />

Mo-tivation erheblich stärken.<br />

Die breite Mitwirkung eröffnet Möglichkeiten<br />

für einen Prozess der Demokratisierung.<br />

Allerdings liegen in der Entwicklung "kommunaler<br />

Bildungslandschaften" auch erhebliche<br />

Risiken:<br />

• Die bereits jetzt bestehende Inkompatibilität<br />

der Bildungssysteme könnte sich noch immens<br />

verstärken, wenn die Konzepte nicht nur<br />

innerhalb der 16 Bundesländer, sondern auch<br />

regional und lokal voneinander abweichen.<br />

• Da sich die sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen<br />

der einzelnen Regionen und<br />

Kommunen erheblich voneinander unterscheiden,<br />

differieren auch deren Gestaltungsmöglichkeiten<br />

im Bildungsbereich. Besonders problematisch<br />

ist, dass gerade Kommunen mit<br />

großen Finanzproblemen oft vor besonders<br />

schwierigen Herausforderungen im pädagogischen<br />

und sozialen Bereich stehen.<br />

92


munen mit großen Finanzproblemen oft<br />

vor besonders schwierigen Herausforderungen<br />

im pädagogischen und sozialen Bereich,<br />

Herausforderungen, die besonders finanzträchtig<br />

sind. Deshalb stellt das Auseinanderdriften<br />

der Regionen bei der Entwicklung<br />

"kommunaler Bildungslandschaften“<br />

eine besondere Gefahr dar.<br />

• Durch das Aufbrechen bislang klarer tradierter<br />

Zuständigkeiten in unserem<br />

Bildungssystem könnte ein Deregulierungsprozess<br />

mit unerwünschten Folgen in Gang<br />

gesetzt werden. So z.B. sind zunehmende<br />

Privatisierungstendenzen im Bildungsbereich<br />

ebenso zu befürchten wie die wachsende<br />

Konkurrenz der Kommunen untereinander,<br />

ein Prozess, den die regional unterschiedliche<br />

demografische Entwicklung<br />

mit entsprechenden Unterschieden zwischen<br />

Stadt und Land sowie der Städte untereinander<br />

noch verstärken dürfte, etwa<br />

bei der Ansiedlung von Betrieben ("Standortlogik“)<br />

mit den entsprechenden Auswirkungen<br />

im berufsbildenden Bereich.<br />

• Insbesondere mit Blick auf die zunehmend<br />

drängender werdende Finanznot der Kommunen<br />

droht zudem die Gefahr, dass diese<br />

- zumal bei gleichzeitig wachsenden Aufgaben<br />

im Bildungsbereich - verstärkt auf die<br />

Unterstützung nicht-staatlicher Institutionen,<br />

z.B. aus dem Bereich der Wirtschaft,<br />

zurückgreifen, denen damit erhebliche,<br />

wenn auch indirekte Steuerungsmöglichkeiten<br />

zuwachsen, z.B. durch Förderung bzw.<br />

Verweigerung entsprechender Zuschüsse.<br />

Damit könnte gleichermaßen eine schleichende<br />

Ökonomisierung wie auch eine Entstaatlichung<br />

des Bildungswesens einhergehen.<br />

• Außerdem kann die wachsende kommunale<br />

Finanznot bei gleichzeitig wachsender<br />

kommunaler Verantwortung im Bildungsbereich<br />

dazu führen, dass aus Haushaltsgründen<br />

von einzelnen Kommunen erhebliche<br />

Kürzungen vorgenommen werden, die sich<br />

in der Finanzausstattung auch der schulischen<br />

Institutionen drastisch auswirken.<br />

• Begleitend zu solcher Entwicklung würde<br />

sich die Gefahr unangemessen bezahlter<br />

Arbeitsverträge bzw. prekärer Arbeitsverhältnisse<br />

der Beschäftigten in den “kommunalen<br />

Bildungslandschaften“ - mit der Folge<br />

wachsender Deprofessionalisierung stellen.<br />

155<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

• Durch das Aufbrechen der Zuständigkeiten im<br />

Bildungssystem könnte ein Deregulierungsprozess<br />

mit unerwünschten Folgen in Gang gesetzt<br />

werden, z.B. zunehmende Privatisierung oder<br />

wachsende Konkurrenz der Kommunen.<br />

• Bereits jetzt führen das interessengeleitete<br />

Handeln von privaten Bildungsträgern und die<br />

Finanznöte der Kommunen zur Etablierung von<br />

Billiglösungen und privaten Eingriffen in die<br />

Steuerung des Bildungswesens.<br />

• Es besteht die Gefahr, dass unangemessen<br />

vergütete oder prekäre Arbeitsverhältnisse bis<br />

hin zur Scheinselbstständigkeit entstehen, in<br />

deren Folge es zu einer wachsenden Deprofessionalisierung<br />

im gesamten Bildungsbereich<br />

kommt.<br />

Angesichts der bildungspolitischen Entwicklung<br />

im kommunalen Bereich ergeben sich für die<br />

<strong>GEW</strong> zwei Aufgaben:<br />

Zum einen nach innen:<br />

Die <strong>GEW</strong> muss überprüfen, inwieweit die existierenden<br />

Strukturen der <strong>GEW</strong> Mitwirkung und<br />

Einflussnahme auf kommunale Bildungsprozesse<br />

ermöglichen. Bei Bedarf sind Strukturen<br />

und Kompetenzen aufzubauen, die zu einem<br />

aktiven Mitwirken vor Ort befähigen, so dass<br />

die <strong>GEW</strong> ihre tarifpolitische und beamtenpolitische<br />

Handlungskraft verstärken kann.<br />

- Zum anderen nach außen:<br />

Die <strong>GEW</strong> muss die bildungspolitischen Entwicklungen<br />

im kommunalen Bereich gemäß ihrer<br />

Ziele bewerten, um sowohl öffentlich Stellung<br />

beziehen als auch den Prozess politisch aktiv<br />

mitgestalten zu können. Mit Blick auf die dargestellten<br />

Chancen und Risiken können z.B "kommunale<br />

Bildungslandschaften" nur fruchtbar<br />

genutzt werden, wenn folgende Bedingungen<br />

gewährleistet sind:<br />

• Sicherung der Gesamtverantwortung des<br />

Staates und Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse<br />

Die Gesamtverantwortung des Staates, unter<br />

dessen Aufsicht entsprechend Artikel 7 I des<br />

Grundgesetzes die Schulen stehen, muss gewahrt<br />

bleiben, denn zur Sicherung landesweiter<br />

konzeptioneller Grundlagen, einer landesweit<br />

ausgeglichenen Personalversorgung und<br />

einer durchgängig hohen Qualität der Bildung<br />

93


Perspektiven:<br />

Mit Blick auf die dargestellten Chancen und<br />

Risiken können "kommunale Bildungslandschaften"<br />

nur fruchtbar genutzt werden,<br />

wenn die Umsetzung den Forderungen entspricht,<br />

die oben genannt wurden. Dabei sind<br />

folgende Stichpunkte hervorzuheben:<br />

• Sicherung der Gesamtverantwortung des<br />

Staates bei der Steuerung der Bildungsprozesse.<br />

Dazu gehört auch die Setzung der<br />

notwendigen Bildungsstandards und "die<br />

Dienstherrneigenschaft“ des Landes für alle<br />

an den Schulen unterrichtenden Lehr- und<br />

sozialpädagogischen Fachkräfte.<br />

• Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse<br />

und entsprechende politische und finanzielle<br />

Steuerung des Bildungsbereichs.<br />

• Ausreichende und gesicherte Finanzausstattung<br />

für die Kommunen, insbesondere<br />

unter dem Blickwinkel deren unterschiedlicher<br />

Finanzkraft.<br />

Angemessene Arbeitsbedingungen und Tarifbindung<br />

für die Beschäftigten in den "kommunalen<br />

Bildungslandschaften.“<br />

Angesichts dieser bildungspolitischen Entwicklung<br />

im kommunalen Bereich ergeben sich für<br />

die <strong>GEW</strong> zwei Aufgaben:<br />

- Zum einen nach innen: Eine Überprüfung,<br />

inwieweit die gegebenen internen Strukturen<br />

der <strong>GEW</strong> eine Mitwirkung in diesen kommunalen<br />

Bildungsprozessen ermöglichen, bzw. den<br />

Aufbau von Strukturen und Kompetenzen, die<br />

zu einem aktiven Mitwirken vor Ort befähigen.<br />

- Zum anderen nach außen: Eine Bewertung<br />

dieser Entwicklung unter dem Blickwinkel der<br />

zentralen <strong>GEW</strong>-Ziele, um diesen Prozess politisch<br />

aktiv mit zu gestalten und auf dieser Basis<br />

nicht nur öffentlich Stellung beziehen zu können.<br />

<strong>Das</strong> gilt vor allen Dingen für die angemessene<br />

Beteiligung der Beschäftigten und ihrer<br />

Gewerkschaft an den Entwicklungsprozessen.<br />

In diesem Sinne verweist die <strong>GEW</strong> auf folgende<br />

Punkte, die in besonderer Weise zu berücksichtigen<br />

sind:<br />

• Sicherung der Gesamtverantwortung des<br />

Staates und Wahrung gleichwertiger<br />

Lebensverhältnisse<br />

210<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

bedarf es einer übergeordneten, staatlichen Instanz<br />

mit ausreichender Steuerungskompetenz.<br />

Die "Dienstherrn- bzw. Arbeitgebereigenschaft"<br />

des Landes für alle Beschäftigten im Schuldienst<br />

muss erhalten bleiben.<br />

<strong>Das</strong> Gebot zur "Herstellung gleichwertiger<br />

Lebensverhältnisse im Bundesgebiet“ nach Artikel<br />

72 II des Grundgesetzes gilt auch für den<br />

Bildungsbereich. Unterschiedliche Entwicklungen<br />

in einzelnen Kommunen, Kreisen bzw.<br />

kreisfreien Städte in Deutschland dürfen nicht<br />

zu unterschiedlichen Bildungsbedingungen für<br />

Kinder und Jugendliche führen. Besondere<br />

Fördermaßnahmen müssen die Wahrung bzw.<br />

Wiederherstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse<br />

im gesamten Bildungsbereich gewährleisten.<br />

• Chancen nutzen und Ökonomisierung verhindern<br />

Im Zuge einer engen Kooperation und Vernetzung<br />

unterschiedlicher Bildungsinstitutionen<br />

und Professionen müssen gemeinsame<br />

Konzepte im Sinne ganzheitlicher Bildung erarbeitet<br />

werden. Um Steuerungsmöglichkeiten<br />

z. B von Seiten der Wirtschaft auszuschließen,<br />

muss die Ökonomisierung und Entstaatlichung<br />

des Bildungswesens verhindert werden.<br />

• Sicherung der notwendigen Finanzmittel<br />

Trotz erheblicher Unterschiede und vielerorts<br />

bestehender gravierender Haushaltsnöte müssen<br />

von den Kommunen viele neue Aufgaben<br />

wahrgenommen werden. Umso wichtiger ist<br />

es, bei der Entwicklung von z.B. "kommunalen<br />

Bildungslandschaften“, das Konnexitätsprinzip<br />

strikt zu beachten. Unabhängig von der<br />

Notwendigkeit, die Kommunen bereits heute<br />

besser finanziell auszustatten, muss der Gesetzgeber,<br />

gestützt auf Art. 104a des Grundgesetzes<br />

bzw. auf die entsprechenden Artikel der<br />

Landesverfassungen, für den finanziellen Ausgleich<br />

der von ihm aufgetragenen Aufgaben<br />

sorgen. Darüber hinaus ist es unabdingbar, indikatorengestützt<br />

dort mehr Mittel zur Verfügung<br />

zu stellen, wo eine Politik der Gleichbehandlung<br />

zunehmende Ungleichheit zur Folge<br />

hätte. Um der bestehenden Ungleichheit entgegenzuwirken,<br />

müssen öffentliche Bildungsangebote<br />

prinzipiell gebührenfrei sein.<br />

94


Jede Diskussion um eine Ausweitung regionaler<br />

Gestaltungsmöglichkeiten im Bildungsbereich<br />

muss eingebettet sein in die Gesamtverantwortung<br />

des Staates, unter dessen Aufsicht entsprechend<br />

Artikel 7 I des Grundgesetzes die<br />

Schulen stehen. Denn zur Sicherung landesweit<br />

konzeptioneller Grundlagen einer landesweit<br />

ausgeglichenen Personalversorgung und einer<br />

gleichen Qualität der Bildung bedarf es einer<br />

übergeordneten, staatlichen Instanz mit ausreichender<br />

Steuerungskompetenz.<br />

Artikel 72 II des Grundgesetzes gebietet die<br />

"Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse<br />

im Bundesgebiet“, und dies gilt auch für den<br />

Bildungsbereich. Doch aufgrund der unterschiedlichen<br />

Entwicklung in den einzelnen<br />

Kommunen unterscheiden sich die Kreise bzw.<br />

kreisfreien Städte in Deutschland in ihrer wirtschaftlichen,<br />

demografischen und sozialen Lage<br />

immer stärker voneinander. Ganze Regionen<br />

driften hinsichtlich ihrer Zukunftschancen auseinander,<br />

ein Problem, mit fatalen Auswirkungen<br />

insbesondere auf die Kinder und Jugendlichen<br />

in den risikobelasteten Gebieten. Besondere<br />

Fördermaßnahmen dürfen nicht zu einer<br />

weiteren Zersplitterung führen, sondern<br />

müssen die Wahrung bzw. Wiederherstellung<br />

gleichwertiger Lebensverhältnisse im gesamten<br />

Bildungsbereich gewährleisten.<br />

• Chancen nutzen und Ökonomisierung verhindern<br />

Im Zuge einer engen Kooperation und Vernetzung<br />

unterschiedlicher Bildungsinstitutionen<br />

müssen gemeinsame Konzepte im Sinne<br />

ganzheitlicher Bildung erarbeitet werden, mit<br />

denen aus unterschiedlichen Blickwinkeln verschiedener<br />

Professionen angemessene Antworten<br />

auf die besonderen pädagogischen und sozialen<br />

Herausforderungen vor Ort gegeben<br />

werden.<br />

Dadurch können auch die Übergänge zwischen<br />

einzelnen Bildungsgängen und Bildungsinstitutionen<br />

optimiert werden.<br />

Es besteht aber die Gefahr, dass durch das Aufbrechen<br />

bislang klarer tradierter Zuständigkeiten<br />

in unserem Bildungssystem ein Deregulierungsprozess<br />

in Gang gesetzt wird. Wenn mit<br />

Blick auf die dringender werdende Finanznot<br />

der Kommunen verstärkt auf die Unterstützung<br />

265<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

315<br />

• Angemessene Arbeitsbedingungen<br />

Mitentscheidend für die Frage, ob die Entwicklung<br />

von z.B, "kommunalen Bildungslandschaften“<br />

gelingt, ist die Sicherung und deutliche<br />

Verbesserung der Arbeitsbedingungen für alle<br />

Beschäftigten in den Bildungseinrichtungen.<br />

Die Arbeitsbedingungen einschließlich der<br />

angemessenen Vergütung müssen tarifvertraglich<br />

geregelt werden. Notwendig sind<br />

außerdem Unterstützungssysteme bei der Projektentwicklung<br />

und die Vertretung bzw. die<br />

Mitbestimmung der Beschäftigten durch Betriebs-<br />

und Personalräte.<br />

Außerdem müssen an dem Prozess der pädagogischen<br />

Weiterentwicklung in den Kommunen<br />

alle Gruppen, insbesondere die Bildungsteilnehmer<br />

und Bildungsteilnehmerinnen und bei<br />

jüngeren Kindern auch deren Eltern sowie die<br />

Beschäftigten und ihre Gewerkschaft angemessen<br />

beteiligt werden.<br />

95


zum Beispiel aus dem Bereich der Wirtschaft<br />

zurückgegriffen wird, dann wächst denen auch<br />

eine erhebliche Steuerungsmöglichkeit zu.<br />

Deshalb muss eine schleichende Ökonomisierung<br />

und eine Entstaatlichung des Bildungswesens<br />

verhindert werden.<br />

• Sicherung der notwendigen Finanzmittel<br />

Ohne ausreichende öffentliche Finanzmittel<br />

kann keine Reform gelingen. Dies ist insbesondere<br />

auch im kommunalen Bereich zu beachten,<br />

wo ohnehin schon erhebliche Unterschiede<br />

und vielerorts gravierende<br />

Haushaltsnöte bestehen, vor allem im<br />

Bildungsbereich, wo vor Ort inzwischen viele<br />

neue Aufgaben wahrgenommen werden. Man<br />

denke z.B. an den Ausbau der Kindertagesstätten-<br />

und Krippenplätze, an die zusätzlichen<br />

Kosten für Schulsozialarbeit und die sonstig<br />

notwendigen "kompensatorischen“ Schul-Maßnahmen<br />

in "schwierigen Stadtteilen“, an die<br />

wachsende Zahl der Ganztagsschulen, die<br />

flächendeckenden Sprachtests vor der Schulzeit,<br />

das kostenlose Mittagessen für bedürftige<br />

Schülerinnen und Schüler, die Qualifizierung<br />

von Tageseltern und Erzieherinnen usw., ganz<br />

zu schweigen von all den Anforderungen, die<br />

unter dem Stichwort "Inklusion" auf die Kommunen<br />

zu kommen. Umso wichtiger ist es, bei<br />

der Entwicklung von z.B. "kommunalen<br />

Bildungslandschaften“, dass das Konnexitätsprinzip<br />

strikt beachtet wird. Unabhängig von<br />

der Notwendigkeit die Kommunen besser zu finanzieren<br />

sollte gestützt auf Art. 104a des<br />

Grundgesetzes bzw. auf die entsprechenden Artikel<br />

der Landesverfassungen, der Gesetzgeber<br />

für den finanziellen Ausgleich der von ihm aufgetragenen<br />

Aufgaben sorgen. Dies reicht aber<br />

nicht aus: Um der zunehmenden Ungleichheit<br />

entgegenzuwirken ist es perspektivisch unabdingbar,<br />

indikatorengestützt dort mehr Mittel<br />

zur Verfügung zu stellen, wo eine Politik der<br />

Gleichbehandlung zunehmende Ungleichheit<br />

zur Folge hätte. Die <strong>GEW</strong> bekennt sich zu dem<br />

Grundsatz Gleiches gleich und Ungleiches ungleich<br />

zu behandeln.<br />

• Angemessene Arbeitsbedingungen<br />

Mitentscheidend für die Frage, ob die Entwicklung<br />

von z.B, "kommunalen Bildungslandschaften“<br />

gelingt, ist die Sicherung und deutliche<br />

320<br />

325<br />

330<br />

335<br />

340<br />

345<br />

350<br />

355<br />

360<br />

365<br />

370<br />

96


Verbesserung der Arbeitsbedingungen für alle<br />

Beschäftigten in den Bildungseinrichtungen.<br />

Dazu gehören, neben angemessener Besoldung<br />

bzw. Tarifbindung und Unterstützungssystemen<br />

bei der Projektentwicklung, auch die Arbeitnehmervertretung<br />

bzw. die Mitbestimmung<br />

der Beschäftigten durch Betriebs- und Personalräte.<br />

Es muss entschieden der Entwicklung<br />

hin zu unangemessener Bezahlung bzw. deprivierter<br />

Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten<br />

entgegengewirkt werden. Die Folgen einer<br />

stark erhöhten Personalfluktuation ebenso, wie<br />

die einer wachsenden Deprofessionalisierung<br />

sind heute schon deutlich sichtbar. Außerdem<br />

müssen an dem Prozess der pädagogischen<br />

Weiterentwicklung alle Gruppen, insbesondere<br />

die Bildungsteilnehmer und Bildungsteilnehmerinnen<br />

und bei jüngeren auch deren Eltern<br />

sowie die Beschäftigten angemessen beteiligt<br />

werden.<br />

Begründung<br />

Nach wie vor gilt in unserem Bildungssystem<br />

die Trennung von inneren und äußeren Schulangelegenheiten.<br />

Dies bedeutet, dass der Staat<br />

im Rahmen seiner Schulaufsicht durch inhaltliche<br />

und strukturelle Vorgaben auf die Gestaltung<br />

von Schul- und Unterrichtsalltag bis ins<br />

Detail Einfluss nimmt, während die Kommunen<br />

lediglich die entsprechende Infrastruktur (z. B.<br />

Schulräume, Lernmittel, Schülertransport) bereit<br />

zu stellen haben, ansonsten jedoch über<br />

nur wenige Gestaltungsmöglichkeiten verfügen.<br />

Angesichts des umfassenden sozialen Wandels<br />

der letzten Jahre und seiner massiven Auswirkungen<br />

auf den Schulbereich ist die praktizierte<br />

Zuständigkeitstrennung vor allem in<br />

schulorganisatorischen Fragen (z.B. Klassenstärke,<br />

Stundentafel ...) nicht mehr zu halten.<br />

Insbesondere die Beteiligten vor Ort müssen<br />

deutlich verstärkte Mitspracherechte erhalten.<br />

Mehr Demokratie wird mehr und mehr eine<br />

zentrale Gelingens-Bedingung für den Bildungsprozess.<br />

Insbesondere die zunehmenden Segregationstendenzen<br />

in den Kommunen, also<br />

das Auseinanderdriften ganzer Stadtteile hinsichtlich<br />

Einkommen, Bildungsstand, Migrationshintergrund,<br />

Kinderzahl usw., erfordern<br />

immer häufiger sehr differenzierte, je nach Zielgruppe<br />

unterschiedliche Bildungs- und Fördermaßnahmen<br />

und "Kümmerer vor Ort“. Eine<br />

fernab im Kultusministerium liegende Zen-<br />

375<br />

380<br />

385<br />

390<br />

395<br />

400<br />

405<br />

410<br />

415<br />

420<br />

97


tralzuständigkeit wird diesen neuen Herausforderungen<br />

nicht mehr gerecht. Hier sind<br />

Veränderungen von Steuerung in Richtung von<br />

mehr Demokratie erforderlich, die es ermöglichen,<br />

auf die unterschiedlichen Strukturen und<br />

Rahmenbedingungen in einzelnen Kommunen<br />

und Stadtteilen bildungspolitisch angemessen<br />

und flexibel zu reagieren.<br />

425<br />

430<br />

98


3.2 Kommunale/regionale<br />

Bildungsplanung als Feld<br />

gewerkschaftlicher Arbeit<br />

Antragsteller: LV Niedersachsen /<br />

Bundesfachgruppe Gesamtschulen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Erledigt bei Annahme des Antrags 3.1 in der<br />

Fassung der Antragskommission<br />

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

engagiert sich im Aufgabenfeld der kommunalen<br />

/ regionalen Bildungsplanung.<br />

Die <strong>GEW</strong> nimmt in den Kommunen aktiv an der<br />

Ausgestaltung der Bildungsplanung und ihrer<br />

Umsetzung teil, um ihren Einfluss und ihre<br />

Bündnismöglichkeiten vor Ort verstärken und<br />

um die Bildungsmöglichkeiten für Kinder,<br />

Jugendliche und Erwachsene zu verbessern<br />

sowie die Betroffenen an den Entscheidungen<br />

über die kommunale Bildungspolitik zu beteiligen.<br />

Zugleich verfolgt die <strong>GEW</strong> das Ziel, gute<br />

Arbeitsbedingungen und tarifliche Standards<br />

für die Beschäftigen in den Bildungseinrichtungen<br />

durchzusetzen und eine neoliberale Deregulierung<br />

der Beschäftigungsverhältnisse, die<br />

mit einer Dequalifizierung des pädagogischen<br />

Personals verbunden ist, sowie die Privatisierung<br />

von Bildungsangeboten zu verhindern.<br />

Diese Gefahren abzuwenden, ist ein vorrangiges<br />

Ziel der <strong>GEW</strong>. Sowohl das interessengeleitete<br />

Handeln von privaten Bildungsträgern<br />

als auch die Finanznöte der Kommunen<br />

führen gegenwärtig zur Etablierung von Billiglösungen<br />

mit von prekären Beschäftigungsverhältnissen<br />

bzw. von Scheinselbständigkeit in<br />

Bildungseinrichtungen.<br />

• Die <strong>GEW</strong> kann mit ihrem Einsatz vor Ort<br />

ihre tarifpolitische und beamtenpolitische<br />

Handlungskraft verstärken.<br />

• Die <strong>GEW</strong> tritt dafür ein, die Einrichtungen<br />

der frühkindlichen Bildung nach dem<br />

Bedarf der Eltern und unter guten Standards<br />

(Gruppengröße, Personalschlüssel,<br />

Qualifikation, Raumsituation) zu entwickeln.<br />

• Die <strong>GEW</strong> tritt für die qualitative Weiterentwicklung<br />

von Kindertagesstätten ein,<br />

um den Übergang vom Kindergarten in die<br />

Grundschule pädagogisch zu gestalten. Der<br />

spezifische Auftrag von Kindertagesstätten<br />

und Grundschulen muss dabei erhalten<br />

bleiben.<br />

• Die <strong>GEW</strong> tritt dafür ein, das Schulangebot<br />

in den Kommunen zu verbessern. Im<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

99


Grundschulbereich geht es um die Einrichtung<br />

von inklusiven Ganztagsgrundschulen,<br />

die mit Horten kooperieren. Bei der Errichtung<br />

von Kinderhäusern setzt sich die <strong>GEW</strong><br />

für die Bewahrung der jeweiligen Aufgaben<br />

von Grundschule und Hort ein.<br />

• Die <strong>GEW</strong> tritt dafür ein, dass in der<br />

Sekundarstufe inklusiven Ganztagsgesamtschulen<br />

/ Gemeinschaftsschulen / Integrierter<br />

Sekundarschulen auch als ersetzende<br />

Schulform für alle Schulen des gegliederten<br />

Schulsystems eingerichtet werden, die den<br />

Weg zum Abitur möglichst lange offen hält.<br />

• Die <strong>GEW</strong> tritt dafür ein, dass in der beruflichen<br />

Bildung die duale Ausbildung gestärkt<br />

wird, dass ein vielfältigen Berufen entsprechendes<br />

Angebot an Beruflichen Schulen<br />

erhalten bleibt und eines neuen<br />

Übergangssystems von der Schule in die<br />

Ausbildung gestaltet wird.<br />

• Die <strong>GEW</strong> tritt in der Weiterbildung für ein<br />

vielfältiges Angebot ein, dass kulturelle und<br />

politische Bildung, die Erweiterung der<br />

schulischen Bildung, berufliche Fort- und<br />

Weiterbildung, sowie Integrationsprogrammen<br />

umfasst. Ziel der <strong>GEW</strong> ist es, die<br />

Weiterbildung aus ihrem Nischendasein zu<br />

holen, für ihre angemessene Finanzierung<br />

zu sorgen, um ein qualitativ hochwertiges<br />

Angebot und gute Arbeitsbedingungen für<br />

die Beschäftigten des Weiterbildungssektors<br />

durchzusetzen.<br />

• Die <strong>GEW</strong> tritt dafür ein, die Kooperation<br />

von Jugendhilfe und Schulen, sowie den<br />

Trägern der Weiterbildung systematisch zu<br />

entwickeln. Kommunale Kultureinrichtungen<br />

(Museen, Theater, Musikschulen,<br />

Volkshochschulen) können mit ihrem Personal<br />

und ihren Bildungsmöglichkeiten zu einer<br />

Bereicherung des schulischen Angebots<br />

insbesondere in Ganztagsschulen beitragen.<br />

Auch die Kooperation von Schulen mit<br />

Vereinen soll im Rahmen einer kommunalen<br />

Bildungsplanung berücksichtigt werden.<br />

• Die <strong>GEW</strong> tritt für die Gebührenfreiheit der<br />

Bildungs- und Kulturangebote ein.<br />

Begründung<br />

Die <strong>GEW</strong> nutzt ihre Chancen, ihren Einfluss in<br />

den Kommunen zu erweitern<br />

Die <strong>GEW</strong> kann sich bei ihrem Einsatz auf das<br />

wachsende Bildungsinteresse der BürgerInnen<br />

stützen. Eltern richten heute größere Erwartungen<br />

an die Leistungen der Bildungseinrichtun-<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

100


gen, insbesondere daran, dass Schulen angeboten<br />

werden, die den Zugang zum Abitur möglichst<br />

lange offenhalten.<br />

Vielfach nimmt die Kommunalpolitik dieses Interesse<br />

ihrer BürgerInnen auf und sucht nach<br />

Wegen, das Bildungsangebot in der Kommune<br />

zu verbessern. Es ist die Tendenz zu verzeichnen,<br />

dass Kommunen, bzw. Kommunale<br />

Spitzenverbände, elaborierte Anforderungen<br />

an die Landespolitik im Bereich der Finanz-,<br />

Schul- und Bildungspolitik formulieren. In der<br />

Zusammenarbeit von <strong>GEW</strong>-Landesverbänden<br />

mit den Kommunalen Spitzenverbänden kann<br />

es gelingen, feste Kooperationen und politische<br />

Bündnisse zu entwickeln, die sich auf die Finanzierung<br />

der Bildung, aber auch auf die Ausgestaltung<br />

der Bestimmungen im Landesrecht beziehen<br />

können. Dies kann die Bedeutung der<br />

Bildung in der Landespolitik und den Einfluss<br />

der <strong>GEW</strong> stärken.<br />

Verhältnis von Kommunen und Ländern in der<br />

Bildungspolitik<br />

In den Aussagen von Kommunalen Spitzenverbänden<br />

zur Bildungspolitik geht es vor allem<br />

um eine stärkeres Gewicht der kommunalen<br />

Schulträger in der Schul- und Bildungspolitik<br />

der Länder. Kommunale Spitzenverbände treten<br />

für die Erhöhung dezentraler Entscheidungskompetenzen<br />

bei der Gestaltung<br />

des Schul- und Bildungsangebots im Bereich<br />

der Kommune ein. Diese erweiterten Entscheidungskompetenzen<br />

werden damit begründet,<br />

dass in den Kommunen das Bildungsangebot<br />

verbessert und Schulen und andere<br />

Bildungseinrichtungen auf der Grundlage einer<br />

kommunalen Bildungsplanung systematisch kooperieren<br />

sollen.<br />

Wenn man von den Stadtstaaten und einigen<br />

Städten in Bayern absieht, besteht im<br />

Schulbereich die Trennung zwischen dem<br />

Schulträger, der für die Errichtung, den Unterhalt<br />

(Bau und Unterhalt von Gebäuden,<br />

Gebäude sowie die Errichtung und Schließung<br />

von Schulen im Rahmen einer Schulentwicklungsplanung)<br />

zuständig ist, und dem Land,<br />

dass per Gesetz und untergesetzlichen Regelungen<br />

die pädagogische Arbeit der Schulen<br />

steuert sowie das Personal einstellt. Insbesondere<br />

die Schulformen, die die Kommunen<br />

errichten und unterhalten dürfen, werden<br />

durch Landesrecht geregelt. Der Grad der Zen-<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

101


tralisierung und der Enge der Landesvorschriften<br />

und damit der Gestaltungsraum der Kommunen<br />

sind in den Bundesländern sehr unterschiedlich<br />

ausgeprägt. In einigen Ländern wird<br />

z.B. die Errichtung von gebundenen Ganztagsschulen<br />

verweigert und es werden ausschließlich<br />

Billigkonzepte mit z. T. rechtswidrigen Verträgen<br />

und prekären Beschäftigungsverhältnissen<br />

finanziert. Der Wunsch von Kommunen zur<br />

Errichtung von Gesamtschulen und anderen<br />

Schulen, die drei Bildungsgänge integrieren,<br />

wird oft durch Landesrecht verweigert oder<br />

durch hohe Hürden erschwert.<br />

Entwicklung des Schulsystems durch kommunale<br />

Entscheidungen<br />

Wenn auf der Ebene der Kommunen unterschiedliche<br />

Handlungsoptionen für die Ausgestaltung<br />

des Schulangebots gegeben sind,<br />

gewinnt die Einflussnahme auch der <strong>GEW</strong> auf<br />

die örtliche Entwicklung des Schulangebots an<br />

Bedeutung. In einigen Bundesländern handeln<br />

KommunalpolitikerInnen in schulpolitischen<br />

Fragen weniger ideologisch und zeigen sich<br />

offen, Gesamtschulen / Schulen, die alle<br />

Bildungsgänge enthalten, zu errichten sowie inklusive<br />

Schulen und Ganztagsschulen zu<br />

fördern.<br />

Weil die Schulpolitik der Länder die Errichtung<br />

integrativer Schulen gegenwärtig nicht vorschreibt,<br />

ist diese nur über die Kommunen<br />

durchsetzbar. Dies setzt allerdings eine entsprechende<br />

Gesetzgebung und entsprechende<br />

untergesetzliche Regelungen voraus. In Zusammenarbeit<br />

mit den Kommunalen Spitzenverbänden<br />

- eine entsprechende schulpolitische<br />

Entwicklung vor Ort vorausgesetzt - kann die<br />

<strong>GEW</strong> ihren politischen Einfluss auf die Gesetzgebung<br />

verstärken.<br />

Zur Begründung des stärkeren Gestaltungsraumes<br />

der Kommunen werden gewachsene<br />

Bildungsansprüche von Eltern (z.B. höherwertige<br />

Bildungsabschlüsse/Abitur mit Offenheit<br />

der Bildungswege, Ganztagsbeschulung und<br />

verlässliche Betreuung, höherer Bedarf an<br />

Krippen/frühkindlicher Bildung), Erwartungen<br />

der örtlichen Unternehmen (z.B. Anforderungen<br />

an höherwertige Bildungsabschlüsse und<br />

Berufliche Bildung/Weiterbildung) und die Gestaltungsabsichten<br />

der Kommunen (z.B die<br />

Erweiterung des örtlichen Angebots an allen<br />

Bildungsgängen mit der Gestaltung von<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

102


optimierter Gebäudenutzung und Schulwegen,<br />

die Gestaltung der Inklusion, die Verzahnung<br />

der unterschiedlichen Bildungsangebote von<br />

Schulen und frühkindlicher Bildung, Einrichtungen<br />

der Jugendhilfe, kommunalen Kulturangeboten,<br />

Kostenoptimierung auch bei demografischem<br />

Wandel, dem Interesse der politischen<br />

Profilierung der Kommunalpolitik gegenüber<br />

der Bürgerschaft) genannt.<br />

Insgesamt ergeben sich für die <strong>GEW</strong> gute Ansatzpunkte,<br />

sich als Bildungsgewerkschaft mit<br />

guten Konzepten und als Interessenvertretung<br />

der Beschäftigen des Bildungswesens im Gebiet<br />

der Kommunen zu profilieren.<br />

<strong>Das</strong> Label "Kommunle Bildungslandschaften"<br />

Unter dem Label "Kommunale Bildungslandschaften"<br />

agieren unterschiedliche politische<br />

Akteure und Bildungsunternehmen mit<br />

unterschiedlichen, ja gegensätzlichen Zielvorstellungen.<br />

Diese Formulierung ist kein definierter<br />

Begriff, der eindeutige Inhalte<br />

kennzeichnet. In verschiedenen Bundesländern<br />

werden unterschiedliche Konzeptionen von<br />

Kommunalen Bildungslandschaften vertreten,<br />

z. T. auch innerhalb des einzelnen Bundeslands.<br />

Dazu nur einige Hinweise:<br />

Kommunale Spitzenverbände verwenden ihn<br />

mehrdeutig. In einigen Aussagen zu kommunalen<br />

Bildungslandschaften ist die Vorstellung von<br />

der Kommunalisierung der bisher im Landesdienst<br />

beschäftigten Lehrkräfte, Sozialpädagogischen<br />

Fachkräften und des nichtlehrenden<br />

Schulpersonals enthalten. Diese Position wird<br />

aber nicht von allen Kommunalen Spitzenverbänden<br />

geteilt. Der Städte- und Gemeindebund<br />

lehnt diese Forderung dezidiert ab. Unscharf ist<br />

auch der Begriff der "erweiterten Schulträgerschaft".<br />

Kräfte im Deutschen Städtetag fassen<br />

auch die Verfügung über das pädagogische Personal<br />

darunter.<br />

Konzeptionen der Kommunalen Bildungslandschaften,<br />

die von Stiftungen vertreten werden,<br />

sind häufig durch eine neue zusätzliche<br />

Steuerungsebene gekennzeichnet, die alle<br />

Bildungseinrichtungen, auch die Schulen, auf<br />

der Ebene der Bildungsregionen erfassen und<br />

mit den Mitteln der Output-Steuerung steuern<br />

will. <strong>Das</strong> Verhältnis von staatlicher Steuerung<br />

(Schulbehörde, Inspektion, usw.) und Steuerung<br />

auf der Ebene der Bildungsregionen bleibt<br />

210<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

103


diffus, insbesondere die Kompetenzen der zusätzlichen<br />

Steuerungsebene, deren Rekrutierung<br />

und Legitimation sind nicht ausgewiesen.<br />

Dennoch tauchen VertreterInnen von Bildungsregionen<br />

und Schulträgern in Schulen auf, um<br />

Qualitätsprüfungen durchzuführen.<br />

Nachdem die Steuerungsvorstellungen, die im<br />

Rahmen der eigenverantwortlichen Schule von<br />

der Bertelsmann-Stiftung entworfen wurden,<br />

gescheitert sind (Inspektion, Vergleichsarbeiten,<br />

Zentrale Abschlussprüfungen, also Mittel<br />

zur Outputmessung) wird versucht, Output-<br />

Steuerung auf einer anderen Ebene und von<br />

anderen Akteuren einzuführen.<br />

Der regionale Zuschnitt der Kommunalen<br />

Bildungslandschaften / Bildungsregionen ist<br />

sehr unterschiedlich konzipiert. Bei einigen Stiftungskonzepten<br />

und z.B. im Konzept des Landes<br />

Niedersachsen handelt es sich um Gebiete,<br />

die weit über das Gebiet eines Schulträgers, einer<br />

kreisfreien Stadt oder eines Landkreises<br />

hinausgehen und die Größe kleiner Bundesländer<br />

übersteigen. Auf dieser Ebene sollen dann,<br />

auch finanziert von beteiligten Kommunen,<br />

Bildungsbüros als Steuerungsebenen eingezogen<br />

werden. In anderen Konzepten sollen<br />

Kommunale Bildungslandschaften auf der<br />

Ebene von Kommunen (Landkreises oder<br />

kreisfreien Städten) eingerichtet werden. Die<br />

Zuschnitte der Kommunalen Bildungslandschaften<br />

sind z. T. nicht kompatibel mit den Zuschnitten<br />

der Schulbehörden. Der NRW-Kultusstaatssekretär<br />

hatte diese Kritik bei einer<br />

Tagung zu kommunalen Bildungslandschaften<br />

in Berlin prägnant vorgetragen.<br />

Unter dem Label Kommunale Bildungslandschaften<br />

wird die Kooperation der verschiedenen<br />

Bildungseinrichtungen sehr unterschiedlich<br />

definiert - abhängig von den Interessenstandpunkten<br />

der Akteure. Insbesondere<br />

private Bildungsträger, die z. T. auch als Träger<br />

der Jugendhilfe tätig sind, versuchen neue Geschäftsfelder<br />

zu requirieren, z. B. durch die<br />

Gründung von Privatschulen, durch die Übernahme<br />

einer Nachmittagsbetreuung an Halbtagsschulen,<br />

die als Ganztagsschulen<br />

bezeichnet werden. In diesem Zusammenhang<br />

werden staatliche Bildungseinrichtungen auf<br />

Billigmodelle umgestrickt, in denen in prekären<br />

Beschäftigungsverhältnissen gearbeitet wird.<br />

Einige Kommunen betreiben auf diesem Wege<br />

265<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

315<br />

104


die Privatisierung oder Teilprivatisierung von<br />

staatlichen oder kommunalen Bildungseinrichtungen.<br />

Zugespitzt kann man feststellen, dass<br />

mancherorts das Interesse, Billigkonzepte<br />

durchzusetzen, im Vordergrund steht. Deren integraler<br />

Bestandteil sind Entprofessionalisierung<br />

und prekäre Beschäftigungsverhältnisse,<br />

die neoliberalen Ordnungsvorstellungen entsprechen.<br />

Pädagogische Standards und Ansprüche<br />

werden dabei zur Disposition gestellt.<br />

Kommunen setzen insbesondere im Rahmen<br />

von Betreuungskonzepten, die die auf Halbtagsschulen<br />

(speziell Halbtagsgrundschulen)<br />

aufgesetzt werden, auf selbstgestrickte Billigmodelle<br />

als Notlösungen (Honorarverträge, Kooperationsverträge),<br />

weil sie von den Ländern<br />

im Stich gelassen werden - konzeptionell, finanziell<br />

und bei der Personalausstattung. Sie versuchen<br />

ohne hinreichende Finanzausstattung<br />

durch die Länder den gewachsenen Ansprüchen<br />

der Eltern gerecht zu werden. Es besteht<br />

die Gefahr, dass diese Entwicklung verstetigt<br />

und ausgeweitet wird und zwar unter dem<br />

Etikett der Kooperation von unterschiedlichen<br />

Bildungsträgern im Rahmen der kommunalen<br />

Bildungslandschaft.<br />

Politische VertreterInnen der Kommunen und<br />

ihrer Spitzenorganisationen agieren aus ihrer<br />

Notlage gegenüber den Ländern mit unterschiedlichen<br />

Strategien. So fordern sie, dass die<br />

Länder ihre Verpflichtung gegenüber den Kommunen<br />

erfüllen sollen, die finanziellen<br />

Zuwendungen für die Bildungsaufgaben der<br />

Kommunen erhöht bzw. absichert und die Länder<br />

ihre originären Aufgaben tatsächlich erfüllen.<br />

Wenn Kommunen resignieren, weil ihnen<br />

eine angemessene Ausstattung durch das Land<br />

vorenthalten wird, versuchen sie, ihre Notlösungen<br />

rechtlich abzusichern und ihren Handlungsspielraum<br />

bei zu geringen Finanzmitteln<br />

zu erweitern. Wenn schon die Mittel nicht reichen,<br />

wollen die Kommunen wenigstens selbst<br />

möglichst viel bestimmen können.<br />

Ein Mittel zu diesem Zweck bieten Kommunale<br />

Bildungslandschaften und Verlagerung von<br />

Kompetenzen vom Land auf die Kommunen,<br />

sowie die Abschaffung von Vorschriften und<br />

landesweiten Regelungen.<br />

Kommunen zeigen die Tendenz, ihr eigenes<br />

Bildungsangebot in Konkurrenz zu anderen,<br />

320<br />

325<br />

330<br />

335<br />

340<br />

345<br />

350<br />

355<br />

360<br />

365<br />

370<br />

105


speziell zu Nachbarkommunen zu entwickeln.<br />

Kommunen mit höherem Steuereinnahmen<br />

versuchen ihren Standortvorteil auszubauen.<br />

Kommunen mit geringeren Einnahmen geraten<br />

ins Hintertreffen. Die Ungleichheit und der Gegensatz<br />

von Stadt und Land droht sich zu verstärken.<br />

Staatliche Steuerung muss diesen Tendenzen<br />

entgegenwirken.<br />

Akteure, die in von Stiftungen befristet finanzierten<br />

Projekten unter dem Label Kommunale<br />

Bildungslandschaften arbeiten, haben das Interesse<br />

ihre Arbeitsplätze zu verstetigen. <strong>Das</strong><br />

ist legitim, aber sollte für die <strong>GEW</strong> kein Handlungsmotiv<br />

sein, zumal in der Folge das nächste<br />

befristete Projekt gestartet wird.<br />

Akteure, die ihre unterschiedlichen Vorstellungen<br />

und Zielsetzungen mit den Kommunalen<br />

Bildungslandschaften verbinden, haben ein Interesse,<br />

diese dadurch zu adeln, dass sich die<br />

<strong>GEW</strong> darauf bezieht. Sie vertrauen darauf, dass<br />

sie mit ihrem Einfluss auf Medien und die<br />

Bildungsadministration die Deutungshoheit haben<br />

und die <strong>GEW</strong> vereinnahmen, wenn sie sich<br />

auf das Label bezieht.<br />

<strong>Das</strong> Label "Kommunale Bildungslandschaften"<br />

eignet sich nicht als Bezugspunkt für die Entwicklung<br />

gewerkschaftlicher Programmatik und<br />

Politik. Auch die "erweiterte kommunale Verantwortungsgemeinschaft"<br />

ist kein hinreichend<br />

klarer Begriff. Z. T. ist die Kommunalisierung<br />

des pädagogischen Personals integraler Bestandteil<br />

dieser Konzepte.<br />

Zugleich erfordert die Tatsache, dass die Kommunen<br />

zunehmend zum Ort bildungspolitischer<br />

Aktivitäten und Gestaltung werden, dass<br />

Kommunale Spitzenverbände auf Landes- und<br />

Bundesebene profilierte Positionen zur<br />

Bildungspolitik beziehen und die oben genannten<br />

widersprüchlichen Entwicklungen, dass die<br />

<strong>GEW</strong> sich dem Arbeitsfeld "kommunale<br />

Bildungspolitik" systematisch widmet, wie es<br />

der vorliegende Antrag skizziert.<br />

375<br />

380<br />

385<br />

390<br />

395<br />

400<br />

405<br />

410<br />

415<br />

106


3.3 Bildungsfinanzierung<br />

Antragsteller: LV Berlin<br />

Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />

Bildung braucht mehr Geld<br />

Die <strong>GEW</strong> stellt fest:<br />

Nach wie vor ist das Bildungswesen in Deutschland<br />

- und das gilt für alle Bundesländer, die<br />

aufgrund unserer föderalen Verfassung dafür<br />

zuständig sind – gravierend unterfinanziert. Um<br />

das demokratische Recht auf Bildung zu verwirklichen,<br />

d.h.<br />

• eine flächendeckende Inklusion im<br />

Bildungswesen zu gestalten, wie es die<br />

Bundesrepublik mit der Ratifizierung der UN-<br />

Behindertenrechtskonvention im Jahre 2009<br />

beschlossen hat,<br />

• die Abhängigkeit der Chance, höhere<br />

Bildungsabschlüsse zu erreichen, von der sozialen<br />

Herkunft zu verringern,<br />

• die Zahl der jungen Menschen, die in<br />

allgemeinbildenden Bildungsgängen direkt eine<br />

Hochschulqualifikation erwerben, entsprechend<br />

europäischen Standards auf deutlich<br />

mehr als die Hälfte eines Geburtsjahrgangs zu<br />

erhöhen und<br />

• ein Weiterbildungssystem zu entwickeln,<br />

das "lebenslanges Lernen" nicht nur für schon<br />

höher Qualifizierte, sondern auch für die Männer<br />

und Frauen, die bisher aufgrund ihrer Ausbildung<br />

und ihres Lebensweges in den unteren<br />

Einkommensschichten verharren, mit realistischen<br />

Angeboten sichert, bedarf es jährlicher<br />

Mehrausgaben von rund 57 Milliarden Euro<br />

(vgl. Piltz-Studie, s. u.).<br />

Hinzu kommen aufgrund des Sanierungsstaus,<br />

des Ausbaus der (Ganztags-)Plätze für unter<br />

3-Jährige, notwendiger Verbesserungen im Elementarbereich<br />

und des notwendigen Ausbaus<br />

von Ganztagsplätzen im Schulbereich einmalige<br />

Investitionen von über 45 Milliarden Euro.<br />

Diese zusätzlichen Ausgaben und Investitionen<br />

müssen für alle Bereiche des Bildungswesens,<br />

• Elementarbereich,<br />

• Schule, Klassen 1 - 13,<br />

• Berufsbildung,<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgenden Änderungen:<br />

Die Zeilen 9 - 11 lauten wie folgt:<br />

... unterfinaziert. <strong>Das</strong> demokratische Recht auf<br />

Bildung ist finanziell abzusichern. Aus Sicht der<br />

<strong>GEW</strong> bedeutet das:<br />

Die Zeilen 33 - 36 lauten wie folgt:<br />

...Angeboten sichert. Dafür bedarf es jährlicher<br />

Mehrausgaben von rund 57 Milliarden Euro<br />

(vgl. Piltz-Studie). Diese Gesamtforderung entspricht-<br />

auch nach neuen Berechnungen von<br />

Dr. Cornelia Heintze- recht genau der Lücke<br />

zwischen aktuellen Bildungsausgaben und dem<br />

im Bildungsgipfel formulierten Ziel der Bundesund<br />

Landesregierungen (7% vom BIP), wenn<br />

man auf die einzig wirklich vergleichbaren Zahlen<br />

gemäß der OECD- Rechnung rekurriert.<br />

Zeilen 46 - 54<br />

werden gestrichen<br />

Zeile 79 - 80<br />

werden gestrichen<br />

Die Zeilen 82 - 91 lauten wie folgt:<br />

Die Studie von Henrik Piltz (2011) "Bildungsfinanzierung<br />

für das 21.Jahrhundert - Finanzierungsbedarf<br />

der Bundesländer zur Umsetzung<br />

eines zukunftsfähigen Bildungssystems" liefert<br />

Daten für alle Bildungsbereiche und Bundesländer.<br />

Daraus ergeben sich aus Sicht der <strong>GEW</strong><br />

folgende Notwendigkeiten und Anforderungen:<br />

Zeilen 134 -141<br />

werden gestrichen<br />

Die Zeilen 199-200 werden wie folgt verändert:<br />

Insgesamt ergeben sich damit Gesamtkosten<br />

für alle Bildungsbereiche in Höhe von 56,8 Milliarden<br />

Euro.<br />

Zeilen 202 - 215<br />

werden gestrichen<br />

Zeilen 252 - 256<br />

- insbesondere...erscheint - werden gestrichen<br />

50<br />

107


• Hochschulen und<br />

• Fort- und Weiterbildung<br />

bereitgestellt werden.<br />

Solche Summen erscheinen zunächst sehr<br />

hoch. Die <strong>GEW</strong> aber nimmt die Politik beim<br />

Wort: Auf dem ersten Bildungsgipfel vor nun<br />

fünf Jahren im Oktober 2008 in Dresden haben<br />

Bundesregierung und MinisterpräsidentInnen<br />

einvernehmlich beschlossen, Deutschland zur<br />

Bildungsrepublik zu entwickeln, und dazu die<br />

Bildungsausgaben nicht nur von damals 4,7 %<br />

des BIP auf den OECD-Durchschnitt von 5,9 %,<br />

sondern deutlich darüber hinaus auf wenigstens<br />

7 % zuzüglich mindestens 3 % für Forschung<br />

anzuheben. Diese Erklärung wurde –<br />

allerdings ohne praktische Konsequenzen – in<br />

den Folgejahren mehrfach bestätigt. <strong>Das</strong> Statistische<br />

Bundesamt weist für 2011 Bildungsausgaben<br />

von 119,1 Mrd. Euro aus. <strong>Das</strong> sind<br />

4,8 % des Bruttoinlandsprodukts. 7 % des BIP<br />

entsprechen rund 174 Mrd. Euro. Dem<br />

Bildungswesen in Deutschland fehlen also rund<br />

55 Mrd. Euro, bis die 7 %-Mindestmarge erreicht<br />

ist. (Pressemitteilung Destatis Nr. 444 v.<br />

1.12.2011)<br />

Die Piltz-Studie liefert die Zahlen für alle Bereiche<br />

und jedes Bundesland.<br />

Deshalb begrüßt die <strong>GEW</strong> die Studie von Henrik<br />

Piltz (2011) "Bildungsfinanzierung für das 21.<br />

Jahrhundert - Finanzierungsbedarf der Bundesländer<br />

zur Umsetzung eines zukunftsfähigen<br />

Bildungssystems", in der die Umsetzung der<br />

Forderungen der <strong>GEW</strong> zur Entwicklung des<br />

Bildungssystems in allen seinen Bereichen für<br />

jedes Bundesland erfasst und berechnet wurden.<br />

Aus dieser Studie ergeben sich folgende<br />

Notwendigkeiten und Anforderungen:<br />

1. für den Elementarbereich<br />

zur Verbesserung der Betreuungsqualität<br />

• die Schaffung von 60 % Ganztagsplätzen für<br />

die Altersgruppe 3 – 6 Jahre,<br />

• die Verbesserung / Absenkung des Betreuungsschlüssels<br />

auf 1 zu 4 für die unter 3-<br />

Jährigen und<br />

• auf 1 zu 8 für die 3 bis 6-Jährigen gemäß<br />

EU-Empfehlung,<br />

• erhöhte Freistellung des Leitungspersonals<br />

und<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

108


• auskömmliche Vertretungsreserven.<br />

Zusätzliche jährliche Gesamtkosten für die Verbesserung<br />

der Bildungsqualität im Elementarbereich<br />

(0 - 6 Jahre): 9,4 Milliarden Euro.<br />

2. für den Schulbereich<br />

zur Verbesserung der Unterrichtsqualität<br />

• die Absenkung der Pflichtstunden auf<br />

maximal 23 und<br />

• der Klassenfrequenzen auf durchschnittlich<br />

18 SchülerInnen und<br />

• die Schaffung von Ganztagsplätzen für 60 %<br />

der SchülerInnen<br />

sowie<br />

zur Umsetzung der Inklusion<br />

• die Einführung flächendeckender Schulsozialarbeit,<br />

• die Schaffung zusätzlicher SchulpsychologInnenstellen<br />

und<br />

• die Verbesserung der Ausstattung mit<br />

SonderpädagogInnen<br />

und schließlich<br />

zum Abbau sozialer Barrieren im Schulsystem<br />

• eine umfassende Lernmittelfreiheit,<br />

• eine auskömmliche Vertretungsreserve und<br />

• ein kostenfreies Mittagessen in den Ganztagsschulen.<br />

Dabei betont die <strong>GEW</strong>, dass die sehr zurückhaltenden<br />

Berechnungsgrundlagen für die Inklusion<br />

(3,7 Stunden pro SchülerIn mit<br />

Förderbedarf) im Zusammenhang mit der deutlich<br />

verbesserten Grundausstattung/Qualitätssteigerung,<br />

also auf der Basis von einer<br />

Frequenz von 18 und höchstens 25 Pflichtstunden<br />

gesehen werden muss.<br />

Zusätzliche jährliche Gesamtkosten für die Verbesserung<br />

der Bildungsqualität im Schulbereich<br />

(ohne Berufsschulen): 27,3 Milliarden Euro.<br />

3. für den Berufsbildungsbereich<br />

• Senkung der Pflichtstunden und Frequenzen<br />

wie im Schulbereich,<br />

• die Schaffung zusätzlicher schulischer Ausbildungsplätze,<br />

• mindestens 12 Wochenstunden Unterricht<br />

in der dualen Berufsausbildung,<br />

• die Anhebung des Schülerbafögs und dessen<br />

erleichterten Zugang.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

Zusätzliche jährliche Gesamtkosten für die Verbesserung<br />

der Bildungsqualität in der berufli-<br />

109


chen Bildung: 2,5 Milliarden Euro.<br />

4. für den Hochschulbereich<br />

• die Verbesserung der Betreuungsquote,<br />

• die Erhöhung des Studierendenanteils auf<br />

mindestens 40 % eines Jahrgangs,<br />

• die Beseitigung von Studien- und Verwaltungsgebühren,<br />

• die Erhöhung des Bafögs,<br />

• die Erleichterung des Zugangs zum Bafög<br />

(Elternunabhängigkeit) und<br />

• die Abschaffung des Darlehensanteils am<br />

Bafög.<br />

Zusätzliche jährliche Gesamtkosten für die Verbesserung<br />

der Bildungsqualität im Hochschulbereich:<br />

10,1 Milliarden Euro.<br />

5. für den Weiterbildungsbereich<br />

• zur beruflichen Weiterbildung: die Einrichtung<br />

von Bildungsfonds, die die Angebote betriebsunabhängig<br />

machen können,<br />

• zur individuellen Weiterbildung ein systematisches<br />

Erwachsenenbildungsförderungskonzept<br />

mit besonderer Berücksichtigung der<br />

ArbeitnehmerInnen, die bisher besondere<br />

Schwierigkeiten haben, an Weiterbildung<br />

teilzunehmen (Teilzeit- und Fristbeschäftigte,<br />

untere Einkommensschichten, Ältere),<br />

• Ausbau einer flächendeckenden unabhängigen<br />

Weiterbildungsberatung,<br />

• die ihrer Ausbildung angemessene Bezahlung<br />

der Lehrkräfte in der Weiterbildung,<br />

• Verstärkung der Weiterbildung Erwerbsloser.<br />

Zusätzliche jährliche Gesamtkosten für die Verbesserung<br />

der Bildungsqualität in der beruflichen<br />

Weiterbildung: 7,5 Milliarden Euro.<br />

Zusätzliche jährliche Gesamtkosten für alle<br />

Bildungsbereiche: 56,8 Milliarden Euro<br />

Die Finanzierung ist möglich<br />

Damit verfügt die <strong>GEW</strong> über übersichtliche und<br />

transparente Größenordnungen für notwendige<br />

Bildungsausgaben, aufgeschlüsselt auch<br />

für die einzelnen Bundesländer. Die Gesamtforderung<br />

in Höhe von rund 56 Mrd. Euro<br />

jährlich entspricht - auch nach neuen Berechnungen<br />

z.B. von Dr. Cornelia Heintze - recht genau<br />

der Lücke zwischen aktuellen Bildungsausgaben<br />

und dem im Bildungsgipfel formulierten<br />

Ziel der Bundes- und Landesregierungen<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

110


(7% vom BIP), wenn man auf die einzig wirklich<br />

vergleichbaren Zahlen gemäß der OECD-Rechnung<br />

rekurriert.<br />

Der Gewerkschaftstag fordert die Landesverbände<br />

auf, mit dieser Grundlage an die jeweiligen<br />

Landesregierungen und Landesparlamente<br />

heranzutreten und die Steigerung der<br />

Bildungsausgaben - nicht zuletzt unter Berufung<br />

auf die Zusagen der MinisterpräsidentInnen<br />

bei den Bildungsgipfeln - einzufordern.<br />

Die <strong>GEW</strong> sieht in den Ergebnissen dieser Studie<br />

den Vorteil, dass durch die Berechnung von<br />

Größenordnungen gerade die Möglichkeit erhalten<br />

bleibt, länderspezifische Modifizierungen<br />

der aktuellen Einzelforderungen umzusetzen.<br />

Dies gilt auch und insbesondere für den<br />

Bereich der Inklusion. Dort hat Piltz zwar die<br />

sehr zurückhaltende und - isoliert gesehen -<br />

unzureichende Forderung aus dem Klemm-Gutachten<br />

von 3,7 Stunden pro FörderschülerIn<br />

übernommen. Zusammen aber mit der deutlich<br />

verbesserten Grundausstattung "zur Verbesserung<br />

der Unterrichtsqualität" (siehe oben) und<br />

den anderen Forderungen ergibt sich ein<br />

Forderungsvolumen mit dem, je nach Lage, in<br />

jedem Bundesland Inklusion vernünftig gestaltet<br />

werden kann.<br />

Der <strong>GEW</strong> ist dabei klar, dass im Zeichen von<br />

Sparhaushalten und Schuldenbremse, die nur<br />

borniert kameralistisch statt dynamisch volkswirtschaftlich<br />

begründbar sind und die notwendige<br />

Investitionen für die Zukunft der Gesellschaft<br />

und insbesondere für die große<br />

Mehrheit der abhängig beschäftigten Menschen<br />

verhindern, es schwer wird, diese<br />

Haushaltsmittel zu realisieren.<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt deshalb - insbesondere solange<br />

alle Parteien außer der Partei Die Linke die unsinnige<br />

Schuldenbremse unterstützen und deshalb<br />

derzeit keine Mehrheit dagegen erreichbar<br />

erscheint - auf eine Steuerpolitik, die<br />

• die Einnahmen des Staates drastisch erhöht,<br />

statt im Sinne der neoliberalistischen<br />

Theoretiker und Praktiker die Staatsquote weiter<br />

zu verringern,<br />

• und dabei aber eine gesellschaftliche Umverteilung<br />

einleitet, die der Entwicklung der<br />

letzten Jahrzehnte entgegenwirkt, in denen<br />

sich die Spaltung der Gesellschaft durch exorbitante<br />

Zuwächse von Gewinn- und Vermögens-<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

265<br />

111


einkommen bei gleichzeitiger Stagnation der<br />

Reallöhne vertieft hat.<br />

Die Reaktion der europäischen Staaten und ihrer<br />

Regierungen auf die europäische Finanzkrise<br />

der letzten Jahre zeigt überdeutlich,<br />

dass dies nicht nur ein Problem Deutschlands<br />

ist. Die <strong>GEW</strong> wird alles daran setzen, im Zusammenschluss<br />

mit den europäischen Gewerkschaften<br />

in den anderen Ländern eine entsprechende<br />

Politik des Umsteuerns und Umverteilens<br />

- nun aber von unten nach oben - anzustoßen.<br />

Eine andere Steuerpolitik ist nötig!<br />

In Deutschland haben in den letzten Jahren die<br />

Gewerkschaften ein entsprechendes finanzpolitisches<br />

Konzept entwickelt - so auch die <strong>GEW</strong><br />

mit ihrem "Steuerkonzept" vom Juni 2010.<br />

Leitende Prinzipien dabei sind und waren:<br />

1. Für staatliche Leistungen, auf die alle<br />

BürgerInnen und insbesondere die breite<br />

Mehrheit der abhängig beschäftigten Menschen<br />

als Grundlage der <strong>Das</strong>einsvorsorge<br />

angewiesen sind - dazu gehört nicht zuletzt die<br />

Möglichkeit einer guten kostenfreien Bildung -<br />

müssen die staatlichen Einnahmen drastisch erhöht<br />

werden.<br />

2. Dabei ist als Ausgleich für die steuerliche<br />

Begünstigung der Vermögenden in den letzten<br />

Jahrzehnten und die damit verbundene asoziale<br />

Umverteilung zu deren Gunsten nun eine<br />

Umkehr der Steuerpolitik mit einer stärkeren<br />

Besteuerung der großen Vermögen und Vermögenseinkommen<br />

anzustreben (u.a. durch eine<br />

Vermögensabgabe, Erhöhung des Spitzensteuersatzes,<br />

Realisierung von Vermögens- und<br />

Erbschaftssteuer, usw.)<br />

3. Dies muss einhergehen mit der Entlastung<br />

von unteren und mittleren Einkommen (u.a.<br />

durch einen höheren Grundfreibetrag, sanftere<br />

Progression in den unteren Einkommensbereichen,<br />

angemessene Freibeträge bei Erbschaftsund<br />

Vermögenssteuer für selbstgenutztes<br />

Wohneigentum). <strong>Das</strong>s dies möglich ist, zeigt die<br />

Überschlagsberechnung des <strong>GEW</strong>-Steuerkonzeptes.<br />

4. Als Lehre aus der Finanz- und daraus<br />

folgenden Staatsschuldenkrise, weil die staatlichen<br />

Haushalte die Verluste des Banken- und<br />

Finanzsektors absichern mussten, fordern die<br />

Gewerkschaften die Einführung einer Finanztransaktionssteuer,<br />

die zum einen die interna-<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

315<br />

320<br />

112


tionale Finanzspekulation bremst, zum anderen<br />

zusätzliche staatliche Einnahmen schafft, eine<br />

Finanzproduktsteuer sowie weitere möglichst<br />

international abgestimmte Maßnahmen zur<br />

Verhinderung und Verringerung der Spekulation.<br />

Auf diese Ziele wird die <strong>GEW</strong> ihre Politik in den<br />

nächsten Jahren ausrichten, denn sie sieht darin<br />

eine absolut notwendige Voraussetzung<br />

• für eine friedliche und demokratische Entwicklung<br />

unserer Gesellschaft,<br />

• unter Teilhabe aller an der Entwicklung des<br />

gesellschaftlichen Reichtums.<br />

325<br />

330<br />

113


3.4 Bildung braucht mehr Geld<br />

Antragsteller: LV Bremen<br />

Die <strong>GEW</strong> stellt fest:<br />

Nach wie vor ist das Bildungswesen in Deutschland<br />

- und das gilt für alle Bundesländer, die<br />

aufgrund unserer föderalen Verfassung dafür<br />

zuständig sind – gravierend unterfinanziert. Um<br />

das demokratische Recht auf Bildung zu verwirklichen,<br />

d.h.<br />

● die Abhängigkeit der Chance, höhere<br />

Bildungsabschlüsse zu erreichen, von der sozialen<br />

Herkunft zu verringern,<br />

● die Zahl der jungen Menschen, die in<br />

allgemeinbildenden Bildungsgängen direkt eine<br />

Hochschulqualifikation erwerben, entsprechend<br />

europäischen Standards auf deutlich<br />

mehr als die Hälfte eines Geburtsjahrgangs zu<br />

erhöhen,<br />

● eine flächendeckende Inklusion im Bildungswesen<br />

zu gestalten, wie es die Bundesrepublik<br />

mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention<br />

im Jahre 2009 beschlossen<br />

hat,<br />

● die Arbeitsbedingungen der Pädagoginnen<br />

und Pädagogen als Voraussetzung einer Qualitätsentwicklung<br />

im Bildungswesen zu verbessern<br />

und<br />

● ein Fort- und Weiterbildungssystem zu entwickeln,<br />

das "lebenslanges Lernen" nicht nur für<br />

schon höher Qualifizierte, sondern auch für die<br />

Männer und Frauen mit realistischen Angeboten<br />

sichert, die bisher aufgrund ihrer Ausbildung<br />

und ihres Lebensweges in den unteren<br />

Einkommensschichten verharren, bedarf es<br />

jährlicher Mehrausgaben von rund 56 Milliarden<br />

Euro (vgl. Piltz-Studie). Hinzu kommen aufgrund<br />

des Sanierungsstaus, des Ausbaus der<br />

(Ganztags-)Plätze für unter 3-Jährige, notwendiger<br />

Verbesserungen im Elementarbereich<br />

und des notwendigen Ausbaus von Ganztagsplätzen<br />

im Schulbereich einmalige Investitionen<br />

von über 40 Milliarden Euro.<br />

Diese zusätzlichen Ausgaben und Investitionen<br />

müssen für alle Bereiche des Bildungswesens,<br />

● Elementarbereich,<br />

● Schule, Klassen 1 - 13,<br />

● Berufsbildung<br />

● Hochschulen und<br />

● Fort- und Weiterbildung<br />

bereitgestellt werden.<br />

Solche Summen erscheinen zunächst sehr<br />

hoch. Die <strong>GEW</strong> aber nimmt die Politik beim<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Erledigt bei Annahme des Antrags 3.3 in der<br />

Fassung der Antragskommission<br />

114


Wort: Auf dem ersten Bildungsgipfel vor nun<br />

fünf Jahren im Oktober 2008 in Dresden haben<br />

Bundesregierung und MinisterpräsidentInnen<br />

einvernehmlich beschlossen, Deutschland zur<br />

Bildungsrepublik zu entwickeln, und dazu die<br />

Bildungsausgaben nicht nur von damals 4,7 %<br />

des BIP auf den OECD.Durchschnitt von 5,9 %,<br />

sondern deutlich darüber hinaus auf wenigstens<br />

7 % zuzüglich mindestens 3 % für Forschung<br />

anzuheben. Diese Erklärung wurde –<br />

allerdings ohne praktische Konsequenzen – in<br />

den Folgejahren mehrfach bestätigt. <strong>Das</strong> Statistische<br />

Bundesamt weist für 2011 Bildungsausgaben<br />

von 119,1 Mrd. Euro aus. <strong>Das</strong> sind<br />

4,8 % des Bruttoinlandsprodukts. 7 % des BIP<br />

entsprechen rund 174 Mrd. Euro. Dem<br />

Bildungswesen in Deutschland fehlten also<br />

rund 55 Mrd. Euro bis die 7 % - Mindestmarge<br />

erreicht ist (Pressemitteilung Destatis Nr. 444 v.<br />

1.12.2011). Deshalb begrüßt die <strong>GEW</strong> die<br />

Studie von Henrik Piltz (2011) "Bildungsfinanzierung<br />

für das 21. Jahrhundert Finanzierungsbedarf<br />

der Bundesländer zur Umsetzung eines<br />

zukunftsfähigen Bildungssystems" , in der die<br />

Umsetzung der Forderungen der <strong>GEW</strong> zur Entwicklung<br />

des Bildungssystems in allen seinen<br />

Bereichen für jedes Bundesland erfasst und berechnet<br />

wurde. Aus dieser Studie ergeben sich<br />

folgende Notwendigkeiten und Anforderungen:<br />

1. für den Elementarbereich zur Verbesserung<br />

der Betreuungsqualität<br />

● die Schaffung von 60 % Ganztagsplätzen in<br />

den Kitas,<br />

● die Verbesserung / Absenkung des Betreuungsschlüssels<br />

auf 1 zu 4 für die unter<br />

3-Jährigen und auf 1 zu 8 für die 3 bis 6-Jährigen<br />

gemäß EU-Empfehlung,<br />

● erhöhte Freistellung des Leitungspersonals<br />

und<br />

● Schaffung eines Personalpuffers.<br />

2. für den Schulbereich zur Verbesserung der<br />

Unterrichtsqualität<br />

● die deutliche Absenkung und Angleichung<br />

der Pflichtstunden und<br />

● der Klassenfrequenzen auf durchschnittlich<br />

18 SchülerInnen<br />

● die Schaffung von Ganztagsplätzen für 60 %<br />

der SchülerInnen mit qualifiziertem nicht unterrichtendem<br />

Personal, bedarfsgerechter materieller<br />

und räumlicher Ausstattung und reduzierter<br />

Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte<br />

an Ganztagsschulen.<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

115


Sowie<br />

3. zur Umsetzung der Inklusion<br />

● die Einführung flächendeckender Schulsozialarbeit<br />

● die Schaffung zusätzlicher SchulpsychologInnenstellen<br />

und<br />

● die Verbesserung der Ausstattung mit<br />

SonderpädagogInnen<br />

● Ausreichende Kooperationszeiten<br />

und schließlich<br />

4. zum Abbau sozialer Barrieren im Schulsystem<br />

● eine umfassende Lernmittelfreiheit,<br />

● einen Personalpuffer und<br />

● ein kostenfreies Mittagessen in den Ganztagsschulen.<br />

Dabei betont die <strong>GEW</strong>, dass die sehr zurückhaltenden<br />

Berechnungsgrundlagen für die Inklusion<br />

(3,7 Stunden pro SchülerIn mit<br />

Förderbedarf) im Zusammenhang mit der deutlich<br />

verbesserten Grundausstattung/ Qualitätssteigerung,<br />

also auf der Basis von einer<br />

Frequenz von 18 und höchstens 25 Pflichtstunden<br />

gesehen werden müssen.<br />

5. für den Berufsbildungsbereich<br />

● Senkung der Pflichtstunden und Frequenzen<br />

wie im Schulbereich,<br />

● die Schaffung zusätzlicher schulischer Ausbildungsplätze,<br />

● die Anhebung des Schülerbafögs und dessen<br />

erleichterten Zugang.<br />

6. für den Hochschulbereich<br />

● die Verbesserung der Betreuungsquote,<br />

● die Erhöhung des Studierendenanteils auf<br />

mindestens 40 % eines Jahrgangs,<br />

● die Beseitigung von Studien- und Verwaltungsgebühren,<br />

● die Erhöhung des Bafögs,<br />

● die Erleichterung des Zugangs zum Bafögs<br />

(Elternunabhängigkeit) und<br />

● die Abschaffung des Darlehensanteils am<br />

Bafög.<br />

7. für den Fort- und Weiterbildungsbereich<br />

● zur beruflichen Weiterbildung: die Einrichtung<br />

von Bildungsfonds, die die Angebote betriebsunabhängig<br />

machen können<br />

● zur individuellen Weiterbildung ein systematisches<br />

Erwachsenenbildungsförderungskon-<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

116


zept mit besonderer Berücksichtigung der<br />

ArbeitnehmerInnen, die bisher besondere<br />

Schwierigkeiten haben, an Weiterbildung<br />

teilzunehmen (Teilzeit- und Fristbeschäftigte,<br />

untere Einkommensschichten, Ältere)<br />

● Aufbau einer Weiterbildungsberatung<br />

● Verstärkung der Weiterbildung Erwerbsloser.<br />

Damit verfügt die <strong>GEW</strong> über übersichtliche und<br />

transparente Größenordnungen für notwendige<br />

Bildungsausgaben, aufgeschlüsselt auch<br />

für die einzelnen Bundesländer. Die Gesamtforderung<br />

in Höhe von rund 56 Mrd. Euro<br />

jährlich entspricht - auch nach neuerlichen Berechnungen<br />

z.B. von Dr. Cornelia Heintze -<br />

recht genau der Lücke zwischen aktuellen<br />

Bildungsausgaben und dem im Bildungsgipfel<br />

formulierten Ziel der Bundes- und Landesregierungen<br />

(7% vom BIP), wenn man auf die einzig<br />

wirklich vergleichbaren Zahlen gemäß der<br />

OECD-Rechnung rekurriert.<br />

Der Gewerkschaftstag fordert die Landesverbände<br />

auf, mit dieser Grundlage an die jeweiligen<br />

Landesregierungen und Landesparlamente<br />

heranzutreten und die Steigerung der<br />

Bildungsausgaben - nicht zuletzt unter Berufung<br />

auf die Zusagen der Ministerpräsident-<br />

Innen bei den Bildungsgipfeln - einzufordern.<br />

Die <strong>GEW</strong> sieht in den Ergebnissen dieser Studie<br />

den Vorteil, dass durch die Berechnung von<br />

Größenordnungen gerade die Möglichkeit erhalten<br />

bleibt, länderspezifische Modifizierungen<br />

der aktuellen Einzelforderungen umzusetzen.<br />

Dies gilt auch und insbesondere für den<br />

Bereich der Inklusion. Dort hat Piltz zwar die<br />

sehr zurückhaltende und - isoliert gesehen –<br />

unzureichende Forderung aus dem Klemm-Gutachten<br />

von 3,7 Stunden pro FörderschülerIn<br />

übernommen. Zusammen aber mit der deutlich<br />

verbesserten Grundausstattung "zur Verbesserung<br />

der Unterrichtsqualität" (siehe oben) und<br />

den anderen Forderungen ergibt sich ein<br />

Forderungsvolumen mit dem je nach Lage in<br />

jedem Bundesland vernünftig gestaltet werden<br />

kann.<br />

Die Finanzierung ist möglich<br />

Der <strong>GEW</strong> ist dabei klar, dass im Zeichen von<br />

Kürzungshaushalten und Schuldenbremse, die<br />

nur borniert kameralistisch statt dynamisch<br />

volkswirtschaftlich begründbar sind und die<br />

notwendige Investitionen für die Zukunft der<br />

Gesellschaft und insbesondere für die große<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

117


Mehrheit der abhängig beschäftigten Menschen<br />

verhindern, es schwer wird, diese<br />

Haushaltsmittel zu realisieren.<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt deshalb – insbesondere solange<br />

alle Parteien außer der Partei Die Linke die unsinnige<br />

Schuldenbremse unterstützen und deshalb<br />

derzeit keine Mehrheit dagegen erreichbar<br />

erscheint - auf eine Steuerpolitik, die<br />

● die Einnahmen des Staates drastisch erhöht,<br />

statt im Sinne der neoliberalistischen Theoretiker<br />

und Praktiker die Staatsquote weiter zu<br />

verringern,<br />

● und dabei aber eine gesellschaftliche Umverteilung<br />

einleitet, die der Entwicklung der letzten<br />

Jahrzehnte entgegenwirkt, in denen sich<br />

die Spaltung der Gesellschaft durch exorbitante<br />

Zuwächse von Gewinn- und Vermögenseinkommen<br />

vertieft hat.<br />

● <strong>Das</strong> Kooperationsverbot zwischen Bund und<br />

Ländern in allen Bildungsbereichen ist aufzuheben<br />

(Grundgesetzänderung Art. 91 und 104).<br />

Die Reaktion der europäischen Staaten und ihrer<br />

Regierungen auf die europäische Finanzkrise<br />

der letzten Jahre zeigt überdeutlich,<br />

dass dies nicht nur ein Problem Deutschlands<br />

ist. Die <strong>GEW</strong> wird alles daran setzen, im Zusammenschluss<br />

mit den europäischen Gewerkschaften<br />

in den anderen Ländern eine entsprechende<br />

Politik des Umsteuerns und Umverteilens<br />

- nun aber von oben nach unten - anzustoßen.<br />

Eine andere Steuerpolitik ist nötig<br />

In Deutschland haben in den letzten Jahren die<br />

Gewerkschaften ein entsprechendes finanzpolitisches<br />

Konzept entwickelt – so auch die <strong>GEW</strong><br />

mit ihrem „Steuerkonzept“ vom Juni 2010.<br />

Leitende Prinzipien dabei sind und waren:<br />

1. Für staatliche Leistungen, auf die alle Bürger-<br />

Innen und insbesondere die breite Mehrheit<br />

der abhängig beschäftigten Menschen als<br />

Grundlage der <strong>Das</strong>einsvorsorge angewiesen<br />

sind – dazu gehört nicht zuletzt die Möglichkeit<br />

einer guten kostenfreien Bildung – müssen die<br />

staatlichen Einnahmen drastisch erhöht werden.<br />

2. Dabei ist als Ausgleich für die steuerliche Begünstigung<br />

der Vermögenden in den letzten<br />

Jahrzehnten und die damit verbundene asoziale<br />

Umverteilung zu deren Gunsten nun eine<br />

Umkehr der Steuerpolitik mit einer stärkeren<br />

Besteuerung der großen Vermögen und Vermögenseinkommen<br />

anzustreben (u.a. durch eine<br />

Vermögensabgabe, Erhöhung des Spitzen-<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

265<br />

118


steuersatzes, Realisierung von Vermögens- und<br />

Erbschaftssteuer, usw.)<br />

3. Dies muss einhergehen mit der Entlastung<br />

von unteren und mittleren Einkommen (u.a.<br />

durch einen höheren Grundfreibetrag, sanftere<br />

Progression in den unteren Einkommensbereichen,<br />

angemessene Freibeträge bei Erbschaftsund<br />

Vermögenssteuer für selbstgenutztes<br />

Wohneigentum). <strong>Das</strong>s dies möglich ist, zeigt die<br />

Überschlagsberechnung des <strong>GEW</strong>-Steuerkonzeptes.<br />

4. Als Lehre aus der Finanz- und daraus folgenden<br />

Staatsschuldenkrise, weil die staatlichen<br />

Haushalte die Verluste des Banken- und Finanzsektors<br />

absichern mussten, fordern die<br />

Gewerkschaften die Einführung einer Finanztransaktionssteuer,<br />

die zum einen die internationale<br />

Finanzspekulation bremst, zum anderen<br />

zusätzliche staatliche Einnahmen schafft, eine<br />

Finanzproduktsteuer, sowie weitere möglichst<br />

international abgestimmte Maßnahmen zur<br />

Verhinderung und Verringerung der Spekulation.<br />

Auf diese Ziele wird die <strong>GEW</strong> ihre Politik in<br />

den nächsten Jahren ausrichten, denn sie sieht<br />

darin eine absolut notwendige Voraussetzung<br />

● für eine friedliche und demokratische Entwicklung<br />

unserer Gesellschaft,<br />

● unter Teilhabe aller an der Entwicklung des<br />

gesellschaftlichen Reichtums.<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

119


3.5 Bildung als Menschenrecht erfordert<br />

Widerstand gegen Ökonomisierung und<br />

Privatisierung des Bildungswesens<br />

Antragsteller: LV Hessen<br />

Die <strong>GEW</strong> tritt für eine umfassende Verwirklichung<br />

des Menschenrechts auf Bildung auf allen<br />

Stufen des Bildungswesens, von der Vorschule<br />

bis zur Universität, ein. Diese Forderung<br />

beinhaltet ein emanzipatorisches Verständnis<br />

von Bildung, das der vollständigen und freien<br />

Entfaltung der Persönlichkeit und ihrer jeweiligen<br />

individuellen Möglichkeiten dienen will,<br />

soziale Ungleichheiten abzubauen bemüht ist<br />

und existierenden Benachteiligungen entgegenzuwirken<br />

hat. Bildungsprozesse mit dieser<br />

Zielvorstellung und die ihnen dienenden<br />

Einrichtungen nehmen die Menschen in allen<br />

Lebensstufen sowie ihre jeweiligen Problemlagen<br />

ernst und können daher nur in einer Atmosphäre<br />

der Freiheit von Angst und Stress und<br />

im Klima von Toleranz und gegenseitigem Verständnis<br />

stattfinden. Bildung in diesem Sinne<br />

befähigt zur selbstbewussten Partizipation an<br />

demokratischen Entscheidungsprozessen. Die<br />

so gestaltete demokratische Bildung ist am Ziel<br />

der freien Selbstentfaltung des Individuums im<br />

solidarischen Zusammenwirken mit anderen<br />

ausgerichtet.<br />

Diesem Verständnis widerspricht es, das<br />

Bildungswesen in erster Linie wirtschaftlich bestimmten<br />

Effizienzkriterien zu unterwerfen und<br />

den Erfolg der Lernenden und Studierenden von<br />

der Erfüllung dementsprechender Nützlichkeitskriterien<br />

abhängig zu machen.<br />

Die <strong>GEW</strong> richtet sich mit Entschiedenheit gegen<br />

die zunehmende Deformation von Bildung im<br />

Kontext nationaler und internationaler<br />

Rankings sowie die zunehmende - und mit Hilfe<br />

von Propagandabegriffen wie 'Selbstständigkeit'<br />

und 'Selbstverantwortlichkeit' schöngeredete<br />

- marktförmige Steuerung und Outputorientierung<br />

von Bildung.<br />

Ein verengtes Bildungsverständnis, das mittels<br />

der Fixierung auf ständige Lerntests und dem<br />

Eintrichtern von Testwissen Lernende auf die<br />

Internalisierung von reinem Verwertungswissen<br />

zur Herstellung von Employability abrichtet,<br />

lehnt die <strong>GEW</strong> daher ab. Dies gilt entsprechend<br />

auch die für verschiedenen internationa-<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahmemit folgenden Änderungen<br />

In der Zeile 27 wird eingefügt: Bildungswesen<br />

marktförmig zu steuern, …<br />

Die Zeilen 33 - 65 werden ersetzt durch:<br />

Die <strong>GEW</strong> wendet sich mit Entschiedenheit gegen<br />

die Verkürzung von Bildung auf Kernfächer<br />

und Rankings sowie auf Outputorientierung<br />

und Verwertbarkeit.<br />

In Zeile 73 wird ergänzt:<br />

oder sich von privaten/wirtschaftlichen Institutionen<br />

abhängig zu machen.<br />

Die Zeilen 91 – 93 sind erledigt bei Annahme<br />

von Antrag 3.46.<br />

Die Zeilen 121 – 130 werden an den Hauptvorstand<br />

überwiesen.<br />

120


len Vergleichsstudien wie PISA und IGLU, deren<br />

Autoren sich zudem durch die Geheimhaltung<br />

von Prüfungsmodalitäten wie Items und angewandten<br />

statistischen Methoden der Konfrontation<br />

ihrer Verfahren mit der Diskussion der<br />

internationalen Wissenschaftlergemeinde entziehen<br />

und damit unangreifbar machen.<br />

Den Versuchen, ein Bildungs- und Schulsystem<br />

einzurichten, in dem nur noch die Nützlichkeitserwägungen<br />

der Privatwirtschaft und<br />

ihres Gewinnstrebens den Maßstab für die Zurichtung<br />

von Menschen und Lerngegenständen<br />

abgeben, wird die <strong>GEW</strong> mit aller gebotenen<br />

Entschiedenheit entgegentreten, weil sie im<br />

Widerspruch zum Menschenwürdegebot des<br />

Grundgesetzes stehen.<br />

Dazu gehört auch der Widerstand dagegen,<br />

Bildungseinrichtungen mit knappen und nicht<br />

auskömmlichen Budgets auszustatten und die<br />

Einrichtungen darüber zu zwingen, den Kostensenkungsdruck<br />

an das Personal, Schüler/<br />

Studierende oder die Eltern abzugeben oder<br />

die Qualität zu senken.<br />

Der herrschende Trend zur Privatisierung der<br />

Hochschulen, der verstärkten Abhängigkeit von<br />

Drittmitteln und Stiftungslehrstühlen ist zu<br />

stoppen und durch eine staatliche Garantie von<br />

kritischer und unabhängiger Forschung und<br />

Lehre zu ersetzen. Die mit Privatisierung verbundene<br />

Entdemokratisierung ist zugunsten<br />

von Transparenz und demokratischen Entscheidungsprozeduren<br />

umzukehren. Forschung<br />

und Lehre gehören in öffentliche Hand und unter<br />

die demokratische Kontrolle der Mitwirkenden<br />

und der Öffentlichkeit, weil nur so die<br />

grundgesetzliche Garantie auf die Freiheit der<br />

Wissenschaft zu gewährleisten ist. Eine so verstandene<br />

Hochschule leistet ihren wissenschaftlichen<br />

Beitrag zur friedlichen Entwicklung<br />

der Menschheit. Kriegsforschung hat daher<br />

an den Universitäten und Hochschulen<br />

nichts zu suchen!<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert eine umfassende öffentliche<br />

Finanzierung aller Bildungseinrichtungen sowie<br />

eine Gebührenfreiheit auf allen Ebenen. Der<br />

Konkurrenz setzen wir Kooperation, der Steuerung<br />

durch Markt und Wettbewerb eine massive<br />

Ausweitung demokratischer Mitbestimmung<br />

entgegen. Nicht der Markt soll entschei-<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

121


den, was gute Bildung ist, sondern die Betroffenen.<br />

Die <strong>GEW</strong> wird die dramatisch anwachsende soziale<br />

Ungleichheit und die sich immer weiter<br />

öffnende Kluft zwischen Arm und Reich nicht<br />

widerstandslos hinnehmen. Mit der wachsenden<br />

Armut und dem alltäglichen Druck einer<br />

ständig prekärer werdenden <strong>Das</strong>einsfürsorge<br />

auf die davon Betroffenen werden diese<br />

gleichzeitig tendenziell der Bildungsmittel beraubt,<br />

die ihnen Auswege aus der sozialen Benachteiligung<br />

eröffnen könnten. Daher sieht<br />

die <strong>GEW</strong> das Eintreten für einen kritischen und<br />

solidarischen Bildungsbegriff zugleich als<br />

unverzichtbaren Beitrag zur Veränderung und<br />

Aufhebung der Spaltung der Gesellschaft.<br />

Die <strong>GEW</strong> wird ihr Vorgehen gegen Privatisierung<br />

und Ökonomisierung in den einzelnen<br />

Bundesländern koordinieren und dokumentieren.<br />

Gleiches gilt für die Ebene der Bildungsinternationalen,<br />

weil die Politik der Privatisierung und<br />

Ökonomisierung längst von internationalen Organisationen<br />

nach ähnlichen Mustern propagiert<br />

und durchgesetzt wird.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

122


3.6 Privatisierungstendenzen im<br />

Bildungsbereich entgegentreten -<br />

Positionspapier<br />

Antragsteller: LV Bayern<br />

1. Bildung in öffentlicher Verantwortung<br />

Die <strong>GEW</strong> bekräftigt ihre Auffassung, dass öffentlich<br />

geförderte Bildung, sowohl ihre Organisation<br />

wie ihre Praxis, in öffentlicher Verantwortung<br />

stattfinden muss. Die <strong>GEW</strong> lehnt<br />

daher Privatisierungsvorhaben aller Art ab.<br />

2. Keine PPP-Vorhaben in der Bildung<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert, auf Public-Private-<br />

Partnership-Vorhaben im Bereich der Bildung<br />

gänzlich zu verzichten. Privatisierungen von<br />

Bildungsaufgaben sind nicht geeignet, weil sie<br />

• die öffentliche Bildung vor allem unter betriebswirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten betrachten,<br />

• die pädagogischen Aspekte hinter das Profitstreben<br />

zurückdrängen,<br />

• die materielle und personelle Basis<br />

(Gebäude, Technik, Verwaltung, Bewirtschaftung,<br />

Personal etc.) in private Hand<br />

geben und damit über große Zeiträume<br />

Abhängigkeiten der öffentlichen Hand begründen.<br />

Sie sind außerdem nicht geeignet, die Finanzprobleme<br />

der Länder und Kommunen zu lösen,<br />

und daher abzulehnen.<br />

3. Stopp aller Privatisierungsvorhaben in der<br />

Bildung<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert den Stopp aller Privatisierungsformen<br />

im Bildungswesen. Dazu gehören<br />

durch Privatfirmen als Unterstützungen getarnte<br />

Aufgaben und mehr noch die Vergabe<br />

von schulnahen Aufgaben, wie z.B. Mittagsbetreuungsangebote,<br />

Förderunterricht über<br />

private Nachhilfeeinrichtungen sowie die privaten<br />

Finanzierungen von hochschulischen<br />

Einrichtungen!<br />

In Anbetracht der immer schärferen Privatisierungsangriffe<br />

auf das öffentliche Bildungswesen<br />

und bei der herrschenden polit-ökonomischen<br />

Großwetterlage, die insbesondere die<br />

kommunalen Kassen in immer prekärere Situationen<br />

zwingt, hält die <strong>GEW</strong> die derzeitigen<br />

Entwicklungen, die unter dem neoliberalen<br />

Marketingbegriff "Kommunale Bildungslandschaften"<br />

zusammenzufassen sind, nicht<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme in folgender Fassung:<br />

Annahme der Zeilen 1 – 39<br />

Annahme der Zeilen 64 – 70 (Ziffer 4)<br />

Die Ziffer 7 wird Ziffer 5 und wird angenommen<br />

bis Zeile 112.<br />

Annahme der Zeilen 190 - 196.<br />

Überweisung an den Hauptvorstand:<br />

Die Zeilen 113 - 127 sowie die Zeilen 155 - 188.<br />

Erledigt sind:<br />

Die Zeilen 40 - 62 bei Annahme der Anträge 3.1<br />

und 1.18.<br />

Die Ziffern 5 und 6 bei Annahme von Antrag<br />

3.43<br />

Die Zeilen 129 - 139 bei Annahme von Antrag<br />

3.43<br />

Die Zeilen 141 - 153 bei Annahme von Antrag<br />

3.3.<br />

123


nur für nicht unterstützenswert, sondern für<br />

eine Gefahr für ein demokratisches, öffentlich<br />

finanziertes und staatlich verantwortetes<br />

Bildungssystem, wie es die <strong>GEW</strong> weiterhin vertritt.<br />

Die Zergliedertheit in Zusammenhang mit negativen<br />

Auswirkungen des Föderalismus und<br />

immer weiter fortschreitendem betriebswirtschaftlichen<br />

Umbau haben zu einer "neuen<br />

Unübersichtlichkeit" im Bildungsbereich vor Ort<br />

geführt, der nur durch eine konsequente Gesamtreform<br />

in Richtung eines Bildungssystems<br />

"aus einem Guss" erfolgreich begegnet werden<br />

kann.<br />

4. Keine Leiharbeit in der Bildung<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert, dass die Anstellung der<br />

Lehrkräfte und der anderen Beschäftigten vollständig<br />

eine öffentliche Aufgabe ist. Sie lehnt<br />

vertragliche Vereinbarungen mit Leiharbeitsunternehmen<br />

für den gesamten Bildungsbereich<br />

sowie für die Erziehungs- und Sozialdienste ab.<br />

5. Gleiche Bedingungen für die Beschäftigten<br />

in allen Bildungsbereichen<br />

Für die <strong>GEW</strong> sind alle Bildungsbereiche, die zu<br />

einem anerkannten Ausbildungsabschluss führen<br />

oder darauf vorbereiten, öffentliche Aufgaben.<br />

<strong>Das</strong> gilt insbesondere für die Erwachsenenbildung.<br />

Für die dort beschäftigten Lehrund<br />

Fachkräfte sind gleiche Bedingungen wie<br />

bei staatlichen oder kommunalen Bildungseinrichtungen<br />

zu schaffen. Darüber hinaus ist<br />

bei einer Förderung bzw. Finanzierung aus öffentlichen<br />

Mitteln oder durch die Sozialversicherungsträger<br />

die Einhaltung der Tariftreue als<br />

eine grundlegende Voraussetzung festzulegen.<br />

6. Kein Experimentierfeld Erwachsenenbildung<br />

Nirgendwo sonst im Bildungswesen gibt es<br />

massenhaft miserable Bezahlung, befristete Beschäftigung,<br />

Scheinselbstständigkeit und Tagelöhnerei<br />

wie in der Weiterbildung. Die Erwachsenenbildung<br />

darf nicht länger das Experimentierfeld<br />

für die Prekarisierung der Beschäftigten<br />

in der Bildung sein.<br />

7. Gleiche Entlohnung für alle Lehrkräfte und<br />

Beschäftigten<br />

Freiberuflich tätige Lehrkräfte und andere Beschäftigte<br />

sind in allen Bildungseinrichtungen<br />

zu gleichen oder vergleichbaren Bedingungen<br />

wie angestellte Lehrkräfte und andere Beschäf-<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

124


tigte in öffentlichen Bildungseinrichtungen zu<br />

entlohnen. Soweit bereits Vorschriften zu den<br />

Arbeitsbedingungen in privaten Bildungseinrichtungen<br />

bestehen, fordert die <strong>GEW</strong> das<br />

zuständige Ministerium sowie die zuständigen<br />

Behörden auf, im Genehmigungsverfahren und<br />

bei der Bewilligung von Fördermitteln die<br />

Einhaltung dieser Bedingungen nicht nur zur<br />

Auflage zu machen, sondern auch dauerhaft<br />

genau zu kontrollieren.<br />

8. Unterstützung aller gesellschaftlichen<br />

Kräfte gegen Privatisierungstendenzen<br />

Die <strong>GEW</strong> unterstützt nach ihren Möglichkeiten<br />

andere gesellschaftliche Kräfte und Bündnisse,<br />

die sich die gleichen Ziele in der Auseinandersetzung<br />

mit Privatisierungstendenzen im<br />

Bildungswesen setzen.<br />

9. <strong>GEW</strong> fordert Weiterbildungsgesetz mit<br />

Recht auf Bildungsurlaub<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Parlamente auf, endlich<br />

ein Weiterbildungsgesetz für alle Bundesländer<br />

zu beschließen, das u. a. das Recht auf<br />

Bildungsurlaub enthält.<br />

10. Verbesserung der Förderung der VHS – 1 €<br />

je UE und Teilnehmer<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Parlamente auf, die Volkshochschulen<br />

in einem Maße zu fördern, dass<br />

sie ihren Aufgaben nachkommen können. Die<br />

Förderung muss so ausgestattet werden, dass<br />

für alle Beschäftigte eine Entlohnung auf der<br />

Grundlage der Tarifverträge für den öffentlichen<br />

Dienst möglich ist. Die Förderung der<br />

Kommunen ist mit dieser Bedingung zu verknüpfen.<br />

11. Ausreichende Mittel bereitstellen zur<br />

Sanierung der Schulgebäude<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Parlamente auf, ausreichend<br />

Finanzmittel zur Sanierung von<br />

Schulgebäuden einschließlich der Volkshochschulen<br />

einzustellen.<br />

12. Forderungen aus Bildungsgipfel 2008<br />

umsetzen<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Parlamente auf, endlich<br />

die auf dem Bildungsgipfel von 2008 festgelegten<br />

Ziele durch entsprechende Maßnahmen zu<br />

verwirklichen.<br />

13. Mitgliederinformation über Privatisierung<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

125


Die <strong>GEW</strong> wird ihre Mitglieder über die verschiedenen<br />

Formen der Privatisierung und über<br />

die Erfahrungen mit der privaten Finanzierung<br />

von Bildungseinrichtungen anhand von konkreten<br />

Beispielen in der Bundesrepublik informieren.<br />

Zu informieren ist auch über den politischen<br />

Einfluss von Stiftungen, die häufig im Gewand<br />

neutraler Forschungseinrichtungen auftreten,<br />

tatsächlich aber die Interessen des<br />

privaten Kapitals fördern.<br />

14. Auflistung der Einflussnahme von privaten<br />

Stiftungen und Organisationen<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert alle <strong>GEW</strong>-Gremien auf, die Zusammenarbeit<br />

mit und die Einflussnahme von<br />

privaten Organisationen zu nennen, zu untersuchen<br />

und zu bewerten, so dass ein späterer<br />

Gewerkschaftstag ggf. weitere Beschlüsse fassen<br />

kann. Dabei kommt der Untersuchung der<br />

Tätigkeit der Bertelsmann-Stiftung (neben der<br />

Robert-Bosch-Stiftung, Stiftung der Deutschen<br />

Wirtschaft - sdw - und anderen) eine besondere<br />

Bedeutung zu. Schließlich ist die Bertelsmann-Stiftung<br />

Eigentümerin (ca. 70 %) eines<br />

Großkonzerns. Die Bertelsmann-Stiftung<br />

hat den Boden für die privatwirtschaftliche Organisation<br />

des "Evaluationsmarktes" (z. B. SEIS<br />

als Instrument der internen Evaluation der<br />

Schulen) bereitet. Sie dient in großem Umfang<br />

privatwirtschaftlichen Interessen. Deshalb<br />

muss sich die <strong>GEW</strong> hier Klarheit verschaffen<br />

und Position beziehen.<br />

Die <strong>GEW</strong> vertritt die Beschäftigen in privaten<br />

Bildungseinrichtungen<br />

Im Einklang mit den in diesem Antrag beschlossenen<br />

grundsätzlichen Positionen organisiert<br />

und vertritt die <strong>GEW</strong> die Beschäftigten in privaten<br />

Bildungseinrichtungen, um deren Arbeitsbedingungen<br />

und Einkommen zu verbessern.<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

126


3.7 „Erklärung zum Berufsethos der<br />

Bildungsinternationalen“<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

1. Der Gewerkschaftstag bekräftigt die Erklärung<br />

zum Berufsethos der Bildungsinternationalen<br />

(Education International - Declaration of<br />

Professional Ethics).<br />

2. Die <strong>GEW</strong> verbreitet die Erklärung über ihre<br />

Landesverbände in den Kindertageseinrichtungen,<br />

in allgemein- und berufsbildenden<br />

Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen,<br />

bei Trägern der Weiterbildung sowie in<br />

den Einrichtungen der Aus-, Fort- und<br />

Weiterbildung für das pädagogische Personal.<br />

3. Die <strong>GEW</strong> koordiniert einen Diskussionsprozess<br />

zur Vertiefung und Weiterentwicklung des<br />

professionellen Selbstverständnisses der Lehrerinnen<br />

und Lehrer, der Pädagoginnen und Pädagogen<br />

und anderer im Bildungsbereich Beschäftigter.<br />

Ziel ist, ein gemeinsames Verständnis<br />

für die Rechte und Pflichten, Aufgaben, Einstellungen<br />

und Haltungen in einem inklusiven<br />

diskriminierungsfreien Bildungssystem zu erarbeiten<br />

sowie für die Aufgabe zu sensibilisieren,<br />

einen individuellen Beitrag zur Stärkung<br />

und Weiterentwicklung der Professionen im<br />

Bildungsbereich zu leisten.<br />

Begründung<br />

Die Reflexion und Weiterentwicklung des professionellen<br />

Selbstverständnisses der Beschäftigten<br />

in Bildungseinrichtungen ist eine ständige<br />

Aufgabe. Sexuelle Übergriffe an Schutzbefohlenen<br />

und Abhängigen in Bildungseinrichtungen<br />

sowie die Diskussion um ein inklusives<br />

Bildungswesen haben in letzter Zeit für diese<br />

Notwendigkeit noch einmal mit Nachdruck sensibilisiert.<br />

Die Bildungsinternationale hat bereits<br />

vor Jahren eine Deklaration zum Berufsethos<br />

verabschiedet, der die <strong>GEW</strong> beigetreten<br />

ist. Allerdings ist es bislang nicht gelungen, die<br />

Deklaration in den Bildungseinrichtungen<br />

Deutschlands zu verbreiten und mit den<br />

Kolleginnen und Kollegen zu diskutieren. Nach<br />

wie vor gibt es zahlreiche Themen, zu denen<br />

die Beschäftigten im Bildungsbereich keine<br />

gemeinsame berufsethische Basis haben. Welche<br />

Rechte haben Kinder und welche Grenzen<br />

zieht die Achtung der Menschenwürde einem<br />

selektierenden und segregierenden Bildungs-<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

127


system? Welche Verantwortung haben die Beschäftigten<br />

für eine produktive und konstruktive<br />

Arbeit im Team? Welche Verantwortung<br />

haben sie für die Weiterentwicklung ihrer Professionen<br />

und für gute und gesunde Arbeitsbedingungen?<br />

Alles dies sind Fragen, die die<br />

Angehörigen von Professionen untereinander<br />

diskutieren und klären müssen, wollen sie<br />

selbstbewusst und durchsetzungsstark sein.<br />

Die Verpflichtung auf ein professionelles Selbstverständnis,<br />

auf ein Berufsethos, das die Professionen<br />

selbst entwickelt haben, ist der beste<br />

Schutz davor, von "außen" ein Leitbild übergestülpt<br />

zu bekommen, das die Interessen der Beschäftigten<br />

zu wenig beachtet. Einige unserer<br />

internationalen Schwestergewerkschaften machen<br />

sogar die Aufnahme in ihre Gewerkschaft<br />

davon abhängig, dass ein Bekenntnis zum Berufsethos<br />

unterschrieben wird. Einen solchen<br />

Schritt könnte die <strong>GEW</strong> ggf. im Hinblick auf den<br />

Gewerkschaftstag 2017 ins Auge fassen, wenn<br />

eine breite Diskussion stattgefunden hat. Wie<br />

bedeutsam ein solches Bekenntnis sein kann,<br />

wurde im Zusammenhang mit sexueller Gewalt<br />

gegenüber Abhängigen durch <strong>GEW</strong>-Kollegen<br />

offenkundig, als diese den Rechtschutz der<br />

<strong>GEW</strong> begehrten und die <strong>GEW</strong> erst beschließen<br />

musste, in solchen Fällen keinen Rechtschutz zu<br />

geben.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

128


3.8 AKTIONSPLAN LEHRERBILDUNG<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

A. Erste Phase<br />

1. Quantitativer Ausbau und qualitative Verbesserung<br />

der Lehrerinnen- und Lehrerbildung<br />

an Hochschulen<br />

• Die <strong>GEW</strong> fordert, die Studienplätze in der<br />

Lehrerinnen- und Lehrerbildung im Zuge eines<br />

bedarfs- und nachfragegerechten Ausbaus der<br />

Hochschulen auszubauen. Heute müssen so<br />

viele Studienberechtigte ein Studium aufnehmen<br />

können, dass morgen ausreichend Nachwuchs-Lehrkräfte<br />

ausgebildet sind, die die in<br />

den Ruhestand gehenden Kolleginnen und<br />

Kollegen ersetzen.<br />

• Durch die Abschaffung von Studiengebühren,<br />

eine leistungsfähige Ausbildungsförderung,<br />

die Öffnung der Hochschulen für beruflich<br />

Qualifizierte und ein leistungsfähiges System<br />

der Hochschulzulassung sind bestehende<br />

Hindernisse beim Hochschulzugang und für den<br />

erfolgreichen Abschluss eines Studiums zu beseitigen.<br />

• Die <strong>GEW</strong> lehnt eine Auswahl von Studienbewerberinnen<br />

Studienbewerbern durch die<br />

Hochschulen ab und pocht auf das grundgesetzlich<br />

garantierte Recht auf freie Hochschulzulassung.<br />

Stattdessen ist die Selbsteinschätzungskompetenz<br />

von Studienberechtigten<br />

durch eine qualifizierte Beratung zu fördern.<br />

• Alle Bachelor-Absolventinnen und Absolventen<br />

müssen das Recht auf ein Masterstudium<br />

bekommen, denn in allen Bundesländern<br />

ist die hochschulische Ausbildung zur<br />

Lehrerin oder zum Lehrer in Übereinstimmung<br />

mit den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz<br />

erst mit dem Erreichen des Masterabschlusses<br />

abgeschlossen. <strong>Das</strong> setzt zum einen<br />

voraus, bestehende Zulassungsbeschränkungen<br />

(Numerus Clausus) durch eine Ausweitung der<br />

Kapazitäten im Masterbereich zu überwinden,<br />

die nicht zu Lasten der Kapazitäten in den<br />

Bachelorstudiengängen gehen darf: Der Hochschulpakt,<br />

der derzeit auf die Finanzierung eines<br />

vierjährigen Studiums ausgerichtet ist, ist<br />

entsprechend aufzustocken und zu verstetigen.<br />

Zum anderen ist auf besondere Zugangsvoraussetzungen<br />

für die Zulassung zum Masterstudium,<br />

die unabhängig von vorhandenen Kapazitäten<br />

bestehen, zu verzichten.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Vorläufige Empfehlung der Antragskommission:<br />

Aktionsplan Lehrer_innenbildung:<br />

Die <strong>GEW</strong> richtet ein "Zukunftsforum Lehrer_innenbildung"<br />

ein, das die gemeinsame Arbeit zu<br />

diesem Querschnittsthema auf Bundes- und<br />

Landesebene unterstützt und vorantreibt.<br />

Die <strong>GEW</strong> spricht sich dafür aus, die Lehrer_innenbildung<br />

als ganzheitlichen, institutionenübergreifenden<br />

Prozess zu verstehen und zu organisieren:<br />

vom Hochschulstudium über den<br />

Vorbereitungsdienst, die Berufseinstiegsphase<br />

bis hin zur berufsbegleitenden Fort- und Weiterbildung<br />

der Lehrer_innen.<br />

Lehrer_innenbildung trägt der Tatsache Rechnung,<br />

dass es sich bei den Auszubildenden um<br />

erwachsene Lernende handelt. Die Partizipation<br />

bei der Gestaltung der Ausbildung muss<br />

auf allen Stufen sichergestellt sein.<br />

Die <strong>GEW</strong> beteiligt sich auf der Basis der folgenden<br />

Grundsätze an der inhaltlichen Reform der<br />

Lehrerbildung:<br />

• Die Inhalte der Lehrer_innenbildung müssen<br />

sich am notwendigen Professionswissen der<br />

angehenden Lehrer_innen orientieren. Eine<br />

wichtige Rolle kommt in diesem Zusammenhang<br />

theoriegeleiteten Praxisphasen zu,<br />

die die erste und zweite Ausbildungsphase<br />

sinnvoll miteinander verbinden und den angehenden<br />

Lehrer_innen selbstbestimmtes, forschendes<br />

Lernen ermöglichen.<br />

• Die kritisch-konstruktive Auseinandersetzung<br />

mit Theorieansätzen, Praxisphänomenen und<br />

der eigenen Lehrer_innenpersönlichkeit soll<br />

das Studium in den Bildungswissenschaften<br />

strukturieren, nicht das Training von Handlungsroutinen.<br />

• Die eigene Lernbiografie soll in allen Ausbildungsphasen<br />

kritisch reflektiert werden, damit<br />

ein professionelles Selbstkonzept entstehen<br />

kann, in dem Traditionen und Vorurteile nicht<br />

unreflektiert handlungsleitend sind. Dies ist<br />

von zentraler Bedeutung im Hinblick auf ein inklusives<br />

Schulsystem sowie auf diskriminierungsfreies<br />

Lehrer_innenhandeln in Bezug auf<br />

Geschlecht, sexuelle Orientierung, soziale und<br />

129


• Die <strong>GEW</strong> fordert den Bund auf, gemeinsam<br />

mit den Ländern Verantwortung für eine hochwertige<br />

Qualität der Lehrerinnen- und Lehrerbildung<br />

zu übernehmen. Eine „Exzellenzinitiative<br />

Lehrerbildung“ wird dieser Verantwortung<br />

aber gerade nicht gerecht. Die Etablierung<br />

von wenigen Leuchtturm-Universitäten abzielt,<br />

die nach dem Vorbild der Exzellenzinitiative für<br />

die Spitzenforschung aufgrund einer exklusiven<br />

finanziellen Förderung eine qualitativ besonders<br />

hochwertige Ausbildung von Lehrerinnen<br />

und Lehrern leisten können, wäre die falsche<br />

Antwort auf die Herausforderungen, die<br />

sich für die Weiterentwicklung der Lehrerinnen-<br />

und Lehrerbildung in ihrer ganzen Breite<br />

stellen. Von der Elite-Förderung würde nur ein<br />

kleiner Teil der Lehramtsstudierenden und am<br />

Ende wenige Schülerinnen und Schüler profitieren.<br />

Womöglich kämen ausgerechnet jene<br />

Universitäten zum Zuge, die bereits jetzt heute<br />

über die besten Voraussetzungen, etwa in<br />

Folge einer Förderung über die Exzellenzinitiative<br />

für die Spitzenforschung, verfügen. Folge<br />

wäre, dass sich vorhandene Unterschiede in<br />

der Qualität der Lehrerinnen- und Lehrerbildung<br />

weiter vertieften. Gerade in der<br />

Qualitätssicherung und -entwicklung kommt es<br />

aber nicht auf Wettbewerb, sondern auf die<br />

Verbesserung der zielorientierten Zusammenarbeit<br />

an.<br />

• Wir brauchen daher keine „Exzellenzinitiative<br />

Lehrerbildung“, sondern eine Verbesserung<br />

der Qualität der Lehre und Studienbedingungen<br />

in der Fläche, insbesondere durch eine<br />

spürbare Verbesserung des Betreuungsverhältnisses<br />

zwischen Studierenden und Lehrenden.<br />

Ein wesentlicher Grund für zu hohe Abbrecherquoten<br />

und zu lange Studienzeiten, für<br />

Unzufriedenheit bei Studierenden und Lehrenden,<br />

ist die anhaltende Unterfinanzierung der<br />

Hochschulen. Die <strong>GEW</strong> fordert daher zum einen<br />

eine Aufstockung und Verstetigung des<br />

Hochschulpakts 2020, zum anderen spricht sie<br />

sich dafür aus, dass sich der Bund über die engen<br />

Voraussetzungen des Artikels 91b des<br />

Grundgesetzes hinaus an der institutionellen Finanzierung<br />

der Hochschulen beteiligen kann.<br />

Die Föderalismusreform von 2006 hat zu verhängnisvollen<br />

Fehlsteuerungen geführt und die<br />

Kooperation von Bund und Ländern im Hochschulbereich<br />

massiv erschwert, im Schulbereich<br />

praktisch unmöglich gemacht. Die <strong>GEW</strong><br />

befürwortet eine entsprechende Erweiterung<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

ethnische Herkunft, Religion, Weltanschauung,<br />

Behinderung und Alter.<br />

• Die Orientierung am notwendigen Professionswissen<br />

bedeutet für die Fachwissenschaften<br />

und Fachdidaktiken, dass sie die Lehr-/Lerninhalte<br />

der Unterrichtsfächer fachwissenschaftlich<br />

durchdringen und didaktisch reflektieren.<br />

Es geht um Bildung für den Beruf im Medium<br />

der Wissenschaft, nicht um das Studium einer<br />

Fachwissenschaft nach deren immanenter Systematik.<br />

• Die Orientierung am notwendigen Professionswissen<br />

bedeutet zudem, dass auch in der<br />

ersten Ausbildungsphase fächerübergreifende,<br />

fächerverbindende oder projektbezogene<br />

Studienarrangements angeboten werden, die<br />

den Studierenden eine Auseinandersetzung mit<br />

schulischen Bildungszielen und -inhalten<br />

ermöglichen, die nicht nur einer Disziplin zuzuordnen<br />

sind: z.B. Bildung für nachhaltige Entwicklung/Globales<br />

Lernen, Demokratie lernen,<br />

Friedenserziehung oder Medienpädagogik.<br />

Hochschule<br />

• Die <strong>GEW</strong> fordert, die Anzahl der Studienplätze<br />

in der Lehrer_innenbildung im Zuge eines<br />

bedarfs- und nachfragegerechten Ausbaus<br />

der Hochschulen anzupassen. Heute müssen so<br />

viele Studienberechtigte ein Studium aufnehmen<br />

können, dass morgen ausreichend Nachwuchs-Lehrkräfte<br />

ausgebildet sind.<br />

• Die <strong>GEW</strong> lehnt eine Auswahl von Studienbewerber_innen<br />

durch die Hochschulen ab und<br />

verweist auf das grundgesetzlich garantierte<br />

Recht auf freien Hochschulzugang. Stattdessen<br />

ist die Selbsteinschätzungskompetenz von<br />

Studienberechtigten durch eine qualifizierte<br />

Beratung zu fördern.<br />

• Alle Bachelor-Absolvent_innen müssen das<br />

Recht auf ein Masterstudium bekommen, denn<br />

in allen Bundesländern ist die hochschulische<br />

Ausbildung von Lehrer_innen in Übereinstimmung<br />

mit den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz<br />

erst mit dem Erreichen des<br />

Masterabschlusses abgeschlossen.<br />

• <strong>Das</strong> konsekutive Bachelor- und Masterstudium<br />

muss in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung<br />

eine Studiendauer von zehn Se-<br />

130


• Die <strong>GEW</strong> spricht sich für eine bessere Verzahnung<br />

sowohl von fachwissenschaftlichen,<br />

fachdidaktischen und bildungswissenschaftlichen<br />

Anteilen, als auch von theoretischen und<br />

berufspraktischen Anteilen der Lehrerinnen<br />

und Lehrerbildung, sowohl im Bachelor- als<br />

auch im Masterstudium aus. Die schulpraktischen<br />

Anteile der Lehrerinnen- und Lehrdes<br />

Artikel 91b als Schritt in Richtung eines zukunftsfähigen,<br />

kooperativen Bildungsföderalismus.<br />

• Unter der Voraussetzung eines substanziellen<br />

Ausbaus der Hochschulen und der Verbesserung<br />

ihrer Betreuungsverhältnisse begrüßt<br />

die <strong>GEW</strong> ein Bund-Länder-Programm, das zusätzliche<br />

Anreize für Qualitätsverbesserungen<br />

und Innovationen in der Lehrerinnen- und<br />

Lehrerbildung gibt. Voraussetzung dafür ist<br />

eine Breitenwirkung des Programms sowie ein<br />

transparentes Auswahlverfahren, an dem Lehrende,<br />

Studierende und Vertreterinnen und<br />

Vertreter der Berufspraxis, also Gewerkschaften<br />

und Lehrerinnen und Lehrer, substanziell<br />

beteiligt sind.<br />

2. Kurswechsel im Bologna-Prozess<br />

• Die <strong>GEW</strong> spricht sich für einen radikalen<br />

Kurswechsel im Bologna-Prozess aus. Sie unterstützt<br />

die ursprüngliche Idee der Gliederung<br />

des Studiums in an Lernzielen orientierten Modulen,<br />

besteht aber auf der Sicherung der<br />

Studierbarkeit und Studierfreiheit. Sie<br />

befürwortet eine bessere Strukturierung des<br />

Studiums, aber auch eine bessere Betreuung<br />

der Studierenden. Bei der Sicherung von Qualität<br />

und Vergleichbarkeit der Studiengänge sind<br />

Studierende, Lehrende und die berufliche<br />

Praxis einschließlich der Gewerkschaften auf<br />

Augenhöhe zu beteiligen.<br />

• Die <strong>GEW</strong> fordert das Recht auf freien<br />

Zugang zum Masterstudium für alle Bachelor-<br />

Absolventinnen und Absolventen. <strong>Das</strong> konsekutive<br />

Bachelor- und Masterstudium muss in der<br />

Lehrerinnen- und Lehrerbildung eine Studiendauer<br />

von zehn Semestern (300 ECTS-Punkte)<br />

umfassen – wie es die Strukturvorgaben der<br />

Kultusministerkonferenz für alle anderen konsekutiven<br />

Bachelor- und Masterstudiengänge<br />

vorsehen.<br />

• Die Lehrerinnen- und Lehrerbildung ist<br />

künftig nicht mehr an den Schulformen auszurichten,<br />

sondern an den Schulstufen Primarstufe,<br />

Sekundarstufe I und Sekundarstufe II.<br />

Eine frühzeitige und definitive Festlegung der<br />

Ausbildung auf Schulstufen ist jedoch zu vermeiden,<br />

stattdessen ist ein Kerncurriciulum einer<br />

gemeinsamen Lehrerinnen- und Lehrerbildung,<br />

perspektivisch einer gemeinsamen<br />

Pädagoginnen- und Pädagogenbildung zu etablieren.<br />

• Die <strong>GEW</strong> spricht sich in dem Sinne für die<br />

Polyvalenz des Bachelor in der Lehrerinnen-<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

mestern (300 ECTS-Punkte) umfassen – wie es<br />

die Strukturvorgaben der Kultusministerkonferenz<br />

für alle anderen konsekutiven Bachelorund<br />

Masterstudiengänge vorsehen.<br />

• Die <strong>GEW</strong> spricht sich dort, wo es konsekutive<br />

Studiengänge gibt, für die Polyvalenz des Bachelor<br />

in der Lehrer_innenbildung aus, so dass<br />

dieser die Grundlage für die Ausbildung von<br />

Lehrer_innen ist.<br />

• Die Lehrer_innenbildung ist künftig nicht<br />

mehr an den Schulformen auszurichten,<br />

sondern an den Schulstufen Primarstufe,<br />

Sekundarstufe I und Sekundarstufe II. Eine<br />

frühzeitige und definitive Festlegung der Ausbildung<br />

auf Schulstufen ist jedoch zu vermeiden,<br />

stattdessen ist ein Kerncurriculum einer<br />

gemeinsamen Lehrer_innenbildung, perspektivisch<br />

einer gemein-samen Pädagog_innenbildung<br />

zu etablieren.<br />

• Die <strong>GEW</strong> fordert den Bund auf, gemeinsam<br />

mit den Ländern Verantwortung für eine hochwertige<br />

Qualität der Lehrerinnen- und Lehrerbildung<br />

zu übernehmen. Eine "Exzellenzinitiative<br />

Lehrerbildung" wird dieser Verantwortung<br />

nicht gerecht. Gerade in der Qualitätssicherung<br />

und -entwicklung kommt es aber nicht<br />

auf Wettbewerb, sondern auf die Verbesserung<br />

der zielorientierten Zusammenarbeit an. Wir<br />

brauchen daher keine "Exzellenzinitiative Lehrerbildung",<br />

sondern eine Verbesserung der<br />

Qualität der Lehre und Studienbedingungen in<br />

der Fläche, insbesondere durch eine spürbare<br />

Verbesserung des Betreuungsverhältnisses zwischen<br />

Studierenden und Lehrenden.<br />

• Unter der Voraussetzung eines substanziellen<br />

Ausbaus der Hochschulen und der Verbesserung<br />

ihrer Betreuungsverhältnisse begrüßt die<br />

<strong>GEW</strong> ein Bund-Länder-Programm, das zusätzliche<br />

Anreize für Qualitätsverbesserungen und<br />

Innovationen in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung<br />

gibt.<br />

131


und Lehrerbildung aus, dass dieser die<br />

Grundlage für die Ausbildung für Lehrerinnen<br />

und Lehrern an allen Schulstufen sein sollte<br />

und eine für die Primarstufe, Sekundarstufe I<br />

und Sekundarstufe II spezialisierende Ausbildung<br />

erst im Masterstudium erfolgt.<br />

• Die <strong>GEW</strong> spricht sich für eine bessere Verzahnung<br />

sowohl von fachwissenschaftlichen,<br />

fachdidaktischen und bildungswissenschaftlichen<br />

Anteilen, also auch von theoretischen und<br />

berufspraktischen Anteilen der Lehrerinnenund<br />

Lehrerbildung, sowohl im Bachelor- als<br />

auch im Masterstudium aus. Die schulpraktischen<br />

Anteile der Lehrerinnen- und Lehrerbildung<br />

müssen besser mit dem Studium verknüpft<br />

werden, um eine kritisch distanzierte,<br />

theoriegeleitete Reflexion der Praxis zu ermöglichen.<br />

3. Institutionelle Stärkung der Lehrerinnenund<br />

Lehrerbildung an Hochschulen<br />

• Die <strong>GEW</strong> spricht sich dafür aus, die Lehrerinnen-<br />

und Lehrerbildung als ganzheitlichen,<br />

institutionenübergreifenden Prozess zu verstehen<br />

und zu organisieren: vom Hochschulstudium<br />

über das Referendariat bis hin zur Berufseinstiegsphase<br />

sowie berufsbegleitenden<br />

Fort- und Weiterbildung der Lehrerinnen und<br />

Lehrer.<br />

• Vor diesem Hintergrund fordert die <strong>GEW</strong><br />

eine institutionelle Stärkung der Lehrerinnenund<br />

Lehrerbildung an den Hochschulen durch<br />

Weiterentwicklung der an den meisten Universitäten<br />

etablierten „Zentren für Lehrerbildung“<br />

zu „Schools of Education“. Aufgabe der<br />

Schools of Education ist die Professionalisierung<br />

der Lehrerinnen- und Lehrerbildung durch<br />

eine zielorientierte Vernetzung aller an der<br />

Lehrerinnen- und Lehrerbildung beteiligten<br />

Einrichtungen innerhalb und außerhalb der<br />

Hochschulen. Darüber hinaus haben die<br />

Schools eine systematische Professionsforschung<br />

und Evaluation der Lehrerinnen- und<br />

Lehrerbildung sicherzustellen. Die Schools of<br />

Education sollen darüber hinaus zentrale<br />

Einrichtungen der Universitäten analog zu den<br />

Fachbereichen bzw. Fakultäten eine Budgethoheit<br />

über alle anteilig für die Lehrerinnen- und<br />

Lehrerbildung vorgesehene Ressourcen erhalten.<br />

Studierende, Hochschullehrerinnen und<br />

Hochschullehrer, wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche<br />

Beschäftigte sind den Schools<br />

als Mitglieder zuzuordnen, die Schools unter-<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

erbildung müssen besser mit dem Studium verknüpft<br />

werden, um eine kritisch distanzierte,<br />

theoriegeleitete Reflexion der Praxis und der<br />

eigenen professionellen Rolle - auch in Bezug<br />

auf Geschlechterstereotypen - zu ermöglichen.<br />

•Die <strong>GEW</strong> fordert eine institutionelle Stärkung<br />

der Lehrer_innenbildung an den Hochschulen<br />

durch Weiterentwicklung der an den meisten<br />

Universitäten etablierten „Zentren für Lehrer_innenbildung“.<br />

Vorbereitungsdienst/Berufseinstieg<br />

• Der Zugang zum Vorbereitungsdienst soll in<br />

allen Bundesländern einheitlich geregelt sein.<br />

1. Staatsexamen bzw. der Master of Education<br />

sind von allen anderen Bundesländern bedingungslos<br />

anzuerkennen.<br />

• Die Dauer des Vorbereitungsdienstes soll in<br />

allen Bundesländern und für alle Lehramtstypen<br />

einheitlich sein und eine qualifizierte<br />

Ausbildung in der Schulpraxis gewährleisten.<br />

Dazu gehören eine Einführungsphase mit Hospitationen<br />

sowie begleitetem Unterricht und<br />

erst an-schließend eigenverantwortlicher Unterricht.<br />

• Die Berufsanfänger_innen haben Anspruch<br />

auf überfachliche und externe Beratung und<br />

Supervision.<br />

• Der Vorbereitungsdienst wird mit einer<br />

Staatsprüfung abgeschlossen.<br />

• Die Fach- und Seminarleiter_innen werden in<br />

der Dienstzeit zu Fragen der aktuellen pädagogischen<br />

Entwicklung und in Erwachsenenpädagogik<br />

fortgebildet.<br />

• Mentor_innen in schulpraktischen Phasen<br />

sollen vor der Aufnahme der Tätigkeit qualifiziert<br />

werden sowie ein Recht auf regelmäßige<br />

Fortbildung und Supervision haben. Ihre Tätigkeit<br />

wird auf die Unterrichtsverpflichtung in<br />

angemessenem Umfang angerechnet.<br />

Fortbildung<br />

• Die <strong>GEW</strong> fordert den Erhalt und Ausbau bzw.<br />

die Neuerrichtung von Landesinstituten / Akademien<br />

für Lehrer_innenfortbildung in staatlicher<br />

Verantwortung. In Flächenländern sind<br />

132


liegen uneingeschränkt der Hochschulselbstverwaltung.<br />

B. Zweite Phase/Berufseingangsphase/Mentoring<br />

1. Schwerpunkt Interessenvertretung<br />

Die <strong>GEW</strong> intensiviert in der nächsten Wahlperiode<br />

ihre Aktivitäten in der Interessenvertretung<br />

der Referendar/innen, der Fach- und<br />

Seminarleiter/innen, sowie der schulischen<br />

Mentor/innen. Ziel ist, die Gruppe der Auszubildenden<br />

sowie die an der Ausbildung beteiligten<br />

Beschäftigten verstärkt als Mitglieder<br />

und für die Mitarbeit in der <strong>GEW</strong> zu gewinnen.<br />

2. Forderungen für Referendariat/Vorbereitungsdienst:<br />

• Der Zugang zum Referendariat/Vorbereitungsdienst<br />

soll in allen Bundesländern einheitlich<br />

geregelt sein. 1. Staatsexamen bzw. der<br />

Master Ed. sind von allen anderen Bundesländern<br />

bedingungslos anzuerkennen.<br />

• Die Dauer des Referendariats/Vorbereitungsdienstes<br />

soll in allen Bundesländern und<br />

für alle Lehramtstypen einheitlich mindestens<br />

18 Monate betragen. Praxisphasen während<br />

des Studiums sind darauf nicht anzurechnen.<br />

• Der Vorbereitungsdienst gliedert sich in<br />

zwei Phasen: Einführungs- und Professionalisierungsphase.<br />

In der Einführungsphase stehen<br />

Hospitationen, kollegiale Fallberatung, Supervision<br />

und begleiteter Unterricht im Vordergrund.<br />

In der Professionalisierungsphase<br />

stehen eigenverantwortlicher Unterricht,<br />

Eltern-/ Schülergespräche und Bewertungsfragen<br />

im Vordergrund.<br />

• Im Rahmen einer vorgegebenen Bandbreite<br />

bestimmen die Referendar/innen den Umfang<br />

des eigenverantwortlichen Unterrichts selbst.<br />

• Organisation und Inhalte des Referendariats/<br />

Vorbereitungsdienstes tragen der Tatsache<br />

Rechnung, dass es sich bei den Referendaren/<br />

Referendarinnen um erwachsene Lerner<br />

handelt. Die Partizipation bei der Gestaltung<br />

der Ausbildung muss für die Referendar/innen<br />

sichergestellt sein. Für die zuständigen Personalvertretungen<br />

ist die Mitbestimmung in allen<br />

Fragen der Ausbildung zu gewährleisten.<br />

• Die personenbezogene Beratung der<br />

Referendare/ Referendarinnen – insbesondere<br />

in Konfliktsituationen und bei unklarer beruflicher<br />

Eignung – sollen überfachliche Ausbilder<br />

oder Externe übernehmen.<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

265<br />

regionale Unterstrukturen notwendig, um den<br />

Teilnehmer_innen lange Anfahrtswege zu ersparen.<br />

Die finanziellen und personellen<br />

Ressourcen sind den gestiegenen Anforderungen<br />

an die Lehrer_innenbildung anzupassen.<br />

• <strong>Das</strong> Programm soll sich inhaltlich an den<br />

aktuellen Entwicklungen und wissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen zur Schul- und Unterrichtsentwicklung<br />

orientieren und die kritische Auseinandersetzung<br />

mit erziehungswissenschaftlichen,<br />

bildungs- und gesellschaftspolitischen<br />

Fragen ermöglichen. Die Lehrkräfte und ihre<br />

Vertretungen müssen an der Programmentwicklung<br />

beteiligt werden. Die <strong>GEW</strong> entwickelt<br />

eigene Fortbildungsangebote und bietet<br />

den Landesregierungen Kooperationen an.<br />

• Die Fortbildungsangebote müssen auf nachhaltige<br />

Wirksamkeit angelegt sein. Dazu tragen<br />

insbesondere Fortbildungen bei, die sich über<br />

einen längeren Zeitraum mit einem Wechsel<br />

von Praxis- und Reflexionsphasen erstrecken.<br />

Internetbasierte Fortbildungsangebote hält die<br />

<strong>GEW</strong> dann für akzeptabel, wenn zum Erfahrungs-<br />

und Meinungsaustausch auch die<br />

persönliche Begegnung vorgesehen ist.<br />

• Dienstlich angeordnete Fortbildungsmaßnahmen<br />

müssen kostenfrei sein und innerhalb der<br />

Dienstzeit stattfinden. Die Pflicht zur<br />

Fortbildung setzt sinnvolle Angebote in ausreichender<br />

Zahl und Qualität voraus.<br />

Forderungen der <strong>GEW</strong>:<br />

• Geltung des Prinzips „Gleiches Geld für<br />

gleichwertige Arbeit mit gleichwertiger Ausbildung“<br />

auch bei Lehrkräften<br />

• Gleichstellung aller akademisch ausgebildeten<br />

Lehrkräfte mit anderen Akademiker_innen<br />

im öffentlichen Dienst, dass heißt eine einheitliche<br />

Zuordnung aller Lehrämter mit Masterabschluss<br />

(bzw. einem als gleichwertig anerkannten<br />

Abschluss ) und Staatsexamen.<br />

• Gleichwertige materielle Bedingungen während<br />

des Vorbereitungsdienstes unabhängig<br />

vom Lehramt und Beschäftigungsstatus<br />

• Deutliche Erhöhung der Anwärter_innenbezüge.<br />

133


• <strong>Das</strong> Referendariat/ der Vorbereitungsdienst<br />

wird mit einer Staatsprüfung abgeschlossen.<br />

Die Prüfungsleistungen werden ausbildungsbegleitend<br />

erbracht. Die Prüfungsanforderungen<br />

sind einheitlich auszugestalten. Sie bestehen<br />

aus einem Portfolio, zwei Unterrichtsstunden<br />

und einer besonderen Leistung (z.B. Vortrag bei<br />

einer Konferenz, Mitarbeit in einem Schulentwicklungsprojekt,<br />

Planung einer Klassenfahrt...).<br />

• Die Fach- und Seminarleiterinnen und –leiter<br />

werden in der Dienstzeit zu Fragen der<br />

aktuellen pädagogischen Entwicklung und in<br />

Erwachsenenpädagogik fortgebildet.<br />

• Die <strong>GEW</strong> fordert die einheitliche Bezahlung<br />

aller Fach- und Seminarleiter/innen. Fach- und<br />

Seminarleiter/in soll nur werden, wer über<br />

gute fachliche Qualifikationen verfügt und eine<br />

Zusatzqualifikation in Erwachsenenpädagogik<br />

erworben hat.<br />

3. Schulisches Mentoring<br />

Die <strong>GEW</strong> verlangt, dass schulisches Mentoring<br />

während der Praxisphasen des Studiums und in<br />

der zweiten Phase der Lehrerausbildung entsprechend<br />

der Bedeutung dieser Aufgabe<br />

gewürdigt wird. Dazu gehören:<br />

• Qualifizierungsmaßnahmen vor Aufnahme<br />

der Tätigkeit, regelmäßige Fortbildungen und<br />

Supervision für die Mentorinnen/ Mentoren<br />

• eine angemessene Anrechnung auf die Unterrichtsverpflichtung<br />

im Umfang von mindestens<br />

zwei Unterrichtsstunden<br />

• Zugang zu den Einrichtungen der Hochschulen<br />

und der Studienseminare<br />

• Berücksichtigung der Tätigkeit als Mentor/<br />

Mentorin bei dienstlichen Beurteilungen<br />

4. <strong>GEW</strong>-Infrastruktur für die zweite Ausbildungsphase<br />

Die <strong>GEW</strong> schafft auf Landes- und Bundesebene<br />

– falls noch nicht vorhanden – die<br />

notwendige Infrastruktur und erarbeitet geeignete<br />

Materialien und Diskussionsangebote. Sie<br />

prüft, inwieweit Kooperationen mit bestehenden<br />

Seminar- und Fachleitervereinigungen<br />

sinnvoll und möglich sind.<br />

5. Einphasige Lehrerausbildung<br />

Die <strong>GEW</strong> lässt gutachterlich die Vor- und Nachteile<br />

einer einphasigen Lehrerausbildung (Zusammenlegung<br />

Erste und Zweite Phase) prüfen.<br />

Insbesondere soll geprüft werden, wie eine<br />

Auskopplung aus dem beamten- und tarifrecht-<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

315<br />

320<br />

• Einheitliche Bezahlung aller Fach- und Seminarleiter_innen.<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass die KMK-<br />

Standards für die Lehrer_innenbildung im Sinne<br />

dieses Aktionsplans überarbeitet werden.<br />

Die <strong>GEW</strong> unterstützt alle Lehrer_innenbildungseinrichtungen,<br />

die ihr Studien-,<br />

Aus- und Fortbildungsangebot auf die Anforderungen<br />

eines inklusiven und diskriminierungsfreien<br />

Schulsystems einstellen.<br />

Die <strong>GEW</strong> intensiviert ihre Aktivitäten in der Interessenvertretung<br />

der Studierenden, der Lehrkräfte<br />

im Vorbereitungsdienst, der Fach- und<br />

Seminarleiter_innen sowie der Mentor_innen.<br />

Ziel ist, die Gruppe der Auszubildenden sowie<br />

alle an der Ausbildung beteiligten Beschäftigten<br />

verstärkt als Mitglieder und für die Mitarbeit in<br />

der <strong>GEW</strong> zu gewinnen.<br />

Die <strong>GEW</strong> schafft auf Landes- und Bundesebene<br />

– falls noch nicht vorhanden – die<br />

notwendige Infrastruktur und erarbeitet geeignete<br />

Materialien und Diskussionsangebote. Sie<br />

wird u.a. in den nächsten vier Jahren die Vorund<br />

Nachteile einer einphasigen Lehrer_innenausbildung<br />

prüfen lassen.<br />

Lehrer_innenbildung muss in den Fokus gerückt<br />

werden. Ziel des Zukunftsforums ist es,<br />

vor dem Hintergrund der Forderung nach einer<br />

Schule für Alle konkrete, innovative Leitlinien<br />

zu einer inklusiven, länder- und<br />

phasenübergreifenden Lehrer_innenbildung<br />

unter der Perspektive einer langfristig zu realisierenden<br />

gemeinsamen Pädagog_innenbildung<br />

zu formulieren. Daraus sollen weitere Handlungsstrategien<br />

zur bildungspolitischen Umsetzung<br />

entwickelt werden.<br />

<strong>Das</strong> "Zukunftsforum Lehrer_innenbildung"<br />

setzt sich aus Mitgliedern zusammen, die unter-schiedliche<br />

Erfahrungen und Perpektiven<br />

aus den verschiedenen Handlungsfeldern der<br />

Leh-rer_innenbildung einbringen.<br />

134


lichen Gesamtgefüge des öffentlichen Dienstes<br />

vermieden werden kann.<br />

C. Fortbildung<br />

1. Landesinstitute/Akademien für Lehrerfortbildung<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert den Erhalt und Ausbau bzw.<br />

die Neuerrichtung von Landesinstituten / Akademien<br />

für Lehrerfortbildung in staatlicher Verantwortung.<br />

In Flächenländern sind regionale<br />

Unterstrukturen notwendig, um den Teilnehmer/innen<br />

lange Anfahrtswege zu ersparen.<br />

Die finanziellen und personellen Ressourcen<br />

sind den gestiegenen Anforderungen an die<br />

Lehrerbildung anzupassen.<br />

2. Programmgestaltung und Beteiligung<br />

<strong>Das</strong> Programm soll sich inhaltlich an den<br />

aktuellen Entwicklungen und wissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen zur Schul- und Unterrichtsentwicklung<br />

orientieren und die kritische Auseinandersetzung<br />

mit erziehungswissenschaftlichen,<br />

bildungs- und gesellschaftspolitischen<br />

Fragen ermöglichen. Die Lehrerschaft und ihre<br />

Vertretungen müssen an der Programmentwicklung<br />

beteiligt werden. Die <strong>GEW</strong> entwickelt<br />

eigene Fortbildungsangebote und bietet<br />

den Landesregierungen Kooperationen an.<br />

3. Nachhaltig wirksame Fortbildungsangebote<br />

Die Fortbildungsangebote müssen auf nachhaltige<br />

Wirksamkeit angelegt sein. Dazu tragen<br />

insbesondere Fortbildungen bei, die sich über<br />

einen längeren Zeitraum mit einem Wechsel<br />

von Praxis- und Reflexionsphasen erstrecken.<br />

Internetbasierte Fortbildungsangebote hält die<br />

<strong>GEW</strong> dann für akzeptabel, wenn zum Erfahrungs-<br />

und Meinungsaustausch auch die<br />

persönliche Begegnung vorgesehen ist.<br />

4. Verpflichtende Fortbildung<br />

Dienstlich angeordnete Fortbildungsmaßnahmen<br />

müssen kostenfrei sein und innerhalb der<br />

Dienstzeit stattfinden. Die Pflicht zur<br />

Fortbildung setzt sinnvolle Angebote in ausreichender<br />

Zahl und Qualität voraus.<br />

D. Inhalte der Lehrerbildung<br />

325<br />

330<br />

335<br />

340<br />

345<br />

350<br />

355<br />

360<br />

365<br />

370<br />

1. Grundsätze für die Inhalte der Lehrerbildung<br />

135


Die <strong>GEW</strong> beteiligt sich auf der Basis der folgenden<br />

Grundsätze an der inhaltlichen Reform der<br />

Lehrerbildung:<br />

• Die Inhalte der Lehrerbildung müssen sich<br />

am notwendigen Professionswissen der angehenden<br />

Lehrerinnen und Lehrer orientieren<br />

und auch in der ersten Ausbildungsphase einen<br />

deutlichen Bezug zur Schul- und Unterrichtspraxis<br />

haben. Eine wichtige Rolle kommt in diesem<br />

Zusammenhang theoriegeleiteten<br />

Praxisphasen zu, die die erste und zweite Ausbildungsphase<br />

sinnvoll miteinander verbinden<br />

und den angehenden Lehrerinnen und Lehrern<br />

selbstbestimmtes, forschendes Lernen ermöglichen.<br />

• Die kritisch-konstruktive Auseinandersetzung<br />

mit Theorieansätzen, Praxisphänomenen<br />

und der eigenen Lehrerpersönlichkeit soll<br />

das Studium in den Bildungswissenschaften<br />

strukturieren, nicht das Training von Handlungsroutinen.<br />

Dies ist der zweiten Ausbildungs-<br />

und Berufseingangsphase zugeordnet.<br />

Die eigene Lernbiografie soll in allen Ausbildungsphasen<br />

kritisch reflektiert werden, damit<br />

ein professionelles Selbstkonzept entstehen<br />

kann, in dem Traditionen und Vorurteile<br />

nicht unreflektiert handlungsleitend sind. Dies<br />

ist im Hinblick auf ein inklusives Schulsystem<br />

sowie auf diskriminierungsfreies Lehrerhandeln<br />

in Bezug auf sexuelle Orientierung, soziale und<br />

ethnische Herkunft von zentraler Bedeutung.<br />

• Die Orientierung am notwendigen Professionswissen<br />

bedeutet für die Fachwissenschaften<br />

und Fachdidaktiken, dass sie die Lehr-/Lerninhalte<br />

der Unterrichtsfächer fachwissenschaftlich<br />

durchdringen und didaktisch reflektieren.<br />

Es geht um Bildung für den Beruf im Medium<br />

der Wissenschaft, nicht um das Studium einer<br />

Fachwissenschaft nach deren immanenter Systematik.<br />

• Die Orientierung am notwendigen Professionswissen<br />

bedeutet zudem, dass auch in der<br />

ersten Ausbildungsphase fächerübergreifende,<br />

fächerverbindende oder projektbezogene<br />

Studienarrangements angeboten werden, die<br />

den Studierenden eine Auseinandersetzung mit<br />

schulischen Bildungszielen und -inhalten<br />

ermöglichen, die nicht nur einer Disziplin zuzuordnen<br />

sind: z.B. Bildung für nachhaltige Entwicklung/Globales<br />

Lernen, Demokratie lernen,<br />

Friedenserziehung oder Medienpädagogik.<br />

375<br />

380<br />

385<br />

390<br />

395<br />

400<br />

405<br />

410<br />

415<br />

420<br />

425<br />

136


2. Überarbeitung der KMK-Standards Lehrerbildung<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass die KMK-<br />

Standards für die Lehrerbildung im Sinne der<br />

unter 1. genannten Grundsätze überarbeitet<br />

werden.<br />

3. Unterstützung von Hochschulen<br />

Die <strong>GEW</strong> unterstützt Hochschulen, die mit einem<br />

überzeugenden Konzept ihr Studienangebot<br />

auf die Anforderungen eines inklusiven und<br />

diskriminierungsfreien Schulsystems einstellen.<br />

4. Evaluation der Lehrerbildung<br />

Die <strong>GEW</strong> regt eine Evaluation beider Phasen<br />

der Lehrerausbildung an. Ziel ist zu ermitteln,<br />

wie gut sich Studierende und Referendar/innen<br />

auf ihre Berufstätigkeit vorbereitet fühlen.<br />

Grundlage der Evaluation sind die unter 1 genannten<br />

Grundsätze.<br />

E. Statusfragen<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert, dass auch bei Lehrkräften das<br />

Prinzip „Gleiches Geld für gleichwertige Arbeit<br />

mit gleichwertiger Ausbildung“ gelten muss.<br />

Konkret setzt die <strong>GEW</strong> sich ein für:<br />

• die Gleichstellung aller akademisch ausgebildeten<br />

Lehrkräfte mit anderen Akademikern<br />

im öffentlichen Dienst,<br />

• eine einheitliche Zuordnung aller Lehrämter<br />

mit Masterabschluss (bzw. einem als gleichwertig<br />

anerkannten Abschluss) und zweitem<br />

Staatsexamen zum höheren Dienst mit Eingangsamt<br />

A 13 bzw. Zuordnung zu E 13 für Tarifbeschäftigte,<br />

• gleichwertige materielle Bedingungen während<br />

des Vorbereitungsdienstes unabhängig<br />

vom Lehramt und Beschäftigungsstatus,<br />

• eine deutliche Erhöhung der Anwärterbezüge.<br />

Eine Orientierung kann dabei das Praktikantenentgelt<br />

für Sozialarbeiter im Anerkennungsjahr<br />

nach dem TV-L bieten (derzeit<br />

1.527 Euro/Monat),<br />

• gleichwertige Aufstiegsämter unabhängig<br />

von Schulart und Lehramt ausschließlich nach<br />

den Kriterien Verantwortung, Inanspruchnahme<br />

und Qualifikation,<br />

• gleiche Aufstiegschancen und materielle<br />

Gleichstellung für Lehrkräfte im Arbeitsverhältnis<br />

mit Beamtinnen und Beamten,<br />

• die einheitliche Bezahlung aller Fach- und<br />

Seminarleiter/innen. Fach- und Seminarleiter/<br />

in soll nur werden, wer über gute fachliche<br />

430<br />

435<br />

440<br />

445<br />

450<br />

455<br />

460<br />

465<br />

470<br />

475<br />

480<br />

137


Qualifikationen verfügt und eine Zusatzqualifikation<br />

in Erwachsenenpädagogik erworben<br />

hat 485<br />

138


3.9 Lehrer_innenbildung in den Fokus<br />

rücken – jetzt!<br />

Antragsteller: BA Junge <strong>GEW</strong>/Landesverband<br />

Sachsen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Material zu Antrag 3.8 in der vorläufigen<br />

Fassung der Antragskommission<br />

Der Gewerkschaftstag 2013 der Gewerkschaft<br />

Erziehung und Wissenschaft möge beschließen:<br />

Die Lehrer_innenbildung ist ein Schwerpunktthema<br />

der <strong>GEW</strong> für die Legislatur 2013 bis<br />

2017. Dazu wird ein "Zukunftsforum Lehrer_innenbildung"<br />

eingerichtet, das sich auf der Basis<br />

der zahlreichen bereits auf Landes- und<br />

Bundesebene bestehenden <strong>GEW</strong>-Positionen<br />

und -Beschlüsse mit inhaltlichen, strukturellen<br />

und (tarif-)politischen Aspekten der Lehrer_innenbildung<br />

auseinandersetzt. <strong>Das</strong> "Zukunftsforum<br />

Lehrer_innenbildung" soll die gemeinsame<br />

Arbeit zu diesem Querschnittsthema auf<br />

Bundes- und Landesebene unterstützen und<br />

vorantreiben.<br />

Ziel ist es, vor dem Hintergrund der Forderung<br />

nach einer Schule für Alle konkrete, innovative<br />

Leitlinien zu einer inklusiven, länder- und<br />

phasenübergreifenden Lehrer_innenbildung<br />

unter der Perspektive einer langfristig zu realisierenden<br />

gemeinsamen Pädagog_innenbildung<br />

zu formulieren. Daraus sollen Handlungsstrategien<br />

zur bildungspolitischen Umsetzung entwickelt<br />

werden.<br />

Als Ausgangspunkt dienen die "Eckpunkte der<br />

<strong>GEW</strong> für die Reform der LehrerInnenbildung"<br />

vom 23. Juni 2001, die unter Berücksichtigung<br />

evidenzbasierter Forschungsergebnisse anhand<br />

der folgenden Fragen zu aktualisieren und<br />

konkretisieren sind:<br />

1. Wie und in welcher Form kann es eine<br />

gemeinsame Lehrer_innenbildung geben,<br />

woran ist sie orientiert und was macht sie attraktiv?<br />

2. Wie und in welchem Umfang sind Theorie<br />

und Praxis in der Lehrer_innenbildung fruchtbar<br />

miteinander zu verknüpfen?<br />

3. Wie ist eine Lehrer_innenbildung gestaltet,<br />

die das Lernen von angehenden Lehrkräften in<br />

den Mittelpunkt stellt?<br />

4. Wie können alternative Wege in das<br />

Studium und in den Schuldienst angelegt sein?<br />

5. Wie kann (Weiter-)Lernen im Beruf im<br />

Sinne einer Professionalisierung gelingen?<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

139


6. Wie lässt sich die Perspektive einer<br />

phasenübergreifenden Professionalisierung inhaltlich<br />

und strukturell realisieren?<br />

<strong>Das</strong> "Zukunftsforum Lehrer_innenbildung"<br />

setzt sich aus Mitgliedern zusammen, die nach<br />

Möglichkeit unterschiedlichste Erfahrungen<br />

und Perspektiven aus den verschiedenen Handlungsfeldern<br />

der Lehrer_innenbildung einbringen.<br />

<strong>Das</strong> Forum ist im Verantwortungsbereich des/<br />

der Bundesvorsitzenden anzusiedeln und mit<br />

angemessenen personellen und finanziellen<br />

Ressourcen auszustatten. Dadurch wird sichergestellt,<br />

dass Veranstaltungen, Arbeitstagungen,<br />

öffentlichkeitswirksame Kampagnen<br />

etc. organisiert und dokumentiert sowie ein internes<br />

Online-Archiv und eine Vernetzungsmöglichkeit<br />

zur intensiven Einbeziehung aller<br />

Beteiligten in die Diskussion aufgebaut und gepflegt<br />

werden können.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

140


3.10 Genderkompetenz ist<br />

Schlüsselqualifikation in der<br />

Lehrer_innenbildung<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Antragsteller: Bundesfrauenausschuss<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich für die Stärkung der professionellen<br />

Handlungskompetenz der Lehrer_innen<br />

durch die Vermittlung von Genderkompetenz<br />

als Schlüsselqualifikation in den Lehramtsstudiengängen<br />

sowie in der Weiterqualifizierung/Fort-<br />

und Weiterbildung ein.<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich für die Integration der Geschlechterforschung<br />

in die Lehramtsstudiengänge<br />

ein. Die Integration der Frauen- und Geschlechterforschung<br />

trägt zur Stärkung der Profession<br />

sowie der Professionalisierungsprozesse<br />

und damit einhergehender Selbstreflexivität<br />

bei. Die Berücksichtigung der sozialen Kategorie<br />

Geschlecht und der gesellschaftlichen Konstruktionsprozesse<br />

zur Herstellung einer dichotomen,<br />

hierarchischen Geschlechterordnung<br />

ist nicht nur in den Sozial- und Kulturwissenschaften<br />

sowie in den Technik- und Naturwissenschaften<br />

ein zentrales Element wissenschaftlicher<br />

Erkenntnis sondern auch in den<br />

Bildungswissenschaften (Erziehungswissenschaft<br />

und Fachdidaktiken). Die Auseinandersetzung<br />

mit Geschlecht und Fragen der Herstellung von<br />

Differenz ist für alle Lehramtsstudiengänge<br />

relevant und muss darüber hinaus jeweils<br />

schulform- und fachspezifisch in die Curricula<br />

integriert werden.<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass die Genderkompetenz<br />

in der ersten Phase der Lehramtsausbildung<br />

insbesondere durch die inhaltliche<br />

Gestaltung der Studiengänge, die Weiterqualifizierung<br />

der Lehrenden und die geschlechtergerechte<br />

Beratung der Studierenden erhöht wird.<br />

In der inhaltlichen Gestaltung der Studiengänge<br />

sind<br />

• Professionalisierungsprozesse der angehenden<br />

Lehrer_innen im Zusammenspiel von<br />

theoretischen und praktischen Einheiten<br />

reflexiv zu begleiten;<br />

• Professionsaspekte des zukünftigen Lehrer_innenberufs<br />

aufzugreifen. <strong>Das</strong> bedeutet,<br />

die Profession auf der individuellen, institutionellen<br />

und gesellschaftlichen Ebene zu<br />

analysieren, um die Vergeschlechtlichung von<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

141


Arbeit und geschlechterdifferenzierte Zuschreibungen<br />

zu verdeutlichen;<br />

• professionsbezogene Kommunikations- und<br />

Interaktionsprozesse sowie geschlechtsbezogene<br />

Wahrnehmungen zu thematisieren,<br />

damit Konstruktionsprozesse von Geschlecht in<br />

den Bildungswissenschaften und in<br />

Fachdisziplinen wissenschaftskritisch reflektiert<br />

werden können;<br />

• Gender-Aspekte als Querschnittsthema in<br />

bestehende Studienfächer aufzunehmen und<br />

die Verankerung eigenständiger Module/Modulbestandteile<br />

zu Gender-Aspekten zu<br />

fördern.<br />

In der Weiterqualifizierung für Lehrende sind<br />

Angebote zu machen<br />

• zum aktuellen Stand der Frauen- und Geschlechterforschung;<br />

• in der Hochschuldidaktik, zur Sensibilisierung<br />

der Lehrenden in Bezug auf die Umsetzung<br />

einer geschlechtssensiblen Lehre;<br />

• zur Vermeidung impliziter Diskriminierung<br />

aufgrund von Geschlecht.<br />

In der Betreuung und Beratung der Studierenden<br />

ist darauf hinzuwirken, dass<br />

• die Geschlechterdifferenzen in der Berufspraxis<br />

an Schulen thematisiert werden,<br />

• eine systematische, geschlechtsdifferenzierende<br />

Beobachtung des Arbeitsmarktes und<br />

eine Berücksichtigung dieser Erkenntnisse sowohl<br />

bei der Studienberatung als auch bei der<br />

Ausgestaltung der Curricula etabliert wird,<br />

• Mentoring-Programme für das im jeweiligen<br />

Feld marginalisierte Geschlecht und in<br />

einzelnen Lehramtsausbildungen Maßnahmen<br />

zur Erhöhung des Männeranteils aufgelegt werden.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Kultusministerien auf,<br />

Genderkompetenz als Schlüsselqualifikation in<br />

Standards, Rahmenvereinbarungen, Gesetzen,<br />

Verordnungen und Erlassen zur Lehramtsausbildung<br />

zu verankern.<br />

Mit den Standards für Lehrer_innenbildung in<br />

den Bildungswissenschaften der KMK (2004) ist<br />

ein Rahmen dafür gegeben. Darin ist festgelegt,<br />

dass Lehramts-Absolvent_innen „die Bedeutung<br />

geschlechtsspezifischer Einflüsse auf<br />

Bildungs- und Erziehungsprozesse“ und „pädagogische,<br />

soziologische und psychologische<br />

Theorien der Entwicklung und Sozialisation von<br />

Kindern und Jugendlichen“ kennen sollen. Des<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

142


Weiteren sollen sie „ihre persönlichen berufsbezogenen<br />

Wertvorstellungen und Einstellungen“<br />

reflektieren können. Insbesondere Reflexionsfähigkeit<br />

bezüglich Bildungs- und Erziehungsprozessen,<br />

aber auch -theorien, wird in<br />

den Standards mehrfach ein hoher Stellenwert<br />

zugesprochen, ebenso der Auseinandersetzung<br />

mit individuellen Lernprozessen und -voraussetzungen<br />

der Schüler_innen. Insgesamt zielen<br />

die inhaltlichen Anforderungen der KMK darauf,<br />

jeweilige Fächer entsprechend der heterogenen<br />

Voraussetzungen der Schüler_innen zu<br />

vermitteln und den Unterricht motivierend und<br />

lernfördernd gestalten zu können.<br />

Zu den Regelwerken, die um Genderkompetenz<br />

ergänzt werden müssen, gehören u.a.<br />

• KMK-Standards für die Lehrerbildung:<br />

Bildungswissenschaften,<br />

• Rahmenvereinbarungen der KMK über die<br />

Ausbildung und Prüfung für die unterschiedlichen<br />

Lehrämter,<br />

• Ländergemeinsame inhaltliche Anforderungen<br />

für die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken<br />

in der Lehrerbildung,<br />

• Empfehlungen zur interkulturellen Bildung<br />

und Erziehung in der Schule,<br />

• Landesgesetze und Rahmenordnungen für<br />

die Ausbildung und Prüfung von Lehrkräften.<br />

Genderkompetenz ist eine zentrale Schlüsselqualifikation<br />

für Lehrerinnen und Lehrer bei<br />

der Bewältigung sozialer und beruflicher Anforderungen,<br />

um das eigene Handeln reflektieren<br />

und kritisch befragen zu können. Sie umfasst<br />

das Wissen um kulturell/sozial bedingte<br />

und stereotypisierende Vorstellungen, über<br />

Verhalten und Einstellungen von Frauen und<br />

Männern sowie die Fähigkeit so damit umgehen<br />

zu können, dass allen Menschen vielfältige<br />

Entwicklungsmöglichkeiten jenseits von Geschlechterrollen<br />

eröffnet werden. Damit hat<br />

Genderkompetenz eine Schlüsselrolle, weil Geschlecht<br />

und damit verbundene Rollen, Aufgaben<br />

und Zuschreibungen nicht naturgegeben<br />

sind, sondern sozial konstruiert wird. Individuelle<br />

und gesellschaftliche Prozesse spielen dabei<br />

eine Rolle. Genderkompetenz ist als<br />

übergreifendes und grundlegendes Wissen aufzufassen,<br />

das Handlungsmöglichkeiten und<br />

Bewusstsein hervorbringt, um Einschränkungen<br />

aufgrund von Geschlecht abbauen zu können<br />

und somit individuelle Bedürfnisse zu erkennen<br />

und Chancen zu ermöglichen.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

143


Genderkompetenz als Reflexionskompetenz für<br />

pädagogisches Personal setzt sich zusammen<br />

aus der Motivation, sich für Gleichstellung zu<br />

engagieren und zum Abbau von Geschlechterhierarchien<br />

beizutragen, dem theoretischen,<br />

wissenschaftlichen und historischen Wissen<br />

über Geschlecht, der Kenntnis von methodischen<br />

und didaktischen Wegen zur Umsetzung.<br />

Begründung<br />

Die Relevanz von Genderkompetenz liegt darin<br />

begründet, dass unsere Gesellschaft durch das<br />

System der Zweigeschlechtlichkeit geprägt ist<br />

und Schule als Institution innerhalb dieser Gesellschaft<br />

nicht davon losgelöst ist. <strong>Das</strong> System<br />

Schule produziert Hierarchien und damit Ungleichheiten<br />

zwischen den Geschlechtern. Da<br />

im Handeln Geschlecht hergestellt wird, ist professionelles<br />

Lehrer_innenhandeln und Unterricht<br />

als interaktiver Prozess davon ebenfalls<br />

nicht frei. Geschlechter-Wissen wird über Sozialisationsprozesse<br />

bereitgestellt und die Beziehung<br />

zwischen Lehrkräften und Schüler_innen<br />

ist auch durch Erziehung und damit Sozialisation<br />

geprägt. Der Anspruch an professionelles<br />

Lehrer_innenhandeln ist die Entwicklung von<br />

selbstbestimmtem, selbstverantwortlichem<br />

Handeln und Lernen aller Schüler_innen zu gewährleisten.<br />

Um dies auch trotz des Einflusses<br />

von Geschlecht als struktur- und handlungsbestimmend<br />

zu ermöglichen, bedarf es der<br />

Genderkompetenz in der Profession der<br />

Lehrkräfte.<br />

Die Bundesländer haben die Aufgabe in Gesetzen,<br />

Verordnungen und Erlassen den Rahmen<br />

für geschlechtersensible Bildung und für die<br />

Genderkompetenz der Lehrkräfte zu regeln.<br />

Den Hochschulen obliegt es dafür zu sorgen,<br />

dass die Geschlechterforschung Eingang in die<br />

Studiengänge findet. Die Arbeitstagung der<br />

<strong>GEW</strong> „Lehrerinnen- und Lehrerbildung auf dem<br />

Prüfstand“ am 9./10. November 2012 hat<br />

Genderkompetenz als Schlüsselqualifikation<br />

für den Lehrer_innenberuf diskutiert und<br />

festgestellt, dass sie in den bildungswissenschaftlichen<br />

Inhalten des Studiums, den<br />

jeweiligen Fächern und in eigenen Modulen<br />

vermittelt werden muss. Da die Praxisphasen<br />

vor und während dem Studium zugenommen<br />

haben, spielt die Verzahnung von Schule und<br />

Studium, Praxis und Theorie eine besondere<br />

Rolle. Unabdingbar ist die Fortbildung der Lehrenden.<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

144


In neun Bundesländern fehlen Aussagen über<br />

die Integration von Geschlechteraspekten in<br />

der ersten und zweiten Phase der Lehrer_innenbildung,<br />

nämlich in Bayern, Berlin, Brandenburg,<br />

Bremen, Hamburg, NRW, Rheinland-<br />

Pfalz, Saarland und Sachsen.<br />

Eine Gruppe von Bundesländern geht lediglich<br />

für das Studium auf geschlechtersensible<br />

Bildung ein – Baden-Württemberg, Schleswig-<br />

Holstein, Thüringen. Baden-Württemberg verlangt<br />

zahlreiche Studieninhalte zur Heterogenität.<br />

Schleswig-Holstein verweist lediglich auf einen<br />

Wahlpflichtbereich Philosophie/Soziologie,<br />

Thüringen sieht es als grundlegende wissenschaftliche<br />

Kompetenz der Bildungswissenschaften<br />

für das Lehramt an Gymnasien und<br />

Regelschulen an, Heterogenität in ihren unterschiedlichen<br />

Dimensionen u.a. hinsichtlich des<br />

Geschlechts zu analysieren und exemplarisch<br />

schulische Handlungsstrategien zu entwickeln.<br />

Eine zweite Gruppe von Bundesländern legt<br />

den Schwerpunkt der geschlechtersensiblen<br />

Bildung in den Vorbereitungsdienst. In Bayern,<br />

Niedersachsen, NRW und Sachsen-Anhalt gibt<br />

es nur wenige Bezugnahmen, Hessen schreibt<br />

für alle Lehramtstypen in diversen Modulen<br />

beispielsweise fachbezogene Diagnose und<br />

Förderkonzepte oder auch als Erziehungsaufgabe<br />

fest.<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

145


3.11 Inklusion in Tageseinrichtungen für<br />

Kinder<br />

Antragsteller: BFGA Sozialpädagogische<br />

Berufe<br />

Mit dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention<br />

(Übereinkommen über die<br />

Rechte von Menschen mit Behinderungen –<br />

UN-BRK) am 26. März 2009 ist in Deutschland<br />

eine neue Entwicklung eingeleitet worden. Die<br />

Ansprüche von Menschen mit Behinderungen<br />

auf umfassende Teilhabe werden als allgemeines<br />

Menschenrecht begriffen und lösen unmittelbar<br />

staatliche Verpflichtungen aus. Es geht<br />

um den Abbau von Barrieren zur gleichberechtigten<br />

Teilhabe aller Menschen in allen Lebensbereichen,<br />

vor allem an Bildung, Erziehung und<br />

Betreuung. Die UN-BRK fußt auf der Allgemeinen<br />

Erklärung der Menschenrechte: „Alle Menschen<br />

sind frei und gleich an Würde und Rechten<br />

geboren.“ Die Achtung vor diesen Rechten<br />

und Freiheiten ist „durch Unterricht und Erziehung“<br />

zu fördern. Der Anspruch auf "Inklusion"<br />

fokussiert in besonderer Weise Menschen mit<br />

Behinderungen. In der Entwicklung des<br />

Bildungswesens und der Jugendhilfe führt er<br />

die Konzepte der Integration fort. Dabei wird<br />

besonders die gesellschaftliche Dimension betont.<br />

Es geht nicht um die Hereinnahme von als<br />

„behindert“ diagnostizierten Menschen in<br />

Kindertageseinrichtungen und Schulen,<br />

sondern um die Gestaltung eines Bildungswesens,<br />

an dem alle barrierefrei teilhaben können.<br />

Inklusion achtet die individuellen Rechte<br />

und Freiheiten eines jeden Menschen und<br />

fördert dessen Einzigartigkeit in allen Bereichen<br />

der Gesellschaft. Um dies zu realisieren, sind<br />

insbesondere im Bildungswesen „angemessene<br />

Vorkehrungen“ (UN-BRK, Art. 24, Abs. c) zu<br />

treffen. Inklusion stellt Pädagoginnen und<br />

Pädagogen in allen Bereichen von Bildung und<br />

Erziehung vor neue Herausforderungen.<br />

Gleichberechtigte Teilhabe zu gewährleisten ist<br />

vor allem eine politische Aufgabe, die im<br />

Gemeinwesen durch kommunale Steuerung<br />

und Vernetzung aller Institutionen angegangen<br />

werden muss.<br />

Zur Umsetzung der UN-BRK in Tageseinrichtungen<br />

für Kinder beschließt der<br />

Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong>:<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgenden Änderungen:<br />

Annahme der Zeile 45 – 47 und 59 – 189.<br />

Die Zeilen 1 - 43 werden Begründung.<br />

Die Zeilen 49 - 58 werden an den Hauptvorstand<br />

überwiesen.<br />

Redaktionelle Änderungen in den Zeilen 63 und<br />

133:<br />

- der freie Zugang zur wohnortnahen Kindertageseinrichtung<br />

für alle Kinder gesichert ist.<br />

(Zeile 63)<br />

- die Finanzierung von Kindertageseinrichtungen<br />

für alle Kinder gesichert ist. (Zeile 133)<br />

146


• Die <strong>GEW</strong> gibt ein Gutachten zur Neureglung<br />

der Finanzierung von Kindertageseinrichtungen<br />

in Auftrag. Darin werden auch Modelle<br />

trägerübergreifender und sozialräumlicher Finanzierung<br />

geprüft.<br />

• Die <strong>GEW</strong> setzt ihre Beratung der Praxis<br />

durch die Herausgabe von Handreichungen<br />

zum Index für Inklusion fort.<br />

• Die <strong>GEW</strong> bietet verstärkt berufsfachliche<br />

Fortbildungen zu „Inklusion“ an.<br />

• Die <strong>GEW</strong> intensiviert ihre politische Arbeit<br />

zur Umsetzung von Inklusion. Im Einzelnen<br />

wirkt die <strong>GEW</strong> daraufhin, dass:<br />

- der freie Zugang zur wohnortnahen Tageseinrichtung<br />

für Kinder für alle Kinder gesichert<br />

ist.<br />

Der Rechtsanspruch für einen Kita-Platz gilt ab<br />

dem 1. August 2013 für alle Kinder ab dem ersten<br />

Lebensjahr. Eltern haben das Recht, die für<br />

ihr Kind geeignete Tageseinrichtung für Kinder<br />

frei zu wählen. Die Einschränkungen in SGB VIII<br />

und dessen Ausführungsregelungen für Kinder<br />

mit Behinderungen („sofern der Hilfebedarf<br />

dies zulässt“, §22a, Abs. 4) sind aufzuheben.<br />

Sondereinrichtungen und Kindergärten für Kinder<br />

mit Behinderungen, die der Behindertenhilfe<br />

bzw. dem Schulwesen zugeordnet sind,<br />

sind in wohnortnahe Regeleinrichtungen der<br />

Jugendhilfe umzuwandeln. Die Überleitung in<br />

die allgemeinen Strukturen des Elementarbereichs<br />

muss unter vollständiger Wahrung der<br />

Arbeitnehmerrechte der Beschäftigten vorgenommen<br />

werden.<br />

- Angebote der Frühförderung in Regelstrukturen<br />

eingebunden werden.<br />

Für den Bildungsweg von Kindern mit Entwicklungsrisiken<br />

und (drohenden) Behinderungen<br />

werden schon in frühen Jahren Weichen gestellt.<br />

Frühförderung als Komplexleistung kann,<br />

sofern sie sich als Teil eines inklusiven Systems<br />

versteht, die Erziehung, Bildung und Betreuung<br />

dieser Kinder unterstützen. Dabei darf der<br />

Fokus allerdings nicht auf den Defiziten des Kindes<br />

und seiner Sorgeberechtigten liegen,<br />

sondern muss vielmehr deren Stärken und<br />

Ressourcen im Blick haben. Die Frühförderung<br />

muss sich stärker als ein auf Inklusion orientiertes<br />

Beratungsangebot für Familien verstehen.<br />

Die Beratung der Eltern muss möglichst früh<br />

ansetzen, damit alle Kinder von dem Besuch einer<br />

Tageseinrichtung für Kinder profitieren. Die<br />

Frühförderung muss sich als wohnortnahes<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

147


Angebot in die Regelstrukturen des Elementarbereichs<br />

einbinden.<br />

- Profession, Qualifikation und Kooperation<br />

für Inklusion im multiprofessionellen Team<br />

implementiert ist.<br />

Kindertageseinrichtungen müssen ein neues<br />

Verständnis von Profession entwickeln. In der<br />

Ausbildung von Fachkräften für Tageseinrichtungen<br />

für Kinder (Erzieher/innen, Kindheitspädagog/innen)<br />

muss das Thema „Inklusion<br />

“ als Querschnittsthema verbindlich verankert<br />

werden. Inklusion muss Gegenstand Allgemeiner<br />

Pädagogik werden. Alle Pädagoginnen und<br />

Pädagogen brauchen Handlungskompetenzen<br />

für eine „Pädagogik der Vielfalt“. Inklusion verlangt<br />

eine Haltung hoher Empathie für jedes<br />

Kind, der Wertschätzung seiner Einzigartigkeit<br />

und des Respekts vor Differenz. Zu den „angemessenen<br />

Vorkehrungen“ der Inklusion<br />

gehören „multiprofessionelle Teams“ aus unterschiedlichen<br />

pädagogischen Berufen. Zu<br />

jedem Kita-Team gehören heilpädagogisch<br />

qualifizierte Fachkräfte. Deren Aufgabe ist neben<br />

der individuellen Unterstützung einzelner<br />

Kinder vor allem die Prozessbegleitung inklusiver<br />

Strukturen und Kulturen in der Einrichtung.<br />

<strong>Das</strong> Kita-Team kooperiert zur sonderpädagogischen<br />

und therapeutischen Unterstützung<br />

mit weiteren, externen Fachkräften und Diensten.<br />

- die Finanzierung von Tageseinrichtungen<br />

für Kinder für alle Kinder gesichert ist.<br />

Damit der Besuch einer Kindertageseinrichtung<br />

für jedes Kind möglich wird, sind die Finanzierungsregelungen<br />

für Kinder mit besonderem<br />

Unterstützungsbedarf im SGB VIII und dessen<br />

Ausführungsgesetzen zusammenfassend und<br />

einheitlich zu regeln. Die zersplitterten und<br />

unübersichtlichen Zuständigkeitsregelungen<br />

der unterschiedlichen Sozialleistungsträger sind<br />

zu beenden. Die Konstruktion der „Eingliederungshilfe“<br />

ist zu einem System von Rechtsansprüchen<br />

auf Beratung und Unterstützung umzuwandeln.<br />

Die bisherigen Leistungen, die an<br />

die individuelle Antragstellung gebunden sind,<br />

müssen den Regeleinrichtungen verfügbar<br />

gemacht werden. Die Finanzierung muss dem<br />

Abbau von Barrieren dienen und die Ressourcen<br />

für „angemessene Vorkehrungen“ bereitstellen<br />

- Fachberatung und Coaching weiterentwickelt<br />

und gesichert werden.<br />

Jedes Kita-Team muss in der Entwicklung seiner<br />

inklusiven Praxis zum Abbau von Barrieren für<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

148


Spiel, Lernen und Partizipation die Möglichkeit<br />

fachlicher Beratung haben. Die Beratung bezieht<br />

sich sowohl auf Organisations- und Prozessbegleitung<br />

als auch auf die Reflexion der<br />

pädagogischen Praxis. Auch die Fachberater/innen<br />

selbst haben Bedarf und Anspruch auf<br />

Qualifizierung. Deren Träger müssen gewährleisten,<br />

dass die Fachberatung in der Lage<br />

ist, die Prozesse von Inklusion sowohl in der<br />

Pädagogik als auch in den Institutionen und<br />

den Netzwerken des Sozialraums zu begleiten.<br />

- der Übergang von der Tageseinrichtung in<br />

die Grundschule ohne Stigmatisierung gelingt.<br />

Für die Vorbereitung des Übergangs von der<br />

Kindertageseinrichtung in die Grundschule sind<br />

angemessene Vorkehrungen zu treffen. Eine<br />

Aussonderung von Kindern in dieser Phase des<br />

Bildungsverlaufs widerspricht dem Anspruch<br />

des Kindes auf uneingeschränkte Teilhabe. Der<br />

Übergang muss ohne Stigmatisierung gelingen.<br />

Hierzu ist eine enge Zusammenarbeit zwischen<br />

Eltern, Tageseinrichtung und Schule erforderlich.<br />

Für den Übergang eventuell notwendige<br />

Diagnostikverfahren müssen so gestaltet werden,<br />

dass sie Kinder nicht beschämen, sondern<br />

ihre Stärken und Entwicklungschancen betonen.<br />

Sie sollen im gewohnten Umfeld des Kindes<br />

durchgeführt werden. Nicht das Kind muss<br />

beweisen, dass es schulfähig ist, sondern die<br />

Schule muss Maßnahmen ergreifen, die geeignet<br />

sind, jedes Kind aufzunehmen. Alle Konzepte<br />

und Programme des Überganges gelten<br />

uneingeschränkt für alle Kinder.<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

149


3.12 Auf dem Weg zu einem inklusiven<br />

Schulsystem<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Empfehlung wird nachgereicht<br />

Grundsätze<br />

1. Die <strong>GEW</strong> geht von einem umfassenden<br />

Verständnis von Inklusion aus. Danach hat<br />

jeder Mensch das Recht und erhält die Möglichkeit,<br />

sich vollständig und gleichberechtigt an<br />

allen gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen<br />

– und zwar von Anfang an und unabhängig<br />

von individuellen Fähigkeiten,<br />

kultureller, ethnischer wie sozialer Herkunft,<br />

Geschlecht oder Alter.<br />

2. Inklusion ist ein Auftrag für die gesamte<br />

Gesellschaft und ihre Einrichtungen auf allen<br />

Ebenen. Für das alltägliche Leben der Menschen<br />

ist die kommunale Ebene entscheidend.<br />

Besonders bedeutsam sind dabei die Bildungseinrichtungen,<br />

die inklusive Strukturen und<br />

Lernsettings, aber auch eine inklusive Pädagogik<br />

entwickeln müssen.<br />

3. Eine Verengung von Inklusion auf Menschen<br />

mit Behinderungen und Beeinträchtigungen<br />

lehnt die <strong>GEW</strong> ab, aber sie betont andererseits<br />

die Wichtigkeit von Inklusion gerade für<br />

diese Gruppe.<br />

4. Für eine inklusive Gesellschaft sind inklusive<br />

Schulen von zentraler Bedeutung. Die<br />

inklusive Schule ist Eine Schule für Alle bis zum<br />

Ende der Pflichtschulzeit. In einer inklusiven<br />

Schule sind alle Kinder und Jugendlichen willkommen<br />

- unabhängig von ihrem Geschlecht,<br />

ihren individuellen Fähigkeiten oder Beeinträchtigungen,<br />

von ihrer kulturellen, ethnischen<br />

wie sozialen Herkunft.<br />

5. Die Schaffung eines inklusiven Schulsystems<br />

ist aus Sicht der <strong>GEW</strong> ein Gebot der<br />

Humanität und gesellschaftspolitischen Vernunft,<br />

auch wenn die selektive Ausrichtung<br />

des traditionellen deutschen Schulwesens dazu<br />

im Widerspruch steht und vor allem für die<br />

Schulen und das pädagogische Personal damit<br />

erhebliche Schwierigkeiten und Herausforderungen<br />

verbunden sind.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Kritik aktueller Entwicklungen<br />

6. Die <strong>GEW</strong> kritisiert, dass die Umsetzung<br />

der UN-Behindertenrechtskonvention in den<br />

150


meisten Bundesländern im Schulbereich nur<br />

sehr schleppend vorangeht und teilweise sogar<br />

hintertrieben wird, indem Eltern auf den<br />

Rechtsweg gedrängt werden, wenn ihr Kind in<br />

einer allgemeinen Schule lernen soll. Aufs<br />

Schärfste kritisiert die <strong>GEW</strong> diejenigen Landesregierungen,<br />

die Etikettenschwindel betreiben<br />

und ihr selektives Schulsystem "inklusiv" nennen,<br />

obwohl sie bestenfalls das gemeinsame<br />

Lernen in der Primarstufe bzw. die zielgleiche<br />

Unterrichtung in der Sekundarstufe dulden<br />

oder die Einrichtung einer Sonderschulklasse in<br />

räumlicher Nähe zu einer allgemeinen Schule<br />

bereits als Inklusion ausgeben. Für <strong>GEW</strong> ist die<br />

zielgleiche Beschulung von Menschen mit Behinderungen<br />

eine selbstverständliche Aufgabe<br />

aller Schulen, aber kein ausreichender Nachweis,<br />

dass Schulen bereits inklusive Schulen<br />

sind. Von inklusiver Pädagogik kann man erst<br />

dann sprechen, wenn die zieldifferente Beschulung<br />

zur Normalität geworden ist.<br />

7. Die <strong>GEW</strong> kritisiert mit Nachdruck die<br />

vielerorts unzureichenden Rahmenbedingungen<br />

für inklusive Settings sowie alle Versuche,<br />

Inklusion kostenneutral zu versuchen oder<br />

sogar zu Einsparzwecken zu missbrauchen. Besonders<br />

verwerflich ist, wenn durch unzureichende<br />

Rahmenbedingungen in den Regelschulen<br />

der "Elternwille" in Richtung Sonderschule<br />

gelenkt wird. So lange Förder-/Sonderschulen<br />

und allgemeine Schulen parallel angeboten<br />

werden, sind höhere Kosten unausweichlich.<br />

Landesregierungen, die dies durch<br />

eine schlechte Ausstattung der allgemeinen<br />

Schulen umgehen, handeln gegen die UN-Konvention<br />

und die Interessen der jungen Menschen<br />

mit Behinderungen.<br />

8. Die <strong>GEW</strong> kritisiert, dass sich die Kultusministerkonferenz<br />

(KMK) nicht auf ein umfassendes<br />

Verständnis von Inklusion verständigen<br />

konnte. Die Folge sind völlig ungleiche Entwicklungen<br />

in den einzelnen Bundesländern sowie<br />

die fälschliche Verwendung des Begriffes "Inklusion".<br />

Auftrag und Ziel ist zwar ein "inklusives"<br />

Schulsystem, bei der praktischen Umsetzung<br />

handelt es sich in der derzeitigen Entwicklungsphase<br />

jedoch zumeist um "Integration".<br />

9. Die <strong>GEW</strong> kritisiert, dass der gemeinsame<br />

Unterricht bzw. die Integration von<br />

Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

151


vor allem als Aufgabe von Grundschulen,<br />

Hauptschulen, Sekundarstufenschulen, Integrierten<br />

Gesamtschulen und Gemeinschaftsschulen<br />

angesehen und wahrgenommen wird.<br />

<strong>Das</strong> zeigt sich besonders bei der Frage, welche<br />

Schulformen diejenigen Kinder und Jugendlichen<br />

aufnehmen sollen, die den Förderschwerpunkten<br />

Lernen, Geistige Entwicklung, Sprache<br />

und emotional-soziale Entwicklung zugewiesen<br />

sind. Realschulen und Gymnasien gelten hier<br />

als nicht zuständig. Daran zeigt sich besonders<br />

deutlich, dass Inklusion bzw. die Integration<br />

von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen<br />

das hierarchisch gegliederte deutsche<br />

Schulsystem deutlich an seine Grenzen führt.<br />

10. Die <strong>GEW</strong> hält es für ein gravierendes<br />

Versäumnis, dass Inklusion für die Studienreformmaßnahmen<br />

im Zuge des Bologna-Prozesses<br />

kein Thema war und es nunmehr eines<br />

neuerlichen Reformprozesses bedarf, um vor<br />

allem die lehrerausbildenden Studiengänge<br />

entsprechend umzugestalten.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

Forderungen<br />

11. Die <strong>GEW</strong> fordert mit Nachdruck, dass<br />

sich alle Schulen allen jungen Menschen öffnen<br />

und sich in der Perspektive zu inklusiven<br />

Schulen weiter entwickeln. Dazu gehört, dass<br />

alle Schulen zieldifferent und binnendifferenziert<br />

arbeiten. "Schwerpunktschulen für Inklusion"<br />

sind als Zielperspektive nicht akzeptabel,<br />

allenfalls als Schritt in Richtung Inklusion.<br />

12. Die Förder-/ Sonderschulen der Schwerpunkte<br />

Lernen/ Sprache/ Verhalten sollen auslaufen,<br />

indem in Zukunft dort keine Kinder<br />

mehr eingeschult werden. Regelschulen können<br />

über Verbünde mit Sonderschulen zusammenwachsen.<br />

Für die erfolgreiche gemeinsame<br />

Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit<br />

auffälligem Verhalten werden schnell erreichbare<br />

Hilfs- und Unterstützungsmöglichkeiten<br />

sowie spezielle Qualifizierungsangebote für<br />

die Pädagog/innen benötigt.<br />

13. Die <strong>GEW</strong> bekräftigt ihre Forderung, in<br />

den Schulgesetzen die Entwicklung zu einem<br />

inklusiven Schulsystem als Staatsziel zu verankern<br />

und Aktionspläne für ihre Umsetzung<br />

gemeinsam mit allen relevanten gesellschaftlichen<br />

Gruppen zu entwickeln. In Zeit-, Personalund<br />

Ressourcenplänen ist vor allem auch dar-<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

152


zulegen, wie die Auflösung bzw. Umwidmung<br />

der Sondereinrichtungen vonstattengehen soll.<br />

Der Entwicklungsprozess ist in jedem Bundesland<br />

regelmäßig zu evaluieren.<br />

14. Bei der Überleitung des sonderpädagogisches<br />

Personals in den Bereich der allgemeinen<br />

Schulen sind die Wünsche der Sonderpädagog/innen<br />

sowohl hinsichtlich ihres<br />

Dienstortes wie auch ihres Aufgabenbereichs<br />

(Beratung, Unterricht, Leitung) zu berücksichtigen.<br />

Sonderpädagogische "Wanderarbeiter",<br />

die mit wenigen Stunden in mehr als zwei<br />

Schulen eingesetzt werden, darf es nicht geben.<br />

In Ausnahmefällen muss es deutliche<br />

Arbeitserleichterungen für die Betroffenen geben.<br />

15. <strong>Das</strong> pädagogische Personal braucht für<br />

den Paradigmenwechsel von einem selektiven<br />

zu einem inklusiven Schulwesen ein großes<br />

Maß ideeller und materieller Unterstützung<br />

und Wertschätzung durch die gesamte Gesellschaft.<br />

Es geht schließlich für alle pädagogischen<br />

Professionen darum, ein grundlegend<br />

neues Professionsverständnis zu entwickeln,<br />

das die Defizitorientierung überwindet und die<br />

individuelle (Kompetenz-) Entwicklung und das<br />

gesunde Aufwachsen der Kinder und Jugendlichen<br />

in den Mittelpunkt stellt, nicht das<br />

gleichschrittige Unterrichten von Fächern .<br />

Zudem müssen alle Verantwortlichen lernen, in<br />

multiprofessionellen Teams, die nicht nur aus<br />

Lehrer/innen, sondern auch aus Sozialpädagog/innen,<br />

Schulpsycholog/innen, medizinischem<br />

Personal und Pflegekräften, Schulberatern,<br />

Berufseinstiegsbegleitern, Künstlern,<br />

Mentor/innen und Botschafter/innen für interkulturelle<br />

Kompetenz bestehen, gemeinsam<br />

Verantwortung zu übernehmen. Die beruflichen<br />

Anforderungen und Erwartungen an die<br />

verschiedenen Professionen müssen in gemeinsamen<br />

Kommunikations- und Aushandlungsprozessen<br />

geklärt werden.<br />

16. Menschen mit Behinderungen und solche<br />

mit Einwanderungsgeschichte sollen gezielt<br />

für pädagogische Berufe geworben werden.<br />

17. Inklusive Schulen sind erfolgreich nur in<br />

einem konsequenten Schulentwicklungsprozess<br />

zu erreichen. Alle Schulentwicklungsprozesse<br />

sind deshalb unter der Zielperspektive Inklusion<br />

anzulegen. Die <strong>GEW</strong> fordert systematische<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

153


und verpflichtende Fortbildungsangebote für<br />

Lehrerinnen und Lehrer sowie ausreichende<br />

Ressourcen für Schulentwicklungsprozesse. Die<br />

Gebärdensprache sowie die Herkunftssprachen<br />

sollen im Fächerkanon der allgemeinbildenden<br />

Schulen den Rang einer Fremdsprache erhalten<br />

und in die Lehrerbildung aufgenommen werden.<br />

18. In Anbetracht der Vielfalt an unseren<br />

Schulen fordert die <strong>GEW</strong> die Vermittlung interkultureller<br />

Kompetenz als Pflichtbestandteil<br />

in die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrer/innen<br />

aufzunehmen.<br />

19. Die Aktualisierung von Schulbüchern<br />

und pädagogischen Unterrichtsmaterialien hinsichtlich<br />

der Darstellung von Vielfalt und Inklusion<br />

ist dringend nötig.<br />

20. Die <strong>GEW</strong> verlangt, dass die sächliche<br />

und personelle Ausstattung von Schulen, die<br />

sich Richtung Inklusion entwickeln, an den Bedürfnissen<br />

aller Kinder und Jugendlichen ausgerichtet<br />

wird. Schulen müssen so ausgestattet<br />

sein, dass die Arbeit in multiprofessionellen<br />

Teams ermöglicht wird. Insbesondere sind hier<br />

auch die Schulträger gefragt, die baulich für<br />

eine behindertengerechte Ausstattung der<br />

Schulen und für die Bereitstellung der notwendigen<br />

Hilfsmittel zuständig sind. Mobile Unterstützungsdienste<br />

(z. B. "Zentren für unterstützende<br />

Pädagogik") sollen im Bereich der<br />

Regelschulen angesiedelt werden. Dazu<br />

gehören auch Mentor/innen und Botschafter/<br />

innen für interkulturelle Kompetenz und interkulturelle<br />

Öffnung.<br />

21. Die <strong>GEW</strong> setzt sich für eine pauschale<br />

Ressourcenzuweisung ein, die die multiprofessionellen<br />

Bedarfe und den Sozialindex des<br />

schulischen Umfelds berücksichtigt. Voraussetzung<br />

ist allerdings der Nachweis, dass damit<br />

keine Verschlechterung für die bisherige Integrationsarbeit<br />

("Inklusion light") oder eine<br />

Kürzung der Gesamtmittel für Inklusion/ Integration<br />

verbunden ist.<br />

22. Eine Ressourcenzuweisung auf Grund<br />

einer speziellen Zuschreibungsdiagnostik hält<br />

die <strong>GEW</strong> wegen des Etikettierungsdilemmas<br />

und der Gefahr der schulinternen Separierung<br />

im Grundsatz nicht für sinnvoll. Wo der<br />

Ressourcenbedarf jedoch auf dieser Grundlage<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

265<br />

154


ermittelt wird und "Integrationsklassen" gebildet<br />

werden, verlangt die <strong>GEW</strong> eine personelle<br />

Doppelbesetzung. <strong>Das</strong> Personal zur Unterstützung<br />

von Menschen mit Behinderungen<br />

muss dabei nicht immer dem sonderpädagogischen<br />

Bereich entstammen. Je nach Bedarf<br />

werden z.B. eher Kinderkrankenpfleger/innen<br />

oder Assistenzkräfte gebraucht. Bei Doppelbesetzung<br />

muss die pädagogische Arbeit zwingend<br />

als Teamarbeit konzipiert werden.<br />

23. Die <strong>GEW</strong> hält pauschale Forderungen<br />

zur Größe von integrativen Lerngruppen nicht<br />

für ratsam. Die Gruppengröße muss ins Verhältnis<br />

zur Gesamt-Personalausstattung (Lehrer-Schüler-Verhältnis)<br />

und zur Arbeitsweise<br />

(z.B. Teamarbeit) gesetzt werden, jedoch in der<br />

Regel deutlich unterhalb des Klassenteilers<br />

liegen.<br />

24. Inklusive Pädagogik braucht eine inklusive<br />

Lehrerbildung. Die <strong>GEW</strong> fordert ein einheitliches<br />

Lehramt, das die bisherigen auf Lehrämter<br />

bezogenen Studiengänge zusammenführt.<br />

Eine Differenzierung nach Altersstufen<br />

der Schülerinnen und Schüler und nach<br />

speziellen pädagogischen Aufgaben soll erst in<br />

der Masterphase erfolgen. Inklusion ist nicht<br />

vorrangig Aufgabe der Sonderpädagogen - es<br />

geht aber nicht ohne ihre Kompetenzen. An<br />

die Stelle eines grundständigen Studiums der<br />

Sonderpädagogik soll eine entsprechende Spezialisierung<br />

in der Masterphase treten.<br />

25. Alle angehenden Lehrerinnen und Lehrer<br />

müssen sich in allen Ausbildungsphasen auf<br />

die inklusive Schule vorbereiten. <strong>Das</strong> bedeutet,<br />

sie müssen im Studium und Referendariat obligatorische<br />

Studienangebote und Lerngelegenheiten<br />

zur inklusiven Schule und Pädagogik<br />

sowie zu Grundlagen der Förderdiagnostik vorfinden<br />

und zwar sowohl in den Bildungs- und<br />

Fachwissenschaften wie auch in den<br />

Praxisphasen. Der Umgang mit Heterogenität<br />

und Vielfalt ist in den Mittelpunkt der Lehrerausbildung<br />

zu stellen. Dazu gehört auch eine<br />

grundlegende Ausbildung im Bereich der interkulturellen<br />

Bildung und Erziehung und der<br />

durchgängigen Sprachbildung für Lehrkräfte aller<br />

Schularten.<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

315<br />

26. Die KMK-Vereinbarung zur gegenseitigen<br />

Anerkennung der Abschlüsse sowie die<br />

Lehrerausbildungsgesetze der Bundesländer<br />

155


müssen im Sinne einer inklusiven Pädagogik<br />

überarbeitet werden.<br />

27. Die Kombination von Unterrichtsfächern<br />

mit einem sonderpädagogischen Schwerpunkt<br />

soll in jedem Lehramtstyp möglich sein und von<br />

allen Bundesländern anerkannt werden, auch<br />

wenn es diese Kombination nicht in jedem<br />

Bundesland gibt.<br />

28. Dienstrechtlich sind die Voraussetzungen<br />

zu schaffen, dass Lehrer/innen mit dem<br />

Lehramt der Sonderpädagogik auch Zugang zu<br />

Beförderungsstellen an allgemeinbildenden<br />

Schulen haben. Studienreferendare für das<br />

Lehramt der Sonderpädagogik sollen auch an<br />

allgemeinbildenden Schulen ihren Vorbereitungsdienst<br />

absolvieren können.<br />

29. Die inklusive Schule verträgt keine unterschiedliche<br />

Bezahlung nach Lehramtstypen. Um<br />

Professionskonkurrenzen zu entgehen, fordert<br />

die <strong>GEW</strong> eine einheitliche Bezahlung für alle<br />

Lehrertätigkeiten auf der Basis von A 13/E 13.<br />

320<br />

325<br />

330<br />

335<br />

340<br />

156


3.13 Universalisierung des Inklusions-<br />

Begriffs<br />

Antragsteller: BA Multikulturelle<br />

Angelegenheiten<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Empfehlung wird nachgereicht<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich für die Universalisierung des<br />

Inklusions-Begriffs ein:<br />

keine Engführung auf die Integration Behinderter,<br />

vielmehr gleichberechtigte gesellschaftliche<br />

Teilhabe aller von Anfang an und "Schule für<br />

alle".<br />

Begründung<br />

Inklusion im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention<br />

von 2006 (in Deutschland seit 2009<br />

in Kraft) fordert letztlich gleiche gesellschaftliche<br />

Teilhabe für alle Menschen. Denn "Inklusion"<br />

nur einiger Menschen ist ein Widerspruch<br />

in sich.<br />

Grundsatz der inklusiven Pädagogik ist vielmehr<br />

die Wertschätzung der gesellschaftlichen<br />

Vielfalt in Erziehung und Bildung. Separierung<br />

ist damit nicht vereinbar.<br />

<strong>Das</strong>s "Inklusion" von Behinderten mittlerweile<br />

in der öffentlichen Diskussion als nötig anerkannt<br />

wird, ist gut, reicht aber nicht aus.<br />

Die Benachteiligung von Menschen mit<br />

Einwanderungsgeschichte und mit nicht-deutscher<br />

Familiensprache etwa ist wissenschaftlich<br />

belegt. Sie sind z. B an "Förderschulen" überrepräsentiert,<br />

obgleich die Ursache für mangelnden<br />

Schulerfolg häufig die zu geringe Kompetenz<br />

in deutscher Sprache ist. Deren Beseitigung<br />

aber ist nicht nur eine individuelle Aufgabe,<br />

sondern die einer Didaktik und Pädagogik,<br />

die es als ihre Aufgabe sehen, "den individuellen<br />

Bedürfnissen aller zu entsprechen."<br />

* Eine solche inklusive Bildung verlangt<br />

eine "Schule für alle" statt des hergebrachten<br />

gegliederten Schulsystems.<br />

Wegen der voraussehbaren Herausforderungen<br />

und Schwierigkeiten auf dem Weg dorthin wird<br />

sie häufig als Utopie bezeichnet. Dem ist zum<br />

einen zu entgegnen, dass Utopie (griech. Nicht-<br />

Ort) im Sinn eines Noch-nicht-Orts, einer<br />

Zielidee, die Voraussetzung von Fortschritt ist,<br />

und zum anderen, dass z.B. in skandinavischen<br />

Ländern bereits erfolgreiche Realisierungsmöglichkeiten<br />

praktiziert werden.<br />

Anmerkungen<br />

* Vgl. den in der Tendenz universalen Inklusions-Begriff<br />

im "Handlexikon der Behinderten-<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

157


pädagogik" (2006):<br />

Andreas Hinz definiert ihn dort als<br />

"...allgemeinpädagogische[n] Ansatz, der … sich<br />

gegen jede gesellschaftliche Marginalisierung<br />

wendet und somit allen Menschen das gleiche<br />

volle Recht auf individuelle Entwicklung und soziale<br />

Teilhabe ungeachtet ihrer persönlichen<br />

Unterstützungsbedürfnisse zugesichert sehen<br />

will. Für den Bildungsbereich bedeutet dies einen<br />

uneingeschränkten Zugang und die<br />

unbedingte Zugehörigkeit zu allgemeinen<br />

Kindergärten und Schulen des sozialen Umfeldes,<br />

die vor der Aufgabe stehen, den individuellen<br />

Bedürfnissen aller zu entsprechen - und<br />

damit wird dem Verständnis der Inklusion entsprechend<br />

jeder Mensch als selbstverständliches<br />

Mitglied der Gemeinschaft anerkannt."<br />

(Andreas Hinz in: Bleidick u. a (Hrsg.),<br />

Handlexikon der Behindertenpädagogik.<br />

Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2006, S. 97–99 -<br />

gefunden in http://de.wikipedia.org/wiki/Inklusion_%28P%C3%A4dagogik%29#cite_note-5)<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

158


3.14 Inklusion – ein nicht umkehrbarer<br />

Weg<br />

- Erfahrungen aus Bremer Schulen nutzen -<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Empfehlung wird nachgereicht<br />

Antragsteller: LV Bremen<br />

"Inklusion als Prozess oder besser als politisches<br />

und pädagogisches Handeln mit gesellschaftlicher<br />

Bedeutung setzt den Willen, die<br />

Bereitschaft dazu voraus."<br />

Diesen Willen hat die <strong>GEW</strong> mit ihren Beschlüssen<br />

des Bundesgewerkschaftstages 2009 in<br />

Nürnberg deutlich bekundet:<br />

• Eindeutiger, gesetzlich verankerter Vorrang<br />

des Gemeinsamen Unterrichts (GU) vor der separierenden<br />

Unterrichtung.<br />

• Jedes Kind und jeder Jugendlicher hat einen<br />

gesetzlichen Anspruch auf gemeinsamen<br />

Unterricht in einer wohnortnahen Schule.<br />

Haushaltsvorbehalte, sächlich oder personell,<br />

dürfen dieses Recht nicht einschränken. Der<br />

Schulträger hat dafür die Voraussetzungen zu<br />

schaffen.<br />

• Ausreichende sonderpädagogische, sozialpädagogische<br />

und pflegerische Ressourcenzuteilung<br />

an allen Regelschulen.<br />

• Inklusions-/Integrationsfähigkeit von Regelschulen<br />

als vorrangiges Qualitätsmerkmal bei<br />

der Qualitätsüberprüfung und -beratung.<br />

• Gezielte Aus- und Fortbildungsangebote für<br />

Regel- und Förderschullehrkräfte in Integrations-/<br />

Inklusionspädagogik.<br />

Die <strong>GEW</strong> stellt fest, dass dem politischen Willen<br />

für ein inklusives Bildungssystem auch die Bereitstellung<br />

der erforderlichen Strukturen und<br />

Ressourcen folgen muss. Deshalb halten wir<br />

neben den obigen zentralen Forderungen<br />

folgende weiteren Maßnahmen für vordringlich:<br />

• Der Aufbau eines inklusiven Bildungsangebots<br />

ist eine Aufgabe, der sich alle Schulen in<br />

allen Schulstufen und allen Bundesländern zu<br />

stellen haben.<br />

• Der Weg zu einem inklusiven Bildungswesen<br />

muss verbunden sein mit konkreten Schritten<br />

zur Überwindung der Mehrgliederigkeit des<br />

deutschen Schulsystems. Im Ergebnis einer<br />

konsequent durchgeführten Inklusion kann es<br />

nur "Eine Schule für alle" geben. Jede Schule<br />

wird inklusive Schule, jede Klasse wird inklusive<br />

Klasse, jedes Kind ist – Kind.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

159


• Es ist mit geeigneten Steuerungsmaßnahmen<br />

sicherzustellen, dass alle Schulen eine ausreichende<br />

leistungsmäßige und soziale<br />

Durchmischung aufweisen. Hierzu sind bestehende<br />

Regelungen, die der sozialen Entmischung<br />

Vorschub leisten, zu korrigieren.<br />

• Für die Schaffung eines inklusiven Bildungssystems<br />

ist die Bereitstellung von zusätzlichen<br />

Ressourcen unabdingbar. "Schuldenbremse"<br />

und Personal-Kürzungsquoten widersprechen<br />

dieser notwendigen Voraussetzung. Der Prozess<br />

zur inklusiven Schule bedarf einer abgesicherten<br />

Finanzplanung. Spezielle Personal- und<br />

Schulraumplanung sind dafür kurz- und mittelfristig<br />

notwendig. Die Kosten der Inklusion<br />

müssen zum Prozessbeginn berechnet und in<br />

politischen Beschlüssen abgesichert sein. Nachsteuerungen<br />

sind aufgrund der während des<br />

Prozesses sich entwickelnden Neubedarfermittlung<br />

einzuplanen.<br />

• Die Schulen brauchen eine transparente,<br />

verlässliche nach sozialstrukturellen Kriterien<br />

verteilte pauschale Zuweisung der Ressourcen.<br />

• Grundsätzlich müssen jeder Schule sowohl<br />

für die Vorbereitung als auch für die Entwicklung<br />

im Prozess die notwendigen Ressourcen<br />

zur Verfügung stehen.<br />

• Um den Prozess zum inklusiven Schulsystem<br />

zu unterstützen, zu steuern und zu evaluieren,<br />

ist eine unabhängige wissenschaftliche Begleitung<br />

erforderlich, deren Ergebnisse zu veröffentlichen<br />

sind.<br />

• Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort sind<br />

die Träger des Prozesses. Es kommt dabei darauf<br />

an, sie zu beteiligen und inhaltlich für die<br />

Inklusion zu gewinnen. Konzeptionelle Vorgaben<br />

sind während des Prozesses mit ihnen zu<br />

reflektieren und zu überarbeiten.<br />

• Alle am Inklusionsprozess beteiligten<br />

Kolleginnen und Kollegen stehen vor neuen<br />

Herausforderungen, die z.T. ihr Berufsbild<br />

grundlegend verändern. Hierfür müssen sie<br />

durch hochwertige Fort- und Weiterbildung<br />

sowie Begleitung unterstützt werden.<br />

• Den Schulen müssen für die neuen und zusätzlichen<br />

Aufgaben und die Entwicklung hin<br />

zur inklusiven Beschulung angemessene<br />

Anrechnungsstunden zur Verfügung gestellt<br />

werden.<br />

• Multiprofessionelle Teamarbeit und Kooperation<br />

auch in regionalen Netzwerken sind<br />

Grundlagen eines Unterrichts in heterogenen<br />

Lerngruppen. Hierfür wird auf unterschiedli-<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

160


chen Ebenen Zeit benötigt. Diese muss gegeben<br />

werden.<br />

• Die Ausbildung der Lehrkräfte in der 1. als<br />

auch in der 2. Phase muss dem neuen Berufsbild<br />

entsprechend verändert werden. Die<br />

Herausforderungen durch eine inklusive Pädagogik<br />

sind fachdidaktisch und erziehungswissenschaftlich<br />

zu bearbeiten. Entsprechende Veränderungen<br />

sind in den Ausbildungen der anderen<br />

beteiligten Professionen vorzunehmen.<br />

• Die inklusive Schule verträgt keine unterschiedliche<br />

Bezahlung nach Lehramtstypen.<br />

Auf den Anfang kommt es an! Gerade der Aufbau<br />

eines inklusive Schulsystems benötigt intensive<br />

Unterstützung in Form von Ressourcen<br />

sowie eine enge konzeptionelle Begleitung –<br />

auch zur Förderung seiner gesellschaftlichen<br />

Akzeptanz.<br />

Die <strong>GEW</strong> stellt fest, dass der Weg zu einem inklusiven<br />

Bildungssystem kein umkehrbarer Weg<br />

ist und fordert die dafür nötige Unterstützung<br />

durch Politik und Verwaltung für die Schulen.<br />

Begründung<br />

Der Antrag resultiert aus den ersten Erfahrungen<br />

mit der Umsetzung des Bremischen<br />

Schulgesetzes. Ausgehend von der Ratifizierung<br />

der UN-Behindertenrechtkonvention wurde in<br />

Bremen als erstem Bundesland ein Schulgesetz<br />

novelliert, mit dem die Einführung eines inklusiven<br />

Bildungssystems festgelegt wird.<br />

Gleichzeitig wurde jedoch das so genannte<br />

"Zwei-Säulen-Modell" eingeführt, das einen<br />

strukturellen Widerspruch zur Inklusion darstellt.<br />

Die Förderzentren werden schrittweise<br />

aufgelöst. Parallel dazu wird in der Stadt Bremen<br />

im Gegensatz zum Inklusionsprozess das<br />

gymnasiale Angebot ausgeweitet. Hierdurch<br />

werden Leistungsdurchmischung und soziale<br />

Durchmischung eingeschränkt, es entstehen<br />

ungünstige Lerngruppenkonstellationen.<br />

Eine Orientierung an der Bremer Machbarkeitsstudie<br />

von Klemm/Preuß-Lausitz (2009) hat<br />

sich als unzureichend erwiesen.<br />

Die chronische Unterfinanzierung des Bildungsbereichs<br />

führt dazu, dass politisch gesetzte Zielvorgaben<br />

und notwendige pädagogische Standards<br />

nicht umgesetzt werden.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

161


3.15 Inklusive Schule<br />

- Stellungnahme und Forderungen an die<br />

Politik –<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Empfehlung wird nachgereicht<br />

Antragsteller: LV Berlin<br />

"Präambel"<br />

1 Verbindliche inklusive Bildung<br />

2 Recht auf allgemeine Schule<br />

3 öffentlicher Diskurs<br />

4 Umsetzung<br />

4.1 Schulgesetzänderung<br />

4.2 Verordnungen und Rahmenlehrpläne<br />

4.3 Pädagogische Konzepte<br />

4.4 Schulentwicklung<br />

5 Qualität<br />

5.1 personelle Ressourcen<br />

5.1.1Deckelung der Stellen<br />

5.1.2Förderquoten/Zumessung<br />

5.1.3Stundenzuweisung für Integration<br />

5.1.4Frequenzen<br />

5.1.5Ressourcen der Sonderschulen<br />

5.1.6Transparentes Verteilungsverfahren<br />

5.1.7Sozialpädagogische Fachkräfte<br />

5.1.8weiteres Personal zur Unterstützung<br />

5.1.9Unterstützungssysteme<br />

5.1.10Kooperation<br />

5.1.11Vertretungen<br />

5.2 Qualifikation<br />

5.2.1Ausbildung<br />

5.2.2Fortbildung<br />

5.2.3Neueinstellungen<br />

5.3 Bauliche Maßnahmen/Sachausstattung<br />

6 Diagnostik<br />

Stellungnahme der <strong>GEW</strong> und Forderungen an<br />

die Politik<br />

Die <strong>GEW</strong> begrüßt die UN-Konvention über die<br />

Rechte von Menschen mit Behinderung, nach<br />

der Kinder und Jugendliche gleich welcher individuellen<br />

Fähigkeiten und Fertigkeiten und<br />

welcher Herkunft einen Rechtsanspruch auf inklusive<br />

Bildung haben. Dies entspricht langjährigen<br />

Forderungen der <strong>GEW</strong> nach einer "Schule<br />

für alle". Kinder und Jugendliche dürfen nicht<br />

mehr aufgrund von Behinderung, unterschiedlicher<br />

Bildungs- und Lernerfahrung, unterschiedlicher<br />

sozialer und ethischen Hintergründe und<br />

kognitiver Fähigkeiten separiert werden.<br />

Die bildungspolitischen Aktivitäten der Bundesländer<br />

zur Umsetzung der UN-Konvention deuten<br />

in unterschiedlicher Intensität ein Umdenken<br />

in Richtung eines inklusiven Schulsystems<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

162


an. Die <strong>GEW</strong> lehnt alle Überlegungen in Richtung<br />

Kostenneutralität als Voraussetzung des<br />

Umwandlungsprozesses ab, da unter dieser<br />

Bedingung die Einführung von Inklusion nicht<br />

umsetzbar ist.<br />

In diesem Kontext ist auch der Bund bei der<br />

Umsetzung eines inklusiven Bildungssystems<br />

mit in der Verantwortung und muss diese inhaltlich<br />

durch die KMK und finanzielle – vergleichend<br />

zum Ausbau des Ganztags – mit unterstützen.<br />

1 Verbindliche inklusive Bildung<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Umsetzung einer verbindlichen<br />

inklusiven Bildung, die jedes Kind und<br />

jede/n Jugendliche/n in seiner Unterschiedlichkeit<br />

wertschätzt und individuell fördert. In<br />

diesem Verständnis ist jedes Kind, jeder<br />

Jugendliche ein Inklusionskind. Inklusion bezieht<br />

sich auf die frühkindliche Bildung, alle<br />

allgemeinen Schulen, die Berufsbildung, die<br />

Hochschulen und den Übergang in die Arbeitswelt.<br />

Grundsätzlich gelten die Prinzipien der<br />

multiprofessionellen Versorgung, des Mit- und<br />

Voneinander Lernens und der Individualisierung<br />

von Lernprozessen.<br />

2 Recht auf allgemeine Schule<br />

Jedes Kind und jede/r Jugendliche erhält das<br />

uneingeschränkte Recht, die allgemeine Schule<br />

in Wohnortnähe zu besuchen.<br />

Dabei muss dem Anspruch der Schülerinnen<br />

auf "angemessene Vorkehrungen" zur<br />

bestmöglichen Förderung im allgemeinen<br />

Schulsystem entsprochen werden ("Herstellungsanspruch").<br />

3 Öffentlicher Diskurs<br />

Über die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention<br />

muss ein öffentlicher Diskurs<br />

organisiert werden, um Partizipation und<br />

Einfluss aller Beteiligten zu ermöglichen. Nur so<br />

kann auch die notwendige Bewusstseinsbildung<br />

gewährleistet werden, die einen<br />

Wandel vom selektiven zum inklusiven Denken<br />

und Handeln ermöglicht. Dieser Paradigmenwechsel<br />

ist eine wesentliche Voraussetzung<br />

für das Gelingen von Inklusion.<br />

Der Auftrag zur öffentlichen Werbung und<br />

Bewusstseinsbildung wird zurzeit noch nicht<br />

erfüllt. Wir fordern hier mehr Initiative und Einsatz<br />

durch die Kultusministerien.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

163


4 Umsetzung<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Kultusministerien auf, die<br />

UN-Konvention über die Rechte von Menschen<br />

mit Behinderung in allen Bildungseinrichtungen<br />

qualitativ hochwertig und konsequent umzusetzen.<br />

In allen Inklusionskonzepten müssen<br />

auch die gymnasiale Oberstufe und die Berufliche<br />

Bildung Berücksichtigung finden. Inklusion<br />

gilt für alle und deswegen müssen sich alle<br />

Schulen für alle Kinder öffnen. Die Herausnahme<br />

einzelner Schularten ist ein Widerspruch<br />

in sich.<br />

Für die konkrete Umsetzung müssen Konzepte<br />

entwickelt und mit allen Beteiligten dieses Prozesses<br />

diskutiert werden. Ein inklusives Schulsystem<br />

bedarf einer schrittweisen Umsetzung,<br />

die eng an die jeweiligen Bedingungen in den<br />

Kommunen und in den einzelnen Kiezen angelehnt<br />

sein muss.<br />

4.1 Änderung der Schulgesetze<br />

Eine sofortige Änderung der Schulgesetze ist<br />

notwendig. Dazu gehört vor allem die Abschaffung<br />

vorhandener Haushaltvorbehalte<br />

und die Abschaffung der Möglichkeit, ein Kind<br />

gegen den Wunsch der Eltern einer Sonderschule<br />

zuzuweisen. Eltern müssen das Recht<br />

auf Beschulung ihres Kindes in einer Regelschule<br />

eindeutig und schulgesetzlich abgesichert<br />

erhalten.<br />

Die kontinuierliche Umwandlung der Sonderschulen<br />

zu allgemeinen Schulen muss in<br />

Schulgesetzen verankert werden und zwar in<br />

dem Umfang, dass dem Elternwahlrecht entsprochen<br />

werden kann.<br />

4.2 Verordnungen und Rahmenlehrpläne<br />

Sämtliche Verordnungen müssen auch unter<br />

Beteiligung von integrationserfahrenen<br />

KollegInnen auf Inklusivität überprüft und verändert<br />

werden. Die Rahmenlehrpläne sind auf<br />

Basis von Mindeststandards inklusiv zu konzipieren.<br />

Beginnend mit den Bildungsprogrammen<br />

der Kitas sind alle Rahmenlehrpläne aufeinander<br />

abzustimmen. Dabei sind auch<br />

Bildungsprogramme für alle Formen von Ganztagsgrundschulen<br />

mit einzubeziehen.<br />

4.3 Pädagogische Konzepte<br />

Für alle Bildungsbereiche müssen pädagogische<br />

Konzepte, die eine Umsetzung der UN Konvention<br />

ermöglichen, (schul-)übergreifend entwickelt<br />

und bereitgestellt werden. Bereits vorhan-<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

164


dene Konzepte sind dabei zu berücksichtigen.<br />

4.4 Leitlinie der Schulentwicklung<br />

Inklusion muss die Leitlinie der Schulentwicklung<br />

sein. Dabei soll Inklusion als wertschätzender<br />

Umgang mit Vielfalt verstanden werden,<br />

der sich nicht auf die Dimension Behinderung<br />

beschränkt, sondern auch die kulturellen sowie<br />

sozialen Hintergründe, das Geschlecht, die unterschiedliche<br />

Leistungsfähigkeit und die Interessen<br />

der Schülerinnen berücksichtigt. Sowohl<br />

die Schulentwicklungsplanung der Länder und<br />

Kommunen als auch die Schulprogramme der<br />

Schulen müssen inklusiv ausgerichtet sein. Die<br />

Schulen müssen im inklusiven Schul- und Unterrichtsentwicklungsprozess<br />

wissenschaftlich<br />

unterstützt werden.<br />

5 Qualität<br />

Die Qualität der inklusiven Bildung muss<br />

oberste Priorität haben. Die benötigte individuelle<br />

Unterstützung muss jedem Kind in der<br />

allgemeinen Schule zur Verfügung gestellt und<br />

so dem Qualitätsanspruch der UN-Konvention<br />

entsprochen werden. Daher muss inklusive<br />

Bildung eine sachangemessene Ausstattung erhalten.<br />

Die erforderlichen Rahmenbedingungen<br />

für inklusive Bildung sind zu schaffen. Jede<br />

Schule und jedes Kollegium muss in die Lage<br />

versetzt werden, Kinder mit Behinderung und<br />

hohem Unterstützungsbedarf fördern zu können.<br />

Forderungen nach Kostenneutralität, wie sie<br />

auf verschiedenen Ebenen immer wieder erhoben<br />

werden, müssen zurückgenommen werden.<br />

Zumindest für die Übergangsphase zur inklusiven<br />

Schule ist ein Mehrbedarf an personellen<br />

und sächlichen Ressourcen vorhanden, der<br />

gedeckt werden muss.<br />

Der politische Wille zur Entwicklung einer inklusiven<br />

Schule muss seinen Niederschlag in<br />

der Bereitstellung von Haushaltsmitteln finden.<br />

Dies ist gesetzlich zu verankern.<br />

5.1 Personelle Ressourcen<br />

Sämtliche Ressourcen für die sonderpädagogische<br />

Förderung müssen "im System“ bleiben,<br />

d.h. die durch einen erwarteten Schülerrückgang<br />

gewonnenen Personalmittel müssen<br />

zur Umsetzung der inklusiven Schule genutzt<br />

werden. In den Bundesländern, in denen nicht<br />

mit einer demografischen Rendite zu rechnen<br />

ist (Hamburg, Berlin,….), müssen zusätzliche<br />

Mittel in den Haushalt eingestellt werden.<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

165


Sonderpädagoglnnen-Stellen der Sonderschulen<br />

müssen bei Auslaufen dieser Schulen in<br />

den allgemeinen Schulen verankert werden.<br />

Die personellen Ressourcen für angemessene<br />

pädagogische und sonderpädagogische Förderung<br />

sowie pflegerische Betreuung an allgemeinen<br />

Schulen müssen sichergestellt werden.<br />

5.1.1 Deckelung der Stellen<br />

Eine ggf. vorhandene Deckelung von LehrerInnenstellen<br />

für die Inklusion muss aufgehoben<br />

werden. Ebenso muss eine Deckelung von Stellen<br />

für IntegrationserzieherInnen und weiterem<br />

unterstützendem Personal aufgehoben<br />

werden. Eine bedarfsgerechte Ausstattung mit<br />

Stellen für Lehrkräfte sowie Stellen für sozialpädagogische<br />

Fachkräfte für den inklusiven Unterricht<br />

sowie für den Ganztag ist zu gewährleisten.<br />

Der derzeitige Standard ist<br />

zumeist nicht ausreichend, um gute Rahmenbedingungen<br />

für die inklusive Schule zu<br />

schaffen (siehe 5.1.3).<br />

5.1.2 Förderquoten/Zumessung<br />

Grundsätzlich begrüßen wir im Sinne der inklusiven<br />

Bildung eine pauschale Zuweisung der<br />

Ressourcen für Lernen, emotional und soziale<br />

Entwicklung und Sprache (LES) an die Schulen<br />

ohne individuelle Statusdiagnostik.<br />

Pauschale und nach Schularten und örtlichen,<br />

insbesondere sozialen Gegebenheiten bemessene<br />

Förderquoten und Stundenzumessungen<br />

bilden die Grundlage für die Zuweisung von<br />

Personalmitteln. Diese müssen in einem breiten<br />

Konsens unter Beteiligung von Betroffenen<br />

und Experten festgelegt werden.<br />

Ein besonderes Problem stellt die Zumessung<br />

von Personalressourcen für die Oberschulen<br />

dar. Die Zuweisung von zusätzlichem pädagogischem<br />

Personal muss grundsätzlich nach anderen<br />

Kriterien erfolgen als in den Grundschulen.<br />

Da Schulen der Sekundarstufe I keine<br />

Einzugsbereiche haben und in nachgefragten<br />

Schulen die Aufnahme nach besonderer Leistungsfähigkeit<br />

erfolgt, wird sich eine Konzentration<br />

von Schülerinnen mit Schwierigkeiten an<br />

einzelnen Schulen ergeben. Hier müssen<br />

Lösungen gefunden werden, die dem tatsächlichen<br />

Bedarf an sonderpädagogischer Förderung<br />

Rechnung tragen. Wir halten es für<br />

notwendig, dass erfahrene PraktikerInnen und<br />

ExpertInnen für die Sekundarstufe an der Erarbeitung<br />

eines solchen Konzepts beteiligt wer-<br />

210<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

166


den.<br />

5.1.3 Stundenzuweisung für Integration<br />

Die bisherige Stundenzuweisung der integrativen<br />

Beschulung ist daraufhin zu prüfen, ob sie<br />

den tatsächlichen Anforderungen genügt.<br />

Für besondere Projekte und Schulversuche im<br />

Rahmen der Umsetzung der inklusiven Schule<br />

soll eine spezielle Zuweisung von LehrerInnenstunden<br />

erfolgen. Es muss außerdem sichergestellt<br />

werden, dass SchülerInnen, bei denen<br />

sich erhebliche Probleme im Bereich ihrer emotional-sozialen<br />

Entwicklung zeigen, zusätzliche<br />

Förderstunden erhalten. Hier könnte auch<br />

alternativ eine besondere Zuweisung von zusätzlichem<br />

sozialpädagogischem Personal<br />

erfolgen.<br />

5.1.4 Frequenzen<br />

Um die individuelle Förderung aller Schülerinnen<br />

zu ermöglichen, dürfen die Klassenfrequenzen<br />

von 24 in den Grundschulen<br />

und 25 in den Sekundar-I-Schulen keinesfalls<br />

überschritten werden. In Schwerpunktschulen<br />

müssen die Frequenzen entsprechend der Aufnahme<br />

von Kindern mit Behinderung abgesenkt<br />

werden. Eine Reduzierung der Klassenfrequenzen<br />

(mit Frequenzausgleich) sind in<br />

einer Übergangsphase besonders in den<br />

Schulen notwendig, in denen viele SchülerInnen<br />

mit besonderen Bedarfen unterrichtet<br />

werden (überdurchschnittlich viele SchülerInnen<br />

mit sonderpädagogischem Förderbedarf,<br />

Kinder aus bildungsfernen Familien).<br />

In Schulen, die im Rahmen besonderer Projekte<br />

und Schulversuche inklusive Beschulung praktizieren,<br />

soll die SchülerInnenzahl pro Inklusionsklasse<br />

maximal 20 Schülerinnen betragen.<br />

5.1.5 Ressourcen aus Sonderschulen<br />

Die durch Schülerabbau frei werdenden<br />

Ressourcen der Sonderschulen müssen in vollem<br />

Umfang in die allgemeinen Schulen verlagert<br />

werden.<br />

Diese Umverteilung allein reicht allerdings<br />

nicht aus, um die Regelschulen in die Lage zu<br />

versetzen, Inklusion bei hohem qualitativem<br />

Anspruch zu verwirklichen.<br />

5.1.6 Transparentes Verfahren<br />

Die Zuweisung von zusätzlichen Stunden für<br />

Lehrkräfte und ErzieherInnen für die inklusive<br />

Schule muss nach einem gerechten und transparenten<br />

Verfahren erfolgen. Die Schulverwal-<br />

265<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

315<br />

167


tungen werden aufgefordert, eine umfassende<br />

und durchschaubare Berechnung der Ressourcen<br />

offen zu legen.<br />

5.1.7 Sozialpädagogische Fachkräfte<br />

Jede inklusive Schule erhält ganztägig eine Ausstattung<br />

mit ausgebildetem Fachpersonal (Integrationserzieher,<br />

Sozialpädagogen etc.), die<br />

eine erfolgreiche Inklusionsarbeit bei einem<br />

hohen Maß an individueller Zuwendung im<br />

Ganztag gewährleistet.<br />

Die für die Ganztagsschule benötigten zusätzlichen<br />

(Integrations-) Erzieherinnenstellen sind<br />

im Sinne der inklusiven Bildung ebenfalls als<br />

pauschale Ressourcenzuweisung für die Förderschwerpunkte<br />

Lernen, emotional-soziale Entwicklung<br />

und Sprache bereitzustellen (ohne individuelle<br />

Statusdiagnostik). Dies gilt für jede<br />

Form der Halb- und Ganztagsbetreuung.<br />

5.1.8 weiteres Personal zur Unterstützung<br />

Es bedarf verbindlicher Bemessungsgrundlagen<br />

für zusätzlich unterstützendes Personal, auf deren<br />

Basis sie den Schulen im benötigten Umfang<br />

zugewiesen werden. Darüber hinaus sind<br />

die Schulhelferinnen fachlich zu qualifizieren.<br />

5.1.9 Unterstützungssysteme<br />

Schulinterne und kommunale Unterstützungssysteme<br />

müssen aufgebaut bzw. ausgebaut<br />

werden. Damit die Einzelschulen schulinterne<br />

Unterstützungssysteme aufbauen und weiterführen<br />

können, brauchen sie eine stabile und<br />

langjährige Absicherung durch die verlässliche<br />

Vergabe von Mitteln an die Einzelschule.<br />

Dazu müssen die beteiligten Verwaltungen Aktions-<br />

und Maßnahmenpläne erstellen mit dem<br />

Ziel der Zusammenführung der bisher weitgehend<br />

getrennt agierenden Leistungssysteme<br />

Schule und Jugendhilfe bzw. Gesundheits- und<br />

Sozialdienste.<br />

Als Fürsorge für alle Schülerinnen sollen sich<br />

die Bildungsverwaltungen mit ihren Kooperationspartnern<br />

im Zuge der Umsetzung des Inklusionskonzeptes<br />

- hier besonders mit den gesetzlichen<br />

Krankenversicherungen - auch darauf<br />

verständigen, dass (wie in nahezu allen Industrieländern<br />

etabliert) Schulkrankenschwestern<br />

bzw. -pfleger zum Einsatz kommen.<br />

In den dezentralen Beratungs- und Unterstützungszentren<br />

sollte auch die Diagnostik<br />

durch Teams aus integrationserfahrenen<br />

Sonderpädagoglnnen und allgemeinen Päda-<br />

320<br />

325<br />

330<br />

335<br />

340<br />

345<br />

350<br />

355<br />

360<br />

365<br />

370<br />

168


goglnnen erfolgen.<br />

Es muss allerdings sichergestellt werden, dass<br />

die Beratungs- und Unterstützungszentren<br />

nicht aus umgewandelten sonderpädagogischen<br />

Förderzentren entstehen.<br />

5.1.10 Kooperation<br />

Die notwendige Kooperation in multiprofessionellen<br />

Teams muss ermöglicht werden. Dazu<br />

sind Zeiten im Rahmen der Stundenplanung<br />

bzw. Dienstplanung vorzusehen, Arbeitsplatzbeschreibungen<br />

entsprechend zu verändern<br />

und zusätzliche Stunden für Lehrkräfte und zusätzliche<br />

Personalmittel für ErzieherInnen bereitzustellen.<br />

5.1.11 Vertretung<br />

Es ist zu sichern, dass in den einzelnen Schulen<br />

die für die Inklusion zugewiesenen LehrerInnenstunden<br />

nicht als Vertretungsreserve genutzt<br />

werden.<br />

5.2 Qualifikation<br />

Alle an Inklusion beteiligten Institutionen und<br />

Personengruppen müssen in der Weiterentwicklung<br />

ihrer Kompetenzen unterstützt<br />

werden. Der inklusive Umwandlungsprozess ist<br />

bereits vor und während der Einführung der Inklusion<br />

von Qualifizierungsmaßnahmen zu begleiten.<br />

<strong>Das</strong> veränderte Professionsverständnis<br />

weg von der Defizitbeschreibung hin zur Beschreibung<br />

von Entwicklungschancen muss vor<br />

der Einführung der Inklusion eingeleitet werden.<br />

Die Qualifikation der Pädagoglnnen für die<br />

inklusive Schule muss weiterentwickelt werden.<br />

5.2.1 Ausbildung<br />

Die LehrerInnenbildung und die ErzieherInnenausbildung<br />

müssen auf Inklusion ausgerichtet<br />

werden. Alle künftigen PädagogInnen benötigen<br />

eine Basisqualifikation in den Bereichen<br />

interkulturelles Lernen und sonderpädagogische<br />

Förderung. Universitäten haben die Aufgabe,<br />

künftige Lehrkräfte für den Unterricht in<br />

der inklusiven Schule und den Umgang mit Heterogenität<br />

auszubilden, vor allem in den<br />

Fachdidaktiken und in Erziehungswissenschaft.<br />

In alle Ausbildungsgänge für ErzieherInnen soll<br />

ein Modul "Pädagogik der Differenz" integriert<br />

werden.<br />

5.2.2 Fortbildung<br />

Inklusion soll zum Fortbildungsschwerpunkt aller<br />

PädagogInnen in den Ländern und Kommu-<br />

375<br />

380<br />

385<br />

390<br />

395<br />

400<br />

405<br />

410<br />

415<br />

420<br />

425<br />

169


nen gemacht werden und dabei konzeptionell<br />

auf die Herausforderung der Vielfalt selbst mit<br />

allen Facetten von individuellen Fähigkeiten<br />

und Herkunft reagieren und diese weiter entwickeln.<br />

PädagogInnen müssen systematisch<br />

und verbindlich befähigt werden, Kindern beim<br />

gemeinsamen Lernen individuelle Fortschritte<br />

zu ermöglichen. Sowohl für die Lehrkräfte der<br />

allgemeinen Schule als auch für Sonderpädagoglnnen<br />

und ErzieherInnen müssen kontinuierlich<br />

bedarfsorientierte und bedarfsdeckende<br />

Fortbildungen angeboten werden, um sie für<br />

die Arbeit in heterogenen Lerngruppen und in<br />

multiprofessionellen Teams zu qualifizieren.<br />

Es muss ausgeschlossen werden, dass notwendige<br />

Fortbildungen zu einer zusätzlichen<br />

Arbeitsbelastung führen. Ein Teil der notwendigen<br />

Qualifizierungsmaßnahmen für Lehrerinnen<br />

müssen innerhalb der Unterrichtszeit<br />

liegen bzw. durch Anrechnungsstunden in<br />

angemessenem Umfang ausgeglichen werden.<br />

Wir schlagen gemeinsame schulinterne<br />

Fortbildungen an zusätzlichen Studientagen zur<br />

Inklusionspädagogik vor.<br />

5.2.3 Neueinstellungen<br />

Bei Neueinstellung sind die Werbung und Einstellungsmöglichkeiten<br />

für Menschen mit Migrationshintergrund<br />

und/ oder einer Einschränkung<br />

oder Behinderung besonders voranzutreiben.<br />

Sie sind die Vorbilder für die Vielfalt<br />

und schaffen Glaubwürdigkeit und Vertrauen.<br />

5.3 Bauliche Maßnahmen/Sachausstattung<br />

Für die räumliche Ausstattung aller Schulen<br />

und deren Einrichtung müssen Mindeststandards<br />

(z.B. Therapie-, Rhythmik-, Teilungsräume)<br />

festgelegt werden. Mit den Schulträgern<br />

ist ein mittelfristiger Zeitplan für die<br />

entsprechenden Baumaßnahmen zu vereinbaren.<br />

Die benötigten Mittel für diese Maßnahmen<br />

sind ebenso bereitzustellen wie für technischtherapeutische<br />

Geräte und spezielle pädagogische<br />

Materialien.<br />

6 Diagnostik<br />

Im Gegensatz zur bisherigen Integration muss<br />

im Sinne der Inklusion zumindest im Bereich<br />

der Förderschwerpunkte Lernen, emotional-soziale<br />

Entwicklung und Sprache auf administrativ<br />

angeordnete diagnostische Verfahren verzichtet<br />

werden. Für alle Schülerinnen ist statt einer<br />

430<br />

435<br />

440<br />

445<br />

450<br />

455<br />

460<br />

465<br />

470<br />

475<br />

170


Statusdiagnostik eine Förderdiagnostik zu entwickeln.<br />

480<br />

171


3.16 Strategie der <strong>GEW</strong> zur Entwicklung<br />

des Schulsystems in Deutschland<br />

Die inklusive Ganztagsgesamtschule /<br />

Gemeinschaftsschule / Integrierte<br />

Sekundarschule als Alternative zum<br />

gegliederten Schulsystem<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Empfehlung wird nachgereicht<br />

Antragsteller: LV Niedersachsen<br />

Die Alternative Schule zum gegliederten Schulsystem<br />

errichten und unterstützten<br />

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

setzt sich dafür ein, dass solche Schulen errichtet<br />

und in ihrer Entwicklung gefördert werden,<br />

die eine Alternative zum gesamten gegliederten<br />

Schulsystem, insbesondere zum Gymnasium<br />

darstellen und integrativ und inklusiv<br />

arbeiten. Diese Funktion erfüllen in einer<br />

Reihe von Bundesländern insbesondere Gesamtschulen,<br />

Gemeinschaftsschulen bzw. Integrierte<br />

Sekundarschulen (Berlin), z.T. Oberschulen<br />

(Bremen).<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Landesregierungen und<br />

KultusministerInnen auf, die rechtliche und materielle<br />

Bedingungen zu schaffen, die es ermöglichen,<br />

dass inklusive Ganztagsgesamtschulen /<br />

Gemeinschaftsschulen / Integrierte Sekundarschulen<br />

als Alternative zum gegliederten Schulsystem<br />

errichtet werden können und in ihrer<br />

Entwicklung unterstützt werden.<br />

Diese Schulen werden von Eltern in hohem<br />

Maße angewählt, wenn es ein entsprechendes<br />

Angebot gibt. Schulträger richten diese Schulform<br />

ein, um bei rückgängigen SchülerInnenzahlen<br />

ein vollständiges Schulangebot vor Ort<br />

aufrecht zu erhalten und die Möglichkeit zu<br />

schaffen, dass mehr Jugendliche höhere Schulabschlüsse<br />

erreichen können. Politische Parteien,<br />

die für diese Schulen eintreten, können<br />

Wähler und Wahlen gewinnen.<br />

Die Errichtung und Förderung von Gesamtschulen<br />

/ Gemeinschaftsschulen / Integrierter<br />

Sekundarschulen ist der entscheidende strategische<br />

Schritt für die Weiterentwicklung des<br />

Schulsystems in Deutschland.<br />

Gesamtschulen / Gemeinschaftsschulen / Integrierte<br />

Sekundarschulen sind keine zweite<br />

Säule neben dem Gymnasium. Die <strong>GEW</strong> wen-<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

172


det sich gegen alle Versuche, ein Zwei-Säulen-<br />

System zu errichten.<br />

Kennzeichen der Inklusiven Ganztagsgesamtschule<br />

/ Gemeinschaftsschule / Integrierten<br />

Sekundarschule<br />

Kennzeichen dieser Schulen ist, dass sie ein<br />

Bildungsangebot für alle SchülerInnen mit allen<br />

drei Bildungsgängen (Hauptschule, Realschule,<br />

Gymnasium) bieten und diese Bildungsgänge<br />

so aufeinander beziehen und integrieren, dass<br />

allen Kindern und Jugendlichen des Schuleinzugsgebietes<br />

optimale Entwicklungsmöglichkeiten<br />

geboten werden. Diese Schulen wenden<br />

sich mit ihren pädagogischen Profil<br />

bewusst an alle sozialen-kulturellen Schichten<br />

ihres Einzuggebietes. Sie sind integrierte und<br />

inklusive Schulen.<br />

Diese Schulen sind auch für diejenigen Eltern<br />

attraktiv, die eine pädagogische Alternative<br />

zum Gymnasium suchen und sich bewusst für<br />

diese Option auf dem Weg zum Abitur entscheiden.<br />

Die Ausgestaltung der Bildungselemente des<br />

gymnasialen Bildungsgangs der Gesamtschulen<br />

/ Gemeinschaftsschule/ Integrierte Sekundarschule<br />

umfasst alle Leistungsanforderungen<br />

des Gymnasiums. Dazu gehört z. B. auch das<br />

vollständige Angebot in der zweiten Fremdsprache.<br />

Die Sekundarstufe II ist grundsätzlich<br />

unverzichtbar, damit diese Schule erfolgreich<br />

mit dem Gymnasium um SchülerInnen<br />

konkurrieren kann. <strong>Das</strong> Abitur wird an Gesamtschulen<br />

im 13. Schuljahrgang erworben. <strong>Das</strong><br />

Turbo-Abitur ist an Gesamtschulen systemfremd.<br />

<strong>Das</strong> gemeinsame Lernen in Klassen<br />

und Lerngruppen endet erst mit dem 10.<br />

Schuljahrgang, jedenfalls solange es keine<br />

weiterentwickelte Gesamtschuloberstufe gibt.<br />

Erweitertes Bildungsverständnis<br />

Zentrale Bedeutung für die Entwicklung einer<br />

Alternative zu allen Schulformen des gegliederten<br />

Schulsystems kommt einem erweiterten<br />

Bildungsverständnis zu. Die Entwicklung der<br />

Persönlichkeit der SchülerInnen benötigt Zeit<br />

und Raum und ist in einem Konzept einer<br />

demokratischen Schule verankert, das die<br />

Schulkultur systematisch gestaltet.<br />

45<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

Eine Schulkultur, in dem die jungen Menschen<br />

den respektvollen Umgang miteinander erfah-<br />

173


en, ist eine grundlegende Bedingung für eine<br />

gelingende soziale Integration und die Inklusion.<br />

Der Respekt der Schule und des Lehrpersonals<br />

gegenüber den SchülerInnen finden seinen<br />

Ausdruck darin, dass jede/r als Persönlichkeit<br />

angenommen und dass die Lern- und<br />

Entwicklungsanforderungen an den jeweiligen<br />

Entwicklungs- und Lernstand anknüpfen.<br />

Durchgänge Sprachförderung in Deutsch als<br />

Zweit- und Bildungssprache und der bewusste<br />

Umgang mit Mehrsprachigkeit gehört in diesem<br />

Zusammenhang zum pädagogischen Konzept<br />

der Gesamtschule / Gemeinschaftsschule / Integrierte<br />

Sekundarschule. Statt Zensuren geben<br />

diese Schulen bis zum 8. Schuljahrgang Rückmeldungen<br />

über die Lern- und Leistungsentwicklung.<br />

Äußere Fachleistungsdifferenzierung<br />

wird durch moderne pädagogische Konzepte<br />

überwunden, wie z.B. das prämierte<br />

Team-Kleingruppen-Modell der IGS Göttingen.<br />

In einem breiten Angebot des Wahlpflichtbereiches<br />

können die SchülerInnen ihren besonderen<br />

Neigungen, Interessen und Begabungen<br />

folgen. Die Auseinandersetzung mit Technik,<br />

Wirtschaft und Arbeitswelt findet seinen speziellen<br />

Lernort im Fach Arbeit, Wirtschaft, Technik<br />

und ist zugleich Teil eines fächerübergreifenden<br />

Konzepts von Lebenswelt- und Arbeitsweltorientierung.<br />

Gebundene Ganztagsschulen<br />

Inklusive Gesamtschulen / Gemeinschaftsschulen<br />

/ Integrierte Sekundarschulen brauchen<br />

Zeit für Bildung und sind daher Ganztagsschulen.<br />

Die Gesamtschulen arbeiten als gebundene<br />

Ganztagsschulen, die in ihrem rhythmisierten<br />

Schultag Zeitblöcke für die Vor- und Nachbereitung,<br />

Vertiefung und Erweiterung des Unterrichts,<br />

für individuelles Lernen und gemeinsames<br />

Lernen in Gruppen mit unterschiedlicher<br />

Lerngeschwindigkeit und auf unterschiedlichem<br />

Anspruchsniveau. Eine spezielle Förderung von<br />

SchülerInnen ist in diese Zeitblöcke integriert.<br />

Gesamtschulen bieten als Ganztagsschulen ein<br />

erweitertes Bildungsangebot im musischkulturellen,<br />

sprachlichen, technischen und<br />

sportlichen Bereich. Diese Angebote unterliegen<br />

nicht einer formalen Leistungsbewertung<br />

und ermöglichen SchülerInnen, Lehrkräften<br />

und sozialpädagogischen Fachkräften an-<br />

100<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

174


dere soziale Kontakte zu entwickeln, als dies im<br />

bewerteten Unterricht möglich ist.<br />

<strong>Das</strong> soziale Lernen ist im Rahmen des gebundenen<br />

Ganztags fest verankert, z.B. in Form von<br />

TutorInnenstunden.<br />

Personalkonzeption für eine Inklusive Ganztagsgesamtschule<br />

/ Gemeinschaftsschule /<br />

Integrierte Sekundarschule<br />

In Gesamtschulen unterrichten allgemeine<br />

Lehrkräfte der verschiedenen Lehrämter und<br />

Förderschullehrkräfte mit gleicher Wochenstundenverpflichtung,<br />

die der des Gymnasiums<br />

entspricht. Solange die Trennung in die Lehrämter<br />

für Haupt- und Realschulen und Gymnasien<br />

nicht überwunden ist, muss der Anteil der<br />

Lehrkräfte mit dem Lehramt Gymnasium an der<br />

integrierten Ganztagsgesamtschule 40 Prozent<br />

betragen. Gewerkschaftliches Ziel ist es, dass<br />

die Arbeit der Lehrkräfte in dieser Schule gleich<br />

bezahlt wird und zwar auf dem Niveau des<br />

bisherigen höheren Lehramts.<br />

Die Klassenleitung von Integrationsklassen wird<br />

von multiprofessionellen Teams wahrgenommen,<br />

in denen sozialpädagogische Fachkräfte<br />

als Lehrkräfte mitarbeiten. Schulsozialarbeit ist<br />

an der inklusiven Ganztagsgesamtschule fest<br />

verankert.<br />

Gelingende Inklusion<br />

Ganztagsgesamtschulen / Gemeinschaftsschulen<br />

/ Integrierten Sekundarschulen können<br />

erfolgreich inklusiv arbeiten, wenn es ihnen<br />

gelingt eine große soziale Integrationskraft<br />

zu entwickeln und eine breite soziale Zusammensetzung<br />

ihrer Schülerschaft zu gewinnen.<br />

In sozialen Brennpunkten muss das erweiterte<br />

Bildungsangebot verstärkt werden, damit diese<br />

Schulen für alle Kinder und Jugendliche interessant<br />

werden.<br />

Die Realisierung des breiten gefächerten<br />

Bildungsangebots, insbesondere die Integration<br />

des gymnasialen Bildungsangebots erfordert<br />

eine Mindestgröße dieser alternativen Schulform.<br />

Für ihre Gründung soll grundsätzlich mindestens<br />

eine Vierzügigkeit gelten, im Ausnahmefall<br />

eine Dreizügigkeit. Für Insellagen und<br />

besonders dünn besiedelte Regionen müssen<br />

Speziallösungen gefunden werden. Gesamtschulen<br />

/ Gemeinschaftsschulen / Integrierte<br />

Sekundarschulen sind das Ergebnis einer geziel-<br />

155<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

175


ten Schulentwicklungsplanung bei den kommunalen<br />

Schulträgern und einer planvoller Errichtung<br />

dieser Schulform. Als Alternative zum gegliederten<br />

Schulsystem sind die Gesamtschulen/<br />

Gemeinschaftsschulen/ Integrierten<br />

Sekundarschulen ersetzend. Schulträger können<br />

bei ihrer Errichtung von der Pflicht befreit<br />

werden, Schulen des gegliederten Schulsystems<br />

vorzuhalten. Die Entwicklung dieser Schulen,<br />

insbesondere die Fortbildung der Lehrkräfte,<br />

muss durch ein spezifisches Fortbildungsprogramm<br />

unterstützt werden.<br />

Begründung<br />

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

verfolgt das Ziel, aufbauend auf der inklusiven<br />

Grundschule, die alle Kinder in ihrem<br />

Einzugsbereich aufnimmt, auch in der<br />

Sekundarstufe eine einzige Schulform einzurichten,<br />

die für alle SchülerInnen optimale Entwicklungsbedingungen<br />

ermöglicht und die das<br />

gegliederte Schulsystem vollständig ersetzt.<br />

Es ist unverkennbar, dass für dieses grundsätzliche<br />

bildungspolitische Ziel der Überwindung<br />

des gegliederten Schulsystems, d.h. insbesondere<br />

für die Abschaffung des Gymnasiums<br />

auf absehbare Zeit keine Mehrheiten in der<br />

Bevölkerung zu finden sind. Die politischen Parteien,<br />

deren Sinn darin liegt, Mehrheiten zu<br />

erringen, um als Regierung politische Gestaltungsmacht<br />

zu erringen, orientieren sich an<br />

dieser Mehrheitsmeinung der BürgerInnen.<br />

Diese Meinung gründet in verfestigten gesellschaftlichen<br />

Strukturen und Haltungen.<br />

Die Errichtung von Schulen, die eine Alternative<br />

zum gegliederten Schulsystem darstellen, ist<br />

daher der entscheidende strategische Schritt<br />

für die Weiterentwicklung des Schulsystems in<br />

Deutschland. Mehr ist auf absehbare Zeit nicht<br />

drin. Der Weg zum Aufbau der Alternative kann<br />

nicht abgekürzt werden. Er ist mühsam. Alle<br />

anderen Vorstellungen haben sich als Illusion<br />

erwiesen.<br />

Scheitern des Zwei-Säulen-Systems<br />

Die wachsende Spaltung der Gesellschaft<br />

spiegelt sich in der Entwicklung des Schulsystems.<br />

<strong>Das</strong> Gymnasium ist schon lange keine Eliteschule<br />

mehr. Wie die Anwahlzahlen zeigen,<br />

wird es zu Schule der oberen Hälfte der Gesellschaft.<br />

Neue soziale Gruppen, denen ein beruflicher<br />

und gesellschaftlicher Aufstieg gelun-<br />

210<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

176


gen ist, haben für ihre Kinder den Zugang zum<br />

Gymnasium erobert.<br />

Auf der anderen Seite gerät die Hauptschule<br />

immer mehr in die Krise, weil sie von immer<br />

mehr Eltern als eine Schulform angesehen<br />

wird, die nicht die von ihnen erwartete Entwicklungsmöglichkeit<br />

für ihre Kinder bietet und<br />

auch dann nicht den Zugang zu allen Bildungsgängen<br />

und den Weg zum Abitur bietet, wenn<br />

sie am Ende der Sekundarstufe I alle Schulabschlüsse<br />

ermöglicht.<br />

Zusammengelegte Haupt- und Realschulen, die<br />

in den Bundesländern unter unterschiedlichen<br />

Namen firmieren (Oberschule, Regelschule,<br />

Regionalschule, erweiterte Realschule …) vollziehen<br />

den Weg in die Krise der Hauptschulen<br />

nach - in den verschiedenen Bundesländern in<br />

unterschiedlicher Geschwindigkeit. Diese Variante<br />

des Zwei-Säulen-Systems, das den Gegensatz<br />

zwischen volkstümlicher und höherer<br />

Bildung in neuer Form bewahren sollte, erweist<br />

sich insofern nicht als tragfähig.<br />

Dies gilt tendenziell auch für die zweite Variante<br />

des Zwei-Säulen Schulsystems, bei dem<br />

neben das Gymnasium eine Schulform gestellt<br />

wird, die ebenfalls mit einer eigenen gymnasialen<br />

Oberstufe zum Abitur führt und die in der<br />

Sekundarstufe I neben dem Haupt- und Realschulbildungsgang<br />

auch den gymnasialen<br />

Bildungsgang integrieren. Dies gilt auch für<br />

ehemalige Gesamtschulen, die z.B. in Hamburg<br />

unter der Bezeichnung Stadtteilschulen geführt<br />

werden. Diese Schulen verlieren durch ihre<br />

Umwandlung den Zugang aus bildungsbürgerlichen<br />

Elternhäusern, die ihre Kinder mit einer<br />

Gymnasialempfehlung bewusst zur Gesamtschule<br />

als Alternative zum Gymnasium angemeldet<br />

hatten. Dieser Verlust in der sozialkulturellen<br />

Zusammensetzung der Schülerschaft<br />

verändert die pädagogische Arbeit der<br />

Lehrkräfte, die trotz ihrer hervorragenden pädagogischen<br />

Konzeption nicht mehr die gleichen<br />

Förder- und Entwicklungschancen für die<br />

übrigen Schülerinnen erzielen können, wie<br />

zuvor. Auch die Integrationskonzepte für<br />

SchülerInnen mit Behinderungen verlieren<br />

durch diesen Verlust erheblich an Tragfähigkeit.<br />

Widersprüchliche Tendenzen<br />

In verschiedenen Bundesländern lassen sich<br />

widersprüchliche Tendenzen feststellen. In Bremen<br />

gelingt es traditionellen integrierten Ge-<br />

265<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

177


samtschulen und integrieren Stadtteilschulen<br />

auch unter der Bezeichnung Oberschule ihre<br />

Rolle als Alternative zum gegliederten Schulsystem<br />

zu bewahren, weil ein erheblicher Teil der<br />

Elternschaft diese Schulen weiterhin als pädagogische<br />

interessante Alternative zum Gymnasium<br />

anwählt. Andere aus ehemaligen Schulzentren<br />

hervorgegangenen Oberschulen können<br />

ihren Charakter Schulen der zweiten Wahl<br />

nicht abstreifen, obwohl sie unter der Bezeichnung<br />

Oberschule formal auch den gymnasialen<br />

Bildungsgang in integrierter Form anbieten. Es<br />

gelingt ihnen nicht, bei der Anwahl durch die<br />

Eltern eine den ehemaligen Integrierten Gesamtschulen<br />

vergleichbare Zusammensetzung<br />

der Schülerschaft zu erreichen.<br />

Eine vergleichbare Tendenz ist in Schleswig-<br />

Holstein zu beobachten. Die ehemaligen Gesamtschulen<br />

können auch unter der Bezeichnung<br />

Gemeinschaftsschule ihren Status bei der<br />

Anwahl durch die Elternschaft bewahren und<br />

bleiben eine Alternative zum gesamten gegliederten<br />

Schulsystem und auch zum Gymnasium.<br />

Sie behalten eine sozial-kulturell<br />

gemischte Schülerschaft. Den neuen<br />

Gemeinschaftsschulen, die aus Haupt- und Realschulen<br />

hervorgegangen sind, fällt es<br />

überwiegend schwer, auch von Eltern angewählt<br />

zu werden, deren Kinder eine Gymnasialempfehlung<br />

haben. Sie verharren also trotz eines<br />

formal veränderten Status als Schulen mit<br />

drei Bildungsgängen und trotz der erheblichen<br />

Bemühungen der Kollegien in der Funktion einer<br />

Haupt- und Realschule. In diesen<br />

Gemeinschaftsschulen arbeiten nur im Ausnahmefall<br />

Lehrkräfte mit gymnasialer Ausbildung.<br />

Ihre personelle Ausstattung ist wesentlich<br />

schlechter als die der früheren Gesamtschulen.<br />

Erfolge beim Aufbau einer Alternative zum gegliederten<br />

Schulsystem<br />

Schulen neben dem Gymnasium, neben Hauptund<br />

Realschulen, müssen sich nicht zwangsläufig<br />

zur zweiten Säule entwickeln, sondern sie<br />

können sich auch zu einer Alternative zum gesamten<br />

gegliederten Schulsystem entwickeln.<br />

Dies zeigen insbesondere die Integrierten Gesamtschulen<br />

in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen,<br />

Hessen, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern<br />

und Thüringen, aber<br />

auch Gemeinschaftsschulen und Integrierte<br />

Sekundarschulen in Berlin und ehemalige Gesamtschulen<br />

in Bremen und Schleswig Holstein.<br />

315<br />

320<br />

325<br />

330<br />

335<br />

340<br />

345<br />

350<br />

355<br />

360<br />

365<br />

178


In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen ist<br />

die Errichtung von Gesamtschulen zu einer<br />

landespolitischen Schlüsselfrage geworden.<br />

Parteien, die Gesamtschulen unterstützen, die<br />

ihre Gründung erleichtern, das Elternrecht auf<br />

Gesamtschulen gewähren, finden bei Landtagswahlen<br />

Mehrheiten. In beiden Ländern ist eine<br />

Expansion der Gesamtschulen zu verzeichnen.<br />

Auch KommunalpolitikerInnen von CDU und<br />

FDP gründen in ihren Städten und Gemeinden<br />

Gesamtschulen.<br />

Auch in anderen Bundesländern, in denen es<br />

bisher (fast) keine Gesamtschulen gibt, kann<br />

eine Schulform als Alternative zum gegliederten<br />

Schulsystem aufgebaut werden, die nicht<br />

als zweite Säule neben dem Gymnasium<br />

fungiert, z.B. in Baden-Württemberg.<br />

370<br />

375<br />

380<br />

385<br />

179


3.17 Die inklusive Ganztagsgrundschule<br />

Antragsteller: LV Niedersachsen,<br />

Bundesfachgruppe Gesamtschulen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Empfehlung wird nachgereicht<br />

Der Gewerkschaftstag beschließt das Diskussionspapier<br />

"Die inklusive Ganztagsgrundschule"<br />

als Anregung für die Schulpolitik der Landesverbände.<br />

Die moderne Grundschule ist gekennzeichnet<br />

von demokratischen und inklusiven Strukturen.<br />

Sie öffnet sich pädagogisch der Verschiedenheit<br />

der Kinder, berücksichtigt in der Förderung die<br />

individuellen Lebenssituationen und schafft so<br />

die Voraussetzungen für den weiterführenden<br />

Schulbesuch.<br />

Die heutige Grundschule ist geprägt von einer<br />

Umwandlung in die inklusive Ganztagsgrundschule.<br />

Die inklusive Ganztagsgrundschule übernimmt<br />

die Verantwortung für<br />

• die Teilhabe aller Kinder des Schulbezirks<br />

am Grundschulunterricht<br />

• die Entwicklung neuer Lernkulturen<br />

• Ausgleich und Verringerung von sozialer<br />

Benachteiligung<br />

• die Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie<br />

und Beruf<br />

• die Teilhabe der Eltern<br />

Die inklusive Ganztagsgrundschule ist gekennzeichnet<br />

durch eine veränderte Schulkultur<br />

Die inklusive Ganztagsgrundschule erzieht ihre<br />

Schüler nach demokratischen Grundsätzen. Die<br />

Persönlichkeitsentwicklung des Einzelnen beinhaltet<br />

das Miteinander- und Voneinanderlernen.<br />

Dazu gehört, dass Schülerinnen und<br />

Schüler, Lehrkräfte und sozialpädagogische<br />

Fachkräfte Verantwortung übernehmen für das<br />

Lernen wie für den respektvollen Umgang miteinander.<br />

In dieser veränderten Schulkultur<br />

wird Inklusion erfahren und gelebt. Jedes Kind<br />

wird als Persönlichkeit angenommen und von<br />

dem Lernstand abgeholt, an dem es sich gerade<br />

befindet. Es erfährt im schulischen Alltag<br />

beim Lernprozess und seiner weiteren Persönlichkeitsentwicklung<br />

die nötige Unterstützung.<br />

Eine solche Schulkultur ist besonders wichtig,<br />

wenn die inklusive Ganztagsgrundschule auch<br />

an "sozialen Brennpunkten" gelingen soll. Bei<br />

der Ausstattung der Schulen müssen soziale<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

180


Faktoren im Stadtteil berücksichtigt werden.<br />

Brennpunktschulen benötigen eine Verstärkung<br />

des Personals und der Mittel, um die Schule<br />

aufzuwerten und attraktiv für alle Kinder zu<br />

machen. Sie benötigen ein breites Bildungsangebot<br />

neben dem klassischen Lernkanon.<br />

Sinnstiftung, Persönlichkeitsentwicklung, kulturelle<br />

Angebote und Möglichkeiten der Selbstverantwortung<br />

und Mitverantwortung - Partizipation<br />

und Resilienz – haben hier einen besonderen<br />

Wert.<br />

Um ihre Verantwortung annehmen zu können,<br />

benötigt die Ganztagsgrundschule ein pädagogisches<br />

Konzept für die Bildung, Erziehung und<br />

Betreuung, das von einem multiprofessionellen<br />

Team gemeinsam umgesetzt wird. Die Ganztagsgrundschule<br />

bietet Kindern Zeit für<br />

gemeinsames und individuelles Lernen, für Aktivitäten<br />

und Entspannung, für Lernaufgaben<br />

und selbst gewählte Tätigkeiten. Diese Zeit<br />

fordert einen Rhythmus, der sich an den Bedürfnissen<br />

der Kinder und den jeweiligen Tätigkeiten<br />

orientiert.<br />

Inklusive Ganztagsgrundschulen sind Schulen,<br />

• die allen Kindern an jedem Werktag ein unentgeltliches<br />

und durchgehend strukturiertes<br />

Angebot in der Schule bieten<br />

• in denen Aktivitäten der Kinder am Vorund<br />

am Nachmittag in einem konzeptionellen<br />

Zusammenhang stehen<br />

• bei denen erweiterte Bildungsangebote, individuelle<br />

Fördermaßnahmen und übendes<br />

Lernen in die Konzeption eingebunden sind<br />

• in denen die gemeinsame und individuelle<br />

Freizeitgestaltung der Kinder als Aufgabe<br />

im Konzept enthalten ist<br />

• in denen alle Kinder kostenlosen Zugang zu<br />

kulturellen Angeboten haben<br />

• in denen an allen Schultagen ein kostenfreies<br />

Mittagessen angeboten wird<br />

• in denen eine enge Verzahnung von<br />

Jugendhilfe und Schule gewährleistet ist<br />

Ganztagsgrundschulen ersetzen nicht das<br />

Angebot von Horten, sondern sie erfordern,<br />

das Verhältnis beider Institutionen neu zu bestimmen<br />

• Der Bildungsauftrag der Horte nach dem<br />

KJHG wird durch die Ganztagsgrundschule<br />

nicht ersetzt und die personellen Standards<br />

der Horte müssen gewährleistet bleiben<br />

(Gruppengröße, Personalschlüssel)<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

181


• Die Öffnungszeiten der Ganztagsgrundschule<br />

erfordern vor und nach der Schulzeit<br />

sowie in den Ferien ein Hortangebot<br />

• Horte und Ganztagsgrundschulen arbeiten<br />

möglichst an einem Standort und unter<br />

gemeinsamer Nutzung von Räumen zusammen,<br />

wobei die Raumstandards des KJHG<br />

gültig bleiben<br />

• Eine personelle Verzahnung des Personals<br />

von Grundschule und Hort ist unter Einhaltung<br />

der geltenden Rechtsnormen sinnvoll<br />

und möglich<br />

Zu einer inklusiven Ganztagsgrundschule<br />

gehört die jahrgangs-gemischte Eingangsstufe<br />

Die Veränderung der Schuleingangsphase wird<br />

geleitet von dem Grundgedanken einer Schule<br />

für alle Kinder, in der jedem Kind die individuell<br />

notwendige Zeit für seine Entwicklung gewährleistet<br />

wird. Die Grundlehrgänge in Lesen<br />

/ Schreiben und Rechnen können in 1 bis 3 Jahren<br />

durchlaufen werden. Kinder, die die Ziele<br />

dieser Lehrgänge nicht erreichen, werden beim<br />

Aufrücken in die nächste Klassenstufe weiter<br />

gefördert, wie es ihren Entwicklungsmöglichkeiten<br />

entspricht. Bei dieser Form der individuellen<br />

Förderung erübrigt sich die Festlegung<br />

von lernzieldifferentem Unterrichten im<br />

Förderschwerpunkt Lernen.<br />

Die Schule baut in enger Zusammenarbeit mit<br />

den Kindertagesstätten auf den Erfahrungen<br />

auf, die die Kinder von dort mitbringen. Durch<br />

die Individualisierung des Unterrichts, die Vielfalt<br />

und die kooperativen Strukturen, die eine<br />

jahrgangsgemischte Lerngruppe bietet, unterstützt<br />

von multiprofessionellen Teams aus<br />

Grundschullehrkräften, Förderschullehrkräften<br />

und sozialpädagogischen Fachkräften werden<br />

Möglichkeiten geschaffen, jedes Kind auf der<br />

Basis seines Entwicklungsstandes sowohl in seiner<br />

Persönlichkeit als auch in seiner Lernentwicklung<br />

optimal zu fördern. Auch in den<br />

übrigen Schuljahrgängen der Grundschule können<br />

die Grundsätze individueller Förderung in<br />

jahrgangsübergreifenden Lerngruppen umgesetzt<br />

werden.<br />

Die inklusive Ganztagsgrundschulen mit<br />

jahrgangsgemischter Eingangsstufe<br />

• stellt kein Kind vom Schulbesuch zurück<br />

• fördert die Persönlichkeitsentwicklung des<br />

Kindes<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

182


• ermöglicht besondere individuelle Förderung<br />

für alle Kinder<br />

• nimmt in den Förderschwerpunkten Lernen,<br />

Sprache und emotional-soziale Entwicklung<br />

keine Feststellung des sonderpädagogischen<br />

Förderbedarfs vor<br />

Dazu benötigen wir<br />

• Klassenobergrenzen von höchstens 24<br />

Schülerinnen und Schülern<br />

• Lernentwicklungsberichte für alle Kinder -<br />

keine Ziffernzeugnisse<br />

• das automatische Aufrücken aller Kinder bis<br />

zum Ende der Grundschulzeit - keine Versetzung,<br />

kein Sitzenbleiben<br />

Dazu benötigen wir an jeder Grundschule die<br />

erforderlichen finanziellen, personellen und<br />

sächlichen Ressourcen sowie angemessene<br />

Arbeitsbedingungen und Bezahlung<br />

• gut ausgestattete Klassenräume und Fachräume<br />

sowie Gruppenräume für individuelle<br />

Förderung, Spiel, Rückzug und Bewegung,<br />

Küche und Mensa für das gemeinsame<br />

Mittagessen<br />

• Arbeits- und Sozialräume für die Beschäftigten<br />

• pädagogisch gestaltete Innen- und Außenflächen<br />

• Hygiene- und Sanitärräume<br />

• multiprofessionelle Teams, die gemeinsam<br />

die Klassenleitung wahrnehmen, bestehend<br />

aus allgemein bildenden und sozialpädagogischen<br />

Lehrkräften und Förderschullehrkräften,<br />

die fest der Grundschule zugeordnet<br />

sind<br />

• eine systemische Zuweisung von Förderschullehrkräften<br />

für die Förderschwerpunkte<br />

Lernen, Sprache und emotional-soziale<br />

Entwicklung in Form einer Grundversorgung,<br />

die die Bildung multiprofessioneller<br />

Teams, Prävention und Beratung, sowie<br />

die gezielte sonderpädagogische Förderung<br />

ermöglicht<br />

• die Erweiterung der Grundversorgung entsprechend<br />

den besonderen sozialkulturellen<br />

Herausforderungen und besonderen<br />

Bedingungen des Schuleingangsbezirks<br />

• die Bereitstellung von Ressourcen für individuelle<br />

Förderbedarfe in den Förderschwerpunkten<br />

geistige und körperliche<br />

Entwicklung sowie bei Sinnesbeeinträch-<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

183


tigungen erfolgt anhand der vor der Einschulung<br />

in die Grundschule festgestellten<br />

Förderbedarfs<br />

• Förderzentren statten die Grundschulen<br />

mit den Förderschullehrkräften aus und<br />

verteilen die Förderschullehrkräfte für die<br />

systemische Absicherung der erweiterten<br />

Grundversorgung, sorgen für Beratung der<br />

Grundschulen, der Eltern und der Kommunen<br />

und organisieren die Fortbildung der<br />

Förderschullehrkräfte, der pädagogischen<br />

MitarbeiterInnen und der Therapeuten<br />

• die Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte<br />

und des nicht lehrenden Schulpersonals<br />

muss so reduziert werden, dass Zeiten für<br />

Koordination und Beratung, Vor- und Nachbereitung<br />

der Arbeit angemessen berücksichtigt<br />

werden<br />

• die Diskriminierung der in der Grundschule<br />

beschäftigten Lehrkräfte und des nicht lehrenden<br />

Schulpersonals muss beendet werden.<br />

Die Bezahlung muss sich an der Studiendauer<br />

orientieren und nicht am Alter der<br />

SchülerInnen<br />

• konzeptionelle Schulsozialarbeit<br />

• pädagogisch ausgebildetes Stammpersonal<br />

in sicheren Arbeitsverhältnissen<br />

• außerschulische Kooperationen sind als Zusatzangebote<br />

zulässig und erwünscht<br />

Übergang in die Sekundarstufe I<br />

Beim Übergang in die Sekundarstufe I muss der<br />

individuelle Förderbedarf in allen Förderschwerpunkten<br />

ermittelt werden, um die<br />

erforderlichen Informationen über den<br />

erforderlichen lernzieldifferenten Unterricht<br />

und den Einsatz der Förderschullehrkräfte und<br />

des sozialpädagogischen Fachpersonals rechtzeitig<br />

vor Eintritt in den ersten Schuljahrgang<br />

der Sekundarstufe zu ermitteln. Eine systemische<br />

Zuweisung von Förderpädagogen ist im<br />

Rahmen des bestehenden gegliederten Schulsystems<br />

nicht möglich, weil die Schulformen<br />

des gegliederten Schulsystems von den Eltern<br />

unterschiedlich angewählt werden. Insbesondere<br />

Gesamtschulen / Gemeinschaftsschulen,<br />

sowie Realschulen oder verbundene<br />

Haupt- und Realschulen werden aufgrund der<br />

sozialen Herkunft der SchülerInnen in den<br />

Förderschwerpunkten Lernen und sozial-emotionale<br />

Entwicklung wesentlich häufiger angewählt<br />

als Gymnasien. Deshalb ist beim<br />

Übergang in die Sekundarstufe I eine gezielte<br />

Steuerung des Einsatzes von Förderschul-<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

265<br />

184


lehrkräften und nicht lehrendem Schulpersonal<br />

erforderlich.<br />

Optimierung der Schulgröße<br />

Die Weiterentwicklung der Grundschule zur inklusiven<br />

Ganztagsgrundschule stellt hohe Anforderungen<br />

an die Qualität der pädagogischen<br />

Arbeit, die nur bei einer adäquaten Personalausstattung<br />

in multiprofessionellen Teams, die<br />

gemeinsam in einer Klasse arbeiten, und bei einer<br />

Absenkung der Klassenobergrenzen möglich<br />

ist. Ohne zusätzliche Ressourcen sind die<br />

hohen Erwartungen der Eltern an eine<br />

moderne Grundschule nicht zu erfüllen.<br />

Zugleich bedarf es aber auch einer Optimierung<br />

der Schulgröße. Den Anforderungen einer<br />

inklusiven Ganztagsgrundschule kann eine<br />

2-zügige Schule sicherlich entsprechen. In dicht<br />

besiedelten Regionen ist eine 2- und<br />

mehrzügige Grundschule eine sinnvolle<br />

Schulgröße. Die Dauer des Schulwegs ist dort<br />

zumutbar. Anders ist es in weniger dicht besiedelten<br />

Gebieten. Hier plädieren wir für Kompromisse<br />

in der Zügigkeit, da diese vernünftig<br />

sein können. Allerdings unter einer bedeutsamen<br />

Einschränkung: Abstriche bei den Qualitätsanforderungen<br />

darf es auch bei diesen<br />

Schulen nicht geben.<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

185


3.18 Inklusion an berufsbildenden Schulen<br />

Antragsteller: BFGA kaufmännische Schulen<br />

und BFGA gewerbliche Schulen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Empfehlung wird nachgereicht<br />

Ausgehend davon, dass die <strong>GEW</strong> die Umsetzung<br />

der UN-Behindertenrechtskonvention<br />

in allen Bildungseinrichtungen befürwortet,<br />

setzt sie sich in berufsbildenden Schulen dafür<br />

ein, dass praktische Schritte unternommen<br />

werden, um allen Menschen die Teilhabe am<br />

gesellschaftlichen Leben, in der Schule, in der<br />

Ausbildung und im Berufsleben zu ermöglichen<br />

und bestehende Barrieren zu beseitigen. <strong>Das</strong><br />

Recht auf Ausbildung und Arbeit gilt für alle<br />

Menschen und hat somit Konsequenzen für berufsbildende<br />

Schulen.<br />

Deshalb fordern wir:<br />

- Inklusion in der Berufsausbildung muss als<br />

übergreifendes Ziel haben, dass alle Menschen<br />

nach ihren individuellen Möglichkeiten einen<br />

Ausbildungsabschluss erhalten. In diesem<br />

Sinne müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />

angepasst werden (Berufsbildungsgesetz,<br />

Sozialgesetzbücher etc.).<br />

- Inklusion muss als integraler Bestandteil<br />

der gesamten Schulentwicklung begriffen und<br />

als Aufgabe aller am Schulleben Beteiligter betrachtet<br />

werden. Ziel ist in der berufsbildenden<br />

Schule Inklusion als Leitgedanke zu verankern<br />

und zu praktizieren.<br />

- Berufsbildende Schulen müssen grundsätzlich<br />

barrierefrei sein.<br />

- Der Übergang aus Ausbildungs- und Beschäftigungsverhältnissen<br />

aus noch vorhandenen<br />

Werkstätten für Behinderte in den Ausbildungs-<br />

und Arbeitsmarkt wird angestrebt<br />

und möglichst weitgehend realisiert.<br />

- Inklusion braucht ausreichende Ressourcen,<br />

u .a. muss die Ressourcenzuteilung für berufsbildende<br />

Schulen so erfolgen, dass multiprofessionelle<br />

Teams ermöglicht und für inklusives<br />

Lernen geeignete Gruppengrößen eingehalten<br />

werden. Dazu muss ein Gesamtkonzept<br />

für die Zusammenarbeit der unterschiedlichen<br />

Professionen entwickelt werden.<br />

- Der Anspruch auf gemeinsames Lernen<br />

wird in wohnortnahen berufsbildenden<br />

Schulen realisiert.<br />

- Für Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen<br />

werden zur Inklusion ausreichende Aus- und<br />

Fortbildungsangebote von hoher Qualität geschaffen.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

186


- In der Berufsorientierung wird eine gezielte<br />

personenbezogene Beratung und Begleitung<br />

von der allgemeinbildenden Schule bis in den<br />

Arbeitsprozess hinein angeboten, und zwar für<br />

alle Jugendlichen.<br />

- In den Ausbildungsbetrieben, bei den zuständigen<br />

Stellen (u .a. Kammern), bei der<br />

Bundesagentur für Arbeit sowie den Gebietskörperschaften<br />

und den Ministerien ist eine erhöhte<br />

Sensibilisierung für Inklusion nötig.<br />

- Im DGB und seinen Einzelgewerkschaften<br />

wird Inklusion in Ausbildung und Beschäftigung<br />

als Handlungsfeld für Betriebs- und Personalräte<br />

und Ausbildungsvertretungen sowie andere<br />

gewerkschaftliche Akteure bearbeitet.<br />

Begründung<br />

In der UN-Behindertenrechtskonvention wird<br />

sich folgendermaßen auf berufliche Bildung<br />

wie auch lebenslanges Lernen bezogen:<br />

UN-Behindertenrechtskonvention<br />

Artikel 24 - Bildung:<br />

(1) "Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht<br />

von Menschen mit Behinderungen auf Bildung.<br />

Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf<br />

der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen,<br />

gewährleisten die Vertragsstaaten<br />

ein integratives [inklusives] Bildungssystem auf<br />

allen Ebenen und lebenslanges Lernen … ."<br />

(5) "Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass<br />

Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung<br />

und gleichberechtigt mit anderen<br />

Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung,<br />

Erwachsenenbildung und<br />

lebenslangem Lernen haben. Zu diesem Zweck<br />

stellen die Vertragsstaaten sicher, dass für<br />

Menschen mit Behinderungen angemessene<br />

Vorkehrungen getroffen werden."<br />

Artikel 27 - Arbeit und Beschäftigung:<br />

(1) "Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche<br />

Recht von Menschen mit Behinderungen<br />

auf Arbeit; dies beinhaltet das Recht auf die<br />

Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit<br />

zu verdienen, die in einem offenen, integrativen<br />

und für Menschen mit Behinderungen<br />

zugänglichen Arbeitsmarkt frei gewählt werden<br />

können."<br />

<strong>Das</strong> hat folgende Konsequenzen:<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

187


1. Teilhabe an der Gesellschaft / Barrierefreiheit<br />

Wahrhaftige Teilhabe an dem gesellschaftlichen<br />

Leben beinhaltet insbesondere auch die<br />

Integration in das Arbeitsleben. Ein selbstbestimmtes<br />

Leben setzt auch die Möglichkeit voraus,<br />

seinen Lebensunterhalt durch Arbeit zu finanzieren<br />

und dafür eine berufliche Ausbildung<br />

zu absolvieren. Innerhalb der Diskussion muss<br />

hier jedoch unterschieden werden zwischen<br />

vollschulischen (Aus-) Bildungsgängen und der<br />

dualen Berufsausbildung. Für die schulischen<br />

Bildungsgänge und den schulischen Teil der<br />

dualen Ausbildung, für die die Bildungsminister<br />

der Länder die Verantwortung tragen, gelten<br />

die gleichen Forderungen an eine inklusive Beschulung<br />

wie für allgemeinbildende Schulen.<br />

Dies sind insbesondere laut Beschluss des<br />

Gewerkschaftstages 2009 (Auszug):<br />

"Eindeutiger - gesetzlich verankerter - Vorrang<br />

des gemeinsamen Unterrichts (GU) vor der separierenden<br />

Unterrichtung. Jedes Kind und<br />

jeder Jugendlicher hat einen gesetzlichen Anspruch<br />

auf gemeinsamen Unterricht in einer<br />

wohnortnahen Schule. […] Ausreichende<br />

sonderpädagogische, sozialpädagogische und<br />

pflegerische Ressourcenzuteilung an den Regelschulen<br />

und berufsbildenden Schulen. Beseitigung<br />

aller schulstrukturell bedingten Hindernisse.<br />

<strong>Das</strong> bedeutet, zielgleichen sowie zieldifferenten<br />

Unterricht nicht nur in der Grundschule,<br />

sondern auch in allen Schulformen /<br />

Schulen der Sekundarstufe I / II zu ermöglichen<br />

und mittelfristig eine vollständig inklusive<br />

Schule ohne Selektion zu schaffen. Schaffung<br />

von Barrierefreiheit in allen allgemein bildenden<br />

und berufsbildenden Schulen. Klar geregelter<br />

Nachteilsausgleich bei Prüfungen und Klassenarbeiten.<br />

[…] Gezielte Aus- und<br />

Fortbildungsangebote für Berufsschullehrer,<br />

Regel- und Förderschullehrkräfte in Integrations-/Inklusionspädagogik."<br />

2. Recht auf Ausbildung ("Ausbildungsgarantie")<br />

als Voraussetzung für eine Durchsetzung<br />

der UN-Behindertenkonvention - berufliche<br />

Qualifizierung, Inklusion auch in beruflicher<br />

Fort- und Weiterbildung<br />

Eine Herausforderung stellt allerdings die<br />

konkrete Ausbildung im Betrieb dar. Für die<br />

Umsetzung einer Inklusion in der Berufsausbildung<br />

gelten folgende Aspekte: Da für Inklusion<br />

in der Berufsausbildung als erstes Ziel<br />

gilt, dass Menschen mit Behinderung einen<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

188


vollwertigen Ausbildungsabschluss erhalten,<br />

sind erst dann im Rahmen einer zieldifferenten<br />

Inklusion entsprechend § 66 BBiG Abschlüsse<br />

mit verminderten Anforderungen anzustreben,<br />

wenn dies aufgrund der Schwere der Behinderung<br />

nicht anders möglich ist. Die Berufsausbildung<br />

muss so weiterentwickelt werden,<br />

dass die Voraussetzungen geschaffen werden,<br />

die in Artikel 27 (1) der UN-Konvention<br />

festgelegten Bedingungen zu erreichen. Deshalb<br />

ist es erforderlich, dass die §§ 64 ff Berufsbildungsgesetz<br />

angepasst werden.<br />

Die für Inklusion wichtigen Bestimmungen in<br />

den Sozialgesetzbüchern müssen überprüft<br />

werden.<br />

3. Beratungssystem ausbauen, Kooperation,<br />

individuelle Fallbearbeitung<br />

Voraussetzung für einen inklusiven Übergang<br />

von der allgemeinbildenden Schule in die Berufsausbildung<br />

ist eine möglichst frühe Lebensund<br />

Arbeitsweltorientierung. Sie basiert darauf,<br />

dass Jugendliche ihre Stärken und Neigungen<br />

erkennen und dass diese individuell gefördert<br />

werden. Es kommt darauf an, ihre Persönlichkeit<br />

entsprechend zu stärken, so dass sie zunehmend<br />

selbständiger ihren Lern- und Entwicklungsprozess<br />

steuern und ihren Berufsund<br />

Lebensweg planen können. Zur Lebensund<br />

Arbeitsweltorientierung gehört auch eine<br />

Kooperation mit berufsbildenden Schulen, mit<br />

der Agentur für Arbeit, mit der regionalen Wirtschaft,<br />

sowie mit den Sozialpartnern. Parallel<br />

dazu ist ein Beratungssystem zu installieren,<br />

das alle regionalen Akteure und Institutionen<br />

mit einbezieht und die Jugendlichen bis in die<br />

Berufsausbildung und Beschäftigung hinein begleitet.<br />

4. Finanzierung der Inklusion<br />

Inklusion ist nicht zum Nulltarif zu haben. <strong>Das</strong><br />

ist in den Zeiten der Schuldenbremse und öffentlichen<br />

Sparpolitik besonders zu betonen.<br />

Die <strong>GEW</strong> hat in dem 2012 veröffentlichten Gutachten<br />

"Bildungsfinanzierung für das 21.<br />

Jahrhundert" dargelegt, wie höhere Bildungsausgaben<br />

finanziert werden können.<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

189


3.19 Abbau von Geschlechterstereotypen<br />

und Diskriminierung wegen der sexuellen<br />

Orientierung und Identität in<br />

Schulbüchern und anderen<br />

Unterrichtsmedien und -materialien<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Antragsteller: Hauptvorstand,<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich umfassend ein für<br />

• die Verwirklichung von Geschlechtergerechtigkeit,<br />

• für die Umsetzung des Rechts von Jungen<br />

wie Mädchen auf eine sensible Begleitung im<br />

Prozess der geschlechtlichen Sozialisation<br />

sowie<br />

• die Vermeidung von Zuordnungen und Einengungen<br />

auf Basis von Geschlechterstereotypen<br />

in pädagogischen Settings.<br />

Pädagog_innen brauchen dazu Genderkompetenz,<br />

d.h. Wissen über die historische Entwicklung<br />

und gegenwärtige Bedeutung von Geschlechterkonstruktionen<br />

und welche Privilegien<br />

und Nachteile mit ihnen einhergehen – einschließlich<br />

der negativen Effekte von Männlichkeitsbildern<br />

und Weiblichkeitsbildern auf<br />

die Persönlichkeitsentwicklung und Lernerfolge<br />

von Jungen und von Mädchen, sowie eine<br />

Reflexion ihrer eigenen Biographie hinsichtlich<br />

Geschlechterrollen.<br />

In einer Umwelt, in der Heterosexualität die<br />

Norm ist, setzt sich die <strong>GEW</strong> dafür ein, Vielfalt<br />

wertzuschätzen und Unterschieden Raum zu<br />

geben, damit lesbische Mädchen und schwule<br />

Jungen, Trans*- oder Inter*-Jugendliche auf der<br />

schwierigen Suche nach ihrer Identität nicht<br />

allein gelassen werden. Auch Kinder und<br />

Jugendliche mit lesbischen Müttern, schwulen<br />

Vätern, Trans*- oder Inter*-Angehörigen sollen<br />

sich in Schulbüchern wiederfinden.<br />

Die <strong>GEW</strong> engagiert sich<br />

• gegen Diskriminierung von Lesben,<br />

Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Inter*, so<br />

dass alle Kinder und Jugendlichen in der Schule<br />

ihr Potential besser entfalten können,<br />

• gegen Diskriminierung wegen der sexuellen<br />

Orientierung und Identität und für eine wertschätzende<br />

Darstellung von Vielfalt in<br />

Schulbüchern,<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

190


• für den Abbau von Geschlechterstereotypen<br />

und für eine geschlechtergerechte<br />

Bildung<br />

• für Qualitätsstandards für gleichstellungsorientierte<br />

und realitätsnahe Schulbücher.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Kultusministerien auf, ihrer<br />

rechtlichen Verantwortung für Antidiskriminierung<br />

wegen der sexuellen Orientierung und<br />

des Geschlechts und für Gleichstellung nachzukommen<br />

und<br />

• die Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit<br />

in der Bildung aktiv zu fördern, um Jungen<br />

und Mädchen unabhängig von ihrer ökonomischen<br />

Lage, ihren Fähigkeiten, dem Bildungsstand<br />

ihrer Familie, ihrer sexuellen Identität, ihrer<br />

Migrationsgeschichte so wie kulturellem<br />

Hintergrund und Praktiken die gleichen Chancen<br />

zu bieten,<br />

• regelmäßig zu überprüfen, ob der rechtliche<br />

Gleichstellungsauftrag und das Verbot von<br />

Diskriminierung durch Normen wie in der UN-<br />

Frauenrechtskonvention (CEDAW), im Grundgesetz,<br />

im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz<br />

(AGG) oder in den die Schulgesetze der<br />

Bundesländer in Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien<br />

verankert sind, beachtet<br />

werden,<br />

• Lerninhalte rund um Gender und LSBTI<br />

fächerübergreifend in alle Bildungsstandards,<br />

Lehrpläne und Richtlinien und auch in Orientierungs-<br />

und Referenzrahmen für Schulqualität<br />

zu integrieren,<br />

• die Verwendung einer geschlechtergerechten<br />

Sprache als Qualitätsstandard zu verankern,<br />

• für Zulassungsverfahren Anforderungen<br />

und Kriterien in Bezug auf den Abbau von Geschlechterstereotypen<br />

und Diskriminierung<br />

wegen der sexuellen Orientierung/Identität in<br />

Schulbüchern zu entwickeln und anwendungsorientiert<br />

zu konkretisieren,<br />

• die Inhalte der Lehramtsaus- und -<br />

weiterbildung zeitnah in allen drei Phasen um<br />

ein Pflichtmodul zu Gender, sexueller Vielfalt<br />

und Diversity zu ergänzen,<br />

• außerschulische Träger, die Aufklärungsarbeit<br />

an Schulen leisten, finanziell und ideell<br />

zu unterstützen,<br />

• über die Landeszentralen für politische<br />

Bildung und die für gesundheitliche Aufklärung<br />

sowie die Bundeszentralen ergänzende Unterrichtsmaterialien<br />

zur Verfügung zu stellen.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

191


Die <strong>GEW</strong> appelliert an Lehrer_innen und<br />

Schulleitungen, ihre Verantwortung wahrzunehmen<br />

und<br />

• sich für geschlechtergerechte Bildung<br />

einzusetzen und das Prinzip des Gender Mainstreaming<br />

konsequent bei allen schulischen<br />

Prozessen anzuwenden,<br />

• das Engagement von Lehrer_innen und<br />

Schüler_innen, die sich für mehr Gleichstellung<br />

und gegen Diskriminierung wegen des Geschlechts<br />

und der sexuellen Orientierung an<br />

Schulen einsetzen, wertzuschätzen und zu unterstützen,<br />

• sich in Lehrplankommissionen oder als beratende_r<br />

Lehrer_in bei Schulbuchverlagen für<br />

den Abbau von Geschlechterstereotypen und<br />

gegen Diskriminierung wegen des Geschlechts<br />

und der sexuellen Orientierung einzusetzen,<br />

• in Fachkonferenzen bei der Auswahl von<br />

Schulbüchern als ein zentrales Kriterium zu berücksichtigen,<br />

ob diese die oben formulierten<br />

inhaltlichen Forderungen zur Gestaltung von<br />

Schulbüchern realisieren,<br />

• bei der Auswahl von Schulbüchern<br />

Schulbuchverlage zu informieren, wenn sich<br />

Fachkonferenzen gegen Schulbücher oder Unterrichtsmaterialien<br />

entschieden haben, weil<br />

sie Geschlechterstereotype reproduzieren,<br />

• als Pädagogen und Pädagoginnen offen für<br />

die Reflektion eigener Geschlechterrollen zu<br />

sein,<br />

• sich kooperativ für die gleichen Chancen<br />

auf Bildung unabhängig vom Geschlecht der<br />

Lernenden zu engagieren,<br />

• mit Schüler_innen Inhalte von Schulbüchern<br />

kritisch zu reflektieren, insbesondere<br />

wenn diese Geschlechterstereotype reproduzieren<br />

oder LSBTI diskriminieren,<br />

• Unterrichtsmaterialien und Methoden zu<br />

Gender und LSBTI zu nutzen, um Themen<br />

einzubringen, die bislang in Schulbüchern unterrepräsentiert<br />

oder nicht angemessen aufbereitet<br />

sind,<br />

• schulinterne Weiterbildungen zu sexueller<br />

Vielfalt und Diversity zu veranstalten bzw. bei<br />

anderen Trägern zu besuchen, um sich für den<br />

Unterricht, aber auch für die Diskussion mit<br />

Eltern- und Schüler_innenvertretungen zu<br />

qualifizieren,<br />

• mit außerschulischen Trägern und Projekten<br />

zur Aufklärung über Gender und LSBTI zusammenzuarbeiten,<br />

• LSBTI und die Gleichstellung der Geschlechter<br />

in Schulentwicklungsprozessen, Leitbildern,<br />

100<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

192


Schulprogrammen sichtbar zu machen und so<br />

zu einem diskriminierungsfreien Schulklima<br />

beizutragen. Die <strong>GEW</strong> fordert die<br />

Schulbuchverlage auf, ihrer Verantwortung für<br />

den Abbau von Geschlechterstereotypen und<br />

für die Darstellung der Vielfalt von Lebensformen<br />

nachzukommen und<br />

• bei der Konzeption von Schulbüchern und<br />

Unterrichtsmaterialien den Stand der wissenschaftlichen<br />

Forschung zu berücksichtigen,<br />

dass Zweigeschlechtlichkeit eine Norm und<br />

keine biologische Tatsache ist,<br />

• historische und aktuelle Diskriminierung zu<br />

thematisieren und die sozialen Bewegungen,<br />

die für rechtlichen Diskriminierungsschutz<br />

gekämpft haben, darzustellen,<br />

• die Bücher und Materialien so zu gestalten,<br />

dass sie Schüler_innen motivieren, sich selbstbewusst<br />

gegen Diskriminierung zu wehren und<br />

konkrete Handlungsansätze anzubieten,<br />

• in den Texten eine geschlechtergerechte<br />

und nicht-diskriminierende Sprache zu verwenden,<br />

• die Lebensrealitäten von Trans* und Inter*<br />

einzubeziehen und zu enttabuisieren,<br />

• die Repräsentation von Menschen, die<br />

nicht Geschlechterstereotypen entsprechen,<br />

und von homo- und bisexuellen Menschen<br />

deutlich zu erhöhen,<br />

• durch die Gestaltung von Schulbüchern und<br />

Unterrichtsmaterialien die Reflektion und den<br />

Abbau von geschlechterbezogenen Vorurteilen<br />

und Zuschreibungen zu unterstützen, z.B. indem<br />

vielfältige Männlichkeitsbilder in den<br />

Schulbüchern vorkommen,<br />

• Diversity, Gleichstellung und Antidiskriminierung<br />

als Qualitätskriterien für Schulbücher<br />

und Unterrichtsmaterialien zu etablieren und<br />

ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend<br />

fachlich zu qualifizieren und<br />

• die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zur<br />

Gleichstellung zu überwachen.<br />

Anmerkungen (Bestandteil des Antragstexts):<br />

• LSBTI steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle,<br />

Trans* und Inter*.<br />

• <strong>Das</strong> Sternchen (*) wird als Platzhalter verwendet.<br />

Inter* und Trans* als Substantive<br />

sowie inter* und trans* als Adjektive sind<br />

Oberbegriffe und umfassen jeweils unterschiedliche<br />

Formen und Bezeichnungen: Inter*<br />

fungiert als deutscher Oberbegriff für Intersexuelle,<br />

Intersex, Hermaphroditen, Zwitter,<br />

Intergender sowie inter- oder zwischenge-<br />

155<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

193


schlechtliche Menschen, die mit einem Körper<br />

geboren sind, der den typischen geschlechtlichen<br />

Standards und Normen von Mann und<br />

Frau nicht entspricht. Trans* fungiert als deutscher<br />

Oberbegriff für Transsexuelle, Transgender,<br />

Transidente, Transvestiten und andere<br />

Menschen, die sich nicht dem Geschlecht<br />

zugehörig fühlen, das ihnen bei ihrer Geburt<br />

zugewiesen wurde und auch solche, die sich<br />

Vergeschlechtlichungsprozessen ganz entziehen<br />

wollen.<br />

• Der Unterstrich (_), auch Gender-Gap genannt,<br />

wird als Instrument genderreflektierter<br />

Sprache verwendet. Er stellt einen Platzhalter<br />

zwischen den Geschlechtern dar, um vielfältigere<br />

geschlechtliche Identitäten sichtbar zu<br />

machen und die Norm der Zweigeschlechtlichkeit<br />

in Frage zu stellen.<br />

Begründung<br />

Die <strong>GEW</strong> hat sich in § 3 ihrer Satzung auf den<br />

Ausbau der Geschlechterdemokratie und die<br />

Verhinderung und Beseitigung von Diskriminierung<br />

verpflichtet. Es darf nicht vom Geschlecht<br />

einer Person abhängen, d.h. von ihrer körperlichen,<br />

gefühlten, zum Ausdruck gebrachten, von<br />

Anderen wahrgenommen Geschlechtlichkeit,<br />

welche Bildung ihr zugänglich ist, welche sie<br />

erwerben kann und was sie ihr nützt. Wenn Geschlechterverhältnisse<br />

und sexuelle Orientierung<br />

nicht reflektiert werden sind unter anderem<br />

eine ungleiche Verteilung von Schulabschlüssen,<br />

kognitiven und sozialen Kompetenzen,<br />

Bestätigungs- und Diskriminierungserfahrungen,<br />

Entlohnung und Machtressourcen zwischen<br />

den Geschlechtern die Folgen.<br />

Ein Themenschwerpunkt der Arbeit für eine geschlechtergerechte<br />

Bildung ist LSBTI in der<br />

Schule, auch am Beispiel von Geschlechterkonstruktionen<br />

und der Darstellung von Lesben,<br />

Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Inter* in<br />

Schulbüchern.<br />

Schulbücher spielen im Unterrichtsalltag eine<br />

zentrale Rolle. Sie sind ein Politikum, denn das<br />

in Schulbüchern didaktisch aufbereitete Wissen<br />

ist keine Abbildung neutraler Fakten. Verschiedene<br />

Akteure handeln mittels Bildungsstandards<br />

und Lehrplänen aus, welches Wissen<br />

als gesellschaftlich relevant gilt. Leistungskontrollen<br />

verleihen ihm eine hohe Legitimation.<br />

So entsteht der Eindruck, in Schulbüchern<br />

werde Schüler_innen „die Wahrheit“ vermit-<br />

210<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

194


telt. Dies ist umso brisanter als in Schulbüchern<br />

auch implizit Normen und Werte vermittelt<br />

werden: Welche Hobbys haben „richtige“ Jungen?<br />

Wer macht die Hausarbeit? Wie sieht eine<br />

Familie aus?<br />

Die Schulbuchforschung zeigt, dass auch heute<br />

in Schulbüchern noch Geschlechterstereotype<br />

reproduziert werden und dass Lesben,<br />

Schwule, Bisexuelle, Trans* und Inter* (LSBTI)<br />

im Vergleich mit der tatsächlichen Vielfalt von<br />

Menschen und Lebensformen völlig unterrepräsentiert<br />

sind. Dies widerspricht dem rechtlichen<br />

Gebot der Gleichstellung, Antidiskriminierung<br />

und Förderung der Entwicklung aller<br />

Schüler_innen.<br />

Nach den rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

liegen der Schutz vor Diskriminierung und die<br />

Durchsetzung tatsächlicher Gleichstellung im<br />

Bildungssystem im Verantwortungsbereich<br />

staatlicher Institutionen. Dies regeln insbesondere<br />

internationale Normen wie die UN-<br />

Frauenrechtskonvention CEDAW (Convention<br />

on the Elimination of All Forms of Discrimination<br />

against Women), das Grundgesetz (Gleichstellungsauftrag<br />

in § 3) und die Schulgesetze<br />

der Bundesländer. Aus diesen und anderen<br />

Rechtsvorschriften lassen sich Anforderungen<br />

für Schulbücher in Bezug auf den Abbau von<br />

Geschlechterstereotypen und Diskriminierung<br />

wegen der sexuellen Orientierung/Identität<br />

und die Darstellung vielfältiger Menschen und<br />

Lebensformen ableiten.<br />

Im Zwischenbericht Band II des Runden Tisches<br />

Sexueller Kindesmissbrauch vom 01.12.2010<br />

wird u.a. gefordert, dass „die schulische und<br />

außerschulische Sexualerziehung erheblich<br />

dazu beiträgt, dass Kinder und Jugendliche ihre<br />

eigene Sexualität entwickeln können. Dazu<br />

gehören ein realistisches Selbstkonzept, eine<br />

realistische Wahrnehmung der Selbstwirksamkeit<br />

sowie ein eigenes Selbstwertgefühl“.<br />

Kinder und Jugendliche „haben ein Recht auf<br />

die Entwicklung ihrer eigenen Sexualität, auf<br />

Zugang zu Ansprechpersonen und –organisation,<br />

denen sie sich anvertrauen können.“ Im<br />

Bericht der Hohen Kommissarin der Vereinten<br />

Nationen für Menschenrechte an den Menschenrechtsrat<br />

vom 17. November 2011 heißt<br />

es: „Der Menschenrechtsausschuss, der Ausschuss<br />

für wirtschaftliche, soziale und<br />

kulturelle Rechte und der Kinderrechtsaus-<br />

265<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

315<br />

195


schuss zeigten sich besorgt über homophobe<br />

Diskriminierung an Schulen und forderten<br />

Maßnahmen, um homophoben und transphoben<br />

Haltungen entgegenzuwirken.“<br />

320<br />

196


3.20 Abbau von Geschlechterstereotypen<br />

und Diskriminierung wegen der sexuellen<br />

Orientierung und Identität in<br />

Schulbüchern, realitätsnahe Darstellung<br />

der Vielfalt von Menschen und<br />

Lebensformen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Material zu Antrag 3.19<br />

Antragsteller: LV Rheinland-Pfalz<br />

Schulbücher spielen im Unterrichtsalltag eine<br />

zentrale Rolle. Sie sind ein Politikum, denn das<br />

in Schulbüchern didaktisch aufbereitete Wissen<br />

ist keine Abbildung neutraler Fakten. Verschiedene<br />

Akteure handeln mittels Bildungsstandards<br />

und Lehrplänen aus, welches Wissen<br />

als gesellschaftlich relevant gilt. Leistungskontrollen<br />

verleihen ihm eine hohe Legitimation.<br />

So entsteht der Eindruck, in Schulbüchern<br />

werde Schüler_innen "die Wahrheit" vermittelt.<br />

Dies ist umso brisanter als in Schulbüchern<br />

auch implizit Normen und Werte vermittelt<br />

werden: Welche Hobbys haben "richtige" Jungen?<br />

Wer macht die Hausarbeit? Wie sieht eine<br />

Familie aus?<br />

Die Schulbuchforschung zeigt, dass auch heute<br />

in Schulbüchern noch Geschlechterstereotype<br />

reproduziert werden und dass Lesben,<br />

Schwule, Bisexuelle, Trans* und Inter* (LSBTI)<br />

im Vergleich mit der tatsächlichen Vielfalt von<br />

Menschen und Lebensformen völlig unterrepräsentiert<br />

sind. Dies widerspricht dem rechtlichen<br />

Gebot der Gleichstellung, Antidiskriminierung<br />

und Förderung der Entwicklung aller<br />

Schüler_innen.<br />

In einer Umwelt, in der Heterosexualität die<br />

Norm ist, setzt sich die <strong>GEW</strong> dafür ein, Vielfalt<br />

wertzuschätzen und Unterschieden Raum zu<br />

geben, damit lesbische Mädchen und schwule<br />

Jungen, Trans*- oder Inter*-Jugendliche auf der<br />

schwierigen Suche nach ihrer Identität nicht<br />

allein gelassen werden. Auch Kinder und<br />

Jugendliche mit lesbischen Müttern, schwulen<br />

Vätern, Trans*- oder Inter*-Angehörigen wollen<br />

sich in Schulbüchern wiederfinden.<br />

Die <strong>GEW</strong> engagiert sich<br />

• für den Abbau von Geschlechterstereotypen<br />

und Diskriminierung wegen der<br />

sexuellen Orientierung und Identität und für<br />

eine wertschätzende Darstellung von Vielfalt in<br />

Schulbüchern,<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

197


• gegen Diskriminierung von Lesben,<br />

Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Inter*, so<br />

dass alle Kinder und Jugendlichen in der Schule<br />

ihr Potential besser entfalten können,<br />

• für Qualitätsstandards für gleichstellungsorientierte<br />

und realitätsnahe Schulbücher.<br />

Verantwortung der Schulbuchverlage<br />

Geschlechterstereotype dürfen in Schulbüchern<br />

nicht reproduziert werden und müssen<br />

aktiv in Frage gestellt werden, indem beispielsweise<br />

auch Kinder und Jugendliche abgebildet<br />

werden, deren Aussehen, Interessen oder Verhalten<br />

Geschlechternormen überschreiten. <strong>Das</strong><br />

können Jungen sein, die Tanzunterricht nehmen<br />

und Frauen, die beruflich LKW fahren.<br />

Oder auch Männer, die Elternzeit nehmen und<br />

Mädchen, die sehr ungehorsam sind. Alle<br />

Schulbücher sollen geschlechtergerechte und<br />

nicht-diskriminierende Sprache verwenden.<br />

Gendertheoretisches Wissen, das die gesellschaftliche<br />

Komponente von "Geschlecht"<br />

ausführlich erklärt und zeigt, dass die klare<br />

Trennung von zwei Geschlechtern eine soziale<br />

Norm und keine biologische Tatsache ist, soll<br />

als eine wissenschaftliche Position bei der Konzeption<br />

von Schulbüchern berücksichtigt werden.<br />

Die historische und aktuelle Diskriminierung<br />

aufgrund des Geschlechts und der sexuellen<br />

Identität so wie alle anderen Formen von<br />

Diskriminierung müssen in allen Fächern und<br />

fächerübergreifend angesprochen werden.<br />

Ebenso die Geschichten sozialer Bewegungen,<br />

die gegen Unterdrückung und Ungleichheit<br />

kämpften und mit ihrem Engagement rechtliche<br />

Diskriminierungsverbote erwirkt haben<br />

und für die Verwirklichung dieser Rechte<br />

kämpfen. Die Schüler_innen sollen motiviert<br />

werden, selbstbewusst Diskriminierung entgegen<br />

zu treten und konkrete Handlungsansätze<br />

kennenlernen.<br />

Die Lebensrealität von Trans* und Inter* darf<br />

nicht ausgeblendet, tabuisiert oder abgewertet<br />

werden. Zahlreiche Kinder und Jugendliche sind<br />

selbst lesbisch, schwul, bisexuell, trans* oder<br />

inter* und statistisch betrachtet kennen alle<br />

aus ihrem sozialen Umfeld Menschen, die sich<br />

so identifizieren. Ihre Erfahrungen müssen repräsentiert<br />

werden, ganz selbstverständlich –<br />

im Mathebuch taucht in einer Aufgabe ein<br />

schwules Paar auf und im Politikunterricht wird<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

198


die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts am<br />

Beispiel des Transsexuellengesetzes erklärt.<br />

Die Schulbuchverlage verstehen die Förderung<br />

von Gleichstellung und Antidiskriminierung als<br />

zentrale Qualitätskriterien aller Schulbücher.<br />

Um sie umzusetzen sollte die Gender- und<br />

Diversity-Kompetenz bei den Mitarbeitenden<br />

durch fachliche Qualifizierung ausgebaut werden.<br />

Dies kann durch Weiterbildung und Beratung<br />

erreicht werden. Der größte Handlungsbedarf<br />

besteht hier thematisch zu Trans* und<br />

Inter*. Weiterhin braucht es Instrumente wie<br />

Monitoring, die es ermöglichen, regelmäßig zu<br />

ermitteln, ob die rechtlichen Vorgaben tatsächlich<br />

eingehalten werden, so dass ggf. nachgebessert<br />

werden kann.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Schulbuchverlage auf,<br />

• bei der Konzeption von Schulbüchern den<br />

Stand der wissenschaftlichen Forschung zu berücksichtigen,<br />

dass Zweigeschlechtlichkeit eine<br />

Norm und keine biologische Tatsache ist,<br />

• die Bücher so zu gestalten, dass sie<br />

Schüler_innen motivieren, sich gegen Diskriminierung<br />

zu wenden und Handlungsansätze<br />

anzubieten,<br />

• in den Texten eine geschlechtergerechte<br />

und nicht-diskriminierende Sprache zu verwenden,<br />

• die Lebensrealitäten von Trans* und Inter*<br />

einzubeziehen und zu enttabuisieren,<br />

• ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fachlich<br />

zu qualifizieren und<br />

• die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zur<br />

Gleichstellung zu überwachen.<br />

Verpflichtung der Ministerien<br />

Rechtliche Normen wie die UN-Frauenrechtskonvention,<br />

die Gender-Richtlinie der EU, das<br />

Grundgesetz, das Allgemeine Gleichstellungsgesetz<br />

oder die Schulgesetze der Bundesländer<br />

verpflichten die staatlichen Institutionen zum<br />

Schutz vor Diskriminierung und zur Durchsetzung<br />

von Gleichstellung. Die Ministerien<br />

sind daher dafür verantwortlich, dass die<br />

Einhaltung rechtlichen Rahmenbedingungen in<br />

Schulbüchern beachtet und regelmäßig überprüft<br />

wird. Gibt es Zulassungsverfahren müssen<br />

diese Anforderungen in den Zulassungskriterien<br />

enthalten sein und anwendungsorientiert<br />

konkretisiert werden, z.B. indem die durchgängige<br />

Verwendung geschlechtergerechter<br />

Sprache verpflichtend zum Qualitätsstandard<br />

100<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

199


erklärt wird. Lerninhalte rund um Gender und<br />

LSBTI müssen in alle Bildungsstandards, Lehrpläne<br />

und Richtlinien und auch in Orientierungs-<br />

und Referenzrahmen für Schulqualität<br />

integriert werden. Die Ministerien werden<br />

zudem aufgefordert, zeitnah die Inhalte der<br />

Lehramtsausbildung zu überarbeiten , so dass<br />

Gender und sexuelle Vielfalt Pflichtmodule der<br />

fachlichen und didaktischen Ausbildung werden<br />

und in Prüfungsordnungen verankert werden.<br />

Aufklärungsprojekte und freie Träger, die an<br />

Schulen Projekttage zu Gender und Sexualität<br />

anbieten, sollen von den Ministerien materiell<br />

gefördert und ideell unterstützt werden. Auch<br />

die Erstellung und Verbreitung von Unterrichtsmaterialien,<br />

die Lehrer_innen als<br />

Ergänzung zu den aktuell überarbeitungsbedürftigen<br />

Schulbüchern nutzen können, soll unterstützt<br />

werden; hier sind auch die Bundeszentrale<br />

für gesundheitliche Aufklärung und die<br />

Bundeszentrale für politische Bildung in der<br />

Pflicht.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Kultusministerien auf,<br />

• regelmäßig zu überprüfen, ob der rechtliche<br />

Gleichstellungsauftrag und das Verbot von<br />

Diskriminierungen in Schulbüchern beachtet<br />

werden,<br />

• für Zulassungsverfahren Anforderungen<br />

und Kriterien in Bezug auf den Abbau von Geschlechterstereotypen<br />

und Diskriminierung<br />

wegen der sexuellen Orientierung/ Identität in<br />

Schulbüchern zu entwickeln und anwendungsorientiert<br />

zu konkretisieren,<br />

• die Verwendung einer geschlechtergerechten<br />

Sprache als Qualitätsstandard zu verankern,<br />

• die Inhalte der Lehramtsausbildung in allen<br />

drei Phasen um Pflichtmodule zu Gender und<br />

sexueller Vielfalt zu ergänzen,<br />

• außerschulische Träger, die Aufklärungsarbeit<br />

an Schulen leisten, finanziell zu unterstützen,<br />

• kurzfristig Unterrichtsmaterialien zur Verfügung<br />

zu stellen,<br />

• in Orientierungs- und Referenzrahmen für<br />

Schulqualität Antidiskriminierungsarbeit als<br />

Qualitätskriterium aufzunehmen.<br />

Handlungsmacht von Lehrer_innen und<br />

Schulen<br />

Auch Lehrer_innen und Schulen können<br />

Einfluss auf Schulbücher und Unterrichtsinhalte<br />

155<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

200


nehmen. Die <strong>GEW</strong> wertschätzt ihr Engagement<br />

und unterstützt alle Kolleg_innen, die sich für<br />

mehr Gleichstellung und gegen Diskriminierung<br />

an Schulen einsetzen.<br />

Alle Lehrer_innen, die selbst in Lehrplankommissionen<br />

oder an Schulbüchern mitwirken,<br />

sind aufgefordert, den Abbau von Stereotypen<br />

und Diskriminierung und vielfältige<br />

Darstellungen von Menschen aktiv zu unterstützen.<br />

Die Fachkonferenzen berücksichtigen<br />

bei der Auswahl von Schulbüchern als ein zentrales<br />

Kriterium, ob diese die oben formulierten<br />

inhaltlichen Forderungen zur Gestaltung<br />

von Schulbüchern realisieren. Sie informieren<br />

die Schulbuchverlage über diese Praxis und<br />

kommunizieren, wenn sie sich gegen den Kauf<br />

von Schulbüchern entscheiden, die Diskriminierung<br />

reproduzieren statt zu kritisieren.<br />

Lehrer_innen sollen im Rahmen ihrer fachlichen<br />

Weiterbildung Seminare und Workshops<br />

zu Gender, sexueller Vielfalt und Diversity angeboten<br />

bekommen, um sie für den Unterricht<br />

aber auch für Diskussion mit Eltern- und Schülervertretungen<br />

zu qualifizieren. Sofern<br />

Schulbücher Geschlechterstereotypen reproduzieren<br />

oder LSBTI diskriminieren sollen sie Wissen<br />

in Schulbüchern in Frage stellen und ihren<br />

Schüler_innen beibringen, reflektiert und kritisch<br />

mit dem Politikum Schulbuch umzugehen.<br />

Sie nutzen einschlägige Unterrichtsmaterialien<br />

und Methoden, um Themen einzubringen, die<br />

bislang in Schulbüchern unterrepräsentiert<br />

sind.<br />

Die <strong>GEW</strong> appelliert an Lehrer_innen und<br />

Schulleitungen,<br />

• sich in Lehrplankommissionen oder als beratende_r<br />

Lehrer_in bei Schulbuchverlagen für<br />

den Abbau von Stereotypen und gegen<br />

Diskriminierung einzusetzen,<br />

• in Fachkonferenzen bei der Auswahl von<br />

Schulbüchern<br />

• Schulbuchverlage zu informieren, wenn sie<br />

sich gegen Schulbücher entschieden haben,<br />

weil sie Geschlechterstereotype reproduzieren,<br />

• schulinterne Weiterbildungen zu sexueller<br />

Vielfalt und Diversity zu veranstalten bzw. bei<br />

anderen Trägern zu besuchen,<br />

• mit Schüler_innen Inhalte von Schulbüchern<br />

kritisch zu reflektieren,<br />

• LSBTI in Schulentwicklungsprozessen,<br />

Leitbildern, Schulprogrammen sichtbar zu ma-<br />

210<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

201


chen und so zu einem diskriminierungsfreien<br />

Schulklima beizutragen.<br />

Begründung<br />

Die <strong>GEW</strong> hat sich in § 3 ihrer Satzung auf den<br />

Ausbau der Geschlechterdemokratie und die<br />

Verhinderung und Beseitigung von Diskriminierung<br />

verpflichtet. Ein Themenschwerpunkt dieser<br />

Arbeit ist LSBTI in der Schule, auch am Beispiel<br />

von Geschlechterkonstruktionen und der<br />

Darstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen,<br />

Trans* und Inter* in Schulbüchern.<br />

Schulbüchern kommt für die Unterrichtspraxis<br />

eine zentrale Bedeutung zu. Sie sind ein Politikum,<br />

denn das Wissen in Schulbüchern gilt als<br />

gesellschaftlich besonders relevant und hat damit<br />

eine normative Funktion.<br />

Nach den rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

liegen der Schutz vor Diskriminierung und die<br />

Durchsetzung tatsächlicher Gleichstellung im<br />

Bildungssystem im Verantwortungsbereich<br />

staatlicher Institutionen. Dies regeln insbesondere<br />

internationale Normen wie die UN-<br />

Frauenrechtskonvention CEDAW (Convention<br />

on the Elimination of All Forms of Discrimination<br />

against Women), das Grundgesetz (Gleichstellungsauftrag<br />

in § 3) und die Schulgesetze<br />

der Bundesländer. Aus diesen und anderen<br />

Rechtsvorschriften lassen sich Anforderungen<br />

für Schulbücher in Bezug auf den Abbau von<br />

Geschlechterstereotypen und Diskriminierung<br />

wegen der sexuellen Orientierung/Identität<br />

und die Darstellung vielfältiger Menschen und<br />

Lebensformen ableiten.<br />

Die Ergebnisse der Schulbuchforschung zeigen,<br />

dass auch aktuelle Schulbücher Geschlechterstereotype<br />

und einschränkende Geschlechternormen<br />

reproduzieren: Mädchen tragen<br />

lange Haare, Männer sind nicht für Hausarbeit<br />

verantwortlich, alle Kinder haben heterosexuelle<br />

Eltern und Trans* und Inter*, also<br />

Menschen, deren Körper oder Identitäten nicht<br />

einer weiblichen oder männlichen Norm entsprechen,<br />

passen nicht ins Bild. Es gibt also<br />

großen Handlungsbedarf, was den Abbau von<br />

Stereotypen und die Repräsentation real existierender<br />

Vielfalt von Menschen und Lebensformen<br />

anbelangt.<br />

265<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

315<br />

202


Anmerkungen<br />

LSBTI steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle,<br />

Trans* und Inter*.<br />

<strong>Das</strong> Sternchen (*) wird als Platzhalter verwendet.<br />

Inter* und Trans* als Substantive sowie inter*<br />

und trans* als Adjektive sind Oberbegriffe<br />

und umfassen jeweils unterschiedliche Formen<br />

und Bezeichnungen: Inter* fungiert als deutscher<br />

Oberbegriff für Intersexuelle, Intersex,<br />

Hermaphroditen, Zwitter, Intergender sowie inter-<br />

oder zwischengeschlechtliche Menschen,<br />

die mit einem Körper geboren sind, der den typischen<br />

geschlechtlichen Standards und Normen<br />

von Mann und Frau nicht entspricht.<br />

Trans* fungiert als deutscher Oberbegriff für<br />

Transsexuelle, Transgender, Transidente,<br />

Transvestiten und andere Menschen, die sich<br />

nicht dem Geschlecht zugehörig fühlen, das ihnen<br />

bei ihrer Geburt zugewiesen wurde und<br />

auch solche, die sich Vergeschlechtlichungsprozessen<br />

ganz entziehen wollen.<br />

Der Unterstrich (_), auch Gender-Gap genannt,<br />

wird als Instrument genderreflektierter Sprache<br />

verwendet. Er stellt einen Platzhalter zwischen<br />

den Geschlechtern dar, um vielfältigere geschlechtliche<br />

Identitäten sichtbar zu machen<br />

und die Norm der Zweigeschlechtlichkeit in<br />

Frage zu stellen.<br />

320<br />

325<br />

330<br />

335<br />

340<br />

345<br />

203


3.21 Abbau von Geschlechterstereotypen<br />

und Diskriminierung wegen der sexuellen<br />

Orientierung und Identität in<br />

Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Erledigt bei Annahme des Antrags 3.19<br />

Antragsteller: LV Berlin<br />

Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich umfassend ein für<br />

• die Verwirklichung von Geschlechtergerechtigkeit,<br />

• für die Umsetzung des Rechts von Jungen<br />

wie Mädchen auf eine sensible Begleitung im<br />

Prozess der geschlechtlichen Sozialisation<br />

sowie<br />

• die Vermeidung von Zuordnungen und Einengungen<br />

auf Basis von Geschlechterstereotypen<br />

in pädagogischen Settings.<br />

Pädagog_innen brauchen dazu Genderkompetenz,<br />

d.h. Wissen über die historische Entwicklung<br />

und gegenwärtige Bedeutung von Geschlechterkonstruktionen<br />

und welche Privilegien<br />

und Nachteile mit ihnen einhergehen – einschließlich<br />

der negativen Effekte von Männlichkeitsbildern<br />

und Weiblichkeitsbildern auf<br />

die Persönlichkeitsentwicklung und Lernerfolge<br />

von Jungen und von Mädchen, sowie eine<br />

Reflexion ihrer eigenen Biographie hinsichtlich<br />

Geschlechterrollen.<br />

In einer Umwelt, in der Heterosexualität die<br />

Norm ist, setzt sich die <strong>GEW</strong> dafür ein, Vielfalt<br />

wertzuschätzen und Unterschieden Raum zu<br />

geben, damit lesbische Mädchen und schwule<br />

Jungen, Trans*- oder Inter*-Jugendliche auf der<br />

schwierigen Suche nach ihrer Identität nicht<br />

allein gelassen werden. Auch Kinder und<br />

Jugendliche mit lesbischen Müttern, schwulen<br />

Vätern, Trans*- oder Inter*-Angehörigen sollen<br />

sich in Schulbüchern wiederfinden.<br />

Die <strong>GEW</strong> engagiert sich<br />

• gegen Diskriminierung von Lesben,<br />

Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Inter*, so<br />

dass alle Kinder und Jugendlichen in der Schule<br />

ihr Potenzial besser entfalten können,<br />

• gegen Diskriminierung wegen der sexuellen<br />

Orientierung und Identität und für eine wertschätzende<br />

Darstellung von Vielfalt in<br />

Schulbüchern,<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

204


• für den Abbau von Geschlechterstereotypen<br />

und für eine geschlechtergerechte<br />

Bildung,<br />

• für Qualitätsstandards für gleichstellungsorientierte<br />

und realitätsnahe Schulbücher.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Kultusministerien auf, ihrer<br />

rechtlichen Verantwortung für Antidiskriminierung<br />

wegen der sexuellen Orientierung und<br />

des Geschlechts und für Gleichstellung nachzukommen<br />

und<br />

• die Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit<br />

in der Bildung aktiv zu fördern, um Jungen<br />

und Mädchen unabhängig von ihrer ökonomischen<br />

Lage, ihren Fähigkeiten, dem Bildungsstand<br />

ihrer Familie, ihrer sexuellen Identität, ihrer<br />

Migrationsgeschichte sowie kulturellem<br />

Hintergrund und Praktiken die gleichen Chancen<br />

zu bieten,<br />

• regelmäßig zu überprüfen, ob der rechtliche<br />

Gleichstellungsauftrag und das Verbot von<br />

Diskriminierung durch Normen wie in der UN-<br />

Frauenrechtskonvention (CEDAW), im Grundgesetz,<br />

im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz<br />

(AGG) oder in den die Schulgesetze der<br />

Bundesländer in Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien<br />

verankert sind, beachtet<br />

werden,<br />

• Lerninhalte rund um Gender und LSBTI<br />

fächerübergreifend in alle Bildungsstandards,<br />

Lehrpläne und Richtlinien und auch in Orientierungs-<br />

und Referenzrahmen für Schulqualität<br />

zu integrieren,<br />

• die Verwendung einer geschlechtergerechten<br />

Sprache als Qualitätsstandard zu verankern,<br />

• für Zulassungsverfahren Anforderungen<br />

und Kriterien in Bezug auf den Abbau von Geschlechterstereotypen<br />

und Diskriminierung<br />

wegen der sexuellen Orientierung/Identität in<br />

Schulbüchern zu entwickeln und anwendungsorientiert<br />

zu konkretisieren,<br />

• die Inhalte der Lehramtsaus- und -<br />

weiterbildung zeitnah in allen drei Phasen um<br />

ein Pflichtmodul zu Gender, sexueller Vielfalt<br />

und Diversity zu ergänzen,<br />

• außerschulische Träger, die Aufklärungsarbeit<br />

an Schulen leisten, finanziell und ideell<br />

zu unterstützen,<br />

• über die Landeszentralen für politische<br />

Bildung und die für gesundheitliche Aufklärung<br />

sowie die Bundeszentralen ergänzende Unterrichtsmaterialien<br />

zur Verfügung zu stellen.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

205


Die <strong>GEW</strong> fordert die Schulbuchverlage auf, ihrer<br />

Verantwortung für den Abbau von Geschlechterstereotypen<br />

und für die Darstellung<br />

der Vielfalt von Lebensformen nachzukommen<br />

und<br />

• bei der Konzeption von Schulbüchern und<br />

Unterrichtsmaterialien den Stand der wissenschaftlichen<br />

Forschung zu berücksichtigen,<br />

dass Zweigeschlechtlichkeit eine Norm und<br />

keine biologische Tatsache ist,<br />

• historische und aktuelle Diskriminierung zu<br />

thematisieren und die sozialen Bewegungen,<br />

die für rechtlichen Diskriminierungsschutz<br />

gekämpft haben, darzustellen,<br />

• die Bücher und Materialien so zu gestalten,<br />

dass sie Schüler_innen motivieren, sich selbstbewusst<br />

gegen Diskriminierung zu wehren und<br />

konkrete Handlungsansätze anzubieten,<br />

• in den Texten eine geschlechtergerechte<br />

und nicht-diskriminierende Sprache zu verwenden,<br />

• die Lebensrealitäten von Trans* und Inter*<br />

einzubeziehen und zu enttabuisieren,<br />

• die Repräsentation von Menschen, die<br />

nicht Geschlechterstereotypen entsprechen,<br />

und von homo- und bisexuellen Menschen<br />

deutlich zu erhöhen,<br />

• durch die Gestaltung von Schulbüchern und<br />

Unterrichtsmaterialien die Reflektion und den<br />

Abbau von geschlechterbezogenen Vorurteilen<br />

und Zuschreibungen zu unterstützen, z.B. indem<br />

vielfältige Männlichkeitsbilder in den<br />

Schulbüchern vorkommen,<br />

• Diversity, Gleichstellung und Antidiskriminierung<br />

als Qualitätskriterien für Schulbücher<br />

und Unterrichtsmaterialien zu etablieren und<br />

ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend<br />

fachlich zu qualifizieren und<br />

• die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben zur<br />

Gleichstellung zu überwachen.<br />

Die <strong>GEW</strong> appelliert an Lehrer_innen und<br />

Schulleitungen, ihre Verantwortung wahrzunehmen<br />

und<br />

• sich für geschlechtergerechte Bildung<br />

einzusetzen und das Prinzip des Gender Mainstreaming<br />

konsequent bei allen schulischen<br />

Prozessen anzuwenden,<br />

• das Engagement von Lehrer_innen und<br />

Schüler_innen, die sich für mehr Gleichstellung<br />

und gegen Diskriminierung wegen des Geschlechts<br />

und der sexuellen Orientierung an<br />

Schulen einsetzen, wertzuschätzen und zu unterstützen,<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

206


• sich in Lehrplankommissionen oder als beratende_r<br />

Lehrer_in bei Schulbuchverlagen für<br />

den Abbau von Geschlechterstereotypen und<br />

gegen Diskriminierung wegen des Geschlechts<br />

und der sexuellen Orientierung einzusetzen,<br />

• in Fachkonferenzen bei der Auswahl von<br />

Schulbüchern als ein zentrales Kriterium zu berücksichtigen,<br />

ob diese die oben formulierten<br />

inhaltlichen Forderungen zur Gestaltung von<br />

Schulbüchern realisieren,<br />

• bei der Auswahl von Schulbüchern<br />

Schulbuchverlage zu informieren, wenn sich<br />

Fachkonferenzen gegen Schulbücher oder Unterrichtsmaterialien<br />

entschieden haben, weil<br />

sie Geschlechterstereotype reproduzieren,<br />

• als Pädagogen und Pädagoginnen offen für<br />

die Reflektion eigener Geschlechterrollen zu<br />

sein,<br />

• sich kooperativ für die gleichen Chancen<br />

auf Bildung unabhängig vom Geschlecht der<br />

Lernenden zu engagieren,<br />

• mit Schüler_innen Inhalte von Schulbüchern<br />

kritisch zu reflektieren, insbesondere<br />

wenn diese Geschlechterstereotype reproduzieren<br />

oder LSBTI diskriminieren,<br />

• Unterrichtsmaterialien und Methoden zu<br />

Gender und LSBTI zu nutzen, um Themen<br />

einzubringen, die bislang in Schulbüchern unterrepräsentiert<br />

oder nicht angemessen aufbereitet<br />

sind,<br />

• schulinterne Weiterbildungen zu sexueller<br />

Vielfalt und Diversity zu veranstalten bzw. bei<br />

anderen Trägern zu besuchen, um sich für den<br />

Unterricht, aber auch für die Diskussion mit<br />

Eltern- und Schüler_innenvertretungen zu<br />

qualifizieren,<br />

• mit außerschulischen Trägern und Projekten<br />

zur Aufklärung über Gender und LSBTI zusammenzuarbeiten,<br />

• LSBTI und die Gleichstellung der Geschlechter<br />

in Schulentwicklungsprozessen, Leitbildern,<br />

Schulprogrammen sichtbar zu machen und so<br />

zu einem diskriminierungsfreien Schulklima<br />

beizutragen.<br />

Anmerkungen (Bestandteil des Antragstexts):<br />

• LSBTI steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle,<br />

Trans* und Inter*.<br />

• <strong>Das</strong> Sternchen (*) wird als Platzhalter verwendet.<br />

Inter* und Trans* als Substantive<br />

sowie inter* und trans* als Adjektive sind<br />

Oberbegriffe und umfassen jeweils unterschiedliche<br />

Formen und Bezeichnungen: Inter*<br />

fungiert als deutscher Oberbegriff für In-<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

207


tersexuelle, Intersex, Hermaphroditen, Zwitter,<br />

Intergender sowie inter- oder zwischengeschlechtliche<br />

Menschen, die mit einem Körper<br />

geboren sind, der den typischen geschlechtlichen<br />

Standards und Normen von Mann und<br />

Frau nicht entspricht. Trans* fungiert als deutscher<br />

Oberbegriff für Transsexuelle, Transgender,<br />

Transidente, Transvestiten und andere<br />

Menschen, die sich nicht dem Geschlecht<br />

zugehörig fühlen, das ihnen bei ihrer Geburt<br />

zugewiesen wurde und auch solche, die sich<br />

Vergeschlechtlichungsprozessen ganz entziehen<br />

wollen.<br />

• Der Unterstrich (_), auch Gender-Gap genannt,<br />

wird als Instrument genderreflektierter<br />

Sprache verwendet. Er stellt einen Platzhalter<br />

zwischen den Geschlechtern dar, um vielfältigere<br />

geschlechtliche Identitäten sichtbar zu<br />

machen und die Norm der Zweigeschlechtlichkeit<br />

in Frage zu stellen.<br />

Begründung<br />

Die <strong>GEW</strong> hat sich in § 3 ihrer Satzung auf den<br />

Ausbau der Geschlechterdemokratie und die<br />

Verhinderung und Beseitigung von Diskriminierung<br />

verpflichtet. Es darf nicht vom Geschlecht<br />

einer Person abhängen, d.h. von ihrer körperlichen,<br />

gefühlten, zum Ausdruck gebrachten, von<br />

Anderen wahrgenommen Geschlechtlichkeit,<br />

welche Bildung ihr zugänglich ist, welche sie<br />

erwerben kann und was sie ihr nützt. Wenn Geschlechterverhältnisse<br />

und sexuelle Orientierung<br />

nicht reflektiert werden, sind unter anderem<br />

eine ungleiche Verteilung von Schulabschlüssen,<br />

kognitiven und sozialen Kompetenzen,<br />

Bestätigungs- und Diskriminierungserfahrungen,<br />

Entlohnung und Machtressourcen zwischen<br />

den Geschlechtern die Folgen.<br />

Ein Themenschwerpunkt der Arbeit für eine geschlechtergerechte<br />

Bildung ist LSBTI in der<br />

Schule, auch am Beispiel von Geschlechterkonstruktionen<br />

und der Darstellung von Lesben,<br />

Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Inter* in<br />

Schulbüchern.<br />

Schulbücher spielen im Unterrichtsalltag eine<br />

zentrale Rolle. Sie sind ein Politikum, denn das<br />

in Schulbüchern didaktisch aufbereitete Wissen<br />

ist keine Abbildung neutraler Fakten. Verschiedene<br />

Akteure handeln mittels Bildungsstandards<br />

und Lehrplänen aus, welches Wissen<br />

als gesellschaftlich relevant gilt. Leistungskontrollen<br />

verleihen ihm eine hohe Legitima-<br />

210<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

208


tion. So entsteht der Eindruck, in Schulbüchern<br />

werde Schüler_innen „die Wahrheit“ vermittelt.<br />

Dies ist umso brisanter als in Schulbüchern<br />

auch implizit Normen und Werte vermittelt<br />

werden: Welche Hobbys haben „richtige“ Jungen?<br />

Wer macht die Hausarbeit? Wie sieht eine<br />

Familie aus?<br />

Die Schulbuchforschung zeigt, dass auch heute<br />

in Schulbüchern noch Geschlechterstereotype<br />

reproduziert werden und dass Lesben,<br />

Schwule, Bisexuelle, Trans* und Inter* (LSBTI)<br />

im Vergleich mit der tatsächlichen Vielfalt von<br />

Menschen und Lebensformen völlig unterrepräsentiert<br />

sind. Dies widerspricht dem rechtlichen<br />

Gebot der Gleichstellung, Antidiskriminierung<br />

und Förderung der Entwicklung aller<br />

Schüler_innen.<br />

Nach den rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

liegen der Schutz vor Diskriminierung und die<br />

Durchsetzung tatsächlicher Gleichstellung im<br />

Bildungssystem im Verantwortungsbereich<br />

staatlicher Institutionen. Dies regeln insbesondere<br />

internationale Normen wie die UN-<br />

Frauenrechtskonvention CEDAW (Convention<br />

on the Elimination of All Forms of Discrimination<br />

against Women), das Grundgesetz (Gleichstellungsauftrag<br />

in § 3) und die Schulgesetze<br />

der Bundesländer. Aus diesen und anderen<br />

Rechtsvorschriften lassen sich Anforderungen<br />

für Schulbücher in Bezug auf den Abbau von<br />

Geschlechterstereotypen und Diskriminierung<br />

wegen der sexuellen Orientierung/Identität<br />

und die Darstellung vielfältiger Menschen und<br />

Lebensformen ableiten.<br />

Im Zwischenbericht Band II des Runden Tisches<br />

Sexueller Kindesmissbrauch vom 01.12.2010<br />

wird u.a. gefordert, dass "die schulische und<br />

außerschulische Sexualerziehung erheblich<br />

dazu beiträgt, dass Kinder und Jugendliche ihre<br />

eigene Sexualität entwickeln können. Dazu<br />

gehören ein realistisches Selbstkonzept, eine<br />

realistische Wahrnehmung der Selbstwirksamkeit<br />

sowie ein eigenes Selbstwertgefühl".<br />

Kinder und Jugendliche "haben ein Recht auf<br />

die Entwicklung ihrer eigenen Sexualität, auf<br />

Zugang zu Ansprechpersonen und –organisation,<br />

denen sie sich anvertrauen können." Im<br />

Bericht der Hohen Kommissarin der Vereinten<br />

Nationen für Menschenrechte an den Menschenrechtsrat<br />

vom 17. November 2011 heißt<br />

es: "Der Menschenrechtsausschuss, der Aus-<br />

265<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

315<br />

209


schuss für wirtschaftliche, soziale und<br />

kulturelle Rechte und der Kinderrechtsausschuss<br />

zeigten sich besorgt über homophobe<br />

Diskriminierung an Schulen und forderten<br />

Maßnahmen, um homophoben und transphoben<br />

Haltungen entgegenzuwirken."<br />

320<br />

210


3.22 KMK-Empfehlungen für<br />

Interkulturelle Bildung und Erziehung in<br />

Deutschland<br />

Antragsteller: BA Multikulturelle<br />

Angelegenheiten<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die KMK auf, in die Überarbeitung<br />

der "Empfehlungen für Interkulturelle<br />

Bildung und Erziehung in Deutschland" (geplante<br />

Veröffentlichung 2013) die Ergebnisse<br />

der Mehrsprachigkeitsforschung und sich daraus<br />

ergebende Umsetzungen in den Bildungseinrichtungen<br />

der Bundesländer aufzunehmen.<br />

<strong>Das</strong> erfordert im Einzelnen:<br />

• die Einführung von Durchgängiger<br />

Sprachbildung, Umgang mit Mehrsprachigkeit<br />

und Interkulturelle Bildung und Erziehung als<br />

Prüfungsfächer der Lehrerinnenbildung (in der<br />

1. und 2. Phase) und der Ausbildung von SozialpädagogInnen<br />

und ErzieherInnen in allen<br />

Bundesländern;<br />

• die Qualifizierung (Fort- und Weiterbildung)<br />

der Lehrkräfte, SozialpädagogInnen und ErzieherInnen<br />

für die mehrsprachige / bilinguale Erziehung<br />

sowie für den Erwerb interkultureller<br />

Kompetenz als Querschnittaufgabe;<br />

• die Verankerung von Mehrsprachigkeit,<br />

bilingualer Erziehung und interkultureller<br />

Bildung und Erziehung in den Bildungsplänen<br />

und Curricula aller Bildungseinrichtungen;<br />

• die Aufnahme der in Deutschland gesprochenen<br />

Sprachen in die Lehramtsstudiengänge<br />

und die Angebote der Bildungseinrichtungen;<br />

• die wissenschaftliche Begleitung von Pilotversuchen<br />

und Modellen und Ansätzen zur<br />

bilingualen und mehrsprachigen Erziehung und<br />

Durchgängigen Sprachbildung.<br />

• die Entwicklung von Unterrichtsmaterial für<br />

den mehrsprachigen und den bilingualen Unterricht<br />

in den Familiensprachen sowie für die<br />

interkulturelle Bildung und Erziehung;<br />

• die Sicherung der finanziellen und organisatorischen<br />

Voraussetzungen in allen Bildungsbereichen<br />

für die Durchgängige Sprachbildung,<br />

die mehrsprachige und bilinguale und die interkulturelle<br />

Bildung und Erziehung.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert von allen Bundesländern,<br />

diese Inhalte gesetzlich zu sichern.<br />

Begründung<br />

Nach über 50 Jahren jüngerer Zuwanderungsgeschichte<br />

in Deutschland werden - im Unter-<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahmemit folgenden Änderungen:<br />

Annahme der Zeilen 1 - 7<br />

Überweisung der Zeilen 9 – 43 an den<br />

Hauptvorstand im Zusammenhang mit den<br />

Ergebnissen der Fachtagung vom 18./19.01.2013.<br />

211


schied zu anderen, insbesondere skandinavischen<br />

Ländern - Kinder und Jugendliche, die<br />

mit wenigstens einer nichtdeutschen Familiensprache<br />

aufwachsen, immer noch nicht angemessen<br />

gefördert.*<br />

Umso wichtiger ist, dass auf der Ebene der<br />

Kultusministerkonferenz endlich die Ergebnisse<br />

der aktuellen Mehrsprachigkeitsforschung zur<br />

Kenntnis genommen und in den Bildungseinrichtungen<br />

aller Bundesländer umgesetzt<br />

werden. Orientierung bieten dabei Beispiele<br />

aus der Praxis, in denen Zwei- und Mehrsprachigkeit<br />

nicht als Problem, sondern als Potenzial<br />

- und zwar auch für die herkunftsdeutschen<br />

Kinder, SchülerInnen und Erwachsenen - begriffen<br />

wird.<br />

Auf der BAMA-Fachtagung "100 Sprachen hat<br />

das Kind. Mehrsprachigkeit als identitätsstiftende<br />

und zukunftssichernde Ressource" am<br />

18./19.01.2013 in Göttingen wurden solche<br />

Beispiele und wissenschaftlichen Ergebnisse<br />

vorgestellt und Schlussfolgerungen diskutiert.<br />

Eine durchgängige Sprachförderung, ein wünschenswerter<br />

Umgang mit Mehrsprachigkeit<br />

und generell eine interkulturelle Erziehung und<br />

Bildung dürfen nicht nur vom Engagement einzelner<br />

Personen und Gruppen abhängen und<br />

auch nicht nur in einzelnen Bundesländern<br />

politisch gefördert werden, sondern müssen<br />

zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe werden.<br />

Wenn jeder Mensch mit seinen unterschiedlichen<br />

Eigenschaften und familienbedingten<br />

Zugehörigkeiten das Recht auf vollständige gesellschaftliche<br />

Teilhabe hat, wenn also das<br />

Recht auf Gleichheit auch verstanden wird als<br />

Recht auf Verschiedenheit und wenn Diversität<br />

als Reichtum wertgeschätzt wird, dient das<br />

nicht nur der individuellen Entfaltung, sondern<br />

auch dem gesellschaftlichen Frieden und der<br />

Verwirklichung von Demokratie. Der Staat ist<br />

gefordert, diese Entwicklung institutionell zu<br />

ermöglichen und finanziell und organisatorisch<br />

abzusichern.<br />

Anmerkungen<br />

Vgl. das Zitat aus der konservativen FAZ vom<br />

09.04.2010:<br />

"Ein Kind, das fließend Deutsch spricht, ist ein<br />

gutes Kind. Ein Kind, das neben Deutsch auch<br />

fließend Italienisch, Französisch, Englisch oder<br />

sogar Chinesisch spricht oder sich darum<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

212


emüht, eine dieser Sprachen zu erlernen, ist<br />

ein noch besseres Kind. Die Eltern können sich<br />

der gesellschaftlichen Anerkennung sicher sein,<br />

ihren Sprössling durch frühkindliche<br />

Sprachförderung und Schulwahl auf diesen<br />

Weg geschickt zu haben. Ein Kind jedoch, das<br />

Türkisch spricht und Eltern hat, die es dabei unterstützen,<br />

ist in Deutschland ein Problem. Ihm<br />

haftet der Geruch des Störenden, Integrationsunwilligen<br />

an. Auf den öffentlichen Gebrauch<br />

seiner Sprache wird mit Abwehr reagiert." (Krüger<br />

2010)<br />

(aus dem Handout von Frau Dr. Gerlind Belke<br />

auf der BAMA-Fachtagung am 18./19.01.2013)<br />

105<br />

110<br />

115<br />

213


3.23 Dokumentation und Analyse der<br />

Gesetzeslage in der BRD bzgl. sprachlicher<br />

Bildung und interkultureller Erziehung<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Material zu Antrag 3.22<br />

Antragsteller: BA Multikulturelle<br />

Angelegenheiten<br />

Der HV fördert eine rasche Dokumentation und<br />

Analyse der Gesetzeslage in den Bundesländern<br />

bzgl. Mehrsprachigkeit, bilingualer Erziehung,<br />

durchgängiger Sprachbildung und interkultureller<br />

Bildung und Erziehung sowie den<br />

Vergleich mit europäischen Richtlinien und europäischer<br />

Praxis.<br />

Begründung<br />

Bereits in der Richtlinie 77/486/EWG von 1977<br />

wurde für Kinder aus Migrantenfamilien sowohl<br />

die "Unterweisung in der Sprache des<br />

Aufnahmestaats" wie auch die "Unterweisung<br />

der genannten Kinder in ihrer Muttersprache<br />

und in der heimatlichen Landeskunde" vorgeschrieben.<br />

Für eine genaue Bewertung der rechtlichen Situation<br />

in Deutschland bzgl. sprachlicher<br />

Bildung und interkultureller Erziehung wäre<br />

eine Übersicht sowohl über Gesetze und Verordnungen<br />

der deutschen Bundesländer wie<br />

ein Überblick über die aktuelle europäische<br />

Rechtslage und die Praxis in europäischen<br />

Ländern dringend erforderlich.<br />

Wegen des erheblichen Aufwands beantragen<br />

wir die Unterstützung des HV für solche Übersichten<br />

und einen qualifizierten Vergleich noch<br />

in diesem Jahr.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

214


3.24 Ausbildung von interkulturellen<br />

MentorInnen und BotschafterInnen<br />

Antragsteller: BA Multikulturelle<br />

Angelegenheiten<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Empfehlung wird nachgereicht<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Ausbildung von interkulturellen<br />

MentorInnen (zur Unterstützung<br />

von Einzelpersonen) und BotschafterInnen bzw.<br />

ModeratorInnen für die Begleitung und Steuerung<br />

interkultureller Prozesse.<br />

Begründung<br />

PädagogInnen in Schulen und Bildungseinrichtungen<br />

sind häufig überfordert, wenn sie, insbesondere<br />

ohne qualifizierte Vorbereitung, die<br />

Grundsätze einer interkulturellen Erziehung<br />

und Bildung praktisch umsetzen sollen.<br />

Daher sind ausgebildete BegleiterInnen, die<br />

Einzelpersonen auf ihrem Weg bei Bedarf unterstützen<br />

können, und ExpertInnen, die<br />

Gruppen oder Entscheidende beraten (innerhalb<br />

einer Bildungsinstitution oder z.B. in einem<br />

externen Kompetenzzentrum) für die Entwicklung<br />

interkulturell aufgeschlossener<br />

Bildungseinrichtungen - und damit einer Gesellschaft,<br />

in der Vielfalt willkommen ist -, nötig.<br />

Nach der in den IKÖ-Seminaren verwendeten<br />

Terminologie nennen wir sie MentorInnen bzw.<br />

BotschafterInnen.<br />

MentorInnen können z.B. PädagogInnen, die<br />

spezielle Beratung für ihre interkulturelle<br />

Arbeit wünschen oder z.B. auch LehramtsstudentInnen<br />

oder jungen LehrerInnen mit<br />

Zuwanderungsgeschichte individuell unterstützen.<br />

BotschafterInnen für Interkulturelle Kompetenz<br />

(an der eigenen Bildungseinrichtung<br />

oder auch "reisend") beraten z.B. eine Institution<br />

bei der Ausarbeitung ihres Profils und betreuen<br />

bei Bedarf Gruppen in ihrer interkulturellen<br />

Entwicklung; dabei sollten gerechte<br />

Arbeitsbedingungen und demokratische<br />

Verfahren ein zentrales Ziel sein. BotschafterInnen<br />

mit Zuwanderungsgeschichte können<br />

überzeugend SchülerInnen bzw. StudentInnen<br />

aus Migrantenfamilien für pädagogische Berufe<br />

werben.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

215


3.25 Funktionaler Analphabetismus<br />

Antragsteller: LV Rheinland-Pfalz<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Überweisung an den Hauptvorstand<br />

Die <strong>GEW</strong> bringt sich offensiv in die Diskussion<br />

über das Problem des funktionalen Analphabetismus<br />

ein und beteiligt sich an einem breiten<br />

gesellschaftlichen Bündnis zur Prävention<br />

durch bessere individuelle Förderung in den<br />

Schulen sowie zum Ausbau von Alphabetisierungsmaßnahmen<br />

für Erwachsene.<br />

<strong>Das</strong> bedeutet im Einzelnen:<br />

1. Die <strong>GEW</strong> organisiert eine Fortbildungsreihe<br />

mit dem Ziel, ihre Mitglieder in allen Bereichen<br />

des Bildungswesens über Ursachen und Folgen<br />

mangelnder Lese- und Schreibkompetenz zu informieren<br />

und Konzepte zur gezielten Förderung<br />

dieser für schulische Lernprozesse, Integration<br />

in das Beschäftigungssystem und gesellschaftliche<br />

Partizipation unverzichtbaren<br />

Schlüsselkompetenzen aufzuzeigen.<br />

2. Die <strong>GEW</strong> fordert die Bereitstellung ausreichender<br />

finanzieller und personeller Ressourcen<br />

für die Prävention von Analphabetismus in<br />

Kitas und Schulen sowie den Ausbau von<br />

Grundbildungskursen für Erwachsene.<br />

3. Die <strong>GEW</strong> führt Gespräche mit den Bildungsministerien<br />

und den Bundestagsparteien über<br />

die Verbesserung der Rahmenbedingungen für<br />

die Förderung der Lese- und Schreibkompetenz<br />

in den Schulen sowie über die Umsetzung des<br />

Grundbildungspakts im Bereich der<br />

Weiterbildung.<br />

4. Der Vorstandsbereich Berufliche Bildung<br />

und Weiterbildung führt Gespräche mit dem<br />

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dem<br />

Innenministerium und den Bundestagsfraktionen,<br />

um auf eine Verbesserung der Bedingungen<br />

der Alphabetisierungskurse im Rahmen der<br />

Integrationskurse hinzuwirken.<br />

Ausgangssituation:<br />

Erschreckende Zahlen zum funktionalen Analphabetismus<br />

in Deutschland<br />

Die leo. - Level-One Studie der Universität<br />

Hamburg lieferte Anfang 2011 erstmals empirische<br />

Daten zu Ausmaß und Ursachen des funktionalen<br />

Analphabetismus der erwerbsfähigen<br />

Bevölkerung (18 bis 64 Jahre) in Deutschland:<br />

• "Funktionaler Analphabetismus" ist ein relativer<br />

Begriff, der sich aus dem individuellen<br />

Grad der Schriftsprachbeherrschung einerseits<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

216


und den gesellschaftlichen Anforderungen an<br />

Lese- und Schreibkompetenz andererseits<br />

ergibt. Davon sind nach der Level-One Studie<br />

7,5 Millionen (= 14,5 % der erwerbsfähigen<br />

Bevölkerung) betroffen, und zwar:<br />

- 4,5% (2,3 Millionen) gelten als AnalphabetInnen<br />

i.e.S.:<br />

• 300.000 Menschen scheitern bereits an<br />

einzelnen Wörtern (0,6 % = Alpha-Level 1),<br />

• weitere 2 Millionen (3,9 % = Alpha-Level 2)<br />

erreichen die Satzebene nicht, d.h. sie können<br />

nur mühsam einzelne Wörter lesen<br />

und schreiben.<br />

- Weitere 10 % scheitern an der Textebene<br />

(Alpha-Level 3), d.h. sie können zwar mit kurzen<br />

Sätzen umgehen, nicht aber mit Texten, die<br />

sie deshalb vermeiden.<br />

- Weitere 13,3 Millionen (25,9 %) beherrschen<br />

die Rechtschreibung, wie sie bis zum Ende der<br />

Grundschule unterrichtet wird (Alpha-Level 4),<br />

nicht hinreichend und vermeiden deshalb Lesen<br />

und Schreiben häufig.<br />

• Unterscheidung nach<br />

- Geschlecht: Männer sind mit 56% stärker betroffen<br />

als Frauen (44%)<br />

- Altersgruppen: Alter ist von geringerer<br />

Bedeutung als Geschlecht 18 bis 29 = 12,6%<br />

30 bis 39 = 14,9%<br />

40 bis 49 = 14,5%<br />

50 bis 64 = 15,7%<br />

- Erstsprache: Von den 7,5 Millionen haben<br />

58% (4,4 Millionen) Deutsch als Erstsprache,<br />

3,1 Millionen (42%) eine andere Erstsprache erlernt<br />

(Zugewanderte ohne mündliche<br />

Deutschkenntnisse waren an der Studie nicht<br />

beteiligt).<br />

- Schulabschluss: Von den 7,5 Millionen haben<br />

19,3 % keinen Abschluss<br />

47,7% "untere Bildung"<br />

18,9% "mittlere Bildung"<br />

12,3% "höhere Bildung".<br />

- Erwerbstätigkeit:<br />

16,7% der funktionalen AnalphabetInnen sind<br />

arbeitslos,<br />

56,9% erwerbstätig,<br />

2,3% erwerbsunfähig,<br />

10,1% zu Hause (z.B. Elternzeit),<br />

6,3% Rentner,<br />

6,5% in Ausbildung.<br />

- Berufliche Tätigkeit:<br />

Die Erwerbstätigkeit erfolgt vor allem in einfachen<br />

Hilfstätigkeiten mit geringem Einkom-<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

217


men, geringen beruflichen Aufstiegschancen<br />

und unsicheren Arbeitsplätzen, z.B. 56 % der<br />

Hilfskräfte im Baugewerbe (fast ausschließlich<br />

Männer, überdurchschnittlich mit Deutsch als<br />

Zweitsprache, überdurchschnittlich oft ohne<br />

oder mit niedrigem Schulabschluss), 40 % der<br />

Hilfskräfte und Reinigungspersonal in Büros,<br />

in der Gastronomie oder Hotels (überwiegend<br />

Frauen, überdurchschnittlich viele mit Deutsch<br />

als Zweitsprache), 29% der Hilfsarbeiter in der<br />

Fertigung (überdurchschnittlicher Anteil mit<br />

Deutsch als Zweitsprache), 34,1% der<br />

Transport- und Frachtarbeiter, 26,5% der<br />

Köche bzw. Küchenhilfen, 25,8% der Maler<br />

und Tapezierer, 25,3% der Kraftfahrer, 30,3%<br />

der Hausmeister, Hauswarte und verwandten<br />

Berufe.<br />

Handlungsfelder für die <strong>GEW</strong><br />

Die Verteilung der strukturellen AnalphabetInnen<br />

auf die Altersgruppen zeigt, dass trotz<br />

Bildungsexpansion, PISA-Schock und Qualitätsoffensiven<br />

in den letzten Jahren keine nennenswerten<br />

Verbesserungen eingetreten sind. Deshalb<br />

fordert die <strong>GEW</strong>, dass die im Dezember<br />

2011 von der Bundesregierung verkündete<br />

"Nationale Strategie zur Verringerung der Zahl<br />

funktionaler Analphabeten" endlich mit<br />

konkreten Maßnahmen umgesetzt wird:<br />

• Frühkindliche Bildung und Grundschule –<br />

Verbesserung der Rahmenbedingungen<br />

Obwohl die deutschen Grundschulen in internationalen<br />

Vergleichsuntersuchungen relativ<br />

gut abschneiden und sich die Unterrichtsmethoden<br />

zu mehr eigenständigem Lernen weiterentwickelt<br />

haben, ist die individuelle Förderung<br />

auch in der frühkindlichen Bildung und im<br />

Primarbereich infolge unzureichender Rahmenbedingungen<br />

nicht genügend gewährleistet.<br />

Der planerisch vorgesehene Förderunterricht<br />

findet in der Schulpraxis sehr oft nicht<br />

statt, weil die dafür zugewiesenen Lehrerstunden<br />

für Vertretungsunterricht eingesetzt werden,<br />

um Unterrichtsausfall zu vermeiden. Der<br />

enge Zusammenhang zwischen sozialer<br />

Herkunft und Schulerfolg besteht nach wie vor.<br />

Deshalb fordert die <strong>GEW</strong>:<br />

• Bessere Qualifizierung der ErzieherInnen im<br />

Bereich der Sprachförderung, bessere Personalausstattung<br />

und kleinere Kita-<br />

Gruppen<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

218


• Bessere Personalausstattung der Grundschulen<br />

sowie vermehrt Fort- und<br />

Weiterbildungsangebote für die LehrerInnen.<br />

Individuelle Förderung sollte sowohl<br />

innerhalb heterogener Gruppen als auch -<br />

bei Bedarf - einzeln oder in Kleingruppen<br />

außerhalb der Klasse stattfinden.<br />

• Sekundarstufe I – Förderung der Lese- und<br />

Schreibkompetenz als Aufgabe aller Fächer<br />

Die durch PISA festgestellten Defizite in der Lesekompetenz<br />

der 15-jährigen SchülerInnen<br />

werfen die Frage auf, wieso Kompetenzen, die<br />

am Ende der Grundschulzeit vorhanden sind,<br />

im Laufe der Sekundarstufe I verloren gehen<br />

bzw. nicht weiter entwickelt werden. Offensichtlich<br />

setzen die weiterführenden Schulen<br />

die für das fachliche Lernen in der Sekundarstufe<br />

I erforderliche Lese- und Schreibkompetenz<br />

voraus, eine systematische Förderung von<br />

Lese- und Schreibstrategien sowohl im Fach<br />

Deutsch als auch im Fachunterricht findet nicht<br />

statt.<br />

Deshalb fordert die <strong>GEW</strong>:<br />

• Sensibilisierung der Lehrkräfte aller Fächer<br />

für die Notwendigkeit der Förderung der<br />

Lese- und Schreibkompetenz während der<br />

gesamten Schulzeit und entsprechende<br />

Qualifizierung für diese Aufgabe (Diagnostik,<br />

Förderkonzepte)<br />

• Bereitstellung ausreichender Ressourcen<br />

für die individuelle sprachliche Förderung<br />

• Berufsbildende Schulen – Akuter Handlungsbedarf<br />

zur Sicherung des Ausbildungserfolgs<br />

Im Übergang von der Schule in die Berufsausbildung,<br />

während der dualen Berufsausbildung<br />

und in den Vollzeitbildungsgängen<br />

der berufsbildenden Schulen geraten die Probleme<br />

des funktionalen Analphabetismus unmittelbar<br />

in den Blick, weil hier die individuellen<br />

Kompetenzdefizite mit den Anforderungen<br />

der Arbeitswelt konfrontiert werden.<br />

- Junge Menschen erhalten keine Ausbildungsplätze,<br />

weil sie von den Betrieben als "nicht<br />

ausbildungsreif" oder "nicht ausbildungsfähig"<br />

bezeichnet werden.<br />

- Sie scheitern an den Anforderungen der Ausbildungsordnungen,<br />

weil sie nicht in der Lage<br />

sind authentische Fachtexte lesend zu verste-<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

219


hen und die in ihrer beruflichen Tätigkeit geforderten<br />

Texte zu verfassen.<br />

Deshalb fordert die <strong>GEW</strong>:<br />

• Sensibilisierung der Lehrkräfte an berufsbildenden<br />

Schulen für die Notwendigkeit<br />

der sprachlichen Förderung in allen<br />

Fächern, weil die für den Umgang mit<br />

komplexen Fachtexten erforderlichen Leseund<br />

Schreibstrategien nicht von selbst entstehen,<br />

sondern als grundlegende Methodenkompetenz<br />

gezielt in den Unterricht<br />

integriert werden müssen<br />

• Ausweitung des PL-Projekts "Förderung der<br />

Lesekompetenz" für berufsbildende<br />

Schulen, um mittelfristig alle Lehrkräfte zur<br />

Förderung der Lesekompetenz in allen Fächern<br />

zu qualifizieren, sowie Ergänzung<br />

durch Förderung der Schreibkompetenz<br />

• Bereitstellung ausreichender, insbesondere<br />

personeller Ressourcen zur individuellen<br />

Förderung in den beruflichen Bildungsgängen,<br />

Reduzierung der Klassengrößen, Ganztagsangebote,<br />

erhöhte Freistellung für Auszubildende<br />

zum Besuch der Berufsschule<br />

• Weiterbildung – Flächendeckendes, wohnortnahes<br />

Grundbildungsangebot notwendig<br />

Volkshochschulen und andere öffentlich<br />

geförderte Träger der Weiterbildung bieten<br />

seit vielen Jahren Alphakurse an, doch sie erreichen<br />

damit nur einen Bruchteil der Menschen<br />

mit Lese- und Schreibproblemen. Bundesweit<br />

besuchen nach Schätzungen des Bundesverbandes<br />

für Alphabetisierung pro Jahr 20.000<br />

Personen Lese- und Schreibkurse.<br />

Die Fördermittel für Maßnahmen der Alphabetisierung,<br />

die Bund und Länder bereitstellen,<br />

sind zu gering und nicht verlässlich. Es hängt<br />

daher von dem Engagement der einzelnen<br />

Volkshochschulen oder anderer Träger ab, ob<br />

und in welchem Umfang sie unter den nicht<br />

ausreichenden Förderbedingungen Alpha-Kurse<br />

anbieten. Dazu müssen sie noch einplanen,<br />

dass viele Betroffene sich in der Regel nur geringe<br />

Teilnehmerbeiträge leisten können. Teilnahmehemmend<br />

sind auch fehlende Mittel für<br />

Fahrtkosten. Ein weiteres Problem stellt sich<br />

angesichts der mangelnden Förderung den<br />

Weiterbildungseinrichtungen: Sie können ihre<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

265<br />

220


Kursleitenden nur prekär beschäftigen, so dass<br />

qualifiziertes Personal immer wieder<br />

abwandert.<br />

Eine bessere, wenn auch nicht zufrieden stellende<br />

Finanzierung gibt es für die Alpha-Kurse<br />

des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge<br />

(BAMF), die im Rahmen der 2005 eingeführten<br />

Integrationskurse für Betroffene mit Deutsch<br />

als Zweitsprache angeboten werden.<br />

Deshalb fordert die <strong>GEW</strong>:<br />

• Ein flächendeckendes, wohnortnahes<br />

Grundbildungsangebot und eine kostendeckende<br />

Finanzierung für Alpha- und andere<br />

Grundbildungskurse der öffentlich geförderten<br />

Träger der Weiterbildung<br />

• Für Kurse des Bundesamtes Verringerung<br />

der Teilnehmerzahl und bessere Finanzierung<br />

• Beitragsfreie Qualifizierungsangebote für<br />

Lehrkräfte<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

• Angemessene Vergütung der Lehrkräfte,<br />

und zwar<br />

- kurzfristig: höhere Honorare und soziale<br />

Absicherung für freiberufliche Lehrkräfte,<br />

die Grundbildungskurse leiten<br />

- langfristig: tarifvertraglich geregelte Festanstellungen<br />

295<br />

221


3.26 Neue Akzente in der schulbezogenen<br />

Bildungsforschung<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert neue Akzente in der schulbezogenen<br />

Bildungsforschung<br />

Die <strong>GEW</strong> hält eine veränderte Akzentsetzung in<br />

der schulbezogenen Bildungsforschung für<br />

notwendig.<br />

1. Schulbezogene Bildungsforschung muss<br />

vorrangig das Ziel haben, für Bildungspolitik<br />

und Bildungspraxis verwertbare Ergebnisse zu<br />

liefern.<br />

2. Nach einem Jahrzehnt der Schwerpunktsetzung<br />

in quantitativer empirischer Vergleichsforschung<br />

ist es an der Zeit, quantitative<br />

und qualitative Forschung sinnvoll miteinander<br />

zu verbinden. Zur Erklärung auffälliger empirischer<br />

Befunde muss Ursachenforschung betrieben<br />

werden, um den unbefriedigenden Zustand<br />

zu beenden, zwar viel zu wissen, aber<br />

wenig zu verstehen. Vergleichende empirische<br />

Momentaufnahmen müssen ergänzt werden<br />

durch bildungssoziologische Forschungen, die<br />

Entwicklungs- und Veränderungsprozesse<br />

erklären.<br />

3. Die folgenden Forschungsfelder sollen vorrangig<br />

durch öffentliche Mittel gefördert werden:<br />

• Pädagogisches Handeln in inklusiven Settings;<br />

• Maßnahmen der Aus-, Fort- und<br />

Weiterbildung im pädagogischen Feld;<br />

• Programme zur Kompetenzsteigerung in<br />

den basalen Lernfeldern;<br />

• Programme zur Verbesserung von Bildungsgerechtigkeit<br />

und Chancengleichheit;<br />

• wirksame Gelingensbedingungen für die<br />

Schul- und Unterrichtsgestaltung;<br />

• erfolgreiche Implementationsstrategien<br />

von evidenzbasierten Programmen (z.B. FörMig<br />

- Förderung von Kindern und Jugendlichen mit<br />

Migrationshintergrund);<br />

• Wirkung schulpolitischer Maßnahmen für<br />

die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen<br />

der Lehrkräfte<br />

4. Mit gleichem Gewicht, mit dem in internationale<br />

und nationale Vergleichsstudien sowie<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgender Änderungen:<br />

In Zeile 46 wird „der Lehrkräfte“ gestrichen<br />

Die Zeilen 48 - 53 werden ersetzt durch:<br />

Mit dem gleichen Gewicht, mit dem in internationale<br />

und nationale Vergleichsstudien sowie<br />

in Bildungsmonitoring investiert wird, muss in<br />

Schulentwicklungsforschung und Begleitforschung<br />

zu Veränderungsprozessen im Schulwesen<br />

investiert werden.<br />

Zeile 56/57<br />

Streichung „von Lehrerinnen und Lehrern“<br />

222


in Bildungsmonitoring investiert wird, bedarf es<br />

einer Ergänzung um Schulentwicklungsforschung<br />

und Begleitforschung zu Veränderungsprozessen<br />

im Schulwesen.<br />

5. <strong>Das</strong> Professions- und Erfahrungswissen der<br />

Pädagoginnen und Pädagogen, von Lehrerinnen<br />

und Lehrern muss sowohl im Sinne von<br />

"action research" wie auch in dialogischer Form<br />

durch aktive Teilnahme der Praktikerinnen und<br />

Praktiker in die Forschungen einbezogen werden.<br />

Bildungseinrichtungen sollen zudem eigene<br />

Forschungen betreiben bzw. sich an Forschungsvorhaben<br />

beteiligen können.<br />

6. Forschungen, deren Erkenntnisse weder für<br />

die Weiterentwicklung von Bildungseinrichtungen<br />

noch für bildungspolitische Entscheidungen<br />

relevant sind, wie zum Beispiel die<br />

Schulleistungsvergleiche auf Bundesländerebene<br />

sollen nicht länger betrieben werden.<br />

Bestenfalls können Regionalvergleiche soziokulturell<br />

gleicher Regionen näheren Aufschluss<br />

über die Wirksamkeit unterschiedlicher<br />

Bildungspolitiken geben.<br />

Begründung<br />

In den vergangenen Jahren hat der Schwerpunkt<br />

der schulbezogenen Bildungsforschung<br />

auf large scale assessments und punktuellen<br />

Leistungsvergleichen gelegen. Die Ergebnisse<br />

wurden häufig zu parteipolitisch motivierten<br />

(Fehl-)Interpretationen und Auseinandersetzungen<br />

genutzt, nicht jedoch zur Weiterentwicklung<br />

des Schulwesens. Sollen large<br />

scale assessments wie PISA, TIMSS und IGLU jedoch<br />

einen Sinn jenseits parteipolitischer Indienstnahme<br />

haben und zur Verbesserung des<br />

Schulwesens führen, sind neue Akzentsetzungen<br />

in der schulbezogenen Bildungsforschung<br />

dringend erforderlich. Zum einen muss eine seriöse<br />

Ursachenforschung zur Erklärung der<br />

empirisch beobachteten Ergebnisse betrieben<br />

werden, zum anderen müssen pädagogische,<br />

didaktische und bildungspolitische Konzepte<br />

und Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin untersucht<br />

werden.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

223


3.27 Qualitätsentwicklung<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert eine grundlegende Veränderung<br />

der Qualitätssicherung und -entwicklung<br />

im Schulbereich und erklärt dazu:<br />

1. <strong>Das</strong> Ziel von Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung<br />

muss ein inklusives, chancengleiches,<br />

leistungsfähiges, demokratisches<br />

Schulwesen sein, in welchem sich kritikfähige<br />

mündige Bürgerinnen und Bürger entwickeln<br />

können. Die Leistungsvarianz zwischen den<br />

Schulen, sowie der Unterschied zwischen den<br />

leistungsstarken und leistungsschwächeren<br />

SchülerInnen soll - auf möglichst hohem Niveau<br />

- möglichst gering sein.<br />

2. Die <strong>GEW</strong> stellt fest:<br />

a. Mit den schulpolitischen Maßnahmen<br />

"Qualitätssicherung" und "Wettbewerb" als<br />

Reaktion auf die Ergebnisse der internationalen<br />

Vergleichsstudien (TIMSS, PIRLS/IGLU und PISA)<br />

haben Kultusministerkonferenz (KMK) und<br />

Landesregierungen aufs falsche Pferd gesetzt.<br />

Die Folgen sind "Testeritis" in den Schulen verbunden<br />

mit einem unverhältnismäßig hohen<br />

Ressourcenverbrauch. Diese Ressourcen fehlen<br />

für pädagogische Vorhaben, für Schul- und Unterrichtsentwicklung.<br />

b. Durch die Maßnahmen der äußeren Qualitätskontrolle<br />

- Schulinspektion und Vergleichsarbeiten<br />

- konnten weder die Schülerleistungen<br />

signifikant gesteigert noch die Zahl der Schulabbrüche<br />

deutlich gesenkt werden. Vor allem<br />

sind Chancenungleichheit und soziale Einflüsse<br />

bei Bildungsprozessen unverändert hoch geblieben.<br />

c. Die Annahme, durch den Wettbewerb<br />

selbstständiger Schulen um Schüler/innen lasse<br />

sich die Qualität steigern, hat sich als Illusion<br />

erwiesen.<br />

d. Die Strategie, durch die Aufgabenstellung<br />

bei Vergleichsarbeiten kostengünstig Unterrichtsprozesse<br />

und Lehrereinstellungen hin<br />

zu Kompetenz-, Ergebnis- und Schülerorientierung<br />

zu verändern, ist gescheitert. Die Adaption<br />

veränderter Aufgabenformate bewirkt<br />

keine grundlegenden Veränderungen bei Lehr-/<br />

Lernprozessen, wenn die Lehrerschaft nicht<br />

gleichzeitig aus- und fortgebildet wird. Neue<br />

Lehr-/Lernkonzepte müssen pädagogisch und<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

224


lernpsychologisch verstanden und praktisch erprobt<br />

werden.<br />

3. Die <strong>GEW</strong> fordert:<br />

a. Die Lehr-/Lernbedingungen müssen den<br />

pädagogischen Zielen und Erfordernissen angepasst<br />

werden. Dies betrifft die personelle Versorgung,<br />

die bauliche und mediale Ausstattung<br />

sowie die Größe der Lerngruppen. Der Grundsatz<br />

der Kostenneutralität ist aufzugeben und<br />

- wo notwendig - sind die Investitionen entscheidend<br />

zu erhöhen.<br />

b. Die Aus-, Fort- und Weiterbildung des pädagogischen<br />

und des Leitungspersonals an<br />

Schulen muss als der entscheidende Schlüssel<br />

für die Schul-, Unterrichts- und Qualitätsentwicklung<br />

anerkannt und entsprechend<br />

gefördert werden.<br />

c. Die Lehrerfort- und -weiterbildung muss institutionell<br />

und materiell gestärkt und konzeptionell<br />

auf die pädagogischen Entwicklungen<br />

und Notwendigkeiten angepasst und professionalisiert<br />

werden. Abbau und Deregulierung der<br />

Lehrerfortbildung müssen umgehend gestoppt<br />

werden.<br />

d. Die derzeitige Form der Schulinspektionen<br />

soll - wie z.B. in Schweden und Finnland - aufgegeben<br />

werden. Die eingesparten Mittel sollen<br />

in einen Beratungsfond für Schulen fließen.<br />

Eine externe Evaluation kann mit Unterstützung<br />

der Schulbehörde angefordert werden.<br />

e. Priorität hat die Selbstevaluation von<br />

Schulen. Sie soll sich auf konkrete Fragestellungen<br />

beziehen, die sich aus dem Prozess der<br />

Schul- und. Unterrichtsentwicklung ergeben.<br />

Hierfür bedarf es einer hinreichenden Ausstattung<br />

der Schulen mit Zeit, Sachverstand und<br />

Ressourcen, um notwendige Maßnahmen als<br />

Konsequenz aus Evaluationsergebnissen ziehen<br />

zu können.<br />

f. Die Schulen sollen ihre externe Evaluation<br />

selbst steuern und entsprechend der konkreten<br />

Fragestellung die Partner selbst bestimmen<br />

können (Schulnetze, wissenschaftliche Einrichtungen,<br />

Unterstützungssysteme).<br />

g. Vergleichsarbeiten (VERA) sollen als verpflichtende<br />

Maßnahme aufgegeben und zu einem<br />

Instrument der Selbstevaluation weiter<br />

entwickelt werden.<br />

h. Im Hinblick auf die Entwicklung eines inklusiven<br />

Schulsystems sind Kooperationsprogramme<br />

für die Unterrichtsentwicklung von<br />

zentraler Bedeutung. Hier sind die Erfahrungen<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

225


des SINUS-Programms auf ihre Übertragbarkeit<br />

auf andere Fächer auszuwerten. Nationale und<br />

internationale Vergleiche ("large scale assessments")<br />

sollen nur noch im Abstand von mindestens<br />

fünf Jahren durchgeführt werden.<br />

Bundesländervergleiche sollen aufgegeben<br />

werden. Auf nationaler Ebene können bestenfalls<br />

Vergleiche soziokulturell gleicher Regionen<br />

näheren Aufschluss über die Wirksamkeit unterschiedlicher<br />

Bildungspolitiken geben.<br />

j. Die regelmäßige Evaluation von schulpolitischen<br />

Maßnahmen und Programmen hinsichtlich<br />

ihrer Wirksamkeit muss durch unabhängige<br />

Forschungsinstitute erfolgen.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

226


3.28 PISA ist der falsche Weg! Für gute<br />

Bildung — gegen die Produktion von<br />

Testwissen!<br />

Antragsteller: LV Hessen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Erledigt bei Annahme der Anträge 3.26 und<br />

3.27<br />

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

(<strong>GEW</strong>) kritisiert die Interessengeleitetheit und<br />

wissenschaftliche Unseriosität der PISA-Studien<br />

sowie den durch diese forcierten Um- und Abbau<br />

des öffentlichen Bildungssystems – und<br />

fordert ein Ende der PISA-Tests.<br />

Begründung<br />

"Schüler sollen nach PISA nicht lernen, nach<br />

dem Sinn des Lernens zu fragen, sondern sie<br />

sollen Aufgaben lösen, gleichgültig welche. Der<br />

von PISA als kompetent Geprüfte soll später<br />

einmal ebenso Babynahrung produzieren können<br />

wie Landminen. Angesichts der Kriterien<br />

von PISA (und einer auf PISA ausgerichteten<br />

Schule) sind beide Aufgaben gleich gültig. Und<br />

sie bedürfen der gleichen Kompetenzen."<br />

Volker Ladenthin: PISA und Bildung? Volker Ladenthin<br />

im Interview mit Rolf-Michael Simon,<br />

Neue Ruhr Zeitung vom 18.11.2007<br />

Seit Jahren werden die Schulen immer mehr zu<br />

Produktionsstätten abfragbaren Wissens umgebaut.<br />

Statt um gute Bildung geht es zunehmend<br />

um eine aus der Betriebswirtschaft entlehnte<br />

Steuerung anhand vermeintlicher ‚Erfolgskriterien‘:<br />

Egal, wie und mittels welcher bspw.<br />

gesundheitlicher Kosten, wichtig ist, welche so<br />

genannte ‚Leistung‘ die Schülerinnen und<br />

Schüler erbringen. <strong>Das</strong> soll dann Indikator für<br />

gute Bildung sein.<br />

Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus: Statt<br />

zu guter Bildung, die immer auch Zeit zum Verstehen<br />

und Hinterfragen sowie klare gesellschaftlich<br />

definierte Zielsetzungen benötigt,<br />

kommt es allerorten immer mehr zu etwas, das<br />

Schülervertretungen längst als 'Bulimielernen'<br />

bezeichnen, und das mit der sukzessiven<br />

Abkehr von Bildungsinhalten einhergeht: Immer<br />

mehr geht es um den Dreischritt 'Lernen,<br />

Testbestehen, Vergessen' immer weniger um<br />

Reflektieren, Hinterfragen und Verstehen. Was<br />

mittels der Verbetriebswirtschaftlichung von<br />

Schulen hier forciert wird, muss insofern klar<br />

und eindeutig als Bildungsabbau bezeichnet<br />

werden.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

227


All dies ist dabei ursächlich auch auf die von<br />

der OECD, deren primäre Ziele die Förderung<br />

des Wirtschaftswachstums und Ausweitung des<br />

Welthandels sind, verantworteten PISA-<br />

Studien, auf welche sich fast alle Politikerinnen<br />

und Politiker im Lande positiv beziehen,<br />

zurückzuführen. Um es mit den Worten der<br />

PISA-Macher selbst auszudrücken: „Man muss<br />

sich darüber im Klaren sein, dass die PISA-Tests<br />

mit ihrem Verzicht auf transnationale curriculare<br />

Validität (…) und der Konzentration auf<br />

die Erfassung von Basiskompetenzen ein didaktisches<br />

und bildungstheoretisches Konzept mit<br />

sich führen, das normativ ist“(1) .<br />

Tatsächlich geht es bei PISA um die internationale<br />

Standardisierung von Bildung – bei<br />

gleichzeitiger Reduzierung derselben auf so genannte<br />

‚Basiskompetenzen‘, die im Wesentlichen<br />

aus ökonomischen Verwertungsinteresssen<br />

abgeleitet werden. <strong>Das</strong> mag Großunternehmen,<br />

besonders denen, die hinter PISA stehen<br />

(2) und schon darauf warten, eines Tages einen<br />

großen kommerziellen Assessment- und<br />

Testing-Markt in Deutschland zu bedienen, nur<br />

recht sein. Der <strong>GEW</strong> ist es dies nicht.<br />

Während man vor 10 Jahren noch als Häretiker<br />

galt, wenn man zeigte, dass PISA nicht testet,<br />

was es testen will, wenn man zeigte, dass die<br />

Theorie hinter PISA theorielos war, und wenn<br />

man sah, dass das Testen als Instrument der<br />

Bevormundung der Lehrer und für die Heranzüchtung<br />

einer Testindustrie dient, wird<br />

heute zunehmend offensichtlich, dass diese Industrie<br />

zunehmend unser Denken bestimmt,<br />

dass Schule immer noch stärker stranguliert<br />

werden kann und dass das Einüben von Ankreuzritualen<br />

auch in Kulturnationen möglich<br />

ist, wenn die Testindustrie dabei nur mit genügend<br />

großer Marketingmacht vorgeht.<br />

Dabei ist längst bekannt, dass PISA nicht Bildsamkeit<br />

testet, sondern die Fähigkeit, das Denken<br />

der Tester zu erraten. Es ist bekannt, dass<br />

die statistischen Konstrukte von PISA dazu führen,<br />

dass die am Ende präsentierten Länderrankings<br />

ebenso gut großflächig ausgewürfelt<br />

werden könnten. Bekannt, dass Testresultate<br />

leicht manipulierbar sind. Und bekannt, dass<br />

das Testen nur vom Denken abhält. Wir verlieren<br />

nichts, wenn wir PISA einfach einstellen.<br />

Ganz im Gegenteil.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

228


(1) Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA<br />

2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen<br />

und Schülern im internationalen Vergleich, Opladen<br />

2001, S. 19.<br />

(2) Zu den Interessen hinter PISA siehe bspw.:<br />

"Knatsch um Pisa – CDU fordert den Rauswurf<br />

des Pisa-Koordinators"; im Internet unter:<br />

http://www.nachdenkseiten.de/?p=2807.<br />

105<br />

110<br />

229


3.29 Vergleichsarbeiten (VERA)<br />

Antragsteller: LV Hessen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Erledigt bei Annahme des Antrags 3.27<br />

Die <strong>GEW</strong> lehnt verpflichtende Vergleichsarbeiten<br />

ab, weil sie einer inklusiven Bildung widersprechen.<br />

Begründung<br />

Vergleichsarbeiten sind Folge des so genannten<br />

Qualitätssicherungsprogramms der Kultusministerkonferenz.<br />

Kern dieses Programms sind<br />

Bildungsstandards, in denen Erwartungen<br />

formuliert werden, was Schülerinnen und<br />

Schüler zu einem bestimmten Zeitpunkt können<br />

sollen. Um dies zu überprüfen, werden<br />

zentrale Tests durchgeführt, die Lernstandserhebungen<br />

oder Vergleichsarbeiten.*<br />

Inklusive Bildung unterliegt jedoch anderen<br />

Prinzipien und einem anderen Bildungsbegriff.<br />

Es geht nicht um abfragbares Wissen oder<br />

abfragbare Kompetenzen, die zu einem bestimmten<br />

Zeitpunkt erworben sein müssen. Im<br />

Mittelpunkt inklusiver Bildung ist die Entwicklung<br />

des Kindes zu einer selbstbestimmungsfähigen,<br />

mitbestimmungsfähigen, solidaritätsfähigen<br />

und damit demokratiefähigen<br />

Persönlichkeit zu sehen. Bildung und Unterricht<br />

bauen auf sozialem Lernen und einer individuellen<br />

Lernentwicklung auf.<br />

Dies erfordert ein grundsätzliches Umdenken.<br />

Vergleichsarbeiten befördern einen verkürzten<br />

outputorientierten Bildungsbegriff. Überprüfung,<br />

Kontrolle und Wettbewerb sowohl<br />

zwischen Kindern als auch zwischen Lehrkräften<br />

und damit einhergehender Druck sind<br />

Prinzipien dieses Steuerungsinstruments. Vergleichsarbeiten<br />

stehen somit im Widerspruch<br />

zu den Anforderungen an ein inklusives<br />

Bildungssystem und sind damit hinderlich für<br />

eine inklusive Entwicklung unserer Schulen, basierend<br />

auf Menschenrechten und inklusiven<br />

Werten.<br />

* In der Klassenstufe 3 sind Vergleichsarbeiten<br />

in den meisten Bundesländern für alle Kinder in<br />

Deutsch und Mathematik verbindlich. Vergleichsarbeiten<br />

gibt es ebenfalls für die Klassenstufen<br />

6 und 8. Auch hier gibt es eine Tendenz,<br />

die Freiwilligkeit zur Teilnahme mehr und<br />

mehr einzuschränken, indem sie beispielsweise<br />

seit 2012 in Hessen in einem von der Schule zu<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

230


wählenden Fach in den 8. Klassen geschrieben<br />

werden müssen.<br />

55<br />

231


3.30 Vergleichsarbeiten (VERA)<br />

Antragsteller: BFGA Grundschulen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Erledigt bei Annahme des Antrags 3.27<br />

Die <strong>GEW</strong> lehnt verpflichtende Vergleichsarbeiten<br />

ab, weil sie einer inklusiven Bildung widersprechen.<br />

Begründung<br />

Vergleichsarbeiten sind Folge des so genannten<br />

Qualitätssicherungsprogramms der Kultusministerkonferenz.<br />

Kern dieses Programms sind<br />

Bildungsstandards, in denen Erwartungen<br />

formuliert werden, was Schülerinnen und<br />

Schüler zu einem bestimmten Zeitpunkt können<br />

sollen. Um dies zu überprüfen, werden<br />

zentrale Tests durchgeführt, die Lernstandserhebungen<br />

oder Vergleichsarbeiten.*<br />

Inklusive Bildung unterliegt jedoch anderen<br />

Prinzipien und einem anderen Bildungsbegriff.<br />

Es geht nicht um abfragbares Wissen oder<br />

abfragbare Kompetenzen, die zu einem bestimmten<br />

Zeitpunkt erworben sein müssen. Im<br />

Mittelpunkt inklusiver Bildung ist die Entwicklung<br />

des Kindes zu einer selbstbestimmungsfähigen,<br />

mitbestimmungsfähigen, solidaritätsfähigen<br />

und damit demokratiefähigen<br />

Persönlichkeit zu sehen. Bildung und Unterricht<br />

bauen auf sozialem Lernen und einer individuellen<br />

Lernentwicklung auf.<br />

Dies erfordert ein grundsätzliches Umdenken.<br />

Vergleichsarbeiten befördern einen verkürzten<br />

output-orientierten Bildungsbegriff. Überprüfung,<br />

Kontrolle und Wettbewerb sowohl<br />

zwischen Kindern als auch zwischen Lehrkräften<br />

und damit einhergehender Druck sind<br />

Prinzipien dieses Steuerungsinstruments. Vergleichsarbeiten<br />

stehen somit im Widerspruch<br />

zu den Anforderungen an ein inklusives<br />

Bildungssystem und sind damit hinderlich für<br />

eine inklusive Entwicklung unserer Schulen, basierend<br />

auf Menschenrechten und inklusiven<br />

Werten.<br />

Anmerkungen<br />

*In der Klassenstufe 3 sind Vergleichsarbeiten<br />

in den meisten Bundesländern für alle Kinder in<br />

Deutsch und Mathematik verbindlich. Vergleichsarbeiten<br />

gibt es ebenfalls für die Klassenstufen<br />

6 und 8. Auch hier gibt es eine Tendenz,<br />

die Freiwilligkeit zur Teilnahme mehr und<br />

mehr einzuschränken, indem sie beispielsweise<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

232


seit 2012 in Hessen in einem von der Schule zu<br />

wählenden Fach in den 8. Klassen geschrieben<br />

werden müssen.<br />

233


3.31 Strategie zur Weiterentwicklung des<br />

bestehenden<br />

allgemeinbildenden Schulsystems<br />

Antragsteller: BFGA Gesamtschulen<br />

Der Gewerkschaftstag setzt sich für die Entwicklung<br />

integrierter inklusiver Schulen innerhalb<br />

des existierenden gegliederten Schulsystems<br />

in der Bundesrepublik Deutschland ein.<br />

Diese Schulen müssen für Eltern und SchülerInnen<br />

in der Sekundarstufe eine attraktive Alternative<br />

zum Gymnasium werden und ein<br />

Bildungsangebot entwickeln, das den gymnasialen<br />

Bildungsgang curricular integriert<br />

anbietet und eine andere Option für ein qualitativ<br />

gleichwertiges Abitur darstellt. Die<br />

Gründung, Ausbreitung und qualitative Weiterentwicklung<br />

dieser Schulen ist die entscheidende<br />

Voraussetzung für eine Überwindung<br />

des gesamten gegliederten Schulwesens.<br />

Folgende Entwicklungsschritte sind dabei von<br />

besonderer Bedeutung:<br />

• Neugründung von integrierten Gesamtschulen,<br />

die in der Sekundarstufe I mindestens<br />

vier-, im Ausnahmefall dreizügig sind;<br />

• Umwandlung von additiven, kooperativen<br />

Gesamtschulen oder Schulzentren mit Hauptschul-,<br />

Realschul- und Gymnasialzweig in integrierte<br />

Gesamtschulen, soweit sie in der<br />

Sekundarstufe I mindestens vierzügig und im<br />

Ausnahmefall dreizügig sind;<br />

• Zulassen von Ausnahmeregelung für<br />

Zügigkeitsregelung für integrierte Gesamtschulen<br />

nur bei Insellagen unterschiedlicher Art<br />

oder bei zeitlich befristeten Anmeldetiefs,<br />

wenn die aus der geringeren Zügigkeit resultierenden<br />

Nachteile für SchülerInnen gemildert<br />

werden können;<br />

• Überwindung starrer Fachleistungsdifferenzierung<br />

zugunsten differenzierterer Förderung<br />

auf der Basis gesamtschulspezifischer Lernkonzepte<br />

(z.B. dem Teamkleingruppenmodell, so<br />

wie es in der IGS in Göttingen Geismar über<br />

den Deutschen Schulpreis 2011 einer breiteren<br />

Öffentlichkeit bekannt geworden ist);<br />

• Erweiterung von integrierten Gesamtschulen,<br />

die nur aus einer Sekundarstufe I bestehen,<br />

in integrierte Gesamtschulen ab dem<br />

Beginn der Primarstufe;<br />

• Aufbau von gymnasialen Oberstufen an integrierten<br />

Gesamtschulen, die nur aus einer<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgenden Änderungen:<br />

Vor Zeile 1 kommt folgender Text:<br />

Die <strong>GEW</strong> hält an ihrer Forderung nach einer<br />

Schule für Alle fest. Solange diese Forderung in<br />

den Bundesländern keine politische Mehrheit<br />

gefunden hat, unterstützt die <strong>GEW</strong> die Entwicklung<br />

…<br />

Annahme der Zeilen 1 – 15 ab „die Entwicklung…“<br />

Einschub nach Zeile 15: In vielen Bundesländern<br />

bleibt der Erhalt und Ausbau der Gesamtschulen<br />

unverzichtbar.<br />

Streichung der Zeile 20/21 ab „die“.<br />

Streichung der Zeilen 25 – 27 ab „soweit“<br />

Streichung der Zeilen 28 – 34 (gesamter Absatz)<br />

Streichung der Klammer in den Zeilen 38 – 41<br />

Streichung der Zeilen 63 – 65 ab „soweit“<br />

Die Zeilen 66 - 74 werden ersetzt durch:<br />

Sicherstellung einer ausreichenden Gesamtschulstandards<br />

entsprechenden Finanzierung<br />

sowie einer ausreichenden Gesamtschulstandards<br />

entsprechenden personellen Versorgung.<br />

234


Sekundarstufe I oder einer Primar- und<br />

Sekundarstufe I bestehen;<br />

• Umwandlung von integrierten Gesamtschulen<br />

mit Halbtagsbetrieb oder offenem<br />

Ganztagsbetrieb in integrierte Gesamtschulen<br />

mit obligatorischem Ganztagsbetrieb mit entsprechend<br />

rhythmisierten Tagesabläufen;<br />

• Gewährleistung eines umfangreichen<br />

Bildungsangebots, das durchgängige Sprachbildung<br />

ermöglicht, Zweisprachigkeit im pädagogischen<br />

Konzept der Schule berücksichtigt und auch das<br />

am Gymnasium übliche Fremdsprachenangebot<br />

vollständig enthält;<br />

• Konsequente Aufnahme von Kindern mit<br />

Behinderungen, soweit die soziale Integrationsfähigkeit<br />

der leistungsheterogenen Lerngruppen<br />

dies möglich macht;<br />

• Forderungen nach ausreichender, Gesamtschulstandards<br />

entsprechender, Finanzierung<br />

sowie ausreichender, Gesamtschulstandards<br />

entsprechender, personeller Versorgung auch<br />

mit GymnasiallehrerInnen für Gemeinschaftsschulen,<br />

Stadtteilschulen, Oberschulen und integrierten<br />

Sekundarschulen, soweit sie alle drei<br />

Bildungsgänge enthalten und mit gesamtschulspezifischen<br />

Lernkonzepten arbeiten.<br />

Begründung<br />

Vorbemerkung I:<br />

Die <strong>GEW</strong> hat ihre Ziele für die Entwicklung eines<br />

integrierten inklusiven allgemeinbildenden<br />

Schulwesens mehrfach beschlossen. In diesem<br />

Zusammenhang gibt es lediglich einen unterschiedlichen<br />

Umgang mit der Bezeichnung Gesamtschule.<br />

Für viele KollegInnen wird die<br />

Bezeichnung Gesamtschule in ihrer vor dem Lübecker<br />

Gewerkschaftstag üblichen Bedeutung<br />

sowohl für das Ziel als auch für eine Schule, die<br />

diesem Ziel innerhalb eines gegliederten Schulsystems<br />

einer auf Ausgrenzung basierenden<br />

Gesellschaft annähert, benutzt. Diese Unterscheidung<br />

ist für den vorliegenden Antrag nicht<br />

von Bedeutung.<br />

Für andere KollegInnen ist die Bezeichnung<br />

Gemeinschaftsschule, integrierte Sekundarschule,<br />

Stadtteilschule, Oberschule nur eine andere<br />

Bezeichnung für Gesamtschule. Wenn mit<br />

diesen Namen vergleichbare pädagogische,<br />

curriculare und schulstrukturelle Merkmale wie<br />

beim Modell der integrierten Gesamtschulen<br />

bezeichnet werden, sind diese Schulen in diesem<br />

Antrag mitgemeint.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

235


Vorbemerkung II:<br />

<strong>Das</strong> Gesamtschulkonzept einer integrierten,<br />

vom Ziel her inklusiven, demokratischen, offenen<br />

und sich selbst weiterentwickelnden<br />

Schule mit multiprofessionellen Teams im<br />

Stadtteil, Förderung statt Sitzenbleiben, mit<br />

Lernentwicklungsberichten und Feedback statt<br />

Zensuren bis einschließlich Jahrgang 8, mit integrierten<br />

Fächern im Bereich Gesellschaftslehre,<br />

Naturwissenschaften und Ästhetik, dem Prinzip<br />

Arbeitslehre bzw. Arbeit, Wirtschaft, Technik<br />

als Element von Arbeitsweltorientierung, Berufsorientierung<br />

und Lebensweltbezug, einem<br />

breiten Wahlpflichtbereich als Möglichkeit auch<br />

individueller Schwerpunktsetzung nach Neigungen<br />

sowie dem Stellenwert sozialen Lernens<br />

wird in diesem Antrag als bekannt vorausgesetzt.<br />

Der Ausbau und die Weiterentwicklung von integrierten<br />

Gesamtschulen spielt eine besondere<br />

Bedeutung vor dem Hintergrund der<br />

aktuellen Situation:<br />

• Wir haben in der Bundesrepublik nach wie<br />

vor ein gegliedertes Schulwesen, in dem mehrere<br />

Schulen, vorrangig Gesamtschulen, versuchen,<br />

die soziale Spaltung dieses Schulwesens<br />

über die Arbeit mit sozial und leistungsmäßig<br />

heterogenen Lerngruppen bei einem vollständigen,<br />

und das heißt auch gymnasialen,<br />

Bildungsangebot zu mindern.<br />

• Es gibt keine gesellschaftliche Kraft in<br />

Deutschland, die heute bereit und in der Lage<br />

wäre, über parlamentarische Mehrheiten ein<br />

integriertes inklusives Schulwesen einzurichten.<br />

Der einzige Weg ist deshalb in der augenblicklichen<br />

Situation, dass das Bildungsangebot<br />

integrierter Schulen Eltern überzeugt und sie<br />

für ihre Kinder diese Art von Schule wollen und<br />

Politikerinnen und Politiker zu der Einschätzung<br />

kommen, dass sie Wahlen gewinnen können,<br />

wenn sie sich für ein derartiges Schulangebot<br />

vor Ort einsetzen und durch die Schaffung entsprechender<br />

Rahmenbedingungen die Ausweitung<br />

und qualitative Weiterentwicklung dieser<br />

Schulen zulassen.<br />

• In mehreren Bundesländern sind inzwischen<br />

die bestehenden Gesamtschulen Teil eines<br />

zweigliedrigen Schulsystems geworden. Sie<br />

sind dadurch zur zweiten Säule neben dem<br />

Gymnasium geworden. Es gibt AnhängerInnen<br />

dieses Modells auch unter GesamtschulbefürworterInnen.<br />

Beim genaueren Hinsehen<br />

stellt sich aber teilweise heraus, dass Vor-<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

236


teile der Entwicklung lediglich darin bestehen,<br />

dass spezifische regionale Geburtsfehler des<br />

Gesamtschulsystems ausgeglichen werden<br />

konnten (z.B. Start der Gesamtschule erst in Jg.<br />

7, Gesamtschule ohne gymnasiale Oberstufe,<br />

Zwang zur Fachleistungsdifferenzierung, Erschwernis<br />

von Gründungsbedingungen durch<br />

starre Orientierung an sogenannten "Leistungstöpfen"<br />

der Kinder mit Hauptschulempfehlung,<br />

Realschulempfehlung, Gymnasialempfehlung,<br />

Unterfinanzierung), die Hoffnung auf einen<br />

Schritt in ein integriertes inklusives Schulwesen<br />

aber eher fragwürdig sind oder sich<br />

sogar verringert haben: Bei zunehmender Attraktivität<br />

des Gymnasiums besteht die Gefahr,<br />

dass die zweite Säule mittelfristig das Los der<br />

Hauptschule treffen wird, die selbst mit bevorzugter<br />

finanzieller Zuweisung in der Regel von<br />

Eltern als Schule der zweiten Wahl gesehen<br />

wird.<br />

• Die bestehenden integrierten Gesamtschulen<br />

in anderen Bundesländern sind nach<br />

wie vor z. T. einem erheblichen Schulkampf<br />

ausgesetzt. Die Versuchung, diesen Schulkampf<br />

zu vermeiden, indem man sich von der Gesamtschule<br />

distanziert, den Namen wechselt<br />

oder unbegründete Kritik an ihr übernimmt, ist<br />

keine Lösung für das Problem. Die Erfahrung<br />

zeigt auch, dass dort, wo es möglich ist, viele<br />

Eltern versuchen, ihre Kinder in dieser Schulform<br />

anzumelden. In der Regel ist die Nachfrage<br />

nach Gesamtschulen dort größer als das<br />

Angebot. In NRW, Niedersachsen, Rheinland-<br />

Pfalz hat der Name Gesamtschule inzwischen<br />

einen ausgesprochen positiven Klang im<br />

bildungspolitischen Diskurs. <strong>Das</strong> Gerede über<br />

den verbrannten Namen Gesamtschule oder<br />

die diskreditierte Schulform ist Teil des Schulkampfes,<br />

der allerdings in den Bundesländern,<br />

in denen es seit Langem keine Möglichkeit<br />

mehr gibt, diese Schulform zu wählen, nicht<br />

nur bei PolitikerInnen und FunktionärInnen verschiedener<br />

Verbände im Bildungsbereich,<br />

sondern auch bei <strong>GEW</strong>-KollegInnen und Eltern<br />

Spuren hinterlassen hat.<br />

• Gesamtschulen können im Augenblick die<br />

sinnvolle Forderung nach der Integration beruflicher<br />

und allgemeiner Bildung in der Sekundarstufe<br />

II nicht umsetzen. Die Option einer<br />

Kollegschuloberstufe als Oberstufe der Gesamtschule<br />

bleibt als Forderung bestehen, ist aber<br />

angesichts der Konkurrenzsituation zum Gymnasium<br />

keine aktuelle realistische Alternative.<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

237


• Die Möglichkeit auch behinderte Kinder in<br />

allgemeinbildenden Schulen anzumelden, trifft<br />

in Gesamtschulen prinzipiell auf Schulkonzepte<br />

sowie eine soziale Zusammensetzung einer heterogenen<br />

Schülerschaft, die für diese Aufgabe<br />

prädestiniert sind. Andererseits berichten Gesamtschulen<br />

davon, dass sie mit der Situation,<br />

die inzwischen entstanden ist, überfordert sind,<br />

weil die bisherigen erfolgreichen Konzepte zur<br />

Integration von behinderten und nicht behinderten<br />

SchülerInnen in Integrationsklassen<br />

nicht weitergeführt werden können und Alternativen<br />

nicht praktikabel sind.<br />

215<br />

220<br />

238


3.32 Ausbau und dauerhafte Absicherung<br />

von Schulsozialarbeit<br />

Antragsteller: BFGA Sozialpädagogische<br />

Berufe<br />

<strong>Das</strong> Ziel, Bildungsbenachteiligung zu beseitigen,<br />

bedarf einer systematischen, konzeptionell<br />

fundierten Zusammenarbeit der Akteure<br />

öffentlicher Bildung und Erziehung. Wenn<br />

Schule und Jugendhilfe, Lehrkräfte und sozialpädagogische<br />

Fachkräfte kooperieren, können<br />

beide ihrer sozialen Verantwortung für gelingendes<br />

Aufwachsen der nachwachsenden Generation<br />

angesichts des fortschreitenden sozialen<br />

Wandels gerecht werden. <strong>Das</strong> bedeutet,<br />

dass Schule sich der Bedeutung ihres Bildungsauftrags<br />

für die soziale Integration ihrer Schülerinnen<br />

und Schuler bewusst sein muss und<br />

Jugendhilfe ihren sozialpädagogischen Auftrag<br />

nicht ausschließlich, aber zu einem wichtigen<br />

Teil in der Verbesserung der Bildungschancen<br />

junger Menschen sieht.<br />

Für eine Zusammenarbeit von Jugendhilfe und<br />

Schule mit diesen sozial- und bildungspolitischen<br />

Zielen ist die Schulsozialarbeit ein unverzichtbares<br />

Bindeglied. Sie stellt heute ein professionell<br />

und konzeptionell entwickeltes und<br />

anerkanntes Arbeitsfeld der Jugendhilfe dar,<br />

die ebenso wie die Schule eine Zuständigkeit<br />

für alle Kinder und Jugendlichen hat.<br />

Schulsozialarbeit umfasst – unabhängig von der<br />

Trägerschaft - alle Formen verbindlicher Zusammenarbeit<br />

von Jugendhilfe und Schule, die eine<br />

kontinuierliche Tätigkeit von sozialpädagogischen<br />

Fachkräften am Ort Schule und die Zusammenarbeit<br />

mit Lehrkräften dort zur Wahrnehmung<br />

von Aufgaben der Kinder- und<br />

Jugendhilfe für die Schülerinnen und Schüler<br />

zum Ziel haben. Die Formen und Inhalte der<br />

Kooperation werden in einer Vereinbarung geregelt.<br />

Dazu gehört auch die Mitwirkung an<br />

schulischen Gremien.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert einen flächendeckenden und<br />

alle Schulstufen und Schulformen umfassenden<br />

Ausbau der Schulsozialarbeit, deren zentraler<br />

Auftrag darin besteht, die Angebote und Leistungen<br />

der Jugendhilfe allen Schülerinnen einer<br />

Schule verfügbar zu machen. Die zentralen,<br />

im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII, § 1)<br />

beschriebenen Aufgaben sind:<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgender Änderung:<br />

Zeile 132 – 136:<br />

Der Bund darf sich der Verantwortung für die<br />

Regelfinanzierung der Schulsozialarbeit als Aufgabe<br />

der Jugendhilfe nicht verweigern.<br />

239


• Individuelle und soziale Entwicklung<br />

fördern, das bedeutet für die Schulsozialarbeit:<br />

Aktivitäten anbieten, durch die Schüler/innen<br />

ihre Fähigkeiten entfalten, Anerkennung erfahren<br />

und soziale Prozesse gestalten können.<br />

• Benachteiligungen vermeiden und abbauen,<br />

das bedeutet für die Schulsozialarbeit:<br />

dem Scheitern in der Schule entgegenwirken,<br />

Stärken entfalten, Lebensperspektiven entwickeln.<br />

• Bei der Erziehung beraten, das bedeutet für<br />

die Schulsozialarbeit: sozialpädagogische Sichtund<br />

Handlungsweisen in die Schule einbringen.<br />

• Kinder und Jugendliche schützen, das<br />

bedeutet für die Schulsozialarbeit: bei der Bewältigung<br />

alltäglicher Lebensprobleme und<br />

Risiken helfen und zur Selbsthilfe befähigen.<br />

• Positive Lebensbedingungen erhalten bzw.<br />

schaffen, das bedeutet für die Schulsozialarbeit:<br />

Mitwirkung am Schulprogramm und an<br />

der Schulentwicklung, Schule als Lebensraum<br />

für alle gestalten und öffnen.<br />

Diese Leistungen werden durch Angebote der<br />

Schulsozialarbeit am Ort Schule sowie durch<br />

die Vermittlung von der außerschulischen<br />

Jugendhilfe (Jugendarbeit, ASD, Hilfen zur Erziehung)<br />

erbracht. Dabei sind die regionalen<br />

Verhältnisse (soziales Umfeld, Sozialstruktur<br />

der Schülerschaft, Träger und Angebote der<br />

Jugendhilfe, schulische Angebote wie Ganztagsschule<br />

und ihre Qualität) zu berücksichtigen.<br />

Schulsozialarbeit wird damit zugleich zu einem<br />

wichtigen und unverzichtbaren Akteur zur Gestaltung<br />

und Vernetzung von Bildung in der<br />

Kommune und trägt zur Entwicklung eines inklusiven<br />

Lebensraumes bei.<br />

Eine besondere Herausforderung für die Zusammenarbeit<br />

von Jugendhilfe und Schule sind<br />

gelingende Übergänge im Bildungssystem vom<br />

Übergang aus der Kindertagesstätte in die<br />

Grundschule bis hin zum Übergang von der<br />

Schule in Ausbildung und Beschäftigung. Besondere<br />

Aufmerksamkeit verlangt der<br />

Übergang nach der Grundschule in die<br />

Sekundarstufe I. Hier werden später kaum<br />

mehr zu korrigierende Entscheidungen für den<br />

weiteren Bildungsweg gelegt.<br />

Ein wichtiger Arbeitsbereich der Schulsozialarbeit<br />

ist die politische Bildung. Demokratie lernen,<br />

sich einmischen und engagieren sind zentrale<br />

Bildungsinhalte in der Zivilgesellschaft.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

240


Für einen flächendeckenden und alle Schulen<br />

umfassenden Ausbau der Schulsozialarbeit<br />

muss deren Finanzierung unabhängig von der<br />

unterschiedlichen finanziellen Möglichkeit von<br />

Kommunen und Ländern gesichert sein. Die<br />

projektabhängige und zudem keineswegs<br />

gleichmäßig flächendeckende Finanzierung von<br />

Aufgaben der Schulsozialarbeit, wie sie derzeit<br />

etwa durch das Bildungs- und Teilhabepaket im<br />

Rahmen der Initiative „Jugend Stärken“ oder<br />

auch Bildungsbegleiter und unterschiedliche<br />

Länderprogramme erfolgt, muss überwunden<br />

und durch dauerhaft garantierte, institutionelle<br />

Regelfinanzierung ersetzt werden.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert deshalb Bund, Länder und<br />

Gemeinden dazu auf, eine Finanzierung der<br />

Schulsozialarbeit zu gewährleisten, die den<br />

bedarfsgerechten Ausbau an jeder Schule sicherstellt.<br />

In einem ersten Ausbauschritt ist<br />

eine Größenordnung von einer Vollzeitstelle für<br />

Schulsozialarbeit pro 150 Schülerinnen und<br />

Schüler zu realisieren.<br />

Zur politischen Verständigung auf dieses Ziel<br />

fordert die <strong>GEW</strong>, einen "Schulsozialarbeitsgipfel"<br />

von Bund, Ländern und Gemeinden unter<br />

Beteiligung der Verbände Wohlfahrtspflege,<br />

Fachorganisationen und Gewerkschaften einzuberufen.<br />

<strong>Das</strong> Kooperationsverbot des Bundes in<br />

schulischen Angelegenheiten darf nicht dazu<br />

führen, dass der Bund sich der Verantwortung<br />

für die Regelfinanzierung der Schulsozialarbeit<br />

als Aufgabe der Jugendhilfe verweigert.<br />

Die Schulsozialarbeit braucht zu ihrer dauerhaften<br />

Absicherung eine klare gesetzliche Regelung<br />

im Kinder- und Jugendhilfegesetz. Dazu<br />

fordert die <strong>GEW</strong>, in das SGB VIII einen eigenen<br />

Paragraphen aufzunehmen, der den gesetzlichen<br />

Auftrag präzisiert und die Zuständigkeiten<br />

klärt.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

241


3.33 Professioneller Umgang mit den<br />

Herausforderungen veränderter Kindheit<br />

Antragsteller: BFGA Sonderpädagogische<br />

Berufe und BFGA Grundschulen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Landesregierungen auf,<br />

alle Bildungseinrichtungen im professionellen<br />

Umgang mit Kindern und Jugendlichen in<br />

Armutsverhältnissen und mit psychosozialen<br />

Belastungen stärker zu unterstützen und die<br />

schulrechtlichen Rahmenbedingungen an die<br />

Herausforderungen einer stark veränderten<br />

Kindheit anzupassen. <strong>Das</strong> Aufwachsen vieler<br />

Kinder und Jugendlicher ist geprägt durch:<br />

• Armutserfahrungen<br />

• verstärkten Medienkonsum<br />

• veränderte Familienkonstellationen<br />

• mangelnde soziale Orientierungen<br />

• Gewalt- und Suchterfahrungen<br />

• psychosoziale Belastungen<br />

Dies erweitert und verändert die Erziehungsund<br />

Unterstützungsaufgaben aller Bildungseinrichtungen.<br />

Im Einzelnen fordert die <strong>GEW</strong>:<br />

• verlässliche präventive Strukturen für alle<br />

Bildungseinrichtungen von der Kita bis zur Berufsausbildung<br />

(zusätzliche personelle, räumliche<br />

und sächliche Ressourcen)<br />

• eine strukturelle und professionelle Vernetzung<br />

von Schule und Jugendhilfe<br />

• verantwortungsvoller Mediengebrauch als<br />

verpflichtende Kompetenz in den Bildungsplänen.<br />

• verlässliche Strukturen kurzfristiger Krisenintervention<br />

und Beratung für alle Bildungseinrichtungen<br />

• den professionellen Umgang mit den<br />

Folgen von Armut, Traumatisierungen, verstärkten<br />

Medienkonsum und psychosozialen<br />

Belastungen als ein Schwerpunkt in der Pädagog/innen/ausbildung<br />

• Anpassung von Gruppen- und Klassengrößen<br />

an den pädagogischen Unterstützungsbedarf<br />

und die sozialen Strukturen im<br />

Umfeld der Bildungseinrichtung<br />

• Möglichkeiten der Anpassung von fachbezogenen<br />

Leistungsanforderungen sowie ihrer<br />

Bewertung (auch zeitweilig) an gravierende<br />

Lernrückstände und psychosoziale Belastungssituationen<br />

ohne Feststellung des sonderpädagogischen<br />

Förderbedarfs „Lernen“<br />

• finanzielle Hilfen für die Entwicklung, Erprobung<br />

und wissenschaftliche Begleitung von<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

242


Konzepten gestaffelter Hilfen bei psychosozialen<br />

Belastungssituationen im Kindes- und<br />

Jugendalter.<br />

Begründung<br />

Bei stetig sinkenden Schüler/innen/zahlen<br />

steigt die Quote des sonderpädagogischen<br />

Förderbedarfs (L/S/V) stetig an. Die Nachfrage<br />

nach sonderpädagogischen Ressourcen an<br />

Regelschulen ist nicht mehr zu decken. Gründe<br />

sind unter anderem:<br />

• hohe Selektivität des Schulsystems<br />

• Zunahme von Armutsverhältnissen<br />

• Abnahme der bildungsorientierten Sozialisation<br />

in vielen Elternhäusern<br />

• veraltete Unterrichtskonzepte an vielen<br />

Schulen<br />

• Zunahme des suchtartigen Medienkonsums<br />

unter Kindern und Jugendlichen<br />

Im Zuge der Forderung nach inklusiver Pädagogik<br />

wird die Unterrichtung und Erziehung von<br />

Schüler/innen, die wenig mit dem üblichen<br />

schulischen Lernen zurechtkommen, zunehmend<br />

(und durchaus zu Recht) als Aufgabe der<br />

allgemeinen Pädagogik gesehen. Die Schulen<br />

sind allerdings weder personell noch strukturell<br />

auf die Vielzahl dieser Schüler eingestellt. Viele<br />

Kolleg/inn/en sind überfordert und an der<br />

Grenze ihrer Belastbarkeit. Die Etikettierung sozial<br />

benachteiligter und psychosozial belasteter<br />

Schüler/innen als „behindert“ wird oft als<br />

einzige Möglichkeit gesehen, Ressourcen für<br />

die Förderung zu bekommen. Die damit zusammenhängende<br />

Stigmatisierung der Betroffenen<br />

wird hierbei in Kauf genommen.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

243


3.34 Berufs- und Arbeitsweltorientierung<br />

in der Schule<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert einen berufsorientierenden<br />

Unterricht für alle Schülerinnen und Schüler,<br />

der in eine übergreifende Konzeption von<br />

Arbeitsweltorientierung als Teil von<br />

Allgemeinbildung eingebunden ist und als<br />

Bildungsauftrag der Schule unabhängig von<br />

wechselnden Bedingungen auf dem Ausbildungs-<br />

und Arbeitsmarkt in bildungsadministrativer<br />

Verantwortung weiterentwickelt wird.<br />

<strong>GEW</strong>-Forderungen für eine arbeitsweltorientierte<br />

Allgemeinbildung:<br />

• Die arbeitsweltorientierte Allgemeinbildung<br />

ist in allen Schulstufen und Schulformen verbindlich<br />

zu verankern. Sie bezieht sich auf einen<br />

erweiterten Begriff von Arbeit, der z.B.<br />

Erwerbsarbeit, Hausarbeit, Erziehung, Pflege<br />

und ehrenamtliche Arbeit umfasst.<br />

• Auf der Ebene der Kultusministerkonferenz<br />

(KMK) sind Bildungsstandards für eine arbeitsweltorientierte<br />

Allgemeinbildung zu erarbeiten,<br />

die für alle Schulen verbindlich sind.<br />

• Arbeitsweltorientierte Allgemeinbildung ist<br />

nicht einem einzelnen Unterrichtsfach (Arbeitslehre)<br />

oder Fächerverbund (Arbeit-Wirtschaft-<br />

Technik) zuzuweisen, sondern ist auch als Aufgabe<br />

der ganzen Schule zu begreifen. Insofern<br />

muss sie in einzelnen Fächern und fächerübergreifend<br />

in schuleigenen Curricula und ggf.<br />

in Schulprogrammen verankert und entsprechend<br />

didaktisch-methodisch ausgestaltet werden.<br />

Dies betrifft sowohl die multiperspektivische<br />

und fächerübergreifende Auseinandersetzung<br />

mit dem inhaltlich breiten Spektrum an<br />

arbeitsweltbezogenen Themen, Fragen und<br />

Problemen als auch die damit einhergehende<br />

Schaffung fachlich unterschiedlicher (Analyseund<br />

Interpretations-) Zugänge zu den ökonomischen,<br />

sozialen und politischen Dimensionen<br />

des arbeitsweltlichen Handlungsfeldes.<br />

• In diesen didaktischen Kontext sind die organisierten<br />

Begegnungen mit der Arbeitswelt in<br />

Form von Praktika, Betriebserkundungen,<br />

Praxistagen usw. einzubinden, um dadurch das<br />

Spektrum potenzieller Erfahrungen in der Begegnung<br />

zu erweitern und anschließend ordnen<br />

und auswerten zu können.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgenden Änderungen:<br />

Zeilen 114 - 115<br />

Berufsorientierung muss geschlechtersensibel<br />

und geschlechtergerecht erfolgen.<br />

Zeilen 146 - 150<br />

In der Lehrerausbildung ist eine für alle<br />

Studierenden verbindliche Grundqualifizierung<br />

im Bereich berufsorientierender Beratung und<br />

Begleitung einzuführen.<br />

244


• Arbeitsweltorientierte Allgemeinbildung ist<br />

dem Konzept einer umfassenden sozioökonomischen<br />

Bildung verpflichtet. Sie zeigt zentrale<br />

Probleme von Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt<br />

sowie unterschiedliche Lösungsstrategien<br />

und Handlungsmöglichkeiten auf, so dass<br />

Schülerrinnen und Schüler die Rahmenbedingungen<br />

von Arbeit und Wirtschaft als<br />

gestaltbar und veränderbar erleben. Sie zielt<br />

auf politisch mündige, handlungs- und gestaltungsfähige<br />

Subjekte, die in der Lage sind, ökonomische<br />

Bedingungen und Prozesse kritischreflexiv<br />

zu erschließen und ihre Interessen als<br />

Wirtschaftsbürger und zukünftig zumeist<br />

abhängig Beschäftigte einzubringen und solidarisch<br />

zu verwirklichen. Dabei werden sowohl<br />

die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung wie<br />

auch die politische Dimension von beruflichem<br />

Handeln und Betrieb bewusst gemacht, in der<br />

gegensätzliche Interessen aufeinandertreffen.<br />

• Arbeitsweltorientierte Allgemeinbildung<br />

setzt bereits in der Grundschule ein, weil bereits<br />

Schülerinnen und Schüler dieses Alters<br />

Fragen zu Arbeit und Beruf stellen, sie arbeitsweltliche<br />

und gesellschaftliche Probleme (z.B.<br />

Arbeitslosigkeit) bereits wahrnehmen und sich<br />

ihnen zunehmend weniger über Eltern die<br />

Arbeitswelt erschließt.<br />

• Arbeitsweltorientierte Allgemeinbildung ist<br />

als Inhaltsbereich in der Lehrerausbildung zu<br />

verankern. Sowohl in der ersten als auch in der<br />

zweiten Phase der Ausbildung muss deutlich<br />

werden, welchen Beitrag die einzelnen Fächer<br />

zur arbeitsweltorientierten Allgemeinbildung<br />

leisten können.<br />

Forderungen an eine schulische Berufsorientierung<br />

als Element arbeitsweltorientierter<br />

Allgemeinbildung:<br />

• Jugendliche sind zu befähigen, ihren<br />

Bildungsweg, ihre Berufswahl und Lebensgestaltung<br />

zu reflektieren und sich persönliche<br />

Ziele zu setzen. Dies bedeutet, eigene berufsbezogene<br />

Ansprüche, Interessen und biografische<br />

Ziele sich bewusst zu machen und verfolgen<br />

zu können; arbeitsweltliche und berufsbezogene<br />

Entwicklungen, Beschäftigungschancen<br />

und -risiken sowie die Auswirkungen des<br />

technischen, ökonomischen und gesellschaftlichen<br />

Wandel analysieren und im Blick auf die<br />

biografischen Ziele reflektieren zu können,<br />

(Aus-) Bildungswege vergleichen und beurteilen,<br />

Informations- und Beratungssysteme<br />

sowie Zielfindungs- und Entscheidungsme-<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

245


thoden nutzen zu können. Dies bedeutet<br />

weiterhin, die politische Dimension beruflichen<br />

Handelns erkennen sowie eigene arbeits- und<br />

berufsbezogene Interessen und biografische<br />

Ziele im Kontext selbstbestimmter Lebensgestaltung<br />

wahrnehmen und verfolgen zu können.<br />

• Auf der Ebene der KMK sind Standards für<br />

die Berufsorientierung als übergreifende Aufgabe<br />

der Schule zu entwickeln.<br />

• Die <strong>GEW</strong> setzt sich für eine geschlechtersensible<br />

und -gerechte Bildung ein. Dies beinhaltet<br />

u.a., dass Geschlechterstereotypen im<br />

Arbeitsleben und bei der Berufswahl hinterfragt<br />

und Entwicklungsmöglichkeiten für alle<br />

bewusst gemacht werden.<br />

• Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung<br />

schulischer Berufsorientierung wird durch<br />

die Bildungsverwaltung und die Landesinstitute<br />

unterstützt. Sie beziehen sich auf:<br />

- Verankerung entsprechender Kompetenz- und<br />

Inhaltsbeschreibungen in den Rahmen(lehr)plänen,<br />

die in den länderübergreifenden Projekten<br />

im Konsens herausgearbeitet wurden<br />

- Prüfung der Berufsorientierung in den einzelnen<br />

Schulen im Rahmen der üblichen Evaluationsprozesse<br />

(interne/externe Evaluation, Schulinspektion<br />

u.a.)<br />

- Die Kultusministerien werden aufgefordert,<br />

diagnostischer Instrumente und didaktische<br />

Konzepte für die Lehrkräfte zu entwickeln, um<br />

die berufsorientierungsspezifische Kompetenzentwicklung<br />

der Schülerinnen und Schüler erfassen<br />

zu können<br />

- Entwicklung und Umsetzung von Qualitätsstandards<br />

für außerschulische berufsorientierende<br />

Angebote und das Schülerbetriebspraktikum<br />

- Bereitstellung bedarfsgerechter schulinterner<br />

Fortbildung<br />

- Bereitstellung ausreichender personeller und<br />

finanzieller Ressourcen<br />

• In der Lehrerausbildung ist eine für alle<br />

Studierende als zukünftige Klassenlehrerinnen<br />

und – lehrer verbindliche Grundqualifizierung<br />

im Bereich berufsorientierender Beratung und<br />

Begleitung einzuführen.<br />

• Die an der Entwicklung und Finanzierung<br />

derzeitiger Angebote zur Berufsorientierung<br />

beteiligten Bundes- und Landesministerien<br />

und – behörden werden aufgefordert, ein<br />

Bund-LänderKooperationsprogramm einzurichten<br />

mit dem Ziel, die Wirksamkeit einschlägiger<br />

Programme und Angebote zur Berufsorientie-<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

246


ung (z.B. Bildungsketten, Berufseinstiegsbegleiter,<br />

vertiefte Berufsorientierung) zu evaluieren<br />

und bundesweite Qualitätsstandards für<br />

außerschulische berufsorientierende Angebote<br />

zu entwickeln.<br />

• Eine gute Berufsorientierung braucht Kooperationen<br />

mit berufsbildenden Schulen, der<br />

BA, Betrieben, betrieblichen Interessenvertretung<br />

und Gewerkschaften.<br />

Begründung<br />

Es besteht kein Zweifel an der Notwendigkeit<br />

schulischer Berufsorientierung, die es allen<br />

Schülerinnen und Schülern ermöglichen soll,<br />

ihre Bildungs- und Erwerbsbiographie eigenverantwortlich<br />

und selbstständig zu gestalten.<br />

Trotz unübersehbarer Bemühungen und Aktivitäten<br />

hinsichtlich einer Weiterentwicklung des<br />

schulischen Aufgabenfeldes, nicht zuletzt motiviert<br />

durch eine Anpassung an die sich<br />

wandelnde Arbeitswelt und schwieriger werdende<br />

Übergangsverläufe, ist zweierlei festzustellen:<br />

Erstens: Schulische Berufsorientierung<br />

bzw. entsprechende Aktivitäten (Betriebspraktika,<br />

Besuche der Berufsinformationszentren<br />

oder Ausbildungsbörsen usw.) stellen sich in<br />

der Bildungspraxis der Schulen in der Regel als<br />

Sonderveranstaltungen dar, die nur selten eine<br />

Verknüpfung mit den Inhalten des<br />

allgemeinbildenden Unterrichts erfahren. Zweitens:<br />

Berufsorientierung setzt nach wie vor zu<br />

spät ein. Im Zentrum steht zumeist ein Berufswahlunterricht<br />

gegen Ende der Pflichtschulzeit<br />

mit der primären Zielsetzung, individuelle<br />

Stärken, Schwächen, Interessen und Erwartungen<br />

der Lebensgestaltung seitens der Schülerinnen<br />

und Schüler mit jeweils berufsspezifischen<br />

Anforderungen abgleichen und einen<br />

Erst- bzw. Startberuf bestimmen zu können.<br />

Beide Feststellungen verweisen auf ein eigentümliches<br />

Verhältnis von Arbeit und Bildung.<br />

Während Arbeit, Arbeitsplätze, Arbeitsverhältnisse<br />

und Arbeitsbedingungen unseren gesellschaftlich-sozialen,<br />

politischen und kulturellen<br />

Lebenszusammenhang ebenso maßgeblich<br />

mitbestimmen wie die Optionen individueller<br />

Lebensgestaltung, findet der Gegenstand<br />

Arbeit/Arbeitswelt allenfalls eine marginale Berücksichtigung<br />

im Kanon der Inhalte des<br />

allgemeinbildenden Unterrichts. Damit wird<br />

jungen Menschen die Möglichkeit vorenthalten,<br />

sich die Arbeitswelt als einen politisch und<br />

sozial bedeutsamen gesellschaftlichen Handlungs-<br />

und Gestaltungsort kritisch-konstruktiv<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

247


zu erschließen und Kompetenzen selbstbestimmten,<br />

mitbestimmenden und solidarischen<br />

Entscheidens und Handelns ausbilden zu können.<br />

Berufsorientierung ist ein lebenslanger Prozess,<br />

der angesichts einer sich dynamisch wandelnden<br />

Arbeitswelt hohe Anforderungen an<br />

Jugendliche und Erwachsene stellt. Die<br />

Bildungsinstitution Schule ist nach wie vor aufgefordert,<br />

entsprechende Kompetenzen anzubahnen<br />

und zu fördern. Dabei darf sie ihre<br />

Bildungsbemühungen nicht auf die Phase des<br />

Übergangs in Ausbildung bzw. Arbeit verkürzen,<br />

sondern muss Schülerinnen und Schülern<br />

Gelegenheit geben, sich mit der Arbeitswelt einen<br />

maßgeblichen und für die eigene Lebensgestaltung<br />

bedeutsamen gesellschaftlichen<br />

Handlungsort auf kritisch-konstruktivem Wege<br />

zu erschließen. Arbeit, Arbeitsbeziehungen und<br />

Arbeitsmärkte sind ebenso hochgradig politisch<br />

wie Unternehmen und Betriebe. Ein Verständnis<br />

von Berufsorientierung, das sich in den<br />

Slogans "Fit für den Übergang" oder "Fit für<br />

Arbeit und Beruf" niederschlägt, entspricht weder<br />

einem modernen Allgemeinbildungsbegriff<br />

noch einem gewerkschaftlichen Bildungsverständnis,<br />

das in der Befähigung zur Kritik,<br />

Selbst- und Mitbestimmung sowie solidarischem<br />

Handeln von später zumeist abhängig<br />

Beschäftigten eine zentrale Perspektive schulischen<br />

Lernens sieht.<br />

Weiterentwicklung und Ausbau einer arbeitsweltorientierten<br />

Allgemeinbildung für alle<br />

Schülerinnen und Schüler muss vor diesem Hintergrund<br />

eine maßgebliche Forderung<br />

gewerkschaftlicher Bildungspolitik darstellen.<br />

Denn seit der Einführung der Arbeitslehre in<br />

den 1960er bzw. 1970er Jahren hat das Fach<br />

vor allem in den Haupt- und Gesamtschulen einen<br />

festen Platz gefunden. Bereits in den Realschulen<br />

ist es in deutlich geringerem Maße<br />

anzureffen, während ein entsprechendes<br />

Bildungsangebot in den Gymnasien eher die<br />

Ausnahme darstellt. In vielen Bundesländern<br />

gilt Arbeitslehre als die formale Zusammenfassung<br />

von Einzelfächern wie z.B. Technikunterricht,<br />

Textiles Gestalten, Haushaltslehre und<br />

Wirtschaftslehre. Im Sinne einer arbeitsweltorientierten<br />

Allgemeinbildung wirkt es sich negativ<br />

aus, dass diese Fächer häufig inhaltlich wenig<br />

aufeinander Bezug nehmen und dass berufliche<br />

bzw. arbeitsweltliche Bezüge der Fachinhalte<br />

eine untergeordnete Rolle spielen. Eine<br />

umfassende Konzeption arbeitsweltorientierter<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

265<br />

248


Allgemeinbildung muss auch deshalb deutlich<br />

formuliert werden, weil seit einigen Jahren<br />

Wirtschafts- und Finanzverbände, Privatunternehmen,<br />

Stiftungen, Vereine und sonstige<br />

Lobbygruppen immer stärker versuchen, die<br />

Lerninhalte in allgemeinbildenden Schulen zu<br />

beeinflussen. Dabei geht es oft nicht zuletzt um<br />

die Einführung eines einschlägigen Fachs Wirtschaft<br />

sowie eine Veränderung der Paradigmen<br />

bisheriger politisch-ökonomischer Bildung im<br />

Schulwesen. Berufsorientierung als Element einer<br />

arbeitsweltorientierten Allgemeinbildung<br />

zielt auf die Fähigkeit zu kritisch-reflektierender<br />

Distanz gegenüber arbeitsweltlichen Bedingungen,<br />

während Maßnahmen schulischer Berufsorientierung<br />

heute offenbar nicht selten dazu<br />

tendieren, dass Schülerinnen und Schüler ihre<br />

eigenen Interessen, Erwartungen und Perspektiven<br />

an Arbeit, Beruf und Lebensgestaltung<br />

den gegebenen Verhältnissen unterwerfen. Es<br />

darf jedoch nicht darum gehen, Berufsorientierung<br />

auf den Arbeitsmarkt auszurichten und<br />

Jugendliche den Bedürfnissen der Betriebe<br />

anzupassen. Vielmehr gilt es zu verhindern,<br />

dass Schülerinnen und Schüler die ökonomischen,<br />

sozialen und politischen Rahmenbedingungen<br />

von Ausbildung, Arbeit und<br />

Berufs als nicht zu hinterfragende Gegebenheiten<br />

hinnehmen.<br />

Schulische Berufsorientierung hat in den vergangenen<br />

zehn Jahren kontinuierlich an Bedeutung<br />

in Schulentwicklungsprozessen gewonnen,<br />

ist aber als Bildungsauftrag nach wie vor nicht<br />

einheitlich geregelt. Als zentrale Entwicklungslinien<br />

schulischer Aktivitäten lassen sich die Ausweitung<br />

betrieblicher Praxiserfahrungen, der<br />

Aufbau von Kontakten zwischen Schulen und<br />

Unternehmen/ Betrieben, die Ausweitung von<br />

regionalen Kooperationsverbünden und Netzwerken<br />

sowie die Verknüpfung von betrieblichem<br />

und schulischem Lernen für benachteiligte<br />

Jugendliche identifizieren. Diese zweifellos<br />

positiven Entwicklungen zielen im Kern auf eine<br />

Erweiterung von Erfahrungsmöglichkeiten,<br />

diese werden jedoch dann problematisch,<br />

wenn es sich um eine Akzentverschiebung vom<br />

Unterricht zur betrieblichen Praxiserfahrung<br />

handelt. Denn (Praxis-) Erfahrungen sind nicht<br />

per se bildend bzw. erkenntnisfördernd. Sie<br />

werden erst möglich und erkenntnisfördernd<br />

durch die vorgängige Aneignung von (i.w.S.) Kategorien,<br />

die den Lernenden helfen, das in der<br />

außerschulischen Realität Erfahrene (ein-) ord-<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

315<br />

249


nen, interpretieren und bewerten zu können.<br />

Dafür bedarf es einer arbeitsweltorientierten<br />

Allgemeinbildung, die den Lernenden einen facettenreichen<br />

Blick auf Arbeitsprozesse,<br />

Arbeitssituationen, Arbeitsbedingungen und<br />

Arbeitsverhältnisse in sozio-ökonomischer, politisch-sozialer<br />

und historischer Perspektive<br />

ermöglicht.<br />

320<br />

325<br />

250


3.35 Medien zum Lehren und Lernen in<br />

allgemeinbildenden Schulen müssen den<br />

Anforderungen einer modernen Pädagogik<br />

genügen<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

Grundsätze<br />

Die <strong>GEW</strong> hat ein umfassendes Medien-Verständnis.<br />

Gemeint sind "Hardware" und "Software"<br />

in analoger, elektronischer und digitaler<br />

Form und zwar sowohl individuelle Medien für<br />

die Hand der Schülerinnen und Schüler* wie<br />

auch für die Demonstration in größeren Lerngruppen**.<br />

Chancengleichheit beachten – Lehr-/Lernmittelfreiheit<br />

verwirklichen<br />

Grundsätzlich darf es keine Benachteiligung<br />

von Schüler/innen und Schulen geben. Finanzschwache<br />

Schüler/innen, Schulen und<br />

Schulträger brauchen finanzielle Unterstützung.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Landesregierungen auf,<br />

dies durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen.<br />

Vor allem muss die sog. Lehr-/Lernmittelfreiheit<br />

wieder auf einen Stand gebracht<br />

werden, der gleiche Verhältnisse zwischen<br />

Bundesländern und Kommunen garantiert. Die<br />

völlige Kostenfreiheit für Eltern muss<br />

schrittweise wieder realisiert werden. Dies gilt<br />

auch für digitale Lernmedien. <strong>Das</strong> Kostenargument<br />

lässt die <strong>GEW</strong> nicht gelten: die staatlichen<br />

Einnahmen müssen durch eine gerechte Besteuerung<br />

hoher Einkommen verbessert werden.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Hersteller und Anbieter<br />

von Lehr-/Lernmedien auf, erschwingliche und<br />

robuste, wartungsarme und funktionale<br />

Medien zu entwickeln.<br />

Medien sind kein Selbstzweck<br />

Medien müssen schüler- und lehrerfreundlich<br />

sein. Sie müssen das Lehren und Lernen<br />

sinnvoll unterstützen, sie sollen nicht zum<br />

Selbstzweck werden und nicht unnötig viel Aufmerksamkeit<br />

z.B. aufgrund von Störanfälligkeit<br />

binden. Sie sollen aber auch auf das Alter der<br />

Schüler/innen Rücksicht nehmen und<br />

gesundheitliche Aspekte (z.B. Schriftgröße;<br />

Gewicht...) beachten.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgenden Änderungen:<br />

Streichung der Zeilen 24-28<br />

Die Zeilen 36 - 44 werden ersetzt durch:<br />

Medien müssen schüler- und lehrerfreundlich<br />

sein, sie müssen alters- und gesundheitsgerecht<br />

eingesetzt werden.<br />

Sie müssen das Lehren und Lernen sinnvoll unterstützen,<br />

sie sollen nicht zum Selbstzweck<br />

werden und nicht unnötig viel Aufmerksamkeit<br />

z.B. aufgrund von Störanfälligkeit binden.<br />

251


Medien zur Unterstützung moderner Pädagogik<br />

Medien müssen den Anforderungen einer<br />

modernen Pädagogik genügen. <strong>Das</strong> heißt, sie<br />

müssen Schüler/innen motivieren, individuelles<br />

Lernen und miteinander Lernen anregen und<br />

ermöglichen, differenzierendes Unterrichten<br />

unterstützen, sich in heterogenen Lerngruppen<br />

("inklusiven Settings") bewähren und didaktisch-methodisch<br />

gut aufbereitet sein.<br />

Inhaltlich werden aktuelle Lern- und<br />

Lehrmedien benötigt, die relevante Themen<br />

aufgreifen wie z.B. Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />

oder Mehrsprachigkeit, die fächerübergreifend<br />

und –verbindend einsetzbar sind,<br />

die gendersensibel sind und kulturelle und<br />

sprachliche Verschiedenheit sowie unterschiedliche<br />

sexuelle Orientierungen beachten.<br />

Qualitätssiegel<br />

Medien müssen qualitätsgeprüft sein. Die <strong>GEW</strong><br />

beobachtet mit Sorge, dass die Schulen<br />

teilweise mit schlechten Materialien überschwemmt<br />

werden, die in Wirklichkeit getarnte<br />

Werbeträger für unterschiedliche ökonomische<br />

und ideologische Interessen sind. Die <strong>GEW</strong> regt<br />

ein Qualitätssiegel für freie Unterrichtsmedien<br />

nach dem Vorbild der Bundesprüfstelle für<br />

jugendgefährdende Medien an. Die Kultusministerkonferenz<br />

(KMK) soll die Nutzungsrechte<br />

an qualitätsgeprüften digitalen Medien erwerben<br />

und auf einer Internetplattform den<br />

Schulen zur kostenfreien Nutzung zur Verfügung<br />

stellen.<br />

<strong>Das</strong> digitale Klassenzimmer<br />

Schulträger und Schulen, die auf dem Weg zum<br />

"digitalen Klassenzimmer" sind, müssen eine<br />

gründliche Vorbereitung sicherstellen. Die Entscheidung<br />

für das "digitale Klassenzimmer"<br />

muss ihm Rahmen eines Schulentwicklungsprozesses<br />

getroffen werden. Dazu gehören vor allem<br />

systematische Fortbildungsmaßnamen und<br />

Finanzplanungen, bei denen nicht nur die Anschaffungskosten<br />

sondern auch die Folgekosten<br />

durch Reparaturen und Ersatzbedarfe realistisch<br />

einzuschätzen sind.<br />

Praktische und finanzielle Erwägungen weisen<br />

eher in Richtung der traditionellen Lehr- und<br />

Lernmittel: Tafel, Wandbilder, Lehrbücher,<br />

Arbeitsmaterialien ... Die Anforderungen an<br />

eine moderne Pädagogik weisen eher in Richtung<br />

innovativer technischer, elektronischer<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

252


und digitaler Medien. Ein Entweder/Oder ist<br />

angesichts dieses Befundes nicht angemessen.<br />

Vor- und Nachteile müssen sorgfältig gegeneinander<br />

abgewogen werden.<br />

• Alle Beteiligten brauchen Informationen<br />

über die finanziellen Konsequenzen hinsichtlich<br />

Support und Instandhaltung (Schulen können<br />

ihren Etat nur einmal ausgeben).<br />

• Wenn die Erstanschaffung durch Sponsoren<br />

finanziert wird, muss von Anfang an sichergestellt<br />

sein, dass der Schulträger die Folgekosten<br />

übernimmt.<br />

• Wegen der Störanfälligkeit des "digitalen<br />

Klassenzimmers" muss der technische Support<br />

zuverlässig durch Fachkräfte sichergestellt sein.<br />

Lehrkräfte können diese Aufgabe nicht "nebenher"<br />

übernehmen. Es handelt sich um eine<br />

originäre Aufgabe des Schulträgers.<br />

• Die Lehrerinnen und Lehrer benötigen eine<br />

vorlaufende Fortbildung, die technische, pädagogische<br />

und didaktisch-methodische Fragen<br />

gleichermaßen umfasst. Sie brauchen Basiskenntnisse<br />

zur Behebung von kleineren technischen<br />

Problemen.<br />

• Die Störanfälligkeit des digitalen Klassenzimmers<br />

verbietet es zudem, die "analogen"<br />

Lehr- und Lernmittel gänzlich abzuschaffen. Es<br />

wäre z.B. unsinnig, die traditionelle Kreidetafel<br />

zu entfernen, wenn ein interaktives<br />

Whiteboard zum Einsatz kommt.<br />

• Bei allen Maßnahmen, die eine Eigenbeteiligung<br />

der Schülerinnen und Schüler voraussetzen,<br />

muss der Grundsatz der Chancengleichheit<br />

beachtet werden.<br />

Rechtssicherheit herstellen<br />

Für den Einsatz von Medien jeder Art brauchen<br />

die Schulen Rechtssicherheit. Benötigt wird ein<br />

umfassender Rechtsrahmen, der über das klassische<br />

Kopieren hinaus auch die Nutzung von<br />

Digitalisaten und den Einsatz neuer elektronischer<br />

Medien verbindlich und in einer für die<br />

Beschäftigten rechtlich sicheren und nutzerfreundlichen<br />

Weise regelt. Die Beschäftigten im<br />

Bildungswesen müssen ihrer Tätigkeit ohne<br />

rechtliche Risiken nachkommen und dabei alle<br />

Informationsquellen nutzen sowie die gewonnen<br />

Inhalte aufbereiten und wiedergeben können.<br />

Die <strong>GEW</strong> lehnt jegliche Form der Ausforschung<br />

des Personals von Bildungseinrichtungen<br />

ab. Die finanzielle Abgeltung urheberrechtlicher<br />

Ansprüche soll global auf der Basis<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

253


von Schätzungen durch die Landesregierungen<br />

erfolgen.<br />

Anmerkungen<br />

*) Bücher, Lexika, Wörterbücher, Arbeitsmappen,<br />

Hefte, Materialien und Utensilien zum<br />

Schreiben, Lesen, Malen/Zeichnen, Bauen, Basteln,<br />

Personal Computer, Lernprogramme, Internetzugang<br />

**) Tafel, Kreide, Schaubilder, Karten, Folien,<br />

Overheadprojektor, Filme, Fernsehen, Personal<br />

Computer, Beamer, Whiteboard<br />

160<br />

165<br />

254


3.36 Grundschule ohne Noten<br />

Antragsteller: BFGA Grundschulen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />

Der Gewerkschaftstag bekräftigt seine Forderung<br />

nach Einführung einer "Grundschule ohne<br />

Noten" auf Grundlage des Beschlusses des<br />

Gewerkschaftstages von 2009 und fordert die<br />

sofortige Umsetzung in den Bundesländern.<br />

Begründung<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert seit Jahren die Abschaffung<br />

der Zensuren zumindest in der Grundschule.<br />

Die aktuelle Entwicklung zu einer inklusiven<br />

Schule ist Anlass, diese Forderung noch einmal<br />

aufzugreifen, denn Zensuren/Noten widersprechen<br />

einer inklusiven Bildung.<br />

Zensuren/Noten sind nicht objektiv, sondern<br />

spiegeln eine subjektive Beurteilung im Vergleich<br />

zu der jeweiligen Lerngruppe wider. Sie<br />

fördern dadurch die Lernmotivation weder der<br />

leistungsstarken noch der leistungsschwächeren<br />

Kinder. Zensuren können weder den individuellen<br />

Leistungsstand noch die Lernvoraussetzungen<br />

und die Lern- und Persönlichkeitsentwicklung<br />

des einzelnen Kindes berücksichtigen.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

255


3.37 Gewerkschaftliche Positionen zum<br />

Gymnasium<br />

Antragsteller: BFGA Gymnasien<br />

Wir fordern ein Gymnasium, das Chancen bietet,<br />

Hürden beseitigt, individuelle Bildung und<br />

eine ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung<br />

fördert.<br />

Dazu sollen in allen Bundesländern folgende<br />

Maßnahmen ergriffen werden:<br />

• <strong>Das</strong> Eltern- und SchülerInnenrecht auf<br />

Schulwahl wird rechtlich verankert.<br />

• Die Erprobungsstufe wird intensiv zur<br />

Förderung genutzt.<br />

• Der Fächerkanon berücksichtigt regionale<br />

Bedürfnisse.<br />

• Die erzwungene Wiederholung wird abgeschafft.<br />

• Schülerinnen und Schüler durchlaufen an<br />

ihrer Schule unterschiedliche Bildungsgänge<br />

und werden zu einem (mittleren) Schulabschluss<br />

geführt.<br />

• Die bestehenden Vergleichsarbeiten werden<br />

durch angemessene Diagnoseinstrumente<br />

ersetzt.<br />

• Die Lehrkräftezuweisung wird den notwendigen<br />

Differenzierungs- und Betreuungsmaßnahmen<br />

gerecht.<br />

• Allen Schulen steht neben den Lehrkräften<br />

im notwendigen Umfang auch weiteres pädagogisches<br />

Fachpersonal (Schulpsychologinnen<br />

und -psychologen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter<br />

u.a.) zur Verfügung.<br />

• Für die inklusive Beschulung stehen angemessene<br />

sächliche, räumliche und personelle<br />

Ressourcen bereit. Alle Lehrkräfte werden<br />

schon in der Ausbildung und durch Fortbildungen<br />

dafür qualifiziert.<br />

Unabhängig von den länderspezifischen Regelungen<br />

zur Schulzeit bis zum Abitur fordern wir:<br />

• Die Bildungswege am Gymnasium müssen<br />

alle allgemeinbildenden Schulabschlüsse bieten<br />

und Übergänge in andere Regionen und an andere<br />

Schulformen ermöglichen.<br />

• Alle Schulen sollen als Ganztagsschulen mit<br />

entsprechender sächlicher und personeller<br />

Ausstattung geführt werden.<br />

• Die zusätzlichen Aufgaben und Belastungen<br />

der Lehrerinnen und Lehrer müssen durch anderweitige<br />

Entlastungen ausgeglichen werden.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgenden Änderungen:<br />

Zeile 8 und 9: Überweisung an den Hauptvorstand<br />

Zeile 10 - 11 wird ersetzt durch:<br />

Die ersten beiden Jahre werden intensiv zur<br />

Förderung genutzt.<br />

Zeile 14 - 15 wird ersetzt durch:<br />

Klassenwiederholungen finden nur noch<br />

freiwillig statt.<br />

Die Zeilen 20 - 22 sind erledigt bei Annahme<br />

von Antrag 3.27.<br />

Nach Zeile 35 wird eingefügt:<br />

<strong>Das</strong> Gymnasium muss grundsätzlich flexible<br />

Lernzeiten möglich machen, damit Heterogenität<br />

nicht zur Selektion führt und Lernzeit individualisiert<br />

werden kann.<br />

256


Begründung<br />

Die zentrale schulpolitische Leitidee der <strong>GEW</strong><br />

ist die „Eine Schule für alle“. Trotzdem müssen<br />

wir die Gegebenheiten im föderal gestalteten<br />

Schulbereich im Blick halten, die nicht oder nur<br />

bedingt zum längeren gemeinsamen Lernen<br />

führen. Bundesweit zeichnen sich auch in konservativ<br />

geführten Bundesländern eher Entwicklungen<br />

zu verschiedenen „Zwei-Säulen-<br />

Modellen“ ab , bei denen das Gymnasium eines<br />

der beiden tragenden Elemente darstellt.<br />

Im Jahr 2010/11 stammten die ca. 346.000<br />

Schülerinnen und Schüler des ersten Jahres der<br />

Oberstufe (Einführungsphase) an den Gymnasien<br />

zu etwa 94% aus der Mittelstufe dieser<br />

Schulform, was die weitgehend ungebrochene<br />

Rolle des Gymnasiums als die vorrangige ohne<br />

Schulformwechsel zur allgemeinen Hochschulreife<br />

führende Schulform verdeutlicht.<br />

Ein weiteres Indiz für die große bildungspolitische<br />

Bedeutung der Oberstufe des Gymnasiums<br />

zeigt sich darin, dass von den 316.000<br />

Jugendlichen, die im Jahr 2010 die Allgemeine<br />

Hochschulreife erworben haben, 75,6% dies in<br />

einem gymnasialen Bildungsgang (G8: 8,4%,<br />

G9: 67,2%) erreicht haben. Diese Quote ist laut<br />

der jeweiligen Bildungsberichte seit dem Jahr<br />

2004 trotz einer Steigerung der Abiturientenzahlen<br />

um 20% etwa konstant geblieben.<br />

Deshalb muss sich die <strong>GEW</strong> mit dem Thema<br />

Gymnasium befassen und die Interessen der<br />

Beschäftigten dieser Schulform aktiv vertreten<br />

sowie die Arbeit am Gymnasium kritisch konstruktiv<br />

begleiten und an der pädagogischen<br />

Weiterentwicklung mitarbeiten. Neben den<br />

schulstrukturellen und organisatorischen Fragen<br />

(Einführungsphase, Schulzeit, Abiturprüfung)<br />

muss in Anbetracht der größer werdenden<br />

Heterogenität der Schülerschaft auch<br />

der konstruktive Umgang mit dieser Vielfalt im<br />

Sinne eines individuellen Förderns voran gebracht<br />

werden.<br />

Erprobungszeiten<br />

Die ersten beiden Jahre des Gymnasiums unterliegen<br />

als Erprobungs-, Beobachtungs-, Förder-<br />

bzw. Orientierungsstufe einigen besonderen<br />

Regelungen. Es gibt in vielen Bundesländern<br />

kein Sitzenbleiben in dieser Zeit,<br />

allerdings können Schülerinnen und Schüler am<br />

Ende dieser Stufe an andere Schulformen<br />

überwiesen werden. In besonderen Fällen oder<br />

auf Antrag der Eltern ist auch in der Orientierungsstufe<br />

ein Übergang an eine andere Schul-<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

257


form möglich. In den letzten Jahren gingen<br />

viele Bundesländer von der Idee der Orientierungsstufe<br />

ab, nicht zuletzt aufgrund des<br />

Drucks der Einführung von G 8. Die Orientierungsstufe<br />

existiert z.B. in Baden-Württemberg<br />

faktisch nicht. Die Bildungsgänge und Fächer<br />

sind für Gy/RS/HS mittlerweile kaum vergleichbar.<br />

In Bundesländern, die in 7 und 8<br />

keine Klassenwiederholung zulassen, wird der<br />

Übergang aus der Klasse 6 in die Klasse 7 zu einer<br />

entscheidenden selektierenden Hürde in<br />

der Schullaufbahn.<br />

„Sitzenbleiben“ und „Abschulung“<br />

Trotz des Anspruchs "kein Kind zurückzulassen"<br />

führen die strikten Versetzungsregelungen und<br />

die hohen Anforderungen am Gymnasium immer<br />

noch zu einer nicht unerheblichen Zahl an<br />

Nichtversetzungen, Schulwechslern oder Schulabgängern<br />

ohne Abschluss. Schon in Klasse 8<br />

ist die bundesweite Gymnasialquote auf 36 %<br />

(Klasse 5: 41 %) gesunken. Einige Bundesländer<br />

haben in diesem Bereich Regelungen getroffen,<br />

Sitzenbleiben und Abgehen ohne Schulabschluss<br />

zu verbieten oder zu vermeiden - mit<br />

mehr oder weniger Erfolg. Diese rein rechtlichen<br />

Regelungen werden ohne entsprechende<br />

vorbeugende Unterstützungsmaßnahmen keine<br />

Abhilfe schaffen. Es sind vielfältige Maßnahmen<br />

des individuellen Förderns und Strukturen<br />

der inneren und äußeren Laufbahndifferenzierung<br />

notwendig.<br />

Fächerkanon<br />

Neben einem allgemeinen Unterrichtskanon,<br />

der auf einer klassischen fachlichen Spezialisierung<br />

der Lehrerinnen und Lehrer aufbaut und<br />

nur in wenigen Fällen oder Bereichen<br />

fachfremden, fächerverbindenden oder fächerintegrierenden<br />

Unterricht vorsieht, ist der Lehrplan<br />

durch die verpflichtende Belegung einer 2.<br />

Fremdsprache (Englisch – sofern nicht erste FS,<br />

Latein, Französisch, Spanisch …) ab Klasse 5<br />

oder 6 gekennzeichnet. Diese Sprache kann<br />

dann in der Oberstufe fortgesetzt werden. Die<br />

Wahl einer dritten (oder sogar vierten) Fremdsprache<br />

ist ebenfalls oft noch möglich. Darüber<br />

hinaus gibt es viele Gymnasien mit besonderen<br />

Profilen: z.B. Sportgymnasien, Altsprachliche<br />

Gymnasien, Bilinguale Gymnasien, Gymnasien<br />

mit musischen Schwerpunkten).<br />

VERgleichsArbeiten in der 8. Klasse<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

258


Seit dem Schuljahr 2006/7 finden in den meisten<br />

Bundesländern ländergemeinsame Vergleichsarbeiten<br />

(VERA) statt.<br />

Auch wenn die Durchführung der Lernstandserhebungen<br />

mit den angelieferten Testheften<br />

und die Bewältigung der Aufgaben an den<br />

Gymnasien wohl auch wegen der soziologischen<br />

Struktur der Schülerschaft insgesamt<br />

keine grundsätzlichen Schwierigkeiten aufgeworfen<br />

hat, werden diese von den Beschäftigten<br />

als zu aufwändig und zu wirkungslos betrachtet.<br />

Die Aufgaben werden oft als unpassend<br />

und wegen der Notwendigkeit der leichten<br />

Auswertbarkeit als zu technisch empfunden.<br />

Teillösungen oder abweichende kluge<br />

Lösungen werden nicht erkannt. Insgesamt fehlen<br />

sowohl die zeitlichen Ressourcen als auch<br />

die diagnostischen Kompetenzen und die Unterstützungsangebote,<br />

um die durchaus<br />

brauchbaren Testergebnisse gezielt für die Unterrichtsentwicklung<br />

nutzbar zu machen.<br />

Umgang mit Heterogenität<br />

Während der gesamten Sekundarstufe I bleiben<br />

die Schülerinnen und Schüler in ihrem Klassenverband<br />

oder in ihren Wahllerngruppen<br />

(Religion, Fremdsprachen, Wahlpflichtbereiche)<br />

zusammen. Es gibt keine äußere Differenzierung<br />

nach Leistungsniveaus. Es wird noch oft<br />

fälschlicherweise unterstellt, dass die Lerngruppen<br />

an Gymnasien eine hohe Homogenität<br />

haben.<br />

Leistungsschwächere oder anders lernende<br />

Schülerinnen und Schüler werden möglichst in<br />

„Förderkursen“ wieder an den durchschnittlichen<br />

Leistungsstand herangeführt. Sehr oft landet<br />

diese Aufgabe bei Nachhilfeeinrichtungen<br />

z.B. schulinternen Tutoren, Schülerinnen und<br />

Schüler der Sekundarstufe II, schulexterne<br />

Nachhilfelehrerinnen und -lehrer oder Nachhilfeschulen.<br />

Dadurch wird die soziale Benachteiligung<br />

verstärkt.<br />

Mit dem Argument, das Gymnasium bilde nur<br />

einen Bildungsgang ab, werden seitens der Ministerien<br />

ausreichende Fördermittel für<br />

Differenzierung zumeist verweigert.<br />

Besondere Interessen und Leistungen werden<br />

durch Wettbewerbe, Arbeitsgemeinschaften<br />

oder die Teilnahme am Unterricht höherer<br />

Klassen gefördert. Besondere Formen der<br />

„Hochbegabtenförderung“ sind das Drehtürmodell,<br />

bei dem z.B. die beiden in der Schule<br />

angebotenen zweiten Fremdsprachen durch<br />

die halbierte Teilnahme an den beiden Lern-<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

259


gruppen parallel gelernt werden, die Teilnahme<br />

am Fachunterricht höherer Klassen, das Überspringen<br />

einer Klasse und die frühe Teilnahme<br />

an regulären oder besonderen Hochschulveranstaltungen.<br />

Obwohl auch die Gymnasien verschiedene<br />

Schulabschlüsse vergeben, ist das Abitur als<br />

Zielorientierung bei allen Beteiligten dominant.<br />

Zieldifferentes Arbeiten ist organisatorisch<br />

nicht vorgesehen und somit wenig verbreitet.<br />

Inklusion<br />

„Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat nach<br />

langen internen Diskussionen im Februar 2011<br />

einen Entwurf […] beschlossen“, der „trägt nun<br />

die Überschrift Inklusive Bildung von Kindern<br />

und Jugendlichen mit Behinderungen in<br />

Schulen […]“ . Im Verbund mit der Ratifizierung<br />

der UN-Behindertenrechtskonvention durch die<br />

Bundesregierung und vielfältige Beschlüsse in<br />

den Bundesländern haben nun Kinder mit Behinderung<br />

prinzipiell das Recht an der allgemeinen<br />

Schule ihrer Wahl also auch an einem<br />

Gymnasium unterrichtet zu werden. Aus den<br />

Statistiken der KMK für das Schuljahr 2009/10<br />

geht hervor, dass durchschnittlich etwa 5% aller<br />

inklusiv unterrichteten Kinder – dies sind 20%<br />

aller sonderpädagogisch zu fördernder Kinder -<br />

an Gymnasien unterrichtet werden (Gesamtschulen<br />

16%, Schulen mit mehreren Bildungsgängen<br />

19%, Hauptschulen 39%). Dies dürfte<br />

zumeist auf das besondere Engagement einzelner<br />

Schulen oder Lehrkräften zurückzuführen<br />

sein, die sich dieser anspruchsvollen Aufgabe<br />

gewidmet haben. Eine genauere Analyse<br />

müsste noch die Quote der zieldifferent unterrichteten<br />

Kinder aufdecken, da ja nur diese<br />

die enge Bindung des gymnasialen Bildungsgangs<br />

durchbrechen.<br />

Sofern die sonderpädagogisch geförderten<br />

Schülerinnen und Schüler nicht mehr nur in<br />

einzelnen integrativen Fördergruppen, was ja<br />

auch schon vor den neueren bildungspolitischen<br />

Entwicklungen möglich war, sondern in<br />

vielen Klassen tatsächlich inklusiv unterrichtet<br />

werden, erfordert dies eine vollständig andere<br />

Unterrichtsgestaltung und Personalausstattung,<br />

die von den traditionellen Formen der gymnasialen<br />

Bildungsgänge abweichen. Auch rechtliche<br />

Konsequenzen werden über kurz oder<br />

lang notwendig werden, denn was geschieht,<br />

wenn ein bisher zieldifferent sonderpädagogisch<br />

gefördertes Kind seine Defizite überwunden<br />

hat und damit seinen Status verliert und<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

265<br />

260


nun wieder zielgleich mit den anderen Gymnasiasten<br />

unterrichtet werden kann. Muss es<br />

dann die Schule verlassen, weil es bestimmte<br />

formale Voraussetzungen, z.B. die Belegung der<br />

2. Fremdsprache, nicht erfüllt bzw. erfüllen<br />

kann.<br />

Vermutlich wird das Recht auf inklusiven Unterricht<br />

die größte revolutionäre Bewegung an<br />

den Gymnasien hin zur "Einen Schule für alle"<br />

bewirken, denn der sich so entwickelnde zieldifferente<br />

Unterricht stellt das gegliederte<br />

Schulsystem insgesamt in Frage.<br />

270<br />

275<br />

261


3.38 Forderungen zur Gymnasialen<br />

Oberstufe<br />

Antragsteller: BFGA Gymnasien<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Die <strong>GEW</strong> erwartet in Bezug auf die Gymnasiale<br />

Oberstufe in der Sekundarstufe II eine Rückbesinnung<br />

auf die ursprünglichen Ziele der Reform<br />

des Jahres 1972 und die Kompatibilität<br />

der konkreten Umsetzungen der einzelnen<br />

Bundesländer, um die gegenseitige Anerkennung<br />

und die Mobilität der Schülerinnen und<br />

Schüler zu verbessern.<br />

Dazu fordern wir<br />

1. Die gymnasiale Oberstufe dauert 2-4 Jahre,<br />

von denen die beiden letzten Jahre als Qualifikationsphase<br />

zur Berechnung der Abiturnoten<br />

angerechnet werden.<br />

2. Jede Schülerin und jeder Schüler erhält die<br />

Möglichkeit, zur Vorbereitung der Qualifikationsphase<br />

eine Einführungsphase zu durchlaufen.<br />

3. Für die Qualifikationsphase erfolgt eine Einteilung<br />

in Kurse mit grundlegendem und erhöhtem<br />

Anforderungsniveau.<br />

4. Jeder Schüler und jede Schülerin wählt zwei<br />

Kurse des erhöhten Anforderungsniveaus.<br />

Diese werden mindestens fünfstündig unterrichtet.<br />

Die Kurse des grundlegenden Niveaus<br />

in einem Fach werden dreistündig und in<br />

Fächerkombinationen vierstündig unterrichtet.<br />

5. Die Gleichwertigkeit der Fächer wird wieder<br />

hergestellt:<br />

- Generelle Pflichtbelegungen werden für<br />

alle Fächer nur auf grundlegendem Niveau vorgeschrieben.<br />

- Pflichtbelegungen für die Kurse auf erhöhtem<br />

Anforderungsniveau und die Abiturprüfung<br />

sollen sich nur auf Aufgabenfelder<br />

oder umfassendere Teile von Aufgabenfeldern<br />

beziehen, nicht aber auf einzelne Fächer.<br />

- Grundlegende Kompetenzen in Deutsch<br />

und den Fremdsprachen werden in allen<br />

Fächern erworben.<br />

6. Weitere Rahmenvorgaben, die geregelt<br />

werden sollten:<br />

- Konzepte zur Verbesserung der Studierfähigkeit<br />

werden verpflichtend gemacht:<br />

Portfolioarbeit, Methodencurriculum, Seminarfach,<br />

Präsentationsprüfungen, besondere Leistungen<br />

- Feste Vorgaben für die Berufsorientierung<br />

sowie Konzepte zur Vorbereitung auf eine be-<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

262


ufliche Ausbildung nach der Allgemeinen<br />

Hochschulreife werden Bestandteil der Richtlinien<br />

und gute Modelle werden veröffentlicht.<br />

- Maßnahmen, die die Persönlichkeitsentwicklung<br />

der Jugendlichen fördern, werden<br />

fester Bestandteil der Oberstufenarbeit.<br />

- Konzepte für den Umgang mit der zunehmenden<br />

Heterogenität der Bildungsvoraussetzungen<br />

aufgrund unterschiedlicher schulischer<br />

Bildungswege, unterschiedlicher sozialer,<br />

kultureller Herkunft und unterschiedlicher<br />

Genderdefinitionen werden entwickelt.<br />

- Andere Wege zur allgemeinen Hochschulreife<br />

und Modelle für „kleine Oberstufen“,<br />

die die allgemeinen Vorgaben erfüllen, werden<br />

in allen Bundesländern ermöglicht.<br />

Begründung<br />

Zu 1. Diese Regelung sorgt für eine hinreichend<br />

lange Phase kontinuierlicher Arbeit in festen<br />

Gruppen.<br />

Zu 2. Die Einführungsphase dient der Eingewöhnung<br />

in die oberstufenspezifischen<br />

Arbeitsweisen, der Hinführung auf die Qualifikationsphase,<br />

der Angleichung der Lernvoraussetzungen,<br />

der Vorbereitung der Wahlen,<br />

der Festlegung der Schriftlichkeit von Fächern<br />

und der gruppendynamischen Findung in der<br />

Schulstufe. Die Teilnahme ist nicht für alle<br />

Schülerinnen und Schüler in gleicher Weise<br />

notwendig.<br />

Zu 3. und 4. Diese Stundenvolumina sind<br />

notwendig, um eine intensive und breite fachliche<br />

Beschäftigung zu ermöglichen. So sind in<br />

beiden Kursarten angemessene Anteile in<br />

Bezug auf die anspruchsvolleren Stufen der Dimensionen<br />

der Kompetenzen der Bildungsstandards<br />

für das Abitur zu erreichen. (Anforderungsbereich<br />

III)<br />

Zu 5. Schon so sind die allgemeinen fachbezogenen<br />

Kompetenzen in Deutsch, Mathematik<br />

oder der Fremdsprache zu erlangen. Die<br />

einzelnen Fächer der Aufgabenbereiche repräsentieren<br />

diese gleichwertig.<br />

Zu 6. letzter Spiegelstrich: In kleinen Systemen<br />

oder bei geringen Anwahlen bestimmter Fächer<br />

werden Alternativen entwickelt: Kooperationen,<br />

„Huckepack“verfahren, erweiterte<br />

Grundkurse, Aufstockungsverfahren, Selbstlernen<br />

mit Beratung, Projektblöcke.<br />

Zum Hintergrund<br />

Die gymnasiale Oberstufe war und ist ein politisch<br />

stark umkämpfter Bereich, weil sich hier<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

263


die gegensätzlichen Bildungskonzepte einer<br />

selbstbestimmten, kritischen, vertieften<br />

Allgemeinbildung und einer auf weiterführende<br />

Verwertbarkeit abzielenden Ausbildung<br />

gegenüber stehen. 1972 gelang einer<br />

mehrheitlich sozialdemokratisch besetzten<br />

Kultusministerkonferenz ein Durchbruch zu einer<br />

Neugestaltung der gymnasialen Oberstufe<br />

(NGO): Es gab eine Verständigung darüber, dass<br />

exemplarisches wissenschaftspropädeutisches<br />

Arbeiten in allen Fächern möglich sei. Diese<br />

prinzipielle Gleichwertigkeit der Fächer machte<br />

ein Strukturmodell mit zwei sechsstündigen<br />

Leistungskursen und dreistündigen Grundkursen<br />

in einem sprachlich-literarisch-künstlerischen,<br />

einem gesellschaftswissenschaftlichen<br />

und einem mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen<br />

Aufgabenfeld möglich. Dieses<br />

Strukturmodell stellte eine didaktisch begründete<br />

Balance zwischen Konzentration auf<br />

Schwerpunkte und Beschäftigung mit Themen<br />

in der Breite dar. Altersadäquat wurde der Klassenverband<br />

zugunsten eines Kurssystems aufgelöst<br />

und Schülerinnen und Schüler durchaus<br />

umfassende und weitreichende Wahlentscheidungen<br />

für ihren individuellen Bildungsweg<br />

abgefordert. Je nach Größe der Sekundarstufe<br />

II, der jeweiligen personellen und sächlichen<br />

Ausstattung, der örtlichen Traditionen<br />

und Gegebenheiten sowie der Möglichkeiten<br />

zur Kooperation mit benachbarten Oberstufen<br />

hatten die einzelnen Schulen hier mehr oder<br />

weniger zu bieten. Während in Ballungsgebieten<br />

die individuellen Wünsche ggf. auch durch<br />

einen Schulwechsel in berufliche zur Hochschulreife<br />

führende Bildungsgänge realisiert<br />

werden konnten blieben die Wahlmöglichkeiten<br />

– hier gab und gibt es oft nur die Wahl zwischen<br />

verschiedenen Profilen - im ländlichen<br />

Bereich beschränkter, ohne dass das grundsätzliche<br />

Konzept aufgegebenen werden musste.<br />

Dies zusammen machte die Vorstellung einer<br />

zeitgemäßen Vorbereitung auf ein Studium<br />

oder auf eine Berufsausbildung aus.<br />

In den Augen der <strong>GEW</strong> war die NGO keineswegs<br />

ein genialer Entwurf. Trotz aller Kritik war<br />

allerdings unstrittig, dass diese Reform der<br />

gymnasialen Oberstufe von 1972 so grundlegend<br />

war und auf Grund ihrer offenen<br />

Struktur auch an zukünftige gesellschaftliche<br />

Herausforderungen angepasst werden könnte,<br />

dass sich ihre konstruktive Entwicklung lohnen<br />

würde. Insofern haben wir die Einführung der<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

264


NGO mitgetragen.<br />

Die Restaurationsbestrebungen<br />

Anders sahen und sehen dies konservative<br />

Bildungspolitikerinnen und -politiker. Ihre Kritikpunkte<br />

bestanden wesentlich in dem Verdacht<br />

des Ausweichens der Schülerinnen und<br />

Schüler auf so genannte anspruchslosere<br />

Fächer im Rahmen der Wahlmöglichkeiten, des<br />

scheinbaren Verlusts breiter Allgemeinbildung<br />

durch das Konzept der prinzipiellen Gleichwertigkeit<br />

der Fächer und der Möglichkeit für<br />

Schülerinnen und Schüler, sich im Rahmen<br />

zweier Leistungskurse zu spezialisieren, woraus<br />

ihrer Meinung nach eine fehlende Vergleichbarkeit<br />

der im Abitur erbrachten Leistungen<br />

folgte. In der Anfangsphase der Umsetzung<br />

hat es hier sicher auch Schwächen gegeben, da<br />

die bisherigen „Nebenfächer“ zunächst ja eine<br />

deutliche curriculare Entwicklung durchlaufen<br />

mussten, um dasselbe Anforderungsniveau wie<br />

die herkömmlichen „Hauptfächer“ zu erlangen.<br />

Insgesamt wurde durch diese neue Gewichtung<br />

aller Fächer aber eine Erhöhung des Niveaus<br />

erreicht. Einige gesamtgesellschaftlich nicht<br />

dauerhaft vermittelbaren Elemente wie die<br />

vollständige Abwahl von Deutsch wurden in<br />

großer Einmütigkeit rückgängig gemacht.<br />

Inzwischen haben sich aber leider die Traditionalisten<br />

mit ihrer Sichtweise in großem Umfang<br />

durchgesetzt. 1997 beschloss die KMK nach intensivem<br />

Drängen der damals CDU-geführten<br />

Baden-Württembergischen Landesregierung relativ<br />

unkommentiert von der Bildungsöffentlichkeit<br />

eine große Revision der NGO, die aus<br />

unserer Sicht inhaltlich ihrer Abschaffung<br />

gleichkommt, obwohl sie sich formal immer<br />

noch darauf bezieht und auch die Zielsetzungen<br />

der vertieften Allgemeinbildung, der<br />

allgemeinen Studierfähigkeit und der wissenschaftspropädeutischen<br />

Bildung ebenso erhalten<br />

geblieben sind wie die Orientierung an<br />

den drei Aufgabenfeldern.<br />

Zurückgenommen wurde das Konzept der<br />

prinzipiellen Gleichwertigkeit der Fächer.<br />

Stattdessen gibt es wieder die alten Hauptfächer<br />

Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen,<br />

die in besonderer Weise auch für die Abiturprüfung<br />

verpflichtend sind.<br />

Zurückgenommen wurde das Konzept der<br />

Strukturierung des Bildungsgangs in (dreistündige)<br />

Grund- und inzwischen sowieso nur noch<br />

fünfstündige Leistungskurse, die durch exemplarisches<br />

Lernen eine vertiefte Bildung ermög-<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

265


lichen sollten. Stattdessen gibt es insgesamt<br />

mehr Pflicht- und Wahlfächer und die Erteilung<br />

des Unterrichts auf zwei unterschiedlichen Anforderungsniveaus.<br />

Inzwischen überwiegt die<br />

Anzahl der Bundesländer die Konzepte mit drei<br />

vierstündigen Kursen auf erhöhtem Niveau, mit<br />

durchgängiger Belegung „basaler“ Fächer und<br />

eine Heraufsetzung der Fächerzahl und Klausurleistungen<br />

bei gleich gebliebenem Gesamtstundenvolumen<br />

verlangen. Diese Festlegungen<br />

haben eine geringere Stundenzahl der einzelnen<br />

Fächer zur Folge.<br />

Zurückgenommen wurde das Konzept einer individuellen<br />

Profilierung der Schülerinnen und<br />

Schüler auf der Basis von Wahlentscheidungen.<br />

Stattdessen gibt es in vielen Bundesländern zu<br />

Beginn der Qualifikationsphase in der Regel lediglich<br />

die Entscheidung für eins von mehreren<br />

Profilen. Die dann noch möglichen Entscheidungen<br />

zwischen Fächeralternativen sind<br />

eher gering.<br />

Alle diese Entwicklungen führen nicht zu Leistungssteigerungen<br />

oder einer wie auch immer<br />

gearteten Qualitätszunahme im Abitur (siehe<br />

die TOSCA-Studie), sie führen auch nicht zu<br />

mehr Abiturientinnen und Abiturienten oder<br />

der Reduzierung von schichtenspezifischen<br />

oder kulturell bedingten Selektionsbeschränkungen.<br />

Sie sind Ausdruck eines konservativen<br />

Bildungs- und Leistungsverständnisses<br />

mit allen bekannten Folgen.<br />

Zusammenfassend lautet unsere Kritik:<br />

Die allgemeinbildende gymnasiale Oberstufe<br />

wird in inhaltlicher, didaktischer und methodischer<br />

Hinsicht zunehmend zu einer Verlängerung<br />

der Sekundarstufe I und bereitet in enger<br />

werdender Weise auf das nachfolgende Bachelorstudium<br />

vor ohne je eine angemessene<br />

fachliche Tiefe und eine vertiefte<br />

Allgemeinbildung zu vermitteln.<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

266


3.39 Weiterentwicklung der gymnasialen<br />

Oberstufe an Gymnasien und<br />

Gesamtschulen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Erledigt bei Annahme des Antrags 3.38<br />

Antragsteller: BFGA Gesamtschulen<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich für die Weiterentwicklung<br />

der gymnasialen Oberstufe an Gymnasien und<br />

Gesamtschulen ein:<br />

1. Die Verweildauer an gymnasialen Oberstufen<br />

der Gymnasien und Gesamtschulen muss<br />

flexibilisiert werden. SchülerInnen sollen während<br />

ihres Besuchs an gymnasialen Oberstufen<br />

entscheiden können, ob sie die gymnasiale<br />

Oberstufe in zwei, drei oder vier Jahren<br />

durchlaufen wollen.<br />

2. Die Schwerpunktsetzung im individuellen<br />

Curriculum soll über zwei mindestens fünfstündige<br />

Leistungskurse mit hoher Gewichtung in<br />

der Gesamtqualifikation sowie dreistündige<br />

Grundkurse ermöglicht werden.<br />

3. Die Leistungskurse können frei innerhalb der<br />

Aufgabenfelder gewählt werden.<br />

4. Die gymnasiale Oberstufe beginnt nach Abschluss<br />

der Sekundarstufe I in Jahrgang 11.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

267


3.40 Schulzeit bis zum Abitur<br />

Antragsteller: BFGA Gymnasien<br />

<strong>Das</strong> Gymnasium muss grundsätzlich flexible<br />

Lernzeiten möglich machen, denn auch das<br />

Gymnasium hat die Aufgabe, dafür zu sorgen,<br />

dass Heterogenität nicht zur Selektion führt. An<br />

die Stelle von G 8 als Regelfall tritt eine flexible<br />

Schulzeit mit der Möglichkeit, Lernzeit zu individualisieren.<br />

In der Sekundarstufe I müssen sich die Rahmenbedingungen<br />

für Lehrende und Lernende<br />

verbessern (z. B. Senkung der Klassenmesszahl,<br />

Lernförderung). Mit dem Ende der Jahrgangsstufe<br />

10 schließt die Sekundarstufe I mit den<br />

Anforderungsprofilen des Mittleren Schulabschlusses<br />

ab.<br />

In der Sekundarstufe II ist eine Reform nötig.<br />

Die Sek. II wird in 2 - 4 Jahren durchlaufen. Es<br />

gibt eine flexible Einführungsphase, die übersprungen<br />

werden kann. Die Qualifikationsphase<br />

dauert 2 - 3 Jahre. Die Sekundarstufe II<br />

endet mit dem Erwerb des Abiturs als<br />

allgemeine Hochschulreife.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert Pilotprojekte zur Weiterentwicklung<br />

des Gymnasiums, die diesen<br />

Grundsätzen entsprechen.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Erledigt bei Annahme der Anträge 3.37 und<br />

3.38<br />

Begründung<br />

Eines der dominierenden Themen in der öffentlichen<br />

Diskussion war die Frage der Schulzeit<br />

(am Gymnasium) bis zum Abitur. Sehr oft werden<br />

von Eltern- und Schülerverbänden im Westen<br />

Änderungen der derzeitigen Regelungen<br />

(G8) gefordert und viele Bundesländer haben<br />

schon individuelle Neuregelungen vorgenommen<br />

oder planen diese.<br />

Aus unserer Sicht ist das ursprüngliche Hauptziel<br />

des früheren Eintritts in das Berufsleben<br />

der Abiturientinnen und Abiturienten durch andere<br />

gesellschaftliche Entwicklungen überholt<br />

worden und rechtfertigt die beobachtbaren<br />

Nachteile der generell kürzeren Schulzeit bis<br />

zum Abitur für die Bildung und die gesellschaftliche<br />

Arbeit Jugendlicher in keiner Weise.<br />

Individuellere Regelungen werden der Heterogenität<br />

und einem demokratischen Menschenbild<br />

eher gerecht als starre formale Regelungen.<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

50<br />

268


Eine verbesserte Kompatibilität zwischen den<br />

länderspezifischen Regelungen ist in Anbetracht<br />

der größer werdenden Mobilität in der<br />

Gesellschaft von eminenter Bedeutung.<br />

Bei den aktuellen Modellen stehen die vermeintlichen<br />

Vermarktungsansprüche der „Wirtschaft“<br />

bzw. der „Gesellschaft“ und die<br />

erwünschte längere Lebensarbeitszeit, die<br />

höhere Einnahmen für die sozialen Sicherungssysteme<br />

bedeutet, im Vergleich zu den<br />

„Bildungsansprüchen“ der jungen Generation<br />

und der Nachhaltigkeit ihrer Bildung eindeutig<br />

im Vordergrund. Diese Ansprüche widersprechen<br />

aus unserer Sicht auch dem Idealtypus<br />

des Staatsbürgers mit einer breiten<br />

Allgemeinbildung.<br />

Dabei gibt es unseres Wissens nach nur ein<br />

zentrales Argument für die Verkürzung der<br />

Schulzeit: Die deutschen Abiturientinnen und<br />

Abiturienten sind älter als die vergleichbaren<br />

Absolventinnen und Absolventen in anderen<br />

europäischen Ländern und dadurch im Wettstreit<br />

um die besten Arbeitsplätze benachteiligt.<br />

Sie haben für die Zulassung zum (Bachelor-)<br />

Studium ein Jahr länger als notwendig<br />

gelernt.<br />

Erste Korrekturen<br />

Als Reaktion auf die massiven Proteste mehren<br />

sich aktuell in verschiedenen Bundesländern<br />

die Anzeichen des Rückzugs oder der Korrektur:<br />

• Der Umfang der Lerninhalte musste in allen<br />

Ländern deutlicher als in den ursprünglichen<br />

Planungen verringert werden, was aber die<br />

Stofffülle nicht entscheidend verminderte.<br />

• Es werden organisatorische Festlegungen<br />

getroffen (z.B. Reduzierung der Hausaufgaben,<br />

Förderunterricht nur für Teilgruppen statt der<br />

gesamten Lerngruppe), die eine Arbeits(zeit)<br />

entlastung der Schüler bewirken sollen.<br />

• Die von der KMK vorgeschriebenen 265<br />

Wochenstunden im Laufe der Sekundarstufe,<br />

die Grundlage des Bildungsgangs bis zum Abitur<br />

sind, werden oft nur durch Rechentricks erreicht:<br />

individuelle Förderkurse, Vertiefungskurse,<br />

Projektkurse können gewählt werden,<br />

sind aber nicht für alle Schülerinnen und<br />

Schüler verpflichtend. Auch endet der Unterricht<br />

im Abiturprüfungshalbjahr vielerorts<br />

schon nach einem Zeitquartal oder früher (RP).<br />

• In Bayern und Schleswig-Holstein wurden<br />

für den ersten G8-Jahrgang in der zentralen<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

269


Prüfung 2011 die Bedingungen zum Bestehen<br />

des Abiturs erleichtert.<br />

• In Nordrhein-Westfalen konnten Schulen<br />

auf Antrag mit Beginn des Schuljahres 2011/12<br />

zu einem G9-Gymnasium „zurückkehren“, das<br />

ein deutlich ausgeweitetes Stundenvolumen<br />

bietet.<br />

• In Schleswig-Holstein gibt es G9- und G8-<br />

Gymnasien und Gymnasien, die beide Schulbesuchszeiten<br />

ermöglichen. Auch in Hessen werden<br />

Vorbereitungen getroffen, solche Modelle<br />

einzuführen.<br />

• In Baden-Württemberg werden ab dem<br />

Schuljahr 2012/13 in einem vorgeblichen<br />

„Modellversuch“ auch wieder neunjährige<br />

Gymnasialzüge ohne Nachmittagsunterricht<br />

angeboten, deren Konzepte sich in der Entwicklung<br />

befinden aber eine große Nähe zu den<br />

früheren „Halbtagsgymnasien“ haben. Einige<br />

Gymnasien haben die Initiative für das „Abitur<br />

im eigenen Takt“ ergriffen und wollen dies als<br />

bundesweiten Modellversuch verbreiten.<br />

• Sogar in Bayern gibt es solche Bestrebungen:<br />

Durch ein Brückenjahr oder ein Flexibilisierungsjahr<br />

wird die Sekundarstufe I erweitert<br />

und an die individuellen Bedürfnisse der<br />

Schülerinnen und Schüler angepasst: Sowohl<br />

leistungsstarke als auch leistungsschwache<br />

Schülerinnen und Schüler sollen besonders<br />

gefördert werden. Alle aufgeführten Wirkungen<br />

konnten schon bisher im G9-Gymnasium erbracht<br />

werden.<br />

Professor von Saldern hat dies so zusammengefasst:<br />

„<strong>Das</strong> Bedauerlichste an diesem ganzen<br />

Vorgehen ist die erneute Erkenntnis, dass derartige<br />

massive Eingriffe […] nicht in Ruhe vorher<br />

durchdacht werden und/oder mithilfe von<br />

Szenarientechniken […] simuliert wird, was passieren<br />

könnte.“<br />

Probleme der verkürzten Zeit bis zum Abitur<br />

Neben den Hinweisen auf die üblichen<br />

Anfangsschwierigkeiten, die bei einer solch<br />

großen Reform natürlich nicht ausbleiben und<br />

sich in den praktischen Umsetzungen im Schulalltag<br />

zeigten (fehlende Bücher, keine Mittagsbetreuung,<br />

unangepasste Lehrpläne, Terminkonflikte<br />

zwischen Schule und außerschulischen<br />

Institutionen), haben wir und andere immer<br />

wieder grundlegende Bedenken geäußert:<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

Die kürzere Schulzeit beeinträchtigt Bildungschancen<br />

270


• Da die KMK einerseits ein Stundenvolumen<br />

von 265 Unterrichtsstunden vorschreibt und<br />

andererseits durch Bildungsstandards und EPAs<br />

inhaltliche Vorgaben macht, führt die kürzere<br />

Schulzeit zu einer Belastungsverdichtung für<br />

die Schülerinnen und Schüler. Die wöchentliche<br />

Pflichtstundenzahl steigt schon ab der Klasse 5<br />

deutlich an und die in diesen Stunden abzuarbeitende<br />

Stofffülle wird ebenfalls verdichtet.<br />

Wenn man nun noch bedenkt, dass für den<br />

zukünftigen gesellschaftlichen und beruflichen<br />

Erfolg die Kompetenzerwartungen im methodischen<br />

und personalen Bereich deutlich gestiegen<br />

sind, so werden die Belastungen der<br />

Jugendlichen noch deutlicher: Wegen des enormen<br />

Leistungs- und Zeitdrucks können die Vorgaben<br />

nur begrenzt erfüllt werden.<br />

• Bei der durch die Kürzung in den Stundentafeln<br />

notwendigen Reduzierung der Lerninhalte<br />

und Themen sind wichtige und<br />

komplexe Themen oder Wiederholungen auf<br />

einem höheren Anspruchsniveau gestrichen<br />

worden, deren Bildungsgehalt zur Bewältigung<br />

zukünftiger Aufgaben notwendig oder wenigstens<br />

förderlich wäre. Somit führt nach von Saldern<br />

die Kürzung von Lerninhalten zur Verringerung<br />

von Zukunftschancen.<br />

• In die gleiche negative Richtung wirkt das<br />

notwendig gewordene Vorziehen von Inhalten<br />

insbesondere aus der früheren 10. Klasse und<br />

dem sich daraus ergebenden Dominoeffekt,<br />

dass andere Inhalte in die jeweilig frühere<br />

Klasse verschoben werden. Dadurch passen<br />

viele Themen und Methoden, die auch zuvor<br />

schon verfrüht „drankamen“, nicht mehr zum<br />

Entwicklungsstand der Jugendlichen. Sie werden<br />

in der auslaufenden Pubertät mit Abstraktionsgraden<br />

konfrontiert, die sie deutlich<br />

überfordern, ihnen die Freude am Lernen nehmen<br />

und so ganze Bereiche der Entwicklung<br />

und des Lernens beeinträchtigen.<br />

• In der Folge der kürzeren Schulzeit bis zum<br />

Abitur hat die 10. Jahrgangsstufe am Gymnasium<br />

eine Doppelfunktion erhalten, die sie<br />

von denselben Klassen anderer Schulformen<br />

deutlich abgrenzt, was in der Bezeichnung als<br />

Einführungsphase in die gymnasiale Oberstufe<br />

deutlich wird. Ohne einen Mittleren Schulabschluss<br />

werden die Schülerinnen und Schüler in<br />

Inhalten und mit Methoden unterrichtet, die<br />

zur Oberstufe gehören und die Grundlage für<br />

die (zentralen) Abiturprüfungen darstellen. Den<br />

mittleren Schulabschluss erreichen sie mit der<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

271


Versetzung in die Qualifikationsphase oder bei<br />

geringen Abstrichen auch ohne die Versetzung.<br />

• Alle aufgeführten Belastungen verstärken<br />

bei männlichen Jugendlichen – und im Besonderen<br />

bei Jungen mit Migrationshintergrund<br />

- den Trend, dass sie mit den notwendigen<br />

„Paukprozessen“ an den sprachenbetonten<br />

Gymnasien nicht mehr zurechtkommen.<br />

Die verkürzte Schulzeit verringert die Bildungschancen<br />

dieser Personengruppe in besonderem<br />

Maße.<br />

Die kürzere Schulzeit beeinträchtigt die<br />

Lebensgestaltung<br />

• Aus der dargestellten hohen zeitlichen, intellektuellen<br />

und psychischen Belastung der<br />

Schülerinnen und Schüler ist offensichtlich,<br />

dass andere Aktivitäten eingeschränkt werden<br />

müssen. Es wurde schon von Befragungen berichtet<br />

, die einen signifikanten Unterschied in<br />

den außerschulischen Aktivitäten im sozialen<br />

oder sportlichen Bereich zwischen der G8-Generation<br />

und früheren Jahrgängen aufzeigen.<br />

Hier wird das Leben junger Menschen alleine<br />

auf ihre zukünftigen beruflichen Aufgaben hin<br />

definiert und nicht als eigenständiger Wert verstanden.<br />

Insbesondere sportliche, künstlerische<br />

und soziale Tätigkeiten werden nicht länger in<br />

dem Maße wie bisher ausgeübt, was die freie<br />

Entfaltung des Einzelnen in erheblichem Maße<br />

reduziert. Auch die Mitarbeit in Schülerzeitungen<br />

hat nachgelassen, was beispielhaft eine<br />

verminderte gesellschaftliche und politische<br />

Teilhabe signalisiert.<br />

• Von diesen negativen Veränderungen sind<br />

insbesondere Schülerinnen und Schüler aus<br />

dem mittleren Leistungsbereich betroffen, da<br />

sie für das Weiterkommen auch außerhalb der<br />

Schule viel Zeit investieren müssen und so die<br />

freiwilligen Angebote der Schule oder der sonstigen<br />

Institutionen (Vereine, Kirchen) nicht nutzen<br />

können.<br />

• Die sachlogischen Veränderungen in den<br />

Schulen durch die verkürzte Schulzeit erfordern<br />

faktisch eine Ganztagsschule an mindestens<br />

drei oder vier Tagen, die aber zu oft nicht konzeptionell<br />

durchdacht wird. Es fehlen sowohl<br />

pädagogische Konzepte als auch die räumliche<br />

und sächliche Ausstattung. Diese Probleme<br />

ergeben sich oft in der Folge der Trennung in<br />

äußere und innere Schulangelegenheiten, da<br />

die Kommunen nicht die Mittel haben oder bereitstellen<br />

wollen, die der bildungspolitisch beschlossene<br />

Ganztag benötigt. Die Schulzeitver-<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

265<br />

272


kürzung erfordert eine Ganztagsschule, die<br />

über ein tragfähiges pädagogisches, personelles<br />

und materielles Konzept verfügt.<br />

Die kürzere Schulzeit verstärkt die soziale<br />

Selektion<br />

• Alle negativen Folgen der benannten Veränderungen<br />

und der tatsächlichen Probleme<br />

wirken stärker auf Jugendliche, die im Elternhaus<br />

keine große finanzielle oder bedeutsame<br />

ideelle Unterstützung erfahren. <strong>Das</strong> erfolgreiche<br />

Durchlaufen des gymnasialen Bildungsgangs<br />

wird stärker als schon in früheren<br />

Studien nachgewiesen davon abhängen, welche<br />

wirtschaftliche Situation oder welche intellektuellen<br />

Möglichkeiten das Elternhaus hat.<br />

Die Nachhilfe durch entsprechende Institute<br />

oder durch die eigenen Eltern bevorzugt die<br />

entsprechenden gesellschaftlichen Schichten<br />

und benachteiligt Jugendliche, die diese Unterstützung<br />

nicht erfahren.<br />

• So kann zumindest über den gymnasialen<br />

Bildungsgang die notwendige und angestrebte<br />

Erhöhung der Abiturientenquote nicht erreicht<br />

werden. Ob die anderen zur allgemeinen Hochschulreife<br />

(AHR) führenden Schulformen und<br />

Bildungsgänge diesen Mangel in nennenswertem<br />

Maße ausgleichen können, ist derzeit nicht<br />

abzusehen, da es diese Wege nicht in allen<br />

Bundesländern in ausreichender Zahl gibt.<br />

• Die Verdichtungen des Unterrichtsstoffs bei<br />

der verkürzten Schulzeit am Gymnasium wirken<br />

ja fast ausschließlich in der Sekundarstufe I und<br />

machen einen nachträglichen Wechsel aus einer<br />

anderen Schulform in den gymnasialen<br />

Bildungsgang zu einem fast unüberwindlichen<br />

Hindernis und zu einem großen Risiko. Um die<br />

Möglichkeit eines Wechsels formal aufrecht zu<br />

erhalten, müssen die Schülerinnen und Schüler<br />

dieser Schulen in der 6. Klasse die zweite<br />

Fremdsprache erlernen, was diesen schulischen<br />

Bildungsgängen und dem individuellen<br />

Profil der Schülerinnen und Schüler zu oft nicht<br />

entspricht.<br />

<strong>Das</strong> Gymnasium wird erneut und verstärkt von<br />

den anderen Schulformen abgeschottet.<br />

Die kürzere Schulzeit verstärkt Privatisierungstendenzen<br />

• Aus den aufgeführten erhöhten Belastungen<br />

ergibt sich für viele Schülerinnen und<br />

Schüler die Notwendigkeit einer fachgerechten<br />

zusätzlichen Unterstützung. Hier wird neben<br />

schulinternen Maßnahmen (indviduelle Förde-<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

315<br />

320<br />

273


ung, Tutorien) ein wachsender Nachhilfemarkt<br />

entstehen, der die schon vorhandenen Privatisierungstendenzen<br />

des Bildungs- und Ausbildungssektors<br />

verstärkt.<br />

• Auf lange Sicht könnte die Schulzeitverkürzung<br />

eine Sparstrategie werden, wenn in<br />

der Folge der Proteste doch die verpflichtende<br />

Unterrichtsstundenzahl reduziert oder diese individualisert<br />

wird.<br />

325<br />

330<br />

274


3.41 Forderungen zum Erwerb der<br />

allgemeinen Hochschulreife<br />

Antragsteller: BFGA Gymnasien<br />

Wir lehnen eine weitere Zentralisierung von<br />

Prüfungen ab, befürworten aber die durch die<br />

Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss<br />

und das Abitur sich ergebenden Angleichungen<br />

der Kompetenzen.<br />

Unabhängig davon fordern wir, dass<br />

• die Anzahl der Prüfungen in klassischer<br />

Form nicht erhöht wird.<br />

• die soziale Selektion, die durch die Abiturprüfung<br />

verstärkt wird, durch neue Prüfungsformen<br />

vermindert wird.<br />

• die innovativen Potenziale und Kompetenzen<br />

in der Lehrerschaft zur Weiterentwicklung<br />

des Unterrichts und der Prüfungen genutzt<br />

werden.<br />

• die öffentliche Hand ihrer Verantwortung<br />

für die Bildung unserer Kinder uneingeschränkt<br />

gerecht wird.<br />

• die mit den verschiedenen Prüfungen verbundenen<br />

Arbeits- und Zeitbelastungen bei<br />

den Lehrerinnen und Lehrern angemessen anerkannt<br />

werden.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme in folgender Fassung:<br />

Annahme der Zeilen 1 – 12 und 20 – 23.<br />

Begründung<br />

In den zurückliegenden Jahren seit 2005 wurden<br />

auch in den Bundesländern, die traditionell<br />

dezentrale Abiturprüfungen mit unterschiedlichen<br />

Vergleichbarkeitsmaßnahmen durchgeführt<br />

hatten, teilzentrale oder landeszentrale<br />

Abiturprüfungen eingeführt. Außerdem bringen<br />

Politiker aus den Südländern (Baden-Würtemberg,<br />

Bayern, Sachsen-Anhalt, Thüringen,<br />

Sachsen) oder aus konservativen Kreisen wie<br />

der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft<br />

e. V. sowie die CDU auf Ihrem Bundesparteitag<br />

2011 im Beschluss „Bildungsrepublik Deutschland“<br />

immer wieder verschiedene Varianten<br />

bundeseinheitlicher Abiturprüfungen ins Gespräch.<br />

Wir als Bundesfachgruppe Gymnasium haben<br />

uns zusammen mit der Bundesfachgruppe Gesamtschulen<br />

schon auf der Tagung zum Zentralabitur<br />

im September 2007 in Solingen kritisch<br />

und überwiegend ablehnend mit den verschiedenen<br />

Formen der landeszentralen Abiturprüfungen<br />

auseinandergesetzt und führen dies<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

275


hier fort.<br />

50<br />

Unsere Kritik<br />

Es gibt keine Untersuchungen über die Leistungsfähigkeit<br />

verschiedener Organisationsformen<br />

von Abiturprüfungen. Auch aus den vorliegenden<br />

empirischen Vergleichstests ist nicht<br />

abzuleiten, dass zentrale Abschlussprüfungen<br />

den dezentralen Formen überlegen sind.<br />

Trotzdem werden mit Hinweis auf die Notwendigkeit<br />

der Einhaltung von Standards und von<br />

mehr Vergleichbarkeit inzwischen in fast allen<br />

Bundesländern zentrale oder teilzentrale Abschlussprüfungen<br />

durchgeführt.<br />

Angesichts der hohen Belastung durch die Erstellung<br />

der Abituraufgaben im dezentralen<br />

Abitur identifizieren sich viele Lehrkräfte inzwischen<br />

mit dem Zentralabitur. Die Verantwortung<br />

für die Aufgabenstellung liegt bei einer<br />

höheren Instanz. Dadurch fällt auch der Druck<br />

weg, sich hinsichtlich des Unterrichts und des<br />

Anforderungsniveaus der Klausuren rechtfertigen<br />

zu müssen.<br />

Wenn aber die Einheit von Unterricht und<br />

Prüfung aufgehoben wird, so hat das erhebliche<br />

Konsequenzen für die verschiedenen Dimensionen<br />

des Lehrens und Lernens. Eine<br />

Folge ist die Umschichtung von Ressourcen hin<br />

zu den zentralen Prüfungskommissionen, die<br />

dann in der Schule fehlen. Andererseits führt es<br />

zur Entwertung der Arbeit der Unterrichtenden,<br />

weil sie für einen wesentlichen Teil der<br />

Abiturprüfung – die Aufgabenerstellung – die<br />

Verantwortung verlieren.<br />

Teaching to the test<br />

In zentralen Prüfungen wird überwiegend standardisierbares<br />

Wissen und Können abgefragt,<br />

da nur so eine landesweite Aufgabenstellung<br />

möglich ist. Dies führt dazu, dass die<br />

Lehrkräfte, die für ihre Schülerinnen und<br />

Schüler ein erfolgreiches Abitur erreichen wollen,<br />

im Unterricht vor allem diese Fähigkeiten<br />

vermitteln. Die Vermittlung prozessorientierter,<br />

methodischer und kritischer Kompetenzen wird<br />

zwangsläufig auch wegen des zunehmenden<br />

zeitlichen Drucks vernachlässigt.<br />

Die <strong>GEW</strong> ist der Ansicht, dass der Erwerb von<br />

kognitiven, personalen, sozialen und emotionalen<br />

Fähigkeiten, wie sie in der KMK-Vereinbarung<br />

zur gymnasialen Oberstufe von 1972 als<br />

Grundlage für die Studier- und Berufsfähigkeit<br />

genannt sind, eines Lernumfeldes bedarf, das<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

276


nicht beherrscht wird von Stofffülle und<br />

Prüfungsdruck. Standards auf der Basis von Inhaltskatalogen<br />

sind mit dem Ziel der Entwicklung<br />

von Kompetenzen nicht vereinbar.<br />

Die Form der Abiturprüfung ist daran zu messen,<br />

ob sie in der gymnasialen Oberstufe Raum<br />

lässt für den Erwerb der gesellschaftlich geforderten<br />

nicht schriftlich abprüfbaren Kompetenzen<br />

und wie weit sie in der Lage ist, dies<br />

nachzuweisen.<br />

Die Chancengleichheit wird nicht verbessert<br />

Landläufig wird dem Zentralabitur zugeschrieben,<br />

dass es eine Vergleichbarkeit der Abiturleistungen<br />

erreicht. Aufgrund der ihm zugrunde<br />

liegenden transparenten Anforderungen<br />

und Bewertungsmaßstäben sorge es im<br />

Vergleich zu dezentralen Prüfungen für größere<br />

Prüfungsgerechtigkeit. Der einzig uns bekannte<br />

empirische Hinweis in diesem Zusammenhang<br />

ist der TIMS-Studie (Third International Mathematics<br />

and Science Study) aus dem Jahr 1998<br />

zu entnehmen. Daraus geht hervor, dass es keinen<br />

eindeutig überlegenen Weg gibt. Unabhängig<br />

von der Prüfungsform unterrichten<br />

und bewerten Lehrerinnen und Lehrer auf sehr<br />

unterschiedliche Weise.<br />

Sicher ist aber, dass jede zentrale Prüfung ein<br />

Ranking von Schülerleistungen ermöglicht und<br />

nahelegt, dieses auf Lehrerleistungen oder die<br />

Ergebnisse von Schulen auszuweiten. Nach<br />

dem Muster der Exzellenzinitiativen an Hochschulen<br />

wäre es durchaus denkbar, eine Schule,<br />

die im Ranking gut abschneidet, materiell zu<br />

honorieren und mit einem entsprechenden<br />

werbewirksamen Zertifikat auszustatten. Ein<br />

solcher Anreiz könnte Schulen dazu motivieren,<br />

missliebige oder leistungsschwache Schülerinnen<br />

und Schüler zugunsten von Jugendlichen<br />

aus bildungsbewussten und materiell gut gestellten<br />

Familien abzuweisen. Da schulische<br />

Leistungen und das Erreichen von Abschlüssen<br />

in Deutschland aber bereits heute in hohem<br />

Maß mit der sozialen Herkunft korrelieren,<br />

würden solche Maßnahmen bestehende Benachteiligungen<br />

verschärfen.<br />

Innovationen werden nicht umgesetzt<br />

Die Kultusministerkonferenz hat sich zum Ziel<br />

gesetzt, durch verbindliche Bildungsstandards<br />

eine vergleichbare Entwicklung, Innovation und<br />

Steuerung des Bildungswesens und des Unterrichts<br />

in Deutschland zu erreichen. In ihrer<br />

Veröffentlichung wird formuliert:<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

277


„Mit der „Gesamtstrategie zum Bildungsmonitoring“<br />

und der „Konzeption zur Nutzung der<br />

Bildungsstandards für die Unterrichtsentwicklung“<br />

werden von der Kultusministerkonferenz<br />

Perspektiven aufgezeigt, wie die Bildungsstandards<br />

in den Ländern umgesetzt werden können.<br />

Mit der Konzeption zur Nutzung der<br />

Bildungsstandards für die Unterrichtsentwicklung<br />

erhalten insbesondere die Vertreterinnen<br />

und Vertreter aus den Bildungsverwaltungen,<br />

der Schulaufsicht, der Schulleitung, der Lehrerfortbildung<br />

und den Landesinstituten aller<br />

Länder eine gemeinsame Orientierung für das<br />

Ziel, die Bildungsstandards neben der notwendigen<br />

Überprüfung von Kompetenzen auch<br />

dafür zu nutzen, den Unterricht weiterzuentwickeln.“<br />

Auch über die einheitlichen Prüfungsanforderungen<br />

(EPA), die auf der Basis dieser Konzeption<br />

formuliert wurden, sollten innovative<br />

Wirkungen auf die Abiturprüfung und den darauf<br />

vorbereitenden Unterricht erreicht werden.<br />

Durch neue oder veränderte Unterrichtsinhalte,<br />

durch andere und schüleraktivierende<br />

Fachmethoden, durch ansprechende Präsentationen<br />

und durch einen stärkeren Alltags- und<br />

Realitätsbezug, die in den EPAs vorgegeben<br />

werden, sollen auch die konkreten Abiturprüfungsaufgaben<br />

verändert werden. Aus<br />

fachdidaktischer Sicht werden zahlreiche innovative<br />

Elemente berücksichtigt.<br />

Dies wurde von S. M. Kühn exemplarisch für die<br />

drei naturwissenschaftlichen Fächer (Biologie,<br />

Chemie, Physik) und in vier Bundesländern<br />

(BW, SL, RP, NRW), die in unterschiedlicher<br />

Weise das Zentralabitur eingeführt haben, für<br />

einen Zeitraum zwischen 2007 und 2009 untersucht.<br />

Ihre Ergebnisse wurden umfassend dargelegt<br />

und interpretiert. Sie stellt fest:<br />

• „<strong>Das</strong> innovative Potenzial, das den EPA<br />

zugeschrieben wird, kommt in der tatsächlichen<br />

Praxis nicht an – die Implementation der<br />

modifizierten EPA im Sinne einer Weiterentwicklung<br />

der gymnasialen Oberstufe und<br />

des Abiturs muss auf Grundlage der vorliegenden<br />

Stichprobe als nicht erfolgreich bezeichnet<br />

werden.“<br />

• „Hinsichtlich des vermuteten Innovationspotenzials<br />

zentraler Prüfungsverfahren zeigt die<br />

retrospektive Längsschnittstudie, dass die beiden<br />

traditionell zentral prüfenden Bundesländer<br />

Baden-Württemberg und Saarland eine erhebliche<br />

Konstanz bezüglich der Gestaltung der<br />

Prüfungsaufgaben aufweisen und mit wenigen<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

278


Ausnahmen kaum Veränderungen deutlich<br />

werden. Innovative Aspekte zur Aufgabengestaltung<br />

aus den modifizierten EPA finden nahezu<br />

keine Berücksichtigung.“<br />

• „Hingegen weisen Abituraufgaben aus dezentralen<br />

Verfahren vergleichsweise mehr Veränderungen<br />

auf, wenngleich sich auch hier kein<br />

eindeutiger Trend feststellen lässt. Unter den<br />

dezentral gestellten Abituraufgaben aus jüngster<br />

Zeit finden sich auch einige (wenige) Aufgaben,<br />

die - aus fachdidaktischer Sicht - im Sinne<br />

von Good-Practice-Beispielen konstruiert sind.“<br />

Kommerzialisierung des Bildungswesens<br />

Bereits heute ist deutlich, dass ein normiertes<br />

Abitur beträchtliche ökonomische Potenziale<br />

birgt. Nachhilfeinstitute und Schulbuchverlage<br />

profitieren längst davon.<br />

So bieten die Verlage gedruckte Trainingsmaterialien,<br />

Software und Internetplattformen für<br />

die Abiturvorbereitung in nicht gekanntem Ausmaß<br />

an. Für sie gilt: Je einheitlicher die<br />

Prüfungsanforderungen oder sogar die Aufgabensammlungen<br />

selbst sind, umso lukrativer ist<br />

das Geschäft. Mit weiterer Normierung der<br />

Abituranforderungen dürften Internet basierte<br />

kostenpflichtige E-Learning-Angebote auch als<br />

Ersatz für Unterricht im Sinne von „blended<br />

learning“ an Bedeutung gewinnen. Diese werden<br />

von der Lehrerschaft dann eher genutzt,<br />

wenn sie aufgrund wechselnder und überhöhter<br />

sowohl inhaltlicher als auch zeitlicher Anforderungen<br />

an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit<br />

arbeiten müssen. Dabei wird die<br />

Bedeutung der persönlichen Identifikation der<br />

Lehrkraft mit Inhalten und Methoden für den<br />

Lernerfolg aber grundlegend missachtet.<br />

Die großen Medienkonzerne haben bereits<br />

weitergehende Initiativen ergriffen, indem sie<br />

Instrumente für die Evaluation von Schulen bereitstellen,<br />

z. B. SEIS von Bertelsmann. Sie haben<br />

begonnen, die Schulentwicklung auf ihre<br />

Ziele auszurichten, außerschulische Zertifikate<br />

anzubieten und sogar eigene Schulen zu gründen.<br />

Internationale Unternehmen, die Tests für den<br />

Bildungsbereich entwickeln und vermarkten,<br />

stehen in den Startlöchern. So bietet das weltweit<br />

operierende australische Unternehmen<br />

ACER Schülerleistungs- und Hochschuleingangstests<br />

an. Der amerikanische Educational<br />

Testing Service (ETS) ist mit dem TOEFL-Test für<br />

englische Sprachkompetenz ebenfalls längst<br />

weltweit im Geschäft. Die Angebote sind umso<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

265<br />

279


gewinnträchtiger, je weniger sich die Prüfungen<br />

unterscheiden. International arbeitet die EU<br />

den Unternehmen zu, indem sie mit großer<br />

Dynamik die Vereinheitlichung des europäischen<br />

Bildungsraums betreibt. Hier zeigt sich<br />

erneut, dass der beabsichtigte Nutzen für die<br />

Mobilität der Bürger auch kommerziellen Interessen<br />

anderer Akteure in die Hände spielt.<br />

Unsere Kritik an neuen Vergleichsprüfungen<br />

Eine adhoc-Maßnahme bundesweit jeweils<br />

10% des Abiturs in Form von Rechtschreib-,<br />

Fremdsprachen und Mathematiktests abzuwickeln,<br />

wie sie von der Vereinigung der Bayerischen<br />

Wirtschaft vorgeschlagen wurde, entwertet<br />

die umfangreichen Anstrengungen zur<br />

Schaffung von Vergleichbarkeit der landeszentralen<br />

Abiturprüfungen durch die bundesweiten<br />

Bildungsstandards und die Entwicklung von<br />

Instrumenten zur Aufgabenerstellung und Aufgabenbeurteilung<br />

durch Beurteilungsraster und<br />

Aufgabenbeispiele. Sie verursacht eine zusätzliche<br />

enorme Prüfungsbelastung der Schülerinnen<br />

und Schüler und eine weitere Korrekturbelastung<br />

der Lehrerinnen und Lehrer.<br />

Zudem deuten die Darstellungen darauf hin,<br />

dass hierbei komplexe Prüfungsaufgaben zugunsten<br />

einheitlicher grundlegenderer und<br />

leichter einheitlich zu formulierender und zu<br />

bewertender Aufgaben verdrängt werden. Es<br />

erfolgt eine besondere Betonung der Bedeutung<br />

„basaler“ Fächer gegenüber anderen für<br />

die individuelle Lebensplanung wichtiger Fächerbereiche<br />

und eine weitere Aufweichung der<br />

Gleichwertigkeit der Fächer, wie sie ursprünglich<br />

im KMK-Beschluss zur reformierten Oberstufe<br />

grundgelegt ist.<br />

Ein weiteres Problemfeld ist eine vermutlich<br />

geringe Wirksamkeit, da diese Prüfung nur einen<br />

zehnprozentigen Anteil an drei Fächern<br />

ausmacht. Bei auftretenden Fehlern oder Ungenauigkeiten<br />

in der Aufgabenstellung, wie sie<br />

zuletzt bei den zentralen Abiturprüfungen z.B.<br />

in NW oder SL vorgekommen sind, ergeben sich<br />

weitreichende Konsequenzen für die Bearbeitung<br />

durch die Schülerinnen und Schüler und<br />

deren Beurteilung,<br />

Unsere Positionen zu den Bildungsstandards<br />

für die AHR<br />

Am 09.03.2012 hat die KMK den Prozess zur<br />

Implementation der Bildungsstandards für die<br />

AHR und die Erstellung einer umfangreichen<br />

Aufgabensammlung für die Abiturprüfung be-<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

315<br />

280


schlossen, um die bundesweite Vergleichbarkeit<br />

des Abiturs zu sichern. Dieser sah<br />

eine Beschlussfassung im Herbst des Jahres vor,<br />

was auch erfolgt ist. Für die Verbändeanhörung<br />

bei der KMK im Dezember 2011 hatte sich die<br />

<strong>GEW</strong> mit einem Beschluss des GV positioniert,<br />

den wir inhaltlich wesentlich gestaltet hatten.<br />

Bildungsstandards und dezentrale Prüfungen<br />

„Die vorgelegten Bildungsstandards stellen eine<br />

brauchbare Möglichkeit dar, das kompetenzorientierte<br />

Lernen in der gymnasialen Oberstufe<br />

sowie die an Kompetenzen orientierte Beurteilung<br />

von Schülerinnen und Schülern in der Abiturprüfung<br />

voranzutreiben, ohne regionale,<br />

örtliche oder individuelle Besonderheiten zu<br />

gering zu achten oder gar vollständig zu verdrängen.<br />

In dieser Hinsicht sind die Standards<br />

nicht nur für die länderspezifischen Bildungspläne,<br />

die schulinternen Lehrpläne und in der<br />

Folge für die konkrete Unterrichtsgestaltung<br />

durch die Lehrkräfte in Abstimmung mit ihren<br />

Lerngruppen vorteilhaft sondern auch systematisch<br />

richtiger als zentrale Prüfungen. Kompetenzbeschreibungen<br />

und kompetenzorientierte<br />

Prüfungen sind allgemeingültig, nachhaltig, zukunftsfähig<br />

und validierbar, während konkrete<br />

Wissens- oder Könnensvorgaben oder -prüfungen<br />

nur eingeschränkt wirksam sind.<br />

Die <strong>GEW</strong> unterstreicht ihre Auffassung, dass die<br />

Abiturstandards diese positive Wirkung am<br />

ehesten in einem dezentralen Abitur entfalten<br />

können. Aber auch zentrale Landesabiture können<br />

auf der Basis der Standards offen und<br />

flexibel gestaltet werden und auf die Vorgabe<br />

einheitlicher Prüfungsaufgaben verzichten.“<br />

Der vorgesehene Aufgabenpool bietet<br />

vielfältige Möglichkeiten und Orientierung und<br />

ist sowohl für Lehrende als auch Lernende hilfreich.<br />

Steuerungswirkung der Bildungsstandards<br />

„Die Bildungsstandards für die AHR sind zumindest<br />

für Personen, die in der Entwicklung von<br />

Bildungsplänen oder an der Aufgabenerstellung<br />

für die (zentralen) Abiturprüfungen tätig sind,<br />

hilfreich und geeignet, outputorientiert zu<br />

arbeiten und ihre Arbeitsergebnisse einzuordnen<br />

und zu beurteilen. Für den einzelnen Lehrer<br />

bzw. die einzelne Lehrerin oder gar die interessierte<br />

Öffentlichkeit sind die Darstellungen<br />

in der vorliegenden Form überwiegend nicht<br />

geeignet, da sie neben der Kenntnis der länderspezifischen<br />

Vorgaben eine intensive Einarbei-<br />

320<br />

325<br />

330<br />

335<br />

340<br />

345<br />

350<br />

355<br />

360<br />

365<br />

370<br />

281


tung in die Grundlagen der Standardentwicklung<br />

und -beschreibung sowie in den jeweiligen<br />

fachdidaktischen Diskurs erfordern.“ Dies zeigt<br />

sich auch darin, dass die Entwicklung der<br />

Bildungsstandards selbst bei den Lehrerinnen<br />

und Lehrern kaum wahrgenommen wurde.<br />

„Die <strong>GEW</strong> wiederholt deshalb ihre Forderung<br />

nach einem erläuternden Glossar und einer<br />

verständlicheren Darstellung für die Öffentlichkeit.“<br />

Fehlende Relevanz für die Zukunftsbewältigung<br />

„Eine wesentliche Schwäche der vorgelegten<br />

Entwürfe liegt darin, dass die in der Grundlagenveröffentlichung<br />

'Erläuterungen zur Konzeption<br />

und Entwicklung’ angesprochene gesellschaftliche<br />

Relevanz des Gelernten nicht<br />

aufgegriffen und zu den fachlichen Kompetenzen<br />

in Beziehung gesetzt wird. Auch fehlen ausdrücklich<br />

benannte Zusammenhänge der<br />

Bildungsstandards zur Studier- und Berufsfähigkeit<br />

der Abiturienten sowie ihrer<br />

Persönlichkeitsentwicklung, die sich nicht<br />

automatisch aus den Darstellungen erschließen.<br />

Eine entsprechende Kritik hat die<br />

<strong>GEW</strong> bereits in ihrer 1. Stellungnahme im Jahr<br />

2003 formuliert. Die <strong>GEW</strong> regt an, die auf die<br />

gesellschaftliche und persönliche Relevanz der<br />

Inhalte und Prozesse abzielenden Aspekte<br />

durch eine weitere, nicht operationalisierbare<br />

Dimension 'Bedeutung’ z.B. mit den Kategorien<br />

wirtschaftlich, sozial, kulturell und zukunftsfähig<br />

darzustellen.“ Angesichts der eher fachbezogenen<br />

Ausrichtung der Arbeitsgruppen bei<br />

der KMK sehen wir allerdings kaum Chancen,<br />

dass diese Anregung umgesetzt wird, da selbst<br />

die fachbezogenen Konzepte eine Reihe grober<br />

Schwächen enthielten.<br />

Einseitige Bevorzugung „basaler“ Fächer<br />

„Durch die jetzt vorgelegten Abiturstandards<br />

für Deutsch, Mathematik und Erste Fremdsprache<br />

erfolgt erneut eine besondere Betonung<br />

und eine bevorzugte Behandlung der sogenannten<br />

Kernfächer, die basale Fertigkeiten<br />

vermitteln. […] Die beim Vorgehen der KMK<br />

deutlich werdende Reduzierung des Abiturs auf<br />

einige Kernfächer wertet die anderen Fächer<br />

erneut ab, obgleich diese einen ebenso hohen<br />

Bildungswert haben.<br />

Die <strong>GEW</strong> erwartet, dass die KMK uneingeschränkt<br />

hinter der Vereinbarung zur Gymnasialen<br />

Oberstufe steht und einen fachlichen<br />

375<br />

380<br />

385<br />

390<br />

395<br />

400<br />

405<br />

410<br />

415<br />

420<br />

425<br />

282


Diskurs mit dem Ziel organisiert, die ursprünglichen<br />

Ziele wieder besser einzulösen.“<br />

430<br />

283


3.42 Bildungsberatung für Lernen im<br />

Lebensverlauf<br />

Antragsteller: BFGA Erwachsenenbildung,<br />

BFGA gewerbliche und kaufmännische<br />

Schulen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Die <strong>GEW</strong> richtet an Länder, Bund und Kommunen<br />

folgende Forderungen:<br />

• dauerhafte Einrichtungen zur Bildungsberatung<br />

mit verlässlichen Standards und Strukturen<br />

zu entwickeln, einzurichten und durch gesetzliche<br />

und vertragliche Bindung zu sichern.<br />

Diese Beratungsstellen dienen sowohl der beruflichen<br />

wie auch allgemeinen Bildung. Sie stehen<br />

nicht in Konkurrenz zu der Beratung in<br />

allgemein- und berufsbildenden Schulen und in<br />

der Bundesagentur für Arbeit (BA), die ihren eigenen<br />

Stellenwert haben.<br />

• insbesondere auch junge Menschen auf ihrem<br />

Bildungsweg durch eine gute subjektorientierte<br />

und kultursensible Beratung zu unterstützen.<br />

Beratung muss als Teil des Lernprozesses<br />

verstanden werden, sich Perspektiven für die<br />

Arbeits- und Lebenswelt zu erschließen. <strong>Das</strong><br />

pädagogische Personal in den allgemein- und<br />

berufsbildenden Schulen muss dafür entsprechend<br />

ausgebildet sein und Ressourcen dafür<br />

erhalten. Der Übergang von Schule in Ausbildung<br />

und/oder in Arbeit erfordert die Zusammenarbeit<br />

in regionalen Netzwerken.<br />

Folgende Anforderungen müssen für öffentliche<br />

Beratungseinrichtungen erfüllt sein:<br />

• Sie sind wohnortnahe, öffentlich getragene<br />

und verantwortete Einrichtungen, die als unabhängige<br />

und steuerfinanzierte, verlässliche<br />

Dienstleistung flächendeckend für alle eingerichtet<br />

werden, um Voraussetzungen für<br />

Lebensbegleitendes Lernen zu schaffen und einen<br />

deutlich erhöhten Bildungszugang und<br />

letztlich mehr Bildungsgerechtigkeit zu realisieren.<br />

Daher ist es wichtig, dass sie barriere- und<br />

entgeltfrei genutzt werden können.<br />

• Bund (einschließlich BA), Länder und Kommunen<br />

verständigen sich auf eine enge, institutionell<br />

abgesicherte Abstimmung und Vernetzung<br />

ihrer Beratungsangebote. Lokale Netzwerke<br />

können ergänzende und/oder auf Zielgruppen<br />

bezogene Sonderaufgaben übernehmen.<br />

Die einzelnen Bildungseinrichtungen beraten<br />

weiterhin auf ihr Angebot bezogen. Bei<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

284


öffentlicher Förderung sind die Einrichtungen<br />

und Träger der Weiterbildung zur Zusammenarbeit<br />

verpflichtet.<br />

• <strong>Das</strong> Beratungsangebot ist diskriminierungsfrei,<br />

kultur- und geschlechtersensibel gestaltet<br />

und subjektorientiert angelegt. Weder ist die<br />

Beratung verpflichtender Zwang, noch sind die<br />

Beratungsergebnisse mit Sanktionen gekoppelt.<br />

Sie haben empfehlenden Charakter. Die letztliche<br />

Entscheidung über ihren Bildungsweg liegt<br />

bei den Ratsuchenden.<br />

• <strong>Das</strong> Beratungsangebot begleitet Menschen<br />

in allen ihren Bildungs- und Lebensphasen und<br />

hilft den Ratsuchenden, sich über<br />

Weiterbildung kompetent und umfassend am<br />

kulturellen, gesellschaftlichen und politischen<br />

Leben zu beteiligen. Dabei ist die Förderung<br />

der Beschäftigungsfähigkeit nur ein Ziel unter<br />

anderen. Beratungseinrichtungen arbeiten<br />

auch aufsuchend.<br />

• <strong>Das</strong> Personal in diesen Beratungseinrichtungen<br />

ist wissenschaftlich ausgebildet, zu tariflichen<br />

Bedingungen festangestellt und bildet<br />

sich im Rahmen seiner Aufgaben regelmäßig<br />

fort. Die Qualität der Beratung und der sie<br />

ergänzenden Aufgaben wird durch regelmäßige<br />

Berichte an die kommunalen parlamentarischen<br />

Gremien sichergestellt, sowie durch geeignete<br />

Maßnahmen innerhalb der Einrichtung<br />

gewährleistet.<br />

• Können konkrete und realistische Bildungswünsche<br />

von Ratsuchenden nicht zu vertretbaren<br />

Bedingungen umgesetzt werden, sprechen<br />

die Berater/innen Empfehlungen und Anregungen<br />

zur Angebotsplanung gegenüber den<br />

Weiterbildungseinrichtungen aus. In ihrem Umfeld<br />

benötigt jede Beratungsstelle umfangreiche<br />

Kooperationskontakte.<br />

Die <strong>GEW</strong> unterstützt den DGB und die anderen<br />

Gewerkschaften bei ihrem Vorhaben, dass<br />

Lernberater/innen und -begleiter/innen ausgebildet<br />

werden, die mit den Organen betrieblicher<br />

und überbetrieblicher Interessenvertretung<br />

der Beschäftigten zusammenarbeiten.<br />

Damit soll die Bildungsbeteiligung aller Beschäftigtengruppen<br />

erreicht und Arbeitslosigkeit<br />

möglicherweise verhindert werden.<br />

Dem Lernen im Betrieb werden so neue<br />

Impulse gegeben und Arbeitnehmer/inneninteressen<br />

hinsichtlich Bildungsberatung und<br />

Bildungsangebot zur Geltung gebracht.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

285


Begründung<br />

In der Bildungsberatung und speziell der<br />

Weiterbildungsberatung waren die Entwicklungen<br />

schon einmal weiter: Und zwar in den 70er<br />

Jahren, als im Kontext der damaligen Bildungsreformdiskussion<br />

und als Folge der Empfehlungen<br />

des Deutschen Bildungsrats von 1970<br />

("Bildungsberatung ist ein Strukturelement des<br />

Bildungswesens", vgl. Empfehlungen der<br />

Bildungskommission des Deutschen Bildungsrats<br />

von 1970, S. 91) kommunale Bildungsberatungsstellen<br />

eingerichtet wurden, vor allem in<br />

Nordrhein-Westfalen (NRW), aber auch in anderen<br />

Bundesländern und später auch in den<br />

neuen Bundesländern. Diese Beratungsstellen<br />

wurden im Zuge der Mittelkürzungen bis<br />

Anfang dieses Jahrtausends immer mehr abgebaut.<br />

<strong>Das</strong> Ausblenden solcher historischer<br />

Rückblicke und die heutige Neigung, bildungspolitische<br />

Errungenschaften früherer Jahre<br />

(oder auch anderer Regionen) zu negieren und<br />

sie später neu zu erfinden, sind problematisch.<br />

Neben den Argumenten, die schon in den 70er<br />

Jahren galten, haben die Argumente an Vielfalt<br />

und Dringlichkeit zugenommen. Zahlreiche<br />

Studien belegen, dass in unserem gesamten<br />

Bildungssystem – so auch in der Weiterbildung<br />

- Teile der Bevölkerung benachteiligt und ausgegrenzt<br />

werden, was wir uns aus sozialen,<br />

ethischen und nicht zuletzt auch wirtschaftlichen<br />

Gründen nicht länger leisten können und<br />

sollten. Deshalb ist das Thema Beratung heute<br />

mehr denn je auf der bildungspolitischen<br />

Agenda. Dies zeigt sich u.a. in folgenden, nur<br />

stichwortartig aufgeführten Fakten:<br />

• Europäische Lissabon-Strategie für Lebenslanges<br />

Lernen und Lifelong Guidance (Beratung)<br />

seit 2000ff<br />

• diverse Studien u.a. der OECD zu Politik und<br />

Praxis der Bildungs- und Berufsberatung in 37<br />

Ländern (2001 - 2004)<br />

• Konsens über die Notwendigkeit von Beratung<br />

als integralem Bestandteil von Lebenslangem<br />

Lernen (so z.B. auf OECD/BMBF-Konferenz<br />

Oktober 2003), denn wenn stärkere Eigenverantwortung<br />

für Lebenslanges Lernen<br />

eingefordert wird, dann braucht man erst recht<br />

Beratungsangebote.<br />

• auf europäischer Ebene zahlreiche Initiativen;<br />

Bildung einer Expertengruppe Lifelong<br />

Guidance; Entschließung (Nr. 9286) vom 28.<br />

Mai 2004, die überarbeitet wurde.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

286


• gemeinsame Tagung von BMBF, BMWA und<br />

BA "Zukunft der Beratung in Bildung, Beruf und<br />

Beschäftigung" im Juni 2004, die als Auslöser<br />

für die folgenden Entwicklungen in Deutschland<br />

gilt.<br />

• Gründung eines Nationalen Forums für Beratung<br />

in Bildung, Beruf und Beschäftigung<br />

(nfb) am 27.09.2006 mit dem Ziel, die (Weiter-)<br />

Entwicklung eines umfassenden Beratungsangebots<br />

zu fördern, den Zugang dazu zu erleichtern<br />

und sich für bestimmte Zielgruppen<br />

besonders einzusetzen (siehe im Einzelnen Internetseite<br />

des nfb www.forum-beratung.de).<br />

Die <strong>GEW</strong> ist seit Beginn an Mitglied im nfb.<br />

• Im Auftrag des BMBF wurde durch das Beratungsunternehmen<br />

Rambøll Management<br />

Consulting eine Studie zur Bestandsaufnahme<br />

und Qualität von Beratungsangeboten erstellt,<br />

die 2007 vorgelegt wurde.<br />

• Seit 2007: europäisches Netzwerk Beratung<br />

(European Lifelong Guidance Policy Network),<br />

in dem das nfb das BMBF fachlich unterstützt.<br />

Inzwischen ist diese Projekttätigkeit des nfb<br />

vertraglich geregelt und stark intensiviert worden<br />

(Vorbereitung eines sog. Peer Learning<br />

Meetings zur Qualitätsentwicklung am 13./14.<br />

Mai 2009)<br />

• Innerhalb des Innovationskreises Weiterbildung<br />

des BMBF wurde auch eine Arbeitsgruppe<br />

Bildungsberatung initiiert, ihre Empfehlungen<br />

(u. a. auf der BMBF – Tagung am<br />

06./07.11.2007) öffentlich vorgestellt und nach<br />

einer weiteren Überarbeitung im Frühjahr 2008<br />

verabschiedet.<br />

• Gleichzeitig - und in gewissem Widerspruch<br />

zu diesen Aktivitäten und verbalen<br />

Erklärungen - gibt es erhebliche problematische<br />

Veränderungen und Einschränkungen des<br />

Beratungsangebots der BA, in der Berufsberatung,<br />

und vor allem - als Folge insbesondere<br />

der “Hartzgesetze“ - der Arbeits- und<br />

Weiterbildungsberatung.<br />

• Ein aktueller Schwerpunkt im Bereich der<br />

"Bildungsberatung" ist das bundesweite Programm<br />

des BMBF "Lernen vor Ort".<br />

Beratung hat auch im Übergang von der<br />

allgemeinbildenden Schule in Ausbildung und<br />

nach Ausbildungsabschluss beim Übergang in<br />

Arbeit oder Studium sektoral an Beachtung gewonnen<br />

und es gibt vereinzelt kommunale Beratungsangebote<br />

sowie Beratungsstrukturen in<br />

allgemein- und berufsbildenden Schulen.<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

287


Im Rahmen der pflichtigen Beratung zur<br />

Bildungsprämie wird Antragsberatung und Ausfüllhilfe<br />

gewährt.<br />

Obschon das Thema Bildungsberatung in den<br />

letzten Jahren eine hohe Priorität auf der<br />

bildungspolitischen Agenda gewonnen hat,<br />

bleiben Initiativen zu einer umfassenden<br />

Strukturreform aus. <strong>Das</strong> Ziel eines abgesicherten<br />

flächendeckenden Angebots ist durchaus<br />

vereinbar mit einer Vielzahl einzelner Aktivitäten<br />

auf den verschiedenen Handlungsebenen.<br />

Eine allgemein akzeptierte Beratungsmethode<br />

und -methodik gibt es noch nicht; es besteht<br />

Entwicklungsbedarf, der sich an Wissenschaft,<br />

Politik und Praxis richtet. Subjektorientierte Beratung<br />

ist weit mehr als Kompetenz-Befundung<br />

und setzt eine neue Bewertung der Funktion<br />

der Berater/innen hinsichtlich ihrer Professionalität,<br />

ihrer wissenschaftlichen Qualifizierung<br />

und pädagogischen Kompetenz voraus. Neben<br />

den professionellen Berater/innen sind die<br />

Pädagog/innen in den Schulen und in der<br />

Jugendarbeit Prozessbeteiligte, weiterhin auch<br />

die Eltern. Beratungskompetenz ist für Pädagoginnen<br />

und Pädagogen unverzichtbar und deren<br />

Aneignung gehört in ihre Ausbildung und<br />

Fortbildung hinein.<br />

Im Zentrum der Beratertätigkeit steht das<br />

persönliche Beratungsgespräch, verstanden als<br />

Lernprozess im Verlauf des lebenslangen Lernens.<br />

Der Ratsuchende ist Experte seiner<br />

selbst! Auch im Beratungsprozess selbst wird<br />

die individuelle Kompetenz für den Ratsuchenden<br />

transparent weiterentwickelt. Die Stellen<br />

leisten die Anerkennung non-formaler und informeller<br />

und ggf. formaler Kompetenzen.<br />

Kompetenzerfassungssysteme können hierbei<br />

durchaus mögliche Hilfsmittel im Beratungsprozess<br />

sein. Sie sind jedoch hinsichtlich ihres Aussagewertes,<br />

der aggregierten Daten und deren<br />

Verwendung kritisch zu beurteilen. Verfahren<br />

mit Biografie-Orientierung sind in jedem Fall zu<br />

bevorzugen. Eine Datenverwendung über die<br />

Köpfe der Ratsuchenden hinweg konterkariert<br />

das subjektorientierte Beratungsziel.<br />

Als Grundlage für die vielfältigen persönlichen<br />

Beratungsanliegen halten die Berater/innen ein<br />

Kompendium von regional und überregional erreichbaren<br />

Bildungsangeboten bereit, die ins<br />

"Netz" gestellt leicht zu finden sind und über<br />

210<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

288


die einfache Informationsfragen direkt erledigt<br />

werden können. Dazu dient auch die angebotene<br />

Telefonberatung durch das Beratungspersonal.<br />

In Einzelfällen kann es auch aufsuchende<br />

Beratungsgespräche geben.<br />

Bei der Bildungsberatung für Erwachsene geht<br />

es sowohl um die zweite oder gar dritte<br />

Chance, wieder in organisierte Bildungsprozesse<br />

einzusteigen, um Bildung für neue Aufgaben<br />

und Herausforderungen wie auch um Anschlusslernen.<br />

Dafür kooperieren die zentralen<br />

Beratungsstellen auch mit den abgebenden Institutionen,<br />

z.B. den Schulen und anderen<br />

Bildungseinrichtungen, deren pädagogisches<br />

Personal auch Beratungs- und Lernbegleitungsfunktion<br />

wahrnimmt.<br />

Wichtige Kooperationspartner für die Beratungsstellen,<br />

besonders bedeutsam im Zusammenhang<br />

von Lernen bei Berufstätigen und bei<br />

arbeitslos Gemeldeten sind die örtlichen, regionalen<br />

Betriebe und ihre Interessenvertretungen,<br />

sowie die Bundesagentur für Arbeit.<br />

265<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

289


3.43 Weimarer Thesen 2012 – Ein<br />

"Schutzschirm" für die Weiterbildung<br />

Antragsteller: BFGA Erwachsenenbildung<br />

Der Gewerkschaftstag 2013 möge die "Weimarer<br />

Thesen" zur Entwicklung der<br />

Weiterbildung als Teil des öffentlichen<br />

Bildungswesens unterstützen. Die Thesen<br />

wurden auf der <strong>GEW</strong> Herbstakademie<br />

Weiterbildung 2012 diskutiert und sollen als<br />

Grundlage für die Politik der <strong>GEW</strong> im<br />

Weiterbildungsbereich dienen.<br />

Vorbemerkung<br />

Die Weiterbildung ist wie kein anderer<br />

Bildungsbereich in den letzten Jahren den<br />

Marktgesetzen unterworfen worden. Dies hat<br />

drastische Konsequenzen für die Situation von<br />

Beschäftigten und Institutionen, die mit ständiger<br />

Verknappung von Fördermitteln, kurzfristigen<br />

Projektförderungen und prekären<br />

Arbeitsverhältnisses konfrontiert sind und für<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die steigende<br />

Kosten für Weiterbildung in Kauf nehmen müssen.<br />

Mit den Weimarer Thesen 2012 wollen wir<br />

auf diese grundlegenden Fehlentwicklungen einer<br />

dem Markt angepassten Weiterbildung<br />

hinweisen und Perspektiven für eine öffentlich<br />

verantwortete Weiterbildung formulieren, für<br />

deren Umsetzung wir bei Verantwortlichen in<br />

Politik, Verbänden und Verwaltung Unterstützung<br />

einfordern.<br />

Ein "Schutzschirm" für die WB - was gehört<br />

dazu?<br />

1. Prekäre Arbeit abschaffen<br />

In keinem anderen Bereich des Bildungswesens<br />

wird völlig selbstverständlich hingenommen,<br />

dass Unterrichtstätigkeit von Honorarkräften<br />

durchgeführt wird, die zu geringen Stundensätzen<br />

vergütet werden, bei Krankheit, Urlaub<br />

oder Kursausfall leer ausgehen und die Kosten<br />

ihrer sozialen Sicherung vollständig alleine tragen<br />

müssen. Selbst bei hohen wöchentlichen<br />

Stundenzahlen wird nach Abzug aller Abgaben<br />

nur die Höhe eines Geringverdienstes erreicht<br />

und damit Altersarmut vorprogrammiert. Unterricht<br />

in der Erwachsenenbildung ist seit<br />

Jahrzehnten für viele Pädagoginnen und<br />

Pädagogen zu einem anspruchsvollen Beruf geworden,<br />

häufig in der Erfüllung öffentlicher<br />

Bildungsaufgaben. Dies hat sich aber weder in<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme der Zeilen 10 - 321 mit folgenden<br />

Änderungen:<br />

Zeilen 128 - 129<br />

Wir wollen eine Weiterbildungspolitik, die dieser<br />

Entwicklung entgegenwirkt.<br />

Zeile 321: Streichung der Klammer<br />

290


der Vergütung noch im Status niedergeschlagen.<br />

Neben der sozialen Absicherung fehlt den<br />

Honorarkräften auch die Möglichkeit, die<br />

Bedingungen ihrer Arbeit und ihres Einkommens<br />

kollektiv auszuhandeln; obwohl sie faktisch<br />

von ihren Auftraggebern abhängig sind,<br />

greifen Arbeits- und Tarifrecht sowie Mitbestimmung<br />

nicht. <strong>Das</strong> muss sich ändern. Die Anerkennung<br />

dieser Kolleginnen und Kollegen als<br />

arbeitnehmerähnliche Personen und die damit<br />

verbundene Tariffähigkeit wäre ein erster<br />

Schritt, um diese rechtlose Situation zu<br />

überwinden.<br />

Auch dort, wo für die Durchführung von<br />

Bildungsmaßnahmen Arbeitsverträge bestehen,<br />

sind diese zumeist durch schlechte Bezahlung,<br />

Befristung und Teilzeit gekennzeichnet.<br />

Der Mindestlohn für die Weiterbildung, der für<br />

einen Teilbereich der Branche gilt, hat hier eine<br />

notwendige Untergrenze eingezogen – zum<br />

Standard oder gar zu Lohnobergrenze darf er<br />

nicht werden. Ein Branchentarifvertrag für die<br />

gesamte Branche steht weiter auf der Tagesordnung.<br />

Wir fordern eine verlässliche Finanzierung der<br />

Erwachsenen- und Weiterbildung, die mehr<br />

feste Stellen und tarifliche Bezahlung ermöglicht<br />

bzw. entsprechend hohe Honorare mit<br />

sozialer Absicherung. Die Mittel, die AA, Bund,<br />

Länder und Kommunen für Weiterbildung aufbringen,<br />

müssen gebündelt, ausgeweitet und<br />

nachhaltig in diesem Sinne eingesetzt werden.<br />

2. Den öffentlichen Bildungsauftrag verteidigen<br />

Der Ausbau der Weiterbildung zu einem<br />

gleichberechtigten Teil des Bildungssystems<br />

war bereits die Forderung des Deutschen<br />

Bildungsrates im Strukturplan für das Bildungswesen<br />

1970 – bis heute ist sie nicht realisiert.<br />

Im Gegenteil:<br />

Der öffentliche Bildungsauftrag für Erwachsenen-<br />

und Weiterbildung beinhaltet das Recht<br />

auf Lernen in jedem Alter für gesellschaftliche,<br />

berufliche, kulturelle oder persönliche Ziele.<br />

Dazu gehört die Möglichkeit zur Entfaltung der<br />

eigenen Person und zur Teilhabe am gesellschaftlichen,<br />

kulturellen und politischen Leben.<br />

Dafür müssen staatliche Rahmenbedingungen<br />

und ausreichende öffentliche<br />

Ressourcen zur Verfügung stehen, um Standards<br />

und Strukturen in den Einrichtungen sichern<br />

zu können.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

291


Die aktuelle Weiterbildungspolitik wird dem<br />

nicht gerecht. Die soziale Spaltung der Gesellschaft<br />

spiegelt sich in der Weiterbildung<br />

wieder und die Durchsetzung marktwirtschaftlicher<br />

Prinzipien verstärkt dies nach dem<br />

Motto: Wer hat, dem wird gegeben. Wer eine<br />

gute Ausbildung hat bzw. über ausreichendes<br />

Einkommen verfügt, kann Weiterbildungsangebote<br />

besser nutzen, wer unten steht, bleibt<br />

zurück. Dieser Logik entspricht auch die Vergabepolitik<br />

der Bundesanstalt für Arbeit und ihrer<br />

Einsortierung von 'Kunden' nach Arbeitsmarkttauglichkeit.<br />

Bei öffentlich geförderten Trägern<br />

müssen die Teilnehmenden immer höhere Kosten<br />

tragen, denn große Anteile ihrer Haushalte<br />

müssen die Einrichtungen 'am Markt' erwirtschaften.<br />

<strong>Das</strong> Postulat des Lebenslangen Lernens<br />

und der damit verbundene Blick auf die<br />

Individualität von Lernprozessen wird zweckentfremdet,<br />

um die Verantwortung für<br />

Bildungsteilhabe dem Individuum zuzuschreiben<br />

und den Staat zum Zweck der Kostenersparnis<br />

weitgehend aus der Verantwortung zu<br />

entlassen.<br />

Wir wollen eine Weiterbildung, die dieser Entwicklung<br />

entgegenwirkt. Wir fordern bundesweite<br />

Regelungen für ein kohärentes inklusives<br />

Weiterbildungssystem, in dem die<br />

allgemeine, kulturelle, berufliche und politische<br />

Bildung gleichermaßen gefördert werden<br />

und für jeden tatsächlich die Chance auf<br />

Teilhabe besteht.<br />

3. Öffentliche Strukturen fördern und ausbauen<br />

Gegen die fortschreitende Privatisierung und<br />

Kommerzialisierung wollen wir öffentlich<br />

geförderte und verantwortete Weiterbildungsstrukturen<br />

ausbauen und stärken. Dies spricht<br />

nicht gegen eine effektive Nutzung öffentlicher<br />

Mittel. Wir wenden uns aber dagegen, dass<br />

durch verschärfte Konkurrenz um zu knappe<br />

Mittel der öffentliche Bildungsauftrag und die<br />

öffentliche Gestaltbarkeit auf der Strecke bleiben.<br />

Dies gilt besonders für die über 900 Volkshochschulen,<br />

die den Kern der öffentlich geförderten<br />

Weiterbildung darstellen. Es muss verhindert<br />

werden, dass sie sich zunehmend dem<br />

Bildungsmarkt, seiner kommerziellen Ausrichtung<br />

und seinen selektiven Konkurrenzstrukturen<br />

unterwerfen müssen. Volkshochschulen<br />

sind bundesweit ortsnah vorhanden und halten<br />

die Grundversorgung an Weiterbildung vor.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

292


Viele Volkshochschulen sind außerdem im Bereich<br />

der SGB II und SGB III geförderten<br />

Weiterbildung tätig und sind Ansprechpartner<br />

für unterschiedlichste Zielgruppen, besonders<br />

auch für diejenigen, die zu „Verlierern“ am<br />

Bildungsmarkt abgestempelt werden. Damit<br />

tragen Volkshochschulen in Kommunen wesentlich<br />

dazu bei, den Zusammenhalt von Menschen<br />

unterschiedlicher sozialer und kultureller<br />

Milieus zu erhalten und ihre Teilhabe an der<br />

Gestaltung der Gesellschaft zu stärken. Im Aufbau<br />

kommunaler und regionaler Bildungsnetze<br />

können Volkshochschulen eine wichtige<br />

Schnittstelle darstellen. Allerdings nehmen<br />

Volkshochschulen in Kauf, bei der Erfüllung ihrer<br />

Aufgaben in hohem Maße auf prekäre<br />

Honorararbeit zurückgreifen zu müssen.<br />

Wir erwarten, dass Volkshochschulen, ihre<br />

Träger und ihre Interessenverbände im<br />

Bemühen um den Abbau prekärer Arbeit ein<br />

Beispiel geben und unsere Verbündete sind.<br />

Entscheidend ist, dass sie von Ländern und<br />

Kommunen ausreichend Ressourcen erhalten.<br />

4. Innovation nachhaltig verankern –<br />

„Projektitis“ abbauen<br />

Die kurzfristige Projektförderung, der innovative<br />

pädagogische Arbeit derzeit unterworfen<br />

ist, halten wir für kontraproduktiv. Einrichtungen<br />

der Weiterbildung übernehmen vielfältig<br />

Verantwortung für die Gestaltung von Bildungsprozessen<br />

in gesellschaftlichen Spannungsfeldern:<br />

Die Förderung von Menschen mit<br />

Grundbildungsbedarf, das Nachholen von<br />

Schulabschlüssen, Integrationskurse für Migrantinnen<br />

und Migranten, Zugänge zum<br />

Arbeitsmarkt, Übergänge zwischen Schule und<br />

Ausbildung, ein Zugang zur Hochschule für Berufstätige,<br />

Umgang mit neuen Medien - das<br />

sind nur einige Beispiele der umfangreichen<br />

pädagogischen Aufgaben, für die neue Konzepte<br />

und didaktische Modelle entwickelt werden.<br />

Innovation bei der Gestaltung von Lernprozessen<br />

ist erforderlich – aber das braucht<br />

Zeit, Kontinuität und Ressourcen. Wenn gute<br />

Ergebnisse nicht nachhaltig umgesetzt werden<br />

können, weil die Projektförderung ausläuft und<br />

keine Mittel mehr vorhanden sind werden Gelder<br />

verbrannt und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

verheizt.<br />

Projektorientierte Anschubfinanzierung für<br />

innovatives Lernen muss bei erfolgreichen<br />

Ergebnissen in eine Regelförderung überge-<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

293


hen. Personelle Kontinuität muss gewährleistet<br />

sein.<br />

5. Politische Bildung offensiv unterstützen<br />

„Demokratie ist die einzige politisch verfasste<br />

Gesellschaftsordnung, die gelernt werden<br />

muss – immer wieder, tagtäglich, bis ins hohe<br />

Alter“ (Oskar Negt 2010). Dieser Aufgabe hat<br />

sich die politische Erwachsenenbildung stets<br />

verpflichtet gesehen. Die Relevanz der politischen<br />

Bildung als Garant demokratischer Gesellschaftsentwicklung<br />

wird grundsätzlich nicht<br />

bestritten. Dennoch ist eine Marginalisierung<br />

der politischen Bildung zu beobachten, sowohl<br />

hinsichtlich der Zahl der Teilnehmenden als<br />

auch bezogen auf die zur Verfügung gestellten<br />

Mittel. Letztere stagnieren oder sind rückläufig.<br />

Dagegen muss aufklärende politische Bildung<br />

wieder aufgewertet werden. Gerade In einer<br />

immer komplizierter werdenden Welt ist die<br />

Aufklärung über gesellschaftspolitische Hintergründe<br />

und Zusammenhänge sowie die Folgen<br />

politischer Entscheidungen notwendig, um eigene<br />

Urteilskraft entwickeln zu können. Die<br />

Tatsache, dass Rechtsextremismus und<br />

fremdenfeindliche rassistische Tendenzen im<br />

öffentlichen Diskurs zunehmend eine Rolle<br />

spielen, ist alarmierend. Auch der Dialog der<br />

Generationen ist notwendig, um den Zusammenhalt<br />

der Gesellschaft nicht zu gefährden.<br />

In der politischen Bildung müssen Konzepte<br />

entwickelt und gefördert werden, um die insbesondere<br />

als „bildungsfern“ geltenden und<br />

bisher von Bildungsprozessen weitgehend ausgeschlossenen<br />

Zielgruppen anzusprechen und<br />

einzubeziehen.<br />

Gesellschaftspolitisches Bewusstsein, Urteilskraft<br />

und Kreativität der Menschen müssen<br />

bei der Lösung gesellschaftlicher Probleme<br />

wirksam werden können. Die „Erklärung der<br />

Welt“ darf nicht elitären Populisten überlassen<br />

werden.<br />

6. Qualität braucht Professionalität<br />

Die Qualität in der Erwachsenen- und<br />

Weiterbildung ist bedroht, wenn Prozesse der<br />

Spaltung des Personals, der Dequalifizierung<br />

und Unterbezahlung nicht gestoppt werden.<br />

Zur Wahrnehmung der vielfältigen Aufgaben<br />

arbeiten in Einrichtungen der Erwachsenenund<br />

Weiterbildung Menschen unterschiedlicher<br />

Professionen zusammen: planende Pädagoginnen<br />

und Pädagogen und Lehrkräfte für bestimmte<br />

Fachgebiete, Sozialpädagoginnen und<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

265<br />

294


-pädagogen zur Begleitung von Lernenden und<br />

zur Vermittlung in den Arbeitsmarkt, Fachanleitende<br />

oder Meisterinnen und Meister. Für fast<br />

alle gilt, dass die Grenzen der eigenen Profession<br />

"ausfransen", dass zusätzliche Aufgaben in<br />

der Teilnehmerbetreuung und Ablaufdokumentation<br />

bzw. in Qualitätsmanagement,<br />

Marketing und Akquise übernommen werden<br />

müssen. Eine zunehmende Arbeitsverdichtung<br />

belastet die unterschiedlichen Gruppen und<br />

führt dazu, dass die eigentliche Fachkompetenz<br />

nur unzureichend eingesetzt und weitergebildet<br />

werden kann.<br />

Für alle in der Erwachsenenbildung tätigen<br />

muss ein den aktuellen Anforderungen entsprechendes<br />

Berufsbild entwickelt werden,<br />

das neben der spezifischen Fachlichkeit die<br />

Besonderheit des Lernens mit Erwachsenen<br />

herausarbeitet und die Entwicklung eines beruflichen<br />

Selbstbewusstseins ermöglicht. Dies<br />

verbessert nicht nur die Qualität der pädagogischen<br />

Arbeit, sondern schafft auch neue<br />

Voraussetzungen für den Kampf um den Wert<br />

der Arbeitsleistung und verbessert die Chancen<br />

auf eine tarifliche Regulierung.<br />

7. Ein öffentlich gefördertes Beratungsnetz<br />

aufbauen<br />

Ein öffentlich gefördertes flächendeckendes Beratungssystem<br />

besteht bisher nur ansatzweise.<br />

Die wichtige Scharnierfunktion der Beratung,<br />

die darin besteht, den Menschen<br />

Weiterbildungsangebote nahezubringen und<br />

gleichzeitig Weiterbildungsbedarfe zu ermitteln,<br />

kann so nicht erfüllt werden. Nach einer<br />

aktuellen Erhebung der Stiftung Warentest<br />

weist die Qualität der Beratung vieler Einrichtungen<br />

erhebliche Mängel auf und kann nicht<br />

angemessen auf die Anliegen ratsuchender<br />

Menschen eingehen. Für eine subjektorientierte,<br />

gender- und kultursensible Beratung<br />

bedarf es entsprechender Konzepte, guter<br />

Rahmenbedingungen in den Beratungsstellen<br />

und professioneller Ausbildung der Beraterinnen<br />

und Berater. Diese sind bisher nur in Ansätzen<br />

entwickelt und werden nicht flächendeckend<br />

eingesetzt.<br />

Um die Teilhabe an Weiterbildung für alle zu<br />

ermöglichen und Bildung im Lebenslauf verankern<br />

zu können, ist der Aufbau eines transparenten<br />

und kostenlosen Beratungssystems unabdingbar.<br />

Sie ist als öffentliche Aufgabe<br />

wohnortnah und diskriminierungsfrei zu gestalten.<br />

Die Qualität der Beratung muss den<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

315<br />

295


aktuellen wissenschaftlich beschriebenen<br />

Standards entsprechen (vgl. u.a. nfb).<br />

Abschließende Bemerkung<br />

Die Durchsetzung von Wettbewerb und Ökonomisierung<br />

innerhalb eines strukturell unterfinanzierten<br />

Systems von Weiterbildung verschärft<br />

bildungspolitische - und in der Folge gesellschaftliche<br />

- Ungleichheiten und geht zu<br />

Lasten der Teilnehmenden wie der dort arbeitenden<br />

Menschen. Unsere Thesen sollen Anregungen<br />

geben für gewerkschaftliches, bildungsund<br />

gesellschaftspolitisches Argumentieren<br />

und Handeln im Bereich der Erwachsenen- und<br />

Weiterbildung. Wir können uns Rolf Dobischat<br />

anschließen, der in einem Aufsatz zu der Frage:<br />

“Wie viel Ökonomisierung verträgt die Bildung“?<br />

feststellt: „Mit bildungspolitischem und<br />

ökonomischem Augenmaß für die Zukunft zu<br />

handeln, heißt daher, gegen das Auseinanderdriften<br />

von Zugängen zur Bildung eine<br />

Schutzzone zu schaffen, die einer weiteren sozialen<br />

Verwüstung vorbeugt“. (R. Dobischat<br />

2010)<br />

320<br />

325<br />

330<br />

335<br />

340<br />

296


3.44 Hochschulen sozial öffnen: Mehr<br />

Studienplätze schaffen, freien<br />

Hochschulzugang sichern, BAföG<br />

ausbauen, Studiengebühren abschaffen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Antragsteller: BA Hochschule und Forschung<br />

und BASS<br />

Immer mehr junge Menschen wollen studieren,<br />

gleichzeitig nimmt der gesellschaftliche Bedarf<br />

an akademisch qualifizierten Fachkräften kontinuierlich<br />

zu. Doch die Finanzierung der Hochschulen<br />

hält mit den steigenden Studierendenzahlen<br />

nicht Schritt. Jedes Semester werden<br />

Zehntausende von den Hochschulen abgewiesen<br />

und müssen ihren Traum eines Studiums<br />

zerplatzen sehen. Studierende finden sich in<br />

überfüllten Hörsälen wieder, können aus der<br />

Ausbildungsförderung kaum ihren Lebensunterhalt<br />

finanzieren, finden keinen günstigen<br />

Wohnraum und nach wie vor müssen sie in einzelnen<br />

Bundesländern Studiengebühren bezahlen.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert einen Ausbau und eine soziale<br />

Öffnung der Hochschulen. Ein Studium darf<br />

kein Privileg Weniger sein, sondern muss allen<br />

offenstehen, die eine Hochschulzugangsberechtigung<br />

erworben haben – egal, woher sie<br />

kommen und ob sie wohlhabende Eltern haben<br />

oder nicht. Damit sich die soziale Schere beim<br />

Hochschulzugang endlich wieder schließt, brauchen<br />

wir mehr Studienplätze, eine Reform der<br />

Ausbildungsförderung und bundesweit ein<br />

gebührenfreies Studium.<br />

Ausreichend Studienplätze schaffen<br />

Im Wintersemester 2012 lag die Zahl der<br />

Studierenden erstmals über 2,5 Millionen. <strong>Das</strong><br />

ist eine gute Nachricht. Doch die Zahl könnte<br />

noch deutlich höher liegen, wenn alle, die<br />

studieren wollen und sich hierfür qualifiziert<br />

haben, auch studieren könnten. Dies zu ermöglichen<br />

ist die Aufgabe von Bund und Ländern.<br />

Doch der Hochschulpakt zwischen Bund und<br />

Ländern ist unterfinanziert. Nach Prognosen<br />

der Kultusministerkonferenz wird die<br />

Obergrenze der zu finanzierenden zusätzlichen<br />

Studienplätze bereits im Herbst 2013 überschritten<br />

werden. Dem Hochschulpakt gingen<br />

damit bereits zwei Jahre vor Ende seiner ersten<br />

Phase die Mittel aus. Für die zweite Ausbauphase<br />

von 2016 bis 2020 fehlt ohnehin<br />

noch jegliche finanzielle Untersetzung.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

297


Die <strong>GEW</strong> fordert Bund und Länder auf, eine<br />

nachhaltige und bedarfsgerechte Finanzierung<br />

von Studium und Lehre zu schaffen. Wir brauchen<br />

dringend eine deutliche Aufstockung und<br />

eine verlässliche Fortschreibung des Hochschulpaktes.<br />

Dozentinnen und Dozenten, die<br />

jetzt eingestellt werden, dürfen nicht nach<br />

kurzer Zeit wieder auf die Straße gesetzt werden,<br />

denn die Hochschulen haben einen dauerhaft<br />

erhöhten Personalbedarf. Zulassungsbeschränkungen<br />

des Hochschulzugangs für Studienbewerberinnen<br />

und -bewerber schränken<br />

das Recht auf Bildung ein und müssen endlich<br />

wieder zur seltenen Ausnahme werden.<br />

Motivierende Studienbedingungen ermöglichen<br />

Damit sich mehr junge Menschen für die Hochschule<br />

entscheiden, bedarf es einer größeren<br />

Attraktivität des Studiums. Dies setzt eine solide<br />

Finanzierung der Hochschulen voraus.<br />

Doch die öffentliche Hand gibt heute pro Studienplatz<br />

(inflationsbereinigt) nicht mehr,<br />

sondern weniger Geld aus als noch vor zehn<br />

Jahren. Die im Hochschulpakt veranschlagten<br />

Mittel je Studienplatz reichen für gute Studienbedingungen<br />

nicht aus. Verhängnisvoll ist<br />

auch die Abschaffung der Gemeinschaftsaufgabe<br />

Hochschulbau in Folge der Föderalismusreform:<br />

Die dringend benötigten Bundesmittel<br />

laufen 2019 aus, bereits 2013 wird die<br />

Zweckbindung der vom Bund bereit gestellten<br />

Kompensationsmittel aufgehoben.<br />

Die Hochschulen müssen besser ausgestattet<br />

und das Betreuungsverhältnis zwischen<br />

Studierenden und Lehrenden muss verbessert<br />

werden. In- und ausländische Studierende<br />

brauchen qualifizierte Beratungsangebote, aktive<br />

Unterstützung sowie eine ausgebaute wissenschaftliche<br />

und soziale Infrastruktur. Die<br />

Verwirklichung eines inklusiven Studiums, wie<br />

es in der UN-Konvention über die Rechte von<br />

Menschen mit Behinderungen verankert ist, ist<br />

ohne zusätzliche finanzielle Ressourcen und<br />

ohne die Einstellung zusätzlicher Beschäftigter<br />

nicht zu schaffen. Um dem deutlich verschärften<br />

Wohnungsmangel unter Studierenden entgegenzuwirken,<br />

müssen Bund und Länder<br />

unverzüglich mindestens 25.000 zusätzliche<br />

preisgünstige und hochschulnahe Wohnheimplätze<br />

finanzieren und die allgemeinen Mietsteigerungen<br />

in den Städten eindämmen.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

298


Gute Bildung setzt auch gute Arbeitsbedingungen<br />

für die an den Hochschulen tätigen Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler sowie<br />

für ihre Kolleginnen und Kollegen in Technik<br />

und Verwaltung voraus. Die verschärfte Praxis<br />

der Befristung von Arbeitsverträgen, der Trend<br />

zur Begründung prekärer Beschäftigungsverhältnisse<br />

und zur Tarifflucht, die Verdichtung<br />

von Arbeitsprozessen und die fehlende<br />

Planbarkeit von Karrierewegen und Laufbahnen<br />

in der Wissenschaft stehen dem heute entgegen.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert, auch den Arbeitsplatz<br />

Hochschule attraktiver zu machen – als Voraussetzung<br />

für attraktive Studienbedingungen.<br />

Zulassungschaos beenden<br />

Die mangelhafte Koordinierung der Hochschulzulassung<br />

auf Bundesebene hat die Hochschulen<br />

in ein Zulassungschaos gestürzt. <strong>Das</strong> so<br />

genannte dialogorientierte Zulassungsverfahren,<br />

mit dem die Bundesregierung die Hochschulzulassung<br />

auf neue Füße stellen will, fällt<br />

vor allem durch Pannenmeldungen auf und hat<br />

seine Arbeit bis heute nicht umfassend aufgenommen.<br />

Jedes Semester bleiben tausende<br />

Studienplätze unbesetzt, obwohl gleichzeitig<br />

unzählige Bewerberinnen und Bewerber leer<br />

ausgehen. <strong>Das</strong> Zulassungschaos geht damit zu<br />

Lasten der Lebensplanung und der Bildungschancen<br />

junger Menschen.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert den Deutschen Bundestag auf,<br />

ein bundesweites Hochschulzulassungsgesetz<br />

zu verabschieden, damit alle Hochschulen verbindlich<br />

an einem einheitlichen Zulassungsverfahren<br />

teilnehmen. <strong>Das</strong> gemeinsame<br />

Zulassungsverfahren muss für alle Studiengänge<br />

Anwendung finden. Die von Ländern und<br />

Hochschulen geforderte Ausnahme der Lehramtsstudiengänge<br />

vom neuen Zulassungsverfahren<br />

lehnt die <strong>GEW</strong> ab. Werden Studienplätze<br />

in Lehramtsstudiengängen nicht besetzt,<br />

wird dies den Lehrkräftemangel in Deutschland<br />

weiter verschärfen. Deshalb muss auch und gerade<br />

in diesen Studiengängen sichergestellt<br />

sein, dass alle Plätze besetzt werden und die<br />

Bewerberinnen und Bewerber keine unnötigen<br />

Wartezeiten hinnehmen müssen.<br />

Masterstudium öffnen<br />

Mit der Einführung des zweistufigen Studiensystems<br />

im Rahmen des Bologna-Prozesses ist<br />

eine neue Hürde im Hochschulsystem etabliert<br />

worden. Die Erfahrungen der letzten Jahre zei-<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

299


gen, dass nicht nur die Chancen von Akademikerkindern<br />

einerseits und Nichtakademikerkindern<br />

andererseits im Hochschulsystem<br />

insgesamt weiter auseinanderdriften,<br />

sondern dass auch der Übergang vom Bachelor<br />

zum Master mit sozialer Ausgrenzung verbunden<br />

ist. Die verfügbaren Zahlen deuten<br />

außerdem darauf hin, dass sich die zusätzliche<br />

Hürde zwischen Bachelor und Master negativ<br />

auf die Bildungsbeteiligung von Frauen auswirkt.<br />

Auf dem Arbeitsmarkt müssen Bachelorabsolventinnen<br />

und -absolventen von Universitäten<br />

gegenüber den Absolventinnen und Absolventen<br />

von Masterstudiengängen Gehaltseinbußen<br />

von über 20 Prozent hinnehmen (Nationaler<br />

Bologna-Bericht 2012). Viele Bachelorstudiengänge<br />

vermitteln de facto keinen berufsqualifizierenden<br />

Abschluss und können<br />

Hochschulabsolventinnen und -absolventen<br />

keine attraktiven beruflichen Perspektiven eröffnen.<br />

Die Mittelknappheit an den Hochschulen darf<br />

nicht dazu führen, dass der Master einer kleinen<br />

Bildungselite vorbehalten bleibt. Die <strong>GEW</strong><br />

fordert eine Öffnung der Masterstudiengänge<br />

für alle, die nach dem Bachelor ihr Studium<br />

fortsetzen wollen. Dazu müssen die Kapazitäten<br />

der Hochschulen für das Masterstudium<br />

ausgebaut werden und der Hochschulpakt<br />

muss so ausgestaltet werden, dass er die Kosten<br />

eines Studiums vom ersten Semester bis<br />

zum Master abdeckt. Damit ein reibungsloser<br />

Übergang vom Bachelor- zum Masterstudium<br />

gewährleistet ist, brauchen wir außerdem auch<br />

für den Master ein koordiniertes Zulassungsverfahren<br />

auf Bundesebene, dessen Grundlagen<br />

in einem bundesweiten Hochschulzulassungsgesetz<br />

geregelt werden müssen.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert den Verzicht auf besondere<br />

Zugangsvoraussetzungen für das Masterstudium,<br />

die derzeit an vielen Hochschulen<br />

den Masterzugang auch dann einschränken,<br />

wenn ausreichend Studienplätze zur Verfügung<br />

stehen: Weder Quote noch Note dürfen Bachelorabsolventinnen<br />

und -absolventen an der<br />

Aufnahme eines Masterstudiums hindern.<br />

BAföG verbessern<br />

Wer keine wohlhabenden Eltern hat, ist auf<br />

eine gute Ausbildungsförderung angewiesen.<br />

<strong>Das</strong> Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG)<br />

ist deshalb ein zentrales Instrument zur Durchsetzung<br />

von Chancengleichheit beim Hoch-<br />

155<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

300


schulzugang und im Studium. Trotzdem wird<br />

eine angemessene Anhebung der BAföG-Sätze<br />

von Bund und Ländern immer wieder vernachlässigt.<br />

<strong>Das</strong> Deutsche Studentenwerk hat deutlich<br />

gemacht, dass die Bedarfssätze und Freibeträge<br />

allein zur Deckung gestiegener Lebenshaltungskosten<br />

im kommenden Jahr bereits um<br />

mindestens zehn Prozent angehoben werden<br />

müssten. Der von der Bundesregierung und einigen<br />

Ländern anstelle einer Weiterentwicklung<br />

des BAföG forcierte Ausbau des Stipendienwesens<br />

ist kein geeigneter Weg für eine soziale<br />

Öffnung der Hochschulen, da Stipendien<br />

keinen Rechtsanspruch auf eine angemessene<br />

Ausbildungsförderung bieten.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert eine kontinuierliche<br />

Anpassung der Freibeträge, Bedarfssätze und<br />

Sozialpauschalen im BAföG an die studentischen<br />

Lebenshaltungskosten und an die<br />

allgemeine Einkommensentwicklung. Um das<br />

BAföG Bologna-tauglich zu machen fordert die<br />

<strong>GEW</strong> die Ausdehnung des Auslands-BAföG auf<br />

alle Länder des Europäischen Hochschulraums,<br />

die uneingeschränkte Förderfähigkeit aller<br />

Masterstudiengänge, eine lückenlose Absicherung<br />

der Übergangsphase vom Bachelor in den<br />

Master und die Streichung der Altersgrenze.<br />

Der Darlehensanteil im Studierenden-BAföG –<br />

derzeit 50 Prozent – muss wieder abgeschafft<br />

werden, damit junge Menschen aus finanzschwachen<br />

Elternhäusern nicht länger mit<br />

einem Schuldenberg ins Berufsleben starten<br />

müssen. Damit mehr Schülerinnen und Schüler<br />

die allgemeine Hochschulreife erwerben, muss<br />

außerdem die Ausbildungsförderung für alle<br />

Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II<br />

an allgemeinbildenden Schulen wieder eingeführt<br />

werden.<br />

Hochschulen für beruflich Qualifizierte öffnen<br />

Nach wie vor ist in Deutschland der Weg nach<br />

einer beruflichen Ausbildung an die Hochschule<br />

durch Zulassungshürden erschwert und<br />

wird nur von wenigen Menschen beschritten.<br />

Durch unterschiedlichste Regelungen für den<br />

so genannten dritten Bildungsweg in den einzelnen<br />

Ländern ist ein föderaler Flickenteppich<br />

entstanden, der den Übergang von der beruflichen<br />

Bildung in die Hochschule systematisch<br />

erschwert.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert, dass allgemeine und berufliche<br />

Ausbildung grundsätzlich als gleichwertig<br />

210<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

301


anerkannt werden. Der Abschluss einer anerkannten<br />

Berufsausbildung sollte grundsätzlich<br />

die Studienberechtigung beinhalten, wie es<br />

bereits in vielen OECD-Staaten üblich ist. <strong>Das</strong><br />

bedeutet, dass auch die berufsbildenden<br />

Schulen auf ein Studium vorbereiten und personell<br />

und sachlich entsprechend ausgestattet<br />

werden müssen. Auch in der Lehrerinnen- und<br />

Lehrerbildung muss dieser Bildungsauftrag berücksichtigt<br />

werden. Darüber hinaus ist sicherzustellen,<br />

dass in der beruflichen Bildung<br />

erworbene Qualifikationen von den Hochschulen<br />

anerkannt und auf das Studium angerechnet<br />

werden. Die Hochschulen müssen sich<br />

für beruflich Qualifizierte verstärkt öffnen, ihnen<br />

insbesondere in der Studieneingangsphase<br />

die nötige Unterstützung bieten und zielgruppenspezifische<br />

Teilzeit-Studienangebote<br />

machen.<br />

Studiengebühren abschaffen – bundesweit<br />

Der Zugang zur Hochschule darf nicht vom<br />

Geldbeutel der Studierenden und ihrer Eltern<br />

abhängen, sondern muss allen offenstehen, die<br />

eine Hochschulzugangsberechtigung erworben<br />

haben. Die <strong>GEW</strong> fordert deshalb die Abschaffung<br />

jeglicher Studiengebühren, seien es<br />

allgemeine Studiengebühren, so genannte<br />

Langzeitstudiengebühren oder Studienkonten.<br />

Viele Bundesländer haben inzwischen gezeigt:<br />

Fehler lassen sich korrigieren, Widerstand<br />

gegen das Bezahlstudium zahlt sich aus. Mit<br />

Niedersachsen hat inzwischen das vorletzte<br />

Bundesland angekündigt, allgemeine Studiengebühren<br />

wieder abzuschaffen. Nur Bayern hält<br />

derzeit noch am Bezahlstudium ab dem ersten<br />

Semester fest.<br />

Die <strong>GEW</strong> erinnert Bund und Länder an ihre Verpflichtungen<br />

aus dem von ihr ratifizierten Internationalen<br />

Pakt für wirtschaftliche, soziale und<br />

kulturelle Rechte. Darin hat die Bundesrepublik<br />

das Recht einer und eines jeden auf Bildung<br />

völkerrechtlich anerkannt und sich im Hinblick<br />

auf die volle Verwirklichung dieses Rechts unter<br />

anderem dazu verpflichtet, das Hochschulstudium<br />

"auf jede geeignete Weise, insbesondere<br />

durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit"<br />

allen entsprechend ihrer<br />

Fähigkeiten zugänglich zu machen<br />

(Art. 13 Abs. 2 UN-Sozialpakt). Ein bundesweit<br />

gebührenfreies Studium ist völkerrechtlich verankert,<br />

bildungspolitisch vernünftig und sozialpolitisch<br />

geboten.<br />

265<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

315<br />

302


3.45 Baustelle Hochschule –<br />

Vier Bausteine für die Reform der<br />

Promotionsphase<br />

Antragsteller: BA Hochschule und Forschung<br />

und BASS<br />

Die Bedingungen für eine wissenschaftliche<br />

Qualifizierung in Deutschland sind alles andere<br />

als "exzellent". Prekäre Arbeitsverhältnisse und<br />

Finanzierungsmodelle von Promovierenden,<br />

unsichere Karrierechancen, ungünstige<br />

Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Promovierenden<br />

und Betreuenden, fehlende Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />

von Promovierenden<br />

aufgrund ihres ungeklärten Status und<br />

nicht zuletzt soziale Ungleichheiten in Bezug<br />

auf Zugang und Möglichkeiten zur Promotion<br />

kennzeichnen die Promotionsphase als eine<br />

zentrale Problemlage der Baustelle Hochschule.<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich für eine Reform der Promotionsphase<br />

ein. Zentral hierfür ist die Anerkennung<br />

der Promotionsphase als erste Stufe<br />

selbstständiger wissenschaftlicher Arbeit und<br />

der Promovierenden als „early stage researchers“.<br />

Schließlich leisten Promovierende einen<br />

maßgeblichen Anteil an Forschung und Lehre.<br />

Sie generieren innovative Ideen und Ergebnisse,<br />

werben Drittmittel ein und übernehmen<br />

einen nicht geringen Teil der akademischen<br />

Lehre, Prüfungsaufgaben sowie administrative<br />

Aufgaben im Bereich ihrer Hochschulen und<br />

Forschungseinrichtungen.<br />

Es bedarf eines transparenten und gerechten<br />

Zugangs zur Promotion und eines einheitlichen<br />

Status der Promovierenden, der zugleich eine<br />

gleichberechtigte Teilhabe garantiert. Des<br />

Weiteren brauchen wir eine bessere Absicherung<br />

und eine angemessene Unterstützung der<br />

Qualifizierungsphase sowie die Integration der<br />

sich qualifizierenden Wissenschaftler_innen in<br />

den Arbeitsmarkt, indem Stellen der Vorzug vor<br />

Stipendien gegeben wird.<br />

1. Gerechte Zugangsmöglichkeiten durch<br />

eine transparente und unbürokratische<br />

Zulassungspolitik<br />

Um mehr soziale Gerechtigkeit und Transparenz<br />

beim Zugang zur Promotion zu schaffen,<br />

müssen unangemessene Zulassungsrestriktionen<br />

abgeschafft werden, muss die<br />

Exposéphase, d.h. die voraussetzungsreiche<br />

schriftliche Darstellung und Begründung des<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgenden Änderungen:<br />

Die Zeilen 1 - 36 werden ersetzt durch:<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich für eine Reform der Promotionsphase<br />

und ihre Anerkennung als erste<br />

Stufe selbstständiger wissenschaftlicher Arbeit<br />

ein.<br />

Annahme der Zeilen 38 - 205<br />

Die restlichen Zeilen werden Material zu 3.45<br />

303


Promotionsvorhabens, als Einstieg und nicht als<br />

Hürde gestaltet werden und müssen Maßnahmen<br />

für mehr Chancengerechtigkeit ergriffen<br />

werden.<br />

Auch ein adäquater akademischer Studienabschluss<br />

an einer Fachhochschule, der die<br />

Zulassungsvoraussetzungen zur Promotion an<br />

der jeweiligen Institution erfüllt, ist ausreichend.<br />

Zusätzliche Auflagen wie verpflichtende<br />

Seminare oder weitere zulassungsrelevante<br />

Zertifikate sind als unnötige Verlängerungen<br />

der Promotion abzulehnen. Die Exposéphase<br />

ist als Teil der Qualifizierung anzuerkennen, indem<br />

auch sie finanziell abgesichert wird. Weder<br />

Geschlecht, Herkunft, Alter, Behinderung<br />

noch familiäre Betreuungsaufgaben dürfen zu<br />

einer Benachteiligung führen. Durch Abbau von<br />

Hürden, eine gesicherte Finanzierung und eine<br />

transparente, unbürokratische Zulassungspolitik<br />

kann ein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit<br />

geleistet werden.<br />

2. Die Mitbestimmungsmöglichkeiten von<br />

Promovierenden durch einen einheitlichen<br />

Status stärken<br />

Paradoxerweise entscheidet derzeit die Finanzierungsart<br />

– Stelle an der Hochschule, Stipendium<br />

oder wissenschaftsexterne Finanzierung<br />

– und nicht die Tätigkeit über Status und<br />

Partizipationsmöglichkeiten von Promovierenden.<br />

Damit Promovierende als „early stage researchers“<br />

anerkannt werden und gleichberechtigt<br />

an der Gestaltung ihrer Hochschulen<br />

und Forschungseinrichtungen partizipieren<br />

können, ist die Zugehörigkeit zu einer einheitlichen<br />

Statusgruppe in der akademischen Selbstverwaltung<br />

unabdingbar. Voraussetzung dafür<br />

ist die Aufnahme aller Promovierenden als<br />

wahlberechtigte Mitglieder der Hochschule.<br />

Aufgrund ihrer Tätigkeit als Wissenschaftler_innen<br />

sind alle Promovierenden unabhängig von<br />

der Finanzierung ihrer Promotion der Statusgruppe<br />

der wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen<br />

zuzuordnen. In Forschungseinrichtungen<br />

und Graduiertenschulen etc. sind Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />

zu schaffen, die es den<br />

Wissenschaftler_innen erlauben, ihre institutionelle<br />

Forschungsumgebung mitzugestalten.<br />

3. Stellen vor Stipendien<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich für eine Schaffung ausreichend<br />

tarifvertraglich geregelter und sozialversicherungspflichtiger<br />

Qualifikationsstellen ein,<br />

in denen den Promovierenden mindestens drei<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

304


Viertel der bezahlten Arbeitszeit für die Promotion<br />

und auch sämtliche Unterstützungsstrukturen<br />

der Hochschule oder Forschungseinrichtung<br />

zur Verfügung stehen. Bei Qualifizierungsstellen<br />

muss die Laufzeit des befristeten<br />

Beschäftigungsverhältnisses mindestens<br />

der voraussichtlichen Dauer der Qualifizierung<br />

entsprechen. Stipendien sollen weiterhin möglich<br />

sein aber die Ausnahme darstellen. Eine<br />

Einbindung der Stipendiat_innen in die Unterstützungsstrukturen<br />

ist Aufgabe der Hochschulen<br />

und Forschungseinrichtungen.<br />

4. Absicherung und Unterstützung der Promotionsphase<br />

durch Offene Graduiertenzentren<br />

Neben dem Abhängigkeitsverhältnis zwischen<br />

Promovierenden und den Betreuenden stehen<br />

die Bedingungen der Finanzierung und die<br />

Dauer der Promotion in engem Zusammenhang<br />

und wirken sich auf deren Qualität und die<br />

Machbarkeit des Vorhabens aus. Hier bedarf es<br />

einer konstruktiven Unterstützung der Promovierenden.<br />

Wir plädieren für eine strukturelle Veränderung<br />

der bisher durch oft problematische<br />

Abhängigkeiten bestimmten Betreuungskonstellationen,<br />

indem in Offenen Graduiertenzentren<br />

adäquate Unterstützungsmöglichkeiten,<br />

von der rechtlichen Beratung über Konfliktmanagement<br />

bis hin zu Fortbildungsangeboten<br />

und Karriereplanung, vorgehalten werden,<br />

die es den Promovierenden ermöglichen,<br />

die Promotionsphase selbstbestimmt und unabhängiger<br />

von der Begleitung durch die zuständigen<br />

Hochschullehrer_innen zu gestalten.<br />

Hinsichtlich der Absicherung und Unterstützung<br />

der Promotionsphase plädieren wir<br />

für die Einrichtung Offener Graduiertenzentren<br />

als Dachstruktur für alle Promovierenden einer<br />

Universität, die adäquate Unterstützungsmöglichkeiten<br />

bieten, ohne die produktive Vielfalt<br />

von Promotionswegen<br />

und -ausrichtungen abzubauen. Dabei grenzen<br />

wir uns von Graduiertenprogrammen ab, die<br />

mit verpflichtenden Veranstaltungen und strengen<br />

Vorgaben nötige Freiheiten wissenschaftlicher<br />

Arbeit beschneiden. Der Zugang zu diesen<br />

offenen Graduiertenzentren steht allen Promotionsinteressierten<br />

zu jeder Phase der Qualifizierung<br />

offen. Die Promovierenden sind an der<br />

Entwicklung und Gestaltung der Angebote zu<br />

beteiligen, und ihnen sind umfassende Mitbestimmungsrechte<br />

in den Zentren zu gewähren.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

305


Offene Graduiertenzentren machen prozessbegleitende<br />

Veranstaltungs- und Beratungs-angebote<br />

von der Aufnahme bis zum Abschluss der<br />

Promotion, die freiwillig genutzt werden können.<br />

Sie sind eine Plattform für den fachlichen<br />

und überfachlichen Austausch und tragen ihren<br />

Teil zur Integration der Promovierenden in die<br />

wissenschaftliche Community und zur innovativen<br />

Entwicklung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

bei. Sie erheben verlässliche<br />

Daten zu den Arbeitsbedingungen der<br />

Promovierenden und stehen für faire<br />

Bedingungen und soziale Gerechtigkeit ein.<br />

Eine enge Zusammenarbeit der Offenen Graduiertenzentren<br />

mit verschiedenen Förderinstitutionen<br />

für den Bereich Wissenschaft und Forschung<br />

soll eine verlässliche und kontinuierliche<br />

finanzielle und institutionelle Unterstützung<br />

der Promovierenden gewährleisten.<br />

Wir sehen eine solche angebotsorientierte,<br />

konstruktive und offene Strukturierung in offenen<br />

Graduiertenzentren als Chance für eine<br />

Verbesserung der Promotionsphase in Deutschland<br />

bei gleichzeitiger Wahrung notwendiger<br />

Freiräume für Wissenschaft und Forschung.<br />

Für eine Reform der Promotionsphase fordern<br />

wir deshalb:<br />

• Die Anerkennung der Promotion als erste<br />

Phase selbstständiger, wissenschaftlicher<br />

Arbeit.<br />

• Transparente und chancengleiche Zugangsmöglichkeiten<br />

zur Promotion für alle Promotionsinteressierten<br />

mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss.<br />

• Den Ausbau von sozialversicherungspflichtigen<br />

und tarifvertraglich geregelten Stellen mit<br />

angemessenen Laufzeiten und ausreichend Zeit<br />

zur Qualifizierung in der Arbeitszeit.<br />

• Einen einheitlichen Status als Mitglieder<br />

der Hochschule in der Gruppe der wissenschaftlichen<br />

Mitarbeiter_innen und<br />

gleichberechtigte Mitbestimmung von allen<br />

Promovierenden an Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

• Materielle und ideelle Unterstützungsmöglichkeiten<br />

bereits in der Exposéphase.<br />

• Verlässliche, freiwillige und partizipative<br />

Unterstützungsstrukturen durch Offene Graduiertenzentren<br />

als Dachstruktur für alle Promovierenden<br />

einer Universität.<br />

155<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

306


3.46 Für Zivilklauseln in Satzungen und<br />

Leitbildern aller Hochschulen und<br />

Forschungseinrichtungen sowie in den<br />

Landeshochschulgesetzen<br />

Antragsteller: BFGA Hochschule und<br />

Forschung<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahmemit folgender Änderung:<br />

Die Zeile 46 lautet wie folgt:<br />

... mit Peronal- und Betriebsräten ...<br />

Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />

• Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass in<br />

Satzungen und Leitbildern aller Hochschulen<br />

und Forschungseinrichtungen<br />

sowie in den Landeshochschulgesetzen<br />

Zivilklauseln verankert werden. Sie fordert<br />

die Einrichtung von durch die Hochschulsenate<br />

zu wählenden Kontrollgremien für die<br />

Einhaltung der Zivilklauseln.<br />

• Die <strong>GEW</strong> fördert die öffentliche Diskussion<br />

über Drittmittelforschung an Hochschulen<br />

und Forschungseinrichtungen, deren Ergebnisse<br />

militärisch genutzt werden können,<br />

und arbeitet dabei mit anderen Organisationen<br />

der Zivilgesellschaft zusammen. Die<br />

<strong>GEW</strong> unterstützt Engagement und Initiativen<br />

für Zivilklauseln und gegen die Militarisierung<br />

von Forschung, Wissenschaft und<br />

Lehre.<br />

• Die <strong>GEW</strong> fordert die Aufhebung von Fachrichtungen<br />

und Studiengängen, die auf Rüstungsforschung<br />

und militärisch nutzbarer<br />

Forschung aufbauen.<br />

• Die <strong>GEW</strong> unterstützt Bestrebungen zur Etablierung<br />

von Friedensforschung und entsprechender<br />

Lehre an Hochschulen und<br />

Forschungseinrichtungen und beteiligt sich<br />

an der Erstellung entsprechender Konzeptionen.<br />

• Die <strong>GEW</strong> fordert alle Beschäftigten von<br />

Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

auf, sich aktiv und kritisch mit Ambivalenzen<br />

des eigenen Fachgebietes und möglicher<br />

Forschungsthemen auseinanderzusetzen<br />

und Forschungsthemen mit militärischen<br />

Nutzungsbezügen bzw. Zielsetzungen<br />

abzulehnen sowie entsprechende Mittel<br />

oder andere Angebote zurückzuweisen. Die<br />

<strong>GEW</strong> ruft darüber hinaus alle Studierenden<br />

auf, sich aktiv und kritisch mit Ambivalenzen<br />

ihres Studienfaches auseinanderzusetzen.<br />

Die Hochschulen sollen hierzu entsprechende<br />

Veranstaltungsangebote unterbreiten.<br />

• Die <strong>GEW</strong> unterstützt in Zusammenarbeit<br />

mit den Personalräten Beschäftigte an<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

307


Hochschulen und Forschungseinrichtungen,<br />

die eine Mitarbeit an Projekten zu Rüstungsforschung<br />

und militärisch nutzbarer<br />

Forschung ablehnen.<br />

Begründung<br />

An über 40 Hochschulen wird heute explizit im<br />

Auftrag des Bundesverteidigungsministeriums<br />

geforscht. Rüstungsforschung und militärisch<br />

nutzbare Forschung zu Sicherheitspolitik oder<br />

Überwachungstechnologien sowie die auf ihnen<br />

aufbauende Lehre nehmen an Hochschulen<br />

und Forschungseinrichtungen einen<br />

immer größeren Raum ein. Sie ziehen Ressourcen<br />

von der Arbeit der Wissenschaft an den<br />

globalen Herausforderungen der Menschheit<br />

ab, behindern die Freiheit von Lehre und Forschung,<br />

binden öffentliche Mittel, die ziviler<br />

Lehre und Forschung zugutekommen müssten,<br />

und schaffen für Lehrende, Lernende und Forschende<br />

Zwänge, gegen ihr eigenes Gewissen<br />

zu arbeiten.<br />

Zivilklauseln als freiwillige Selbstverpflichtungen<br />

auf friedliche und zivile Lehre und Forschung<br />

geben bei permanenter öffentlicher<br />

Kontrolle ihrer Einhaltung Schutz gegen diese<br />

Entwicklung und darüber hinaus immer wieder<br />

Anlass zur Diskussion über die Aufgaben einer<br />

Lehre und Forschung, die sich ihres gesellschaftlichen<br />

Auftrags bewusst ist.<br />

Die <strong>GEW</strong> hat bereits mit ihren HV-Beschlüssen<br />

"Zivilklausel an Hochschulen und Forschungseinrichtungen"<br />

vom 12./13. November 2010<br />

und "Bundeswehr und Schule: Einfluss<br />

zurückdrängen - Politische Bildung ist Aufgabe<br />

von Lehrkräften" vom 05.0/6. März 2010 Stellung<br />

gegen die Militarisierung von Bildung und<br />

Forschung bezogen. Der Bundeskongress der<br />

Gewerkschaft ver.di 2011 hat einen thematisch<br />

verwandten Antrag ("Zivilklausel für alle Hochschulen,<br />

Forschungseinrichtungen und Schulen")<br />

beschlossen.<br />

Ein Beschluss des Gewerkschaftstages entspricht<br />

der gewachsenen Bedeutung von Rüstungsforschung<br />

und militärisch nutzbarer Forschung<br />

an Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />

und fordert alle <strong>GEW</strong>-Mitglieder auf,<br />

sich gegen sie zu engagieren.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

308


3.47 Forderungen der <strong>GEW</strong> für den<br />

Bereich Fachhochschulen<br />

Antragsteller: BFGA Hochschule und<br />

Forschung<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />

Die <strong>GEW</strong> setzt sich dafür ein, dass die<br />

Fachhochschulen als eigenständiger Hochschultyp<br />

ausgebaut werden und dass die<br />

Gleichwertigkeit von Fachhochschulen und<br />

Universitäten auch durch den Ausbau einer<br />

entsprechenden Personalstruktur an den<br />

Fachhochschulen bei gleichzeitigem Abbau tariflicher<br />

und außertariflicher Diskriminierungen<br />

durchgesetzt wird.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert weiterhin, dass die gegenseitige<br />

Durchlässigkeit zwischen Fachhochschulen<br />

und Universitäten für Studierende, Absolvent_innen,<br />

und Wissenschaftler_innen –<br />

zum Beispiel Doktorand_innen und Postdocs -<br />

sichergestellt wird. Im Einzelnen bedeutet dies<br />

den Einsatz der <strong>GEW</strong> für folgende Teilziele:<br />

1.) Personalstruktur<br />

Alle diejenigen, die über einen Hochschulabschluss<br />

verfügen und in Forschung, Lehre und<br />

Wissenschaftsmanagement neben den Professor_innen<br />

tätig sind, sollen als Wissenschaftliche<br />

Mitarbeiter_innen beschäftigt werden.<br />

2.) Mittelausstattung<br />

Lehre und Forschung müssen durch eine hinreichende<br />

staatliche Grundfinanzierung langfristig<br />

sichergestellt werden. Für die Einrichtung und<br />

Aufrechterhaltung von Qualifizierungsstellen<br />

sind ebenfalls Mittel bereitzustellen.<br />

3.) Eingruppierung, Besoldung und Lehrverpflichtung<br />

Die Eckeingruppierung für alle wissenschaftlichen<br />

Mitarbeiter_innen soll tarifvertraglich geregelt<br />

sein und mindestens in die Entgeltgruppe<br />

13 erfolgen. Beschäftigte, die Aufgaben<br />

in Lehre und/oder Forschung und/oder Wissenschaftsmanagement<br />

wahrnehmen sollen,<br />

jedoch nicht über die Promotionsfähigkeit (EG<br />

13), aber zumindest über einen Bachelorabschluss<br />

oder eine vergleichbare Qualifikation<br />

verfügen, sind in die EG 12 einzugruppieren.<br />

Die Lehrverpflichtung von allen Arbeitnehmer_innen<br />

ist grundsätzlich tarifvertraglich zu<br />

regeln. Diejenige der Beamt_innen soll sich an<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

309


diesen Tarifverträgen orientieren. Fachhochschulprofessor_innen<br />

sollen ausschließlich auf<br />

W3-Stellen beschäftigt werden und damit auch<br />

besoldungsrechtlich Universitätsprofessor_innen<br />

gleichgestellt werden.<br />

Der Master-Abschluss an Fachhochschulen soll<br />

auch tarifvertraglich uneingeschränkt als wissenschaftlicher<br />

Hochschulabschluss gelten und<br />

den Zugang zum höheren Dienst ermöglichen.<br />

4.) Studium und Durchlässigkeit<br />

Gesetzliche und faktische Hürden beim Wechsel<br />

von der Fachhochschule zur Universität<br />

müssen vollständig abgebaut werden. <strong>Das</strong> gilt<br />

sowohl vom Wechsel zwischen erstem und<br />

zweitem Studienabschnitt als auch für den<br />

Zugang zur Promotion. Die Lissabon-Konvention<br />

zur Anerkennung von Studienleistungen<br />

muss gerade auch für den Wechsel zwischen<br />

zwei Hochschultypen Anwendung finden. Die<br />

Anerkennungspraxis der Universitäten soll dazu<br />

bundesweit evaluiert werden.<br />

5.) Qualifikationsförderung / Promotionen<br />

Wenn das Promotionsrecht weiterhin ausschließlich<br />

bei den Universitäten liegt, folgt daraus<br />

die Verpflichtung der Universitäten zu kooperativen<br />

Promotionen. Diese Möglichkeit<br />

darf nicht nur auf zufällig entstandenen Kontakten<br />

von WissenschaftlerInnen aufbauen,<br />

sondern muss institutionell derart verankert<br />

werden, dass jede Fachhochschule über eine<br />

beschränkte Zahl zuverlässiger Partneruniversitäten<br />

verfügt.<br />

Wenn ein entsprechendes Forschungsumfeld<br />

vorhanden ist, sollen Fachhochschulen das Promotionsrecht<br />

erhalten. Sie müssen ihre Möglichkeiten<br />

zur Förderung wissenschaftlicher<br />

Qualifizierungen ausschöpfen, indem sie unter<br />

anderem Tenure-TrackOptionen anbieten, zu<br />

denen auch Juniorprofessuren mit der Chance<br />

zur parallelen Praxisqualifikation gehören.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

Begründung<br />

Den Fachhochschulen obliegt seit dem Bologna-Prozess<br />

ebenso wie den Universitäten die<br />

Aufgabe, Studierende zum Bachelor- oder Master-Abschluss<br />

zu führen. Die Fachhochschulen<br />

verfolgen ein Konzept der angewandten Wissenschaften<br />

mit hohem Praxisbezug in der<br />

Lehre. Ihnen wird de jure die angewandte und<br />

praxisnahe Forschung zugeordnet.<br />

95<br />

100<br />

310


An Fachhochschulen haben sich besondere<br />

Fachkulturen etabliert. Insbesondere Ingenieurwissenschaften,<br />

Sozialarbeitswissenschaften<br />

und Wirtschaftswissenschaften haben hier<br />

eine lange Tradition. Bei der Akademisierung<br />

von bisher nicht an Hochschulen vertretenen<br />

Disziplinen z. B. im Bereich der Gesundheitsund<br />

Pflegewissenschaften, sind die Fachhochschulen<br />

in der Regel die Institutionen, die solche<br />

Studiengänge einrichten.<br />

Fachhochschulen übernehmen Integrationsaufgaben<br />

innerhalb der Gesellschaft. <strong>Das</strong> soziale<br />

Profil der Studierenden an den Universitäten<br />

unterscheidet sich traditionell von dem an<br />

Fachhochschulen. An Universitäten kommen<br />

anteilig die meisten Studierenden aus der<br />

Herkunftsgruppe "hoch" (41 %), während dieser<br />

Anteil an den Fachhochschulen geringer ist<br />

(25 %). Die Fachhochschulen bestätigen ihren<br />

Ruf als Bildungsinstitutionen, die vor allem für<br />

Studieninteressierte aus hochschulfernen<br />

Schichten attraktiv sind: Hier ist eine vergleichsweise<br />

ausgewogene soziale Zusammensetzung<br />

anzutreffen: Drei von zehn Studierenden<br />

kommen aus der Herkunftsgruppe "mittel"<br />

(30 %) und zwei von zehn haben eine<br />

Herkunftsfamilie, die der Gruppe "niedrig"<br />

(20 %) zugeordnet wurde. (DSW/HIS 2009:<br />

130f, (http://www.sozialerhebung.de/download/19/<br />

Soz1906Kap04.pdf).<br />

Die Aufnahme eines Studiums ohne formale<br />

Hochschulreife, aber mit beruflicher Qualifikation<br />

ist in der Praxis an Fachhochschulen eher<br />

möglich als an Universitäten. Hinzu kommt,<br />

dass Fachhochschulen in stärkerem Maße als<br />

Universitäten duale Studiengänge anbieten und<br />

so die Möglichkeit eröffnen, neben einer beruflichen<br />

Ausbildung oder Berufstätigkeit studieren<br />

zu können. Die im Vergleich zu den Universitäten<br />

besseren Betreuungsverhältnisse an<br />

den Fachhochschulen und ihr besonderer<br />

Akzent auf gute Lehre senken die Barrieren für<br />

Studieninteressierte aus hochschulfernen<br />

Schichten.<br />

Fachhochschulen haben in der Regel eine tief<br />

wurzelnde Verankerung in der Region. Diese<br />

Regionalität wird an den meisten Fachhochschulen<br />

durch eine stark internationale strategische<br />

Ausrichtung ergänzt.<br />

Fachhochschulen sind anders als Universitäten,<br />

aber gleichwertig.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

311


Die bisherige Personalausstattung an den<br />

Fachhochschulen wird den Aufgaben nicht<br />

mehr gerecht. Die Professor_innen haben<br />

formal eine sehr hohe Lehrverpflichtung (18<br />

SWS), auch "Lehrkräfte für besondere Aufgaben"<br />

an Fachhochschulen haben eine deutlich<br />

höhere Lehrverpflichtung als ihre Kolleg_innen<br />

an Universitäten. Wissenschatliche Mitarbeiter_innen<br />

gehören nur in wenigen Bundesländern<br />

zur personellen Grundausstattung der<br />

Fachhochschulen. Personalstruktur und<br />

Arbeitslast geben kaum Raum für Forschung.<br />

Die tatsächliche Situation an den Fachhochschulen<br />

ist jedoch einem starken Wandel ausgesetzt:<br />

Während Professor_innen und deren<br />

Mitarbeiter_innen auch verstärkt Forschungstätigkeiten<br />

wahrnehmen, werden zunehmend<br />

Lehrveranstaltungen selbstständig von Mitarbeiter_innen<br />

übernommen.<br />

Die Berufung zum Professor/zur Professorin einer<br />

Fachhochschule setzt in der Regel eine<br />

mehrjährige Tätigkeit außerhalb der Hochschule<br />

und eine Promotion voraus. <strong>Das</strong> führt im<br />

seltensten Fall dazu, dass Absolvent_innen von<br />

Fachhochschulen auch zu Professor_innen werden.<br />

Die Schaffung von Promotionsmöglichkeiten<br />

für Fachhochschulabsolvent_innen, aber<br />

auch die Ermöglichung z. B. spezieller Juniorprofessuren<br />

sollten für wissenschaftliche Mitarbeiter_innen<br />

von Fachhochschulen eine Option<br />

sein, um eine Fachhochschulprofessur zu<br />

erreichen. Nur so ist z. B. sicherzustellen, dass<br />

es wissenschaftliche Qualifizierungen in<br />

Disziplinen, die nur an Fachhochschulen bestehen<br />

und demzufolge auch nur dort das entsprechende<br />

Forschungsumfeld anzutreffen ist<br />

(z.B. neuere Studiengänge in den Pflege- und<br />

Gesundheitswissenschaften), überhaupt geben<br />

kann.<br />

Immer noch gibt es zahlreiche tarifliche und<br />

außertarifliche Diskriminierungen von FH-Beschäftigten<br />

und -Absolvent_innen. Neben der<br />

schon erwähnten deutlich höheren Lehrverpflichtung<br />

werden Lehrkräfte für besondere<br />

Aufgaben nach Richtlinie der TdL in den meisten<br />

Bundesländern nur in EG 11 eingruppiert,<br />

während ihre Kolleg_innen an Universitäten<br />

(bei geringerer Lehrverpflichtung) in EG 13<br />

sind. Außerdem gibt es im Bereich der Professuren<br />

an den Fachhochschulen nur wenige W3-<br />

Stellen, der Großteil der Stellen sind nur W2,<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

312


während es an den Universitäten im Verhältnis<br />

deutlich mehr W3-Stellen gibt.<br />

Die Entgeltordnung zum TV-L regelt weiterhin,<br />

dass Masterabschlüsse der Fachhochschulen<br />

nur dann den Zugang zum höheren Dienst (EG<br />

13) ermöglichen, wenn der Studiengang entsprechend<br />

akkreditiert ist. Eine vergleichbare<br />

Regelung für Universitätsstudiengänge gibt es<br />

hingegen nicht.<br />

Nur wenn diese Diskriminierungen abgebaut<br />

werden, können Fachhochschulen auch als<br />

gleichwertige Bildungs- und Forschungseinrichtungen<br />

wahrgenommen werden.<br />

215<br />

220<br />

225<br />

313


Anträge zum Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> in Düsseldorf vom 12.-16. Juni 2013<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

4. Satzung<br />

4.1 Strukurveränderungen (GV und Bundesausschüsse)<br />

LV Sachsen-Anhalt<br />

4.2 Satzungsergänzender Hilfsantrag zum Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zu<br />

§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />

LV Hamburg<br />

4.3 Änderung der <strong>GEW</strong>-Satzung in § 20 der <strong>GEW</strong>-Satzung Ziff. 1.und 2.<br />

(Geschäftsführender Vorstand)<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

4.4 Satzung: Umbenennung Arbeitsbereich AuB<br />

Hauptvorstand<br />

4.5 Anpassung der Satzung an die Organisationswirklichkeit<br />

LV Sachsen-Anhalt<br />

4.6 Satzungsänderung "Politischer Streik"<br />

BA der Studentinnen und Studenten/BFGA Hochschule und Forschung<br />

4.7 Satzungsänderung Mitgliedschaft von Strafgefangenen und<br />

Sicherungsverwahrten deutscher Justizvollzugsanstalten<br />

BA Studentinnen und Studenten/BFGA Hochschule und Forschung<br />

4.8 Satzungsänderung<br />

LV Hessen<br />

4.9 Antrag zu § 13 Absatz 1 der <strong>GEW</strong>-Satzung: Zusammensetzung der<br />

Delegierten des Gewerkschaftstages<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

4.10 Verbesserung der Arbeit in den Gremien<br />

LV Sachsen-Anhalt<br />

4.11 Neustrukturierung der Bundesfachgruppenausschüsse an<br />

allgemeinbildenden Schulen<br />

Bundesfachgruppenausschuss Realschulen<br />

4.12 Namensänderung des BAMA<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

4.13 Satzungsergänzender Antrag betr. § 23 der Satzung der <strong>GEW</strong><br />

LV Hamburg<br />

4.14 Verbesserung der Mitwirkung in den allgemeinen schulischen Fachgruppen<br />

Bundesfachgruppenausschüsse Grundschule, Sonderpädagogische Berufe,<br />

Gesamtschule, Gymnasium<br />

315<br />

319<br />

320<br />

323<br />

324<br />

330<br />

332<br />

337<br />

338<br />

339<br />

341<br />

345<br />

347<br />

348<br />

314


4.1 Strukurveränderungen (GV und<br />

Bundesausschüsse)<br />

Antragsteller: LV Sachsen-Anhalt<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />

Die Satzung der <strong>GEW</strong> wird wie folgt geändert:<br />

I. In § 18 werden in Ziffer 1 Buchstaben c) die<br />

folgenden Worte angefügt:<br />

; nach Buchstabe b) zwei weitere Vertreterinnen<br />

oder Vertreter<br />

II. In § 19 wird in Ziffer 1 Buchstabe b) die Ziffer<br />

"7" durch die Ziffer "6" ersetzt.<br />

III. In § 20 erhält die Ziffer 1 die folgende<br />

Fassung:<br />

1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören<br />

an:<br />

a) die Vorsitzende oder der Vorsitzende,<br />

b) fünf stellvertretende Vorsitzende mit jeweils<br />

einem der folgenden Arbeitsschwerpunkte:<br />

•Organisation, Service und Finanzen<br />

•Tarif- und Beamtenpolitik,<br />

•Bildungspolitik im Bereich der Kinder- und<br />

Jugendhilfe,<br />

•Bildungspolitik im Bereich Schule,<br />

•Bildungspolitik im Bereich Hochschule, Forschung<br />

und Erwachsenenbildung<br />

Mindestens die Hälfte der Mitglieder des Geschäftsführenden<br />

Vorstandes sollen Frauen<br />

sein.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

IV. § 20 Ziffer 4 wird gestrichen. Die bisherigen<br />

Ziffern 5 – 7 werden die neuen Ziffern 4 – 6.<br />

V. In § 21 werden zwei Mal die Worte "leitet die<br />

stellvertretende Vorsitzende bzw. der stellvertretende<br />

Vorsitzende" ersetzt durch die Worte:<br />

leiten die stellvertretenden Vorsitzenden<br />

VI. In § 22 Ziffer 1 erhalten die Buchstaben<br />

a – e die folgende Fassung:<br />

a) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />

Schulen (Primarbereich)<br />

b) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />

Schulen (Sekundarbereich)<br />

c) Bundesfachgruppenausschuss Berufsbildende<br />

Schulen<br />

d) Bundesfachgruppenausschuss Erwachsenenbildung<br />

e) Bundesfachgruppenausschuss Hochschule<br />

und Forschung<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Die bisherigen Buchstaben k – r werden die<br />

neuen Buchstaben f – n.<br />

315


Begründung<br />

Zuschnitt der politischen Aufgabenbereiche<br />

des Geschäftsführenden Vorstandes<br />

Mit dem Satzungsvorschlag zu einer geänderten<br />

Struktur des Geschäftsführenden<br />

Bundesvorstandes wird der Versuch unternommen,<br />

die teils intensiven Diskussionen der letzten<br />

10 Jahre aufzugreifen und in einem Vorschlag,<br />

der sich in den Debatten als am meisten<br />

zustimmungsfähig gezeigt hat, zusammenzufassen.<br />

Mit der neuen Struktur soll vor allem ein Zeichen<br />

für eine Gesamtverantwortung des Geschäftsführenden<br />

Vorstandes für die Politik in<br />

und für die <strong>GEW</strong> zwischen den Gewerkschaftstagen<br />

gesetzt und damit u.a. der vielfach<br />

beklagten "Versäulung" innerhalb der GV-<br />

Struktur entgegengewirkt werden. Dies soll insbesondere<br />

dadurch erreicht werden, dass neben<br />

der bzw. dem Vorsitzenden an die Stelle<br />

der bisherigen Statusunterschiede zwischen<br />

den GV-Mitgliedern (Mitglieder für Arbeitsbereiche,<br />

Mitglieder für Organisationsbereiche,<br />

ein Mitglied mit der Zusatzfunktion der/des<br />

stellvertretenden Vorsitzenden) eine solche Anzahl<br />

gleichberechtigter stellvertretender Vorsitzender<br />

treten soll, die für die Erfüllung der<br />

politischen Aufgaben auf der Bundesebene<br />

erforderlich sind.<br />

Über die erforderliche Anzahl der stellvertretenden<br />

Vorsitzenden bestehen hinsichtlich der<br />

auf der Bundesebene zwingend zu erfüllenden<br />

politischen Kernaufgaben durchaus unterschiedliche<br />

Auffassungen. Die Spannbreite<br />

reicht dabei etwa von drei bis zu sieben weiteren<br />

GV-Mitgliedern neben der/dem Vorsitzenden.<br />

Der vorliegende Vorschlag positioniert<br />

sich mit fünf weiteren GV-Mitgliedern in der<br />

Mitte dieser Spannbreite. Dabei spielten insbesondere<br />

Überlegungen eine Rolle, die die Darstellung<br />

der <strong>GEW</strong> als Tarif- und als Bildungsorganisation<br />

nach außen gegenüber anderen<br />

Akteuren auf der Bundesebene im Blick haben.<br />

Im Hinblick auf die für die <strong>GEW</strong> besonders<br />

bedeutsame Geschlechterverteilung im Geschäftsführenden<br />

Vorstand soll die Satzung die<br />

Forderung beinhalten, dass mindestens die<br />

Hälfte der GV-Mitglieder Frauen sein sollen.<br />

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass<br />

es neben den in der Satzung zugewiesenen<br />

zentralen Arbeitsschwerpunkten selbstverständlich<br />

eine Fülle weiterer Aufgaben gibt, die<br />

von den Mitgliedern des GV im Interesse der<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

316


<strong>GEW</strong> und ihrer Mitglieder zu erfüllen sind.<br />

Über die Zuweisung weiterer Aufgaben an die<br />

GV-Mitglieder soll künftig der Hauptvorstand<br />

im Rahmen einer Geschäftsverteilung auf Vorschlag<br />

des GV entscheiden. Der vorliegende<br />

Satzungsantrag geht außerdem davon aus, dass<br />

die Identifikation der Mitglieder mit der <strong>GEW</strong><br />

in erster Linie über die sehr eigenverantwortlichen<br />

Landesverbände und ihre gewachsenen<br />

Organisationsstrukturen und weniger über die<br />

Bundesebene erfolgt.<br />

Die <strong>GEW</strong> hat sich als stark erwiesen, weil sie<br />

mehr als andere Schwester- und Konkurrenzorganisationen<br />

in der Lage ist, hohe fachliche<br />

Kompetenz besonders in bildungspolitischen,<br />

zunehmend aber auch in tarif- und beamtenpolitischen<br />

Fragen zu entwickeln und sich damit<br />

Ansehen und Respekt bei vielen Akteuren<br />

und in der Öffentlichkeit erworben hat. Auch<br />

die Auseinandersetzung mit zentralen gesellschaftspolitischen<br />

Fragestellungen gehört<br />

zum "Markenzeichen <strong>GEW</strong>". Allerdings hat sich<br />

in den vergangenen Jahren auch immer wieder<br />

gezeigt, dass eine zu weitgehende Fragmentierung<br />

der Aufgabenbereiche und ihre personale<br />

Abbildung im GV nicht förderlich ist und zu Synergieverlusten<br />

führt. Es ist nicht nur eine Frage<br />

der Ökonomie sondern der politischen Wirksamkeit,<br />

hier das richtige Maß zu finden.<br />

Neben die vier GV-Mitglieder, die zentrale politische<br />

Aufgabenbereiche für die Außenwirkung<br />

der <strong>GEW</strong> übernehmen, soll noch ein weiteres<br />

GV-Mitglied treten, das (neben der/dem Vorsitzenden)<br />

für die innerorganisatorischen Entwicklungen<br />

Verantwortung trägt. Die Entwicklungsprozesse<br />

in anderen Organisationen zeigen,<br />

dass ein solches Mandat hilfreich, möglicherweise<br />

nicht verzichtbar ist.<br />

Änderung der Struktur der Bundesfachgruppenausschüsse<br />

Mit dem Vorschlag, die Struktur der Bundesfachgruppenausschüsse<br />

durch die Zusammenfassung<br />

bestehender schulischer Bundesfachgruppenausschüsse<br />

zu verändern, wird das Ziel<br />

verfolgt, den schulpolitischen Entwicklungen<br />

der letzten Jahre im Sekundarbereich Rechnung<br />

zu tragen und eine möglichst weitgehende<br />

Kompatibilität mit der Struktur von<br />

Fachgruppen in den Landesverbänden zu erreichen.<br />

Es wird davon ausgegangen, dass die verbleibenden<br />

Bundesfachgruppenausschüsse:<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

317


•Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />

Schulen (Primarbereich)<br />

•Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />

Schulen (Sekundarbereich)<br />

•Bundesfachgruppenausschuss Berufsbildende<br />

Schulen<br />

dauerhaft auch eine Entsprechung in den<br />

Schulsystemen der Länder haben.<br />

Um die Vertretung der Fachebene in den Beschlussgremien<br />

der <strong>GEW</strong> (HV und GT) nicht zu<br />

reduzieren, werden als Kompensation für die<br />

Reduzierung der Mandate der schulischen<br />

Bundesfachgruppenausschüsse in diesen<br />

Gremien zusätzliche Mandate für den neuen<br />

Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />

Schulen (Sekundarbereich) vorgesehen. Damit<br />

soll auch die entsprechende Repräsentanz der<br />

Organisationsbereiche in den genannten<br />

Gremien weiterhin gesichert werden.<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

318


4.2 Satzungsergänzender Hilfsantrag zum<br />

Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zu § 20<br />

Geschäftsführender Vorstand<br />

Antragsteller: LV Hamburg<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />

Sollte der Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zur<br />

Änderung der Satzung der <strong>GEW</strong> zur Abstimmung<br />

kommen, so wäre hierin der Vorschlag<br />

für den neuen § 20 anzupassen:<br />

§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />

1. Dem Geschäftsführenden Vorstand<br />

gehören an:<br />

a) die Vorsitzende oder der Vorsitzende,<br />

b) fünf stellvertretende Vorsitzende mit jeweils<br />

einem der folgenden Arbeitsschwerpunkte:<br />

• Organisation, Service und Finanzen,<br />

• Tarif-, Beamten- und Seniorinnen- und Seniorenpolitik,<br />

• Bildungspolitik im Bereich der Kinder- und<br />

Jugendhilfe,<br />

• Bildungspolitik im Bereich Schule,<br />

• Bildungspolitik im Bereich Hochschule, Forschung<br />

und Erwachsenenbildung.<br />

Begründung<br />

Falls der satzungsändernde Antrag der <strong>GEW</strong><br />

Sachsen-Anhalt behandelt wird bzw. zur Abstimmung<br />

kommt, besteht die Möglichkeit,<br />

dass die Stelle in der Satzung, auf die sich unser<br />

Hauptantrag bezieht, verändert wird. Sachlich<br />

ist wiederum alles beim Alten. Falls weitere Begründung<br />

gewünscht wird, erfolgt diese mündlich.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

319


4.3 Änderung der <strong>GEW</strong>-Satzung in § 20 der<br />

<strong>GEW</strong>-Satzung Ziff. 1.und 2.<br />

(Geschäftsführender Vorstand)<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />

Antragsteller: Bundesfrauenausschuss<br />

Antrag des BFA auf Satzungsänderung an den<br />

HV (Änderungen sind unterstrichen)<br />

§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />

1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören<br />

acht Mitglieder an, die Zusammensetzung entspricht<br />

der Geschlechterverteilung der Mitglieder.<br />

Er besteht aus den Mitgliedern der acht<br />

Vorstandsbereiche.<br />

• Finanzen,<br />

• Frauen-, Gleichstellungs- und Geschlechterpolitik,<br />

• Angestellten- und Beamtenpolitik,<br />

• Organisationsentwicklung,<br />

• Jugendhilfe und Sozialarbeit,<br />

• Schule,<br />

• Hochschule und Forschung,<br />

• Berufliche Bildung und Weiterbildung.<br />

Der Gewerkschaftstag wählt aus den acht Mitgliedern<br />

des Geschäftsführenden Vorstands<br />

zwei gleichberechtigte Vorsitzende, von denen<br />

mindestens eine Person eine Frau ist.<br />

Die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstands<br />

sollen über folgende Fähigkeiten verfügen,<br />

um ihre Aufgaben im Sinne eines Teams<br />

wirkungsvoll nach innen und außen zu erfüllen:<br />

• Team-Kompetenz<br />

• Gender-Kompetenz<br />

• Fach-Kompetenz<br />

• Medien- und Kommunikationskompetenz<br />

Sie werden bei der Teamentwicklung professionell<br />

begleitet.<br />

2. Weitere Handlungsfelder sowie ihre Verteilung<br />

auf die Mitglieder des Geschäftsführenden<br />

Vorstandes werden vom Hauptvorstand auf<br />

Vorschlag des Geschäftsführenden Vorstandes<br />

festgelegt. Die Zuständigkeit für Gender Mainstreaming<br />

liegt bei beiden Vorsitzenden, wobei<br />

die Verantwortung der Umsetzung bei allen<br />

Vorstandsmitgliedern liegen muss.<br />

Begründung<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

320


Zielsetzung des Antrags<br />

Der Satzungsentwurf des Bundesfrauenausschusses<br />

verfolgt die Ziele, die Aufgabenwahrnehmung<br />

des Geschäftsführenden Vorstands in<br />

Gesamtverantwortung durch ein Teammodell<br />

mit Doppelspitze zu fördern und die Satzungsziele<br />

Geschlechterdemokratie und Antidiskriminierung<br />

durch Gender-Kompetenz aller Vorstandsmitglieder<br />

und die Verankerung von<br />

Gender Mainstreaming in der Verantwortung<br />

der beiden Vorsitzenden zu stärken.<br />

Zu den Änderungen im Einzelnen<br />

In § 20 Ziffer 1) werden folgende Veränderungen<br />

und Ergänzungen vorgenommen:<br />

Es wird festgelegt, dass sich der Frauenanteil<br />

im Geschäftsführenden Vorstand am Anteil in<br />

der Mitgliedschaft orientiert.<br />

Die bisher verwendeten Begriffe "Arbeitsbereiche"<br />

und "Organisationsbereiche" werden<br />

durch den Begriff "Vorstandsbereiche" ersetzt.<br />

Damit wird die Bezeichnung vereinheitlicht und<br />

die Betonung auf die gemeinsame Vorstandsverantwortung<br />

gelegt.<br />

Der bisherige Vorstandsbereich "Frauenpolitik"<br />

wird umbenannt in "Frauen-, Gleichstellungsund<br />

Geschlechterpolitik". Die Umbenennung<br />

orientiert sich an Zweck und Aufgaben der<br />

<strong>GEW</strong> nach § 3 und trägt der Tatsache Rechnung,<br />

dass die <strong>GEW</strong> sowohl Frauenpolitik als<br />

auch Gleichstellungspolitik betreibt und sie<br />

auch zur Geschlechterpolitik weiterentwickelt.<br />

Es wird ein zusätzlicher Vorstandsbereich "Organisationsentwicklung"<br />

aufgenommen.<br />

Die Einführung einer gleichberechtigten Doppelspitze<br />

mit Mindestquotierung folgt der in<br />

§ 3 festgeschriebenen Aufgabe der <strong>GEW</strong>, die<br />

Geschlechterdemokratie auszubauen. Gleichzeitig<br />

ist die Doppelspitze Ausdruck einer neuen<br />

politischen Kultur in der <strong>GEW</strong>, die sich an den<br />

Grundsätzen einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit<br />

im Team und in Gesamtverantwortung<br />

orientiert.<br />

Die erforderlichen Fähigkeiten für die Wahrnehmung<br />

von Vorstandsaufgaben werden mit<br />

Team-, Gender-, Fach- sowie Medien- und Kommunikationskompetenz<br />

beschrieben, für die<br />

Teamentwicklung wird eine professionelle Begleitung<br />

vorgesehen.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

321


§ 20 Ziffer 2 enthält eine redaktionelle Klarstellung,<br />

in dem der Begriff "Arbeitsbereiche"<br />

durch "Handlungsfelder" ersetzt wird.<br />

Explizit genannt wird das Handlungsfeld Gender<br />

Mainstreaming und es wird festgelegt, dass<br />

die Zuständigkeit dafür bei den beiden Vorsitzenden,<br />

die Verantwortung für die Umsetzung<br />

in der gesamten Vorstandsarbeit bei allen<br />

Vorstandsmitgliedern liegt. So kann sichergestellt<br />

werden, dass geschlechterpolitische<br />

Positionen in alle Handlungsfelder einbezogen<br />

und zu einer qualitativen Weiterentwicklung<br />

der Interessenvertretung sowie<br />

der Politik in der <strong>GEW</strong> beigetragen werden<br />

kann.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

322


4.4 Satzung: Umbenennung<br />

Arbeitsbereich AuB<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />

§ 20 Nr. 1 Buchstabe b) der Satzung der <strong>GEW</strong><br />

erhält folgende Fassung:"b) die Mitglieder der<br />

Arbeitsbereiche<br />

- Finanzen<br />

- Frauenpolitik<br />

- Tarif- und Beamtenpolitik"<br />

1<br />

5<br />

Folgeänderungen:<br />

In den Richtlinien für die Durchführung von Tarifverhandlungen<br />

und die Führung von Arbeitskämpfen<br />

wird jeweils "Angestellten- und Beamtenpolitik"<br />

durch "Tarif- und Beamtenpolitik"<br />

ersetzt.<br />

Begründung<br />

Eine Differenzierung der Arbeitsfelder anhand<br />

des Beschäftigungsstatus "Angestellte" und<br />

"Beamte" hatte historisch ihre Berechtigung, ist<br />

aber nicht mehr zeitgemäß. Ein Arbeitsschwerpunkt<br />

der <strong>GEW</strong>, der in den letzten Jahren zunehmend<br />

an Bedeutung gewonnen hat, ist die<br />

Tarifarbeit. Der Begriff "Angestellter" wird in<br />

Tarifverträgen kaum noch verwendet, an seine<br />

Stelle ist der auch europarechtlich maßgebliche<br />

Begriff des "Beschäftigten" getreten. Hinsichtlich<br />

der Interessensvertretung für Beamtinnen<br />

und Beamte bleibt es auf absehbare Zeit an der<br />

Statusorientierung.<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

323


4.5 Anpassung der Satzung an die<br />

Organisationswirklichkeit<br />

Antragsteller: LV Sachsen-Anhalt<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />

Die Satzung der <strong>GEW</strong> wird wie folgt geändert:<br />

I. In § 6 erhält die Ziffer 3 die folgende Fassung:<br />

3. Mitglied kann auch werden, wer sich in einem<br />

Studium bzw. in einer anderweitigen Ausbildung<br />

befindet, das bzw. die eine spätere Tätigkeit<br />

im Organisationsbereich der <strong>GEW</strong><br />

ermöglicht, oder wer eine Tätigkeit in diesem<br />

Bereich anstrebt. <strong>Das</strong> Weitere regelt der<br />

Hauptvorstand.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

II. In § 10 Ziffer 1 erhält Satz 1 die folgende<br />

Fassung:<br />

"Zur Durchführung ihrer Aufgaben erhebt die<br />

<strong>GEW</strong> einen Mitgliedsbeitrag. Die Höhe der Mitgliedsbeiträge<br />

wird vom Gewerkschaftstag in<br />

einer Beitragsordnung festgelegt."<br />

Der bisherige Satz 2 wird der neue Satz 3.<br />

15<br />

20<br />

III. In § 10 werden in der Ziffer 3 die folgenden<br />

Sätze 1 und 2 vorangestellt:<br />

Der Gewerkschaftstag entscheidet über die<br />

grundlegende Verteilung der Mitgliedsbeiträge.<br />

Dies umfasst u.a. den Anteil für die <strong>GEW</strong> auf<br />

Bundesebene, die Zuführungen zum<br />

Kampffonds und die Finanzierung von<br />

Gemeinschaftsaufgaben.<br />

25<br />

30<br />

Der bisherige einzige Satz wird der neue Satz 3.<br />

IV. In § 10 wird folgende neue Ziffer 4 aufgenommen:<br />

4. Die Finanzverwaltung der <strong>GEW</strong> wird durch<br />

eine Haushalts- und Kassenordnung geregelt,<br />

die vom Hauptvorstand beschlossen wird. Für<br />

die Prüfung der ordnungsgemäßen Durchführung<br />

der Finanzverwaltung und der satzungsgemäßen<br />

Verwendung der Mitgliedsbeiträge wird<br />

eine Revisionskommission gebildet. <strong>Das</strong> Nähere<br />

regelt der Hauptvorstand.<br />

V. In § 18 werden in der Ziffer 2:<br />

• im Satz 2 die Worte "im Rahmen der Beschlüsse<br />

nach §10 Ziffer 3" angefügt und<br />

35<br />

40<br />

45<br />

324


• im Satz 5 die Worte "oder Geschäftsordnung"<br />

gestrichen.<br />

VI. In § 18 erhält die Ziffer 6 die folgende<br />

Fassung:<br />

6. Der Hauptvorstand kann geschäftsführende<br />

Landesvorstände bestellen, sofern ein<br />

Landesverband dazu nicht in der Lage ist. Dies<br />

gilt auch für die Bestellung von Landesschiedskommissionen.<br />

Die Amtszeit von geschäftsführenden<br />

Landesvorständen, die der Hauptvorstand<br />

bestellt, endet mit der Wahl durch das zuständige<br />

Gremium.<br />

VII. In § 19 werden in der Ziffer 2 die Sätze 2, 4<br />

und 5 gestrichen.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

VIII. In § 20 wird folgender neuer Satz 2 eingefügt:<br />

Er trifft Entscheidungen zu Haushaltsfragen im<br />

Rahmen des vom Hauptvorstand beschlossenen<br />

Haushaltsplanes.<br />

Der bisherige Satz 2 wird der neue Satz 3 und<br />

erhält die folgende Fassung:<br />

Er unterstützt die Zusammenarbeit der<br />

Landesverbände und koordiniert federführend<br />

die Beratungen der Bundesgremien (Organe<br />

und Bundesausschüsse).<br />

IX. § 21 erhält eine Unterteilung in Ziffern:<br />

• Satz 1 wird die neue Ziffer 1,<br />

• die Sätze 2 und 3 werden die neue Ziffer 2,<br />

• die Sätze 4 und 5 werden die neue Ziffer 3.<br />

X. In § 21 werden in der neuen Ziffer 1:<br />

• die Worte "allein oder gemeinsam mit anderen<br />

Mitgliedern des Hauptvorstandes" durch<br />

die Worte „nach außen“ ersetzt und<br />

• folgender Satz 2 angefügt:<br />

Bei Rechtsgeschäften vertritt die Vorsitzende<br />

bzw. der Vorsitzende die <strong>GEW</strong> mit einem weiteren<br />

Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes.<br />

XI. In § 21 wird in der neuen Ziffer 2 der Satz 2<br />

gestrichen.<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

325


XII. § 23 erhält eine Unterteilung in Ziffern:<br />

• der Satz 1 wird die neue Ziffer 1,<br />

• die Sätze 2 und 3 werden die neue Ziffer 3,<br />

• die Sätze 4 und 5 werden die neue Ziffer 4,<br />

• der Satz 6 wird die neue Ziffer 5.<br />

XIII. In § 23 wird:<br />

in der neuen Ziffer 1 folgender neuer Satz 2<br />

angefügt:<br />

• <strong>Das</strong> Nähere regelt der Hauptvorstand.<br />

• folgende neue Ziffer 2 eingefügt:<br />

2. Die Bundesausschüsse stimmen sich in ihrer<br />

Arbeit mit den jeweils verantwortlichen Mitgliedern<br />

des Geschäftsführenden Vorstandes<br />

ab. Über die Zuordnung beschließt der HV auf<br />

Vorschlag des Geschäftsführenden Vorstandes.<br />

• in der neuen Ziffer 4 im Satz 2 die Worte<br />

-"Die Aufgabe des Koordinierungsausschusses<br />

für Fachgremienarbeit" durch die Worte "Seine<br />

Aufgabe" ersetzt,<br />

• in der neuen Ziffer 5 das Wort "Er" durch die<br />

Worte "Der Koordinierungsausschuss für<br />

Fachgremienarbeit" ersetzt.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

XIV. In § 23 erhält die Ziffer 1 die folgende<br />

Fassung:<br />

1. Die Bundesausschüsse bestehen aus je einer<br />

Vertreterin oder einem Vertreter aus den<br />

Landesverbänden. Diese werden von den<br />

Landesverbänden entsandt. Der Hauptvorstand<br />

kann weitere Mitglieder berufen.<br />

Begründung<br />

Schaffung fehlender Satzungsgrundlagen<br />

Aufgrund der vielfältigen Veränderungen der<br />

Satzung der <strong>GEW</strong> in den letzten Jahrzehnten<br />

besteht keine durchgängige Systematik der<br />

Übertragung von Kompetenzen und Aufgaben<br />

durch den Gewerkschaftstag an den Hauptvorstand<br />

mehr. Dies steht der notwendigen Transparenz<br />

und der Legitimation von Beschlüssen<br />

des Hauptvorstandes entgegen. Bei einer Reihe<br />

von Beschlüssen ist nicht klar, ob eine Legitimation<br />

für den Hauptvorstand gegeben war,<br />

warum manches eine „Ordnung“ und anderes<br />

eine "Richtlinie" ist, warum bestimmte<br />

Sachverhalte geregelt sind und andere,<br />

gleichgelagerte Sachverhalte nicht usw.<br />

So hat der Hauptvorstand u.a. eine Beitragsordnung<br />

und eine Haushalts- und Kassenordnung<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

326


eschlossen sowie eine Revisionskommission<br />

eingesetzt, ohne dass dafür entsprechende<br />

Satzungsgrundlagen bestehen. Darüber hinaus<br />

hat der Hauptvorstand zwischenzeitlich die<br />

Schiedsordnung geändert, obwohl die Satzung<br />

hierfür keine Legitimation erteilt. Begründet<br />

wird dies vermutlich mit § 18 Abs. 5 der geltenden<br />

Satzung, mit dem der Hauptvorstand eine<br />

Art "Allzuständigkeit" für "die Beschlussfassung<br />

und die Änderung von Richtlinien, Regelungen<br />

und Ordnungen, die die Satzung der <strong>GEW</strong> und<br />

die Wahlordnung auslegen und umsetzen" erhält.<br />

Dies sorgt aber gerade für die bestehende<br />

Unübersichtlichkeit und Unklarheit bei der<br />

Abgrenzung von Zuständigkeiten.<br />

Der vorliegende Satzungsvorschlag geht von<br />

folgender Systematisierung der grundlegenden<br />

Organisationsregelungen aus:<br />

1. Es obliegt allein dem Gewerkschaftstag, neben<br />

der Satzung zu weiteren wichtigen Organisationsregelungen<br />

Ordnungen zu beschließen.<br />

Dies sind:<br />

a) die Geschäftsordnung und die Wahlordnung<br />

des Gewerkschaftstages,<br />

b) die Beitragsordnung,<br />

c) die Haushalts- und Kassenordnung (muss in<br />

der Satzung noch verankert werden),<br />

d) die Schiedsordnung.<br />

Der HV kann Ordnungen nur in dem Rahmen<br />

ändern, in dem er durch den Gewerkschaftstag<br />

durch entsprechende Satzungsformulierungen<br />

ausdrücklich beauftragt ist (z.B. notwendige<br />

Anpassungen der Beitragsordnung, gegebenenfalls<br />

auch der Haushalts- und Kassenordnung).<br />

2. Soweit in der Satzung Aufträge an den HV<br />

verankert sind, zu bestimmten weiteren<br />

Sachverhalten Regelungen zu beschließen, sind<br />

dies "Richtlinien" (mit Ausnahme der Geschäftsordnungen<br />

für die <strong>GEW</strong>-Gremien wegen<br />

des hierfür üblichen Begriffes).<br />

3. Darüber hinaus kann der HV keine grundlegenden<br />

Organisationsregelungen erlassen. Es<br />

gibt inzwischen ausreichend Organisationserfahrungen,<br />

um dem HV in der Satzung an den<br />

notwendigen Stellen entsprechende Aufträge<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

327


durch den Gewerkschaftstag erteilen zu lassen.<br />

Der vorliegende Antrag enthält selbst dazu eine<br />

Reihe von Vorschlägen aus der Praxis der Organisation.<br />

Anpassung von Satzungsregelungen an die Organisationswirklichkeit<br />

Die Anpassungen umfassen im Wesentlichen:<br />

§ 6 Ziffer 3<br />

Es wird klargestellt, dass die <strong>GEW</strong> auch Auszubildende<br />

aufnimmt, soweit die Ausbildung<br />

eine spätere Tätigkeit im Organisationsbereich<br />

der <strong>GEW</strong> ermöglicht. Bisher enthält die Satzung<br />

eine entsprechende Formulierung nur für<br />

Studierende. Der Sachverhalt ist vergleichbar<br />

und teilweise auch schon Organisationspraxis.<br />

§ 18 Ziffer 6:<br />

Dort heißt es bisher; "Der Hauptvorstand bestellt<br />

Organe und Mitglieder von Organen der<br />

<strong>GEW</strong> oder ihrer Gliederungen, sofern die zuständigen<br />

Gremien dazu trotz Aufforderung<br />

nicht in der Lage sind." Organe der <strong>GEW</strong> sind<br />

nach § 11 der Satzung der Gewerkschaftag, der<br />

Hauptvorstand, der Koordinierungsvorstand<br />

und der Geschäftsführende Vorstand. Der<br />

Hauptvorstand kann keines dieser Organe bestellen.<br />

Es wäre auch gar nicht denkbar, dass<br />

dazu ein Anlass bestünde. Er kann auch keine<br />

Mitglieder dieser Organe bestellen. Für die Bestellung<br />

eines Mitgliedes des GV beim vorzeitigen<br />

Ausscheiden gibt es in der Satzung in § 20<br />

Nr. 6 eine gesonderte Bestimmung.<br />

Organe sind nach § 11 der Satzung letztlich<br />

auch "die Delegiertenversammlung der<br />

Landesverbände und die von ihnen vorgesehenen<br />

Organe der Landesverbände sowie die Organe<br />

der Gliederungen des Landesverbandes,<br />

die die Delegiertenversammlung des<br />

Landesverbandes festgelegt hat." Diesbezüglich<br />

ist ebenfalls nicht vorstellbar, dass der<br />

Hauptvorstand Organe unterhalb der Ebene<br />

der geschäftsführenden Landesvorstände bestellt.<br />

Eine sinnvolle Interpretation der bisherigen<br />

Satzungsvorschrift besteht lediglich darin,<br />

dass der Hauptvorstand im Bedarfsfall von<br />

außen dafür sorgt, dass jeder Landesverband<br />

einen geschäftsführenden Landesvorstand hat.<br />

Diese Notwendigkeit ergibt sich aus § 7 Ziffer 1<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

265<br />

328


der Satzung, wonach sich die <strong>GEW</strong> in<br />

Landesverbände gliedert.<br />

§ 19 Ziffer 2 und § 20 Ziffer 5<br />

Die Aufgabe, Entscheidungen zu Haushaltsfragen<br />

im Rahmen des vom Hauptvorstand beschlossenen<br />

Haushaltsplanes zu treffen, war<br />

bisher dem KOVO zugewiesen, wird aber in der<br />

Praxis der Organisation nicht von diesem,<br />

sondern vom GV wahrgenommen. Dies soll in<br />

der Satzung entsprechend verankert werden.<br />

§ 20 Ziffer 4<br />

Dort heiß es bisher: Der Geschäftsführende<br />

Vorstand "regelt die Zusammenarbeit mit den<br />

Landesverbänden und koordiniert federführend<br />

die Arbeit in den Bundesgremien." Für die<br />

Zusammenarbeit mit den Landesverbänden<br />

wurde der Koordinierungsvorstand eingerichtet,<br />

der seine Arbeitsweise selbst bestimmt.<br />

Auch im Hauptvorstand oder in anderen<br />

Bundesgremien gibt es keine "federführende<br />

Koordination der Arbeit dieser Gremien durch<br />

den GV". Der Hauptvorstand ebenso wie der<br />

KOVO und der KAFGA haben gewählte<br />

Präsidien, die die Arbeit leiten. Was der GV leisten<br />

kann und soll, ist Unterstützung der Zusammenarbeit<br />

der Landesverbände und die Koordination<br />

der Beratungen der Bundesgremien<br />

etwa durch eine abgestimmte Terminplanung,<br />

die Erarbeitung der Tagesordnungen bis hin zur<br />

Wahl von Tagungsorten etc.<br />

§ 23 Ziffer 2 (neu)<br />

Mit der neuen Ziffer 2 in § 23 soll sichergestellt<br />

werden, dass durch eine Abstimmung zwischen<br />

den Bundesausschüssen und den jeweils verantwortlichen<br />

Mitgliedern des GV die fachliche<br />

Arbeit der Bundesausschüsse kontinuierlich in<br />

die Arbeit der Gesamtorganisation einfließen<br />

kann und die Bundesausschüsse aus dem GV<br />

die notwendige Unterstützung erhalten.<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

300<br />

305<br />

310<br />

329


4.6 Satzungsänderung "Politischer Streik"<br />

Antragsteller: BA der Studentinnen und<br />

Studenten/BFGA Hochschule und Forschung<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />

Als neuer § 5 Ziffer 2. der Satzung der <strong>GEW</strong><br />

wird folgender Text beschlossen:<br />

"Die <strong>GEW</strong> nimmt das allumfassende Streikrecht<br />

im Sinne eines Politischen Streiks wahr. Dieses<br />

Recht folgt aus Artikel 6 Absatz 4 der Europäischen<br />

Menschenrechts- und Sozialcharta, den<br />

Übereinkommen 87 (Vereinigungsfreiheit) und<br />

98 (Versammlungsfreiheit) der Internationalen<br />

Arbeitsorganisation (ILO)."<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Ziffern 2. bis 4. werden 3. bis 5.<br />

Begründung<br />

Die Auseinandersetzungen um die<br />

Rechtmäßigkeit politischer Streiks in der<br />

Bundesrepublik haben in den letzten Jahren an<br />

Breite zugenommen. Auch die <strong>GEW</strong> sollte<br />

hierzu Position beziehen und dabei dem Beispiel<br />

der IG BAU folgen, die durch Beschluss<br />

des Gewerkschaftstages 2009 die Forderung<br />

nach dem Recht auf politischen Streik in ihre<br />

Bundessatzung aufgenommen hat (§ 3 Punkt 5<br />

der Satzung der IG BAU, siehe<br />

http://www.igbau.de/Binaries/Binary10395Berliner_Satzung_2009.pdf)<br />

Angesichts des massiven Abbaus sozialer und<br />

demokratischer Rechte darf das Streikrecht<br />

nicht länger auf tariffähige Ziele begrenzt bleiben.<br />

Die politische Entscheidung der Gewerkschaften<br />

im DGB aus den fünfziger Jahren den politisch<br />

motivierten Streik im Wesentlichen zu unterlassen,<br />

war begründet in dem Kompromiss<br />

mit der Regierung, die Interessen der abhängig<br />

Beschäftigten im Rahmen der paritätischen<br />

Mitbestimmung zu regeln.<br />

Dieses Modell, welches integriert war in der<br />

Vorstellung des Sozialstaates hatte zum Inhalt,<br />

die gewerkschaftliche Koalitionsfreiheit und<br />

daraus abzuleitende Widerstandsfreiheit gemäß<br />

des Grundgesetzes im politischen Streik,<br />

nicht extensiv wahrzunehmen.<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

330


Der politische Gegenwert dieses Kompromisses<br />

bestand in der Zusicherung, dass im Rahmen<br />

der wirtschaftlichen Entwicklung die sozialen<br />

und ökonomischen Interessen der Arbeitnehmer<br />

paritätisch dazu, als Teilhaberschaft berücksichtigt<br />

werden.<br />

<strong>Das</strong> System des Sozialstaats, das auf Teilhabe<br />

und damit Ausübung des Gewerkschaftsrechts<br />

setzt, kann aufgrund der ökonomischen Entwicklung<br />

und damit verbundener Schwächung<br />

der Gewerkschaften immer schlechter umgesetzt<br />

werden. Die Entwicklung von der Industrie-<br />

zur Dienstleistungsgesellschaft lässt große<br />

Branchen zugunsten kleinerer privater Unternehmungen<br />

verschwinden. Unter dieser Zersplitterung<br />

leiden Organisationsgrad und<br />

Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gewerkschaft neben<br />

anderen Ursachen für die schwindenden<br />

Mitgliederzahlen. Kampfmaßnahmen einer<br />

Gewerkschaft lassen sich immer schwieriger<br />

und mit unterschiedlicher Stärke durchführen.<br />

In den meisten europäischen Staaten gibt es<br />

keine staatspolitische Verfolgung des politisch<br />

motivierten Streiks oder Generalstreiks und die<br />

Gewerkschaften dieser Länder bedienen sich<br />

zunehmend und in neuester Zeit auch koordiniert<br />

über EU-Mitgliedsstaaten-Grenzen hinweg<br />

des Mittels des politischen Streiks um<br />

gemeinsam mit anderen betroffenen gesellschaftlichen<br />

Gruppen ihre Rechte zu verteidigen.<br />

Der Politische Streik muss sich selbstverständlich<br />

des Gesamtfeldes gesellschaftlicher Zusammenhänge<br />

annehmen wenn Gewerkschaftspolitik<br />

und -forderungen nicht unterkomplex<br />

auf Produktionsverhältnisse beschränkt bleiben<br />

sollen. Er zielt daher auf Bewusstseinsbildung<br />

und solidarische Organisation ab.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

331


4.7 Satzungsänderung Mitgliedschaft von<br />

Strafgefangenen und<br />

Sicherungsverwahrten deutscher<br />

Justizvollzugsanstalten<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />

Antragsteller: BA Studentinnen und<br />

Studenten/BFGA Hochschule und Forschung<br />

Zur Aufnahme neuer Mitglieder aus dem Kreise<br />

der in Justizvollzugsanstalten oder anderen<br />

Haftorten Festgehaltenen sollen in der Satzung<br />

der <strong>GEW</strong> Änderungen vorgenommen werden,<br />

um die Mitgliedschaft zu ermöglichen. Die<br />

notwendigen Änderungen umfassen die Bereiche<br />

Mitgliedschaft, Mitgliedsbeitrag, Zuordnung<br />

zu Organisationsstrukturen und Beteiligung<br />

an gewerkschaftsinternen Verfahren.<br />

In Deutschland inhaftierte Menschen sind im<br />

Strafvollzug und der Sicherungsverwahrung<br />

dem Arbeitszwang ausgesetzt (§ 41 StVollzG),<br />

gegen den sie sich mit Hilfe einer gewerkschaftlichen<br />

Vertretung besser zur Wehr setzen könnten.<br />

Dabei kann die Gewerkschaft Erziehung<br />

und Wissenschaft durch ihre Struktur und Kompetenz<br />

eine politische, rechtliche und soziale<br />

Unterstützung bei der Verweigerung von<br />

Zwangsarbeit als auch der Umwandlung der<br />

Zwangsarbeitsstellen und Arbeitsinhalte in<br />

vollwertige, sichere und tariflich entlohnte Anstellungen<br />

bieten. Verbunden mit dem Arbeitszwang<br />

ist die umfassende Ausbeutung, die in<br />

der Regel sanktioniert wird, so durch Einzelund<br />

Isolationshaft oder erschwerte<br />

Haftbedingungen.<br />

Durch diesen Zwang wird die Führung eines<br />

Gefängnisses lohnenswert für den gefängnis-industriellen<br />

Komplex und wirtschaftliche<br />

Gefängnisfirmen, da hier zu Bedingungen und<br />

Kosten produziert werden kann, die sonst in<br />

der EU zu Recht nicht mehr existieren und sich<br />

schärfster Kritik ausgesetzt sähen. Als Menschen<br />

sind sie Teil der totalen Institution, die<br />

durch spezielle Mittel eine Form von "Erziehung"<br />

ausüben und so die Strukturen stabilisieren<br />

soll, die Haftkultur und Sanktion hervorgebracht<br />

haben.<br />

Auch wenn die <strong>GEW</strong> daher künftig Häftlinge als<br />

Mitglieder aufnimmt und sich für ihre Rechte<br />

einsetzt, darf damit kein Bekenntnis zu einer<br />

Notwendigkeit oder zur Sinnhaftigkeit von<br />

"Knästen" verbunden sein. Vielmehr muss die<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

332


Überwindung derartiger Herrschafts- und Beherrschungsformen<br />

gewerkschaftlich-gesellschaftliches<br />

Ziel bleiben.<br />

1. Änderung im Bereich Mitgliedschaft:<br />

1. Satzung der <strong>GEW</strong> § 6 (Mitgliedschaft)<br />

Es wird ein neuer Punkt 3a eingefügt:<br />

"Als Mitglieder können ferner solche Personen<br />

aufgenommen werden, die sich nicht nur kurzfristig<br />

in staatlichem Gewahrsam und somit in<br />

einem besonderen Erziehungsverhältnis befinden<br />

und die in diesem Zusammenhang einer<br />

Arbeitspflicht unterworfen sind."<br />

2. Regelungen für die Mitgliedschaft gemäß<br />

§ 8 der Satzung der <strong>GEW</strong><br />

Punkt 1.3 wird wie folgt gefasst:<br />

"Mitglieder der <strong>GEW</strong> können auch Personen<br />

sein oder werden, die für einen in § 6.3 der<br />

Satzung genannten pädagogischen, sozialpädagogischen<br />

oder wissenschaftlichen Beruf ausgebildet<br />

sind und aufgrund der Arbeitsmarktsituation<br />

eine Beschäftigung im Sinne von 6.3 a)<br />

und b) der Satzung nicht ausüben können. Ferner<br />

solche Personen, die in einer Justizvollzugsanstalt<br />

bzw. in funktions- oder zweckähnlichen<br />

Einrichtung als Strafgefangene oder Sicherungsverwahrte<br />

festgehalten werden.(1) Geringfügige<br />

Beschäftigungen im Sinne der Beitragsordnung<br />

sowie vorübergehende Beschäftigungen<br />

unter einer Dauer von drei Monaten<br />

bleiben unberücksichtigt.<br />

Mitglieder, die eine Tätigkeit außerhalb des Organisationsbereiches<br />

der <strong>GEW</strong> aufnehmen<br />

(§ 15 der DGB-Satzung in Verbindung mit den<br />

Satzungen der Mitgliedsgewerkschaften), werden<br />

zur Wahrung ihrer tariflichen und sonstigen<br />

Rechte an die für sie zuständige DGB-<br />

Gewerkschaft überwiesen. Die Übernahme<br />

erfolgt in der Regel bei Aufrechterhaltung<br />

erworbener Ansprüche."<br />

2. Änderung im Bereich Zuordnung zu Organisationsstrukturen<br />

der <strong>GEW</strong><br />

§ 7 Ziffer 2 Satz 1 der Satzung wird wie folgt gefasst:<br />

"In direkt dem Hauptvorstand zugeordnete<br />

Arbeitsgruppen werden folgende <strong>GEW</strong>-Mitglieder<br />

zusammengefasst:<br />

– Beschäftigte im Ausland, an Einrichtungen<br />

des Bundes oder beim Goethe-Institut sowie<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

333


– Personen, die in einer Justizvollzugsanstalt<br />

bzw. in funktions- oder zweckähnlichen Einrichtung<br />

als Strafgefangene oder Sicherungsverwahrte<br />

festgehalten werden,"<br />

3. Änderung im Bereich Beiträge (Mitgliedsbeitrag)<br />

Beitragsordnung der <strong>GEW</strong><br />

Ergänzung des Punkt 4.3 (Mindestbeitrag):<br />

"Mitglieder nach § 6 Nr. 3a der Satzung sind<br />

vom Mitgliedsbeitrag befreit."<br />

4. Änderung im Bereich Beteiligung an<br />

gewerkschaftsinternen Verfahren<br />

Der Hauptvorstand wird beauftragt, für Mitglieder,<br />

die durch besondere Rechtsvorschriften<br />

wie das Strafvollzugsgesetz an der regulären<br />

Meinungsbildung, Information und der Wahrnehmung<br />

gewerkschaftlichen Rechts gehindert<br />

werden oder werden sollen, besondere Formen<br />

der Beteiligung zu erlassen, die diesen Mitgliedern<br />

Beteiligung an gewerkschaftsinternen<br />

Verfahren sichern und ihre Mitwirkung in (entsprechenden)<br />

Gremien der <strong>GEW</strong> sicherstellen.<br />

Er prüft, inwiefern für diese Personengruppen<br />

eigenständige Vertretungen errichtet werden<br />

müssen und schlägt dem Gewerkschaftstag<br />

2017 ggf. derartige Regelungen vor.<br />

5. Umsetzung<br />

Falls sich in der Umsetzung dieses Beschlusses<br />

zeigt, dass zur effektiven Vertretung von staatlichem<br />

Arbeitszwang und "Erziehung" Unterworfener<br />

weitere Regelungen, sei es<br />

satzungsmäßiger oder anderer Art, notwendig<br />

sind, legt der HV dem Gewerkschaftstag 2017<br />

entsprechende Vorschläge vor. Dazu arbeitet er<br />

mit den Interessenvertretungen Inhaftierter<br />

(IvI) zusammen.<br />

(1) Die Formulierung "Justizvollzugsanstalt bzw.<br />

funktions- oder zweckähnlichen Einrichtug als<br />

Strafgefangene oder Sicherungsverwahrte" umfasst<br />

dabei sowohl den klassischen Strafvollzug<br />

und Sicherheitsverwahrung, aber auch<br />

Erzwingungshaft, Personalarrest und zwangsweise<br />

Unterbringung in sozialtherapeutische<br />

Einrichtungen.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

Begründung<br />

"Strafgefangene und Sicherungsverwahrte sind<br />

gemäß Strafvollzugsgesetz verpflichtet, eine ih-<br />

334


nen zugewiesene Arbeit auszuüben, zu der sie<br />

körperlich in der Lage sind“ (§ 41 StVollzG).<br />

Hierfür erhalten sie eine Arbeitsentlohnung,<br />

die 9% des durchschnittlichen Verdienstes der<br />

ArbeiterInnen und Angestellten beträgt (§ 43<br />

Abs. 2 StVollzG). Wer sich der Zwangsarbeit<br />

verweigert, von diesem Begriff spricht selbst<br />

das Grundgesetz in Artikel 12 Abs. 3, muss in<br />

aller Regel damit rechnen, an den Haftkosten<br />

beteiligt zu werden. Jeden Monat fallen dann<br />

ca. 360 Euro für Unterbringung und Verpflegung<br />

an.<br />

Weitere Sanktionen sind die Regel: Angefangen<br />

beim Entzug des Fernsehers, über Beschränkung<br />

der Teilnahme an Freizeitaktivitäten<br />

innerhalb der Anstalt und Einschränkungen<br />

eventueller Vollzugslockerungen; vor allem<br />

aber keine Möglichkeit, sich Dinge wie Tabak<br />

oder Kaffee zu kaufen, denn solche Nahrungsund<br />

Genussmittel dürfen nur vom Arbeitsentgelt<br />

erworben werden (§ 22 StVollzG). (2)<br />

Die meisten Inhaftierten wollen arbeiten, da<br />

zum einen die Einsamkeit und Langeweile in<br />

den Zellen sie dazu bringt, zum anderen die<br />

Versorgung mit dem Nötigsten darunter leidet,<br />

wenn nicht "unverschuldet ohne Arbeit" attestiert<br />

wird, um somit ein kleines Taschengeld<br />

zu erhalten. Dann muss mit dem geringen<br />

Zuverdienst das Nötigste in den meist<br />

überteuerten Knast-Läden eingekauft werden.<br />

In Baden-Württemberg beispielsweise wirbt die<br />

Landesregierung im Staatsanzeiger mit 'Produktion<br />

in Gefängnissen' die sich als 'Alternative zu<br />

Osteuropa und Asien' darstellt, weshalb diese<br />

als 'China in Deutschland' gälten, da Gefangenenlöhne<br />

zwischen 8,51 Euro und 14,13 Euro/<br />

Tag lägen. Die Gefangenen würden mit Begeisterung<br />

arbeiten. Nicht thematisiert wird<br />

freilich die Geschichte der Zwangsarbeit sowohl<br />

in Deutschland als auch für die sie in Anspruch<br />

nehmenden (Rüstungs-)Firmen, die sich oft<br />

schon jahrzehntelang dieses Mittels bedienen.<br />

Auf der anderen Seite sind auch Inhaftierte als<br />

Fernstudierende immatrikuliert.<br />

Eines der Probleme, derer sich eine<br />

Gewerkschaft annehmen könnte, ist die<br />

fehlende Sozialversicherung der Zwangsarbeiter_innen,<br />

denen nach längeren Haftstrafen<br />

stigmatisierende und ausgrenzende Altersarmut<br />

droht. Grundsätzlich sind Gefängnisse<br />

und die dort vollzogenen Praktiken abzulehnen,<br />

155<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

335


insbesondere die Ausbeutung der Menschen<br />

durch Zwangsarbeit. Da der Kampf gegen<br />

Gefängnisse an anderen Stellen noch besser<br />

geführt werden kann, ist es eine Aufgabe der<br />

anerkannten Gewerkschaften ihr Privileg zu<br />

nutzen und die Menschen in ihren Geltungsbereichen<br />

auch innerhalb von Gefängnismauern<br />

zu vertreten. Die bereits bestehenden Strukturen<br />

der gewerkschaftlichen Arbeit können genutzt<br />

werden, um die neue Mitgliedsgruppe<br />

ohne weitere Kosten zu unterstützen.<br />

Die <strong>GEW</strong> sollte sich aber auch der Problematisierung<br />

des Gedankens "Erziehung durch<br />

Zwang" annehmen. Sie basiert in ihrer Geschichte<br />

auf den "Zuchthaus"-Vorstellungen,<br />

bei denen "herrenlose" Frauen, Bettler_innen<br />

und Menschen mit "ehrlosen" Beschäftigungen<br />

therapiert werden sollten. Sie dient vor allem<br />

dem Wegsperren sozial unerwünschter Menschen<br />

und war stets mit dem Arbeitszwang verknüpft.<br />

Dem sollte die <strong>GEW</strong> als politische<br />

Gewerkschaft den Gedanken der Solidarität<br />

entgegensetzen, zumal verstärkt politisch aktive<br />

Menschen von Repression betroffen sind,<br />

die in den aktuellen, auch von der <strong>GEW</strong> unterstützen,<br />

sozialen und gesellschaftlichen Protestbewegungen<br />

aktiv sind.<br />

(2) Zitiert nach Thomas Meyer-Falk, z.Zt. JVA<br />

Bruchsal:<br />

210<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

336


4.8 Satzungsänderung<br />

Antragsteller: LV Hessen<br />

§ 12 Der Gewerkschaftstag bestimmt die Richtlinien<br />

für die Arbeit der <strong>GEW</strong> und entscheidet<br />

endgültig über alle Angelegenheiten der <strong>GEW</strong>.<br />

wird wie folgt geändert:<br />

§ 12 (neu): Der Gewerkschaftstag bestimmt die<br />

Richtlinien für die Arbeit der <strong>GEW</strong> und entscheidet<br />

über die Grundsätze der Haushaltspolitik<br />

und den Haushalt des auf den<br />

Gewerkschaftstag folgenden Kalenderjahres<br />

sowie endgültig über alle weiteren Angelegenheiten<br />

der <strong>GEW</strong>.<br />

Gleichzeitig wird<br />

§ 18 Hauptvorstand<br />

2. Der Hauptvorstand berät und entscheidet<br />

Grundsatzfragen der <strong>GEW</strong>, soweit Beschlüsse<br />

des Gewerkschaftstages nicht entgegenstehen.<br />

Der Hauptvorstand entscheidet über den<br />

Haushalt der <strong>GEW</strong>. …<br />

geändert in:<br />

§ 18 Hauptvorstand<br />

2. (neu) Der Hauptvorstand berät und entscheidet<br />

Grundsatzfragen der <strong>GEW</strong>, soweit Beschlüsse<br />

des Gewerkschaftstages nicht entgegenstehen.<br />

Der Hauptvorstand entscheidet<br />

über die Haushalte und gegebenenfalls Nachtragshaushalte<br />

der <strong>GEW</strong> mit Ausnahme des<br />

Haushalts für das Kalenderjahr nach dem<br />

Gewerkschaftstag (siehe § 12).<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />

337


4.9 Antrag zu § 13 Absatz 1 der <strong>GEW</strong>-<br />

Satzung: Zusammensetzung der<br />

Delegierten des Gewerkschaftstages<br />

Antragsteller: BA Multikulturelle<br />

Angelegenheiten<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />

Der Gewerkschaftstag möge § 13 <strong>GEW</strong>-Satzung<br />

Absatz 1 wie folgt ergänzen:<br />

VIII. Organe der <strong>GEW</strong><br />

Gewerkschaftstag<br />

§ 13 1. (Zusammensetzung der Delegierten des<br />

Gewerkschaftstages):<br />

"g) mindestens eine Delegierte/ein Delegierter<br />

je Landesverband aus dem Bereich der Landesausschüsse<br />

Multikulturelle Angelegenheiten<br />

(LAMA – in manchen Landesverbänden mit anderer<br />

Bezeichnung)"<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Begründung<br />

1. Organisationspolitisch ist es dringend<br />

notwendig, den wachsenden Anteil der Mitglieder<br />

der Landesausschüsse Multikulturelle<br />

Angelegenheiten der einzelnen Landesverbände<br />

auch in der Zusammensetzung der<br />

Delegierten der Gewerkschaftstage abzubilden.<br />

Ihr Recht der Beteiligung am Gewerkschaftstag<br />

ist ein wichtiger Aspekt der Mitgliederbindung.<br />

2. Auch aus Gleichheitsgründen beantragen wir<br />

diese Ergänzung des § 13. Denn der BAMA ist<br />

mittlerweile die einzige <strong>GEW</strong>-Personengruppe,<br />

die nicht durch eine Delegierte/einen Delegierten<br />

je Landesverband auf dem Gewerkschaftstag<br />

vertreten ist.<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

338


4.10 Verbesserung der Arbeit in den<br />

Gremien<br />

Antragsteller: LV Sachsen-Anhalt<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />

Die Satzung der <strong>GEW</strong> wird wie folgt geändert:<br />

I. In § 18 wird in der Ziffer 4 der folgende<br />

neue Satz 2 eingefügt:<br />

Er gibt sich für seine Arbeit eine Geschäftsordnung.<br />

Die bisherigen Sätze 2 – 5 werden die neuen<br />

Sätze 3 - 6<br />

II. In § 18 erhält die Ziffer 5 die folgende<br />

Fassung:<br />

5. Der Hauptvorstand erlässt eine Organisationsrichtlinie,<br />

in der u.a. folgende Sachverhalte<br />

geregelt werden:<br />

a) die Durchführung von Arbeitskämpfen (§ 5<br />

Ziffer 4)<br />

b) die Aufnahme von Mitgliedern (§ 6 Ziffern 3<br />

und 5 und § 8 Ziffer 1)<br />

c) die Organisation von Arbeitsgruppen<br />

bundesunmittelbarer Mitglieder (§ 7 Ziffer 2)<br />

d) die Haushalts- und Kassenordnung sowie<br />

die Besetzung und das Verfahren für die Revisionskommission<br />

(§ 10 Ziffer 4)<br />

e) die Einrichtung und die Aufgabenstellung<br />

von Arbeitsgemeinschaften und Ausschüssen<br />

auf Dauer (§ 18 Ziffer 2)<br />

f) die Übertragung von Kompetenzen an den<br />

KOVO (§ 18 Ziffer 3)<br />

g) die Verteilung weiterer Arbeitsbereiche auf<br />

die Mitglieder des GV (§ 20 Ziffer 2)<br />

h) die Arbeit von Bundesausschüssen und ihre<br />

Zuordnung zu den jeweils verantwortlichen<br />

Mitgliedern des GV (§ 23 Ziffern 1 und 2)<br />

i) die Arbeit in der Bundesstelle für Rechtsschutz<br />

(§ 27)<br />

j) Grundsätze für die Entnahme von Mitteln<br />

aus dem Kampffonds<br />

k) Grundsätze der Vertrauensleutearbeit<br />

III. In § 19 wird in der Ziffer 3 der folgende Satz<br />

3 angefügt:<br />

Er gibt sich für seine Arbeit eine Geschäftsordnung.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

IV. In § 23 wird in der Ziffer 5 der folgende<br />

neue Satz 2 angefügt:<br />

339


Er gibt sich für seine Arbeit eine Geschäftsordnung.<br />

50<br />

Hinweis:<br />

Die im Antrag unter Punkt II. 5. genannten<br />

Formulierungen zu d) und h) sowie die in Punkt<br />

IV. genannte Formulierung "in der Ziffer 5 der<br />

folgende neue Satz 2" hängen von der Beschlussfassung<br />

zum Antrag "Anpassung der<br />

Satzung an die Organisationswirklichkeit" ab.<br />

Begründung<br />

Systematisierung der durch den HV zu beschließenden<br />

Organisationsregelungen<br />

Um der künftigen Handhabbarkeit der vielfältigen<br />

durch den Hauptvorstand zu beschließenden<br />

Organisationsregelungen besser gerecht zu<br />

werden und für neue Mitglieder im Hauptvorstand<br />

die Arbeit zu erleichtern, wird mit dem<br />

vorliegenden Antrag der Vorschlag unterbreitet,<br />

alle auftragsgemäß zu erlassenden Regelungen<br />

in einer "Organisationsrichtlinie" zusammenzufassen.<br />

Dadurch soll die bisherige<br />

„Allzuständigkeit“ des Hauptvorstandes aus<br />

§ 18 Ziffer 5 durch klare Regelungen für die Zuständigkeiten<br />

des Hauptvorstandes und die<br />

Abgrenzung gegenüber dem Gewerkschaftstag<br />

ersetzt werden.<br />

Verbesserung der Arbeitsweise von Gremien<br />

Für die Arbeit im Hauptvorstand, im KOVO und<br />

im KAFGA sind wegen der sich immer wieder<br />

ändernden Zusammensetzung aus Vertretern<br />

des GV und der Landesverbände verlässliche<br />

Regeln unerlässlich. Den Gremien soll durch die<br />

Satzung aufgegeben werden, sich über diese<br />

Grundregeln in Geschäftsordnungen zu verständigen.<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

340


4.11 Neustrukturierung der<br />

Bundesfachgruppenausschüsse an<br />

allgemeinbildenden Schulen<br />

Antragsteller: Bundesfachgruppenausschuss<br />

Realschulen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />

Der Gewerkschaftstag möge beschließen:<br />

§ 22 Ziffer 1 erhält folgende Fassung:<br />

Es bestehen folgende Bundesausschüsse<br />

a) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />

Schulen (Primarstufe)<br />

b) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />

Schulen (Sekundstufe I)<br />

1<br />

5<br />

10<br />

c) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />

Schulen (Sekundarstufe II)<br />

d) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />

Schulen (Schulaufsicht und Schulverwaltung)<br />

e) Bundesfachgruppenausschuss Erwachsenenbildung<br />

f) Bundesfachgruppenausschuss gewerbliche<br />

Schulen<br />

g) Bundesfachgruppenausschuss Hochschule<br />

und Forschung<br />

15<br />

20<br />

25<br />

h) Bundesfachgruppenausschuss Kaufmännische<br />

Schulen<br />

i) Bundesfachgruppenausschuss Sozialpädagogische<br />

Berufe<br />

k) Bundesausschuss für Seniorinnen und Senioren<br />

l) Bundesausschuss „Junge <strong>GEW</strong>“<br />

m) Bundesausschuss für Studentinnen und<br />

Studenten<br />

n) Bundesfrauenausschuss<br />

o) Bundesausschuss für multikulturelle Angelegenheiten<br />

§ 18 Ziffer 1c erhält folgende Fassung:<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

341


c) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der<br />

Bundesausschüsse gemäß § 22 Ziffer 1 c – o,<br />

zwei Vertreterinnen oder Vertreter gemäß § 22<br />

Ziffer 1a, drei Vertreterinnen oder Vertreter<br />

gemäß § 22 Ziffer 1 b<br />

§ 23 a enthält folgende Fassung:<br />

a) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der<br />

Bundesausschüsse gemäß § 22 Ziffer 1 c – o,<br />

zwei Vertreterinnen oder Vertreter gemäß § 22<br />

Ziffer 1a, drei Vertreterinnen oder Vertreter<br />

gemäß § 22 Ziffer 1 b<br />

§ 24 Satz 1 erhält folgende Fassung: 1) Die<br />

Bundesausschüsse bestehen in der Regel aus je<br />

einem Vertreter oder einer Vertreterin gemäß<br />

§ 22 Ziffer 1 a, c – o und aus 2 Vertreterinnen<br />

oder Vertretern gemäß § 22 Ziffer 1 b bestehender<br />

Landesfachgruppen.<br />

Aufgabe des GV:<br />

Der GV übernimmt die Koordination bei der<br />

Neustrukturierung der Bundesfachgruppenausschüsse<br />

im allgemeinschulischen Bereich und<br />

der Findung der neuen Vorstände. Der Prozess<br />

ist Ende 2014 abgeschlossen. Der HV wird in<br />

jeder Sitzung über den Prozess informiert.<br />

Die Vorsitzenden bzw. die Leitungsteams der<br />

ehemaligen Bundesfachgruppenausschüsse im<br />

Sekundarbereich einigen sich im Prozess der<br />

Neustrukturierung der Bundesfachgruppenausschüsse<br />

über den/die Vorsitzende und deren<br />

Stellvertreter/in bzw. über ein Leitungsteam.<br />

Der Vorstand des Bundesfachgruppenausschusses<br />

"Sonderpädagogischen Berufe" ordnet sich<br />

nach Tätigkeitsbereichen den neuen Bundesfachgruppenausschüssen<br />

zu.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

Begründung<br />

- zur Änderung des § 22:<br />

Die Veränderung der Fachgruppenstruktur für<br />

die allgemeinbildenden Schulen bezieht sich<br />

ausschließlich auf die Bundesebene. Die Fachgruppenstruktur<br />

auf Landesebene bleibt unberührt<br />

und wird ausschließlich durch die <strong>GEW</strong><br />

Landesverbände festgelegt. Die bisherige<br />

Struktur der Bundesfachgruppenausschüsse<br />

spiegelt die tatsächliche Struktur des bundesweiten<br />

Schulwesens nicht wieder. Zu den<br />

Schulsystemen der "neuen" Bundesländer<br />

passte die <strong>GEW</strong>-Fachgruppenstruktur noch nie.<br />

90<br />

95<br />

100<br />

342


Aber auch in den "alten" Bundesländern haben<br />

sich schulpolitische Entwicklungen vollzogen.<br />

Nur noch in wenigen "alten" Bundesländern<br />

existieren die Schularten des traditionellen, gegliederten<br />

Schulsystems in der Sekundarstufe.<br />

Es kamen neue Schularten dazu, mehrere<br />

Bildungsgänge wurden zusammengeführt, es<br />

entstanden neue Schularten, und Schularten<br />

erhielten eine Sekundarstufe II, was bis vor wenigen<br />

Jahren undenkbar erschien. Somit ist die<br />

schulformbezogene Arbeit der Fachgruppen<br />

der Sekundarstufe auf Bundesebene anachronistisch<br />

und zudem weder zielführend noch<br />

zeitgemäß.<br />

Nach § 23 bearbeiten die Bundesausschüsse<br />

die in ihr Gebiet fallenden Aufgaben. <strong>Das</strong><br />

bedeutet, dass momentan mehrere Bundesfachgruppenausschüsse<br />

gleiche Aufgaben bearbeiten.<br />

Umgang mit Heterogenität, Vergleichstests,<br />

Bildungsstandards, unterschiedliche<br />

Bezahlung der Lehrkräfte sind Beispiele für<br />

Themen und Aufgabenstellungen, die alle<br />

Schulformen der Sekundarstufe betreffen.<br />

Zu den Aufgaben der Bundesfachgruppenausschüsse<br />

gehört ebenfalls die Auseinandersetzung<br />

um die Veränderungen der Schullandschaft.<br />

Die Entwicklung zu einem inklusiven<br />

Schulsystem ist eine Herausforderung<br />

und Aufgabe für alle. Da es alle KollegInnen betrifft,<br />

müssen auch alle dafür "fit" gemacht<br />

werden, z.B. im Zuge einer berufsbegleitenden<br />

Fort- und Weiterbildung; zusätzlich werden<br />

spezielle BeraterInnen nötig sein.<br />

Da es sich um eine einschneidende Entwicklung<br />

handelt und eine wichtige Aufgabe für alle beinhaltet,<br />

müssen sich alle Beteiligten und alle<br />

Bundesfachgruppenausschüsse damit befassen.<br />

<strong>Das</strong> Wissen der bisher speziell ausgebildeten<br />

KollegInnen ist für alle KollegInnen der<br />

allgemeinbildenden Schulen wichtig.<br />

- zu § 18 und § 23:<br />

Die Mandatsverteilung soll unverändert bleiben.<br />

Bisher hatten die Bundesfachgruppenausschüsse<br />

der allgemeinbildenden Schulen zusammen<br />

7 Sitze im Hauptvorstand und im<br />

KAFGA (Koordinierungsausschuss für Fachgremien).<br />

Dies soll aufgrund der Bedeutung der Bundesfachgruppenausschüsse<br />

unverändert bleiben.<br />

2/3 der <strong>GEW</strong> Mitglieder sind in Schulen tätig,<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

343


so dass der schulische Bereich<br />

vertreten sein soll und muss.<br />

angemessen<br />

- zu § 24:<br />

Zumindest im Übergang soll allen bisher ehrenamtlich<br />

tätigen KollegInnen die Möglichkeit<br />

gegeben werden, dies weiterhin zu tun.<br />

160<br />

344


4.12 Namensänderung des BAMA<br />

Antragsteller: BA Multikulturelle<br />

Angelegenheiten<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />

Der Gewerkschaftstag möge die Namensänderung<br />

des BAMA (unter Beibehaltung der<br />

Abkürzung) beschließen:<br />

§ 22, Ziff. 1 r <strong>GEW</strong>-Satzung erhält folgende<br />

Fassung:<br />

r) Bundesausschuss Migration, Diversity, Antidiskriminierung<br />

Begründung<br />

Wir wollen mit dem neuen Namen präziser unsere<br />

Tätigkeitsfelder bezeichnen und gleichzeitig<br />

– aus praktischen und inhaltlichen Gründen<br />

– die eingeführte Abkürzung beibehalten.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

Im Einzelnen:<br />

1. "Migration" als erster Bestandteil des neuen<br />

Namens versteht sich aus der Geschichte des<br />

BAMA wie aus seiner heutigen Arbeit von<br />

selbst: Als "Ausschuss Ausländerpolitik" wurde<br />

der spätere "BAMA" 1987 gemäß dem<br />

Gewerkschaftstags-Beschluss von 1986 zu seiner<br />

ersten Sitzung einberufen. Seither bestimmten<br />

pädagogische und gesellschaftliche<br />

Antworten auf die Lebens- und Arbeitsverhältnisse<br />

von "Ausländern", "Migranten" und deutschen<br />

Staatsbürgern mit Zuwanderungsgeschichte<br />

maßgeblich die BAMA-Arbeit. In<br />

nächster Zeit wird uns auch die neue Migration<br />

von Flüchtlingen und z.B. der von Roma und<br />

Sinti herausfordern.<br />

2. "Multikulturell" entspricht nicht mehr dem<br />

Stand der wissenschaftlichen Diskussion:<br />

Neuere Ansätze der Interkulturellen und Antirassistischen<br />

Pädagogik kritisieren den Begriff,<br />

da er ein statisches Kulturverständnis vermittle:<br />

Kultur als eine durch Nationalität oder Herkunft<br />

bedingte geschlossene Lebenswelt, die den<br />

einzelnen Menschen für immer präge. Kulturen<br />

würden so als im Grunde unveränderliche Einheiten<br />

betrachtet, die aufeinandertreffen und<br />

sich bestenfalls gegenseitig bereichern können.<br />

Dies entspricht schon lange nicht mehr dem<br />

aktuellen Erkenntnisstand, nach dem Kultur<br />

vielmehr als ein sich ständig verändernder Erlebnis-<br />

und Verhaltens-Komplex aufgefasst wird<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

345


- nicht auf die "Kultur eines Landes" reduzierbar,<br />

sondern eine persönlich und gesellschaftlich<br />

jeweils spezifische, durch verschiedenste<br />

Komponenten beeinflusste<br />

Lebensweise.<br />

Um die Vielfalt in einer Bevölkerung zu beschreiben<br />

und den respektvollen und förderlichen<br />

Umgang miteinander als Grundlage einer<br />

demokratischen, friedlichen und lebendigen<br />

Gesellschaft zu kennzeichnen, halten wir den<br />

(aus der Antidiskriminierungs-Diskussion stammenden)<br />

Begriff "Diversity" zum gegenwärtigen<br />

Zeitpunkt für besonders geeignet. Er hilft<br />

auch, die Verwobenheit von Migration und Ethnizität<br />

mit weiteren Differenzlinien wie Geschlecht,<br />

soziale Schicht, sexuelle Orientierung,<br />

Religion oder Alter zu berücksichtigen. Die<br />

Diversity-Perspektive lenkt den Blick zudem<br />

nicht nur auf individuelle Vorurteile, Defizite<br />

oder Vorzüge, sondern auch auf Institutionen<br />

und politische Rahmenbedingungen. Insbesondere<br />

das Konzept der "Inklusion" vermittelt<br />

das Thema Diversity in der Praxis.<br />

- "Antidiskriminierung" ist zwar inhaltlich im<br />

Diversity-Konzept mit enthalten. Aufgrund<br />

vielfältiger Diskriminierungen in der Gesellschaft<br />

und in Institutionen halten wir es<br />

aber für angemessen, deren Bekämpfung als<br />

Aufgabe eigens zu benennen. In besonderer<br />

Weise fordern Diskriminierungen von Menschen<br />

mit Zuwanderungsgeschichte unser Engagement<br />

als Bundesausschuss. Dazu gehören<br />

der Kampf gegen Rassismus, Rechtsextremismus<br />

und Nationalismus, wo auch immer,<br />

ebenso wie z.B. die Forderung nach Anerkennung<br />

von Herkunftssprachen als zeugnisrelevanten<br />

Fremdsprachen, die Anerkennung<br />

ausländischer Abschlüsse oder das kommunale<br />

Wahlrecht für Ausländer.<br />

- Die Abkürzung "BAMA" behalten wir bei<br />

(auch wenn der zentrale Begriff "Diversity" in<br />

ihr nicht in einem Buchstaben repräsentiert<br />

ist – er wird produktiv mitgedacht). Sie<br />

bezeichnet nicht nur formal die Identität des<br />

Ausschusses, sondern verweist zusammen mit<br />

dem neuen ausgeschriebenen Namen auch auf<br />

den inhaltlichen Zusammenhang der<br />

gewerkschaftlichen Antworten auf gesellschaftliche<br />

und kulturelle Veränderungen.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

346


4.13 Satzungsergänzender Antrag betr.<br />

§ 23 der Satzung der <strong>GEW</strong><br />

Antragsteller: LV Hamburg<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />

Es wird beantragt, den § 23 der Satzung der<br />

<strong>GEW</strong> wie folgt zu ergänzen; was fett steht, soll<br />

eingefügt werden:<br />

§ 23 Die Bundesausschüsse bearbeiten die in<br />

ihr Gebiet fallenden Aufgaben von sich aus<br />

oder im Auftrag der im § 11 genannten Organe<br />

der <strong>GEW</strong>, für die sie in diesem Gebiet gleichzeitig<br />

Sacharbeit leisten. Dem Bundesseniorenausschuss<br />

obliegt es insbesondere, sich um<br />

alle Fragen der Seniorinnen- und Seniorenpolitik<br />

zu kümmern und, unter Berücksichtigung<br />

der Tatsache, dass es sich hierbei um eine<br />

gewerkschaftliche Querschnittaufgabe handelt,<br />

gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit dem<br />

zuständigen GV-Mitglied andere Organe,<br />

Gliederungen oder Gremien der <strong>GEW</strong> einzubeziehen.<br />

Zur aufgabenbezogenen Koordinierung der<br />

Arbeit von Bundesausschüssen mit dem Geschäftsführenden<br />

Vorstand wird ein Koordinierungsausschuss<br />

für Fachgremienarbeit (KAFGA)<br />

eingerichtet. Dem Koordinierungsausschuss<br />

für Fachgremienarbeit gehören an:<br />

a) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der<br />

Bundesausschüsse gemäß § 22,<br />

b) eine Vertreterin oder ein Vertreter der<br />

Bundesstelle für Rechtsschutz gemäß § 18,<br />

Ziffer 1, Buchstabe d<br />

c) die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes.<br />

Der Koordinierungsausschuss für Fachgremienarbeit<br />

ist an Aufträge des Hauptvorstandes gebunden<br />

und dem Hauptvorstand berichtspflichtig.<br />

Die Aufgabe des Koordinierungsausschusses<br />

für Fachgremienarbeit besteht darin,<br />

Prozesse in der <strong>GEW</strong> anzuregen und zu unterstützen,<br />

die erkennen lassen, welche neuen<br />

Arbeitsinhalte und -formen dem ganzheitlichen<br />

Bildungsbegriff und der Bildungsgewerkschaft<br />

gerecht werden. Er tagt unter Federführung<br />

des Geschäftsführenden Vorstandes nach<br />

Bedarf und bestimmt die Sitzungsfolge selbst.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

347


4.14 Verbesserung der Mitwirkung in den<br />

allgemeinen schulischen Fachgruppen<br />

Antragsteller: Bundesfachgruppenausschüsse<br />

Grundschule, Sonderpädagogische Berufe,<br />

Gesamtschule, Gymnasium<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Siehe Anlage 1 (Hinweise der Antragskommission)<br />

Betreff: Bundesausschüsse<br />

§ 24 Ziffer 1 Satz 1 erhält folgende Fassung<br />

(Änderung fett):<br />

"Die Bundesausschüsse bestehen aus je einer<br />

Vertreterin oder einem Vertreter der bestehenden<br />

Landesfachgruppen oder entsprechender,<br />

vom jeweiligen Landesvorstand autorisierter<br />

Gremien. Die Vorsitzende oder der Vorsitzende<br />

bzw. ein Mitglied des Leitungsteams nach § 24<br />

Ziff. 3 werden auf diese Zahl nicht angerechnet.<br />

Die Benennung erfolgt durch die Landesverbände.<br />

Weitere Mitglieder können vom<br />

Hauptvorstand und vom Bundesausschuss im<br />

gegenseitigen Einvernehmen berufen werden."<br />

Begründung<br />

Da nicht in allen Ländern Fachgruppen bestehen,<br />

die namensgleich oder strukturgleich zu<br />

den satzungsgemäßen Bundesausschüssen<br />

sind, wird durch diese Neuformulierung die<br />

satzungsgemäße Beteiligung anderer Vertreterinnen<br />

und Vertreter herbeigeführt.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

348


Anträge zum Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> in Düsseldorf vom 12.-16. Juni 2013<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

5. Organisation<br />

5.1 Grundsätze der Haushaltspolitik<br />

Hauptvorstand<br />

5.2 Änderung der Haushalts- und Kassenordnung<br />

LV Hessen<br />

5.3 Änderung der "Richtlinien für die Entnahme von Mitteln aus dem Kampfund<br />

Unterstützungsfonds"<br />

LV Hessen<br />

5.4 Umsetzung Gewerkschaftstagbeschluss 5.2/Organisationsentwicklung<br />

Hauptvorstand<br />

5.5 Faire An-Sprache in der <strong>GEW</strong> –<br />

Geschlechterdemokratie in Wort und Bild<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

5.6 Anpassung einer Richtlinie des Hauptvorstands<br />

LV Rheinland-Pfalz<br />

5.7 Seniorinnen und Senioren in die DGB-Satzung<br />

LV Bremen<br />

5.8 Anforderungen an ein unterstützendes Umfeld für erfolgreiche<br />

<strong>GEW</strong>erkschaftliche Studierendenarbeit<br />

BFGA Hochschule und Forschung/BASS<br />

5.9 Schulsozialarbeit - Arbeitsstrukturen in der <strong>GEW</strong><br />

BFGA Sozialpädagogische Berufe<br />

5.10 Hauptamtliche Zuständigkeit für den BAMA im HV<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

5.11 Neugründung einer AG LER<br />

BA Multikulturelle Angelegenheiten<br />

5.12 Gemeinsame Termine aller Bundesfachgruppen<br />

BFGAs Grundschule, Sonderpädagogische Berufe, Gymnasien<br />

5.13 Gemeinsame Satzungsberatungen<br />

BFGAs Grundschule, Sonderpädagogische Berufe, Gymnasien<br />

5.14 Statt Armut Grundeinkommen für ALLE<br />

LV Bremen<br />

5.15 Wissenschaftliche Evaluation der Berufsbildenden Schulen<br />

LV Bremen<br />

5.16 Gesundheit am Arbeitsplatz Weiterbildung<br />

BFGA Erwachsenenbildung<br />

5.17 Einrichtung einer bundesweiten Info-Hotline für prekär Beschäftigte<br />

LV Hessen<br />

351<br />

360<br />

361<br />

362<br />

367<br />

369<br />

370<br />

371<br />

377<br />

378<br />

379<br />

380<br />

382<br />

384<br />

386<br />

388<br />

390<br />

349


5.18 Einrichtung einer bundesweiten Info-Hotline für prekär Beschäftigte im<br />

Bildungsbereich<br />

Landsverbände Bayern und Thüringen<br />

5.19 Bekämpfung prekärer Beschäftigung in Bildung, Wissenschaft und<br />

Forschung<br />

LV Bremen<br />

5.20 Rehabilitierung der Opfer von Berufsverboten und <strong>GEW</strong>-<br />

Unvereinbarkeitsbeschlüssen<br />

LV Hessen<br />

391<br />

393<br />

396<br />

350


5.1 Grundsätze der Haushaltspolitik<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

0. Änderung der Beitragsordnung<br />

1. Ziffer 1.1 der Beitragsordnung lautet: "Bei<br />

Beamtinnen und Beamten beträgt der Beitrag<br />

0,78 % der Besoldungsgruppe und<br />

Stufe, nach der das Mitglied besoldet wird."<br />

2. Ziffer 1.2 der Beitragsordnung lautet: "Bei<br />

Angestellten beträgt der Beitrag 0,73 % der<br />

Entgeltgruppe und Stufe, nach der das Mitglied<br />

vergütet wird. Grundlage für die Berechnung<br />

ist der jeweils geltende Tarifvertrag."<br />

3. Ziffer 3 der Beitragsordnung lautet: "Bei<br />

Empfängern von Pensionen beträgt der Beitrag<br />

0,68 % des Bruttoruhestandsbezuges.<br />

Bei Rentnerinnen und Rentnern beträgt der<br />

Beitrag 0,66 % der Bruttorente. Die Beiträge<br />

werden entsprechend der Rentenangleichung<br />

bzw. der Erhöhung der Versorgung<br />

angepasst."<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

I. Beitragsaufteilung<br />

1. Die zusätzlichen Beitragsanteile nach Ziffer<br />

0.1 und 0.2 um 0,03 % und nach Ziffer 0.3 um<br />

0,02 % werden, nach Berücksichtigung des<br />

DGB-Anteils von 12 %, unmittelbar und in voller<br />

Höhe an den Kampffonds abgeführt.<br />

2. <strong>Das</strong> im Weiteren zu verteilende Beitragsaufkommen<br />

nach dem Abzug gemäß Ziffer 1<br />

wird rechnerisch mit 100 Prozent festgelegt.<br />

3. Von dem Beitragsaufkommen nach Ziffer 2<br />

erhalten:<br />

3.1.der DGB 12 % (ohne arbeitslose Mitglieder);<br />

3.2. der Kampf- und Unterstützungsfonds 1 %;<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

3.3.der Rechtsschutz 5,0 %;<br />

3.4.die Gemeinschaftsaufgaben 4,3 %; davon<br />

für die:<br />

3.4.1. Unterstützung von Landesverbänden<br />

(Länderfinanzausgleich) 3,1 %<br />

45<br />

50<br />

351


3.4.2. Gewerkschaftliche Bildungsarbeit 1,2%<br />

Voraussetzung für den Erhalt dieser Zahlungen<br />

ist die Erfüllung der Verpflichtung zur Transparenz<br />

gemäß Punkt 7.<br />

55<br />

3.5.der Hauptvorstand 18 % (ohne bundesunmittelbare<br />

Mitglieder);<br />

4. Der Hauptvorstand erhält die nach Abzug<br />

der Ziffern 3.1. - 3.4. verbleibenden Beitragsanteile<br />

der bundesunmittelbaren Mitglieder.<br />

5. Die übrigen Beitragsanteile verbleiben bei<br />

den Landesverbänden.<br />

6. An die Max-Traeger-Stiftung werden monatlich<br />

pro Mitglied (ohne arbeitslose/ studentische<br />

Mitglieder) 0,06 € abgeführt.<br />

7. Der Hauptvorstand und die Landesverbände<br />

sind verpflichtet, ihre finanziellen<br />

Planungen und Entscheidungen transparent zu<br />

machen. Gegenseitig veröffentlichen sie ihre<br />

Haushaltspläne, ihre Stellenpläne sowie ihre<br />

Jahresabschlüsse.<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

II. Gemeinschaftsaufgaben und Organisationsentwicklung<br />

80<br />

1. Gemeinschaftsaufgaben<br />

1.1.Unterstützung von Landesverbänden<br />

(Länderfinanzausgleich)<br />

Aus den Mitteln des Länderfinanzausgleiches<br />

werden struktur- und finanzschwache<br />

Landesverbände unterstützt. Finanzschwache<br />

Landesverbände sind gekennzeichnet durch ein<br />

jährliches Beitragsaufkommen von unter einer<br />

Million Euro. Dazu gehören im Einzelnen:<br />

- Bremen<br />

- Mecklenburg-Vorpommern<br />

- Saarland<br />

85<br />

90<br />

95<br />

Strukturschwache Landesverbände sind<br />

gekennzeichnet durch ein ungünstiges Verhältnis<br />

der Beitragseinnahmen zur Größe des<br />

jeweiligen Bundeslandes. Dazu gehören im Ein-<br />

100<br />

352


zelnen:<br />

- Bayern<br />

- Brandenburg<br />

- Rheinland-Pfalz<br />

- Sachsen<br />

- Sachsen-Anhalt<br />

- Schleswig-Holstein<br />

- Thüringen<br />

105<br />

110<br />

Über die Verteilung der finanziellen Mittel entscheidet<br />

der HV auf Vorschlag der betroffenen<br />

Landesverbände.<br />

1.2.Gewerkschaftliche Bildungsarbeit<br />

Die Organisation, Finanzierung und Konzeption<br />

der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit erfolgt<br />

nach folgenden Grundsätzen:<br />

115<br />

120<br />

125<br />

Die entsprechend Punkt I.3.4.2. zur Verfügung<br />

stehenden Mittel werden wie folgt eingesetzt:<br />

- 25 % für die Koordination und für zentrale<br />

Aufgaben beim Hauptvorstand (Personal und<br />

Sachmittel)<br />

- 75 % für die dezentralen Maßnahmen in den<br />

Landesverbänden (Personal und Sachmittel)<br />

130<br />

135<br />

Über die Verwendung der Mittel entscheiden<br />

die für den jeweiligen Haushalt zuständigen<br />

Gremien des Bundes und der Länder.<br />

Diese Mittel sind zweckgebunden zu verwenden.<br />

Dem Hauptvorstand gegenüber muss<br />

Nachweis geführt werden.<br />

140<br />

145<br />

Der Hauptvorstand und die Landesverbände<br />

sind zur Kooperation verpflichtet.<br />

150<br />

2. Prozess zur inhaltlichen und strukturellen<br />

Weiterentwicklung der <strong>GEW</strong><br />

Für die Umsetzung, Begleitung und Durchführung<br />

dieses Prozesses werden jährlich 0,5 %<br />

des Beitragsaufkommens zur Verfügung gestellt.<br />

155<br />

353


Diese Mittel werden zu gleichen Teilen in den<br />

Haushalten des Hauptvorstandes und der<br />

Landesverbände eingestellt und entsprechend<br />

der inhaltlichen Beschlüsse eingesetzt.<br />

160<br />

III. Finanzierung des Rechtsschutzes<br />

165<br />

1. Der gewerkschaftliche Rechtsschutz ist eine<br />

gemeinsame Aufgabe aller Gliederungen der<br />

<strong>GEW</strong>. Sie umfasst die Leistungen der<br />

Landesverbände für die Arbeit der<br />

Landesrechtsschutzstellen, die Leistungen des<br />

Hauptvorstandes für die Arbeit der Bundesstelle<br />

für Rechtsschutz (inkl. Geschäftsstelle),<br />

für die externe Rechtsvertretung, für die zu<br />

übernehmenden Kosten der Gegenseite, für die<br />

Gerichtskosten und für notwendige weitere<br />

Verfahrenskosten.<br />

2. Die Finanzierung des Aufwandes für die<br />

Landesrechtsschutzstellen und die Bundesrechtsschutzstelle<br />

wird in den jeweiligen Haushalten<br />

geregelt. Dazu erhalten die Landesverbände<br />

und der Hauptvorstand insgesamt 2,85 % des<br />

Beitragsaufkommens als Zuschuss (vergleiche<br />

I.3.3.) Dieser Gesamtbetrag entspricht 80 Anteilen,<br />

wovon 9 Landesverbände und der<br />

Hauptvorstand je vier Anteile, die Landesverbände<br />

NRW und Niedersachsen je neun Anteile,<br />

die Landesverbände Berlin und Hessen je<br />

7 Anteile, der Landesverband Saarland zwei<br />

Anteile, und die Landesverbände Bremen und<br />

Mecklenburg-Vorpommern je drei Anteile erhalten.<br />

3. Die Finanzierung der Kosten für externe<br />

Rechtsvertretung, die zu übernehmenden Kosten<br />

der Gegenseite, die Gerichtskosten und die<br />

notwendigen weiteren Verfahrenskosten (z. B.<br />

Rechtsgutachten) erfolgt durch einen Rechtschutzfonds,<br />

der im Rahmen des Haushaltes<br />

des Hauptvorstands separat geführt wird. Die<br />

Rechtsschutzrückstellung ist Bestandteil dieses<br />

Fonds.<br />

Die Zuflüsse dieses Rechtschutzfonds setzen<br />

sich wie folgt zusammen:<br />

3.1. 2,15 % des Beitragsaufkommens (nach<br />

I.3.3.)<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

210<br />

354


3.2. Zinserträge aus der Anlage der Rechtsschutzrückstellung<br />

3.3. Rechtspolitische Umlage der<br />

Gewerkschaften<br />

4. Nicht verbrauchte Mittel nach den Ziffern<br />

3.1. - 3.3. werden der Rechtsschutzrückstellung<br />

zugeführt. Reichen die Mittel gemäß Ziffer<br />

3.1. - 3.3. zur Finanzierung nicht aus, so erfolgt<br />

die Deckung aus der Rechtsschutzrückstellung.<br />

215<br />

220<br />

5. Aufwendungen, die in direktem Zusammenhang<br />

mit dem Rechtsschutz stehen, jedoch<br />

über Ziffer 3 hinausgehen, können in Ausnahmefällen<br />

aus dem Rechtsschutzfonds finanziert<br />

werden. Dazu bedarf es einer Zweidrittelmehrheit<br />

des Hauptvorstandes.<br />

6. Die wirtschaftliche Verwendung der Mittel<br />

für den Rechtsschutz ist im Interesse der Gesamtorganisation<br />

sicherzustellen. Die auf der<br />

Grundlage ausführlicher Analysenwerte aus der<br />

Rechtsschutzdatenbank entwickelten und<br />

durch den HV beschlossenen Steuerungselemente<br />

sind - bis auf die gesondert zu genehmigenden<br />

Ausnahmen - einzuhalten. Die<br />

Bundesstelle für Rechtsschutz überwacht die<br />

Einhaltung der Steuerungselemente und berichtet<br />

dem HV jährlich über die Entwicklung<br />

des Rechtsschutzes und der Rechtsschutzkosten<br />

sowie über die Wirksamkeit der entwickelten<br />

Steuerungselemente.<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

IV. Kampf- und Unterstützungsfonds<br />

1. Zum Zwecke der Finanzierung von Tarifvorhaben<br />

und Vorhaben zu koalitionsrechtlichen<br />

Vereinbarungen und Verträgen zugunsten Dritter,<br />

einschließlich darauf ausgerichteter Aktionen<br />

und Arbeitskämpfe, wird ein Kampf- und<br />

Unterstützungsfonds unterhalten.<br />

2. Die Zuführung wird gemäß der Ziffern I.1<br />

und I.3.2. geregelt.<br />

3. Die Entnahme von Mitteln aus dem Kampfund<br />

Unterstützungsfonds für Maßnahmen gemäß<br />

Ziffer IV/1 erfolgt gemäß einer durch den<br />

Hauptvorstand mit Zweidrittelmehrheit der<br />

Mitglieder zu beschließenden Richtlinie. Über<br />

250<br />

255<br />

260<br />

265<br />

355


Ausnahmen der Zweckbestimmung entscheidet<br />

der Hauptvorstand ebenfalls mit Zweidrittelmehrheit<br />

der Mitglieder.<br />

4. Beschlüsse des Gewerkschaftstages zur Entnahme<br />

von Mitteln aus dem Kampf- und Unterstützungsfonds<br />

bleiben von diesen Grundsätzen<br />

unberührt.<br />

V. Haushalt<br />

270<br />

275<br />

1. Gemäß diesen Grundsätzen der Haushaltspolitik<br />

und der Haushalts- und Kassenordnung<br />

beschließt der Hauptvorstand den Jahreshaushalt<br />

2. Die Personalkosten beim Hauptvorstand -<br />

mit Ausnahme der Personalstellen, die aus den<br />

Gemeinschaftsaufgaben erwachsen, sollen<br />

nicht mehr als 50 % der anteiligen Beitragseinnahmen<br />

betragen.<br />

3. Der Stellenplan ist Anlage zum Haushalt.<br />

280<br />

285<br />

290<br />

VI. Inkrafttreten<br />

Soweit nichts anderes angegeben ist, treten<br />

diese Grundsätze zum 01.01.2014 in Kraft.<br />

Begründung<br />

A. Sicherung und schrittweise Erweiterung<br />

des Bestandes des Kampfonds<br />

Ausgangspunkt für alle Überlegungen ist die Sicherung<br />

und schrittweise Erweiterung des Bestandes<br />

des Kampfonds, um für die auf die<br />

<strong>GEW</strong> in Zukunft zukommenden Aufgaben bessere<br />

Vorsorge zu treffen.<br />

295<br />

300<br />

305<br />

I. Erhöhung von Beitragsanteilen<br />

Zur ausschließlichen Erhöhung der Zuführungen<br />

zum Kampffonds werden die Beiträge<br />

derjenigen Mitglieder erhöht, die von den<br />

künftigen Tarifauseinandersetzungen, die mit<br />

den Mitteln des Kampffonds möglichst erfolgreich<br />

geführt werden sollen, unmittelbar oder<br />

mittelbar betroffen sind und von den Ergebnissen<br />

profitieren. <strong>Das</strong> sind:<br />

a) die Vollbeiträge nach den Nr. 1.1 und 1.2<br />

der Beitragsordnung für tarifbeschäftigte An-<br />

310<br />

315<br />

320<br />

356


gestellt und für Beamte um 0,03 Prozentpunkte,<br />

b) die Ruhestandsbeiträge nach der Nr. 3 der<br />

Beitragsordnung der Pensionsempfänger um<br />

0,02 Prozentpunkte. Die hierdurch entstehenden<br />

Beitragsanteile werden nach Abzuge des<br />

an den DGB abzuführenden Beitragsanteils als<br />

"Vorwegabzug" dem Kampffonds unmittelbar<br />

und in voller Höhe zugeführt. Sie steht somit<br />

für keine anderen Aufgaben und Verteilungen<br />

zur Verfügung.<br />

325<br />

330<br />

II. Verstetigung der Projekte zur Mitgliederentwicklung<br />

ohne weitere Mittelentnahme aus<br />

dem Kampffonds<br />

Neben der Höhe der Mitgliedsbeiträge ist die<br />

Mitgliederentwicklung die zweite entscheidende<br />

Größe, um die Handlungsfähigkeit der<br />

<strong>GEW</strong> dauerhaft zu sichern und zu verbessern.<br />

Um die mit den Mitgliederwerbeprojekten in<br />

den zurückliegenden Jahren in den Landesverbänden<br />

erreichten Erfolge und Strukturen zu<br />

verstetigen, sollen die den Ländern dafür<br />

bisher aus den Kampffonds zur Verfügung gestellten<br />

Mittel (1 % des Gesamtbeitragsaufkommens<br />

ca. 550.000 Euro p.a.) durch Einsparungen<br />

bei den Gemeinschaftsaufgaben zur<br />

Verfügung gestellt werden. Dafür sollen die<br />

Mittel:<br />

a) für den gewerkschaftlichen Rechtsschutz<br />

von 5,5 % auf 5,0 %,<br />

335<br />

340<br />

345<br />

350<br />

355<br />

b) für die gewerkschaftliche Bildungsarbeit<br />

von 1,5 % auf 1,2 % und<br />

c) für den Länderfinanzausgleich von 3,3 %<br />

auf 3,1 %<br />

360<br />

reduziert werden.<br />

Durch die um 1% geringer Abführung bei den<br />

Gemeinschaftsaufgaben erhöht sich der im LV<br />

verbleibende Anteil analog. Mittel für die Koordination<br />

beim HV sind nicht vorgesehen.<br />

B. Weitere Vorhaben<br />

365<br />

370<br />

I. Verstetigung der Projekte zur Reduzierung<br />

der Rechtsschutzkosten<br />

357


Um die sehr erfolgreiche Entwicklung der Projekte<br />

zur Reduzierung der Rechtsschutzkosten<br />

dauerhaft zu sichern und die Ergebnisse weiter<br />

zu verbessern, sollen die durch die Projekte geschaffenen<br />

Strukturen, insbesondere die zusätzlich<br />

geschaffenen Personalstellen durch<br />

dauerhafte Finanzierungsregelungen abgesichert<br />

werden. Die zusätzlichen Mittel sichern<br />

einerseits die geschaffenen Stellen in den<br />

Landesverbänden NRW, Niedersachsen und<br />

neu in Berlin und Hessen und dienen andererseits<br />

zur stärkeren Ko-Finanzierung der Personalkosten<br />

in den anderen Landesverbänden<br />

und der Bundesrechtsschutzstelle. Dazu wird<br />

zusätzlich zu der bereits oben vorgeschlagenen<br />

Reduzierung der Gesamtmittel für den Rechtsschutz<br />

auch die Verteilung der Gesamtmittel<br />

auf die Stellenzuschüsse für die Personalstellen<br />

in der Bundesrechtsstelle und in den<br />

Landesrechtsschutzstellen einerseits und auf<br />

die Kosten für externe Rechtsanwälte andererseits<br />

geändert:<br />

a) die Mittel für die Stellenzuschüsse werden<br />

von 2,0 % auf 2,85 % erhöht<br />

b) die Mittel für die Kosten externer Rechtsanwälte<br />

werden von 3,5 % auf 2,15 % gesenkt<br />

Die starke Reduzierung der Kosten für externe<br />

Rechtsanwälte, die der <strong>GEW</strong> als Gesamtorganisation<br />

insgesamt zu Gute kommt, ist das<br />

zählbare Ergebnis der langjährigen Anstrengungen,<br />

in der Gewährung des gewerkschaftlichen<br />

Rechtsschutzes umzusteuern. Für die ca.<br />

450.000 Euro zusätzlicher Mittel für die Stellenzuschüsse<br />

wird ein geändertes Verteilungssystem<br />

vorgesehen. <strong>Das</strong> neue Verteilungssystem<br />

sieht vor, dass:<br />

a) die Landesverbände NRW und NDS einen<br />

Anteil von 9/80,<br />

b) die Landesverbände Berlin und Hessen einen<br />

Anteil von 7/80,<br />

c) 11 weitere Landesverbände und der HV<br />

4/80,<br />

d) die Landesverbände Bremen und MVP 3/80<br />

und<br />

375<br />

380<br />

385<br />

390<br />

395<br />

400<br />

405<br />

410<br />

415<br />

420<br />

425<br />

358


e) der Landesverband Saarland 2/80<br />

der verfügbaren Mittel als Zuschüsse erhalten.<br />

430<br />

II. Gestaltung des Länderfinanzausgleichs<br />

Die Landesverbände, die als strukturschwache<br />

bzw. als finanzschwache Landesverbände Mittel<br />

aus dem Länderfinanzausgleich erhalten,<br />

werden aufgefordert, sich auf der Grundlage<br />

der geänderten Grundsätze und vor dem Hintergrund<br />

der sich unterschiedlich entwickelnden<br />

Leistungsfähigkeit der betroffenen<br />

Landesverbände baldmöglichst auf eine<br />

Weiterentwicklung der Verteilungsmodalitäten<br />

(Rheinsberger Kompromiss) zu verständigen<br />

und dabei auch der den vom Gewerkschaftstag<br />

formulierten Erwartungen an die Gestaltung<br />

des Länderfinanzausgleichs entsprechend<br />

Rechnung zu tragen.<br />

435<br />

440<br />

445<br />

359


5.2 Änderung der Haushalts- und<br />

Kassenordnung<br />

Antragsteller: LV Hessen<br />

§ 1<br />

3. Der Haushaltsplan wird im GV beraten und<br />

vom Hauptvorstand beschlossen.<br />

4. Die Schatzmeisterin/der Schatzmeister hat<br />

das Recht, im Hauptvorstand ihre/seine abweichende<br />

Auffassung vorzutragen.<br />

§ 2<br />

1. Die Errechnung der voraussichtlichen Einnahmen<br />

erfolgt auf der Basis der Mitgliederzahlen<br />

zum 30. Juni des Vorjahres und den zu<br />

erwartenden Mitgliederveränderungen sowie<br />

den Durchschnittsbeiträgen und sonstigen Einnahmen.<br />

werden wie folgt geändert:<br />

§ 1<br />

3. (neu) Der Haushaltsplan wird im GV beraten<br />

und vom Hauptvorstand zur Vorlage an den<br />

Gewerkschaftstag oder endgültig (siehe § 12<br />

Satzung) beschlossen.<br />

4. Die Schatzmeisterin/der Schatzmeister hat<br />

das Recht, im Hauptvorstand und/oder<br />

Gewerkschaftstag ihre/seine abweichende Auffassung<br />

vorzutragen.<br />

§ 2<br />

1. (neu) Die Errechnung der voraussichtlichen<br />

Einnahmen erfolgt auf der Basis der Mitgliederzahlen<br />

zum Ende des vorletzten Quartals vor<br />

Beschlussfassung im Hauptvorstand (siehe § 1<br />

3.) und den zu erwartenden Mitgliederveränderungen<br />

sowie den Durchschnittsbeiträgen<br />

und sonstigen Einnahmen.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme bei Annahme von Antrag 4.8.<br />

Erledigt bei Ablehnung von Antrag 4.8<br />

360


5.3 Änderung der "Richtlinien für die<br />

Entnahme von Mitteln aus dem Kampfund<br />

Unterstützungsfonds"<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Antragsteller: LV Hessen<br />

Abschnitt 4:<br />

"Über Ausnahmen der Zweckbestimmung des<br />

Kampf- und Unterstützungsfonds entscheidet<br />

der HV mit Zweidrittelmehrheit der Mitglieder."<br />

(aktuelle Fassung)<br />

wird geändert in:<br />

"Ausnahmen von der Zweckbestimmung des<br />

Kampf- und Unterstützungsfonds sind nicht<br />

zulässig."<br />

1<br />

5<br />

10<br />

Begründung<br />

mündlich<br />

361


5.4 Umsetzung<br />

Gewerkschaftstagbeschluss 5.2/<br />

Organisationsentwicklung<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme<br />

Antragsteller: Hauptvorstand<br />

I<br />

Vorbemerkungen<br />

1<br />

Der Gewerkschaftstag 2009 beauftragte den<br />

Hauptvorstand, zum Gewerkschaftstag 2013<br />

"einen Vorschlag zur inhaltlichen und<br />

strukturellen Weiterentwicklung der Gesamtorganisation<br />

zu erarbeiten und dem<br />

Gewerkschaftstag zur Beschlussfassung vorzulegen"<br />

und "zum effektiven Einsatz der personellen<br />

und finanziellen Ressourcen" Maßnahmen<br />

zur "Zielsteuerung" einzuführen.<br />

In § 3 der <strong>GEW</strong>-Satzung werden "Zweck und<br />

Aufgabe der <strong>GEW</strong>" eindeutig benannt: Die<br />

Wahrnehmung der beruflichen, wirtschaftlichen<br />

sozialen und rechtlichen Interessen ihrer<br />

Mitglieder, die Förderung von Erziehung und<br />

Wissenschaft, Ausbau und interkulturelle Öffnung<br />

der Einrichtungen, Ausbau der Geschlechterdemokratie<br />

und Beseitigung von Diskriminierung.<br />

Die Besonderheit der Bildungsgewerkschaft<br />

<strong>GEW</strong> ist dabei die enge Verzahnung<br />

bildungspolitischer und arbeitsplatzpolitischer<br />

Interessen, denn Bildungseinrichtungen –<br />

von der Kita bis zur Erwachsenenbildung – sind<br />

die Arbeitsplätze von Lehrenden und Lernenden.<br />

Diese Ziele der <strong>GEW</strong> umzusetzen erfordert eine<br />

entsprechende Durchsetzungsfähigkeit der<br />

<strong>GEW</strong> in tarif- und beamtenrechtlichen sowie<br />

bildungspolitischen Themenstellungen. Grundlage<br />

gewerk-schaftlicher Durchsetzungsfähigkeit<br />

sind ein hoher Organisationsgrad, die Funktionsfähigkeit<br />

der innergewerkschaftlichen<br />

Strukturen sowie die Einbindung der ehrenamtlich<br />

tätigen Kolleginnen und Kollegen und<br />

Beteiligungsmöglichkeiten für Mitglieder. Zugleich<br />

ist eine kontinuierliche Qualifizierung der<br />

Ehrenamtlichen sicherzustellen.<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

II<br />

Handlungsfelder<br />

Wesentliche Handlungsfelder der <strong>GEW</strong>:<br />

A) Tarif- und Beamtenpolitik<br />

45<br />

362


B) Bildungs- und Professionspolitik<br />

C) Organisationspolitik<br />

Aus dem Beschluss des Gewerkschaftstags folgt<br />

zudem, dass diese zentralen Handlungsfelder<br />

geschlechterpolitisch bearbeitet werden und so<br />

zur Gleichstellung der Geschlechter und nicht<br />

zur Verfestigung der traditionellen Geschlechterrollen<br />

beitragen.<br />

A) Tarif- und Beamtenpolitik<br />

Die Durchsetzung der arbeitsplatzbezogenen<br />

Interessen der Mitglieder ist wesentlicher<br />

Satzungsauftrag aller Gliederungsebenen der<br />

<strong>GEW</strong>. Kernelemente sind die Ausgestaltung und<br />

Vereinbarung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten<br />

im Bildungsbereich. Reduzierung<br />

der Arbeitsbelastung, angemessene und gerechtere<br />

Bewertung der Professionen, gleiches<br />

Entgelt für gleichwertige Arbeit, Nachwuchsgewinnung<br />

und Erhöhung der Einkommen<br />

sind grundlegende Elemente der<br />

gewerkschaftspolitischen Interessenvertretung<br />

und zugleich unverzichtbare Voraussetzung für<br />

die Gewinnung neuer Mitglieder. Der<br />

Kampffonds erfüllt ausschließlich die satzungsgemäße<br />

Aufgabe, Arbeitskämpfe zu finanzieren,<br />

und muss hierfür angemessen ausgestattet<br />

werden.<br />

B) Bildungs- und Professionspolitik<br />

Die <strong>GEW</strong> sieht es als eine bedeutende Aufgabe<br />

an, ihre Mitglieder bei der Sicherung und Entwicklung<br />

ihrer beruflichen Professionalität zu<br />

unterstützen und als Gewerkschaft der in der<br />

Bildung Tätigen bildungspolitische Positionen<br />

durchzusetzen. Dies spiegelt sich auch in der<br />

Satzung der <strong>GEW</strong>: In § 4 b heißt es "als Mittel<br />

zur Erreichung dieses Zwecks betrachtet die<br />

<strong>GEW</strong>... berufliche und gewerkschaftliche<br />

Fortbildung der Mitglieder". Die <strong>GEW</strong> untermauert<br />

somit auch in ihrer Satzung ihr Verständnis<br />

von Professionalität, wonach es zum<br />

Kern einer Profession gehört, die berufliche<br />

Qualität beständig weiter zu entwickeln und<br />

auf einem aktuellen Stand zu halten. Dazu<br />

gehört notwendig auch, dass die <strong>GEW</strong> organisationspolitisch<br />

Voraussetzungen schafft, die<br />

die <strong>GEW</strong> auch als Gesamtorganisation in<br />

bildungspolitischen Themen handlungs- und<br />

kampagnefähig machen.<br />

C) Organisationspolitik<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

363


Voraussetzung zur Erreichung der Satzungsziele<br />

ist die strukturelle und organisatorische Weiterentwicklung<br />

der <strong>GEW</strong>. Deshalb ist die kontinuierliche<br />

Organisationsentwicklung auf allen<br />

Ebenen der <strong>GEW</strong> unverzichtbare Daueraufgabe<br />

und erhält den entsprechenden Stellenwert.<br />

Mitgliedergewinnung und Mitgliederbindung,<br />

die Förderung ehrenamtlicher Arbeit und der<br />

Aufbau von Vertrauensleutestrukturen setzen<br />

an den spezifischen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen<br />

der einzelnen Bildungs- bzw.<br />

Organisationsbereiche sowie Bildungsbereiche<br />

übergreifend an.<br />

III Maßnahmen<br />

Zur Umsetzung dieser Ziele beschließt die <strong>GEW</strong><br />

folgende Maßnahmen:<br />

Alle drei Bereiche benötigen hauptamtliche Kapazitäten<br />

auf Bundesebene und organisierte<br />

Unterstützung in den Landesverbänden. Die<br />

gewerkschaftliche Bildungsarbeit wird zur<br />

"Bildungsarbeit <strong>GEW</strong>" weiterentwickelt und<br />

unterstützt den Organisationsentwicklungsprozess.<br />

a) Bereich Tarif- und Beamtenpolitik:<br />

Die ehrenamtliche Arbeit der <strong>GEW</strong>-Mitglieder<br />

in Betriebs- und Personalräten sowie in Tarifkommissionen<br />

muss professionell unterstützt<br />

werden. Durch neue Kooperations- und Kommunikationsformen<br />

zwischen betrieblicher<br />

Ebene (Vertrauensleute), kollektiver Interessenvertretung<br />

(Betriebs- und Personalräte) und<br />

Tarifkommission erhöht die <strong>GEW</strong> ihre tarif- und<br />

beamtenrechtliche Durchsetzungsfähigkeit.<br />

b) Bereich Bildungs- und Professionspolitik:<br />

Zur Sicherung und Entwicklung der beruflichen<br />

Professionalität der Mitglieder profiliert sich<br />

die <strong>GEW</strong> als Gesamtorganisation verstärkt als<br />

Anbieterin beruflicher Fortbildung. Die Durchsetzung<br />

der bildungspolitischen Positionen der<br />

<strong>GEW</strong> sowohl in inhaltlichen Fragen wie bei<br />

Lern- und Arbeitsbedingungen wird bis hin zur<br />

Kampagnenfähigkeit der <strong>GEW</strong> auf die Agenda<br />

gesetzt.<br />

c) Bereich strukturelle und organisatorische<br />

Weiterentwicklung:<br />

Die <strong>GEW</strong> entwickelt Konzepte und Angebote,<br />

die sie als attraktive und beteiligungsorientierte<br />

Gewerkschaft auch bei jungen Personengruppen<br />

präsentiert und Ehrenamtliche nach-<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

155<br />

364


haltig unterstützt. Jeder Landesverband und<br />

der Hauptvorstand entwickeln in folgenden Bereichen<br />

jeweils spezifische Projekte und setzen<br />

sie transparent um:<br />

• Systematisierung, Vereinheitlichung der Erfassung<br />

und Aktualisierung der Mitgliederdaten<br />

• Präsenz in Betrieben und persönliche Kontakte<br />

zu potenziellen Mitgliedern<br />

• Mitgliedergewinnung und Mitgliederbindung<br />

• Mitgliederbeteiligung ermöglichen und Generationenwechsel<br />

• Ehrenamtliche qualifizieren und unterstützen<br />

IV Finanzielle und personelle Absicherung<br />

Für die Umsetzung, Begleitung und Durchführung<br />

dieses Prozesses werden jährlich 0,5 %<br />

des Gesamtbeitragsaufkommens zur Verfügung<br />

gestellt. Diese Mittel werden zu gleichen Teilen<br />

in den Haushalten des HV und der Landesverbände<br />

eingestellt und entsprechend der inhaltlichen<br />

Beschlüsse eingesetzt.<br />

V Zuständigkeit für die Umsetzung und Steuerung<br />

des Prozesses<br />

Die Zuständigkeit für die Umsetzung und Steuerung<br />

des Prozesses bedarf noch einer konkreten<br />

Abstimmung. Dabei ist von folgenden Verfahrensgrundsätzen<br />

auszugehen:<br />

• Der KoVo organisiert den Austausch zwischen<br />

den Landesverbänden und dem<br />

Hauptvorstand. Er koordiniert den Prozess<br />

und kann dazu eine AG bilden.<br />

• Im Hauptvorstand erfolgt ein jährlicher Bericht<br />

und Austausch über den Stand des<br />

Weiterentwicklungsprozesses.<br />

• Jeder Landesverband beteiligt sich unter<br />

Berücksichtigung seiner Rahmenbedingungen<br />

mit Teilprojekten aus den unter a), b)<br />

und c) genannten Bereichen am Weiterentwicklungsprozess.<br />

Zwischen Landesverbänden und HV bzw.<br />

zwischen Landesverbänden können projektbezogene<br />

Vereinbarungen getroffen<br />

werden, die auch die Beiträge beider Beteiligten<br />

zur Erreichung der Projektziele beinhalten.<br />

Der KoVo wird über alle Vereinbarungen<br />

informiert. Für alle Projekte der<br />

Landesverbände, des Hauptvorstands und<br />

für gemeinsame Vorhaben erfolgt eine<br />

transparente Verständigung über die<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

365


Schritte und den Zeitrahmen für die Umsetzung.<br />

Alle beteiligten Ebenen verständigen<br />

sich in einem gemeinsamen Prozess<br />

über die Definition von Zielen, Maßnahmen<br />

und Indikatoren. Die Verständigung über<br />

die Evaluation der Teilprojekte ist Bestandteil<br />

des Prozesses.<br />

• Vor Einleitung, während und beim Abschluss<br />

von Vorhaben bedarf es einer genauen<br />

Analyse des Mitgliederbestandes<br />

und seiner Entwicklung.<br />

210<br />

215<br />

220<br />

366


5.5 Faire An-Sprache in der <strong>GEW</strong> –<br />

Geschlechterdemokratie in Wort und Bild<br />

Antragsteller: Bundesfrauenausschuss<br />

Bei der Verfolgung ihrer satzungsgemäßen Ziele<br />

- dem Ausbau der Geschlechterdemokratie<br />

(§ 3 d) sowie<br />

- der Verhinderung und Beseitigung von<br />

Diskriminierung (§ 3 e)<br />

sieht die <strong>GEW</strong> einen geschlechtergerechten<br />

Sprachgebrauch und eine ausgewogene Repräsentanz<br />

in den bildlichen Darstellungen als<br />

einen entscheidenen Beitrag an.<br />

Der Gewerkschaftstag fordert die Untergliederungen<br />

der <strong>GEW</strong> auf, in allen schriftlichen und<br />

mündlichen Äußerungen der <strong>GEW</strong> sowie bei<br />

bildlichen Darstellungen (z. B. Fotos, Karikaturen,<br />

Pressemitteilungen, Plakaten, Broschüren,<br />

Webseiten usw.) geschlechtergerecht zu<br />

formulieren und zu gestalten.<br />

Hierfür gibt es folgende Wege:<br />

- Nennung der weiblichen und männlichen<br />

Form (z.B.: Lehrerinnen und Lehrer)<br />

- Gebrauch geschlechterneutraler Begriffe (z.B.:<br />

Lehrkräfte)<br />

- Gebrauch des großen Binnen-I ( z.B.: LehrerInnen)<br />

- Gebrauch des Unterstriches ( z.B.: Lehrer_innen),<br />

der auch Menschen ansprechen soll, die<br />

sich nicht in binären Geschlechterkategorien<br />

wiederfinden<br />

- Abbildungen jeder Art stets auf Rollenklischees<br />

bzw. eine ausgewogene Repräsentanz<br />

der dargestellten Gruppen zu prüfen<br />

Der HV setzt eine Arbeitsgruppe ein, die eine<br />

Handreichung zum geschlechtergerechten<br />

Sprachgebrauch erstellt und setzt sich mit den<br />

verschiedenen Möglichkeiten von geschlechtergerechten<br />

Präsentationsformen in Wort und<br />

Bild auseinander.<br />

Begründung<br />

In vielen Publikationen der <strong>GEW</strong> und in Redebeiträgen<br />

werden durch den Gebrauch des generischen<br />

Maskulinums (z. B.: Lehrer) Frauen -<br />

über die Hälfte unserer Mitgliedschaft - ausgeblendet.<br />

Eine geschlechtergerechte Sprache<br />

dagegen blendet alle ein.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgender Änderung:<br />

In Zeile 11 Ergänzung: „Gliederungen und Untergliederungen<br />

…<br />

367


Die <strong>GEW</strong> hat sich auf den Weg gemacht, einen<br />

Beitrag zur geschlechtergerechten Sprache zu<br />

leisten. Schon der Gewerkschaftstag 1986 in<br />

Osnabrück beschließt, die <strong>GEW</strong>-Satzung zu bereinigen,<br />

so dass Frauen überall vorkommen<br />

(Antrag des BFA). Der <strong>GEW</strong>-Hauptausschuss beschließt<br />

1987: Frauen sollen in allen schriftlichen<br />

und mündlichen Äußerungen der <strong>GEW</strong><br />

genannt werden (Antrag des BFA). Im Newsletter<br />

des VB Frauenpolitik zum Thema Frauen<br />

und Sprache werden im September 2009 Hilfestellungen<br />

für geschlechtergerechte Sprache<br />

gegeben. Im Dezember 2012 beschließt der HV<br />

den Antrag "Abbau von Geschlechterstereotypen<br />

und Diskriminierung wegen sexueller<br />

Orientierung und Identität in Schulbüchern und<br />

anderen Unterrichtsmedien und -materialien".<br />

Danach sollen nicht nur Frauen und Männer in<br />

der Sprache sichtbar gemacht werden, sondern<br />

auch Intersexuelle, Transgender, Transsexuelle<br />

oder Bi-Gendered.<br />

Die Verwendung einer geschlechtergerechten<br />

Präsentationsform ist ein Prozess, den die <strong>GEW</strong><br />

aktiv unterstützt und der eine Ansprache und<br />

Beteiligung aller sichtbar macht.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

368


5.6 Anpassung einer Richtlinie des<br />

Hauptvorstands<br />

Antragsteller: LV Rheinland-Pfalz<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Überweisung an den Hauptvorstand<br />

Die Richtlinien "Rechte der Studentinnen und<br />

Studenten in der <strong>GEW</strong>" werden wie folgt<br />

geändert:<br />

Ziel der Arbeit ist es, die sozialen und materiellen<br />

Interessen der Studierenden zu vertreten,<br />

ihre Forderungen nach einer qualifizierten wissenschaftlichen<br />

Berufsausbildung zu unterstützen,<br />

sich für die Verbesserung von Studienbedingungen<br />

und Berufsaussichten einzusetzen.<br />

Die <strong>GEW</strong>-Studierendengruppen tragen<br />

dazu bei, gewerkschaftliche Positionen in den<br />

Hochschulen zu verbreiten. Sie werben für die<br />

Mitgliedschaft in der <strong>GEW</strong>. Sie treten ein für<br />

eine Wissenschaft, die ihrer gesellschaftlichen<br />

Verantwortung gerecht wird.<br />

1. Die studentischen Mitglieder der <strong>GEW</strong><br />

bilden an jeder Hochschule eine <strong>GEW</strong>-<br />

Studierendengruppe. Sie arbeitet mit der <strong>GEW</strong>-<br />

Fachgruppe Hochschule und Forschung zusammen.<br />

Die <strong>GEW</strong>-Studierendengruppen regeln ihre<br />

Angelegenheit selbstständig. Ihre Beschlüsse<br />

und Verlautbarungen erfolgen in Übereinstimmung<br />

mit der Satzung und den grundlegenden<br />

Beschlüssen des DGB und der <strong>GEW</strong>. Ihre Veröffentlichungen<br />

sind als Äußerungen der <strong>GEW</strong>-<br />

Studierendengruppen zu kennzeichnen.<br />

Die Mitgliederversammlung der <strong>GEW</strong>-<br />

Studierendengruppe wählt jeweils für ein Jahr<br />

eine Vorsitzende bzw. einen Vorsitzenden<br />

sowie eine stellvertretende Vorsitzende bzw. einen<br />

stellvertretenden Vorsitzenden oder ein<br />

Leitungsteam von bis zu drei Personen.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

369


5.7 Seniorinnen und Senioren in die DGB-<br />

Satzung<br />

Antragsteller: LV Bremen<br />

Die <strong>GEW</strong> beantragt auf dem ordentlichen<br />

Bundeskongress des DGB 2014 in § 2 "Grundsätze,<br />

Ziele und Aufgaben des Bundes ..." der<br />

DGB-Satzung auch die Vertretung der Interessen<br />

der ehemaligen Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmer und der Arbeitslosen als Ziel des<br />

DGB und der in ihm vereinigten Gewerkschaften<br />

zu benennen.<br />

Begründung<br />

In der vom 19. Ordentlichen Bundeskongress<br />

2010 in Berlin beschlossenen Neufassung der<br />

Satzung des DGB heißt es über die Zielgruppe<br />

unter § 2 "Grundsätze, Ziele und Aufgaben des<br />

Bundes":<br />

"2. Ziele<br />

Der Bund und die in ihm vereinigten<br />

Gewerkschaften vertreten die gesellschaftlichen,<br />

wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen<br />

Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer."<br />

Auch in den folgenden Spiegelstrichen<br />

werden zwar z.B. der "Ausbau und die Sicherung<br />

des sozialen und demokratischen<br />

Rechtsstaates", "die Verwirklichung der Geschlechterdemokratie",<br />

ein demokratisches Europa<br />

und der Erhalt des Friedens als Ziele benannt,<br />

nicht aber die Vertretung der Interessen<br />

der Rentner und Rentnerinnen, Pensionäre und<br />

Pensionärinnen sowie der Arbeitslosen. Diese<br />

sind aber eine nicht unbedeutende Gruppe unter<br />

den Mitgliedern der DGB-Gewerkschaften<br />

und ihre Vertretung ist selbstverständlicher Teil<br />

der gewerkschaftlichen Praxis.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme in folgender Fassung:<br />

„Die <strong>GEW</strong> beantragt auf dem ordentlichen<br />

Bundeskongress des DGB in 2014 eine<br />

Satzungsänderung in § 2 „Grundsätze, Ziele<br />

und Aufgaben des Bundes…“.<br />

§ 2 Ziele<br />

Der Bund und die in ihm vereinigten<br />

Gewerkschaften vertreten die gesellschaftlichen,<br />

wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen<br />

Interessen ihrer Mitglieder.<br />

In der Begründung wird in Zeile 15 hinter dem<br />

Wort "Bundes“ das Wort "bislang" eingefügt.<br />

370


5.8 Anforderungen an ein unterstützendes<br />

Umfeld für erfolgreiche <strong>GEW</strong>erkschaftliche<br />

Studierendenarbeit<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Überweisung an den Hauptvorstand<br />

Antragsteller: BFGA Hochschule und<br />

Forschung/BASS<br />

Auf den Anfang kommt es an!<br />

Aller guten Dinge sind drei – Anforderungen<br />

an ein unterstützendes Umfeld für erfolgreiche<br />

<strong>GEW</strong>erkschaftliche Studierendenarbeit<br />

Drei Dinge sind aus unserer Sicht für eine gelungene<br />

gewerkschaftliche Arbeit und Mobilisierung<br />

wichtig: Eine Struktur von Vertrauensleuten<br />

vor Ort; eine Gewerkschaftsarbeit, die<br />

nicht als bloße Vorfeldarbeit konzeptioniert ist<br />

und auf mögliche Karrierechancen blickt,<br />

sondern die am unmittelbaren Arbeitsumfeld<br />

der Menschen ansetzt: der Hochschule. Drittens<br />

die Bereitstellung der notwendigen<br />

Ressourcen.<br />

(1) Notwendigkeit von Schlüsselpersonen und<br />

Unterstützung von Aktiven<br />

Nicht überall gibt es bereits eine so gut organisierte<br />

Vertrauensleutestruktur wie in Bereichen<br />

mit hohem gewerkschaftlichem Organisationsgrad.<br />

Die Bildung solcher Strukturen ist aber zugleich<br />

die Voraussetzung für eine gute Organisation,<br />

Mobilisierung und Stärkung<br />

gewerkschaftlicher Handlungsmöglichkeiten.<br />

Sie ist für die Organisationsarbeit von hoher<br />

Bedeutung. Es gilt dabei, vor Ort Menschen zu<br />

finden, die nicht bloß als außenstehende<br />

Hauptamtliche irgendwelche Gewerkschaftspositionen<br />

an die Studierenden herantragen,<br />

sondern die vor Ort aktiv und als engagierte<br />

Menschen in diesem Umfeld bekannt sind und<br />

deren Meinung daher bei vielen Menschen in<br />

diesem Umfeld etwas gilt. Sie müssen die Probleme<br />

dieses Umfelds konkret kennen und strategisch<br />

hierzu planen können. Sie übernehmen<br />

so die Rolle von MotivatorInnen. Sie bilden damit<br />

eine unverzichtbare Voraussetzung für eine<br />

erfolgreiche Organisationsarbeit. Man könnte<br />

diese Vertrauensleute auch als "Schlüsselpersonen"<br />

bezeichnen – und damit eine Formulierung<br />

von Saul Alinsky aufgreifen, wie sie in<br />

Feldversuchen von Organizing in hoch prekären<br />

Bereichen mit bislang geringem gewerkschaftli-<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

371


chen Organisationsgrad verwendet wird.<br />

(2) Gewerkschaftsarbeit muss am unmittelbaren<br />

Arbeitsumfeld ansetzen: Studierendenarbeit<br />

ist keine Vorfeldarbeit, sondern Organisationsarbeit<br />

im Arbeitsumfeld Hochschule<br />

Die <strong>GEW</strong> hat hier eine herausragende Expertise!<br />

Sie zeichnet sich zudem auch strukturell in<br />

besonderem Maße aus: sie organisiert das<br />

Arbeitsumfeld Hochschule, sie hat Strukturen,<br />

in denen sich Studierende innergewerkschaftlich<br />

als Personengruppe selbst organisieren,<br />

qualifiziert Studierende in Studierendenvertretungen<br />

und studentische Gewerkschaftsmitglieder<br />

in Studierendenseminaren. Mit dieser<br />

Arbeit setzt sie nicht nur auf Schlaglichtveranstaltungen,<br />

sondern leistet eine nachhaltige<br />

gewerkschaftliche Arbeit. Diese ist für die<br />

Studierenden gleichermaßen unverzichtbar wie<br />

für die Gewerkschaft selbst. Für die Studierenden<br />

bildet sie einen Rückhalt als Beschäftigte<br />

und für eine Gruppe, die am unteren Ende der<br />

Hierarchie des "Unternehmens Hochschule"<br />

steht. Für die Gewerkschaft selbst meint diese<br />

Arbeit das Erreichen von Schlüsselpersonen vor<br />

Ort und die Befähigung von Menschen zur<br />

Funktion als engagierte Aktive. Diesen Bereich<br />

zu schwächen oder durch werbewirksame Veranstaltungen<br />

zu ersetzen, die aber die Zielgruppe<br />

nicht erreichen, käme einem Verzicht<br />

auf Vertrauensleuteschulungen oder dem Ersatz<br />

von Vertrauensleutestrukturen durch<br />

bloße Pressearbeit gleich. <strong>Das</strong>s sich die <strong>GEW</strong><br />

eine solche Entwicklung auch bei kontinuierlichem<br />

Mitgliederzuwachs nicht leisten kann,<br />

versteht sich von selbst. <strong>Das</strong> genaue Gegenteil<br />

ist der Fall: sind es doch gerade kontinuierliche<br />

Mitgliederzuwächse, die den Ausbau von<br />

Strukturen notwendig machen, die Mitglieder<br />

in ihrem aktiven Engagement unterstützen und<br />

sie als Schlüsselpersonen qualifizieren. Eine<br />

starke Studierendenarbeit ist hierbei die Voraussetzung<br />

für eine starke Jugendarbeit, wie<br />

sie sich die <strong>GEW</strong> auf die Fahnen geschrieben<br />

hat.<br />

(3) Schnittstelle auf Bundesebene wie auch<br />

für Landesverbände – Voraussetzungen für<br />

Synergieeffekte:<br />

Um die gewünschten Ziele zu erreichen, müssen<br />

die Ehrenamtlichen auf Bundesebene<br />

durch hauptamtliche Kapazität, die im Vorstandsbereich<br />

Hochschule und Forschung angesiedelt<br />

und speziell für den Bereich<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

372


Studierende und Promovierende zuständig ist,<br />

unterstützt werden. Hierbei hat der oder die<br />

Hauptamtliche die Funktion einer Schnittstelle,<br />

sowohl innerhalb des HuF-Bereichs aber auch<br />

zum restlichen Hauptvorstand, <strong>GEW</strong>-Abteilungen<br />

sowie dem DGB, zu den entsprechenden<br />

Haupt- und Ehrenamtlichen, wie auch zu den<br />

Landesverbänden. Dies ist notwendig, um<br />

Arbeitsabläufe zu unterstützen, inhaltliche Positionen<br />

zu erarbeiten, sich zu vernetzen und<br />

geplante Projekte reibungsfrei durchführen zu<br />

können. Dabei soll die Schnittstelle sowohl thematische<br />

Zuarbeit für LASSe und den BASS unterstützen.<br />

<strong>Das</strong> auf Bundesebene ehrenamtlich<br />

arbeitende SprecherInnenteam bedarf einer intensiven<br />

Betreuung, besonders da durch die<br />

veränderten Studienbedingungen die Personalfluktuation<br />

noch weiter steigt und im<br />

Gegenzug die Aktivenzeit sinkt. Der BASS legt<br />

Wert darauf, dass die Studierendenarbeit keine<br />

"Vorfeldarbeit" ist, das bedeutet konsequenter<br />

Weise, dass studentische Themengebiete im<br />

Laufe der Zeit neu erarbeitet, entwickelt und<br />

daraus resultierende Probleme gelöst werden<br />

müssen. Hierfür ist es unabdingbar, für die<br />

Arbeit vor Ort sowie in den Bundesgremien aktive<br />

Mitglieder zu gewinnen. Ein Teil der hauptamtlichen<br />

Kapazität muss sich daher um die<br />

Qualifizierung und Gewinnung ehrenamtlich<br />

Aktiver gezielt kümmern.<br />

Ebenso ist in genau diesem Kontext das Erstellen<br />

und Konzipieren eines studentisch-politischen<br />

Seminarprogramms, gemeinsam mit den<br />

ehrenamtlich Aktiven eine von hauptamtlicher<br />

Kapazität zu erfüllende Aufgabe. <strong>Das</strong> Erstellen<br />

und Verbreiten von politischem Informationsmaterial,<br />

insbesondere die Unterstützung bei<br />

der Erstellung der halbjährlich erscheinenden<br />

Studierendenzeitung read.me ist ein weiteres<br />

wichtiges Aufgabenfeld. Mit der read.me als<br />

gewerkschaftlicher Zeitung von Studierenden<br />

für Studierende werden viele Menschen vor<br />

Ort erreicht und auf <strong>GEW</strong>-Studierende, und die<br />

<strong>GEW</strong> überhaupt aufmerksam.<br />

Diese Kapazitäten sollten außerdem einen Teil<br />

der Promovierendenarbeit übernehmen, indem<br />

sie die für die Gremien der Hans-Böckler-<br />

Stiftung zu erledigende Arbeit, die sowohl die<br />

Studierenden- als auch Promovierendenstipendien<br />

umfasst, abdecken. Auch die inhaltlichen<br />

Schnittmengen, insbesondere bei Semina-<br />

100<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

150<br />

373


en, würden diese organisatorische Anbindung<br />

rechtfertigen.<br />

Der Geschäftsführende Vorstand wird beauftragt,<br />

in seiner Personalplanung die benannten<br />

Arbeitsbereiche entsprechend zu berücksichtigen<br />

und zu gewährleisten, dass die anfallenden<br />

Arbeiten abgedeckt sind und geleistet werden<br />

können.<br />

Begründung<br />

Gewerkschaftliche Studierendenarbeit als Einstieg<br />

in gewerkschaftliche Politisierung<br />

"Auf den Anfang kommt es an!" – das gilt (mit<br />

einem Filmtitel Reinhard Kahls) nicht allein für<br />

den Einstieg ins finnische Schulsystem. <strong>Das</strong><br />

Motto stimmt in gewissem Sinne auch für die<br />

Anfänge aktiven gewerkschaftlichen Engagements.<br />

Wenn sie zum ersten Schritt einer aktivengagierten<br />

Gewerkschaftsarbeit führen sollen,<br />

wollen diese Anfänge gut unterstützt sein. <strong>Das</strong><br />

Studium stellt für Studierende einen eigenen<br />

Lebensabschnitt und ein konkretes Arbeits- und<br />

Lebensumfeld dar. In Anbetracht dessen verlangt<br />

es nach echter Interessenvertretung. Eine<br />

Organisation zum Selbstzweck wäre hier weder<br />

überzeugend noch einer ernsthaften Auseinandersetzung<br />

mit gewerkschaftlichen Perspektiven<br />

dienlich. Eben deshalb ist die<br />

Studierendenarbeit der <strong>GEW</strong> immer auch eine<br />

politische Interessenvertretung gewesen.<br />

Die Hochschule muss unserem Anspruch nach<br />

ein Ort der Verfügungserweiterung und der<br />

Aufklärung über die Grundkontroversen der gesellschaftlichen<br />

Entwicklung und Interessen<br />

sein. Sie war und ist daher gesellschaftlich umkämpft.<br />

Gewerkschaftliche Interessenvertretung<br />

an Hochschulen ist Opposition zu den<br />

politisch gewollten Zumutungen, die fast alle<br />

Menschen in Universität und Gesellschaft betreffen:<br />

Konkurrenz aller gegen alle, Marktdienerschaft,<br />

Leistungsorientierung und "effiziente"<br />

Übelverwaltung. Die Alternative ist: Kooperation<br />

statt Konkurrenz und die humane Ausrichtung<br />

der Wissenschaften im Interesse aller. Die<br />

Arbeit der <strong>GEW</strong> an den Hochschulen war darauf<br />

gerichtet, alle Hochschulmitglieder dafür zu<br />

gewinnen.<br />

Darüber hinaus haben sich die <strong>GEW</strong>-Studierenden<br />

für die Beratung und Vernetzung von<br />

Studierenden engagiert und sich zum Beispiel<br />

155<br />

160<br />

165<br />

170<br />

175<br />

180<br />

185<br />

190<br />

195<br />

200<br />

205<br />

374


für die tarifvertragliche Absicherung wissenschaftlicher<br />

Hilfskräfte gegenüber anderen<br />

bildungspolitischen AkteurInnen eingesetzt.<br />

Die Studierendenarbeit in der <strong>GEW</strong> war dabei<br />

für viele Studierende der erste Schritt nicht nur<br />

zur Gewerkschaftsmitgliedschaft, sondern zu<br />

einer Mitarbeit in ehrenamtlichen Strukturen<br />

und der Ausprägung einer politischen Praxis.<br />

Um erfolgreich Politik zu machen, bedarf es der<br />

richtigen Grundsätze und deren praktischer<br />

Umsetzung - oder mit Che Guevara formuliert:<br />

"Die besten Worte sind Taten!" Dafür waren die<br />

Studierenden darauf angewiesen, sich als eigenständige<br />

Gruppe in der <strong>GEW</strong> organisieren<br />

zu können und auf strukturelle und personelle<br />

Unterstützung – auch durch Hauptamtliche -<br />

sowie die Seminarangebote der <strong>GEW</strong> setzen zu<br />

können. Um dies aufrecht zu erhalten, ist es<br />

dringend erforderlich, dass gewerkschaftliche<br />

Studierendenarbeit weiterhin als eigenständige<br />

politische Interessenvertretung und nicht nur<br />

als Akquisition neuer Mitglieder wahrgenommen<br />

wird, also als erster Schritt einer<br />

gewerkschaftlichen Politisierung künftiger Aktiver<br />

und nicht als bloßes Sammelbecken<br />

(schlimmstenfalls passiver) Mitglieder.<br />

Angesichts kontinuierlich stark ansteigender<br />

StudienanfängerInnenzahlen bis 2025 ist festzuhalten,<br />

dass Studierende eine bedeutende<br />

Zielgruppe für die Mehrheit der von der <strong>GEW</strong><br />

organisierten Berufsgruppen an Schulen und<br />

Hochschulen darstellt. Mit dem langfristig prognostizierten<br />

Anstieg der StudienanfängerInnenquoten<br />

ist zu erwarten, dass sich die Funktion<br />

und Bedeutung der Hochschule, insbesondere<br />

der Universitäten, als Ausbildungseinrichtung<br />

innerhalb des gesellschaftlichen<br />

Qualifizierungssystems verändern. Daraus ist<br />

die strategische Bedeutung intensivierter<br />

gewerkschaftlicher Studierendenarbeit zu begründen.<br />

Die Mitarbeit in einer bildungspolitischen<br />

Organisation, der <strong>GEW</strong>, die die Entwicklung<br />

politischer Handlungskompetenz und<br />

persönlichen Engagements bereits im Studium<br />

aktiv unterstützt, schlägt sich in einer positiven<br />

Mitgliederzahlentwicklung auch der anderen<br />

<strong>GEW</strong>-Organisationsbereiche nieder.<br />

Die Satzung der <strong>GEW</strong> erkennt die Studierendenarbeit<br />

als eigenständige Interessenvertretung<br />

der Studierenden mit umfangreichen<br />

Rechten an. Daher ist es folgerichtig, weiterhin<br />

210<br />

215<br />

220<br />

225<br />

230<br />

235<br />

240<br />

245<br />

250<br />

255<br />

260<br />

375


an der Überzeugung festzuhalten, dass<br />

Studierendenarbeit immer auch Studierendenpolitik<br />

ist. Sie bedarf daher auch entsprechender<br />

materieller Untersetzung.<br />

Als eigenen Beitrag zur organisationspolitischen<br />

Debatte hat der Bundesausschuss der<br />

Studentinnen und Studenten (BASS) im September<br />

2011 das Positionspapier "Wir brauchen<br />

keine Schlüsselversicherung sondern<br />

Schlüsselpersonen" beschlossen. In dessen<br />

Präambel hat der BASS den organisationspolitischen<br />

Grundsatz aus der Satzung festgehalten<br />

und den Wunsch nach Unterstützung<br />

formuliert. Abstrakt, aber sehr programmatisch<br />

hält das Positionspapier fest:<br />

"Studierende sind eine eigene Gruppe in der<br />

Hochschule. Sie bestimmen die Themen, mit<br />

denen sie sich befassen wollen, selbst. Dazu<br />

nutzen und definieren sie die ihnen adäquaten<br />

Mitbestimmungsstrukturen. Studierende sehen<br />

sich zunehmend mit einer Hochschule konfrontiert,<br />

in der sie zunehmend mit selektiven sozialen<br />

Wirkungen konfrontiert sind; mit einer<br />

Ausweitung der Verunsicherung. Jedwede<br />

Handlungsplattform muss an den unmittelbaren<br />

Problemen der Studierenden ansetzen. Sie<br />

müssen, wenn sie ihre Interessen vertreten<br />

wollen, für die Idee einer Hochschule in gesellschaftlicher<br />

Verantwortung eintreten und<br />

diese Idee leben. Dafür steht Studierendenarbeit<br />

in und für die <strong>GEW</strong>."<br />

Die <strong>GEW</strong> wäre schlecht beraten, wenn sie die<br />

Zukunft gewerkschaftlicher Arbeit zum Bauernopfer<br />

gegenwärtiger Grabenkämpfe werden<br />

ließe.<br />

265<br />

270<br />

275<br />

280<br />

285<br />

290<br />

295<br />

376


5.9 Schulsozialarbeit - Arbeitsstrukturen in<br />

der <strong>GEW</strong><br />

Antragsteller: BFGA Sozialpädagogische<br />

Berufe<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Überweisung an den Hauptvorstand<br />

Die Bildungsgewerkschaft <strong>GEW</strong> ist als einzige<br />

Arbeitnehmerorganisation in Deutschland in<br />

der Lage, sowohl die Interessen von Lehrkräften<br />

wie von sozialpädagogischen Fachkräften in<br />

Schulen zu vertreten. Die Expansion von<br />

Schulsozialarbeit in den letzten Jahren und der<br />

zu erwartende weitere Ausbau fordert von der<br />

<strong>GEW</strong> eine verstärkte Präsenz und verbesserte<br />

Angebote.<br />

Der Gewerkschaftstag empfiehlt den<br />

Landesverbänden, zu prüfen, inwieweit die Interessenvertretung<br />

von Schulsozialarbeiter/innen<br />

mit der Gründung einer eigenen Fachgruppe<br />

verbessert werden kann.<br />

Auf Bundesebene hält es der Gewerkschaftstag<br />

für erforderlich, eine organisationsbereichs-,<br />

arbeitsbereichs- und fachgruppenübergreifende<br />

Arbeitsgruppe „Schulsozialarbeit“ einzurichten.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

377


5.10 Hauptamtliche Zuständigkeit für den<br />

BAMA im HV<br />

Antragsteller: BA Multikulturelle<br />

Angelegenheiten<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Nichtbefassung<br />

Im HV wird eine hauptamtliche Zuständigkeit<br />

für den BAMA im Arbeitsfeld einer Referentin /<br />

eines Referenten eingerichtet.<br />

Begründung<br />

Die Themen des BAMA - Migration, Vielfalt der<br />

Gesellschaft (Diversity), Antidiskriminierung<br />

und Antirassismus, "Ausländerpolitik" - sind<br />

nicht nur die Anliegen einer bestimmten Personengruppe,<br />

sondern betreffen alle Erziehungsbereiche<br />

von der Krippe bis zur Erwachsenenbildung<br />

(inklusive der Tarifpolitik).<br />

Um der daraus folgenden Querschnittsaufgabe<br />

gerecht werden zu können, bedarf es der<br />

hauptamtlichen Unterstützung.<br />

Die zurzeit gute Zusammenarbeit zwischen<br />

dem HV und dem BAMA verdankt sich Einzelentscheidungen<br />

und persönlichem Engagement.<br />

Um sie institutionell abzusichern, beantragt<br />

der BAMA die hauptamtliche Zuständigkeit<br />

für den BAMA im Arbeitsfeld einer<br />

Referentin bzw. eines Referenten im HV.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

378


5.11 Neugründung einer AG LER<br />

Antragsteller: BA Multikulturelle<br />

Angelegenheiten<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Überweisung an den Hauptvorstand<br />

Die zwischenzeitlich aufgelöste AG Kirchen wird<br />

als AG LER (Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde)<br />

neu gegründet.<br />

Begründung<br />

Der BAMA setzt sich für die Einrichtung eines<br />

bekenntnisfreien, weltanschaulich und religiös<br />

neutralen integrativen Werteunterrichts als<br />

Pflichtfach in allen Bundesländern ein.<br />

Für die gewerkschaftliche Diskussion und<br />

Einflussnahme der <strong>GEW</strong> ist ein Gremium<br />

erforderlich, das sowohl die Weiterentwicklung<br />

von LER befördert als auch ein Gespräch mit<br />

Kirchen und Religions- und Weltanschauungs-<br />

Gemeinschaften ermöglicht.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

379


5.12 Gemeinsame Termine aller<br />

Bundesfachgruppen<br />

Antragsteller: BFGAs Grundschule,<br />

Sonderpädagogische Berufe, Gymnasien<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Nichtbefassung<br />

Der folgende Text wird als Protokollnotiz zu<br />

§ 24 Ziffer 4 der Satzung eingefügt:<br />

Die Bundesausschüsse der allgemein bildenden<br />

Schulen [§ 22 Ziffer 1 b), d), e), f), i), k), l)] legen<br />

ab 2014 jährlich einen gemeinsamen Termin<br />

fest, an dem eine gemeinsame Sitzung mehrerer<br />

Bundesfachgruppen unter der Leitung des<br />

zuständigen Mitglieds des Geschäftsführenden<br />

Vorstands durchgeführt werden kann, die<br />

gemeinsam mit den Vorsitzenden der beteiligten<br />

Bundesausschüsse vorbereitet und gestaltet<br />

wird.<br />

Begründung<br />

Vor dem Hintergrund der divergierenden schulpolitischen<br />

Entwicklungen in den Ländern der<br />

Bundesrepublik Deutschland und der Forderung<br />

der <strong>GEW</strong> nach mehr und längerem<br />

gemeinsamem Lernen für alle Schülerinnen<br />

und Schüler wächst die Gefahr, dass die<br />

Bundesausschüsse der allgemein bildenden<br />

Schulen mit der derzeitigen Arbeitsstruktur ihrem<br />

Satzungsauftrag nach § 23 Absatz 1 nicht<br />

mehr voll gerecht werden können, da auch die<br />

Anzahl und der Umfang der gemeinsamen Themen<br />

wächst (siehe Tagungen zu Inklusion, SII,<br />

Berufs- und Arbeitsweltorientierung, Lehrerbildung).<br />

Eine regelmäßige und systematische<br />

Zusammenarbeit der gesamten Bundesausschüsse<br />

mit dem GV wird nach unserer Auffassung<br />

die innergewerkschaftliche Debatte<br />

verbessern und zu breit getragenen Ergebnissen<br />

führen.<br />

Als Protokollnotiz erfordert dieser Beschluss<br />

keine satzungsändernde Mehrheit, was seiner<br />

Bedeutung als Geschäftsordnungsregelung entspricht,<br />

ihn leichter ermöglicht und er so auch<br />

leichter wieder zu löschen ist, wenn er sich<br />

überholt hat.<br />

Anmerkungen<br />

Systematisch und regelmäßig stattfindende<br />

gemeinsame Sitzungen der allgemeinbildenden<br />

schulischen Bundesausschüsse hat es lange<br />

Jahre gegeben. Zurzeit werden gemeinsame<br />

Sitzungen zweier oder mehrerer Bundesausschüsse<br />

in einigen Fällen ständig (Hauptschule<br />

und Realschule, Grundschule und Sonderpäd-<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

380


agogen) oder sachbezogen (z.B. Gesamtschule<br />

und Gymnasium) herbeigeführt. Ein systematischer<br />

Austausch zu übergreifenden Fragen findet<br />

in anderen Gremien (KAFGA, AG23 des OB<br />

Schule) statt. Die dadurch erreichte umfassende<br />

Meinungsbildung oder die Entwicklung<br />

breit getragener Beschlussvorlagen für den<br />

Hauptvorstand oder den Gewerkschaftstag<br />

erfordern so einen erheblichen Organisationsaufwand<br />

und eine hohe Zeitdauer. Eine Begleitung<br />

und Mitarbeit durch die Leitung des Organisationsbereichs<br />

Schule war so aus zeitlichen<br />

Gründen zu selten möglich.<br />

50<br />

55<br />

60<br />

381


5.13 Gemeinsame Satzungsberatungen<br />

Antragsteller: BFGAs Grundschule,<br />

Sonderpädagogische Berufe, Gymnasien<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Nichtbefassung<br />

Die Bundesausschüsse der allgemein bildenden<br />

Schulen laut § 22 Ziffer 1 b), d), e), f), k), l) bleiben<br />

erhalten. Im Zeitraum 2013 bis 2017 beraten<br />

diese gemeinsam weiter über die sie betreffenden<br />

Satzungsänderungen, die der schulpolitischen<br />

und gewerkschaftspolitischen Entwicklung<br />

angemessen sind.<br />

Begründung<br />

Sowohl zum Erhalt der derzeitigen Satzungsstruktur<br />

als auch der Notwendigkeit der<br />

Weiterentwicklung derselben ist seit dem letzten<br />

Gewerkschaftstag wiederholt ohne konkretes<br />

Ergebnis diskutiert worden. Dies erfolgte<br />

auch in einer Aussprache im HV vom 16. und<br />

17. März des Jahres 2012.<br />

Für eine sinnvolle Mitwirkung der Beschäftigten<br />

der verschiedenen Arbeitsplätze des<br />

allgemeinbildenden schulischen Bereichs gibt<br />

es aus unserer Sicht zur Zeit noch keine Vorschläge,<br />

die eine besser geeignete Struktur der<br />

Bundesausschüsse darstellen. Im Laufe der<br />

bevorstehenden Wahlperiode werden sich voraussichtlich<br />

die schulpolitischen Gegebenheiten<br />

soweit ändern, dass eine nachhaltige und<br />

zukunftsfähige Fachgruppenstruktur entwickelt<br />

werden kann, die auf dem nächsten<br />

Gewerkschaftstag eine satzungsändernde<br />

Mehrheit finden könnte. Diese Entwicklungsarbeit<br />

soll durch eine regelmäßige und verbesserte<br />

Zusammenarbeit der Bundesausschüsse<br />

entsprechend dem Antrag II erfolgen.<br />

Andere uns bekannte satzungsändernde Vorschläge<br />

lehnen wir ab, da sie die demokratischen<br />

Mitwirkungsmöglichkeiten der großen<br />

Teils ehrenamtlichen Mitglieder der Fachgruppen<br />

auf Bundesebene zerstören.<br />

Anmerkungen<br />

Was die verschiedenen Bundesfachgruppenausschüsse<br />

der Allgemeinbildenden Schulen<br />

leisten: Sie stellen einen großen Teil der ehrenamtlich<br />

Tätigen innerhalb der Bundes-<strong>GEW</strong> dar<br />

und sorgen so für ihre strategische Handlungsfähigkeit<br />

und die demokratische Mitwirkung<br />

der Basis innerhalb der Organisation. Die<br />

BFGAs sind der Ort, die Entwicklungen der verschiedenen<br />

Schulformen in den Ländern zu<br />

reflektieren und entsprechende länder-<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

382


übergreifende Konzepte auf der Basis der Alltagserfahrungen<br />

der Kolleginnen und Kollegen<br />

zu entwickeln. Der Austausch innerhalb der<br />

verschiedenen Bundesfachgruppenausschüsse<br />

aber auch der bilaterale Austausch zu gemeinsamen<br />

Themen vermittelt unterschiedliche<br />

Sichtweisen und Erfahrungen und schafft so ein<br />

differenziertes Bild der Schullandschaft und der<br />

schulischen Realitäten. Die ehrenamtlich in<br />

den Ländern Tätigen brauchen die Anerkennung<br />

und den fachlichen Austausch auf<br />

Bundesebene und so kann auch der dringend<br />

benötigte Nachwuchs für die bundesweite<br />

Gremienarbeit gefördert werden. In den verschiedenen<br />

Lehrämtern kristallisieren sich verschiedene<br />

Zugänge auf die pädagogische Arbeit<br />

und eine eigene Professionsgeschichte heraus.<br />

Damit setzen wir uns auseinander und heben<br />

die jeweiligen "Schätze". Im internen und gegenseitigen<br />

Austausch tauschen wir die unterschiedlichen<br />

Standpunkte und Traditionen aus<br />

und sorgen somit für klare und fundierte Positionen.<br />

Die fachliche Arbeit in den BFGAs<br />

zwingt zu realitätsnäheren Präzisierungen<br />

allgemeiner bildungspolitischer Forderungen<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

383


5.14 Statt Armut Grundeinkommen für<br />

ALLE<br />

Antragsteller: LV Bremen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Überweisung an den Hauptvorstand<br />

Der Gewerkschaftstag möge beschließen: Der<br />

Hauptvorstand organisiert eine Tagung zum<br />

"Bedingungslosen Grundeinkommen".<br />

Begründung<br />

Angesichts eines massiven Anstiegs der Einkommensungleichheit<br />

und häufig entwürdigender<br />

Situationen bei Antragstellung von Sozialleistungen<br />

müssen auch Gewerkschaften ihre<br />

bisherigen Wege überdenken, und sich für Veränderungen<br />

einsetzen, die mehr persönliche<br />

Freiheit und gesellschaftliche Solidarität garantieren.<br />

Ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE)<br />

kann emanzipatorisch wirken, weil es das materielle<br />

Überleben der Menschen vom Zwang<br />

zur Lohnarbeit entkoppelt und die<br />

Abhängigkeit von Frauen vom "Familienernährer"<br />

aufhebt, so dass alle, Frauen und Männer,<br />

die Freiheit haben, zu jeder Zumutung, der sie<br />

sich nicht freiwillig stellen wollen, "nein" zu sagen.<br />

Ein emanzipatorisches BGE muss im Rahmen<br />

der Forderungen nach einem gesetzlichen Mindestlohn,<br />

nach Arbeitszeitverkürzung, nach der<br />

Bürgerversicherung, nach Ausbau und Demokratisierung<br />

der Infrastrukturen, nach ökologischer<br />

Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft<br />

gesehen werden.<br />

Schritte zum BGE können sein:<br />

- Die <strong>GEW</strong>-Unterstützung des Bündnisses für<br />

eine Kindergrundsicherung (etwa 500 € ohne<br />

Bedürfnisprüfung).<br />

- Die sich verstärkende Altersarmut kann durch<br />

eine steuerfinanzierte, bedürfnisunabhängige<br />

Mindestrente für alle "65+-Menschen" nach<br />

dem niederländischen Vorbild (zurzeit etwa<br />

1.000 €) begrenzt werden.<br />

- Um der Intensivierung bei der Erwerbsarbeit<br />

entgegenzuwirken, ist eine steuerfinanzierte<br />

Auszeit vorstellbar.<br />

- Eine sanktionsfreie Mindestsicherung.<br />

- Ein elternunabhängiges und rückzahlungsfreies<br />

Bildungsgeld für SchülerInnen, Auszubildende<br />

und Studierende.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

384


Die unterschiedlichen Maßnahmen sind<br />

Schritte, um zu einem existenzsichernden und<br />

bedingungslosen Grundeinkommen für ALLE zu<br />

kommen. Diese politischen Ansätze erfordern<br />

eine Umverteilung von oben nach unten!<br />

50<br />

385


5.15 Wissenschaftliche Evaluation der<br />

Berufsbildenden Schulen<br />

Antragsteller: LV Bremen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Nichtbefassung<br />

Der <strong>GEW</strong>-Hauptvorstand wird beauftragt, eine<br />

umfassende wissenschaftliche Evaluation der<br />

aktuellen Lage der Deutschen Berufsbildenden<br />

Schulen in Bezug auf die Schülerinnen und<br />

Schüler, das Personal, den Wirtschaftsstandort<br />

in Auftrag zu geben.<br />

Begründung<br />

Deutsche Berufsschulen mussten sich in den<br />

letzten Jahren erheblich verändern bzw. stehen<br />

noch vor größeren Veränderungen. Ziel dieser<br />

Reformen ist die effizientere Nutzung vorhandener<br />

Ressourcen zur Erfüllung des staatlichen<br />

(Berufs-)Bildungsauftrages. Maßgebliche Richtung<br />

ist die nicht genau definierte größere<br />

"Selbstständigkeit" und die Umstrukturierung<br />

in unterschiedliche Rechtsformen.<br />

Die Umsteuerung fand und findet statt, obwohl<br />

die Berufsbildung in Deutschland, besonders<br />

die duale Ausbildung, im internationalen Vergleich<br />

sehr erfolgreich ist. Dessen ungeachtet<br />

ist der Reformwille in den Ländern ungebrochen<br />

groß. Der Verdacht liegt nahe, dass die<br />

berufliche Bildung mehr in die einzelbetriebliche<br />

Obhut gegeben werden soll und der Staat<br />

sich zurückzieht – aus Kostengründen und zum<br />

Nachteil der jungen Menschen und der in den<br />

Beruflichen Schulen Tätigen. Für eine fundierte<br />

gewerkschaftliche Argumentation wird dringend<br />

Datenmaterial benötigt.<br />

Die Evaluation soll unter folgenden Gesichtspunkten<br />

erfolgen:<br />

1. Wie weit haben sich die öffentlichen Träger<br />

in den Ländern schon aus der Steuerung ihrer<br />

BBS zurückgezogen um selbstständigere<br />

Einheiten mit größerer betriebswirtschaftlicher<br />

und personalwirtschaftlicher Handlungsfreiheit<br />

einzurichten?<br />

2. Ist intendiert, dass die BBS in der Zukunft<br />

überhaupt nicht mehr in öffentlicher Regie<br />

geführt werden sollen?<br />

3. Was bedeutet die Umorganisation für den<br />

Wirtschaftsraum im Einzugsgebiet der BBS?<br />

4. Welchen Platz haben die Beruflichen<br />

Schulen im Zusammenhang mit den dualen<br />

Studienmöglichkeiten in den Bundesländern?<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

386


5. Welche Kürzungspotenziale ergeben sich<br />

für die öffentlichen Träger?<br />

6. Welche Einflussnahme in der Gesamtentwicklung<br />

geht auf Stiftungen wie z.B. die<br />

Bertelsmannstiftung zurück?<br />

7. Welche positiven und negativen Auswirkungen<br />

haben die Umsteuerungen für die<br />

Schülerinnen und Schüler und Auszubildenden?<br />

8. Welche Auswirkungen haben die Umsteuerungen<br />

auf die Bildungsangebote der<br />

jeweiligen BBS? Gibt es Standards, welche<br />

Fachbereiche, Bildungsgänge zusammengelegt<br />

werden können/dürfen; ob berufsübergreifende<br />

Fächer zusammengelegt<br />

werden dürfen; wie weit der Berufsschulweg<br />

sein darf …?<br />

9. Wie passt der Beamtenstatus der<br />

Lehrkräfte und Schulleitungen zu dem Anspruch<br />

der Eigenbewirtschaftung in selbstständigeren<br />

BBS?<br />

10. Welche positiven und negativen Auswirkungen<br />

haben die Umsteuerungen auf die Beschäftigten<br />

an den BBS? Welche Standards<br />

werden an die verschiedenen Berufsgruppen<br />

gelegt in Bezug auf Ausbildung,<br />

Bezahlung, Einsatz, definierten Arbeitszeiten<br />

etc.?<br />

11. Kommt es vermehrt zu prekären Beschäftigungsverhältnissen<br />

an den BBS? Welche<br />

Rechtsformen fördern diese Art von Beschäftigungsverhältnissen?<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

387


5.16 Gesundheit am Arbeitsplatz<br />

Weiterbildung<br />

Antragsteller: BFGA Erwachsenenbildung<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Überweisung an den Hauptvorstand<br />

Forderungen an die <strong>GEW</strong>:<br />

Die <strong>GEW</strong> ist gefordert, die gesundheitlichen<br />

Konsequenzen der Arbeit in der Erwachsenenbildung<br />

aufzugreifen. Die <strong>GEW</strong> beantragt<br />

deshalb die Erstellung einer Studie zum Thema<br />

"Gesundheit am Arbeitsplatz Weiterbildung".<br />

Folgende Themen sind u. a. in der Studie zu bearbeiten:<br />

- Erhebung zu den gesundheitlichen Auswirkungen<br />

der Belastungen im Weiterbildungsbereich<br />

- Konsequenzen prekärer Arbeit für die<br />

Gesundheit<br />

- Untersuchung der Sonderprobleme Alkohol-<br />

und Medikamentenmissbrauch und Burnout<br />

mit den Konsequenzen für Betroffene und<br />

Gesundheitskosten<br />

- Erfahrungen mit Betriebs- und Dienstvereinbarungen<br />

zum Gesundheitsschutz<br />

Begründung<br />

Die Arbeitsbedingungen in der Weiterbildung<br />

haben sich in den vergangenen Jahren massiv<br />

verändert:<br />

- steigender Arbeitsdruck, -hetze und -stress<br />

- zunehmende Prekarisierung und (Schein-)<br />

Selbstständigkeit<br />

- vermehrte Orientierung an Projekten mit den<br />

Merkmalen Zielvereinbarungen, Ko-Finanzierungs-Regelungen,<br />

Zeitdruck und ständige Verfügbarkeit<br />

- ständige Akquise von Projektmitteln<br />

- Kürzung öffentlicher Mittel in der Weiterbildung<br />

und die Rücknahme der öffentlichen<br />

Verantwortung<br />

- Deregulierung und Privatisierung und damit<br />

verbundene Gewinnorientierung bei Bildungsangeboten<br />

Diese Arbeitsbedingungen haben bei vielen<br />

Kollegen und Kolleginnen zur Frustration und<br />

im weiteren Verlauf zu gesundheitlichen Problemen<br />

geführt.<br />

Ein überbordendes und teilweise unsinniges<br />

und teures (weil an Industrienorm orientiertes)<br />

"Qualitätsmanagement" trägt ebenfalls zur inneren<br />

Kündigung am Arbeitsplatz bei.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

388


Die "Jongleure der Wissensgesellschaft" (Nittel/<br />

Völzke 2002) sind immer weniger dazu in<br />

der Lage, ihre Ringe im Spiel und sich selbst auf<br />

sicheren Beinen zu halten.<br />

Vielfach wird trotz Krankheit die Arbeit fortgesetzt,<br />

das gilt insbesondere für freiberuflich Beschäftigte,<br />

weil ihnen keine Lohnfortzahlung im<br />

Krankheitsfall zusteht und jeder Fehltag Verdienstausfall<br />

bedeutet (vgl. <strong>GEW</strong> Hauptvorstand,<br />

Schwarzbuch 2 - Arbeit in Integrationskursen,<br />

Frankfurt a. M. 2012).<br />

Darüber hinaus gelten viele Krankheiten, insbesondere<br />

psychische Erkrankungen, als Tabuthema.<br />

Aus gewerkschaftlicher, aber auch gesellschaftlicher<br />

Sicht besteht dringender Handlungsbedarf.<br />

Aktuell sind eine Reihe von Studien zum Thema<br />

"Gesundheit und Arbeit" erschienen. Beteiligt<br />

daran waren sowohl verschiedene Krankenkassen,<br />

als auch aus dem gewerkschaftlichen Bereich<br />

die Hans-Böckler-Stiftung.<br />

Da die Hans-Böckler-Stiftung bereits einige Untersuchungen<br />

im Auftrag des DGB und der IG<br />

Metall zum Gesundheitsthema vorgelegt hat,<br />

beantragt die <strong>GEW</strong> bei der Hans-Böckler-Stiftung<br />

eine Untersuchung zum Thema<br />

"Gesundheit am Arbeitsplatz Weiterbildung".<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

389


5.17 Einrichtung einer bundesweiten Info-<br />

Hotline für prekär Beschäftigte<br />

Antragsteller: LV Hessen<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Überweisung an den Hauptvorstand<br />

Die <strong>GEW</strong> Hessen beantragt die Einrichtung einer<br />

bundesweiten Info-Hotline für prekär Beschäftigte<br />

im Bildungsbereich und fordert die<br />

<strong>GEW</strong> auf, die Grundlagen und finanziellen Voraussetzungen<br />

dafür zu schaffen. Die Hotline<br />

soll als Ansprechstelle für alle in prekären Verhältnissen<br />

arbeitenden <strong>GEW</strong>-KollegInnen sein.<br />

Sie dient der Information und Orientierung insbesondere<br />

in allen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen<br />

Fragen von Honorartätigkeit,<br />

befristeter Beschäftigung, Mindestlohn etc.<br />

Für betroffene Mitglieder der <strong>GEW</strong> ist die<br />

Nutzung kostenlos, für Nichtmitglieder wird<br />

eine Gebühr erhoben.<br />

Die Hotline soll wöchentlich insgesamt 10 Stunden,<br />

verteilt über unterschiedliche Tageszeiten,<br />

geschaltet sein.<br />

Begründung<br />

Die <strong>GEW</strong> Hessen beantragt die Einrichtung einer<br />

bundesweiten Info-Hotline für prekär Beschäftigte<br />

im Bildungsbereich und fordert die<br />

<strong>GEW</strong> auf, die Grundlagen und finanziellen Voraussetzungen<br />

dafür zu schaffen. Die Hotline<br />

soll als Ansprechstelle für alle in prekären Verhältnissen<br />

arbeitenden <strong>GEW</strong>-KollegInnen sein.<br />

Sie dient der Information und Orientierung insbesondere<br />

in allen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen<br />

Fragen von Honorartätigkeit,<br />

befristeter Beschäftigung, Mindestlohn etc.<br />

Für betroffene Mitglieder der <strong>GEW</strong> ist die<br />

Nutzung kostenlos, für Nichtmitglieder wird<br />

eine Gebühr erhoben.<br />

Die Hotline soll wöchentlich insgesamt 10 Stunden,<br />

verteilt über unterschiedliche Tageszeiten,<br />

geschaltet sein.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

390


5.18 Einrichtung einer bundesweiten Info-<br />

Hotline für prekär Beschäftigte im<br />

Bildungsbereich<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Überweisung an den Hauptvorstand<br />

Antragsteller: Landsverbände Bayern und<br />

Thüringen<br />

Die genannten Landesverbände beantragen die<br />

Einrichtung einer bundesweiten Info-Hotline<br />

für prekär Beschäftigte im Bildungsbereich und<br />

fordern den HV auf, die Grundlagen und finanziellen<br />

Voraussetzungen dafür zu schaffen. Die<br />

Infohotline dient der Information und Orientierung<br />

insbesondere in allen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen<br />

Fragen. Für betroffene<br />

Mitglieder der <strong>GEW</strong> ist die Nutzung<br />

kostenlos, für Nichtmitglieder wird eine Gebühr<br />

erhoben. Die Hotline soll wöchentlich insgesamt<br />

10 Stunden, verteilt über unterschiedliche<br />

Tageszeiten, in Betrieb sein.<br />

Begründung<br />

Die Anzahl prekär Beschäftigter, z.B.<br />

Honorarkräfte, geringfügig Beschäftigte u. ä.,<br />

hat in den letzten Jahren im Bildungsbereich<br />

erheblich zugenommen. Betroffen sind insbesondere<br />

die Bereiche Weiterbildung sowie<br />

Hochschule und Forschung. Für die Betroffenen<br />

stellen sich schwierige arbeits- und sozialversicherungsrechtliche<br />

Fragen, die nur gut eingearbeitete<br />

Experten beantworten können.<br />

<strong>Das</strong>s ein Bedarf an einer entsprechenden Hotline<br />

besteht, über die Informationen und Beratung<br />

angeboten werden, hat zum einen die<br />

Hotline der <strong>GEW</strong> Bund, die über ca. 5 Jahre hinweg<br />

bis 2005 erfolgreich gearbeitet hat, erwiesen.<br />

Zum anderen beweist dies die nach wie<br />

vor existierende und stark beanspruchte Hotline<br />

von ver.di.<br />

Die Hotline der <strong>GEW</strong>, die als Projekt finanziert<br />

wurde, ist eingestellt worden, weil eine<br />

Weiterführung von der Mitfinanzierung durch<br />

die Landesverbände abhängig gemacht wurde,<br />

die Landesverbände dies aber ablehnten.<br />

Die genannten Landesverbände sind der Meinung,<br />

dass eine solche, Vorstandsbereiche<br />

übergreifende Hotline eindeutig Aufgabe der<br />

Bundes-<strong>GEW</strong> ist und von dieser betrieben werden<br />

muss. Geeignete Expertinnen bzw. Experten<br />

sind in der <strong>GEW</strong> vorhanden. Einschlägige<br />

Erfahrungen und Angebote einzelner<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

391


Landesverbände sollten in eine Konzeption einbezogen<br />

werden.<br />

Durch den begrenzten zeitlichen Rahmen (10<br />

Std. pro Woche) halten sich die Kosten in vertretbaren<br />

Grenzen. Bei Erhebung von Gebühren<br />

für Nichtmitglieder kann zudem ein Teil der<br />

Kosten gedeckt werden.<br />

Die Hotline sollte - bedingt durch die unregelmäßigen<br />

Arbeitszeiten der betroffenen<br />

Kolleginnen und Kollegen - sowohl tagsüber als<br />

auch abends jeweils einige Stunden angeboten<br />

werden.<br />

50<br />

55<br />

392


5.19 Bekämpfung prekärer Beschäftigung<br />

in Bildung, Wissenschaft und Forschung<br />

Antragsteller: LV Bremen<br />

Der Bundesgewerkschaftstag der Gewerkschaft<br />

Erziehung und Wissenschaft möge beschließen:<br />

Alle Gremien und Gliederungen der <strong>GEW</strong> werden<br />

aufgefordert, den Kampf gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />

gewerkschaftsintern<br />

und öffentlich zu intensivieren. Insbesondere<br />

ist es notwendig:<br />

1. in Zusammenarbeit mit den anderen DGB-<br />

Gewerkschaften, politischen, sozialen und<br />

kirchlichen Gruppierungen, Verbänden und<br />

Einrichtungen gemeinsam durch Öffentlichkeitsarbeit<br />

und Aktionen gegen prekäre<br />

Beschäftigung in allen Bereichen der<br />

Bildung, Wissenschaft und Forschung und<br />

in der Gesellschaft vorzugehen,<br />

2. im Bereich der <strong>GEW</strong> eine Bestandsaufnahme<br />

durchzuführen, die prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />

erfasst und auswertet,<br />

3. gemeinsam mit betroffenen Kolleginnen<br />

und Kollegen, Aktionsvorschläge und<br />

Planungen zur Verhinderung weiterer<br />

prekärer Beschäftigungsverhältnisse und<br />

zur Verbesserung der Situation der bereits<br />

Betroffenen zu entwickeln,<br />

4. Aktivitäten vor Ort, Aktionsbündnisse und<br />

Beratungsinitiativen personell, materiell,<br />

inhaltlich und strukturell, zum Beispiel<br />

durch Öffentlichkeitsarbeit, unterstützen,<br />

5. tarifvertragliche Regelungen mit dem Ziel<br />

prekäre Beschäftigungsverhältnisse abzuschaffen,<br />

6. bundesweit einen "<strong>GEW</strong>-Ratgeber für<br />

prekär Beschäftigte" herauszugeben,<br />

erforderlichenfalls auch als getrennte<br />

Ratgeber für unterschiedliche Bereiche.<br />

Der Hauptvorstand wird aufgefordert dem<br />

folgenden Bundesgewerkschaftstag der <strong>GEW</strong><br />

über die Umsetzung dieses Beschlusses und erreichte<br />

Erfolge ausführlich Bericht zu erstatten.<br />

Begründung<br />

In allen Arbeitsbereichen der bundesdeutschen<br />

Gesellschaft werden von den Arbeitgebern zunehmend<br />

prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />

forciert. Prekär sind viele Beschäftigungsverhältnisse<br />

in diesen Bereichen, weil die betroffenen<br />

Menschen<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgenden Änderungen:<br />

In Zeile 1 sowie 39 wird Bundesgewerkschaftstag<br />

durch Gewerkschaftstag ersetzt.<br />

Der Punkt 5 lautet neu wie folgt:<br />

Tarifvertragliche Regelungen, die zum Ziel haben,<br />

prekäre Beschäftigungsverhältnisse abzuschaffen.<br />

393


- durch zu geringe oder untertarifliche Bezahlung<br />

für ihre Arbeit nicht angemessen vergütet<br />

werden, teilweise ihren Lebensunterhalt<br />

nicht ausreichend davon bestreiten können<br />

und auf staatliche Transferleistungen angewiesen<br />

sind,<br />

- durch befristete Verträge in ständiger Unsicherheit<br />

gehalten werden, teilweise in<br />

wiederkehrende Arbeitslosigkeit gezwungen<br />

werden und keine ausreichende Berufs- und<br />

Lebensperspektive entwickeln können,<br />

- durch fehlende Sozialversicherungen zum<br />

Beispiel bei Honorarverträgen und Minijobs<br />

teilweise keine ausreichende Absicherung im<br />

Krankheitsfall und insbesondere keine Chance<br />

auf eine ausreichende Alterssicherung haben,<br />

- durch zwangsweise Teilzeittätigkeit materiell<br />

und beruflich sowohl erheblich weniger<br />

Chancen und Möglichkeiten zu haben, wie auch<br />

teilweise auf Zweitjobs oder staatliche oder<br />

private Unterstützung angewiesen sind,<br />

- durch Leiharbeit in der Regel eine massive<br />

Ungleichbehandlung bei Verdienst, Arbeitsplatzsicherheit<br />

und Berufsperspektive erfahren<br />

müssen,<br />

- durch verschiedenste Formen "bunter" Beschäftigungsverhältnisse<br />

und Arbeitsbedingungen<br />

auf ihre Kosten und zum Vorteil der<br />

Arbeitgeber, in einer materiellen, beruflichen,<br />

arbeitsrechtlichen, versicherungsrechtlichen<br />

und/oder sozialen Unsicherheit und<br />

Abhängigkeit gehalten werden, die ihnen oft<br />

Leben und Arbeiten in Würde und die notwendige<br />

freie Entfaltung sehr erschwert oder<br />

unmöglich macht.<br />

Auch unsere Kolleginnen und Kollegen in den<br />

Bereichen Kita, Schule, Hochschule, Wissenschaft,<br />

Forschung und Erwachsenenbildung<br />

sind seit vielen Jahren und zunehmend davon<br />

betroffen.<br />

So sind beispielsweise befristete Arbeitsverträge<br />

oder Zwangsteilzeit im Kita-Bereich, Leiharbeit<br />

oder Minijobs in staatlichen Schulen, untertarifliche<br />

Bezahlung oder Honorarverträge in<br />

Privatschulen und im Erwachsenen- und<br />

Weiterbildungsbereich typische Merkmale<br />

prekärer Beschäftigung. Sie finden sich auch in<br />

zunehmendem Maße an Hochschulen und<br />

außeruniversitären Forschungseinrichtungen<br />

insbesondere im wissenschaftlichen Mittelbau<br />

zum Beispiel durch sehr variabel befristete Anstellungen<br />

über einige Monate, selten über<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

394


Jahre. Zudem sind Armutslöhne bei studentischen<br />

Beschäftigten und wissenschaftlichen<br />

Hilfskräften an der Tagesordnung.<br />

Die Ursachen dieser Entwicklung sind seit vielen<br />

Jahren bekannt und niemand bezweifelt sie<br />

ernsthaft, auch nicht die Politik. Der Erziehungs-,<br />

Bildungs- und Wissenschaftsbereich leidet<br />

in Deutschland und im internationalen Vergleich<br />

an chronischer Unterfinanzierung.<br />

Gleichzeitig werden Arbeitnehmerrechte abgebaut<br />

und die der Arbeitgeber gestärkt, Leistungen<br />

aus den Sozialversicherungen gekürzt und<br />

der Staat leistet sich einen Einkommensverzicht<br />

durch Verzicht auf höhere Besteuerung bei Vermögenden<br />

und Einkommensmillionären.<br />

Diese Politik führt zu einer fortschreitenden<br />

sozialen Spaltung innerhalb der Gesellschaft<br />

und der abhängig Beschäftigten. <strong>Das</strong> können<br />

und dürfen wir als Gewerkschaften nicht weiter<br />

hinnehmen! Die <strong>GEW</strong> muss sich deshalb insbesondere<br />

im Bildungsbereich verstärkt gegen<br />

prekäre Beschäftigungsverhältnisse einsetzen<br />

und den Kampf für gute Arbeitsbedingungen<br />

und Entlohnung in den nächsten Jahren zum<br />

Schwerpunkt machen.<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

395


5.20 Rehabilitierung der Opfer von<br />

Berufsverboten und <strong>GEW</strong>-<br />

Unvereinbarkeitsbeschlüssen<br />

Antragsteller: LV Hessen<br />

Der Gewerkschaftstag begrüßt den Beschluss<br />

109/12 des <strong>GEW</strong>-Hauptvorstands vom 17. März<br />

2012, in welchem die <strong>GEW</strong> die Rehabilitierung<br />

und Entschädigung der demokratischen und<br />

linken politischen Aktiven fordert, die seit 1972<br />

Opfer des sogenannten "Radikalenerlasses"<br />

und der darauf beruhenden Politik der Berufsverbote<br />

geworden sind, und in dem die<br />

<strong>GEW</strong> für die sogenannten "Unvereinbarkeitsbeschlüsse"<br />

um Entschuldigung bittet.<br />

Der Gewerkschaftstag unterstützt auch die Absicht<br />

des Hauptvorstands, das Thema weiter<br />

aktiv zu bearbeiten. Insoweit dient der vorliegende<br />

Antrag der konkreten weiteren Umsetzung<br />

dieses Hauptvorstandsbeschlusses.<br />

1. Wir stellen fest, dass die in den Jahren 1971<br />

bis 1989 im politischen Umfeld der Berufsverbote<br />

erfolgten Gewerkschaftsausschlüsse<br />

demokratischer und linker politischer Aktiver<br />

schwerwiegende politische Fehler und schwere<br />

Verstöße gegen den Grundsatz gewerkschaftlicher<br />

Solidarität waren. In dem Bewusstsein,<br />

dass der Großteil des durch diese Ausschlüsse<br />

verschuldeten Leids nicht wieder gut zu machen<br />

ist, bitten wir die damals ausgeschlossenen<br />

Mitglieder sowohl für den Ausschluss<br />

selbst und die dadurch verschuldeten Folgen<br />

als auch für die späte Entschuldigung um Verzeihung.<br />

2. Die oben genannten Ausschlüsse werden<br />

hiermit für nichtig erklärt; die betroffenen Mitglieder<br />

genießen alle Rechte, die sich aus einer<br />

bis heute ununterbrochen fortdauernden Mitgliedschaft<br />

ergeben, es sei denn, dass sie nach<br />

Kenntnisnahme dieses Beschlusses ausdrücklich<br />

darauf verzichten. Dies gilt sinngemäß auch<br />

für Kolleginnen und Kollegen, die in eine andere<br />

DGB Gewerkschaft eingetreten sind, bis<br />

zum Zeitpunkt ihres Eintritts dort. Bei Kolleginnen<br />

und Kollegen, die aus finanziellen oder anderen<br />

nachvollziehbaren Gründen keiner DGB<br />

Gewerkschaft mehr angehören, ist eine analoge<br />

Anwendung im Einzelfall zu prüfen.<br />

1<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

25<br />

30<br />

35<br />

40<br />

45<br />

Empfehlung der Antragskommission<br />

Annahme mit folgenden Änderungen:<br />

Annahme der Zeilen 1 – 10<br />

Streichung der Zeilen 14 – 16 sowie der Nr. 1 in<br />

Zeile 18.<br />

Annahme der Zeilen 18 – 24 (ohne die Nr. 1)<br />

Anschließend wird angefügt die Zeilen 12 – 14.<br />

Annahme der Zeilen 71 – 77 (ohne die Nr. 7)<br />

Der Rest wird Material.<br />

396


3. Soweit die betroffenen Mitglieder das wünschen,<br />

wird ihre Mitgliedschaft künftig beitragsfrei<br />

fortgeführt.<br />

4. Der Geschäftsführende Hauptvorstand wird<br />

in Zusammenarbeit mit den Landesverbänden<br />

beauftragt, die betroffenen Mitglieder nach<br />

bestem Wissen und Gewissen zu ermitteln, die<br />

Entschuldigung in schriftlicher Form auszusprechen<br />

und ihnen diesen Beschluss mitzuteilen.<br />

5. Alle <strong>GEW</strong>-Mitglieder, die von einschlägigen<br />

Fällen wissen, werden gebeten, dem Geschäftsführenden<br />

Hauptvorstand Namen und/oder<br />

aktuelle Adressen betroffener Mitglieder mitzuteilen.<br />

6. In Zweifelsfällen entscheidet der Geschäftsführende<br />

Hauptvorstand. Betroffenen steht<br />

gegen den GV-Beschluss die Beschwerde zur<br />

Schiedskommission offen.<br />

7. Die Landesverbände fordern - soweit noch<br />

nicht geschehen – ihre Landesregierungen und<br />

Landtage auf, die notwendigen Maßnahmen zu<br />

treffen, die zur Rehabilitierung und Entschädigung<br />

derjenigen demokratischen und linken<br />

Aktiven erforderlich sind, die von Berufsverboten<br />

betroffen waren oder sind.<br />

Begründung<br />

HV Beschluss 109/12:<br />

50<br />

55<br />

60<br />

65<br />

70<br />

75<br />

80<br />

Resolution des <strong>GEW</strong>-Hauptvorstands zum Radikalenerlass<br />

Die <strong>GEW</strong> bewertet den "Radikalenerlass" und<br />

die darauf beruhende Politik der Berufsverbote<br />

als eine politische und rechtsstaatlich falsche<br />

Entscheidung, die eine verhängnisvolle gesellschaftliche<br />

Entwicklung in Gang gesetzt hat.<br />

Die Politik der Berufsverbote richtete sich<br />

gegen gesellschaftliche Alternativen zum kapitalistischen<br />

Wirtschafts- und Gesellschaftssystem<br />

und versuchte, diese zu kriminalisieren.<br />

Die Politik der Berufsverbote führte zu einer<br />

Gesinnungsschnüffelei, die Millionen Menschen<br />

betraf und verbreitete ein Klima der politischen<br />

Einschüchterung. Die Politik der Berufsverbote<br />

war und ist verfassungswidrig.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert eine umfassende Rehabilitierung<br />

der vom sogenannten "Radikalenerlass"<br />

85<br />

90<br />

95<br />

100<br />

397


vom 28. Januar 1972 und insbesondere der infolgedessen<br />

von Berufsverboten betroffenen<br />

Menschen durch Bund, Länder und Kommunen.<br />

Die <strong>GEW</strong> erwartet von der Politik, diese Fehlentscheidung<br />

einzugestehen und Vorschläge<br />

für Rehabilitationsmaßnahmen und Entschädigungsleistungen<br />

vorzulegen.<br />

Die <strong>GEW</strong> unterstützt die Forderung, die auf<br />

dem Radikalenerlass begründeten Akten dem<br />

Verfassungsschutz zu entziehen und sie an das<br />

Bundesarchiv weiterzuleiten, um sie den Betroffenen<br />

und der Wissenschaft zugänglich zu<br />

machen.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die Bundesregierung auf, die<br />

sogenannte "Extremismusklausel" unverzüglich<br />

zu streichen. Sie kritisiert, dass verantwortliche<br />

politische Kräfte weiterhin den Eindruck zu vermitteln<br />

suchen, die "Feinde der Demokratie"<br />

stünden links. In diesem Zusammenhang diente<br />

die Berufsverbotepolitik schon immer der<br />

Blindheit auf dem rechten Auge.<br />

Die <strong>GEW</strong> bedauert die sogenannten Unvereinbarkeitsbeschlüsse<br />

und bittet die davon Betroffenen<br />

um Entschuldigung.<br />

Die <strong>GEW</strong> verweist in diesem Zusammenhang<br />

auf den Beschluss des Gewerkschaftstages von<br />

1980, in dem eine Aufhebung der Unvereinbarkeitsbeschlüsse<br />

von 1973 gefordert wird,<br />

weil diese "die Glaubwürdigkeit der<br />

Gewerkschaften in Frage stellen" und "selbst<br />

Gesinnungsschnüffelei in den eigenen Reihen"<br />

zur Folge hatten. Die <strong>GEW</strong> hat 1989 den Verweis<br />

auf die Unvereinbarkeitsbeschlüsse des<br />

DGB in § 8 Abs. 4 ihrer Satzung gestrichen.<br />

Göttingen, 16. März 2012<br />

105<br />

110<br />

115<br />

120<br />

125<br />

130<br />

135<br />

140<br />

145<br />

398


Anträge zum Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> in Düsseldorf vom 12.-16. Juni 2013<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

A. Anhang<br />

A.1 Verfahrensvorschlag der Antragskommission zu den<br />

Satzungsänderungsanträgen<br />

Hauptvorstand<br />

A.2 Anlage zu Antrag 4.1<br />

LV Sachsen-Anhalt<br />

A.3 Anlage zu Antrag 4.3<br />

Bundesfrauenausschuss<br />

A.4 Anhang zu Antrag 4.5<br />

LV Sachsen-Anhalt<br />

A.5 Anhang zu Antrag 4.10<br />

LV Sachsen-Anhalt<br />

399


Antragsgruppe 4<br />

Satzungsänderungsanträge<br />

Verfahrensvorschlag und Hinweise der Antragskommission<br />

Die Antragskommission spricht zu den Satzungsänderungsanträgen keine Empfehlungen aus,<br />

so dass über den Satzungsänderungsantrag in der ursprünglichen Form abgestimmt wird.<br />

Stattdessen gibt sie Hinweise zur Satzungssystematik.<br />

Die von einigen Antragstellern umfangreicherer Satzungsänderungsanträge intendierte<br />

zusammenhängende Beratung ist angesichts weiterer Satzungsänderungsanträge zu den<br />

gleichen Paragraphen nicht realisierbar.<br />

Die Satzungsänderungsanträge 4.1 (III/IV/V), 4.2, 4.3, 4.4 und 4.5 (VIII/IX/X/XI) müssen vor<br />

den Wahlen zum Geschäftsführenden Vorstand beraten und entschieden werden, weil sie im<br />

Falle der Annahme mit 2/3-Mehrheit auf die Zusammensetzung und Arbeitsweise des GV<br />

unmittelbaren Einfluss haben.<br />

Die weiteren zur Änderung vorgesehenen Satzungsparagraphen werden aufsteigend zur<br />

Beratung und Entscheidung aufgerufen.<br />

Für alle fristgerecht gestellten Satzungsänderungsanträge gilt im Übrigen, dass sie<br />

unverändert in der vom Antragsteller zu den einzelnen Paragraphen gestellten Form<br />

abgestimmt werden müssen, weil die Abstimmung in einzelnen Teilen eine unzulässige<br />

Veränderung des gestellten Antrags bedeutet.<br />

§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />

4.1 (LV Sachsen-Anhalt)<br />

III. In § 20 erhält die Ziffer 1 die folgende Fassung:<br />

1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören an:<br />

a) die Vorsitzende oder der Vorsitzende,<br />

b) fünf stellvertretende Vorsitzende mit jeweils einem der folgenden Arbeitsschwerpunkte:<br />

•Organisation, Service und Finanzen<br />

•Tarif- und Beamtenpolitik,<br />

•Bildungspolitik im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe,<br />

•Bildungspolitik im Bereich Schule,<br />

•Bildungspolitik im Bereich Hochschule, Forschung und Erwachsenenbildung<br />

Mindestens die Hälfte der Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes sollen Frauen sein.<br />

IV. § 20 Ziffer 4 wird gestrichen. Die bisherigen<br />

Ziffern 5 – 7 werden die neuen Ziffern 4 – 6.<br />

1


4.2 (LV Hamburg)<br />

Sollte der Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zur Änderung der Satzung der <strong>GEW</strong> zur<br />

Abstimmung kommen, so wäre hierin der Vorschlag für den neuen § 20 anzupassen:<br />

§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />

1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören an:<br />

a) die Vorsitzende oder der Vorsitzende,<br />

b) fünf stellvertretende Vorsitzende mit jeweils<br />

einem der folgenden Arbeitsschwerpunkte:<br />

• Organisation, Service und Finanzen,<br />

• Tarif-, Beamten- und Seniorinnen- und Seniorenpolitik,<br />

• Bildungspolitik im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe,<br />

• Bildungspolitik im Bereich Schule,<br />

• Bildungspolitik im Bereich Hochschule, Forschung und Erwachsenenbildung.<br />

4.3 (Bundesfrauenausschuss)<br />

1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören acht Mitglieder an, die Zusammensetzung<br />

entspricht der Geschlechterverteilung der Mitglieder.<br />

Er besteht aus den Mitgliedern der acht Vorstandsbereiche.<br />

• Finanzen,<br />

• Frauen-, Gleichstellungs- und Geschlechterpolitik,<br />

• Angestellten- und Beamtenpolitik,<br />

• Organisationsentwicklung,<br />

• Jugendhilfe und Sozialarbeit,<br />

• Schule,<br />

• Hochschule und Forschung,<br />

• Berufliche Bildung und Weiterbildung.<br />

Der Gewerkschaftstag wählt aus den acht Mitgliedern des Geschäftsführenden Vorstands<br />

zwei gleichberechtigte Vorsitzende, von denen mindestens eine Person eine Frau ist.<br />

Die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstands sollen über folgende Fähigkeiten<br />

verfügen, um ihre Aufgaben im Sinne eines Teams wirkungsvoll nach innen und außen zu<br />

erfüllen:<br />

• Team-Kompetenz<br />

• Gender-Kompetenz<br />

• Fach-Kompetenz<br />

• Medien- und Kommunikationskompetenz<br />

Sie werden bei der Teamentwicklung professionell begleitet.<br />

2. Weitere Handlungsfelder sowie ihre Verteilung auf die Mitglieder des Geschäftsführenden<br />

Vorstandes werden vom Hauptvorstand auf Vorschlag des Geschäftsführenden Vorstandes<br />

festgelegt. Die Zuständigkeit für Gender Mainstreaming liegt bei beiden Vorsitzenden, wobei<br />

die Verantwortung der Umsetzung bei allen Vorstandsmitgliedern liegen muss.<br />

2


4.4 (Hauptvorstand)<br />

§ 20 Nr. 1 Buchstabe b) der Satzung der <strong>GEW</strong> erhält folgende Fassung:<br />

b) die Mitglieder der Arbeitsbereiche<br />

- Finanzen<br />

- Frauenpolitik<br />

- Tarif- und Beamtenpolitik<br />

4.5 (LV Sachsen-Anhalt)<br />

VIII. In § 20 wird folgender neuer Satz 2 eingefügt:<br />

Er trifft Entscheidungen zu Haushaltsfragen im Rahmen des vom Hauptvorstand<br />

beschlossenen Haushaltsplanes.<br />

Der bisherige Satz 2 wird der neue Satz 3 und erhält die folgende Fassung:<br />

Er unterstützt die Zusammenarbeit der Landesverbände und koordiniert federführend die<br />

Beratungen der Bundesgremien (Organe und Bundesausschüsse).<br />

§ 21 Die Vorsitzende/der Vorsitzende<br />

4.1 (LV Sachsen-Anhalt)<br />

V. In § 21 werden zwei Mal die Worte "leitet die stellvertretende Vorsitzende bzw. der<br />

stellvertretende Vorsitzende" ersetzt durch die Worte:<br />

leiten die stellvertretenden Vorsitzenden.<br />

4.5 (LV Sachsen-Anhalt)<br />

IX. § 21 erhält eine Unterteilung in Ziffern:<br />

• Satz 1 wird die neue Ziffer 1,<br />

• die Sätze 2 und 3 werden die neue Ziffer 2,<br />

• die Sätze 4 und 5 werden die neue Ziffer 3.<br />

X. In § 21 werden in der neuen Ziffer 1:<br />

• die Worte "allein oder gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Hauptvorstandes" durch<br />

die Worte „nach außen“ ersetzt und<br />

• folgender Satz 2 angefügt:<br />

Bei Rechtsgeschäften vertritt die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende die <strong>GEW</strong> mit einem<br />

weiteren Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes.<br />

XI. In § 21 wird in der neuen Ziffer 2 der Satz 2 gestrichen.<br />

§ 5 Zweck und Aufgabe<br />

4.6 (BA der Studentinnen und Studenten/BFGA Hochschule und Forschung)<br />

Als neuer § 5 Ziffer 2. der Satzung der <strong>GEW</strong> wird folgender Text beschlossen:<br />

3


Die <strong>GEW</strong> nimmt das allumfassende Streikrecht im Sinne eines Politischen Streiks wahr.<br />

Dieses Recht folgt aus Artikel 6 Absatz 4 der Europäischen Menschenrechts- und<br />

Sozialcharta, den Übereinkommen 87 (Vereinigungsfreiheit) und 98 (Versammlungsfreiheit)<br />

der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).<br />

Ziffern 2. bis 4. werden 3. bis 5.<br />

Hinweis der Antragskommission<br />

<br />

Der Änderungsantrag gehört nach der Systematik der <strong>GEW</strong>-Satzung nicht zu § 5. Der<br />

in der Begründung zitierte Wortlaut der Satzung der IG Bau würde systematisch zu<br />

§ 3 gehören. Der Wortlaut dieses Antrages passt weder zu § 5 noch zu § 3.<br />

§ 6 Organisationsbereich<br />

4.7 (BA der Studentinnen und Studenten/BFGA Hochschule und Forschung)<br />

Es wird ein neuer Punkt 3a eingefügt:<br />

Als Mitglieder können ferner solche Personen aufgenommen werden, die sich nicht nur<br />

kurzfristig in staatlichem Gewahrsam und somit in einem besonderen Erziehungsverhältnis<br />

befinden und die in diesem Zusammenhang einer Arbeitspflicht unterworfen sind.<br />

<br />

Hinweis der Antragskommission<br />

Der Satzungsänderungsantrag ist nicht vereinbar mit § 6 Ziffer 1 und 2 der <strong>GEW</strong>-<br />

Satzung, in dem der Organisationsbereich der <strong>GEW</strong> innerhalb des DGB abschließend<br />

benannt wird.<br />

4.5 (LV Sachsen-Anhalt)<br />

I. In § 6 erhält die Ziffer 3 die folgende Fassung:<br />

3. Mitglied kann auch werden, wer sich in einem Studium bzw. in einer anderweitigen<br />

Ausbildung befindet, das bzw. die eine spätere Tätigkeit im Organisationsbereich der <strong>GEW</strong><br />

ermöglicht, oder wer eine Tätigkeit in diesem Bereich anstrebt. <strong>Das</strong> Weitere regelt der<br />

Hauptvorstand.<br />

§ 7 Gliederung der Gewerkschaft<br />

4.7 (BA der Studentinnen und Studenten/BFGA Hochschule und Forschung)<br />

I. In § 6 erhält die Ziffer 3 die folgende Fassung:<br />

3. Mitglied kann auch werden, wer sich in einem Studium bzw. in einer anderweitigen<br />

Ausbildung befindet, das bzw. die eine spätere Tätigkeit im Organisationsbereich der <strong>GEW</strong><br />

ermöglicht, oder wer eine Tätigkeit in diesem Bereich anstrebt. <strong>Das</strong> Weitere regelt der<br />

Hauptvorstand.<br />

– Personen, die in einer Justizvollzugsanstalt bzw. in funktions- oder zweckähnlichen<br />

Einrichtung als Strafgefangene oder Sicherungsverwahrte festgehalten werden,<br />

4


Hinweis der Antragskommission<br />

Siehe Hinweis zu § 6<br />

Die im Satzungsänderungsantrag 4.8 genannten Folgeregelungen sind Aufgabe des<br />

HV und nicht satzungsändernd.<br />

§ 10 Beitrag<br />

4.5 (LV Sachsen-Anhalt)<br />

II. In § 10 Ziffer 1 erhält Satz 1 die folgende Fassung:<br />

Zur Durchführung ihrer Aufgaben erhebt die <strong>GEW</strong> einen Mitgliedsbeitrag. Die Höhe der<br />

Mitgliedsbeiträge wird vom Gewerkschaftstag in einer Beitragsordnung festgelegt.<br />

Der bisherige Satz 2 wird der neue Satz 3.<br />

III. In § 10 werden in der Ziffer 3 die folgenden Sätze 1 und 2 vorangestellt:<br />

Der Gewerkschaftstag entscheidet über die grundlegende Verteilung der Mitgliedsbeiträge.<br />

Dies umfasst u.a. den Anteil für die <strong>GEW</strong> auf Bundesebene, die Zuführungen zum Kampffonds<br />

und die Finanzierung von Gemeinschaftsaufgaben.<br />

Der bisherige einzige Satz wird der neue Satz 3.<br />

IV. In § 10 wird folgende neue Ziffer 4 aufgenommen:<br />

4. Die Finanzverwaltung der <strong>GEW</strong> wird durch eine Haushalts- und Kassenordnung geregelt,<br />

die vom Hauptvorstand beschlossen wird. Für die Prüfung der ordnungsgemäßen<br />

Durchführung der Finanzverwaltung und der satzungsgemäßen Verwendung der<br />

Mitgliedsbeiträge wird eine Revisionskommission gebildet. <strong>Das</strong> Nähere regelt der<br />

Hauptvorstand.<br />

§ 12 Gewerkschaftstag<br />

4.8 (LV Hessen)<br />

§ 12 (neu): Der Gewerkschaftstag bestimmt die Richtlinien für die Arbeit der <strong>GEW</strong> und<br />

entscheidet über die Grundsätze der Haushaltspolitik und den Haushalt des auf den<br />

Gewerkschaftstag folgenden Kalenderjahres sowie endgültig über alle weiteren<br />

Angelegenheiten der <strong>GEW</strong>.<br />

Hinweis der Antragskommission<br />

<br />

In der bisherigen Systematik der <strong>GEW</strong>-Satzung hat sich der Gewerkschaftstag keine<br />

speziellen Einzelaufgaben zugewiesen. Die Antragskommission hält es nicht für<br />

sinnvoll, diese Systematik aufzugeben, weil die Entscheidung des Gewerkschaftstages<br />

über einen einzelnen Haushalt des Folgejahres Termine im 1. Halbjahr unmöglich<br />

erscheinen lässt.<br />

5


§ 13 Gewerkschaftstag<br />

4.12 (BA Multikulturelle Angelegenheiten)<br />

§ 13 1.<br />

,g) mindestens eine Delegierte/ein Delegierter je Landesverband aus dem Bereich der<br />

Landesausschüsse Multikulturelle Angelegenheiten (LAMA – in manchen Landesverbänden<br />

mit anderer Bezeichnung)<br />

Hinweis der Antragskommission<br />

<br />

Die gültige <strong>GEW</strong>-Satzung definiert den BAMA nicht als Personengruppe.<br />

§ 18 Hauptvorstand<br />

4.1 (LV Sachsen-Anhalt)<br />

I. In § 18 werden in Ziffer 1 Buchstaben c) die folgenden Worte angefügt:<br />

; nach Buchstabe b) zwei weitere Vertreterinnen oder Vertreter<br />

4.5 (LV Sachsen-Anhalt)<br />

V. In § 18 werden in der Ziffer 2:<br />

• im Satz 2 die Worte „im Rahmen der Beschlüsse nach §10 Ziffer 3“ angefügt und<br />

• im Satz 5 die Worte „oder Geschäftsordnung“ gestrichen.<br />

VI. In § 18 erhält die Ziffer 6 die folgende<br />

Fassung:<br />

6. Der Hauptvorstand kann geschäftsführende Landesvorstände bestellen, sofern ein<br />

Landesverband dazu nicht in der Lage ist. Dies gilt auch für die Bestellung von<br />

Landesschiedskommissionen. Die Amtszeit von geschäftsführenden Landesvorständen, die<br />

der Hauptvorstand bestellt, endet mit der Wahl durch das zuständige Gremium.<br />

4.8 (LV Hessen)<br />

§ 18 Hauptvorstand<br />

2. (neu) Der Hauptvorstand berät und entscheidet Grundsatzfragen der <strong>GEW</strong>, soweit<br />

Beschlüsse des Gewerkschaftstages nicht entgegenstehen. Der Hauptvorstand entscheidet<br />

über die Haushalte und gegebenenfalls Nachtragshaushalte der <strong>GEW</strong> mit Ausnahme des<br />

Haushalts für das Kalenderjahr nach dem Gewerkschaftstag (siehe § 12).<br />

Hinweis der Antragskommission<br />

Siehe Hinweis zu § 12<br />

6


4.10 (LV Sachsen-Anhalt)<br />

I. In § 18 wird in der Ziffer 4 der folgende neue Satz 2 eingefügt:<br />

Er gibt sich für seine Arbeit eine Geschäftsordnung.<br />

Die bisherigen Sätze 2 – 5 werden die neuen Sätze 3 - 6<br />

II. In § 18 erhält die Ziffer 5 die folgende Fassung:<br />

5. Der Hauptvorstand erlässt eine Organisationsrichtlinie, in der u.a. folgende Sachverhalte<br />

geregelt werden:<br />

a) die Durchführung von Arbeitskämpfen (§ 5 Ziffer 4)<br />

b) die Aufnahme von Mitgliedern (§ 6 Ziffern 3 und 5 und § 8 Ziffer 1)<br />

c) die Organisation von Arbeitsgruppen bundesunmittelbarer Mitglieder (§ 7 Ziffer 2)<br />

d) die Haushalts- und Kassenordnung sowie die Besetzung und das Verfahren für die<br />

Revisionskommission<br />

(§ 10 Ziffer 4)<br />

e) die Einrichtung und die Aufgabenstellung von Arbeitsgemeinschaften und Ausschüssen auf<br />

Dauer (§ 18 Ziffer 2)<br />

f) die Übertragung von Kompetenzen an den KOVO (§ 18 Ziffer 3)<br />

g) die Verteilung weiterer Arbeitsbereiche auf die Mitglieder des GV (§ 20 Ziffer 2)<br />

h) die Arbeit von Bundesausschüssen und ihre Zuordnung zu den jeweils verantwortlichen<br />

Mitgliedern des GV (§ 23 Ziffern 1 und 2)<br />

i) die Arbeit in der Bundesstelle für Rechtsschutz (§ 27)<br />

j) Grundsätze für die Entnahme von Mitteln aus dem Kampffonds<br />

k) Grundsätze der Vertrauensleutearbeit<br />

4.11 (BFGA Realschulen, Hauptschulen)<br />

§ 18 Ziffer 1c erhält folgende Fassung:<br />

c) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesausschüsse gemäß § 22 Ziffer 1 c – o,<br />

zwei Vertreterinnen oder Vertreter gemäß § 22 Ziffer 1a, drei Vertreterinnen oder Vertreter<br />

gemäß § 22 Ziffer 1 b<br />

§ 19 Koordinierungsvorstand<br />

4.5 (LV Sachsen-Anhalt)<br />

VII. In § 19 werden in der Ziffer 2 die Sätze 2, 4 und 5 gestrichen.<br />

4.10 (LV Sachsen-Anhalt)<br />

III. In § 19 wird in der Ziffer 3 der folgende Satz 3 angefügt:<br />

Er gibt sich für seine Arbeit eine Geschäftsordnung.<br />

7


§ 22 Bundesausschüsse<br />

4.11 (BFGA Realschulen)<br />

§ 22 Ziffer 1 erhält folgende Fassung:<br />

Es bestehen folgende Bundesausschüsse<br />

a) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende Schulen (Primarstufe)<br />

b) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende Schulen (Sekundstufe I)<br />

c) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende Schulen (Sekundarstufe II)<br />

d) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende Schulen (Schulaufsicht und<br />

Schulverwaltung)<br />

e) Bundesfachgruppenausschuss Erwachsenenbildung<br />

f) Bundesfachgruppenausschuss gewerbliche Schulen<br />

g) Bundesfachgruppenausschuss Hochschule und Forschung<br />

h) Bundesfachgruppenausschuss Kaufmännische Schulen<br />

i) Bundesfachgruppenausschuss Sozialpädagogische Berufe<br />

k) Bundesausschuss für Seniorinnen und Senioren<br />

l) Bundesausschuss „Junge <strong>GEW</strong>“<br />

m) Bundesausschuss für Studentinnen und Studenten<br />

n) Bundesfrauenausschuss<br />

o) Bundesausschuss für multikulturelle Angelegenheiten<br />

4.12 (BA Multikulturelle Angelegenheiten)<br />

§ 22, Ziff. 1 r <strong>GEW</strong>-Satzung erhält folgende Fassung:<br />

r) Bundesausschuss Migration, Diversity, Antidiskriminierung<br />

4.1 (LV Sachsen-Anhalt)<br />

VI. In § 22 Ziffer 1 erhalten die Buchstaben a – e die folgende Fassung:<br />

a) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende Schulen (Primarbereich)<br />

b) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende Schulen (Sekundarbereich)<br />

c) Bundesfachgruppenausschuss Berufsbildende Schulen<br />

d) Bundesfachgruppenausschuss Erwachsenenbildung<br />

e) Bundesfachgruppenausschuss Hochschule und Forschung<br />

Die bisherigen Buchstaben k – r werden die neuen Buchstaben f – n.<br />

§ 23 Bundesausschüsse<br />

4.5 (LV Sachsen-Anhalt)<br />

XII. § 23 erhält eine Unterteilung in Ziffern:<br />

• der Satz 1 wird die neue Ziffer 1,<br />

• die Sätze 2 und 3 werden die neue Ziffer 3,<br />

• die Sätze 4 und 5 werden die neue Ziffer 4,<br />

• der Satz 6 wird die neue Ziffer 5.<br />

XIII. In § 23 wird:<br />

8


in der neuen Ziffer 1 folgender neuer Satz 2 angefügt:<br />

• <strong>Das</strong> Nähere regelt der Hauptvorstand.<br />

• folgende neue Ziffer 2 eingefügt:<br />

2. Die Bundesausschüsse stimmen sich in ihrer Arbeit mit den jeweils verantwortlichen<br />

Mitgliedern des Geschäftsführenden Vorstandes ab. Über die Zuordnung beschließt der HV<br />

auf Vorschlag des Geschäftsführenden Vorstandes.<br />

•in der neuen Ziffer 4 im Satz 2 die Worte „ Die Aufgabe des Koordinierungsausschusses für<br />

Fachgremienarbeit“ durch die Worte „Seine Aufgabe“ ersetzt,<br />

• in der neuen Ziffer 5 das Wort „Er“ durch die Worte „Der Koordinierungsausschuss für<br />

Fachgremienarbeit“ ersetzt.<br />

XIV. In § 23 erhält die Ziffer 1 die folgende Fassung:<br />

1. Die Bundesausschüsse bestehen aus je einer Vertreterin oder einem Vertreter aus den<br />

Landesverbänden. Diese werden von den Landesverbänden entsandt. Der Hauptvorstand<br />

kann weitere Mitglieder berufen.<br />

4.10 (LV Sachsen-Anhalt)<br />

IV. In § 23 wird in der Ziffer 5 der folgende neue Satz 2 angefügt:<br />

Er gibt sich für seine Arbeit eine Geschäftsordnung.<br />

4.11 (BFGA Realschulen)<br />

§ 23 a enthält folgende Fassung:<br />

a) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesausschüsse gemäß § 22 Ziffer 1 c – o,<br />

zwei Vertreterinnen oder Vertreter gemäß § 22 Ziffer 1a, drei Vertreterinnen oder Vertreter<br />

gemäß § 22 Ziffer 1 b<br />

4.13 (LV Hamburg)<br />

§ 23 Die Bundesausschüsse bearbeiten die in ihr Gebiet fallenden Aufgaben von sich aus<br />

oder im Auftrag der im § 11 genannten Organe der <strong>GEW</strong>, für die sie in diesem Gebiet<br />

gleichzeitig Sacharbeit leisten. Dem Bundesseniorenausschuss obliegt es insbesondere, sich<br />

um alle Fragen der Seniorinnen- und Seniorenpolitik zu kümmern und, unter<br />

Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich hierbei um eine gewerkschaftliche<br />

Querschnittaufgabe handelt, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit dem zuständigen GV-<br />

Mitglied andere Organe, Gliederungen oder Gremien der <strong>GEW</strong> einzubeziehen.<br />

§ 24 Bundesausschüsse<br />

4.11 (BFGA Realschulen)<br />

§ 24 Satz 1 erhält folgende Fassung: 1) Die Bundesausschüsse bestehen in der Regel aus je<br />

einem Vertreter oder einer Vertreterin gemäß § 22 Ziffer 1 a, c – o und aus 2 Vertreterinnen<br />

oder Vertretern gemäß § 22 Ziffer 1 b bestehender Landesfachgruppen.<br />

9


4.14 (BFGA Grundschulen, Sonderpädagogische Berufe, Gesamtschulen, Gymnasien)<br />

§ 24 Ziffer 1 Satz 1 erhält folgende Fassung (Änderung fett):<br />

Die Bundesausschüsse bestehen aus je einer Vertreterin oder einem Vertreter der<br />

bestehenden Landesfachgruppen oder entsprechender, vom jeweiligen Landesvorstand<br />

autorisierter Gremien. Die Vorsitzende oder der Vorsitzende bzw. ein Mitglied des<br />

Leitungsteams nach § 24 Ziff. 3 werden auf diese Zahl nicht angerechnet.<br />

Die Benennung erfolgt durch die Landesverbände.<br />

Weitere Mitglieder können vom Hauptvorstand und vom Bundesausschuss im gegenseitigen<br />

Einvernehmen berufen werden.<br />

10


Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zur Änderung der Satzung der <strong>GEW</strong> – Strukturänderungen (GV und Bundesausschüsse)<br />

hier: Synopse der Änderungen<br />

Satzung der <strong>GEW</strong> (Fassung GT 2009) Antrag zur Änderung der Satzung Bemerkungen<br />

§ 18 Hauptvorstand<br />

1. Dem Hauptvorstand gehören an:<br />

a) Delegierte der Landesverbände: bis 15.000 Mitglieder<br />

eine Delegierte bzw. ein Delegierter, mehr als<br />

15.000 Mitglieder zwei Delegierte,<br />

b) eine Vertreterin oder ein Vertreter der Arbeitsgruppen<br />

der bundesunmittelbaren Mitglieder gemäß<br />

§ 7 Ziffer 2,<br />

c) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesausschüsse<br />

gemäß § 22,<br />

d) eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesstelle<br />

für Rechtsschutz,<br />

e) die Mitglieder des Koordinierungsvorstandes<br />

gemäß § 19 Ziffer 1.<br />

§ 18 Hauptvorstand<br />

1. Dem Hauptvorstand gehören an:<br />

a) Delegierte der Landesverbände: bis 15.000 Mitglieder<br />

eine Delegierte bzw. ein Delegierter, mehr als<br />

15.000 Mitglieder zwei Delegierte,<br />

b) eine Vertreterin oder ein Vertreter der Arbeitsgruppen<br />

der bundesunmittelbaren Mitglieder gemäß § 7<br />

Ziffer 2,<br />

c) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesausschüsse<br />

gemäß § 22; nach Buchstabe b) zwei<br />

weitere Vertreterinnen oder Vertreter,<br />

d) eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesstelle<br />

für Rechtsschutz,<br />

e) die Mitglieder des Koordinierungsvorstandes<br />

gemäß § 19 Ziffer 1.<br />

Nach der Zusammenlegung von Bundesausschüsse<br />

schulischer Fachgruppe soll die Präsenz<br />

im HV weitgehend erhalten bleiben, da ansonsten<br />

die Gruppe der Lehrkräfte im HV noch<br />

stärker unterrepräsentiert ist.<br />

§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />

1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören an:<br />

a) die Vorsitzende oder der Vorsitzende,<br />

b) die Mitglieder der Arbeitsbereiche<br />

- Finanzen,<br />

- Frauenpolitik,<br />

- Angestellten- und Beamtenpolitik,<br />

c) vier Mitglieder für die Organisationsbereiche<br />

- Jugendhilfe und Sozialarbeit,<br />

- Schule,<br />

- Hochschule und Forschung,<br />

- Berufliche Bildung und Weiterbildung.<br />

…<br />

4. Aus der Mitte der Mitglieder des Geschäftsführenden<br />

Vorstandes nach Ziffer 1 Buchstaben b) und c) wird<br />

die stellvertretende Vorsitzende oder der stellvertretende<br />

Vorsitzende in einem gesonderten Wahlgang<br />

gewählt. Eine der beiden Vorsitzenden nach Ziffer 1<br />

Buchstabe a) und Ziffer 4 soll eine Frau sein.<br />

§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />

1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören an:<br />

a) die Vorsitzende oder der Vorsitzende,<br />

b) fünf stellvertretende Vorsitzende mit jeweils einem<br />

der folgenden Arbeitsschwerpunkte<br />

- Organisation, Service und Finanzen<br />

- Tarif- und Beamtenpolitik,<br />

- Bildungspolitik im Bereich der Kinder- und<br />

Jugendhilfe,<br />

- Bildungspolitik im Bereich Schule,<br />

- Bildungspolitik im Bereich Hochschule,<br />

Forschung und Erwachsenenbildung.<br />

Mindestens die Hälfte der Mitglieder des Geschäftsführenden<br />

Vorstandes sollen Frauen sein.<br />

(…)


§ 21 Die Vorsitzende / der Vorsitzende<br />

…<br />

Bei Verhinderung der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden<br />

leitet die stellvertretende Vorsitzende bzw. der stellvertretende<br />

Vorsitzende die <strong>GEW</strong>, bei Ausscheiden der Vorsitzenden<br />

bzw. des Vorsitzenden leitet die stellvertretende<br />

Vorsitzende bzw. der stellvertretende Vorsitzende die <strong>GEW</strong><br />

bis zur Neuwahl der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden<br />

durch den Gewerkschaftstag.<br />

§ 22<br />

1. Es bestehen folgende Bundesausschüsse<br />

a) Bundesfachgruppenausschuss Erwachsenenbildung<br />

b) Bundesfachgruppenausschuss Gesamtschulen<br />

c) Bundesfachgruppenausschuss Gewerbliche Schulen<br />

d) Bundesfachgruppenausschuss Grundschulen<br />

e) Bundesfachgruppenausschuss Gymnasien<br />

f) Bundesfachgruppenausschuss Hauptschulen<br />

g) Bundesfachgruppenausschuss Hochschule und Forschung<br />

h) Bundesfachgruppenausschuss Kaufmännische Schulen<br />

i) Bundesfachgruppenausschuss Realschulen<br />

k) Bundesfachgruppenausschuss Schulaufsicht und<br />

Schulverwaltung<br />

l) Bundesfachgruppenausschuss Sonderpädagogische<br />

Berufe<br />

m) Bundesfachgruppenausschuss Sozialpädagogische<br />

Berufe<br />

n) Bundesausschuss für Seniorinnen und Senioren<br />

o) Bundesausschuss „Junge <strong>GEW</strong>“<br />

p) Bundesausschuss der Studentinnen und Studenten<br />

q) Bundesfrauenausschuss<br />

r) Bundesausschuss für multikulturelle Angelegenheiten<br />

§ 21 Die Vorsitzende / der Vorsitzende<br />

…<br />

2. Bei Verhinderung der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden<br />

leiten die stellvertretenden Vorsitzenden die<br />

<strong>GEW</strong>, bei Ausscheiden der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden<br />

leiten die stellvertretenden Vorsitzenden<br />

die <strong>GEW</strong> bis zur Neuwahl der Vorsitzenden bzw. des<br />

Vorsitzenden durch den Gewerkschaftstag.<br />

§ 22<br />

1. Es bestehen folgende Bundesausschüsse<br />

d) Bundesfachgruppenausschuss Erwachsenenbildung<br />

b) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />

Schulen (Sekundarbereich)<br />

c) Bundesfachgruppenausschuss Berufsbildende<br />

Schulen<br />

a) Bundesfachgruppenausschuss Allgemeinbildende<br />

Schulen (Primarbereich)<br />

(…)<br />

(…)<br />

e) Bundesfachgruppenausschuss Hochschule und<br />

Forschung<br />

(…)<br />

(…)<br />

f) Bundesfachgruppenausschuss Schulaufsicht und<br />

Schulverwaltung<br />

g) Bundesfachgruppenausschuss Sonderpädagogische<br />

Berufe<br />

h) Bundesfachgruppenausschuss Sozialpädagogische<br />

Berufe<br />

i) Bundesausschuss für Seniorinnen und Senioren<br />

k) Bundesausschuss „Junge <strong>GEW</strong>“<br />

l) Bundesausschuss der Studentinnen und Studenten<br />

m) Bundesfrauenausschuss<br />

n) Bundesausschuss für multikulturelle Angelegenheiten.


Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> 2013<br />

Titel des Antrags:<br />

Änderung der <strong>GEW</strong>-Satzung in § 20 der <strong>GEW</strong>-Satzung Ziff. 1.und 2.<br />

(Geschäftsführender Vorstand)<br />

Antragsteller: Bundesfrauenausschuss<br />

<strong>GEW</strong>-Satzung (zuletzt geändert 2009) 1<br />

Antrag des BFA auf Satzungsänderung an den HV<br />

(Änderungen sind kursiv hinterlegt)<br />

§ 20 Geschäftsführender Vorstand § 20 Geschäftsführender Vorstand<br />

1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören<br />

an:<br />

1. Dem Geschäftsführenden Vorstand gehören acht<br />

Mitglieder an, die Zusammensetzung entspricht der<br />

Geschlechterverteilung der Mitglieder. Er besteht aus<br />

den Mitgliedern der acht Vorstandsbereiche.<br />

a) die Vorsitzende oder der Vorsitzende,<br />

b) die Mitglieder der Arbeitsbereiche<br />

– Finanzen, – Finanzen,<br />

– Frauenpolitik, – Frauen-, Gleichstellungs- und Geschlechterpolitik,<br />

– Angestellten- und Beamtenpolitik, – Angestellten- und Beamtenpolitik,<br />

c) vier Mitglieder für die Organisationsbereiche – Organisationsentwicklung,<br />

– Jugendhilfe und Sozialarbeit, – Jugendhilfe und Sozialarbeit,<br />

– Schule, – Schule,<br />

– Hochschule und Forschung, – Hochschule und Forschung,<br />

– Berufliche Bildung und Weiterbildung. – Berufliche Bildung und Weiterbildung.<br />

Der Gewerkschaftstag wählt aus den acht Mitgliedern<br />

des Geschäftsführenden Vorstands zwei<br />

gleichberechtigte Vorsitzende, von denen mindestens<br />

eine Person eine Frau ist.<br />

Die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstands<br />

sollen über folgende Fähigkeiten verfügen, um ihre<br />

Aufgaben im Sinne eines Teams wirkungsvoll nach<br />

innen und außen zu erfüllen:<br />

- Team-Kompetenz<br />

- Gender-Kompetenz<br />

- Fach-Kompetenz<br />

- Medien- und Kommunikationskompetenz<br />

Sie werden bei der Teamentwicklung professionell<br />

begleitet.<br />

2. Weitere Arbeitsbereiche sowie ihre Verteilung<br />

auf die Mitglieder des Geschäftsführenden<br />

Vorstandes werden vom Hauptvorstand auf<br />

Vorschlag des Geschäftsführenden Vorstandes<br />

festgelegt.<br />

2. Weitere Handlungsfelder sowie ihre Verteilung auf<br />

die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes<br />

werden vom Hauptvorstand auf Vorschlag des<br />

Geschäftsführenden Vorstandes festgelegt. Die<br />

Zuständigkeit für Gender Mainstreaming liegt bei<br />

beiden Vorsitzenden, wobei die Verantwortung der<br />

Umsetzung bei allen Vorstandsmitgliedern liegen<br />

muss.<br />

1 <strong>GEW</strong>-Satzung, beschlossen vom Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong> am 4. Juni 1968 in Nürnberg zuletzt geändert vom<br />

Gewerkschaftstag 2009 in Nürnberg


Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zur Änderung der Satzung der <strong>GEW</strong> – Anpassung der Satzung an die Organisationswirklichkeit<br />

hier: Synopse der Änderungen<br />

Satzung der <strong>GEW</strong> (Fassung GT 2009) Antrag zur Änderung der Satzung Bemerkungen<br />

§ 6<br />

…<br />

3. Studierende, die ein Studienfach studieren, das auf<br />

eine spätere Tätigkeit im Organisationsbereich der<br />

<strong>GEW</strong> ermöglicht, oder eine Tätigkeit in diesem<br />

Bereich anstreben, werden als Mitglied aufgenommen.<br />

<strong>Das</strong> Weitere regelt der Hauptvorstand.<br />

VII. Beitrag<br />

§ 6<br />

…<br />

3. Mitglied kann auch werden, wer sich in einem<br />

Studium bzw. in einer anderweitigen Ausbildung<br />

befindet, das bzw. die eine spätere Tätigkeit<br />

im Organisationsbereich der <strong>GEW</strong> ermöglicht,<br />

oder wer eine Tätigkeit in diesem Bereich anstrebt.<br />

<strong>Das</strong> Weitere regelt der Hauptvorstand.<br />

VII. Beiträge und Finanzverwaltung<br />

§ 10<br />

1. Zur Durchführung ihrer Aufgaben erhebt die <strong>GEW</strong><br />

einen Mitgliedsbeitrag, dessen Höhe sowie der Anteil der<br />

<strong>GEW</strong> auf Bundesebene vom Gewerkschaftstag festgelegt<br />

werden. Der Gewerkschaftstag kann dem Hauptvorstand<br />

ein Mandat zur Änderung der Beitragsordnung erteilen.<br />

2. Die regelmäßige Entrichtung des vom Gewerkschaftstag<br />

festgelegten Beitrags in der vom Hauptvorstand vorgeschriebenen<br />

Zahlungsart ist Voraussetzung für die Mitgliedschaft<br />

in der <strong>GEW</strong>. Bezahlt ein Mitglied trotz<br />

zweimaliger schriftlicher Mahnung durch die einziehende<br />

Stelle seinen Beitrag nicht, so gilt die Verweigerung der<br />

Beitragszahlung als Erklärung des Austritts.<br />

3. Die Landesverbände verwalten ihr Eigentum und ihren<br />

Beitragsanteil selbst.<br />

§ 10<br />

1. Zur Durchführung ihrer Aufgaben erhebt die <strong>GEW</strong> einen<br />

Mitgliedsbeitrag. Die Höhe der Mitgliedsbeiträge wird<br />

vom Gewerkschaftstag in einer Beitragsordnung<br />

festgelegt. Der Gewerkschaftstag kann dem Hauptvorstand<br />

ein Mandat zur Änderung der Beitragsordnung erteilen.<br />

2. Die regelmäßige Entrichtung des vom Gewerkschaftstag<br />

festgelegten Beitrags in der vom Hauptvorstand vorgeschriebenen<br />

Zahlungsart ist Voraussetzung für die Mitgliedschaft<br />

in der <strong>GEW</strong>. Bezahlt ein Mitglied trotz zweimaliger<br />

schriftlicher Mahnung durch die einziehende Stelle<br />

seinen Beitrag nicht, so gilt die Verweigerung der Beitragszahlung<br />

als Erklärung des Austritts.<br />

3. Der Gewerkschaftstag entscheidet über die grundlegende<br />

Verteilung der Mitgliedsbeiträge. Dies umfasst<br />

u.a. den Anteil für die <strong>GEW</strong> auf Bundesebene,<br />

die Zuführungen zum Kampffonds und die Finanzierung<br />

von Gemeinschaftsaufgaben. Die Landesverbände<br />

verwalten ihr Eigentum und ihren Beitragsanteil selbst.<br />

4. Die Finanzverwaltung der <strong>GEW</strong> wird durch eine<br />

Haushalts- und Kassenordnung geregelt, die vom<br />

Hauptvorstand beschlossen wird. Für die Prüfung<br />

der ordnungsgemäßen Durchführung der Finanzverwaltung<br />

und der satzungsgemäßen Verwendung<br />

der Mitgliedsbeiträge wird eine Revisionskommission<br />

gebildet. <strong>Das</strong> Nähere hierzu regelt der Hauptvorstand.<br />

Es wird in der Satzung bestimmt, dass es eine Beitragsordnung<br />

gibt, in der durch den GT die Höhe der<br />

Mitgliedsbeiträge festgelegt wird.<br />

Es wird eine Satzungsgrundlage für die Beschlüsse zu<br />

den „Grundsätzen der Haushaltspolitik“ geschaffen.<br />

Es wird eine Satzungsgrundlage für den Beschluss<br />

des HV über eine Haushalts- und Kassenordnung<br />

und zur Einsetzung einer Revisionskommission geschaffen.


§ 18 Hauptvorstand<br />

…<br />

2. Der Hauptvorstand berät und entscheidet Grundsatzfragen<br />

der <strong>GEW</strong>, soweit Beschlüsse des Gewerkschaftstages<br />

nicht entgegenstehen. Der Hauptvorstand entscheidet<br />

über den Haushalt der <strong>GEW</strong>.<br />

…<br />

Er bestimmt im Rahmen der Beschlüsse des Gewerkschaftstages<br />

die <strong>GEW</strong>-Politik. Er kann auf Dauer oder<br />

auf Zeit Arbeitsgruppen, Kommissionen, Ausschüsse<br />

und Arbeitsgemeinschaften bilden. Er regelt die Aufgabenstellung<br />

durch Beschluss oder Geschäftsordnung. §<br />

24 Ziffer 3 gilt entsprechend für alle eingerichteten<br />

Ausschüsse.<br />

6. Der Hauptvorstand bestellt Organe und Mitglieder von<br />

Organen der <strong>GEW</strong> oder ihrer Gliederungen, sofern die<br />

zuständigen Gremien dazu trotz Aufforderung nicht in<br />

der Lage sind. Dies gilt auch für die Bestellung von<br />

Landesschiedskommissionen. Die Amtszeit von Organen<br />

und Organmitgliedern, die der Hauptvorstand bestellt,<br />

endet mit der Wahl von Organen und Mitgliedern<br />

von Organen durch die zuständigen Gremien.<br />

§ 19 Koordinierungsvorstand<br />

…<br />

2. Der Koordinierungsvorstand koordiniert die <strong>GEW</strong>-<br />

Politik des Geschäftsführenden Vorstandes und der<br />

Landesverbände. Er trifft Entscheidungen zu Haushaltsfragen,<br />

sofern sie nicht vom Gewerkschaftstag getroffen<br />

werden und nicht über den Rahmen des Haushaltsplanes<br />

hinausgehen. Er kann vorübergehend Arbeitsgruppen<br />

mit begrenztem Arbeitsauftrag einrichten.<br />

Er ist dem Hauptvorstand rechenschaftspflichtig. Weitere<br />

Aufgaben des Koordinierungsvorstandes werden<br />

vom Hauptvorstand festgelegt.<br />

§ 18 Hauptvorstand<br />

…<br />

2. Der Hauptvorstand berät und entscheidet Grundsatzfragen<br />

der <strong>GEW</strong>, soweit Beschlüsse des Gewerkschaftstages<br />

nicht entgegenstehen. Der Hauptvorstand entscheidet<br />

über den Haushalt der <strong>GEW</strong> im Rahmen der<br />

Beschlüsse nach § 10 Ziffer 3. Er bestimmt im Rahmen<br />

der Beschlüsse des Gewerkschaftstages die <strong>GEW</strong>-<br />

Politik. Er kann auf Dauer oder auf Zeit Arbeitsgruppen,<br />

Kommissionen, Ausschüsse und Arbeitsgemeinschaften<br />

bilden. Er regelt die Aufgabenstellung durch<br />

Beschluss (…). § 24 Ziffer 3 gilt entsprechend für alle<br />

eingerichteten Ausschüsse.<br />

…<br />

6. Der Hauptvorstand kann geschäftsführende Landesvorstände<br />

bestellen, sofern ein Landesverband dazu<br />

(…) nicht in der Lage ist. Dies gilt auch für die Bestellung<br />

von Landesschiedskommissionen. Die Amtszeit<br />

von geschäftsführenden Landesvorständen, die der<br />

Hauptvorstand bestellt, endet mit der Wahl (…) durch<br />

das zuständige Gremium.<br />

§ 19 Koordinierungsvorstand<br />

…<br />

2. Der Koordinierungsvorstand koordiniert die <strong>GEW</strong>-<br />

Politik des Geschäftsführenden Vorstandes und der<br />

Landesverbände. (…)<br />

Er kann vorübergehend Arbeitsgruppen mit begrenztem<br />

Arbeitsauftrag einrichten. (…)<br />

Bezug zu den „Grundsätzen der Haushaltspolitik“,<br />

die bei der Aufstellung des HH zu beachten<br />

sind.<br />

Die Aufgabenstellung für eine Arbeitsgruppe,<br />

Kommission etc. wird nicht durch eine Geschäftsordnung<br />

geregelt.<br />

Die Bestellung von geschäftsführenden Landesvorständen<br />

wird durch § 7 Ziffer 1 legitimiert,<br />

wonach sich die <strong>GEW</strong> in Landesverbände gliedert.<br />

Wenn Landesverbände keine Leitung haben<br />

und somit faktisch nicht arbeitsfähig sind,<br />

dann ist in zentralen Fragen auch die <strong>GEW</strong> insgesamt<br />

nicht arbeitsfähig. Eine Ausfüllung der<br />

bisherigen Satzungsregelung über diesen Sachverhalt<br />

hinaus ist nicht legitimiert, sie ist auch<br />

faktisch nicht vorstellbar.<br />

Es hat sich in der Realität gezeigt, dass der KO-<br />

VO die Aufgabe, Entscheidungen zu Haushaltsfragen<br />

zu treffen, nicht wahrgenommen hat.<br />

Der KOVO ist auch ein Satzungsgremium mit<br />

eigenem Rang. Er ist dem HV nicht rechenschaftspflichtig<br />

und hat dies bisher auch nicht<br />

getan – und der HV hat es auch nicht verlangt.<br />

<strong>Das</strong>s der HV dem KOVO weitere Aufgaben<br />

übertragen kann, ist bereits in § 18, Ziffer 3 Satz<br />

2 geregelt.


§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />

…<br />

5. Der Geschäftsführende Vorstand nimmt seine Aufgaben<br />

in Gesamtverantwortung wahr. Er erledigt<br />

nach Maßgabe der Beschlüsse des Gewerkschaftstages,<br />

des Hauptvorstandes und des Koordinierungsvorstandes<br />

die laufenden Geschäfte der <strong>GEW</strong>.<br />

Er regelt die Zusammenarbeit mit den Landesverbänden<br />

und koordiniert federführend die Arbeit in den<br />

Bundesgremien.<br />

§ 21 Die Vorsitzende / der Vorsitzende<br />

Die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende leitet in Kooperation<br />

mit den übrigen Mitgliedern des Geschäftsführenden Vorstands<br />

die Arbeit der <strong>GEW</strong> und vertritt die <strong>GEW</strong> allein oder<br />

gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Hauptvorstandes.<br />

Bei Verhinderung der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden<br />

leitet die stellvertretende Vorsitzende bzw. der stellvertretende<br />

Vorsitzende die <strong>GEW</strong>, bei Ausscheiden der Vorsitzenden<br />

bzw. des Vorsitzenden leitet die stellvertretende<br />

Vorsitzende bzw. der stellvertretende Vorsitzende die <strong>GEW</strong><br />

bis zur Neuwahl der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden<br />

durch den Gewerkschaftstag.<br />

Bei Rechtsgeschäften vertritt die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende<br />

die <strong>GEW</strong> mit einem weiteren Mitglied des Geschäftsführenden<br />

Vorstandes gemäß § 20 Ziffer 1. Ziffer 2<br />

gilt entsprechend.<br />

Die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende kann sachkundige<br />

Mitglieder und Gäste zu den Sitzungen des Hauptvorstandes,<br />

des Koordinierungsvorstandes und des Geschäftsführenden<br />

Vorstandes mit beratender Stimme einladen. Einladungen<br />

zu Sitzungen des Hauptvorstandes können nur im<br />

Einvernehmen mit dem Präsidium des Hauptvorstandes<br />

erfolgen.<br />

§ 20 Geschäftsführender Vorstand<br />

…<br />

5. Der Geschäftsführende Vorstand nimmt seine Aufgaben<br />

in Gesamtverantwortung wahr. Er erledigt nach<br />

Maßgabe der Beschlüsse des Gewerkschaftstages, des<br />

Hauptvorstandes und des Koordinierungsvorstandes<br />

die laufenden Geschäfte der <strong>GEW</strong>. Er trifft Entscheidungen<br />

zu Haushaltsfragen im Rahmen des<br />

vom Hauptvorstand beschlossenen Haushaltsplanes.<br />

Er unterstützt die Zusammenarbeit der<br />

Landesverbände und koordiniert federführend die<br />

Beratungen der Bundesgremien (Organe und Bundesausschüsse).<br />

§ 21 Die Vorsitzende / der Vorsitzende<br />

1. Die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende leitet in Kooperation<br />

mit den übrigen Mitgliedern des Geschäftsführenden<br />

Vorstands die Arbeit der <strong>GEW</strong> und vertritt die<br />

<strong>GEW</strong> nach außen. Bei Rechtsgeschäften vertritt die<br />

Vorsitzende bzw. der Vorsitzende die <strong>GEW</strong> mit einem<br />

weiteren Mitglied des Geschäftsführenden<br />

Vorstandes.<br />

2. Bei Verhinderung der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden<br />

leitet die stellvertretende Vorsitzende bzw. der<br />

stellvertretende Vorsitzende die <strong>GEW</strong>, bei Ausscheiden<br />

der Vorsitzenden bzw. des Vorsitzenden leitet die stellvertretende<br />

Vorsitzende bzw. der stellvertretende Vorsitzende<br />

die <strong>GEW</strong> bis zur Neuwahl der Vorsitzenden<br />

bzw. des Vorsitzenden durch den Gewerkschaftstag.<br />

(…)<br />

3. Die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende kann sachkundige<br />

Mitglieder und Gäste zu den Sitzungen des Hauptvorstandes,<br />

des Koordinierungsvorstandes und des Geschäftsführenden<br />

Vorstandes mit beratender Stimme<br />

einladen. Einladungen zu Sitzungen des Hauptvorstandes<br />

können nur im Einvernehmen mit dem Präsidium<br />

des Hauptvorstandes erfolgen.<br />

Mit den geänderten Formulierungen soll die<br />

Organisationswirklichkeit wiedergegeben werden.


§ 23<br />

Die Bundesausschüsse bearbeiten die in ihr Gebiet fallenden<br />

Aufgaben von sich aus oder im Auftrag der im § 11 genannten<br />

Organe der <strong>GEW</strong>, für die sie in diesem Gebiet gleichzeitig<br />

Sacharbeit leisten.<br />

Zur aufgabenbezogenen Koordinierung der Arbeit von<br />

Bundesausschüssen mit dem Geschäftsführenden Vorstand<br />

wird ein Koordinierungsausschuss für Fachgremienarbeit<br />

(KAFGA) eingerichtet. Dem Koordinierungsausschuss für<br />

Fachgremienarbeit gehören an:<br />

a) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesausschüsse<br />

gemäß § 22,<br />

b) eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesstelle für<br />

Rechtsschutz gemäß § 18 Ziffer 1 Buchstabe d<br />

c) die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes.<br />

Der Koordinierungsausschuss für Fachgremienarbeit ist an<br />

Aufträge des Hauptvorstandes gebunden und dem Hauptvorstand<br />

berichtspflichtig. Die Aufgabe des Koordinierungsausschusses<br />

für Fachgremienarbeit besteht darin, Prozesse<br />

in der <strong>GEW</strong> anzuregen und zu unterstützen, die erkennen<br />

lassen, welche neuen Arbeitsinhalte und -formen<br />

dem ganzheitlichen Bildungsbegriff und der Bildungsgewerkschaft<br />

gerecht werden.<br />

Er tagt unter Federführung des Geschäftsführenden Vorstandes<br />

nach Bedarf und bestimmt die Sitzungsfolge selbst.<br />

§ 24<br />

1. Die Bundesausschüsse bestehen aus je einer Vertreterin<br />

oder einem Vertreter der bestehenden Landesfachgruppen.<br />

Die Vorsitzende oder der Vorsitzende bzw. ein<br />

Mitglied des Leitungsteams nach § 24 Ziff. 3 werden auf<br />

diese Zahl nicht angerechnet. Die Benennung erfolgt<br />

durch die Landesverbände. Weitere Mitglieder können<br />

vom Hauptvorstand und vom Bundesausschuss im gegenseitigen<br />

Einvernehmen berufen werden.<br />

§ 23<br />

1. Die Bundesausschüsse bearbeiten die in ihr Gebiet<br />

fallenden Aufgaben von sich aus oder im Auftrag der im<br />

§ 11 genannten Organe der <strong>GEW</strong>, für die sie in diesem<br />

Gebiet gleichzeitig Sacharbeit leisten. <strong>Das</strong> Nähere regelt<br />

der Hauptvorstand.<br />

2. Die Bundesausschüsse stimmen sich in ihrer Arbeit<br />

mit den jeweils verantwortlichen Mitgliedern des<br />

Geschäftsführenden Vorstandes ab. Über die Zuordnung<br />

beschließt der HV auf Vorschlag des Geschäftsführenden<br />

Vorstandes.<br />

3. Zur aufgabenbezogenen Koordinierung der Arbeit von<br />

Bundesausschüssen mit dem Geschäftsführenden Vorstand<br />

wird ein Koordinierungsausschuss für Fachgremienarbeit<br />

(KAFGA) eingerichtet. Dem Koordinierungsausschuss<br />

für Fachgremienarbeit gehören an:<br />

a) je eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesausschüsse<br />

gemäß § 22,<br />

b) eine Vertreterin oder ein Vertreter der Bundesstelle<br />

für Rechtsschutz gemäß § 18 Ziffer 1 Buchstabe e<br />

c) die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes.<br />

4. Der Koordinierungsausschuss für Fachgremienarbeit ist<br />

an Aufträge des Hauptvorstandes gebunden und dem<br />

Hauptvorstand berichtspflichtig. Seine Aufgabe (…)<br />

besteht darin, Prozesse in der <strong>GEW</strong> anzuregen und zu<br />

unterstützen, die erkennen lassen, welche neuen Arbeitsinhalte<br />

und -formen dem ganzheitlichen Bildungsbegriff<br />

und der Bildungsgewerkschaft gerecht werden.<br />

5. Der Koordinierungsausschuss für Fachgremienarbeit<br />

tagt unter Federführung des Geschäftsführenden<br />

Vorstandes nach Bedarf und bestimmt die Sitzungsfolge<br />

selbst.<br />

§ 24<br />

1. Die Bundesausschüsse bestehen aus je einer Vertreterin<br />

oder einem Vertreter aus den Landesverbänden. Diese<br />

werden von den Landesverbänden entsandt. Der<br />

Hauptvorstand kann weitere Mitglieder berufen.<br />

Es wird eine Satzungsgrundlage für den Erlass von<br />

Arbeitsrichtlinien (z.B. Junge <strong>GEW</strong>, Senioren)<br />

Der bisherige enge Zusammenhang zwischen den<br />

bestehenden Landesfachgruppen und den Bundesausschüssen<br />

als Delegationsgrundlage soll wegen der<br />

immer weiter abnehmenden „Passfähigkeit“ aufgelöst<br />

werden. Die bisherige Regelung in Satz 2 zur „Nichtanrechnung“<br />

soll wegen fehlender Begründung entfallen.


Antrag der <strong>GEW</strong> Sachsen-Anhalt zur Änderung der Satzung der <strong>GEW</strong> – Verbesserung der Arbeit in den Gremien<br />

hier: Synopse der Änderungen<br />

Satzung der <strong>GEW</strong> (Fassung GT 2009) Antrag zur Änderung der Satzung Bemerkungen<br />

§ 18 Hauptvorstand<br />

…<br />

4. Der Hauptvorstand wählt sich ein Präsidium, bestehend<br />

aus drei stimmberechtigten Mitgliedern.<br />

<strong>Das</strong> Präsidium lädt ein und bereitet die Sitzungen des<br />

Hauptvorstandes vor. Der Hauptvorstand tagt regelmäßig<br />

dreimal im Jahr. Er kann außerordentliche Sitzungen<br />

beschließen. Auf Antrag eines Viertels der Mitglieder<br />

des Hauptvorstandes hat das Präsidium eine außerordentliche<br />

Sitzung einzuberufen.<br />

5. Soweit die Satzung nicht ausdrücklich eine Zuständigkeit<br />

des Gewerkschaftstages vorsieht, obliegt dem<br />

Hauptvorstand die Beschlussfassung und die Änderung<br />

von Richtlinien, Regelungen und Ordnungen, die die<br />

Satzung der <strong>GEW</strong> und die Wahlordnung auslegen und<br />

umsetzen. Er kann diese Aufgaben an den Geschäftsführenden<br />

Vorstand übertragen.<br />

§ 18 Hauptvorstand<br />

…<br />

4. Der Hauptvorstand wählt sich ein Präsidium, bestehend<br />

aus drei stimmberechtigten Mitgliedern. Er gibt sich<br />

für seine Arbeit eine Geschäftsordnung. <strong>Das</strong> Präsidium<br />

lädt ein und bereitet die Sitzungen des Hauptvorstandes<br />

vor. Der Hauptvorstand tagt regelmäßig dreimal<br />

im Jahr. Er kann außerordentliche Sitzungen beschließen.<br />

Auf Antrag eines Viertels der Mitglieder des<br />

Hauptvorstandes hat das Präsidium eine außerordentliche<br />

Sitzung einzuberufen.<br />

5. Der Hauptvorstand erlässt eine Organisationsrichtlinie,<br />

in der u.a. folgende Sachverhalte geregelt<br />

werden:<br />

a) die Durchführung von Arbeitskämpfen (§ 5<br />

Ziffer 4)<br />

b) die Aufnahme von Mitgliedern (§ 6 Ziffern 3<br />

und 5 und § 8 Ziffer 1)<br />

c) die Organisation von Arbeitsgruppen bundesunmittelbarer<br />

Mitglieder (§ 7 Ziffer 2)<br />

d) die Haushalts- und Kassenordnung sowie die<br />

Besetzung und das Verfahren für die Revisionskommission<br />

(§ 10 Ziffer 4)<br />

e) die Einrichtung und die Aufgabenstellung von<br />

Arbeitsgemeinschaften und Ausschüssen auf<br />

Dauer (§ 18 Ziffer 2)<br />

f) die Übertragung von Kompetenzen an den<br />

KOVO (§ 18 Ziffer 3)<br />

g) die Verteilung weiterer Arbeitsbereiche auf die<br />

Mitglieder des GV (§ 20 Ziffer 2)<br />

h) die Arbeit von Bundesausschüssen und ihre<br />

Zuordnung zu den jeweils verantwortlichen<br />

Mitgliedern des GV (§ 23 Ziffern 1 und 2)<br />

i) die Arbeit in der Bundesstelle für Rechtsschutz<br />

(§ 27)<br />

j) Grundsätze für die Entnahme von Mitteln aus<br />

dem Kampffonds<br />

k) Grundsätze der Vertrauensleutearbeit<br />

Den Bundesgremien soll in der Satzung aufgegeben<br />

werden, sich für die Durchführung der<br />

Beratungen eine Geschäftsordnung zu geben.<br />

Dies scheint wegen der Zusammensetzung aus<br />

Vertretern des GV und der Länder und dem<br />

permanenten Wechsel notwendig und sinnvoll.<br />

Die vielfältigen Zuständigkeiten des HV für die<br />

ihm zufallenden Regelungen werden an dieser<br />

Stelle systematisiert, um die Arbeit in diesem<br />

wichtigen Gremium und den hier zu organisierenden<br />

Umgang mit der Satzung der <strong>GEW</strong> für<br />

alle Mitglieder des HV zu erleichtern und die<br />

Transparenz der Entscheidungen – insbesondere<br />

für immer wieder neu hinzukommende Mitglieder<br />

– zu erhöhen.<br />

Die bisherige „Allzuständigkeit“ des HV überschreitet<br />

die Grenzen der demokratischen Legitimation,<br />

insbesondere wenn dabei Fragen der<br />

Auslegung der Satzung und der Wahlordnung<br />

explizit angesprochen werden.


§ 19 Koordinierungsvorstand<br />

…<br />

3. Der Koordinierungsvorstand tagt nach Bedarf. Er<br />

bestimmt seine Sitzungsfolge.<br />

§ 23<br />

…<br />

Er tagt unter Federführung des Geschäftsführenden Vorstandes<br />

nach Bedarf und bestimmt die Sitzungsfolge selbst.<br />

§ 19 Koordinierungsvorstand<br />

…<br />

3. Der Koordinierungsvorstand tagt nach Bedarf. Er bestimmt<br />

seine Sitzungsfolge. Er gibt sich für seine Arbeit<br />

eine Geschäftsordnung.<br />

§ 23<br />

…<br />

5. Der Koordinierungsausschuss für Fachgremienarbeit<br />

tagt unter Federführung des Geschäftsführenden Vorstandes<br />

nach Bedarf und bestimmt die Sitzungsfolge<br />

selbst. Er gibt sich für seine Arbeit eine Geschäftsordnung.<br />

Siehe hierzu die Bemerkung zu § 18, Ziffer 4.<br />

Siehe hierzu die Bemerkung zu § 18, Ziffer 4.

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