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Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin ...

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AWMF onl<strong>in</strong>e - S3-Leitl<strong>in</strong>ie: <strong>Analgesie</strong>, <strong>Sedierung</strong> <strong>und</strong> <strong>Delirmanagement</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Intensivmediz<strong>in</strong><br />

B.I.2.3 Empfehlungen für das Monitor<strong>in</strong>g des Delirs<br />

B.I.3 Volltext Monitor<strong>in</strong>g<br />

E<strong>in</strong>satz sollte jedoch bei sehr tief sedierten (RASS -4/-5) bzw. neuromuskulär blockierten Patienten zur<br />

frühzeitigen Erkennung von Über- <strong>und</strong> Untersedierung angestrebt werden. [20] (2b), [21] (3b), [22] (2a)<br />

� Es soll e<strong>in</strong> regelmäßiges gezieltes Screen<strong>in</strong>g auf delirante Symptome mit e<strong>in</strong>em validen <strong>und</strong> reliablen Delir-<br />

Score durchgeführt werden. [23] , [24], [25] [1] (z.B. die Confusion Assessment Method for the Intensive Care<br />

Unit (CAM-ICU) [26] o<strong>der</strong> Intensive Care Delirium Screen<strong>in</strong>g Checklist (ICDSC) [27], [28]<br />

Monitor<strong>in</strong>g von Analgosedierung <strong>und</strong> Delir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Intensivmediz<strong>in</strong><br />

Patientenorientierte Therapiekonzepte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Intensivmediz<strong>in</strong> setzen die Formulierung <strong>in</strong>dividueller patientenspezifischer Behandlungsziele <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>e adäquate Überwachung voraus. Während e<strong>in</strong> konsequentes hämodynamisches Monitor<strong>in</strong>g selbstverständlicher Standard auf allen<br />

Intensivstationen ist, besteht <strong>in</strong> Bezug auf die Überwachung <strong>der</strong> Analgosedierung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Entwicklung e<strong>in</strong>es Delirs noch deutlicher<br />

Handlungsbedarf. Etwa 75% <strong>der</strong> <strong>in</strong>tensivpflichtigen Patienten berichten über starke bis stärkste Schmerzen während ihrer Behandlung;<br />

dagegen halten über 80% <strong>der</strong> Behandelnden die Schmerztherapie für adäquat [7]. Übersedierung ist mit längerer Beatmungsdauer, höhere<br />

Pneumonie<strong>in</strong>zidenz, Hypotension, Gastroparese, höherer Delir<strong>in</strong>zidenz, längerem Aufenthalt, höheren Kosten <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er höhere Mortalität<br />

assoziiert [16]. Nach ihrer Intensivbehandlung haben diese Patienten häufiger Schlafstörungen <strong>und</strong> mehr posttraumatischen Stress [32].<br />

50-80% <strong>der</strong> ITS-Patienten erleiden e<strong>in</strong> Delir. Das Delir ist e<strong>in</strong> Prädiktor für e<strong>in</strong>e dreifach erhöhte Mortalität über 6 Monate [23], höhere Kosten<br />

[33], <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e signifikante anhaltende kognitive Verschlechterung [34].<br />

Die E<strong>in</strong>führung von validierten Scores hat direkte positive Effekte auf das Ergebnis <strong>der</strong> Patientenbehandlung: die systematische Evaluation von<br />

Schmerz, <strong>Sedierung</strong>sgrad <strong>und</strong> Delir selbst ist assoziiert mit e<strong>in</strong>er besseren Therapie von Schmerz, e<strong>in</strong>er Senkung <strong>der</strong> Inzidenz nosokomialer<br />

Infektionen, e<strong>in</strong>er Verkürzung <strong>der</strong> Beatmungs- <strong>und</strong> Intensisvbehandlungsdauer <strong>und</strong> <strong>der</strong> Reduktion <strong>der</strong> Letalität [8] [35].<br />

Multidiszipl<strong>in</strong>äre Protokolle<strong>in</strong>führung von zielgerichtetem <strong>Analgesie</strong>-, <strong>Sedierung</strong>smanagement <strong>und</strong> Delirbehandung komb<strong>in</strong>iert mit Protokollen<br />

zur Beatmungsentwöhnung senken signifikant die Beatmungsdauer, Behandlungsdauer <strong>und</strong> die Mortalität <strong>und</strong> sparen gleichzeitig Ressourcen<br />

e<strong>in</strong> [36], [37], [38].[39], [35].<br />

Wie e<strong>in</strong>e Umfrage von Mart<strong>in</strong> J et al. [40] zeigt, besteht <strong>in</strong> Deutschland weiterh<strong>in</strong> Handlungsbedarf h<strong>in</strong>sichtlich e<strong>in</strong>er adäquaten Überwachung<br />

<strong>der</strong> <strong>Analgesie</strong>, <strong>der</strong> <strong>Sedierung</strong> <strong>und</strong> des Delirs. So wurden vor Veröffentlichung <strong>der</strong> S2e-LL auf nur 21% <strong>der</strong> Intensivstationen <strong>Sedierung</strong>sskalen<br />

verwendet, nach Veröffentlichung bereits <strong>in</strong> 46% <strong>der</strong> befragten Stationen. Die aktuelle <strong>Sedierung</strong>stiefe ist häufig tiefer als gewünscht [41]. Die<br />

Verwendung von <strong>Sedierung</strong>sprotokollen stieg von 8% (2004) auf 52% (2006) [40].<br />

Sowohl die Überwachung <strong>der</strong> <strong>Sedierung</strong>stiefe als auch die E<strong>in</strong>schätzung des Schmerzniveaus <strong>und</strong> des Delirs gestaltet sich bei kritisch kranken<br />

Patienten auf Intensivstationen schwierig, da sich diese oft nicht verbal äußern können. Häufig s<strong>in</strong>d Ärzte <strong>und</strong> Pflegepersonal auf die<br />

Interpretation kl<strong>in</strong>ischer Zeichen <strong>und</strong> persönlicher Erfahrungen angewiesen. Neben <strong>in</strong>direkten vegetativen Reaktionen, wie Tränenfluss,<br />

Pupillenweite, Herzfrequenz, Blutdruck <strong>und</strong> Atemfrequenz ist e<strong>in</strong>e sorgfältige Überwachung des <strong>Analgesie</strong>- <strong>und</strong> <strong>Sedierung</strong>sniveaus sowie e<strong>in</strong>er<br />

Delirentwicklung mit Scor<strong>in</strong>gsystemen unerlässlich, um sowohl Über- als auch Unterdosierungen zu vermeiden.<br />

Es besteht weiterh<strong>in</strong> Bedarf h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Monitor<strong>in</strong>gverfahren [42]; [43]; [44]; [45], denn die Anfor<strong>der</strong>ungen an optimale<br />

Scores s<strong>in</strong>d hoch:<br />

� Sensitiv im Bezug auf die Medikamentenwirkung, so dass medikamenten<strong>in</strong>duzierte Verän<strong>der</strong>ungen von Bewusstse<strong>in</strong>slage o<strong>der</strong><br />

Schmerzqualität erkannt werden können<br />

� E<strong>in</strong>setzbarkeit sowohl bei wachen als auch bei sedierten <strong>und</strong> <strong>in</strong>vasiv beatmeten Patienten<br />

� Ausführungsmöglichkeit nicht nur durch den Patienten selbst son<strong>der</strong>n alternativ auch durch ärztliches <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Pflegepersonal<br />

� E<strong>in</strong>fache <strong>und</strong> schnelle Durchführbarkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> täglichen Rout<strong>in</strong>e, schnelle Erlernbarkeit<br />

� Basierend auf kl<strong>in</strong>isch relevanten Kriterien<br />

� Ke<strong>in</strong>e aufwendigen Zusatzapparate erfor<strong>der</strong>lich<br />

� Valide bei wie<strong>der</strong>holter Anwendung<br />

� Klar def<strong>in</strong>ierte Kriterien <strong>und</strong> standardisierte Methoden <strong>der</strong> Anwendung [46]; [47]; [48].<br />

Die Suche nach verbesserten Überwachungsmöglichkeiten hat mittlerweile zur Entwicklung e<strong>in</strong>iger Scor<strong>in</strong>gsysteme mit unterschiedlichen Vor-<br />

aber auch Nachteilen geführt. In diesem Zusammenhang verweisen Kong R <strong>und</strong> Payen D [49] auf den gr<strong>und</strong>sätzlichen Nutzen von<br />

Scor<strong>in</strong>gsystemen, wobei sie es als nicht so entscheidend betrachten, welches System genutzt wird, son<strong>der</strong>n dass e<strong>in</strong> System konsequent<br />

genutzt wird <strong>und</strong> sich daraus ergebende Handlungsabläufe klar def<strong>in</strong>iert s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> weiteres wesentliches Kriterium für e<strong>in</strong>e erfolgreiche<br />

Anwendung von E<strong>in</strong>schätzungsverfahren ist laut Blenkharn A et al. [42] die Entwicklung von Verständnis für die Notwendigkeit <strong>und</strong> das Erlernen<br />

des Umgangs mit dem jeweils ausgewählten Monitor<strong>in</strong>g- bzw. Scor<strong>in</strong>gverfahren.<br />

B.I.3.1 <strong>Analgesie</strong>monitor<strong>in</strong>g<br />

Die Erfassung des Schmerzniveaus <strong>und</strong> die sich daran anschließende adäquate <strong>und</strong> patientenorientierte analgetische Therapie<br />

s<strong>in</strong>d von entscheiden<strong>der</strong> Bedeutung für den Patientenkomfort auf Intensivstationen <strong>und</strong> verbessern den Behandlungserfolg [6], [7]<br />

(LoE 4), [50](LoE 2b), [4](LoE 2b), [8], [35]. E<strong>in</strong>e adäquate Schmerztherapie erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong> regelmäßiges, rout<strong>in</strong>emäßiges<br />

Monitor<strong>in</strong>g <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Schmerzsituation des Patienten, sowie die Erstellung e<strong>in</strong>es <strong>Analgesie</strong>plans unter Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> Schmerzursache <strong>und</strong> die Erfolgskontrolle <strong>der</strong> Therapie. Das Ziel <strong>und</strong> <strong>der</strong> Grad <strong>der</strong> <strong>Analgesie</strong> sollten m<strong>in</strong>destens 8-stündlich<br />

erfasst werden, sowie nach je<strong>der</strong> Therapieän<strong>der</strong>ung. Der E<strong>in</strong>satz von validierten Scor<strong>in</strong>gsystemen zur Therapiesteuerung <strong>und</strong><br />

Überwachung <strong>der</strong> <strong>Analgesie</strong> wird empfohlen [8](LoE 1b).<br />

Professionelles Monitor<strong>in</strong>g <strong>der</strong> <strong>Analgesie</strong> schließt die standardisierte Dokumentation von Nebenwirkungen <strong>der</strong> Schmerztherapie,<br />

wie Übelkeit, Erbrechen <strong>und</strong> Obstipation mit e<strong>in</strong> [51].<br />

Angst vor Schmerzen gehört zu den am häufigsten geäußerten Befürchtungen von Patienten <strong>und</strong> Angehörigen, wenn e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>tensivmediz<strong>in</strong>ische Behandlungsnotwendigkeit besteht. E<strong>in</strong>e von Ostermann ME et al. [51] durchgeführte Metaanalyse zur<br />

<strong>Analgesie</strong> <strong>und</strong> <strong>Sedierung</strong> auf Intensivstationen zeigte, dass sich von <strong>in</strong>sgesamt 49 Arbeiten nur 2 Publikationen mit Analgetika<br />

beschäftigten.<br />

Numerische Rat<strong>in</strong>gskala (NRS) / Visuelle Analogskala (VAS) / Visuelle Rat<strong>in</strong>gskala (VRS)<br />

3b<br />

2a<br />

LOE<br />

Oxford<br />

� Das Ergebnis des Delirmonitor<strong>in</strong>gs soll m<strong>in</strong>destens 8-stündlich dokumentiert werden. 5 A<br />

� Auf folgende Risikofaktoren für Delir sollte geachtet werden: antichol<strong>in</strong>erge Medikation [29] [30], Host-<br />

Faktoren (Alter, Komorbiditäten, chirurgischer E<strong>in</strong>griff, Schmerzen), Schwere <strong>der</strong> Erkrankung (u.a. E<strong>in</strong>satz<br />

von Sedativa, mechanischer Beatmung <strong>und</strong> Intubation), psychologische <strong>und</strong> soziale Faktoren, Umwelt <strong>und</strong><br />

iatrogene Faktoren [31].<br />

1b<br />

2b<br />

2b<br />

2b<br />

2b<br />

2b<br />

2b<br />

GoR<br />

A<br />

B<br />

7<br />

28.06.2010

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