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Österreichweite Repräsentativerhebung zu Substanzgebrauch

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<strong>Österreichweite</strong><br />

<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

<strong>zu</strong> <strong>Substanzgebrauch</strong><br />

Erhebung 2004<br />

Bericht<br />

1


<strong>Österreichweite</strong><br />

<strong>Repräsentativerhebung</strong> <strong>zu</strong><br />

<strong>Substanzgebrauch</strong><br />

Erhebung 2004<br />

Bericht<br />

Ludwig-Boltzmann-Institut für Suchtforschung (LBI-Sucht)<br />

in Kooperation mit<br />

market - Institut für Markt-, Meinungs- und Mediaforschung<br />

Wien, Dezember 2005<br />

gefördert durch das<br />

Bundesministerium für Gesundheit und Frauen<br />

1


Der vorliegende Forschungsbericht „<strong>Österreichweite</strong> <strong>Repräsentativerhebung</strong> <strong>zu</strong> <strong>Substanzgebrauch</strong><br />

- Bericht“ ist eine ungekürzte Originalarbeit, die von MitarbeiterInnen des Ludwig-Boltzmann-<br />

Instituts für Suchtforschung in Kooperation mit market – Institut für Markt-, Meinungs- und Mediaforschung<br />

verfasst wurde. Zur vorliegenden Publikation gibt es weitere Ergän<strong>zu</strong>ngsbände, die nur<br />

die in elektronischer Form vorliegen (siehe weiter unten). Der Inhalt des Berichtes, für den die<br />

AutorInnen verantwortlich zeichnen, muss sich nicht mit der Position des BMGF decken.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Dr. Alfred Uhl<br />

Ludwig-Boltzmann-Institut für Suchtforschung (LBISucht) und<br />

AlkoholKoordinations- und InformationsStelle (AKIS)<br />

des Anton-Proksch-Instituts (API)<br />

Mackgasse 7-11, A-1230 Wien<br />

Tel: +43-(0)1-88010-950, FAX: +43-(0)1-88010-956<br />

E-Mail: alfred.uhl@api.or.at, Internet: http://www.api.or.at/lbi und http://www.api.or.at/akis<br />

Eigentümer, Herausgeber und Verleger:<br />

Republik Österreich<br />

Bundesministerium für Gesundheit und Frauen<br />

Radetzkystraße 2, A-1030 Wien<br />

Internet: http://www.bmgf.gv.at<br />

unter „Gesundheitswesen/Sucht/Aktuelle Daten <strong>zu</strong>m Konsum psychoaktiver Substanzen“<br />

Druck:<br />

Hausdruckerei des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen<br />

1. Auflage 2005: 300<br />

Aus<strong>zu</strong>gsweiser Abdruck ist mit Quellenangabe gestattet, alle sonstigen Rechte sind vorbehalten.<br />

Alle vier Bände der Erhebung, der<br />

(1) „<strong>Österreichweite</strong> <strong>Repräsentativerhebung</strong> <strong>zu</strong> <strong>Substanzgebrauch</strong> - Bericht“, die<br />

(2) „<strong>Österreichweite</strong> <strong>Repräsentativerhebung</strong> <strong>zu</strong> <strong>Substanzgebrauch</strong> - Frequenzauszählungen“, die<br />

(3) „<strong>Österreichweite</strong> <strong>Repräsentativerhebung</strong> <strong>zu</strong> <strong>Substanzgebrauch</strong> - Kreuztabellen“ und der<br />

(4) „<strong>Österreichweite</strong> <strong>Repräsentativerhebung</strong> <strong>zu</strong> <strong>Substanzgebrauch</strong> - Fragebogen“<br />

können über die Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen<br />

http://www.bmgf.gv.at<br />

unter „Gesundheitswesen/Sucht/Aktuelle Daten <strong>zu</strong>m Konsum psychoaktiver Substanzen“<br />

sowie über die Downloadseite des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Suchtforschung<br />

http://www.api.or.at/lbi als PDF-Datei heruntergeladen werden.<br />

Der „<strong>Österreichweite</strong> <strong>Repräsentativerhebung</strong> <strong>zu</strong> <strong>Substanzgebrauch</strong> - Bericht“, liegt auch in gedruckter<br />

Form vor und kann über das Bestellservice des Bundesministeriums für Gesundheit und<br />

Frauen bezogen werden.<br />

Uhl, A.; Springer, A.; Kobrna, U.; Gnambs, T.; Pfarrhofer, D. (2005):<br />

<strong>Österreichweite</strong> <strong>Repräsentativerhebung</strong> <strong>zu</strong> <strong>Substanzgebrauch</strong>,<br />

Erhebung 2004, Bericht. Wien, Bundesministerium für Gesundheit<br />

und Frauen<br />

ISBN 3-900019-76-2


Vorwort der Frau Bundesministerin<br />

Der Missbrauch von Tabak, Alkohol, Medikamenten und illegalen Drogen stellt<br />

ein gesundheitspolitisches Problem ersten Ranges dar, dem international und<br />

in der EU ein ständig steigender Stellenwert <strong>zu</strong>gewiesen wird.<br />

Sinnvolle Strategien gegen Probleme setzen voraus, dass man die Probleme<br />

kennt und in diesem Zusammenhang ist die Forschung gefragt. Während es in<br />

einigen Staaten eine Tradition regelmäßig wiederkehrender Bevölkerungsumfragen<br />

<strong>zu</strong>m Substanzkonsum gibt, hat es bis dato in Österreich immer nur<br />

bundesweite Erhebungen mit spezifischen Schwerpunkten, wie <strong>zu</strong>r Cannabis-<br />

oder Alkoholproblematik, einzelnen Fragen im Rahmen von Mehrthemenbefragungen<br />

und eine Reihe von regionalen Umfragen gegeben. Nicht <strong>zu</strong>letzt weil sich Österreich im<br />

Rahmen des EMCDDA (Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht) REITOX<br />

Netzwerks verpflichtet hat, regelmäßig Bevölkerungsumfragedaten als einen von insgesamt fünf<br />

„Schlüsselindikator“ <strong>zu</strong> liefern, weil die Einschränkung des Tabakkonsums und die Bekämpfung des<br />

Alkoholmissbrauchs international immer mehr <strong>zu</strong> einem wichtigen gesundheitspolitischen Thema<br />

wird und man <strong>zu</strong>r Beurteilung der Wirksamkeit von Maßnahmen auf epidemiologische Daten angewiesen<br />

ist, wurde erstmals in der österreichischen Geschichte im Auftrag meines Ressorts eine<br />

umfassende bundesweite Erhebung über den Konsum von und Einstellung <strong>zu</strong> Alkohol, Tabak, Medikamenten<br />

und psychoaktiven Substanzen in Auftrag gegeben. (Bundesweite umfassende Repräsentativererhebungen<br />

<strong>zu</strong> Teilbereichen und vom Fragenumfang begrenzte Erhebungen hat es allerdings<br />

auch <strong>zu</strong>vor schon gegeben). Es ist von nun an daran gedacht, diese Erhebung in regelmäßigen<br />

Abständen <strong>zu</strong> wiederholen, um verlässliche Daten <strong>zu</strong>r Analyse von Entwicklungen <strong>zu</strong> gewinnen<br />

und sachlich fundierte Vergleiche mit den Entwicklungen anderer Ländern anstellen <strong>zu</strong> können.<br />

Die Ergebnisse sind auch wertvolle Ausgangsdaten für die Problemanalysen und Berichte, die das<br />

österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG) im Bereich des illegalen Drogenkonsums<br />

und die Alkoholkoordinations- und Informationsstelle (AKIS) im Bereich des Alkoholkonsums<br />

im Auftrag meines Ressorts regelmäßig durchführen. Die mit dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse<br />

sind auch wichtige Bausteine für die fundierte Planung, Durchführung und Evaluation der<br />

Maßnahmen im Tabak-, Alkohol-, Medikamenten- und illegalen Drogenbereich.<br />

Bevölkerungsbefragungen wie die vorliegende können ohne Frage einen guten Einblick geben, wie<br />

weit bestimmte Substanzen in einer Gesellschaft verbreitet sind und wie dieser Konsum von der<br />

Gesellschaft beurteilt wird. Man sollte dabei aber bedenken, dass solche Umfragen alleine nicht<br />

geeignet sind, über das Ausmaß des problematischen Substanzkonsums Aufschluss <strong>zu</strong> geben. Für<br />

letzteres sind ergänzend u.a. Behandlungsstatistiken, Prävalenzschät<strong>zu</strong>ngen und andere spezifische<br />

Forschungs<strong>zu</strong>gänge notwendig. Diese <strong>zu</strong>sätzlichen Informationsquellen sind vor allem bei<br />

jenen Substanzen notwendig, deren Konsum bzw. problematischer Konsum nur sehr niedrige Prävalenzzahlen<br />

erreicht, da niedere Prozentwerte um 1 bis 2% bei Umfragen isoliert gesehen kaum<br />

sinnvoll interpretierbar sind. Außerdem ist – auch bei noch so sorgfältiger Stichprobenziehung –<br />

unvermeidbar, dass substanzabhängige Personen stark unterrepräsentiert sind. So werden repräsentative<br />

Bevölkerungsbefragungen von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und<br />

Drogensucht (EMCDDA) auch nur als einer von insgesamt fünf Schlüsselindikatoren definiert, die in<br />

ihrer Zusammenschau die Beurteilung der Drogensituation in einem Land erlauben, und nicht als<br />

Informationsquelle, auf die alleine gestützt man ein schlüssiges Gesamtbild über den Substanzkonsum<br />

in einem Lande zeichnen könnte.<br />

Maria Rauch-Kallat<br />

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Zusammenfassung und Diskussion der wichtigsten Ergebnisse.............................................1<br />

1.1 Die Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit der vorliegenden Ergebnisse mit anderen<br />

Untersuchungen.........................................................................................................1<br />

1.2 Alkohol ......................................................................................................................3<br />

1.2.1 Konsummuster ......................................................................................................4<br />

1.2.2 Einstellung <strong>zu</strong>m Alkoholkonsum ..............................................................................4<br />

1.2.3 Geschlechterunterschiede.......................................................................................5<br />

1.2.4 Angleichung der Geschlechterrollen – Emanzipation..................................................5<br />

1.2.5 Akzeleration...........................................................................................................5<br />

1.2.6 Alterseffekte und Ex-Konsumentenrate....................................................................6<br />

1.3 Nikotin.......................................................................................................................7<br />

1.3.1 Konsummuster ......................................................................................................7<br />

1.3.2 Einstellung <strong>zu</strong>m Tabakkonsum................................................................................7<br />

1.3.3 Geschlechterunterschiede.......................................................................................7<br />

1.3.4 Angleichung der Geschlechtsrollen...........................................................................8<br />

1.3.5 Rauchen und Bildung..............................................................................................8<br />

1.3.6 Akzeleration...........................................................................................................8<br />

1.3.7 Alterseffekte und Ex-Konsumentenrate....................................................................8<br />

1.4 Beruhigungs- und Schlafmittel.....................................................................................9<br />

1.4.1 Konsummuster ......................................................................................................9<br />

1.4.2 Einstellung <strong>zu</strong>m Tranquilizer- oder Hypnotikakonsum ...............................................9<br />

1.4.3 Geschlechterunterschiede.....................................................................................10<br />

1.4.4 Angleichung der Geschlechterrollen und Akzeleration..............................................10<br />

1.4.5 Alterseffekte und Ex-KonsumentInnenrate.............................................................10<br />

1.5 Illegale Drogen.........................................................................................................11<br />

1.5.1 Prävalenz in der Gesamtbevölkerung.....................................................................11<br />

1.5.2 Konsummuster ....................................................................................................11<br />

1.5.3 Einstellung <strong>zu</strong>m illegalen Drogenkonsum ...............................................................12<br />

1.5.4 Geschlechterunterschiede.....................................................................................12<br />

1.5.5 Angleichung der Geschlechtsrollen.........................................................................12<br />

1.5.6 Akzeleration.........................................................................................................12<br />

1.5.7 Alterseffekte und Ex-Konsumentenrate..................................................................13<br />

1.6 Der U-Zusammenhang zwischen Konsum und Problemen...........................................13<br />

1.7 Implikationen für die Prävention ................................................................................14<br />

2 Einleitung und Hintergrund der Studie...............................................................................16<br />

2.1 Zielset<strong>zu</strong>ng ..............................................................................................................16<br />

2.2 Durchführung der Erhebung......................................................................................16<br />

2.3 Auswertung der Daten ..............................................................................................16<br />

2.4 Auswahl der Inhalte für diesen Bericht .......................................................................17<br />

2


3 Fehlerquellen bei Bevölkerungsbefragungen......................................................................18<br />

3.1 Zufallsfehler .............................................................................................................18<br />

3.2 Systematische Verzerrungen (Biases) ........................................................................19<br />

3.2.1 Undersampling Fehler...........................................................................................19<br />

3.2.2 Underreporting- und Overreportingfehler...............................................................20<br />

3.2.3 Unwissenheitsfehler..............................................................................................20<br />

3.2.4 Meinungslosigkeitsfehler.......................................................................................20<br />

3.2.5 Vergessensfehler..................................................................................................20<br />

3.2.6 Statistische Regression <strong>zu</strong>r Mitte und Abschwächung von Unterschieden..................21<br />

3.2.7 Die wechselseitige Kompensation systematischer Fehlerquellen...............................22<br />

3.3 Implizite und explizite Annahmen ..............................................................................22<br />

3.4 Einbeziehung der Fehlerquellen und Korrektur im gegenständlichen Bericht..................22<br />

4 Alkohol ...........................................................................................................................24<br />

4.1 Verlässlichkeit der Angaben und Fehlerkorrektur.........................................................24<br />

4.2 Ansätze und Methoden der Auswertung .....................................................................24<br />

4.2.1 Statistikmethode..................................................................................................24<br />

4.2.1.1 Dunkelzifferschät<strong>zu</strong>ng des Konsum an vergorenem Most .................................25<br />

4.2.2 Umfragemethode.................................................................................................27<br />

4.2.2.1 Problemfeld: Definition von „Alkopops“ und deren Stellenwert..........................28<br />

4.2.2.2 Systematische Fehler durch die Erhebung über Standardglas...........................31<br />

4.2.3 Kombinationsmethode nach Uhl & Springer ...........................................................31<br />

4.2.3.1 Die Korrektur systematischer Verzerrungen im Sinne der<br />

Kombinationsmethode...................................................................................32<br />

4.2.3.2 Die Verlässlichkeit der Schät<strong>zu</strong>ngen................................................................33<br />

4.2.3.3 Grundlage für die Undersampling Korrektur: Zahl der AlkoholikerInnen in<br />

Österreich.....................................................................................................34<br />

4.2.3.4 Übermortalitätsbias: Überschät<strong>zu</strong>ng der Abnahme des Alkoholkonsums im<br />

Alter.............................................................................................................34<br />

4.2.3.5 Grundlage für die Vergessens-Korrektur: Die Vergessenskurve ........................36<br />

4.2.3.6 Grundlage für die Underreporting Korrektur: Durchschnittlicher<br />

Alkoholkonsum .............................................................................................37<br />

4.2.3.7 Alkoholkonsumverteilung über den Wochenverlauf..........................................38<br />

4.3 Akzeleration, Angleichung der Geschlechtsrollen und Globalisierung der Trinkkulturen...40<br />

4.4 Alkoholabstinenz.......................................................................................................40<br />

4.5 Durchschnittlicher Alkoholkonsum pro Tag .................................................................42<br />

4.6 Alkoholmissbrauch....................................................................................................45<br />

4.7 Täglicher Alkoholkonsum...........................................................................................48<br />

4.8 Verschiebung des Einstiegsalters – Akzeleration..........................................................50<br />

4.9 Alkoholkonsum und Lebenssituation ..........................................................................52<br />

4.9.1 Befindlichkeit - Lebensgenuss ...............................................................................54<br />

4.9.2 Lebens<strong>zu</strong>friedenheit und Erfolg .............................................................................56<br />

4.9.3 Beziehungen........................................................................................................58<br />

4.9.4 Bildung und Freizeitverhalten................................................................................61<br />

3


4.9.5 Religionsbekenntnis..............................................................................................62<br />

4.9.6 Alkoholkonsum und Trinkpartner...........................................................................63<br />

4.9.7 Alkoholkonsum und Trinksituation.........................................................................65<br />

4.10 Bundesländerergebnisse ...........................................................................................66<br />

4.11 Art der konsumierten alkoholischen Getränke.............................................................67<br />

4.11.1 Getränkepräferenz in Weinanbaubundesländern und anderen Bundesländern ..........68<br />

4.11.2 Unterschiede in der Getränkepräferenz nach Geschlecht.........................................68<br />

4.11.3 Prämixgetränke und andere alkoholhältige Mischgetränke.......................................70<br />

4.11.4 Spirituosen ..........................................................................................................74<br />

4.11.5 Vergorener Most ..................................................................................................75<br />

4.11.6 Wein ...................................................................................................................76<br />

4.11.7 Bier.....................................................................................................................77<br />

4.12 Einstellung <strong>zu</strong> Alkoholkonsum und Rausch..................................................................77<br />

4.13 Alkoholwirkungserfahrung und -erwartung.................................................................83<br />

5 Tabakkonsum .................................................................................................................86<br />

5.1 Verlässlichkeit der Angaben und Fehlerkorrektur.........................................................86<br />

5.2 Ergebnisse im Licht anderer veröffentlichter Erhebungen.............................................86<br />

5.2.1 Entwicklung des Tabakkonsums basierend auf den Verkaufszahlen von Austria<br />

Tabak und Schät<strong>zu</strong>ngen des nicht erfassten offiziellen sowie inoffiziellen<br />

Zigarettenverkaufs...............................................................................................86<br />

5.2.2 Ergebnisse von Mikrozensus, Eurobarometer, ESPAD, IFES-Erhebungen für<br />

Wien und oberösterreichische <strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004 im Vergleich <strong>zu</strong>r<br />

gegenständlichen Untersuchung............................................................................87<br />

5.3 Die Unschärfe üblicher Kategorien .............................................................................91<br />

5.4 Rauchverhalten nach Alter und Geschlecht.................................................................92<br />

5.5 Verschiebung des Einstiegsalters – Akzeleration..........................................................95<br />

5.6 Rauchen und Bildung................................................................................................96<br />

5.7 Tabakkonsum und Lebenssituation ............................................................................97<br />

5.7.1 Befindlichkeit - Lebensgenuss ...............................................................................98<br />

5.7.2 Lebens<strong>zu</strong>friedenheit und Erfolg .............................................................................99<br />

5.7.3 Beziehungen......................................................................................................101<br />

5.7.4 Bildung und Freizeitverhalten..............................................................................103<br />

5.7.5 Religionsbekenntnis............................................................................................105<br />

5.8 Bundesländerergebnisse .........................................................................................106<br />

6 Medikamente ................................................................................................................107<br />

6.1 Verlässlichkeit der Angaben und Fehlerkorrektur.......................................................107<br />

6.2 Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum nach Alter, Geschlecht und Bildung.................109<br />

6.3 Art des Be<strong>zu</strong>gs der konsumierten Beruhigungs- und Schlafmittel beim mehrmals<br />

wöchentlichen Konsum ...........................................................................................112<br />

6.4 Bundesländerergebnisse .........................................................................................113<br />

7 Illegale Drogen..............................................................................................................115<br />

7.1 Verlässlichkeit der Angaben und Fehlerkorrektur.......................................................115<br />

7.1.1 Problem: unerklärbare Diskrepanzen zwischen analogen Erhebungen....................115<br />

4


7.1.2 Problem: Undersampling von Problemgruppen.....................................................116<br />

7.1.3 Problem: Underreporting ....................................................................................116<br />

7.1.4 Problem: niedrige Prävalenz................................................................................117<br />

7.1.5 Validitätstest mittels nicht existierender Substanzen.............................................117<br />

7.1.6 Gesamteffekte der Fehler....................................................................................117<br />

7.2 Konsumfrequenz und Alter......................................................................................117<br />

7.3 Cannabiskonsum und Konsumausstieg ....................................................................122<br />

7.4 Verschiebung des Cannabiseinstiegsalters – Akzeleration und Normalisierung.............123<br />

7.5 Cannabiskonsum und Lebenssituation bei Jugendlichen.............................................124<br />

7.6 Cannabiskonsum und Lebenssituation bei Erwachsenen ............................................128<br />

8 Wissen über verschiedene Substanzen und Einstellungen <strong>zu</strong> Maßnahmen .........................132<br />

9 Vergleichendes Gefährlichkeitsurteil über verschiedene Substanzen..................................141<br />

10 Einstellung <strong>zu</strong>r Drogenpolitik ..........................................................................................146<br />

11 Substanzaffinität ...........................................................................................................148<br />

12 Literatur........................................................................................................................152<br />

5


1 Zusammenfassung und Diskussion der<br />

wichtigsten Ergebnisse<br />

In der vorliegenden Studie werden Ergebnisse der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ dargestellt, wobei<br />

versucht wurde, die Ergebnisse mit vergleichbaren Ergebnissen aus anderen Erhebungen in<br />

Be<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong> setzen. Von besonderer Bedeutung als Referenzstudien waren die beiden ebenfalls vom<br />

Ludwig-Boltzmann-Institut für Suchtforschung bundesweit durchgeführten Studien „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

1993/94“ (Uhl & Springer, 1996) und „Cannabisstudie 1984“ (Springer et al., 1987).<br />

Um den Einstieg in die Lektüre <strong>zu</strong> erleichtern, wird eine Kurz<strong>zu</strong>sammenfassung der wichtigsten<br />

Ergebnisse an der Anfang des Berichts gestellt.<br />

1.1 Die Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit der<br />

vorliegenden Ergebnisse mit anderen Untersuchungen<br />

Möchte man den Alkoholkonsum mittels einer Bevölkerungsbefragung erheben, so kann man erwarten,<br />

dass nur rund 40% des tatsächlichen Alkoholkonsums erfasst werden. Das ergibt sich daraus,<br />

dass bei derartigen Erhebungen AlkoholikerInnen um rund 75% unterrepräsentiert sind und<br />

dass die Befragten einen Teil ihres Konsums vergessen bzw. einen Teil ihres Konsums absichtlich<br />

verschweigen. Ein interessantes Detail ist, dass diese Unterschät<strong>zu</strong>ng zwar für Spirituosen, Bier<br />

und Wein <strong>zu</strong>trifft, aber nicht für Alkoholmixgetränke (Alkopops und Radler). Der Konsum von Prämix-Getränken<br />

wird aufgrund dieser Bevölkerungsumfrage nämlich um rund das Doppelte überschätzt.<br />

Es ist zwar statistisch ohne weiteres möglich, diese systematischen Fehlerquellen bei der Auswertung<br />

weitgehend <strong>zu</strong> kompensieren, was in der vorliegenden Untersuchung auch gemacht wurde;<br />

derartige Korrekturen sind aber in der Alkoholforschung international nicht üblich, obwohl Art und<br />

Ausmaß der Fehler durchaus bekannt sind. Üblich ist vielmehr, die Öffentlichkeit – meist weitgehend<br />

unkommentiert – mit Zahlen <strong>zu</strong> konfrontieren, die den offiziellen Verkaufs- und Behandlungsstatistiken<br />

stark widersprechen. Die auf der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ basierenden Werte<br />

dieser Studie den Alkoholismus und den Alkoholmissbrauch in Österreich betreffend sind gut<br />

fundierte fehleradjustierte, realistische Schät<strong>zu</strong>ngen, die aber mit den meisten nationalen und internationalen<br />

Schät<strong>zu</strong>ngen nicht vergleichbar sind, da diese in der Regel auf Basis der Rohdaten<br />

publiziert werden. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang sind hier sicher die korrigierte Zahl<br />

der AlkoholmissbraucherInnen, die rund 5-mal so groß ist wie die unkorrigierte, und die Zahl der<br />

Alkoholabhängigen, die sogar mehr als 10-mal so groß ist wie die unkorrigierte.<br />

Beim Tabakkonsum ist die Menge der angegeben Zigaretten fast genau mit den Verkaufszahlen<br />

plus geschätztem Schmuggelanteil identisch, was dahingehend <strong>zu</strong> interpretieren ist, dass starke<br />

RaucherInnen in der Stichprobe nicht unterrepräsentiert sind und dass die Angaben der RaucherInnen<br />

weitgehend <strong>zu</strong>treffen. Eine Un<strong>zu</strong>länglichkeit ergibt sich jedoch daraus, dass GelegenheitsraucherInnen<br />

sich je nach Kontext und Fragestellung wahlweise als RaucherInnen oder als NichtraucherInnen<br />

präsentieren, was da<strong>zu</strong> führt, dass zwar die Zahl der starken regelmäßigen RaucherInnen,<br />

nicht aber die Gesamtzahl der RaucherInnen verlässlich erfasst werden kann. Ein besonders<br />

anschauliches Beispiel für diese Problematik sind die RaucherInnenzahlen des Mikrozensus für<br />

die Jahre 1997 und 1999, die in diesen zwei Jahren eine Steigerung von 30% auf 45% aufweisen,<br />

obwohl in einem so kurzem Zeitraum maximal ein geringfügiger Anstieg der RaucherInnenzahl<br />

plausibel ist, umso mehr als längerfristig keine relevante Veränderung der insgesamt gerauchten<br />

Zigarettenzahl <strong>zu</strong> beobachten war. Bezüglich der Ursachen für diese unerwartete und inhaltlich<br />

nicht plausible Zunahme der Mikrozensusergebnisse vgl. Kap. 5.2.2.<br />

1


Beim Konsum von psychoaktiven Medikamenten muss man ebenfalls damit rechnen, dass ein erheblicher<br />

Anteil der Medikamentenabhängigen in Bevölkerungsbefragungen nicht erfasst wird bzw.<br />

den Konsum erheblich untertreibt. Da<strong>zu</strong> kommt, dass viele Personen, die Medikamente einnehmen,<br />

nicht über ausreichende Produktkenntnis verfügen und so z.B. vom Arzt verordnete Beruhigungs-<br />

und Schlaftabletten mit hohem Problempotential (primär Benzodiazepine) als Mittel gegen<br />

konkrete organische Beschwerden einstufen; umgekehrt gehören rund 50% der von den Befragten<br />

als „Schlaf- und Beruhigungsmittel“ bezeichneten Substanzen gar nicht in diese Kategorie bzw.<br />

sind als Substanzen ohne erhebliches Gefährdungspotential <strong>zu</strong> bezeichnen (Hausmittel wie Honigmilch,<br />

Homöopathika, Schüsslersalze, Tees, andere pflanzliche bzw. tierische Sedativa oder Medikamente<br />

mit einem anderen Wirkungsspektrum). In der vorliegende Studie wurde versucht, die<br />

genannte Problematik durch die Formulierung „... denken Sie bei der Beantwortung der Fragen<br />

aber NICHT an Hausmittel wie "Milch mit Honig", homöopathische Mittel oder z. B. Baldriantropfen,<br />

Kräutertees etc.“ in Grenzen <strong>zu</strong> halten. Man kann daher annehmen, dass die Verlässlichkeit der<br />

Angaben über Beruhigung- oder Schlafmittel in der vorliegenden Erhebung damit größer ist als bei<br />

vergleichbaren Erhebungen, man sollte sich aber nicht der Illusion hingeben, das Problem durch<br />

diesen Zusatz völlig beseitigt <strong>zu</strong> haben. Über das Ausmaß des trotz dieser Präzisierung auftretenden<br />

Fehlers in beide Richtungen (sowohl „falsche Positive“ als auch „falsche Negative“) kann man<br />

nur mutmaßen, da mangels verlässlicher Vergleichszahlen über den Hypnotika- und Tranquilizerkonsum<br />

in Österreich hier keine präzise Bestimmung der Abweichung und rechnerische Korrektur<br />

– analog <strong>zu</strong>m Alkoholkonsum oder Tabakkonsum – möglich ist.<br />

Bei illegalen Drogen ist es zweckmäßig, zwischen Cannabis und anderen illegalen Drogen <strong>zu</strong> unterscheiden.<br />

Cannabis wird inzwischen in weiten Kreisen als relativ harmlos, als „illegale Alltagsdroge“,<br />

erlebt und es wird über den Cannabiskonsum vergleichsweise offen berichtet. Bezüglich aller<br />

anderen illegalen Drogen, deren Konsum von der überwiegenden Bevölkerungsmehrheit als sehr<br />

gefährlich und untolerierbar erlebt wird, erscheint es erheblich unwahrscheinlicher, dass jemand<br />

den Konsum einem unbekannten Dritten gegenüber offen <strong>zu</strong>gibt. Cannabis betreffend bestätigten<br />

sich Hinweise, die Uhl (1992) bereits anlässlich der „Cannabisstudie 1984“ – damals aber noch<br />

weniger empirisch abgesichert –, formuliert hatte, nämlich dass einschlägige Konsumerfahrung ab<br />

dem Ende des dritten Lebensjahrzehnts deutlich weniger oft <strong>zu</strong>gegeben wird als <strong>zu</strong>vor. Sowohl die<br />

„Cannabisstudie 1984“ als auch die gegenständliche Erhebung zeigten, dass die Cannabiserfahrungsraten<br />

bei den ab 30-Jährigen deutlich unter jenen Werten liegen, die man anhand modellhafter<br />

Überlegungen erwarten würde. Plausibel ist, dass sich die Haltung eines Teils der jungen Erwachsenen<br />

<strong>zu</strong>m Cannabiskonsum oder <strong>zu</strong>mindest <strong>zu</strong>m offenen Zugeben von Eigenerfahrungen<br />

mit Cannabis ändert, wenn sie ein Alter erreichen, in dem sie verstärkt Verantwortung für eigene<br />

und fremde Kinder übernehmen müssen bzw. eine distanzierte Sichtweise <strong>zu</strong>m Lebensstil ihrer<br />

Jugend annehmen. Die Beobachtung, dass rund ein Viertel der Cannabiserfahrenen ihre Erfahrungen<br />

ab dem 30. Lebensjahr einem fremden Interviewer gegenüber nicht mehr <strong>zu</strong>gibt, kann man<br />

als Grundlage für adjustierte Schät<strong>zu</strong>ngen der Cannabiserfahrungsrate verwenden.<br />

Bei anderen illegalen Drogen ist infolge der relativ geringen Zahl der Personen, die damit Erfahrungen<br />

haben, einerseits damit <strong>zu</strong> rechnen, dass es aus wahrscheinlichkeitstheoretischen Gründen<br />

(Regression <strong>zu</strong>r Mitte) <strong>zu</strong> einer Überschät<strong>zu</strong>ngstendenz durch falsch positive Fälle kommt, und<br />

andererseits, weil der Konsum Fremden gegenüber oft nicht <strong>zu</strong>gegeben wird, <strong>zu</strong> einer Unterschät<strong>zu</strong>ngstendenz<br />

(falsch negative Fälle). Es kann natürlich theoretisch der Fall eintreten, dass sich<br />

diese beiden Tendenzen gegenseitig <strong>zu</strong>r Gänze kompensieren; jedoch ist dies nur eine von mehreren<br />

Optionen, die darüber hinaus aus unterschiedlichen Gründen sehr unwahrscheinlich ist. Deshalb<br />

sollte man generell bei Bevölkerungsbefragungen Werte im Bereich von 1% oder 2% inhaltlich<br />

nicht interpretieren. Am Beispiel von Heroin lässt sich diese Behauptung anschaulich untermauern:<br />

Basierend auf Capture-Recapture-Schät<strong>zu</strong>ngen kann man grob berechnen, dass etwa<br />

0,5% der erwachsenen Bevölkerung als problematische HeroinkonsumentInnen <strong>zu</strong> bezeichnen<br />

sind. Von diesen Personen kann man annehmen, dass sie auch im letzten Monat („Monatsprävalenz“)<br />

Heroin konsumiert haben. Wenngleich natürlich keinesfalls alle LetztmonatskonsumentInnen<br />

automatisch als „ProblemkonsumentInnen“ <strong>zu</strong> bezeichnen sind, da ja bei der Monatsprävalenz<br />

auch solche Personen erfasst werden, die nur einmal im Leben eine Droge probieren und dies eben<br />

im Monat vor der Befragung getan haben. Die Gesamtheit der Probier- und GelegenheitskonsumentInnen<br />

– also jener Personen, die je Substanzerfahrung mit einer bestimmten Substanz gemacht<br />

haben, die aber ihren Konsum beenden, bevor sich daraus ein problematisches Konsummuster<br />

bildet – schlägt sich hingegen in der Jahres- bzw. Lebenszeitprävalenz nieder. Da ein Groß-<br />

2


teil der ProbiererInnen nie <strong>zu</strong> problematischen KonsumentInnen wird, kann man ausgehend vom<br />

Prozentsatz der problematischen HeroinkonsumentInnen vorsichtig schätzen, dass mindestens 2%<br />

der erwachsenen Bevölkerung über Konsumerfahrungen („Lebenszeitprävalenz“) mit Heroin verfügen<br />

müssten. Die ausgewiesene Heroinerfahrungsrate im letzten Monat in der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

2004“ beträgt aber bloß 0,2% (10 Personen von 4546 Befragten) und die angegebene Prävalenz<br />

im bisherigen Leben nur 0,6%. Das bedeutet, dass im günstigsten Fall rund ein Drittel der<br />

Personen mit Heroinerfahrung in der Studie repräsentiert waren bzw. ihre Substanzerfahrung auch<br />

<strong>zu</strong>gegeben haben. Als „günstigster Fall“ gilt hier die Annahme, dass keine falsch positiven Fälle<br />

auftreten - eine recht unrealistische Annahme, da 0,1% der Befragten sogar Erfahrungen mit der<br />

nicht existierenden Phantasiedroge „Euphotrem“ angegeben haben. Unter der realistischeren Annahme,<br />

dass die Rate der falsch positiven Fälle bei Heroin jener der Phantasiedroge Euphotrem<br />

entspricht, ergibt sich, dass bloß 10% bis 20% der Heroinerfahrenen in der Untersuchung tatsächlich<br />

repräsentiert sind, bzw. den Konsum auch <strong>zu</strong>gegeben haben.<br />

Diese kritischen Äußerungen <strong>zu</strong>r Verlässlichkeit der Ergebnisse von Bevölkerungsbefrgungen sollten<br />

aber nicht dahingehend interpretiert werden, dass derartige Erhebungen keine praktische Relevanz<br />

hätten. Bevölkerungsbefragungen sind, wie im Vorwort bereits angesprochen, wichtige Instrumente<br />

<strong>zu</strong>r Erfassung des Substanzkonsums und Problemkonsums in einer Gesellschaft und<br />

können ganz besonders bei der Beurteilung von Veränderungen über die Zeit wichtige Hilfestellungen<br />

liefern. Man sollte sich aber immer des Umstandes bewusst sein, dass solche Erhebungen alleine<br />

nicht geeignet sind, über das Ausmaß des problematischen Substanzkonsums Aufschluss <strong>zu</strong><br />

geben. Für letzteres sind unbedingt ergänzend u.a. Behandlungsstatistiken, Prävalenzschät<strong>zu</strong>ngen<br />

und andere spezifische Forschungs<strong>zu</strong>gänge notwendig. So werden repräsentative Bevölkerungsbefragungen<br />

von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) auch<br />

nur als einer von insgesamt fünf Schlüsselindikatoren definiert, die in ihrer Zusammenschau die<br />

Beurteilung der Drogensituation in einem Land erlauben, und nicht als Informationsquelle, auf die<br />

alleine gestützt man ein schlüssiges Gesamtbild über den Substanzkonsum in einem Lande zeichnen<br />

könnte.<br />

1.2 Alkohol<br />

Beim Alkoholkonsum konnte über die letzten 3 Jahrzehnte ein deutlicher Rückgang des Durchschnittskonsums<br />

um insgesamt 19% beobachtet werden. Betrachtet man nur die letzten 10 Jahre,<br />

so ist der Rückgang für diesen Zeitraum mit 12% an<strong>zu</strong>setzen. Der Anteil der Abstinenten bzw.<br />

Fastabstinenten (maximal 4-mal im Jahr Alkohol trinken) unter den Erwachsenen ist im letzten<br />

Jahrzehnt von 23% auf 31% angestiegen, die Zahl der täglichen AlkoholkonsumentInnen von<br />

12% auf 9% gesunken und die Zahl der AlkoholmissbraucherInnen von 18% 1 auf 16% 2 . Diese<br />

Entwicklung in Richtung Konsumreduktion fand statt, obwohl die Alkoholpreise inflationsbedingt<br />

deutlich gesunken sind und die Alkoholverfügbarkeit durch die Liberalisierung der Geschäfts- und<br />

Restaurantöffnungszeiten stark <strong>zu</strong>genommen hat. Einen Überblick über den Alkoholkonsum der<br />

Ab-14-Jährigen nach Konsumklassen, basierend auf der vorliegenden Studie, gibt die folgende<br />

Tabelle.<br />

1) „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 93/94 (Uhl & Springer, 1996)“<br />

2) Ergebnisse der vorliegenden Studie: 11% problematischer „Alkoholkonsum ohne Alkoholismus“ plus 5% „Alkoholismus“<br />

= 16% „problematischer Alkoholkonsum“ (Tab. 1).<br />

3


Tab. 1: Einteilung des Alkoholkonsums nach Konsumklassen und Geschlecht<br />

Abstinenz und Fastabstinenz<br />

geringer Alkoholkonsum<br />

mittlerer Alkoholkonsum<br />

problematischer Alkoholkonsum ohne Alkoholismus<br />

Alkoholismus<br />

Ab-14-Jährige in Österreich 2004<br />

Kommentar: Absolut gerundet auf 10.000<br />

Gesamt Männer Frauen<br />

2.110.000<br />

(30,8%)<br />

2.440.000<br />

(35,6%)<br />

1.240.000<br />

(18,0%)<br />

730.000<br />

(10,6%)<br />

340.000<br />

(5%)<br />

6.850.000<br />

(100%)<br />

4<br />

770.000<br />

(23,6%)<br />

1.090.000<br />

(33,3%)<br />

730.000<br />

(22,1%)<br />

450.000<br />

(13,5%)<br />

250.000<br />

(7,5%)<br />

3.290.000<br />

(100%)<br />

1.330.000<br />

(37,5%)<br />

1.350.000<br />

(37,8%)<br />

510.000<br />

(14,3%)<br />

280.000<br />

(7,9%)<br />

90.000<br />

(2,5%)<br />

3.560.000<br />

(100%)<br />

Quelle: vorliegende Studie: F32xxxx 3 (durchschnittlicher Alkoholkonsum pro Tag der letzten Woche - vergessens-, underreporting-<br />

und undersamplingadjustiert)<br />

1.2.1 Konsummuster<br />

Der Umstand, dass 16% der ÖsterreicherInnen als AlkoholmissbraucherInnen <strong>zu</strong> bezeichnen sind,<br />

dass 5% der Erwachsenen an Alkoholismus erkrankt sind, und dass 10% der ÖsterreicherInnen im<br />

Laufe ihres Lebens an Alkoholismus erkranken, ist ohne Frage alarmierend und legt die Forderung<br />

nach entschlossenen Maßnahmen <strong>zu</strong>r Bekämpfung dieses Problems nahe. Man sollte auf der anderen<br />

Seite aber auch nicht aus den Augen verlieren, dass 97% der Bevölkerung Alkoholerfahrung<br />

aufweisen und dass immerhin 80% der Bevölkerung, <strong>zu</strong>mindest in manchen Lebensphasen, öfter<br />

als viermal pro Jahr Alkohol getrunken haben bzw. trinken, was bedeutet, dass die überwiegende<br />

Mehrzahl der KonsumentInnen mit Alkohol adäquat umgehen kann und auch keine Absicht verspürt,<br />

den Alkoholkonsum auf<strong>zu</strong>geben.<br />

Leifman et al., (2002) bezeichnen das Trinkmuster im mediterranen und alpinen Raum – <strong>zu</strong> dem<br />

auch Österreich gehört –, wo vergleichsweise wenig Probleme pro Liter getrunkenem Reinalkohol<br />

auftreten und wo nur wenige Menschen völlig alkoholabstinent leben, als „integrativ“. Im Gegensatz<br />

da<strong>zu</strong> bezeichnen sie den im englischsprachigen und nordeuropäischen Raum vorherrschenden<br />

Trinkstil, wo ein großer Teil der Bevölkerung alkoholabstinent lebt und die Alkohol Trinkenden eher<br />

<strong>zu</strong> Exzess und Rausch neigen, als explosiv.<br />

1.2.2 Einstellung <strong>zu</strong>m Alkoholkonsum<br />

Die Haltung <strong>zu</strong>m Alkoholkonsum ist dabei recht differenziert: Z.B. finden 96%, dass ein gewisser<br />

Alkoholkonsum bei festlichen Gelegenheiten angezeigt ist, und 91% (für Männer) bzw. 88% (für<br />

Frauen) finden Alkoholkonsum bei einem Treffen mit Freunden außer Haus vertretbar. Hingegen<br />

tolerieren nur 8% geringfügigen Alkoholkonsum vor dem Autofahren und nur 3% eine Alkoholkonsummenge,<br />

die eine leichte bis stärkere Berauschung nach sich zieht. Diese Indizien in Richtung<br />

einer <strong>zu</strong>nehmenden Differenzierung der Einstellung <strong>zu</strong> Alkohol werden auch dadurch bestätigt,<br />

dass einerseits Bestrebungen, allgemeine Alkoholabstinenz <strong>zu</strong> fordern, weiter <strong>zu</strong>rückgegangen<br />

sind, dass aber im Gegen<strong>zu</strong>g konsequenter, als dies noch vor 10 Jahren der Fall war, für bestimmte<br />

Situationen (z.B. Schwangerschaft, Arbeitsplatz, Verkehr) „Punktnüchternheit“ gefordert wird.<br />

Alkohol <strong>zu</strong> probieren wird bezüglich der Gefährlichkeit zwar von den meisten Befragten als recht<br />

ungefährlich beurteilt – auffallend ist allerdings, dass 15% der Befragten sogar das ein- oder<br />

3) „F32xxxx“ bzw. in weiterer Folge der Auswertung vorkommende analoge Bezeichnungen sind als Verweis auf die jeweils<br />

<strong>zu</strong>grunde liegenden Fragen der Erhebung (hier z.B. die Frage F32) <strong>zu</strong> verstehen, damit diese im Band „Fragebogen“<br />

nachgeschlagen werden können. Ein oder mehrere „x“ im Anschluss an die Ziffer bedeuten, dass hier nicht die Rohwerte<br />

dargestellt werden: Entweder <strong>zu</strong>sammenfassungen von Kategiorien oder die im Kap. 3 beschriebenen Korrekturverfahreen.<br />

Letztere sind detailliert im Band „Frequenzauszählungen“ unter den jeweiligen F-Nummern <strong>zu</strong> finden.


zweimalige Probieren als sehr gefährlich einschätzten und dass die Gefährlichkeit des regelmäßigen<br />

Alkoholkonsums sogar von den aktuellen AlkoholkonsumentInnen als sehr hoch – nahe bei illegalen<br />

Drogen – eingestuft wird.<br />

1.2.3 Geschlechterunterschiede<br />

Analysiert man die Daten getrennt nach Geschlecht, so zeigt sich, dass der Rückgang des Konsums<br />

vor allem auf das Konto der Männer geht, und dass es bei Frauen insgesamt nur minimale<br />

Veränderungen gegeben hat. Das traditionelle Rollenbild, das den Männern eher Alkoholkonsum<br />

und Alkoholexzesse <strong>zu</strong>gestand als Frauen, scheint heute weitgehend verschwunden <strong>zu</strong> sein. Die<br />

Zahl der abstinenten bzw. fastabstinenten Frauen ist über die letzten 10 Jahre von 33% auf 37%<br />

angestiegen, der Durchschnittskonsum ist von 13g auf 14g gestiegen, die Zahl der täglichen Alkoholkonsumentinnen<br />

hat von 6% auf 5% abgenommen und die Zahl der Problemkonsumentinnen<br />

ist minimal von 9% auf 10% gestiegen. Die Männer liegen generell aber nach wie vor in allen Parametern<br />

weit vor den Frauen: Reinalkoholkonsum pro Tag: 42g vs. 14g, täglicher Alkoholkonsum:<br />

21% vs. 10%, Missbrauch (inklusive Alkoholismus): 21% vs. 10%, Alkoholismus: 7,5% vs.<br />

2,5%.<br />

1.2.4 Angleichung der Geschlechterrollen – Emanzipation<br />

Betrachtet man die Entwicklung detaillierter, so kann man allerdings feststellen, dass es bei den<br />

Frauen ab dem 30. Lebensjahr, wie bei den Männern, einen leichten Abwärtstrend im durchschnittlichen<br />

Alkoholkonsum gegeben hat, während der Alkoholkonsum der jungen Frauen über die letzten<br />

10 Jahre deutlich angestiegen ist – was sich über alle Altersgruppen der Frauen hinweg weitestgehend<br />

ausgleicht. Da die Angleichung des Verhaltens von Frauen an jenes der Männer mit der<br />

gesellschaftlichen Emanzipation der Frauen <strong>zu</strong>sammenhängt, werden oft unterschiedliche Trends<br />

bzw. Phänomene in diesem Kontext vereinfachend als „Emanzipation“ bezeichnet (z.B. bei Uhl &<br />

Kobrna, 2004), was im konkreten Fall insofern irreführend ist, als auch die Männer ihr Verhalten an<br />

jenes der Frauen angleichen – ein Prozess, der üblicherweise nicht mit „Emanzipation“ umschrieben<br />

wird. Es ist daher angemessener hier von einer „Angleichung der Geschlechterrollen“ als von<br />

einem „Emanzipationseffekt“ <strong>zu</strong> sprechen.<br />

Dieser Sachverhalt lässt sich aus zwei recht unterschiedlichen Blickwinkeln darstellen:<br />

• Man kann festhalten, dass absolut gesehen nach wie vor die überwiegende Zahl der Alkoholprobleme<br />

bei Männern auftreten und betonen, dass problematische Alkoholkonsumformen bei<br />

Burschen und Männern bis <strong>zu</strong>m 30. Lebensjahr immer noch doppelt so oft vorkommen wie bei<br />

Mädchen und jungen Frauen – wodurch man den Problemschwerpunkt bei den Männern verortet,<br />

oder<br />

• man kann festhalten, dass Alkoholkonsum bei Mädchen und jungen Frauen bis <strong>zu</strong>m 30. Lebensjahr<br />

im letzten Jahrzehnt aufgrund der Angleichung der Geschlechter bezüglich ihres Konsumverhaltens<br />

auf in etwa das Doppelte angestiegen ist, während es in diesem Zeitraum bei<br />

Männern und bei Frauen ab dem 30. Lebensjahr eine deutlich rückläufige Tendenz gegeben<br />

hat – womit man den Problemfokus bei jungen Frauen verortet und darüber hinaus auch noch<br />

die „Emanzipation der Frauen“ als Ursache für diese Entwicklung in einen negativen Kontext<br />

rückt.<br />

1.2.5 Akzeleration<br />

Erschwerend kommt bei der Interpretation der beobachteten Veränderungen noch da<strong>zu</strong>, dass infolge<br />

der Akzeleration Kinder und Jugendliche immer früher selbstständig werden und dadurch<br />

unter anderem auch früher mit dem Alkoholkonsum beginnen. Zu den gleichzeitig auftretenden<br />

Prozessen „globaler Alkoholkonsumrückgang“ und „Angleichung der Geschlechtsrollen“ kommt<br />

somit untrennbar noch der dritte Prozess „Akzeleration“ da<strong>zu</strong>.<br />

Da immer wieder festgestellt wird, dass früher Einstieg in den Substanzkonsum mit mehr Problemen<br />

in der Zukunft korreliert ist (das betrifft Schulprobleme, Eigentumsdelikte, Gewalttätigkeit,<br />

frühe Sexualität, früher Substanzkonsum und vieles mehr), vertreten viele Laien – aber auch viele<br />

5


statistisch nicht adäquat ausgebildete ExpertInnen – den Fehlschluss, man könnte aus diesem<br />

Zusammenhang logisch ableiten, dass eine Verschiebung des Einstiegsalters nach unten langfristig<br />

mehr bzw. eine Verschiebung des Einstiegsalters nach oben langfristig weniger Folgeprobleme<br />

verursachen müsse (Early Onset Hypothese). Dieser vor allem in der Präventionsdiskussion weit<br />

verbreitete Fehlschluss wurde von Uhl (2004) als „Early Onset Mythos“ bezeichnet. Logisch korrekt<br />

lassen sich hier folgende Aussagen treffen:<br />

• Früher Alkoholkonsum kann auf individueller Ebene als Indikator dafür interpretiert werden,<br />

dass später mehr Probleme auftreten.<br />

• Früherer Alkoholkonsum bedeutet auch, dass in der Kinder- und Jugendphase durchschnittlich<br />

mehr Alkohol konsumiert wird.<br />

• Früherer Alkoholkonsum bedeutet aber keinesfalls ein automatisches Ansteigen von Folgeproblemen;<br />

genauso wenig wie eine - spontane oder durch bestimmte Maßnahmen verursachte -<br />

Verschiebung des Einstiegsalters nach hinten ursächlich auch eine Abnahme der Folgeprobleme<br />

nach sich zieht. In der vorliegenden Untersuchung wird das dadurch unterstrichen, dass<br />

Burschen nun zwar schon seit langem immer früher in der Alkoholkonsum einsteigen, dass<br />

junge Männer heute aber trotzdem erheblich weniger trinken als ihre männlichen Altersgenossen<br />

vor zehn Jahren 4 .<br />

Etwas komplexer ist die entsprechende Interpretation bezüglich des Konsumanstiegs bei jungen<br />

Mädchen und Frauen. Wenn junge Frauen akzelerationsbedingt früher mit dem Alkoholkonsum<br />

begonnen haben und ihr Konsumverhalten in Folge der Geschlechterrollenangleichung <strong>zu</strong>genommen<br />

hat, ist es logisch nicht möglich, den Einfluss der beiden Prozesse auf das aktuelle Verhalten<br />

rechnerisch <strong>zu</strong> trennen. Es ist allerdings plausibel, dass die Konsum<strong>zu</strong>nahme bei den jungen Frauen<br />

als Effekt der Angleichung der Geschlechterrollen und nicht als Akzelerationseffekt deuten ist,<br />

da bei den gleichaltrigen jungen Männern akzelerationsbedingt keine Zunahme des Alkoholkonsums<br />

<strong>zu</strong> beobachten war.<br />

1.2.6 Alterseffekte und Ex-Konsumentenrate<br />

Fast alle ÖsterreicherInnen machen im Laufe ihres Lebens Erfahrungen mit Alkohol, wobei nur<br />

wenige ihre ersten Erfahrungen mit Alkohol nach dem 20. Lebensjahr machen. Nur 3% der Erwachsenen<br />

haben nie in ihrem Leben Alkohol konsumiert und 20% (inkl. der 3% Totalabstinenten)<br />

waren ihr ganzes Leben fastabstinent, d.h. sie haben pro Jahr maximal viermal Alkohol getrunken.<br />

Anders als bei Nikotin und illegalen Drogen gibt es nur wenige, die sich im Laufe des Lebens <strong>zu</strong>r<br />

Alkoholabstinenz entscheiden. Dass der Durchschnittskonsum in etwa ab dem 60. Lebensjahr <strong>zu</strong>rückgeht,<br />

darf nicht - wie es bei Betrachtung der Verlaufskurve nahe liegend scheint - als tatsächlicher<br />

Konsumrückgang interpretiert werden. Angesichts der Umstände, dass die Lebenserwartung<br />

von AlkoholikerInnen um annähernd 20 Jahre reduziert ist und dass AlkoholikerInnen rund ein<br />

Drittel des in Österreich konsumierten Alkohols trinken, drückt sich in diesem Durchschnittskonsumrückgang<br />

ab dem 60. Lebensjahr bloß die vorzeitige Sterblichkeit der besonders starken AlkoholkonsumentInnen<br />

aus; wir sprechen in diesem Zusammenhang von einem „Übermortalitätsbias“.<br />

Wenn man modellhaft nur den Durchschnittskonsum jener Personen erfasst, die nicht vorzeitig<br />

alkoholbedingt sterben, dann zeichnet sich bei den Überlebenden ab dem 60. Lebensjahr bis ins<br />

hohe Alter sogar ein ständig steigernder Konsum ab. Untermauert wird diese Hypothese auch dadurch,<br />

dass die Zahl der täglichen KonsumentInnen bis ins hohe Alter kontinuierlich anwächst. In<br />

der Kategorie „tägliche TrinkerInnen“ fällt der Übermortalitätsbias nicht so stark auf, weil sich hier<br />

ein vorzeitig sterbender Alkoholiker bloß als eine wegfallende Person und nicht als überproportional<br />

hohe wegfallende Konsummenge <strong>zu</strong> Buche schlägt.<br />

4) Ein weiterer interessanter Beleg dafür, dass ein frühes Einstiegsalter nicht ursächlich mit der Zahl der Probleme im späteren<br />

Lebensverlauf <strong>zu</strong>sammenhängt, ist, dass Weiße in den USA und in den Niederlanden zwar deutlich früher mit dem<br />

Substanzkonsum beginnen, aber trotz alledem langfristig weniger substanzbedingte Probleme haben als Nicht-Weiße.<br />

6


1.3 Nikotin<br />

Ein Problem bei der Quantifizierung der RaucherInnenzahl und der Beschreibung von Veränderungen<br />

ist, wie bereits ausgeführt wurde, dass es eine relative große Zahl von sporadischen GelegenheitsraucherInnen<br />

gibt, die sich je nach Frageformulierung und Kontext manchmal eher als RaucherInnen<br />

und manchmal eher als NichtraucherInnen präsentieren. Aus diesem Grund ist es kaum<br />

möglich, präzise und eindeutige Aussagen über die Entwicklung der RaucherInnenzahl in Österreich<br />

<strong>zu</strong> machen. Es zeichnet sich jedoch die Tendenz ab, dass die Zahl der RaucherInnen über die<br />

letzten Jahrzehnte etwas <strong>zu</strong>genommen hat und dass im gleichen Zeitraum die Zahl der täglichen<br />

RaucherInnen sowie die durchschnittlich gerauchte Tabakmenge etwas abgenommen hat. Die<br />

Abnahme der durchschnittlich gerauchten Zigarettenzahl von 1980 bis 2003 um 19% entspricht<br />

von der Größenordnung her in etwa dem Rückgang des durchschnittlichen Alkoholkonsums über<br />

die letzten drei Jahrzehnte.<br />

1.3.1 Konsummuster<br />

73% der Erwachsenen haben im Laufe ihres Lebens Tabak geraucht; davon 21% bloß gelegentlich<br />

und 52% täglich. In den Altersgruppen mit dem höchsten Anteil an RaucherInnen plus Ex-<br />

RaucherInnen – den 20- bis 50-Jährigen – haben sogar 78% jemals geraucht, und zwar 22% gelegentlich<br />

und 56% täglich.<br />

Zum Zeitpunkt der Befragung rauchten 38% täglich (19% mehr als 20 Zigaretten, 13% 11 bis 20<br />

Zigaretten und 6% 1 bis 10 Zigaretten) und 13% gelegentlich (9% im Verlauf des letzten Monats<br />

und 4% vor mehr als einem Monat). Die Tatsache, dass 4% sich als GelegenheitsraucherInnen<br />

bezeichneten, obwohl ihr letzter Zigarettenkonsum mehr als ein Monat <strong>zu</strong>rücklag, veranschaulicht<br />

die erwähnte Schwierigkeit der Zuordnung als „ExraucherIn“ oder „NichtraucherIn“.<br />

1.3.2 Einstellung <strong>zu</strong>m Tabakkonsum<br />

Während die meisten AlkoholkonsumentInnen bis ins hohe Alter <strong>zu</strong>m moderaten Alkoholkonsum<br />

stehen, sind viele RaucherInnen ihrem eigenen Tabakkonsumverhalten gegenüber von Anfang an<br />

ambivalent eingestellt, und diese Ambivalenz nimmt mit <strong>zu</strong>nehmendem Alter ständig <strong>zu</strong>. Nur weniger<br />

als ein Drittel der aktuellen täglichen RaucherInnen (31%) hat noch nie mit dem Gedanken<br />

gespielt auf<strong>zu</strong>hören, ein weiteres Drittel (34%) hat sich ernsthaft mit dem Gedanken auf<strong>zu</strong>hören<br />

auseinandergesetzt, aber keine Schritte unternommen und das letzte Drittel (35%) hat bereits<br />

mindestens einmal versucht, das Rauchen auf<strong>zu</strong>geben. Selbst unter den GelegenheitsraucherInnen<br />

steht nur rund die Hälfte (48%) voll <strong>zu</strong> ihrem Konsumverhalten – 23% haben sich ernsthaft<br />

mit dem Gedanken auf<strong>zu</strong>hören auseinandergesetzt und 29% haben bereits mindestens einmal<br />

versucht, das Rauchen auf<strong>zu</strong>geben. Bei diesen Werten sind jene, die infolge ihrer Ambivalenz das<br />

Rauchen bereits erfolgreich aufgegeben haben – und das sind im hohem Alter immerhin 2/3 der<br />

Gesamtbevölkerung – noch gar nicht berücksichtigt.<br />

Nikotin <strong>zu</strong> probieren wird bezüglich der Gefährlichkeit zwar von den meisten Befragten als recht<br />

ungefährlich beurteilt – auffallend ist allerdings, dass 18% der Befragten sogar das ein- oder<br />

zweimalige Probieren als sehr gefährlich einschätzten und dass die Gefährlichkeit des regelmäßigen<br />

Nikotinkonsums sogar von den aktuellen Rauchern als sehr hoch – nahe bei illegalen Drogen –<br />

eingestuft wird.<br />

1.3.3 Geschlechterunterschiede<br />

Bei den Männern ab 60 gibt es vergleichsweise nur wenige Gelegenheitsraucher, die Zahl der täglichen<br />

und ex-täglichen Raucher bleibt bis <strong>zu</strong> den 70-Jährigen in etwa konstant und steigt bei den<br />

Ab-70-Jährigen sogar noch erheblich an. Wenn man bedenkt, dass Raucher durchschnittlich fast<br />

20 Jahre früher sterben als Nichtraucher, so bedeutet das, dass der Raucher/Exraucheranteil in<br />

dieser Generation, als die Personen noch erheblich jünger waren, d.h. als sich die Übermortalität<br />

von Rauchern noch nicht so deutlich auswirkte, sogar noch erheblich höher gewesen sein muss.<br />

7


Bei den Frauen ab 50 nimmt der RaucherInnenanteil von Jahrgang <strong>zu</strong> Jahrgang ab, wobei bei diesen<br />

– anders als bei den Männern – der Gelegenheitsraucherinnen- plus Ex-<br />

Gelegenheitraucherinnenanteil ähnlich groß bleibt, wie bei den Unter-50-Jährigen.<br />

1.3.4 Angleichung der Geschlechtsrollen<br />

Bei den Erwachsenen bis <strong>zu</strong>m 60. Lebensjahr ist der Anteil derer, die jemals geraucht haben (aktive<br />

RaucherInnen plus jene, die mit dem Rauchen aufgehört haben), bei beiden Geschlechtern in<br />

etwa identisch.<br />

Unterschiede gibt es allerdings sowohl bei den jungen Mädchen, die etwas früher beginnen regelmäßig<br />

<strong>zu</strong> rauchen, als die Burschen, und bei den Altersgruppen über 60, in der sich Vertreterinnen<br />

einer Generation finden, in der Rauchen bei Frauen vor allem in weniger gebildeten Kreisen kulturell<br />

noch stärker abgelehnt wurde.<br />

Der kontinuierliche Anstieg des Raucherinnenanteils im weiblichen Bevölkerungsquerschnitt resultiert<br />

nicht daraus, dass in allen Altersgruppen immer mehr Frauen <strong>zu</strong> rauchen beginnen oder dass<br />

von Generation <strong>zu</strong> Generation immer mehr junge Mädchen anfangen <strong>zu</strong> rauchen, sondern daraus,<br />

dass jene Generationen langsam aussterben, die man bezüglich des Rauchens als „Vor-<br />

Emanzipationsgenerationen“ bezeichnen könnte. Der Anteil der Personen, die bis <strong>zu</strong>m 3. Lebensjahrzehnt<br />

jemals täglich geraucht haben, bleibt nun schon seit mehreren Jahrzehnten bei beiden<br />

Geschlechtern zwischen 50% und 60% auf annähernd gleichem Niveau.<br />

Der erste Zigarette wird immer früher geraucht. Unter den 14- bis 15-jährigen Burschen haben<br />

nach eigenen Angaben im Alter von 13,5 Jahren rund 50% und unter den gleichaltrigen Mädchen<br />

rund 45% bereits mindestens einmal eine ganze Zigarette geraucht.<br />

1.3.5 Rauchen und Bildung<br />

Interessant ist der Zusammenhang zwischen Bildung und regelmäßigem Rauchen. Sowohl bei<br />

Männern als auch bei Frauen findet man bei jenen, die eine Lehre gemacht haben, den höchsten<br />

und bei den MaturantInnen den niedrigsten Anteil an „aktiven bzw. ehemaligen täglichen RaucherInnen.<br />

Nur bei den Frauen ab 60 sind die Zusammenhänge umgekehrt, weil in gebildeteren Kreisen<br />

Frauen sich bereits früher „emanzipiert“ und in diesem Zusammenhang ihr Rauchverhalten<br />

jenem der Männer angeglichen haben.<br />

1.3.6 Akzeleration<br />

Wie beim Alkoholkonsum kann man auch beim Nikotinkonsum eine deutliche Vorverlagerung des<br />

Einstiegs beobachten, was natürlich bewirkt, dass Jugendliche durchschnittlich erheblich mehr rauchen<br />

als früher. Da die Zahl der täglichen RaucherInnen plus tägliche Ex-RaucherInnen sowohl bei<br />

jungen Männern als auch bei jungen Frauen kontinuierlich abnimmt, kann man festhalten, dass die<br />

Vorverlegung des Einstiegsalters <strong>zu</strong>mindest nicht mit einer Zunahme des problematischen Nikotinkonsums<br />

verbunden ist, wenngleich die Gesamtzahl der RaucherInnen inklusive Gelegenheitsraucher<br />

<strong>zu</strong>nimmt. Auch bei Nikotin beobachten wir also eine parallele Entwicklung <strong>zu</strong>m Alkoholkonsumverhalten,<br />

was als weiteres Indiz dafür <strong>zu</strong> werten ist, dass die „Early Onset Hypothese“ der<br />

Prävention, die früheren Einstieg ursächlich mit mehr Konsum und mehr Problemen im späteren<br />

Lebenslauf in Verbindung bringt, eher als „Early Onset Mythos“ <strong>zu</strong> bezeichnen ist.<br />

1.3.7 Alterseffekte und Ex-Konsumentenrate<br />

Fast 80% der ÖsterreicherInnen machen im Laufe ihres Lebens Erfahrungen mit Nikotin; nur wenige<br />

davon beginnen mit dem Rauchen erst nach dem 20. Lebensjahr. Anders als beim Alkohol<br />

nimmt die Zahl der KonsumentInnen aber mit steigendem Alter laufend ab. Bei 20-Jährigen<br />

kommt auf sieben RaucherInnen ein/e Ex-RaucherIn, ab dem 45. Lebensjahr kommt auf zwei<br />

RaucherInnen ein/e Ex-RaucherIn, und ab dem 65. Lebensjahr kommen auf eine/n RaucherIn<br />

bereits zwei Ex-RaucherInnen. Wie beim Alkohol muss man in etwa ab dem 50. Lebensjahr an-<br />

8


nehmen, dass der NichtraucherInnenanteil pro Geburtsjahrgang deutlich größer ist als er ursprünglich<br />

war, weil RaucherInnen infolge einer um ca. 20 Jahre verringerten Lebenserwartung<br />

überproportional häufig sterben (Übermortalitätsbias).<br />

1.4 Beruhigungs- und Schlafmittel<br />

Die Fragestellung bei Beruhigungs- oder Schlafmitteln beinhaltete im Gegensatzt <strong>zu</strong> den anderen<br />

Substanzen 5 nicht die Lebenszeitprävalenz, sondern es wurde ausschließlich gefragt, ob derartige<br />

Substanzen im letzten Jahr bzw. im letzten Monat konsumiert wurden.<br />

6% gaben einen solchen Konsum im letzten Monat und weitere 4% einen Konsum im letzten Jahr<br />

an. Es ist allerdings nicht einfach, diese Erhebungsrohwerte sinnvoll <strong>zu</strong> interpretieren, da, wie einleitend<br />

schon festgestellt wurde, bei der Erfassung des Tranquilizer- und Hypnotikakonsums mittels<br />

Bevölkerungsbefragungen mit erheblich fehlerbehafteten Werten <strong>zu</strong> rechnen ist und auch kaum<br />

Daten für eine systematische Korrektur verfügbar sind. Besonders in Hinblick auf SubstanzmissbraucherInnen<br />

und -abhängige kann man annehmen, dass diese in Umfrageergebnissen<br />

kaum repräsentiert sind; und über jene, die über Beruhigungs- oder Schlafmittelkonsum berichten,<br />

kann man mutmaßen, dass ein relevanter Teil tatsächlich gar keine Tranquilizer oder Hypnotika<br />

konsumiert haben.<br />

Bei der „Studie über den Konsum von Alkohol und psychoaktiven Stoffen in Österreich unter Berücksichtigung<br />

problematischer Gebrauchsmuster - <strong>Repräsentativerhebung</strong> 1993/94“ (Uhl &<br />

Springer, 1996 – in weiterer Folge kurz „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 93/94“ genannt - wurde gezeigt,<br />

dass rund 50% der von den Befragten als „Schlaf- und Beruhigungsmittel“ bezeichneten Substanzen<br />

gar nicht in diese Kategorie gehören. Nachdem in der vorliegenden Studie versucht wurde, die<br />

genannte Problematik durch die Formulierung „... denken Sie bei der Beantwortung der Fragen<br />

aber NICHT an Hausmittel wie „Milch mit Honig", homöopathische Mittel oder z. B. Baldriantropfen,<br />

Kräutertees etc.“ in Grenzen <strong>zu</strong> halten, ist an<strong>zu</strong>nehmen, dass die Fehlerquote hier zwar geringer ist<br />

– man muss aber trotzdem auch hier mit einem relevanten Anteil an Fehlangeben rechnen. Es<br />

wäre allerdings hochgradig naiv <strong>zu</strong> glauben, dass man durch solche Präzisierungen jegliche Falschangaben<br />

vermeiden könnte. In welchem Umfang diese explizite Präzisierung überhört, missverstanden<br />

oder ignoriert wurde, kann man ohne ergänzende qualitative Erhebung nicht beurteilen<br />

1.4.1 Konsummuster<br />

Sehr häufiger Konsum von Beruhigungs- und Schlafmitteln (4 bis 7-mal pro Woche über das letzte<br />

Jahr) wurde von 2,7% der Befragten angegeben. Unter den Annahmen, dass es sich bei einem<br />

nicht genau bestimmbaren Teil der Fälle nicht wirklich um Beruhigung- oder Schlafmittel handelt<br />

sowie dass ein Teil der regelmäßigen KonsumentInnen nicht von diesen Medikamenten abhängig<br />

ist auf der einen Seite, und dass Süchtige in Bevölkerungsumfragen stark unterrepräsentiert sind<br />

auf der anderen Seite, kann man ganz grob spekulieren 6 , dass rund 2% der erwachsenen Bevölkerung<br />

von Tranquilizern oder Hypnotika abhängig sind.<br />

1.4.2 Einstellung <strong>zu</strong>m Tranquilizer- oder Hypnotikakonsum<br />

Das Urteil der Befragten über das Gefahrenpotential von Beruhigung- oder Schlafmittel wurde in<br />

der vorliegenden Bevölkerungsbefragung nicht erhoben, es wurde allerdings danach gefragt, wie<br />

wichtig es sei, Maßnahmen gegen den Konsum von Beruhigung- oder Schlafmitteln <strong>zu</strong> unterstützen.<br />

Dabei ergab sich das interessante Detailergebnis, dass Medikamente von cannabisunerfahrenen<br />

Personen bezüglich der Forderung nach Maßnahmen auf eine Ebene mit Alkohol und Nikotin<br />

5) Die Frage, ob jemand in seinem ganzen Leben jemals Beruhigungs- oder Schlafmittel genommen hat, wurde beim<br />

Layout des Fragebogens schlicht vergessen und wird bei Folgeuntersuchungen gestellt werden.<br />

6) Wir verwenden hier ausdrücklich den Begriff „spekulieren“, weil die uns vorliegenden Grundlagen für eine seriöse Schät<strong>zu</strong>ng<br />

nicht ausreichen.<br />

9


gestellt wurden, während Cannabiserfahrende weit stärker Maßnahmen gegen den Konsum von<br />

Beruhigung- oder Schlafmitteln forderten – diese diesbezüglich zwischen Alkohol und Nikotin auf<br />

der einen Seite und Heroin auf der anderen Seite einreihten. Das ist damit <strong>zu</strong> erklären, dass Cannabiskonsumenten<br />

ständig mit der Frage nach der Gefährlichkeit von Cannabis konfrontiert werden<br />

und sich verstärkt mit der wissenschaftlichen Fachdiskussion <strong>zu</strong> psychoaktiven Substanzen –<br />

und damit auch psychoaktiven Medikamenten – auseinandersetzen, während viele der Nicht-<br />

CannabiskonsumentInnen „psychoaktive Medikamente“ ausschließlich als Medikamente sehen und<br />

über Missbrauch und Suchtpotential nicht informiert sind. Daraus kann man unmittelbar ersehen,<br />

dass auch heute noch – nach jahrzehntelanger Diskussion über suchterzeugende Substanzen – der<br />

Informationsstand der Bevölkerung und das Problembewusstsein über manche Substanzgruppen<br />

als durchaus mangelhaft bezeichnet werden kann und dass gezielte Aufklärung angezeigt wäre.<br />

1.4.3 Geschlechterunterschiede<br />

Nach den vorliegenden Ergebnissen greifen Frauen rund doppelt so oft <strong>zu</strong> Beruhigungs- und<br />

Schlafmitteln wie Männer. Bei Mädchen um das 14. Lebensjahr geben rund 5% sehr häufigen<br />

Tranquilizer- oder Hypnotikakonsum an, dieser Prozentsatz sinkt dann bis <strong>zu</strong>m 4. Lebensjahrzehnt<br />

auf 1% und steigt danach kontinuierlich auf 15% im hohen Alter an. Deutlich anders ist der Verlauf<br />

bei Männern. Da kann man bei 14-Jährigen mit rund 1% noch recht wenig sehr häufigen Tranquilizer-<br />

oder Hypnotikakonsum beobachten, ab den 14. Lebensjahr schwankt der Wert zwischen<br />

1,5% und 2,5% und erst ab dem 70. Lebensjahr kommt es <strong>zu</strong> einem raschen Anstieg, der bei den<br />

80-Jährigen mit 9% aber immer noch deutlich unter dem Wert bei den Frauen liegt.<br />

1.4.4 Angleichung der Geschlechterrollen und Akzeleration<br />

Da Frauen nur bezüglich des Beruhigungs- und Schlafmittelkonsums seit jeher deutlich vor den<br />

Männern liegen, würde eine Angleichung der Geschlechter hier eine Zunahme des Konsums bei<br />

Männern und/oder eine Abnahme des Konsums der Frauen bedeuten. Vergleicht man die Angaben<br />

der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ mit den Angaben der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 93/94“, so zeigen<br />

sich allerdings weder bei den Männern noch bei den Frauen relevante Veränderungen. Ob Kindern<br />

und Jugendlichen von Ärzten heute mehr oder weniger psychoaktive Medikamente verordnet<br />

werden als früher, ob Eltern ihren Kindern mehr oder früher psychoaktive Medikamente verabreichen<br />

bzw. ob Kinder und Jugendliche sich heute früher oder in höherem Ausmaß mit psychoaktiven<br />

Medikamenten versorgen, kann aus der vorliegenden Studie nicht beantwortet werden. Da<br />

eine starke Vorverlegung des Einstiegs in den Alkohol-, Nikotin- und illegalen Drogenkonsum <strong>zu</strong><br />

beobachten war, ist es allerdings plausibel, dass ein ähnliches Phänomen <strong>zu</strong>mindest beim Konsum<br />

von psychoaktiven Medikamenten mit dem Zweck der Rauscherzeugung existiert.<br />

1.4.5 Alterseffekte und Ex-KonsumentInnenrate<br />

Beruhigung- oder Schlafmittel haben unter den hier erhobenen Substanzen insofern eine Sonderstellung,<br />

als <strong>zu</strong>mindest deren kurzfristige Verabreichung in Zusammenhang mit bestimmen psychiatrischen<br />

Erkrankungen, nach schweren Traumen, bei Schmerzerkrankungen und/oder Operationen<br />

durchaus indiziert ist, der „Gelegenheitskonsum“ (z.B. gegen Schlafprobleme bei einer Reise<br />

über Nacht) von Vielen als indiziert erachtet wird, und nur die Verwendung <strong>zu</strong>r Erzeugung von<br />

Rausch<strong>zu</strong>ständen oder <strong>zu</strong>r Stimmungsverbesserung durchwegs als Missbrauch gewertet wird.<br />

Dass Situationen, in denen eine Verordnung von Beruhigungs- oder Schlafmitteln indiziert ist, im<br />

hohen Alter öfter vorkommen, ist ein bekanntes Faktum, und dieser Umstand spiegelt sich auch in<br />

den ausgewiesenen Konsumraten wider. Eine über diese allgemeine Feststellung hinaus gehende<br />

detaillierte Interpretation dieser Verläufe ist mit den vorliegenden Daten nicht möglich. Da<strong>zu</strong> wäre<br />

mehr Wissen über die Rahmenbedingungen nötig, was allerdings aufgrund der Schwerpunktset<strong>zu</strong>ng<br />

der gegenständlichen Untersuchung auf illegale Drogen, Alkohol und Tabak nicht erhoben<br />

werden konnte. Unter solchen Bedingungen ist es auch nicht sinnvoll, die Aussteigerrate aus dem<br />

Beruhigung- oder Schlafmittelkonsum <strong>zu</strong> berechnen. Für diesbezügliche präzisere Aussagen wäre<br />

eine spezielle, weit detailliertere Erhebung <strong>zu</strong>m Medikamentenkonsum notwendig.<br />

10


1.5 Illegale Drogen<br />

Bei illegalen Drogen ist über die letzten Jahrzehnte ein kontinuierlicher Anstieg <strong>zu</strong> beobachten.<br />

Derzeit kann man davon ausgehen, dass rund die Hälfte der jungen Erwachsenen (rund ein Drittel<br />

in der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ plus eine begründete Dunkelziffer 7 ) bereits mindestens einmal<br />

Cannabis konsumiert hat, und auch Erfahrungen mit anderen illegalen Drogen sind bei Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen in steigendem Ausmaß verbreitet. Mit Substanzen wie<br />

Schnüffelstoffen, biogenen Drogen, Ecstasy und Amphetaminen hat in manchen Altersgruppen<br />

bereits rund jede/r 20. Erfahrungen gemacht, wobei mit Schnüffelstoffen deutlich früher experimentiert<br />

wird als mit Cannabis oder anderen illegalen Drogen.<br />

1.5.1 Prävalenz in der Gesamtbevölkerung<br />

Der Großteil der KonsumentInnen illegaler Drogen probiert diese aus Neugierde ein paar Mal aus<br />

und gibt den Konsum recht bald wieder endgültig auf („Experimentierkonsum“). So findet man in<br />

allen Altersgruppen unter den Cannabiserfahrenen maximal ein Viertel, die diese Substanz im letzten<br />

Monat konsumiert haben, mit steigendem Alter nimmt dieser Anteil weiter ab. Täglicher bzw.<br />

fast täglicher Cannabiskonsum (öfter als zwanzig mal pro Monat) wird von weniger als 1% der<br />

Bevölkerung und nur von rund 2% der Cannabiserfahrenen angegeben.<br />

Auch Erfahrungen mit anderen (illegalen) Drogen nehmen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

<strong>zu</strong>. Während bei Schnüffelstoffen der Höhepunkt in der Altersgruppe der 15- bis 20-Jährigen<br />

liegt, sind bei illegalen Drogen die höchsten Erfahrungsraten in den Altersgruppen zwischen 20 und<br />

30 Jahren <strong>zu</strong> beobachten.<br />

Mit Substanzen wie Schnüffelstoffen, biogenen Drogen, Ecstasy und Amphetaminen haben rund<br />

5% dieser Altersgruppen Erfahrungen gemacht.<br />

Kokainerfahrung weist mit 3% bis 4% in den Altersgruppen der 20- bis 40-Jährigen das Maximum<br />

auf, Heroinerfahrung erreicht in keiner Altersgruppe mehr als 1%.<br />

1.5.2 Konsummuster<br />

Wie bereits erwähnt, probiert der Großteil der KonsumentInnen illegaler Drogen diese aus Neugierde<br />

ein paar Mal aus und gibt den Konsum recht bald wieder endgültig auf („Experimentierkonsum“).<br />

Nach Konsumgewohnheiten lässt sich am besten in der großen Gruppe der Cannabiserfahrenen<br />

differenzieren, während bei allen anderen illegalen Drogen entsprechende Kategorisierungen infolge<br />

der niedrigen Prävalenzraten kaum möglich sind.<br />

Vereinfachend kann man sagen: Die aktuellen CannabiskonsumentInnen sind vor allem im Alter<br />

zwischen 20 und 49 Jahren an<strong>zu</strong>siedeln, sind eher gebildet, eher wenig an Sport interessiert, psychisch<br />

eher weniger ausgeglichen und eher GroßstadtbewohnerInnen. Von der Lebenssituation her<br />

sind sie eher unverheiratete, kinderlose Singles. Dieser traditionelle Stereotyp des Cannabiskonsumenten<br />

trifft somit, wenn auch in etwas abgeschwächter Form, immer noch die Realität, wenngleich<br />

die soziodemographischen Unterschiede zwischen CannabiskonsumentInnen und NichtkonsumentInnen<br />

infolge der fortscheitenden „Normalisierung des Cannabiskonsums“ sukzessive abnehmen.<br />

7) Diese Schät<strong>zu</strong>ng ergibt sich aus rund einem Drittel positiver Antworten in der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ plus der<br />

Hin<strong>zu</strong>rechnung einer Dunkelziffer unter Berücksichtigung der Tatsache, dass diese Erhebung mittels persönlicher Interviews<br />

durchgeführt wurde. (Anonyme Fragebogenerhebungen ergeben illegale Drogen betreffend durchwegs erheblich<br />

höhere Prävalenzraten als mündliche Face-to-Face Befragungen durch InterviewerInnen.)<br />

11


1.5.3 Einstellung <strong>zu</strong>m illegalen Drogenkonsum<br />

Cannabis wird als illegale Droge von der Mehrzahl der Personen ohne Cannabiserfahrung nach wie<br />

vor vehement abgelehnt und sehr negativ beurteilt. Cannabiserfahrene – d.i. fast die Hälfte der<br />

jungen Erwachsenen - reagieren auf diese Haltung, indem sie eine diametrale (Extrem)position<br />

einnehmen, sich vergleichsweise gut über den Stand der Cannabisforschung informieren und auf<br />

dieser Basis argumentieren. Die Einstellung <strong>zu</strong> Cannabis ist in der Folge stark polarisiert.<br />

Ab dem Alter, in dem viele Personen bereits eigene Kinder haben bzw. sich selbst der „Erwachsenenwelt“<br />

<strong>zu</strong>gehörig fühlen, ändert rund ein Viertel der Cannabiserfahrenen ihre Einstellung deutlich.<br />

Infolge höherer Konsumangaben der betreffenden Alterskohorten bei früheren Befragungen<br />

kann man davon ausgehen, dass sie in späteren Jahren dann eigene frühere Konsumerfahrung bei<br />

Umfragen nicht mehr angeben bzw. eine cannabiskritischere Haltung vertreten.<br />

Die KonsumentInnen anderer illegaler Drogen sind sich bewusst, dass sie eine kleine Minderheit<br />

darstellen, sie übernehmen hinsichtlich ihres Drogenkonsums mehrheitlich die Risikobeurteilung<br />

der restlichen Gesellschaft. Ob und welche Konsequenzen sie daraus bezüglich ihres eigenen Konsumverhaltens<br />

ziehen, lässt sich nicht abschätzen.<br />

Während Alkohol und Nikotin mit steigendem Alter <strong>zu</strong>nehmend als gefährlicher erlebt werden,<br />

kann man bei Cannabis beobachten, dass die jüngsten Befragten (15-Jährige) den Cannabiskonsum<br />

ähnlich riskant wie jenen anderer illegaler Drogen einschätzen, dass Cannabis mit steigendem<br />

Alter (bis <strong>zu</strong>m Alter von ca. 23 Jahren) dann als <strong>zu</strong>nehmend weniger gefährlich angesehen wird<br />

und dass das Gefährlichkeitsurteil danach bis ins hohe Alter wieder konstant <strong>zu</strong>nimmt. Cannabiserfahrene<br />

beurteilen Cannabis durchschnittlich erheblich weniger gefährlich als Alkohol und Nikotin,<br />

was sich angesichts der hohen Prävalenzraten der Cannabiserfahrung deutlich auf das durchschnittliche<br />

Urteil der Gesamtbevölkerung auswirkt.<br />

Das Gefährlichkeitsurteil bezüglich Heroin, Kokain und Ecstasy ist in allen Altersgruppen in etwa<br />

gleich auf sehr hohem Niveau ausgeprägt.<br />

1.5.4 Geschlechterunterschiede<br />

Generell liegt das Verhältnis Männer vs. Frauen bei Drogen zwischen 1 <strong>zu</strong> 1 und 3 <strong>zu</strong> 1: Schnüffelstoffe<br />

(Frauenanteil = 44%), Cannabis (Frauenanteil = 42%), Amphetamine (Frauenanteil =<br />

39%), Kokain (Frauenanteil = 33%), biogene Drogen (Frauenanteil = 33%), Ecstasy (Frauenanteil<br />

= 31%), LSD (Frauenanteil = 27%). Der besonders niedrige ausgewiesene Frauenanteil bei Heroin<br />

(17%) sollte angesichts der sehr niedrigen Zahl an Heroinerfahrenen nicht überbewertet werden,<br />

da er stark verzerrt sein kann.<br />

1.5.5 Angleichung der Geschlechtsrollen<br />

Der Anteil der Frauen an den Cannabiserfahrenen liegt bei den ab 40-Jährigen bei 33% und bei<br />

den Unter-39-Jährigen bei 44%. Aus diesem Umstand kann man ableiten, dass die Popularität von<br />

Cannabis unter Frauen im Vergleich <strong>zu</strong> Männern relativ <strong>zu</strong>nimmt.<br />

1.5.6 Akzeleration<br />

Die gegenüber früheren Zeiten feststellbare Vorverschiebung des Einstiegs in den Konsum ergibt<br />

eine Zunahme des Substanzkonsums bei Kindern und Jugendlichen. Während es bei Alkohol und<br />

Nikotin hinsichtlich des durchschnittlichen Konsums eine rückläufige Tendenz gibt (wenn gleich die<br />

Zahl der NikotinkonsumentInnen <strong>zu</strong>nimmt), gibt es bei Cannabis eine deutlich steigende Konsumtendenz.<br />

Bei Kindern und Jugendlichen entsteht hier durch das Zusammenwirken der beiden Effekte<br />

„Akzeleration“ und „generell steigende Konsumtendenz“ eine besonders deutliche Zunahme des<br />

Cannabiskonsums.<br />

12


1.5.7 Alterseffekte und Ex-Konsumentenrate<br />

Während es bei Alkohol nur wenig Personen gibt, die den Konsum in späterem Alter endgültig aufgeben<br />

(13%) und bei Nikotin die Konsumausstiegsrate bei 51% liegt, ist diese bei fast allen anderen<br />

Drogen wesentlich höher: zwischen 81% (Cannabis) und 95% (LSD). Aus dem Rahmen bei<br />

den illegalen Drogen fällt allerdings Heroin (Konsumausstiegsrate von lediglich 63%). Letzterer<br />

Wert sollte aber wegen der niedrigen Fallzahl nicht überbewertet werden.<br />

Diese Zahlen machen deutlich, dass der Konsum illegaler Drogen nach wie vor in der überwiegenden<br />

Zahl der Fälle ein vorübergehendes Verhalten ist, das vergleichsweise selten exzessive Formen<br />

annimmt.<br />

1.6 Der U-Zusammenhang zwischen Konsum und Problemen<br />

Aus dem Feld der Alkoholforschung ist seit langem bekannt, dass völlig Abstinente und exzessive<br />

KonsumentInnen in vielerlei Hinsicht auffälliger sind als moderate KonsumentInnen, was – in Anlehnung<br />

an die grafische Darstellung solcher Ergebnisse – mit den Begriffen „u-förmiger“ oder „jförmiger<br />

Zusammenhang“ bezeichnet wird. Uhl (2002) hat für diesen Zusammenhang einige<br />

hypothetische Erklärungsmodelle über Selbstselektionsmechanismen („soziokulturelle Regelungshypothese“,<br />

„Selbstschutz-Selbstmedikationshypothese“, „selektive Konsumsteigerungshypothese“)<br />

angeboten und argumentiert, dass Modelle, die den Zusammenhang über Substanzwirkungen<br />

erklären, zwar nicht kategorisch ausgeschlossen werden können, dass deren Bedeutung relativ <strong>zu</strong><br />

den Selbstselektionshypothesen aber gering ist 8 .<br />

Seit Shedler & Block (1990) ist bekannt, dass es einen analogen, nicht linearen Zusammenhang<br />

bei amerikanischen Jugendlichen auch bezüglich des Cannabiskonsums gibt. Wo dies mit den vorliegenden<br />

Daten möglich war, wurde in dieser Studie der jeweilige Substanzkonsum in Abhängigkeit<br />

mit einigen Variablen <strong>zu</strong>m Lebensstil und der subjektiven Gesundheitseinschät<strong>zu</strong>ng ausgewertet.<br />

Dabei ergaben sich derartige Zusammenhänge nicht nur bei Alkohol, sondern völlig unerwarteterweise<br />

auch bei Nikotin und – allerdings nur bei Jugendlichen – auch bei Cannabis, wobei die<br />

Ausprägungen bezüglich Nikotin- und Cannabiskonsum deutlich schwächer ausfielen als bezüglich<br />

des Alkoholkonsums.<br />

Das heißt konkret, dass die Chance in Hinblick auf Lebensstil, sozialer Status, Gesundheits<strong>zu</strong>stand,<br />

beruflicher Erfolg etc. negativer ab<strong>zu</strong>schneiden sowohl von Personen, die eine bestimmte Substanz<br />

nicht konsumieren, als auch solchen, die diese in hohem Maß <strong>zu</strong> sich nehmen, gegenüber moderaten<br />

KonsumentInnen erhöht ist. Menschen, die sich durch günstige Lebensbedingungen und Persönlichkeitseigenschaften<br />

auszeichnen, tendieren <strong>zu</strong> moderatem Konsum bei jenen Substanzen,<br />

deren Konsum in ihrer (Sub)kultur weit verbreitet („normal“) ist. Bei diesen kommt sowohl der<br />

völlige Konsumverzicht als auch der exzessive Konsum weit weniger oft vor als bei Personen, deren<br />

Lebensbedingungen und Persönlichkeitseigenschaften sich als weniger günstig erweisen.<br />

Es erscheint uns wichtig, diese durchaus komplexen Zusammenhänge umfassend dar<strong>zu</strong>stellen, da<br />

sich sowohl in der Wissenschaft als auch in der Populärliteratur vorwiegend umgekehrte Erklärungen<br />

über die Wirkung der Substanzen großer Beliebtheit erfreuen (z.B. die gesundheitsfördernde<br />

Alkoholwirkung oder die unter Cannabiskonsumenten verbreitete Meinung, dass Cannabis eine<br />

ausgewogene, friedliche und lebensbejahende Lebenseinstellung fördert).<br />

8) Anschaulich formuliert: Wenn moderate KonsumentInnen sich eher durch positive Eigenschaften und Lebensumstände<br />

auszeichnen, so könnte sein, dass der moderate Substanzkonsum diese positiven Eigenschaften und Lebensumstände<br />

bewirkt (Erklärung über Substanzwirkung), oder kausal umgekehrt, dass Personen mit positiven Eigenschaften und Lebensumständen<br />

eher <strong>zu</strong> moderatem Substanzkonsum neigen (Erklärung über Selbstselektion).<br />

13


1.7 Implikationen für die Prävention<br />

Der moderate Alkoholkonsum wird in Österreich nicht als Problem gesehen – hier wird streng zwischen<br />

Gebrauch und Missbrauch unterschieden. Trotz vieler gesellschaftlicher Veränderungen, die<br />

nach Ansicht der wichtigsten internationalen Alkoholforscher (Babor et al., 2003) <strong>zu</strong> einem starken<br />

Anstieg des Alkoholkonsums führen müssten, ist in Österreich über die letzten 30 Jahre ein bemerkenswerter<br />

Rückgang des Durchschnittskonsums um insgesamt 19% <strong>zu</strong> verzeichnen – eine Entwicklung,<br />

die positiv ist und durch geeignete Schritte verstärkt werden sollte. Die sich in der Bevölkerung<br />

abzeichnenden Tendenzen, je nach Situation eine differenzierte Einstellung dem Alkoholkonsum<br />

gegenüber <strong>zu</strong> zeigen und in hohem Ausmaß Maßnahmen <strong>zu</strong>r Reduktion des Konsums<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>stimmen, lässt auf ein relatives hohes Problembewusstsein und eine breite Akzeptanz von<br />

Maßnahmen gegen den Alkoholmissbrauch schließen. Im Sinne dieses – auch bisher in Österreich<br />

schon gelebten – Konsenses, sich in einer langsamen Entwicklung einem immer verantwortungsbewussteren<br />

Alkoholkonsum an<strong>zu</strong>nähern, muss bezüglich der aktuell international forcierten alkoholpolitischen<br />

Argumentationslinie, die – stark von der repressiven Praxis der nordeuropäischen<br />

und angloamerikanischen Staaten geprägt – auch den moderaten Alkoholkonsum problematisiert<br />

und eine starke Einschränkungen der Be<strong>zu</strong>gsmöglichkeiten fordert (vgl. Babor et al., 2003), Vorsicht<br />

geboten sein. Unter den gegebenen Randbedingungen könnte eine unmodifizierte Übernahme<br />

dieser Forderungen eine unerwünschte innerösterreichische Diskussion auslösen, die eine Polarisierung<br />

der Meinungen bewirkt und da<strong>zu</strong> angetan sein könnte, diesen Konsens <strong>zu</strong> gefährden.<br />

Bezüglich des Rauchens zeichnet sich ja – international wie auch national - schon seit geraumer<br />

Zeit eine <strong>zu</strong>nehmend massivere Anti-Nikotinpolitik ab. In Österreich haben die bisherigen Maßnahmen<br />

nur wenig <strong>zu</strong> Verringerung der KonsumentInnenzahl beigetragen. Es ist denkbar, dass die<br />

ursprünglich aus den USA kommende und inzwischen auch von vielen europäischen Ländern übernommene<br />

radikale Anti-Tabakrethorik den Widerstand der Bevölkerung – ganz besonders der Jugend<br />

– hervorruft. Der – wenn auch nur moderate Rückgang – im Durchschnittskonsum ist wahrscheinlich<br />

damit <strong>zu</strong> erklären, dass es infolge der Rauchverbote immer schwieriger wird <strong>zu</strong> rauchen.<br />

Im Gegensatz <strong>zu</strong> Alkohol- und CannabiskonsumentInnen stehen die meisten RaucherInnen ihrem<br />

Nikotinkonsum selbst sehr ambivalent gegenüber. Für Viele ist es einsehbar, dass Zigarettenrauch<br />

für NichtraucherInnen in gemeinsamen Räumen eine große Belastung darstellt. Man kann annehmen,<br />

dass Rauchverbote, die mit sachlichen Argumenten begründet werden, wie z.B. dass Dritte<br />

betroffen sind, weniger Widerstand provozieren und langfristig mehr Chancen auf Akzeptanz haben,<br />

als massive ideologisch-moralisch gefärbte oder auf Abschreckung aufbauende Kampagnen.<br />

Sowohl bei Alkohol als auch bei Nikotin – beides Substanzen, die vom Großteil der ÖsterreicherInnen<br />

<strong>zu</strong>mindest ein gewisse Zeit ihres Leben konsumiert werden – sollte man im Auge behalten,<br />

dass das erfolgreiche Implementieren von Maßnahmen immer nur in einem gewissen Gleichklang<br />

mit der Sensibilisierung der Bevölkerung für die jeweilige Thematik bzw. mit dem vorhandenen<br />

Problembewusstsein geschehen kann. Ob diese Sensibilisierung bzw. das Problembewusstsein nun<br />

aus einem allgemeinen gesellschaftlichen Trend hervorgeht und in der Folge Maßnahmen in diese<br />

Richtung akzeptiert werden, oder ob und wie weit diese positive Haltung durch geschickte Begleitmaßnahmen<br />

im Zusammenhang mit neu eingeführten Regelungen steuerbar ist, ist kausal nicht<br />

eindeutig klärbar und letztlich – im Sinne einer erwünschten Problemreduktion – auch nicht wirklich<br />

relevant.<br />

Der Cannabiskonsum ist aus der Präventionssicht ein ganz besonders schwieriges Problem, weil<br />

hier Wertehaltungen und Weltanschauungen aufeinander prallen, die bereits seit langem eine polarisierende<br />

Diskussion am Laufen halten, die kaum eine sachliche Erörterung des Phänomens und<br />

der Probleme ermöglicht. Der Umstand, dass jene, die Cannabis konsumieren und diesen Konsum<br />

als harmlos erleben, im Wissen über Cannabis den NichtkonsumentInnen meist überlegen sind,<br />

führt leicht da<strong>zu</strong>, dass Kinder und Jugendliche, die in der Regel <strong>zu</strong>nächst die pauschale Ablehnung<br />

alle Drogen betreffend von den Erwachsenen übernommen haben, recht rasch von Cannabiserfahrenen<br />

vom Gegenteil überzeugt werden und mit der eigenen Konsumerfahrung postwendend auch<br />

ihre Haltung ändern, was durch die altersaufgeschlüsselten Ergebnisse der Gefährlichkeitseinschät<strong>zu</strong>ng<br />

in dieser Studie gut gezeigt werden konnte. 14-Jährige stellen Cannabis hinsichtlich der Gefährlichkeit<br />

in eine Reihe mit anderen illegalen Drogen und beurteilen Nikotin und Alkohol als relativ<br />

harmlos, eine Einschät<strong>zu</strong>ng, die sich schon bei den um 5 Jahre Ältern dahingehend ändert, dass<br />

14


diese allen drei Substanzen ein annähernd gleiches Gefährlichkeitspotential <strong>zu</strong>schreiben. Um bezüglich<br />

Cannabis eine fundierte Diskussion <strong>zu</strong> ermöglichen, in der die NichtkonsumentInnen auch<br />

über schlagkräftige Argumente verfügen, ist es sinnvoll, der Öffentlichkeit sachliche und nicht moralisierend<br />

vorgetragene Information <strong>zu</strong> bieten.<br />

Auch bei anderen illegalen Drogen ist eine sachliche und ideologiefreie Informationspolitik empfehlenswert.<br />

Die Idee, dass man solche heikle Themen lieber gar nicht ansprechen sollte, weil man<br />

keine schlafenden Hunde wecken möchte, kann man angesichts der Tatsache, dass die Probiererfahrungsrate<br />

bei allen illegalen Drogen kontinuierlich ansteigt, heute nur als überholt bezeichnen.<br />

Drogen jeglicher Art sind unter Jugendliche <strong>zu</strong>nehmend ein offen diskutiertes Thema und es ist<br />

nötig – neben diversen Präventivmaßnahmen im Sinne der Gesundheitsförderung und der Unterstüt<strong>zu</strong>ng<br />

bei Problemen im Sinne einer Schadensminimierung – auch ausgewogene und sachliche<br />

Informationen <strong>zu</strong> bieten. Wenn dies nicht im großen Rahmen geschieht, wird das Feld der Straßenaufklärung<br />

durch KonsumentInnen überlassen, deren einseitige Informationen dann – mangels<br />

einer glaubwürdig vertretenen Gegenposition – all<strong>zu</strong> leicht geglaubt werden.<br />

15


2 Einleitung und Hintergrund der Studie<br />

2.1 Zielset<strong>zu</strong>ng<br />

Ziel der vorliegenden Untersuchung – in diesem Bericht als „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ bezeichnet<br />

– war die bundesweite Erhebung des Konsums legaler sowie illegaler Substanzen in der<br />

österreichischen Bevölkerung ab dem vollendeten 14. Lebensjahr. Ein Schwerpunkt war, die von<br />

der Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) geforderten Daten für<br />

die Erstellung des Europäischen Drogenberichts österreichweit <strong>zu</strong> erheben. Ein weiterer Schwerpunkt<br />

war, rund 10 Jahre nach der „Studie über den Konsum von Alkohol und psychoaktiven Stoffen<br />

in Österreich“ (kurz „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 93/94“; Uhl & Springer, 1996), die den Alkoholkonsum<br />

besonders genau erfasst hatte, neuerlich bundesweite Vergleichsdaten <strong>zu</strong>m Alkoholkonsum<br />

in Österreich <strong>zu</strong>r Verfügung <strong>zu</strong> haben. Darüber hinaus sollten noch einige weitere drogenspezifische<br />

Einstellungs- und Konsumdaten erhoben werden, die einer vom Österreichischen Bundesinstitut<br />

für Gesundheitswesen (ÖBIG) organisierten ExpertInnengruppe als zweckmäßig und geeignet<br />

erschienen. In dieser Arbeitsgruppe waren das Ludwig-Boltzmann-Institut für Suchtforschung<br />

(LBISucht), das Institut für Suchtforschung der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck,<br />

das Institut für Sozial- und Gesundheitspsychologie (ISG), das Institut für empirische Sozialforschung<br />

(IFES) und das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen (BMGF) vertreten.<br />

2.2 Durchführung der Erhebung<br />

Die praktische Durchführung der <strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004 erfolgte vom 2. Juli bis 19. Oktober<br />

2004 durch das Markt- und Meinungsforschungsinstitut market in Form von persönlichen Face-to-<br />

Face-Interviews. Die Auswahl der Interviewstichprobe erfolgte mittels Random-Sampling. die beii<br />

diesem Projekt eingesetzten 512 InterviewerInnen erhielten die Adresse der Zielpersonen und<br />

übernahmen die Kontaktaufnahme und die Durchführung des Interviews. Im Haushalt wurde die<br />

Zielperson mittels last-birthday-method ausgewählt. Um <strong>zu</strong> vermeiden, dass die Bewohner von<br />

Mehrpersonenhaushalten in der Studie unterrepräsentiert sind, wurde die Verteilung der Haushaltsgröße<br />

laufend kontrolliert und (bei der Kontaktaufnahme mittels Screening) lenkend eingegriffen,<br />

um eine repräsentative Verteilung für die österreichische Bevölkerung <strong>zu</strong> erreichen. Außerdem<br />

wurde darauf geachtet, die Interviews annähernd gleichmäßig auf alle sieben Wochentage <strong>zu</strong><br />

verteilen.<br />

Die relativ geringe Ausschöpfungsquote von 21%, d.h. dass von fünf ausgewählten Personen nur<br />

ein Interview <strong>zu</strong>stande gekommen ist, ist teilweise durch den Befragungszeitraum (der Schwerpunkt<br />

der Erhebungsphase lag in den Sommermonaten Juli bis September) <strong>zu</strong> erklären. Die befragten<br />

Personen entsprachen in ihrer Zusammenset<strong>zu</strong>ng in den wichtigsten demographischen<br />

Merkmalen (wie z.B. Geschlecht oder Alter) der österreichischen Bevölkerung ab dem 14. Lebensjahr.<br />

Da das Bundesland Kärnten bereit war, <strong>zu</strong>sätzlich 200 Interviews <strong>zu</strong> finanzieren, ist die Teilstichprobe<br />

aus Kärnten überrepräsentiert. Bei allen die Bundesländer übergreifenden statistischen<br />

Auswertungen wird dieser Umstand durch eine entsprechende Gewichtung kompensiert. Der<br />

Stichprobenumfang nach Erstsichtung der erhobenen Daten und Ausscheiden mangelhaft erhobener<br />

Interviews betrug 4546 Datensätze.<br />

2.3 Auswertung der Daten<br />

Die Auswertung der Daten führte das Ludwig-Boltzmann-Institut für Suchtforschung (LBISucht) im<br />

Auftrag des Bundesministerium für Gesundheit und Frauen (BMGF) durch. Die Auswertung und<br />

Erstellung der Grafiken erfolgte mit den Programmen SPSS 6.1 und MS Excel.<br />

16


2.4 Auswahl der Inhalte für diesen Bericht<br />

Bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ wurden insgesamt 212 Fragen gestellt. Die Zahl der möglichen<br />

Kreuztabellierungen aus zwei und mehreren Variablen, die Zahl der Teilgruppenauswertungen<br />

und die Zahl der möglichen Vergleiche zwischen Variablen ist sehr groß und es war daher unmöglich<br />

auf Vollständigkeit <strong>zu</strong> zielen. Wir haben versucht für den Bericht besonders interessante<br />

Zusammenhänge aus<strong>zu</strong>wählen und dar<strong>zu</strong>stellen und es ist uns bewusst, dass viele interessante<br />

aus den Daten potentiell beantwortbare Fragen in diesem Bericht offen geblieben sind. Dass die<br />

Auswahl der <strong>zu</strong> beantwortenden Fragen naturgemäß nur sehr subjektiv erfolgen kann bedarf wohl<br />

keiner näheren Erörterung. Manches, das wir nicht erschöpfend abhandeln konnten, kann der interessierte<br />

Leser aus vorliegenden Band der Linearauszählungen aller gestellter Fragen und manches<br />

dem Kreuztabellenband entnehmen. Letzterer bricht alle Fragen nach Geschlecht, Altersgruppen,<br />

Bundesländer<strong>zu</strong>gehörigkeit, Wohnregion, Stadt-Land, Bildungsabschluss, Familienstand, Alkoholkonsum<br />

sowie dem Monatsnettoeinkommen der Befragten auf. Für manche Fragestellungen sind<br />

allerdings Zusatzauswertungen nötig, die wir aus dem Datensatz nur realisieren können, wenn wir<br />

da<strong>zu</strong> einen Auftrag erhalten.<br />

Wir haben immer versucht die den Auswertungen <strong>zu</strong> Grunde liegenden Fragen und Antwortkategorien<br />

möglichst umfassend und präzise dar<strong>zu</strong>stellen. Sollten trotz unserer Bemühungen mitunter<br />

Unklarheiten entstanden sein, so möchten wir den Leser auf den vollständigen Originalfragebogen<br />

und die da<strong>zu</strong>gehörigen Listen im Anhang <strong>zu</strong>m Linearauszählungsband verweisen. Da wir die Fragenummer<br />

immer angegeben haben und da die Fragen durchlaufend nummeriert sind, ist das mit<br />

keinem sehr großen Aufwand verbunden.<br />

17


3 Fehlerquellen bei Bevölkerungsbefragungen<br />

Bevölkerungsbefragungen stellen eine wichtige Informationsquelle über Art und Ausmaß sozialer<br />

Phänomene dar. Die Ergebnisse werden oft <strong>zu</strong>r Argumentation in Zusammenhang mit der Entwicklung<br />

politischer Strategien bzw. bei deren Evaluation herangezogen. Der korrekte Umgang mit<br />

derartigen Daten erfordert aber auch das Wissen um die Begrenztheit der Methode. Bevölkerungsbefragungen<br />

sind grundsätzlich durch eine Reihe von gravierenden Unsicherheiten belastet und es<br />

ist auch kaum je sinnvoll, die Ergebnisse isoliert <strong>zu</strong> analysieren und <strong>zu</strong> interpretieren. Fundierte<br />

Schlussfolgerungen können aufbauend auf Bevölkerungsbefragungen nur gezogen werden, wenn<br />

man die Resultate mit anderen relevanten Befunden in Be<strong>zu</strong>g setzt und kritisch auf Plausibilität<br />

prüft. Der seriöse Umgang mit Bevölkerungsbefragungen erfordert, potentielle Fehlerquellen offen<br />

an<strong>zu</strong>sprechen und dort, wo sich diese auswirken, explizit darauf hin<strong>zu</strong>weisen bzw. - wenn möglich<br />

- durch geeignete Maßnahmen <strong>zu</strong> korrigieren.<br />

3.1 Zufallsfehler<br />

In der schließenden Statistik 9 geht es oft darum, Unterschiede zwischen bestimmten experimentellen<br />

Interventionen relativ <strong>zu</strong> Kontrollbedingungen <strong>zu</strong>fallskritisch ab<strong>zu</strong>sichern; d.h. die Unterschiede<br />

auf statistische Signifikanz <strong>zu</strong> prüfen. Schwerpunkt ist dabei nicht die Quantifizierung der<br />

auftretenden Effekte, sondern der Nachweis, dass es mit großer Wahrscheinlichkeit einen über<strong>zu</strong>fälligen<br />

Unterschied zwischen Versuchsgruppe und Kontrollbedingung gibt. Für methodologisch<br />

sauber geplante Experimente wird häufig nur eine einzige Ergebnisvariable („Primary Endpoint“)<br />

gewählt, und wenn das nicht möglich ist eine sehr geringe Zahl an Ergebnisvariablen. Im Fall von<br />

mehreren Ergebnisvariablen wird aus wahrscheinlichkeitstheoretischen Gründen eine Alphaadjustierung<br />

notwendig, was eine wesentliche Erhöhung des Stichprobenumfangs notwendig macht, um<br />

die gleiche Trennschärfe <strong>zu</strong> erzielen. Vom Abschneiden der Ergebnisvariable bzw. alphaadjustierten<br />

Ergebnisvariablen wird dann die Entscheidung, ob die Versuchsbedingung als wirksam angenommen<br />

werden kann, abhängig gemacht.<br />

Ganz anders ist die Situation, wenn die Ergebnisse von Bevölkerungsbefragungen statistisch aufbereitet<br />

werden. Hier geht es nicht primär darum, <strong>zu</strong> zeigen, dass bestimmte Merkmale in Teilgruppen<br />

tatsächlich anders ausgeprägt sind, sondern um möglichst präzise Angaben darüber, wie<br />

groß diese Unterschiede tatsächlich sind. Je mehr Variablen man analysiert und je mehr Teilgruppen<br />

man analysiert desto mehr kann sich der Zufall auswirken, desto geringer ist die Verlässlichkeit<br />

der Einzelwerte und desto größer werden die Unsicherheitsbereiche (Konfidenzintervalle) –<br />

<strong>zu</strong>mindest bei korrekter alphaadjustierter Berechnung.<br />

Bei der <strong>zu</strong>fallskritischen Absicherung von experimentellen Effekten, in Studien mit einer oder wenigen<br />

Ergebnisvariablen, kann man oft mit Stichprobengrößen weit unter 100 Personen das Auslangen<br />

finden – hier geht es nur darum, <strong>zu</strong> zeigen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit gesicherte Unterschiede<br />

vorliegen aber nicht diese präzise <strong>zu</strong> bestimmen. Wenn man hingegen relativ genaue<br />

Aussagen über die Ausprägung von vielen Variablen in zahlreichen Teilgruppen machen möchte<br />

(z.B. bei Prozentangaben eine maximal <strong>zu</strong>lässige Abweichung des Ergebnisses vom tatsächlichen<br />

Wert um ein halbes Prozent), und nicht in Kauf nehmen möchte, dass eine große Zahl der Einzelergebnisse<br />

um ein Vielfaches vom tatsächlichen Wert abweichen, so kann man den dafür notwendigen<br />

Stichprobenumfang errechnen. Dabei kann sich leicht ein Wert von ein paar Millionen Personen<br />

ergeben – also Stichprobenumfänge, gegen die sogar die bei Mikrozensuserhebungen in Österreich<br />

üblichen großen Stichprobenumfänge von rund 60.000 Personen klein anmuten. Die gegenständliche<br />

Untersuchung beruht auf einem Stichprobenumfang von 4.546 Personen, was angesichts<br />

der genannten Probleme gering ist – relativ <strong>zu</strong> vielen vergleichbaren Erhebungen aber auch<br />

wieder groß. Grundsätzlich ist bei Umfragen eben immer ein Kompromiss zwischen Präzision und<br />

9) Statistik wird häufig in „deskriptive Statistik“, die Verteilungen beschreibt, und in „schließende Statistik“ bzw. „Inferenzstatistik“<br />

unterteilt, die von Stichprobenwerten Rückschlüsse auf die Werte in der Grundgesamtheit zieht.<br />

18


Gesamtkosten notwendig – und da die aus Präzisionsgründen optimalen Stichprobenumfänge<br />

praktisch nicht finanzierbar sind ist bei der Interpretation der Ergebnisse immer das Bewusstsein<br />

nötig, dass man bei etlichen der ausgewiesenen Einzelergebnisse mit erheblichen Abweichungen<br />

vom wahren Wert rechnen muss.<br />

Um in diesem Sinne ein Gefühl für das Ausmaß des Unsicherheitsbereichs <strong>zu</strong> geben, folgen nun<br />

einige beispielhafte Berechnungen. So ergibt sich z.B. für ein annähernd gleichverteiltes 2-stufiges<br />

Merkmal beim gegenständlichen Stichprobenumfang von 4546 Personen, wenn man berücksichtigt,<br />

dass im Datenband gleichzeitig Ergebnisse für rund 300 Fragen mit Hauptergebnis plus<br />

38 Teilgruppenergebnissen angeboten werden, ein alphaadjustiertes Konfidenzintervall von ±3,4%.<br />

Für die Teilpopulation der männlichen 14- bis 19-Jährigen ergibt sich angesichts des recht geringen<br />

Stichprobenumfangs von bloß 190 Personen ein alphaadjustiertes Konfidenzintervall von ±16,8%.<br />

Da die Werte nur mit großer Wahrscheinlichkeit aber nicht mit Sicherheit in diesem Konfidenzintervall<br />

liegen, muss man damit rechnen, dass einzelne Werte sogar noch außerhalb dieser Konfidenzintervalle<br />

liegen.<br />

Die Konfidenzintervalle werden in den Datenbänden – aus Gründen der Übersichtlichkeit – nicht<br />

extra ausgewiesen. Die LeserInnen sollten sich aber immer bewusst sein, dass man zwar bei den<br />

Hauptergebnissen und bei Ergebnissen über große Teilgruppen (z.B. Männer vs. Frauen) mit relativ<br />

hoher Präzision (±3,4%) rechnen kann, dass jedoch bei Ergebnissen, die auf kleinen Stichprobenumfängen<br />

beruhen (z.B. Altersgruppen, kleine Bundesländer) sehr große Unsicherheitsbereiche<br />

möglich sind; die durchaus im zweistelligen Prozentbereich liegen können.<br />

Besondere Vorsicht ist aus diesem Grund bei bundesländerspezifischen Angaben die kleinen Bundesländer<br />

betreffend nötig. Eigentlich sollte man aus diesem Grund keine Detailangaben über Bundesländer<br />

wie das Burgenland oder Vorarlberg anbieten. Da diese aber erfahrungsgemäß immer<br />

wieder explizit gefordert werden und diese für größere Bundesländer auch durchaus sinnvoll sind,<br />

werden sowohl im Kreuztabellenband als auch in den Darstellungen dieser Publikation (Kap. 4.10)<br />

bundesländerspezifische Auswertungen angeboten. Bei der vergleichenden Interpretation ist allerdings<br />

sehr große Vorsicht und Zurückhaltung geboten.<br />

3.2 Systematische Verzerrungen (Biases)<br />

Zu den eben erörterten Zufallsfehlern, deren Ausmaß man mit statistischen Methoden <strong>zu</strong>mindest<br />

eingrenzen kann, gibt es bei Bevölkerungsbefragungen auch noch eine Reihe von häufig auftretenden<br />

systematischen Fehlern (Biases), deren Ausmaß und Richtung man meist schwer quantifizieren<br />

und daher auch nur schwer kompensieren kann.<br />

3.2.1 Undersampling Fehler<br />

Ein ganz zentrales Problem in Zusammenhang mit Bevölkerungsbefragungen ergibt sich daraus,<br />

dass bestimmte Bevölkerungssegmente kaum erfasst werden („Undersampling Fehler“), was bei<br />

manchen Fragestellungen <strong>zu</strong> großen Verzerrungen führen kann. Das betrifft vor allem gesellschaftliche<br />

Rand- und Extremgruppen. So werden z.B. bei als repräsentativ angelegten Bevölkerungsbefragungen,<br />

wie später noch detailliert ausgeführt werden wird, nur rund 25% der manifest an Alkoholismus<br />

erkrankten Personen erfasst. Manche Personen können – z.B. weil sie nur selten am<br />

Wohnort an<strong>zu</strong>treffen sind, über keinen festen Wohnsitz verfügen oder sich in Einrichtungen wie<br />

Krankenanstalten, Wohnheimen oder Gefängnissen aufhalten - kaum je befragt werden, und bestimmte<br />

Teilpopulationen verweigern überproportional häufig die Teilnahme an einer Befragung.<br />

Mit besonders großen systematischen Verzerrungen der Ergebnisse muss man immer rechnen,<br />

wenn die Ausschöpfungsquote, wie in der vorliegenden Untersuchung, gering ist. In der vorliegenden<br />

Studie lag diese bloß bei 21%. Das kann man zwar durch den Befragungszeitraum (der<br />

Schwerpunkt der Erhebungsphase lag in den Sommermonaten Juli bis September) erklären, aber<br />

das ändert nichts am Faktum der niedrigen Ausschöpfungsquote. Umgekehrt ist aber auch <strong>zu</strong> be-<br />

19


tonen, dass die Personen in ihrer Zusammenset<strong>zu</strong>ng in den wichtigsten demographischen Merkmalen<br />

(wie z.B. Geschlecht oder Alter) der österreichischen Bevölkerung ab dem 14. Lebensjahr<br />

entsprachen, was wieder hoffen lässt, dass die systematische Verzerrung durch die niedrige Ausschöpfungsquote<br />

keine dramatischen Ausmaße annimmt.<br />

3.2.2 Underreporting- und Overreportingfehler<br />

Ein weiterer Bias ergibt sich aus dem Umstand, dass bei Fragen, die Tabuthemen betreffen, einerseits<br />

bei Face-to-Face-Interviews eine starke Tendenz <strong>zu</strong> untertreiben besteht („Underreporting<br />

Fehler“), und andererseits bei anonymen Fragebogenerhebungen im Gruppenkontext – ganz besonders<br />

in Schulen – eher die Tendenz <strong>zu</strong> Übertreibungen <strong>zu</strong> erwarten ist („Overreporting Fehler“).<br />

Da beide Verzerrungen in unterschiedliche Richtung gehen, ist eine gewisse Relativierung durch<br />

den Vergleich der Ergebnisse von Bevölkerungsbefragungen mit Fragebogenerhebungen in Schulen<br />

möglich.<br />

3.2.3 Unwissenheitsfehler<br />

Viele Fragen im Zuge von Bevölkerungsbefragungen können von den Betroffenen nicht korrekt<br />

beantwortet werden, weil diese die <strong>zu</strong>r korrekten Beantwortung notwendigen Fakten nicht oder<br />

nicht exakt wissen – so wissen z.B. viele Menschen nicht genau, wie viel Geld sie pro Monat netto<br />

verdienen, bzw. sind sich des Unterschiedes zwischen Netto- und Bruttoverdienst nicht bewusst<br />

(„Unwissenheitsfehler“).<br />

3.2.4 Meinungslosigkeitsfehler<br />

Wenn Meinungen abgefragt werden und die Befragten <strong>zu</strong>m konkreten Einstellungsobjekt eigentlich<br />

keine Meinung haben, kommt es oft vor, dass diese – weil keine Antwortkategorie für diese Option<br />

vorgegeben war oder weil sie nicht inkompetent erscheint wollen – nicht „keine Meinung da<strong>zu</strong>“<br />

angeben, sondern „innerlich würfeln“, was ebenfalls <strong>zu</strong> einer systematischen Verzerrung der Ergebnisse<br />

führt („Meinungslosigkeitsfehler“).<br />

3.2.5 Vergessensfehler<br />

Des Weiteren spielt auch der „Vergessensfehler“ eine Rolle - viel Befragte können sich z.B. nicht<br />

detailliert an alle alkoholischen Getränke erinnern, die sie im Verlauf der letzten Woche getrunken<br />

haben oder wann sie das erste Mal in ihrem Leben Alkohol konsumiert haben.<br />

Bei der Interpretation der Fragen durch die/den Befragten ergibt sich eine weitere Quelle für Verzerrungen<br />

(„Interpretationsbias“). Viele ExpertInnen werten die Tatsache, dass manche Personen<br />

die gestellten Fragen nicht wörtlich interpretieren, als Zeichen mangelnder Intelligenz. Tatsächlich<br />

ist aber genau das Gegenteil der Fall: Intelligente Menschen interpretieren Sätze nicht wortwörtlich,<br />

sondern beachten den Kontext und entwickeln Hypothesen darüber, was der Fragesteller mit<br />

seiner Frage intendiert. Dass sich diese Hypothese oft nicht mit der Intention deckt, die den EntwicklerInnen<br />

der Befragungsinstrumente vorschwebte, ergibt den als Interpretationsbias bezeichneten<br />

Fehler. Treffend formuliert dies Luhmann (2000): „Als erstes ist unwahrscheinlich, dass einer<br />

überhaupt versteht, was der andere meint, gegeben die Trennung und Individualisierung ihres<br />

Bewusstseins. Sinn kann nur kontextgebunden verstanden werden, und als Kontext fungiert für<br />

jeden <strong>zu</strong>nächst einmal das, was sein eigenes Gedächtnis bereitstellt.“<br />

20


Erschwerend kommt da<strong>zu</strong> noch der Umstand, dass Fragen – wegen des knappen Zeitrahmens -<br />

durchwegs kurz und bündig formuliert werden müssen und somit der Bedeutungskontext nur un<strong>zu</strong>reichend<br />

erörtert werden kann. Auch ist in der Interviewsituation mit InterviewerInnen, die die<br />

Intentionen der EntwicklerInnen des Befragungsinstrumentes ebenfalls nicht kennen, und noch<br />

mehr bei Fragebögen, wo es überhaupt keine Möglichkeit für Rückfragen gibt, keine adäquate Klärung<br />

im Dialog möglich. Ohne Kontext bzw. Rückfragemöglichkeit sind Fragen durch den Befragten<br />

aber oft nicht eindeutig <strong>zu</strong> interpretieren, was <strong>zu</strong> geringer Antwortreliabilität führt und in der Folge<br />

eine sinnvolle Auswertung der Items erheblich erschwert.<br />

Bei der Interpretation von Ergebnissen aus Bevölkerungsbefragungen empfiehlt es sich daher,<br />

kritisch nach potentiellen Quellen für systematische Fehler Ausschau <strong>zu</strong> halten, wenn möglich Art<br />

und Ausmaß der Verzerrungen <strong>zu</strong> erfassen und diese so gut wie möglich rechnerisch <strong>zu</strong> kompensieren.<br />

3.2.6 Statistische Regression <strong>zu</strong>r Mitte und Abschwächung von<br />

Unterschieden<br />

Bei Messungen ergibt sich immer auch ein systematischer Fehler, wenn (1) Messungen mit einem<br />

unsystematischen Zufallsfehler behaftet sind, wenn (2) die Klassifikation als Fall 10 bzw. Nicht-Fall<br />

anhand dieser Messungen stattfindet und wenn (3) die Prävalenzraten niedrig oder hoch sind. Wegen<br />

der „Regression <strong>zu</strong>r Mitte“, die dem in der statistischen Literatur bekannten Problem der<br />

„Regression <strong>zu</strong>m Mittelwert“ strukturell analog ist, werden tatsächlich niedrige Prävalenzraten<br />

grundsätzlich systematisch überschätzt und tatsächlich hohe grundsätzlich Prävalenzraten systematisch<br />

unterschätzt. Um das Ganze auch für den statistische Laien verständlich <strong>zu</strong> machen eine<br />

kleine anschauliche Illustration am Beispiel der Heroinprobiererfahrung.<br />

• Angenommen die Wahrscheinlichkeit, dass jemand in einer bestimmten Region bereits Heroin<br />

probiert hat sei 1% (Heroin-Lebenszeitprävalenz = 1%).<br />

• Angenommen es gäbe einen kleinen Zufallsfehler, weil die Befragten die Fragen falsch verstanden<br />

haben, weil die Befragten sich bei der Antwort irren, weil die Befragten ohne <strong>zu</strong> denken<br />

irgendeine Antwortkategorie wählen, weil die Interviewer sich beim Eintragen irren, oder<br />

weil die Datenerfasser einen Übertragungsfehler machen.<br />

• Angenommen dieser Fehler betrage in jede Richtung 1%; oder in anderen Worten: 1% der<br />

„Heroinunerfahrenen“ würden anhand der Ergebnisse fälschlich als „Heroinerfahrene“ klassifiziert<br />

(d.h. 99% „Spezifität“) und 1% der „Heroinerfahrenen“ würden fälschlich als „Heroinunerfahrene“<br />

(d.h. 99% „Sensitivität“).<br />

Unter diesen Bedingungen wird der Anteil der Heroinerfahrenen (Heroin-Lebenszeitprävalenz) systematisch<br />

auf fast genau das Doppelte überschätzt (2% statt 1%) – oder anders gesagt 50% der<br />

als „heroinerfahren“ Klassifizierten sind in Wirklichkeit bloß „falsche positive Fälle“ ). Wie man unmittelbar<br />

erkennen kann, existiert das Problem analog bei hohen Prävalenzen, allerdings in die<br />

entgegengesetzte Richtung. In diesem Bespiel würde die Zahl der Heroinunerfahrenen systematisch<br />

unterschätzt (98% statt 99%).<br />

Wenn 50% der als heroinerfahren klassifizierten Personen tatsächlich nicht heroinerfahren sind und<br />

ein gewisser Teil der als heroinunerfahren klassifizierten Personen tatsächlich heroinerfahren sind,<br />

so bedeutet das ferner, dass die beobachteten Unterschiede zwischen den als heroinerfahren klassifizierten<br />

und den als heroinunerfahren klassifizierten Personen weit geringer ausfallen als sie tatsächlich<br />

sind („Abschwächung der Unterschiede“) was für die weitere Analyse von großer Bedeutung<br />

ist.<br />

Nur bei einer tatsächlichen Auftrittsrate eines Phänomens um 50% und einer Sensitivität, die gleich<br />

groß ist wie die Spezifität (im obigen Beispiel beide 1%), würden sich „falsche Positive“ und „falsche<br />

Negative“ hinsichtlich der Prävalenzrate gegenseitig kompensieren (d.h. keine Regression <strong>zu</strong>r<br />

10) Um das etwas anschaulicher <strong>zu</strong> machen: Ein Fall kann z.B. jemand sein, der bereits einmal Kokain konsumiert hat und<br />

ein Nicht-Fall jemand, der noch nie Kokain konsumiert hat.<br />

21


Mitte stattfinden). In diesem Fall würde zwar das eben definierte Phänomen „Abschwächung der<br />

Unterschiede“ nicht völlig wegfallen – es gibt auch hier in beide Richtung falsch <strong>zu</strong>geordnete Personen<br />

– aber es würde sich weit weniger dramatisch auswirken als im Falle sehr hoher oder niedriger<br />

Prävalenzen.<br />

Eine Folge der „Regression <strong>zu</strong>r Mitte“ und der „Abschwächung der Unterschiede“ ist, dass man<br />

Prävalenzen im Bereich von unter 2% kaum sinnvoll interpretieren kann, wenn die Erfassung nicht<br />

in sehr hohen Maße reliabel und valide erfolgt – etwas das bei einer üblichen Bevölkerungsumfrage<br />

aber nie der Fall ein kann. Kennt man die Sensitivität und Spezifität einer Messmethode, so kann<br />

man das Ausmaß des regressionsbedingten Fehlers mit einfachen Mitteln quantifizieren und korrigieren,<br />

wie wir das in Zusammenhang mit der Prävalenz des Alkoholmissbrauchs später noch tun<br />

werden (vgl. Kap. 4.2.3).<br />

3.2.7 Die wechselseitige Kompensation systematischer Fehlerquellen<br />

Da manche der genannten systematischen Fehler Richtung Überschät<strong>zu</strong>ng und andere Richtung<br />

Unterschät<strong>zu</strong>ng gehen, kann man natürlich nie ausschließen, dass sich diese wechselseitig perfekt<br />

kompensieren – aber nur, wenn man das Ausmaß der systematischen Fehler relativ gut abschätzen<br />

kann, ist eine Argumentation in eine solche Richtung rechtfertigbar.<br />

3.3 Implizite und explizite Annahmen<br />

Die Interpretation von empirischen Ergebnissen baut immer auf mehr oder weniger gut belegte<br />

bzw. mehr oder weniger plausible Annahmen auf. Stark pointiert formulierte diesen Umstand Paul<br />

Feyerabend (1978) mit den Worten: „Wir erkennen langsam - und ohne die Situation völlig <strong>zu</strong><br />

verstehen - dass alle Argumente <strong>zu</strong>gunsten realistischer Alltagsüberzeugungen und wissenschaftlicher<br />

Theorien sich im Kreis drehen: Sie nehmen an, was sie beweisen wollen.“ Die große Zahl impliziter<br />

Annahmen, die den statischen Auswertungsmodellen immanent sind, werden von vielen<br />

AnwenderInnen allerdings gar nicht als Annahmen wahrgenommen und bleiben damit aus der<br />

Diskussion oft ausgeblendet. Auch die Fülle der zentralen Hintergrundsannahmen, die bei der Ergebnisinterpretation<br />

zwangsläufig schlagend werden, werden nur selten explizit thematisiert oder<br />

problematisiert. Weicht jemand allerdings ausdrücklich von diesen weitgehend unreflektierten<br />

Standardannahmen ab und tauscht diese gegen realitätsnähere Alternativen, so wird von ihm häufig<br />

eine fundierte Rechtfertigung erwartet und Skepsis geäußert, wenn diese Alternativannahmen –<br />

obwohl klar überlegen – ebenfalls nicht völlig empirisch begründbar und 100%ig plausibel sind.<br />

Die Forderung nach präzisen überprüfbaren und überprüften Hintergrundsannahmen ist aber ziemlich<br />

realitätsfremd. Ein solcher Rigorismus wäre das Ende fast jeder empirischen Forschung und<br />

statistischen Analyse. Streng logisch betrachtet sind zwar alle Schlussfolgerungen falsch, wenn die<br />

<strong>zu</strong>grunde liegenden Annahmen nicht präzise der Realität entsprechen – aber da die für Statistik,<br />

Wahrscheinlichkeitsrechnung und Ergebnisinterpretation notwendigen zentralen Annahmen (z.B.<br />

bzgl. Merkmalsverteilung, Unabhängigkeit, Homoskedastizität, Homogenität, Linearität, Proportionalität,<br />

zeitliche Konstanz u.v.m. ) so gut wie nie perfekt erfüllt sein können, kann die relevante<br />

Frage nicht sein, ob die Annahmen genau und präzise erfüllt sind, sondern bloß, ob die <strong>zu</strong> erwartenden<br />

Annahmeverlet<strong>zu</strong>ngen sich in einem Rahmen bewegen, der für eine sinnvolle Analyse<br />

(noch) vertretbar erscheint.<br />

3.4 Einbeziehung der Fehlerquellen und Korrektur im<br />

gegenständlichen Bericht<br />

Diese für die Einleitung einer empirischen Arbeit sehr abstrakt anmutenden Reflexionen über Zufallsfehler,<br />

systematische Fehler und Hintergrundsannahmen sind vor allem deswegen von zentraler<br />

Bedeutung, weil wir im vorliegenden Bericht – ganz besonders in Zusammenhang mit Alkohol-<br />

22


konsum – nicht von der bei epidemiologischen Untersuchungen üblichen impliziten Annahme ausgingen,<br />

dass das Antwortverhalten der Befragten deren tatsächliches Verhalten näherungsweise<br />

widerspiegelt. Dort, wo es möglich war, wurde ein Be<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong> anderen Datenquellen hergestellt und<br />

versucht, einige der vorher beschriebenen systematischen Verzerrungen mittels Korrekturverfahren<br />

aus<strong>zu</strong>gleichen bzw. die Ergebnisse argumentativ in ein relativierendes Licht <strong>zu</strong> setzen.<br />

Der Umstand, dass in der gegenständlichen Studie die Rohdaten nicht unmittelbar interpretiert,<br />

sondern hypothesengeleitet <strong>zu</strong> realitätsnäheren Ergebnissen umgerechnet wurden, hat gravierende<br />

Implikationen für den Vergleich mit internationalen Werten. Letztere werden üblicherweise einfach<br />

aus den Rohdaten errechnet und weichen damit oft wesentlich – nach oben oder unten – von<br />

den realistischeren Zahlen ab (vgl. da<strong>zu</strong> Kap. 4.1). Aus diesem Grund haben wir in der gegenständlichen<br />

Untersuchung neben den – aus unserer Sicht gültigen – adjustierten Resultaten jeweils<br />

auch immer die unkorrigierten Rohergebnisse ausgewiesen.<br />

23


4 Alkohol<br />

4.1 Verlässlichkeit der Angaben und Fehlerkorrektur<br />

Die Daten den Alkoholkonsum betreffend erwiesen sich als stark systematisch verzerrt und wurden<br />

mit dem dreistufigen Korrekturmodell „Kombinationsmethode“ nach Uhl & Springer (1996) der<br />

Realität angenähert. Die genaue Vorgangsweise wird unter Kap. 4.2.3 erklärt und begründet. Darüber<br />

hinaus wurden Altersverlaufskurven, die durch große Zufallsschwankungen charakterisiert<br />

waren, mittels Anwendung des in der SPSS 6.1-Prozedur Scatterplot inkludierten LOESS Algorithmus<br />

(Cleveland & Devlin, 1988) bzw. durch die Berechnung von Gleitmittelwerten soweit geglättet,<br />

dass die Verläufe unmittelbar erkennbar wurden. Bei Altersgruppenvergleichen wurden jeweils<br />

Gleitmittelwert über 11 Werte gebildet um Zufallsschwankungen aus<strong>zu</strong>gleichen. Angesichts des für<br />

die Unterteilung in mehr als 50 Jahrgänge <strong>zu</strong> geringen Stichprobenumfangs brachten Gleitmittelwerte<br />

über eine geringere Zahl von Jahren nicht die erwünschte Klarheit. Am unteren Ende der<br />

Skala – bei den 14. Jährigen wurde mangels besserer Optionen der beobachtete Wert genommen,<br />

bei den 15-Jährigen wurde der Mittelwert der 14-16-Jährigen genommen, bei den 16-Jährigen der<br />

Mittelwert der 14-18-Jährigen usw. bis dann bei den 19-Jährigen mit dem Mittelwert der 14-24-<br />

Jährigen erstmals der Mittelwert über 11 Werte erreicht wurde, der von da an beibehalten wurde.<br />

Am Ende der Skala wurde dann analog vorgegangen. Die Anwendung der jeweiligen Modelle ist an<br />

den entsprechenden Stellen explizit erwähnt.<br />

4.2 Ansätze und Methoden der Auswertung<br />

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten den Pro-Kopf-Alkoholkonsum einer Nation <strong>zu</strong> erfassen.<br />

Entweder über die offiziellen Produktions-, Verkaufs-, Import- und Exportzahlen (Statistikmethode)<br />

oder über repräsentative Bevölkerungsbefragungen (Umfragemethode). Beide Methoden weisen<br />

allerdings spezifische Mängel auf.<br />

4.2.1 Statistikmethode<br />

Die Statistikmethode greift, wie soeben dargelegt, auf vorhandene offizielle Produktions-, Verkaufs-,<br />

Export- und Importstatistiken <strong>zu</strong> und erfasst somit nicht:<br />

(1) jene Produktionen, die weder gemeldet werden müssen noch steuerpflichtig sind,<br />

(2) die Differenz aus nicht meldepflichtigen legalen Importen und nicht meldepflichtigen legalen<br />

Exporten,<br />

(3) die Differenz aus dem Alkoholkonsum von inländischen TouristInnen im Ausland und dem Alkoholkonsum<br />

von ausländischen TouristInnen im Inland und<br />

(4) illegale Alkoholproduktion und Alkoholschmuggel.<br />

Da der aus vergorenem Most konsumierte Alkohol in den offiziellen Statistiken nicht aufscheint,<br />

wird dieser hier, im Sinne einer Dunkelzifferkorrektur, mit 3% Anteil am insgesamt in Österreich<br />

konsumierten Reinalkohols geschätzt (vgl. Kap. 4.2.1.1).<br />

Generell ist der Schluss <strong>zu</strong>lässig, dass der aus Statistiken plus Dunkelzifferkorrektur errechnete<br />

Pro-Kopf-Alkoholkonsum relativ verlässlich ist, wenn man davon ausgeht, dass sich in Österreich -<br />

einem Land, welches bezüglich der Alkoholpreise im europäischen Mittelfeld liegt – die nicht registrierten<br />

Privatimporte und -exporte weitestgehend kompensieren, der Alkohol, den ÖsterreicherInnen<br />

im Ausland trinken, jener Menge gleicht, die AusländerInnen in Österreich trinken und dass<br />

illegale Alkoholproduktion und Alkoholschmuggel keine sehr große Rolle spielen. (Eine gewisse<br />

Dunkelziffer bei der nicht-gewerblichen Spirituosenproduktion von maximal 1,6% des Gesamtkonsums<br />

an Reinalkohol 11 ist hier vernachlässigbar.)<br />

11) Laut einer Schät<strong>zu</strong>ng des Spirituosenverbands sind diese nicht dokumentierten Mengen mit maximal 10% der „offiziel-<br />

24


Will man realitätsangepasste Werte erhalten, ist es darüber hinaus auch notwendig, der österreichischen<br />

Situation entsprechende durchschnittliche Alkoholgehalte für die Reinalkoholberechnung<br />

aus der konsumierten Bier-, Wein- und Spirituosenmenge ein<strong>zu</strong>setzen, was ebenfalls bei internationalen<br />

Vergleichen oft nicht berücksichtigt wird.<br />

4.2.1.1 Dunkelzifferschät<strong>zu</strong>ng des Konsum an vergorenem Most<br />

In den offiziellen Statistiken, die aus Produktions-, Import- und Exportzahlen errechnet werden,<br />

wird üblicherweise zwischen Bier, Wein und Spirituosen unterschieden. Keine offiziellen Angaben<br />

gibt es hingegen über den Konsum an vergorenem Most. Anhand der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

93/94“ hatten wir geschätzt, dass rund 6% des in Österreich konsumierten Reinalkohols aus vergorenem<br />

Most stammen. Bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ ergab sich allerdings bloß ein<br />

Mostanteil von 2,1% Gesamtreinalkoholkonsum. Da ein Rückgang des Mostverbrauchs über das<br />

letzte Jahrzehnt von 6% auf 2,1% wenig plausibel erscheint, versuchten wir über <strong>zu</strong>sätzliche Informationen<br />

<strong>zu</strong> einem realistischen Bild den Mostkonsum betreffend <strong>zu</strong> gelangen:<br />

• Laut Eisenbach-Stangl (1996) lag der Anteil des vergorenen Mosts am Reinalkoholkonsum im<br />

Jahre 1920 zwischen 4% und 6%, wobei damals laut Eisenbach-Stangl der Pro-Kopf-<br />

Alkoholkonsum der Bevölkerung aber nur rund ein Drittel des heutigen Konsums ausmachte.<br />

Das bedeutet, dass die absolute Pro-Kopf-Menge Most, die 1920 4% bis 6% des Anteils am<br />

Reinalkoholkonsum ausmachte, heute nur mehr einem Anteil von 1,5% bis 2% am Reinalkoholkonsum<br />

entsprechen würde.<br />

• Die Mostäpfelproduktion ist von 1950 bis 2003 von 176.700t auf 71.831t auf rund die Hälfte<br />

gesunken, die Mostbirnenproduktion ist im gleichen Zeitraum von 303.200t auf 120.875t auf<br />

rund ein Drittel <strong>zu</strong>rückgegangen, wobei die Mostbirnenproduktion im Jahre 2003 weit über<br />

dem langjährigen Durchschnitt lag (Statistik Austria, 2004a, 2004b). Das Jahr 2003 sollte hier<br />

wegen einer sehr guten Ernte also als Spitze und nicht als Indikator für einen Trend interpretiert<br />

werden.<br />

• Betrachtet man nur den Zeitraum zwischen 1994 bis 2002 (bzw. 2003), so ist die Mostobstproduktion<br />

um 6% (bis 2002) und bzw. um 41% (bis 2003) gestiegen (Abb. 1).<br />

• 95% der österreichischen Mostobstproduktion findet in den Bundesländern Oberösterreich<br />

(49%), Steiermark (22%), Niederösterreich (17%) und Kärnten (7%) statt (vgl. Abb. 2, S.26).<br />

• In der Nachkriegszeit bis Ende der 80er Jahre ging ein erheblicher Teil des Mostobsts in die<br />

industrielle Fruchtsaftproduktion. Heute wird die industrielle Fruchtsaftproduktion in Österreich<br />

<strong>zu</strong> einem erheblichen Teil mit ausländischen – billigeren – Fruchtmarkkonzentraten durchgeführt,<br />

wodurch dieser Absatzmarkt für die Obstbauern vor allem in Oberösterreich und Niederösterreich<br />

unattraktiv wurde und dort nunmehr verstärkt auf die bäuerliche Produktion von<br />

vergorenem Most gesetzt wird. Lukas (2005) und Strebl (2004) 12 schätzen in diesem Zusammenhang,<br />

dass die Nichtbelieferung der Industrie den Rohstoffrückgang für die Produktion<br />

von vergorenem Most nicht kompensiert hat; d.h. dass die produzierte und damit auch konsumierte<br />

vergorene Mostmenge in diesem Zeitraum <strong>zu</strong>rückgegangen ist. Infolge steigender<br />

Qualitätsverbesserung, besserem Marketing und gestiegenen Preisen für regional erzeugten<br />

vergorenen Most gewinnt dieser in Niederösterreich und Oberösterreich jedoch als Quelle des<br />

bäuerlichen Einkommens <strong>zu</strong>sehends an Bedeutung (Lukas, 2005; Strebl, 2004). In der Steiermark<br />

hingegen geht nach wie vor mehr als 85% der Mostobstproduktion in die Fruchtsafterzeugung<br />

(Fischerauer, 2005).<br />

• Aus einem kg Mostobst kann man ca. einen halben Liter Fruchtsaft oder vergorenen Most erzeugen.<br />

len“ Werte an<strong>zu</strong>setzen (Mayer, 1999), was angesichts des Umstands, dass Spirituosen seit 1955 für 10% bis 16% des<br />

Gesamtkonsums an Reinalkohol verantwortlich waren, eine Unterschät<strong>zu</strong>ng um maximal 1.6% bedeutet.<br />

12) Strebl (2004) schätzte für Oberösterreich eine Mostproduktion von 35 bis 40 Mio. Liter, was angesichts der oberösterreichischen<br />

Mostobstproduktion von 2002 und 2003 impliziert, dass rund 85% der Ernte in die Erzeugung von vergorenem<br />

Most gehen.<br />

25


Abb. 1: Mostobstproduktion und Mostkonsum in Österreich<br />

Datenquelle: Statistik Austria (2004a, 2004b)<br />

Anmerkung: dünne Linie: 10 Jahresabstände; dicke Linie Jahresabstände, 1990-2003 <strong>zu</strong>sätzlich linearer Trend<br />

Wenn man annimmt, dass in Niederösterreich und in Oberösterreich je rund 85% der Mostobstproduktion<br />

und in der Steiermark rund 15% der Mostobstproduktion <strong>zu</strong>r Erzeugung von vergorenem<br />

Most verwendet werden, und man den entsprechenden Anteil an der Mostobstproduktion<br />

einsetzt, so errechnet sich für diese drei Bundesländer ein Mischprozentsatz von 67%. Schät<strong>zu</strong>ngen<br />

für die anderen Bundesländer liegen uns nicht vor, aber da in den restlichen Bundesländern<br />

nur 12% der österreichischen Mostobstproduktion stattfindet, erscheint es uns <strong>zu</strong>lässig – weil ohne<br />

gravierende Auswirkung auf das Gesamtergebnis – diesen Mischprozentsatz auf die österreichische<br />

Gesamtproduktion an<strong>zu</strong>wenden. Der Umstand, dass in der Steiermark der Großteil der Mostobsternte<br />

nach wie vor <strong>zu</strong> Fruchtsaft verarbeitet wird, erklärt die starke Diskrepanz zwischen Mostobsterzeugung<br />

(22% der österreichischen Produktion) und Mostkonsum (5% der österreichischen Produktion;<br />

Abb. 2).<br />

Abb. 2: Mostobstproduktion und Mostkonsum in Österreich<br />

Quelle: Mostobstproduktion Statistik Austria (2004a, 2004b)<br />

Der Anteil der konsumierten „Mostmenge“ pro Bundesland wurde geschätzt, indem die durchschnittliche Konsummenge des<br />

Vortages (F31.4, vgl. Tab. 11, S. 75) mit der Größe der entsprechenden Wohnbevölkerung ab dem 15. Lebensjahr multipliziert<br />

wurde. Die nur wenig Mostobst produzierenden 5 Bundesländer wurden <strong>zu</strong> einer Restkategorie <strong>zu</strong>sammengefasst.<br />

Detailliert dargestellt werden in dieser Grafik nur diejenigen Bundesländer, die einen Stichprobenumfang<br />

von mehr als 500 Befragten aufweisen, und jeweils einen bedeutenden Anteil <strong>zu</strong>r gesamtösterreichischen<br />

Mostproduktion beitragen. Die Bundesländer Burgenland, Vorarlberg, Salzburg<br />

und Tirol, die infolge des geringen Stichprobenumfangs einzeln nicht sinnvoll aus<strong>zu</strong>werten sind,<br />

sowie Wien werden in einer Restkategorie <strong>zu</strong>sammengefasst. Letztgenannte Bundesländer sind<br />

auch diejenigen mit relativ geringer Bedeutung für die Mostobst- und Mostproduktion; alle 5 Län-<br />

26


der gemeinsam trugen im Jahr 2003 mit einem Anteil von 5% <strong>zu</strong>r Mostobstproduktion bei und im<br />

Jahr 2004 <strong>zu</strong> 24% <strong>zu</strong>m gesamtösterreichischen Mostkonsum bei.<br />

Für das Jahr 2002 13 , das einen durchschnittlichen Ernteertrag bei Mostobst verzeichnete, wurde<br />

ein Ertrag von 144.600t Mostobst geschätzt (Abb. 1), aus denen man theoretisch rund 70 Mio.<br />

Liter Presssaft erzeugen könnte. Wenn man den soeben begründeten Mischprozentsatz von 67%<br />

heranzieht, so ergibt das ca. 47 Mio. Liter vergorenen Most. Das entspricht 5,8 Liter Jahreskonsum<br />

pro Österreicher oder rund 0,75 Gramm Reinalkohol pro Person und Tag. Angesichts eines Gesamtkonsums<br />

von 22,9g Reinalkohol pro Person und Tag im Jahre 2003, kann man schätzen, dass<br />

rund 3,3% des in Österreich konsumierten Reinalkohols über vergorenen Most konsumiert wird.<br />

Die bisherigen Berechnungen gehen davon aus, dass die gesamte Mostobstmenge auch verwertet<br />

wird. Infolge bestehender Förderungsmaßnahmen für Streuobstwiesen aus Landschaftserhaltungsgründen<br />

kann man jedoch annehmen, dass es für manche Bauern sinnvoll ist, Streuobstwiesen<br />

aufrecht<strong>zu</strong>erhalten, auch wenn keine Nut<strong>zu</strong>ng des Ertrags vorgesehen ist. Das Ausmaß<br />

des so begründeten Schwunds ist numerisch nur schwer <strong>zu</strong> fassen – es scheint aber durchaus<br />

angezeigt, den Anteil des vergorenen Mosts am Reinalkoholkonsum in Österreich von den errechneten<br />

3,3% geringfügig auf 3% ab<strong>zu</strong>runden. Die Schät<strong>zu</strong>ng von 3% Mostanteil am Reinalkoholkonsum<br />

wird von uns für der Erstellung der Alkoholkonsumstatistik für 2004 herangezogen (Uhl et<br />

al., 2006). Ob der von uns vor 10 Jahren angenommene Mostanteil von 6% am Reinalkoholkonsum,<br />

der auf der <strong>Repräsentativerhebung</strong> 1993/94 basierte, der damaligen Realität entsprach, oder<br />

ob der Stellenwert damals überschätzt wurde, kann mit den <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden Daten nicht<br />

beantwortet werden.<br />

4.2.2 Umfragemethode<br />

Die Umfragemethode, die auf die Ergebnisse von repräsentativen Erhebungen aufbaut, lässt zwar<br />

detaillierte Auswertungen auf Basis von Subgruppen <strong>zu</strong>, ist aber durch drei systematische Fehler<br />

(siehe Kap. 3.2) belastet, die alle <strong>zu</strong> einer Unterschät<strong>zu</strong>ng des Alkoholkonsums führen:<br />

(1) AlkoholikerInnen werden, wie dies auch für andere Extrem- bzw. Randgruppen gilt, bei <strong>Repräsentativerhebung</strong>en<br />

weit unterproportional erfasst („Undersampling Fehler“),<br />

(2) die interviewten Personen geben den Konsum des Vortages <strong>zu</strong> niedrig an („Underreporting<br />

Fehler“) und<br />

(3) die interviewten Personen geben, wenn man sie über den Alkoholkonsum von weiter <strong>zu</strong>rück<br />

liegenden Tagen als den Vortag fragt, eine noch geringere Alkoholmenge, als die schon <strong>zu</strong><br />

niedrige des Vortags an („Vergessensfehler“).<br />

Wenn man die Umfragerohdaten der gegenständlichen „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ den Alkoholkonsum<br />

betreffend unmittelbar interpretiert, wie das international nach wie vor üblich ist, so<br />

ergibt sich ein völlig unrealistisches Situationsbild (vgl. Tab. 2). Man gelangt z.B. <strong>zu</strong>m Ergebnis<br />

(Abb. 3),<br />

• dass der durchschnittliche Alkoholkonsum der österreichischen Erwachsenen bei 11 Gramm<br />

Reinalkohol pro Tag 14 liege,<br />

• dass 3,3% der ÖsterreicherInnen als „Alkoholmissbraucher“ 15 <strong>zu</strong> bezeichnen seien und<br />

• dass 0,4% der ÖsterreicherInnen durchschnittlich derartig extreme Alkoholmengen 16 konsumieren,<br />

dass sie in die Nähe des Alkoholismus <strong>zu</strong> rücken bzw. als alkoholabhängig <strong>zu</strong> bezeichnen<br />

sind.<br />

13) Da es um die Schät<strong>zu</strong>ng der Durchschnittsproduktion als Vergleichswert für die Erhebung 2004 ging wurden hier die<br />

Mengen des durchschnittlichen Jahres 2002 und nicht die Spitzenwerte von 2003 verwendet. In Abb. 2 wurde im Gegensatz<br />

da<strong>zu</strong> auf das letzte ausgewertete Produktionsjahr 2003 Be<strong>zu</strong>g genommen.<br />

14) Errechnet auf Basis des detailliert angegebenen Alkoholkonsums über die letzte Woche.<br />

15) Als „AlkoholmissbraucherInnen“ bezeichnen wir hier Personen, die im Tagesschnitt mehr als die Gefährdungsgrenze<br />

trinken; d.h.: Frauen mehr als 40 Gramm Reinalkohol / Männer mehr als 60 Gramm Reinalkohol.<br />

27


Abb. 3: Diskrepanz zwischen unkorrigiertem Befragungsergebnis und der realitätsangepassten<br />

Berechnung<br />

Anmerkung: Die Daten <strong>zu</strong>r Grafik in Abb. 3 finden sich auch in Tab. 2<br />

Wie weit mittels der Umfragemethode der tatsächliche Alkoholkonsum unterschätzt wird, kann<br />

man auch hier durch Heranziehen anderer Datenquellen und Berechnungen aufklären. Denn aus<br />

Abb. 3 wird offensichtlich, dass zwischen den Rohergebnissen und den realitätsangepassten Werten<br />

eine beachtliche Diskrepanz besteht.<br />

• Aus offiziellen Statistiken über Erzeugung, Import und Export von Alkohol geht hervor, dass<br />

der durchschnittliche Konsum in Österreich derzeit bei 27 Gramm Reinalkohol pro Tag liegt<br />

(Uhl et al., 2006).<br />

• Unter Heranziehung diverser gesundheitsbezogener Statistiken (Spitalsentlassungsstatistik,<br />

Todesursachenstatistik etc.) sowie unter Berücksichtigung vorhandener Schät<strong>zu</strong>ngen <strong>zu</strong>r Prävalenz<br />

des Alkoholismus kann man schätzen, dass rund 5% der Erwachsenen in Österreich als<br />

alkoholkrank <strong>zu</strong> bezeichnen sind (Uhl, 1994); ein Kennwert, der sich über lange Jahre als relativ<br />

stabil herauskristallisiert hat.<br />

• Wenn man diese beiden Werte als Grundlage heranzieht, kann man ferner errechnen, dass<br />

tatsächlich rund 16% der erwachsenen ÖsterreicherInnen als „Alkoholmissbraucher“ <strong>zu</strong> klassifizieren<br />

sind, wie wir weiter unten ausführen werden.<br />

4.2.2.1 Problemfeld: Definition von „Alkopops“ und deren Stellenwert<br />

Da Alkopops derzeit in der Öffentlichkeit ein wichtiges Thema darstellen, war es von Bedeutung,<br />

bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ auch den Alkopopkonsum <strong>zu</strong> erfassen, wobei vorausgeschickt<br />

werden soll, dass der Anteil der Alkopops am Gesamtalkoholkonsum eine vernachlässigbare<br />

Größe darstellt. Alkopops waren die Antwort der Alkoholindustrie auf den rückläufigen Alkoholkonsum<br />

und zielen von ihrem Marketing her vor allem auf jugendliches Publikum, weswegen Alkopops<br />

schon seit einigen Jahren zentraler Inhalt der alkoholpolitischen Diskussion sind. Alkopops<br />

(auch als „Prämixgetränke“, „Ready to Drink – RTD“ oder „Designer Drinks“ bezeichnet) sind fertig<br />

gemixte, süße, kohlensäurehältige Limonaden, die mit Spirituosen, Bier, Sekt oder Wein gemischt<br />

sind und in poppiger Aufmachung verkauft werden.<br />

16) Als „extreme AlkoholkonsumentInnen“ bezeichnen wir hier Personen, die im Tagesschnitt mehr als das Doppelte der<br />

Gefährdungsgrenze trinken; d.h.: Frauen mehr als 2 * 40 Gramm = 80 Gramm Reinalkohol / Männer mehr als 2 * 60<br />

Gramm = 120 Gramm Reinalkohol.<br />

28


Klassische Alkopops existieren auf dem europäischen Markt seit 1995, in Deutschland und Österreich<br />

sind sie seit 2003 Gegenstand einer öffentlichen Diskussion. Der Hauptkritikpunkt an der<br />

Einführung der Alkopops durch die Industrie ist, dass diese von der poppigen Aufmachung und<br />

dem besonderen Marketing her ganz speziell auf ein junges Publikum zielen, und dass man infolge<br />

des hohen Zuckergehalts den Alkoholgehalt kaum bis gar nicht schmeckt, was – insbesondere bei<br />

alkoholunerfahrenen Jugendlichen – leicht <strong>zu</strong> einer Unterschät<strong>zu</strong>ng des konsumierten Alkohols<br />

führen kann. Alkopops haben meist einen Alkoholgehalt zwischen 5 und 6 Vol.-% Alkohol und<br />

werden der Regel in 275 ml Flaschen angeboten. Es gibt aber auch Alkopops mit einem erheblich<br />

höheren Alkoholgehalt und abweichende Flaschengrößen.<br />

Die sprachliche Abgren<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> anderen Prämixgetränken ist äußerst schwierig. Ob nicht süße<br />

Prämixgetränke, Prämixgetränke ohne Kohlensäure bzw. Prämixgetränke in Dosen oder Tuben als<br />

„Alkopops“ <strong>zu</strong> bezeichnen sind, wird derzeit noch unterschiedlich beantwortet. Ob man auch die<br />

nicht „poppig“ aufgemachten, aber vom süßen Geschmack her mit spirituosenhältigen Alkopops<br />

aber durchaus vergleichbaren, Bier-Prämixgetränke („Radler“) – meist in 1/2 Liter Flaschen abgefüllt<br />

mit ca. 2,5 Vol.-% Alkohol – oder gar in Flaschen vorgemischte gespritzte Weine („Spritzer“)<br />

<strong>zu</strong> den Alkopops zählen soll und kann, ist nicht eindeutig <strong>zu</strong> beantworten, weil es, wie z.B. „ginko“<br />

(2003) feststellte, nach wie vor keine einheitliche und exakte Definition des Begriffs „Alkopops“ –<br />

als Unterkategorie der alkoholhältigen Prämixgetränke – gibt. Wir werden in der Folge zwischen<br />

„spirituosenhältigen Prämixgetränken“ – also den klassischen Alkopops und „bierhältigen Prämixgetränken“<br />

also Radlern unterscheiden. Andere Prämixgetränke spielen derzeit am österreichischen<br />

Markt nur eine untergeordnete Rolle.<br />

Ein Trend, der sich in Großbritannien abzeichnet, sind mit aphrodisierenden Kräutern angereicherte<br />

Alkopops, die in der Szene als „Viagrapops“ bezeichnet werden. Ein deutscher Hersteller vertreibt<br />

seit 2004 – hauptsächlich im Online-Versandhandel – Alkopops in Pulverform, die jedoch aufgrund<br />

des von KonsumentInnen nicht sehr attraktiv geschilderten Geschmacks, eines komplizierten<br />

Handlings beim Auflösen des Pulvers und des relativ hohen Preises kaum Absatz finden.<br />

Häufig werden spezielle Alkopopsteuern bzw. ein höheres Schutzalter für Alkopops gefordert, womit<br />

die Problematik einhergeht, dass dann in den entsprechenden Gesetzen definiert werden<br />

muss, welche Getränke als „Alkopops“ im Sinne dieser Gesetze <strong>zu</strong> verstehen sind. In einigen Staaten<br />

(z.B. Frankreich, Schweiz oder Deutschland) wurden derartige Sondersteuern auf manche spirituosenhältigen<br />

Prämixgetränke auch eingeführt. Um die Definitionsprobleme auf<strong>zu</strong>zeigen sei auf<br />

das seit Juli 2004 gültige deutsche Alkopopsteuergesetz (AlkopopSTG, 2004) und auf das seit Jänner<br />

2004 gültige Schweizer Alkopopsteuergesetz (Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,<br />

2004) verwiesen:<br />

• Im Absatz 1 des deutschen Alkopopsteuergesetz werden Alkopops als „alkoholhaltige Süßgetränke“<br />

eingeführt und die explizite Definition von „Alkopops“ im Absatz 2 ist: „spirituosenhältige<br />

in verschlossenen Behältern trinkfertig gemischte Getränke mit einem Alkoholgehalt zwischen<br />

1,2 und 10 Vol.-%“. Der Zuckergehalt der <strong>zu</strong>nächst als „Süßgetränke“ bezeichneten Alkopops<br />

wird nicht präzisiert, und Kohlensäure, die in gängigen Beschreibungen von Alkopops<br />

immer wieder <strong>zu</strong> finden ist, wird nicht erwähnt. (Der <strong>zu</strong>vor erwähnte Hersteller des Alkopop-<br />

Pulvers umgeht übrigens dieses Gesetz, indem er sein Mixgetränk nicht „trinkfertig“ anbietet.)<br />

• Die Schweizer Alkopopsteuer wieder definiert Alkopops als „konsumfertig in Flaschen oder anderen<br />

Behältnissen gemischte spirituosenhältige Mixgetränke mit einem Alkoholgehalt unter 15<br />

Vol.-% und einem Zuckeranteil von mindestens 5 Gew.-%. Kohlensäure wird auch hier nicht<br />

erwähnt.<br />

Sowohl die deutsche als auch die Schweizer Bestimmungen inkludieren also keine Prämixgetränke,<br />

die durch Mischungen mit Bier, Wein oder Obstwein erzeugt wurden.<br />

In den Staaten, die Sondersteuern auf spirituosenhältige Prämixgetränke eingeführt haben, wird<br />

der seit einiger Zeit <strong>zu</strong> beobachtende Umsatzrückgang bei den betroffenen Produkten auf die Einführung<br />

dieser steuerlichen Maßnahmen <strong>zu</strong>rückgeführt, was <strong>zu</strong>nächst auch sehr plausibel erscheint.<br />

Kaum jemand zieht in Erwägung, dass dieser Absatzrückgang auch ein maßnahmenunabhängiger<br />

Trend sein könnte. Letzteres erscheint jedoch durchaus plausibel, wenn man historische<br />

Beispiele und die Entwicklung des Alkopopmarkes in Österreich berücksichtigt (Uhl et al., 2005a).<br />

So hat es in den letzten drei Jahrzehnten bereits einige analoge Wellen mit süßen alkoholhältigen<br />

29


Mischgetränken, z.B. „Wine Coolers“ (vgl. Montgomery, 2004; Kusserow, 1991), gegeben, die sich<br />

allerdings immer bloß als relativ kurzlebige Modeerscheinung herausgestellt haben (Room, 2004).<br />

Besonders aussagekräftig ist hier aber die aktuelle Entwicklung in Österreich, wo keine Maßnahmen<br />

gegen spirituosenhältige Prämixgetränke gesetzt wurden – wodurch sich die aus der Forschungsperspektive<br />

günstige Situation eines natürlichen Experiments ergab. Obwohl keine Maßnahmen<br />

gesetzt wurden ergab sich vom Absatzhöhepunkt 2003 bis 2005 ein Umsatzeinbruch um<br />

fast 2/3 (61%) (vgl. Abb. 56, S.70). Der Absatzrückgang von 2003 bis 2004 war in Deutschland<br />

(von 0,7% auf 0,3% des Gesamtreinalkoholkonsums, Bundesministerium der Finanzen, 2005)<br />

zwar etwas stärker als der Rückgang in Österreich in diesem Zeitraum (von 0,9% auf 0,6%), aber<br />

bereits 2005 betrug der Anteil auch in Österreich bloß noch 0,4% am Gesamtalkoholkonsum (Abb.<br />

56). Erwähnenswert ist hier auch, dass in Deutschland die Industrie, als Reaktion auf die Alkopopsteuer,<br />

nunmehr verstärkt auf bierhältige und weinhältige Alkopops setzt (Bundesministerium<br />

der Finanzen, 2005), während sich eine analoge Entwicklung in Österreich nicht abzeichnet. Bezüglich<br />

des Rückgangs in Österreich, als Land, das explizit keine gesetzlichen Maßnahmen gegen<br />

Alkopops gesetzt hat, wo aber die Diskussion sehr wohl auch stattgefunden hat bzw. stattfindet,<br />

könnte man auch einen gewissen „Sogeffekt“ vermuten; d.h. dass die öffentliche Debatte und die<br />

Entwicklung in den Nachbarstaaten eine Sensibilisierung der Alkoholindustrie bewirkt haben, die<br />

daraufhin – eventuellen imageschädigenden gesetzlichen Maßnahmen vorgreifend – mit einer Zurücknahme<br />

der offensiven Marketingstrategien bei Alkopops reagiert hat.<br />

Ob Prämixgetränke nun durch den Zusatz von Spirituosen, die <strong>zu</strong>vor aus vergorenen Getränken<br />

destilliert und dann Limonaden <strong>zu</strong>gefügt werden, oder direkt durch den Zusatz von vergorenen<br />

Getränken <strong>zu</strong> Limonaden erzeugt werden, ist sowohl für die Erzeuger als auch für die KonsumentInnen<br />

bedeutungslos. Insbesondere in der deutschen Alkopop-Diskussion wurde allerdings als<br />

Argument gegen die Alkopops immer wieder vertreten, dass der Zusatz von gebrannten Alkoholika<br />

das besonders Gefährliche sei; eine Meinung die aus medizinischer Sicht jedoch nicht <strong>zu</strong>treffend<br />

ist, weil allein die Höhe des Alkoholgehaltes für die Wirkung ausschlaggebend ist. Die Alkoholindustrie<br />

kann also durch eine Umstellung der Erzeugungsform steuerliche Maßnahmen und unterschiedliche<br />

Schutzalter für spirituosenhältige Alkopops problemlos umgehen.<br />

Weiters wird die oft behauptete Sonderposition der Alkopops als Einstiegshilfe in den Alkoholkonsum<br />

für jene Kinder und Jugendliche, die aus geschmacklichen Gründen nicht <strong>zu</strong> Bier, Wein oder<br />

Spirituosen greifen, erheblich überschätzt. Es gibt viele funktional gleichwertige süße alkoholische<br />

Getränke, die nicht als „Alkopops“ bezeichnet werden, wie z.B. die nicht poppig aufgemachten<br />

vorfabrizierten Bier-Prämixgetränke (Radler), und solche, die nie als „Alkopops“ bezeichnet werden,<br />

wie Liköre (z.B. Cointreau, Baileys, Eierlikör usw.), oder aufgespritete 17 Dessertweine (z.B.<br />

Portwein, Sherry usw.). Auch nicht-vorgemischte Mixgetränke (z.B. Cola-Rum, Tee oder Kakao mit<br />

Rum, Cocktails, selbst gemischte Radler, Rotwein-Cola, Red Bull-Rotwein und vieles mehr) sind<br />

funktional äquivalente Alternativen <strong>zu</strong> den spirituosenhältigen Alkopops. Auch süße Beerenweine<br />

sowie Obstschaumweine (z.B. Ribiselwein oder Marillensekt) haben Kindern und Jugendlichen,<br />

aber natürlich auch alkoholunerfahrenen Erwachsenen, über Jahrzehnte als Einstiegshilfe in den<br />

Alkoholkonsum gedient.<br />

Die unklare Abgren<strong>zu</strong>ng der Kategorie „Alkopops“ gegen die Gesamtgruppe der Prämixgetränke<br />

und der Umstand, dass viele Menschen, trotz sensationsorientierter medialer Berichterstattung, mit<br />

diesem Begriff wenig an<strong>zu</strong>fangen wissen, stellt bei der umfragebasierten Erhebungen des Alkopopskonsums<br />

bei der gegenständlichen Untersuchung eine erhebliche Schwierigkeit dar. Aus den<br />

eben dargelegten Gründen wird offensichtlich, dass man nicht einfach nach „Alkopopkonsum“ fragen<br />

kann, sondern das jeweilige Zielkriterium umständlich umschreiben müsste, was wiederum <strong>zu</strong><br />

einer un<strong>zu</strong>mutbaren Komplexität und Länge der Befragung führen würde. Bei der Erarbeitung der<br />

Fragen für die „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ wurde diese Problematik dahingehend gelöst, dass<br />

bloß der Konsum von Prämixgetränken und der Konsum von nicht-vorgemischten Mixgetränken<br />

erhoben werden sollte. Die konkreten Formulierungen waren (1) „fertig in Flaschen gefüllte Mischgetränken<br />

(wie Hooch oder Breezer)“ und (2) „andere alkoholische Mischgetränke“.<br />

17) „Aufspriten“ eines Getränks bedeutet mit Spirituosen versetzen, um den Alkoholgehalt <strong>zu</strong> erhöhen<br />

30


4.2.2.2 Systematische Fehler durch die Erhebung über Standardglas<br />

Da für die Erhebung des Wochenkonsums das Konzept des „österreichischen Standardglases“ á<br />

20g Reinalkohol (angenommenes Äquivalent für: ein halber Liter Bier, ein halber Liter Most, ein<br />

Viertel Liter Wein, drei kleine Schnäpse á 2cl, ein Achtel Liter Likör etc.) unumgänglich nötig war,<br />

wurde <strong>zu</strong>nächst der Vortagskonsum präzise über Art und Menge des Getränkes quantifiziert und<br />

darauf aufbauend in Standardglaseinheiten umgerechnet. Anschließend wurde der Alkoholkonsum<br />

der Vorwoche pro Wochentag in Standardglaseinheiten abgefragt, wobei der Interviewer die Befragten<br />

bei der Umrechnung der konkreten Trinkmengen unterstützte. Angesichts vieler unterschiedlicher<br />

Flaschengrößen, Glasgrößen und Alkoholgehalte war sowohl den InterviewerInnen als<br />

auch den Befragten nur ein approximativer Zugang mit Näherungswerten <strong>zu</strong><strong>zu</strong>muten. Ganz präzise<br />

Mengenangaben und Angaben des Alkoholgehalts überfordern erfahrungsgemäß die Befragten<br />

und InterviewerInnen und führen in der Folge nicht <strong>zu</strong> mehr Präzision, sondern <strong>zu</strong> Unmut und<br />

schlechterer Qualität. Der bei dieser Erhebungsmethode nicht vermeidbare systematische Fehler<br />

sollte bei den Interpretationen mitreflektiert werden.<br />

Um das Problem etwas <strong>zu</strong> verdeutlichen:<br />

• Bei einem Wein mit 10 Vol.-% und einem Bier mit 5 Vol.-% ergibt ein halber Liter Bier oder ein<br />

Viertel Liter Wein (Standardglas) genau 20g Reinalkohol. Fast alle Weine haben aber einen höheren<br />

Alkoholgehalt und auch bei Bier liegt der Alkoholgehalt im Durchschnitt etwas höher.<br />

• Ungenau ist die Gleichset<strong>zu</strong>ng auch bei vergorenem Most, der durchschnittlich nicht 5 Vol.-%<br />

sondern 6 Vol.-% Alkohol aufweist, weswegen ein halber Liter vergorenen Most tatsächlich<br />

mehr als 20g Reinalkohol enthält.<br />

• Besonders ungenau ist dieser approximative Zugang bei Spirituosen. Die Standardglasberechnung<br />

ergibt nur bei Schnäpsen mit genau 40 Vol.-% und bei Likören mit genau 20 Vol.-% korrekte<br />

Mengen – es gibt hier aber eine breite Palette an unterschiedlichen Alkoholgehalten.<br />

• Bei Prämixgetränken enthält ein durchschnittlicher spirituosenhältiger Alkopop (eine Flasche<br />

bzw. Dose mit 275 ml und 6 Vol.-% Alkoholgehalt) rund 13g Reinalkohol und sollte daher mit<br />

2/3 Standardglas kodiert werden. Ein in Flaschen verkaufter Radler (der durchschnittlich aus<br />

50% Bier besteht) sollte mit 1/2 Standardglas eingetragen werden. Die Angaben der Befragen<br />

und deren Vergleich <strong>zu</strong>m tatsächlichen Verbrauch (vgl. Kap. 4.11.3, S. 70) lässt allerdings<br />

vermuten, dass in der überwiegenden Zahl der Fälle eine Flasche Prämixgetränk als Standardglas<br />

kodiert wurde, was <strong>zu</strong> einer systematischen Überschät<strong>zu</strong>ng des Prämixgetränkekonsums<br />

führte. Diesem Problem sollte bei ähnlichen Untersuchungen in der Zukunft durch präzisere Instruktionen<br />

begegnet werden.<br />

• Zur Restkategorie „andere alkoholische Mischgetränke“ gehören alle nicht trinkfertig in Flaschen<br />

bzw. Dosen gefüllten, also erst vor dem Konsum gemischten alkoholischen Mischgetränke<br />

auf Spirituosen-, Wein- und Bierbasis, wie „Tee Rum“, Longdrinks, Cocktails, Punsch,<br />

Sangria, Bowle, Spritzer, Radler und viele andere privat und in der Gastronomie gemischte Getränke.<br />

Die Interviewer sollten bei der Berechnung der Standardgläser aktiv mithelfen um die<br />

enthaltenen Spirituosen-, Wein- oder Biermengen <strong>zu</strong> bewerten. Es steht aber außer Frage,<br />

dass das häufig nur sehr unpräzise möglich ist. Wer weiß schon wieviel Spirituosen in einem<br />

nicht selbst gemischten Cocktail enthalten sind bzw. wieviel Wein, Sekt und Spirituosen man<br />

mit einer angebotenen Erdebeerbowle <strong>zu</strong> sich nimmt.<br />

4.2.3 Kombinationsmethode nach Uhl & Springer<br />

Mit der Umfragemethode kann man also differenzielle Ergebnisse für Subgruppen erzielen. Die so<br />

erzielten Gesamtkonsummengen liegen allerdings weit unter den tatsächlichen Werten. Mit der<br />

Statistikmethode kann man zwar den Gesamtkonsum relativ genau schätzen und durch Hin<strong>zu</strong>rechnen<br />

des nicht offiziell erfassten Konsums aus Umfrageergebnisse sehr realitätsnahe Ergebnisse<br />

erlangen, aber man kann keine differenziellen Aussagen über den Konsum von Teilpopulationen<br />

formulieren. Es ist daher naheliegend, die beiden Methoden <strong>zu</strong> verbinden, um die Präzision der<br />

einen Methode mit der Teilgruppenanalysemöglichkeit der anderen Methode sinnvoll <strong>zu</strong> kombinieren.<br />

31


In der gegenständlichen Untersuchung wurde diese Kombinationsmethode analog <strong>zu</strong> der bereits<br />

vor 10 Jahren entwickelten und bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 1993/94“ angewandten Strategie<br />

(Uhl & Springer,1996) realisiert. Auf die Details dieses Kombinations<strong>zu</strong>gangs wird im nächsten<br />

Abschnitt genauer eingegangen.<br />

4.2.3.1 Die Korrektur systematischer Verzerrungen im Sinne der<br />

Kombinationsmethode<br />

Die Kombinationsmethode nach Uhl und Springer baut auf Umfragedaten auf und verwendet ein<br />

komplexes dreistufiges Korrekturverfahren:.<br />

• Schritt 1: „Vergessens Korrektur“:<br />

Der Grundgedanke dieses Korrekturansatzes ist, dass der durchschnittliche Alkoholkonsum in<br />

einer Bevölkerung an einem bestimmten Wochentag (z.B. an einem durchschnittlichen Samstag)<br />

ein bestimmtes Ausmaß hat, d.h. man müsste <strong>zu</strong> identischen Ergebnissen gelangen,<br />

wenn man eine Stichprobe am auf den Samstag folgenden Sonntag oder erst am Montag oder<br />

noch später befragt. Nun zeigt sich aber, dass der erinnerte Konsum für einen bestimmten<br />

Wochentag abhängig vom Befragungszeitpunkt ist, konkret mit <strong>zu</strong>nehmendem Abstand zwischen<br />

Konsum und Befragung abnimmt. Darauf aufbauend kann man Aussagen über das<br />

Ausmaß dieser Unterschät<strong>zu</strong>ng mit Abstand der Befragung vom Konsumtag errechnen (hier<br />

als „Vergessensfehler“ bezeichnet) und pro Wochentag und pro Abstand zwischen Konsum und<br />

Befragung einen Korrekturfaktor ermitteln, mit dem es möglich ist, den Erinnerungsverlust<br />

multiplikativ <strong>zu</strong> kompensieren (vgl. Kap. 4.2.3.5).<br />

• Schritt 2: „Undersampling Korrektur“:<br />

Um den Anteil der in der Stichprobe nicht repräsentativ erfassten AlkoholikerInnen aus<strong>zu</strong>gleichen,<br />

wurde der fehlende Anteil da<strong>zu</strong>geschätzt. Das Ausmaß des Undersamplings wurde in der<br />

gegenständlichen Untersuchung nicht neuerlich berechnet, sondern auf die aus der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

93/94“ bekannten Werte <strong>zu</strong>rückgegriffen. Bei dieser Erhebung war ein Alkoholismus-Screening-Fragebogen<br />

mit bekannter Sensitivität und Spezifität beigefügt worden, was<br />

ermöglicht, mit einfacher Wahrscheinlichkeitsrechnung die tatsächliche Alkoholismusrate <strong>zu</strong><br />

schätzen. 1993/94 wurde errechnet, dass nur rund 25% der AlkoholikerInnen mit dieser Bevölkerungsbefragung<br />

erfasst worden waren, was einem Alkoholiker-Undersampling von 75%<br />

entspricht. Die rechnerische Ergän<strong>zu</strong>ng der fehlenden AlkoholikerInnen <strong>zu</strong>r Stichprobe erfolgt<br />

in der gegenständlichen Untersuchung – analog <strong>zu</strong>r Erhebung 93/94 – proportional <strong>zu</strong>r Anzahl<br />

der „problematischen AlkoholkonsumentInnen“ 18 pro Teilgruppe nach Geschlecht und Alter.<br />

Der Durchschnittskonsum der AlkoholikerInnen wurde mit jener Menge Reinalkohol festgelegt,<br />

die von PatientInnen des Anton-Proksch-Instituts vor Behandlungsbeginn als Wochenkonsum<br />

angegeben worden war 19 , wobei ferner eine – bei Alkoholabhängigen durchaus plausible –<br />

annähernd gleichmäßige Verteilung des Wochenkonsums über die 7 Wochentage <strong>zu</strong>grunde gelegt<br />

wurde. Der Gesamtanteil der alkoholkranken ab-15-jährigen Frauen wurde aufgrund dieser<br />

Berechnung mit 2,5% und jener der alkoholkranken ab-15-jährigen Männer mit 7,5% angenommen<br />

(vgl. Kap. 4.2.3.3).<br />

• Schritt 3: „Underreporting Korrektur“:<br />

Die nach den beiden genannten Korrekturen noch verbleibende Differenz des aus der Bevölkerungsumfrage<br />

errechneten durchschnittlichen Konsums <strong>zu</strong>m über Erzeugung, Import und Export<br />

geschätzten Durchschnittsalkoholkonsum pro Erwachsenen und Tag (vgl. Abb. 6.) wurde<br />

dadurch ausgeglichen, dass die bereits undersampling- und vergessensadjustierten Konsummengen<br />

so hochgerechnet wurden, dass sich der Durchschnittsalkoholkonsum pro Erwachsenen<br />

und Tag des Jahres 2003 von 27,4 Gramm ergab.<br />

18) Als „problematischen Alkoholkonsum“ wird eine Alkoholmenge bezeichnet, die im Tagesschnitt über der Gefährdungsgrenze<br />

liegt; d.h.: Frauen mehr als 40 Gramm Reinalkohol / Männer mehr als 60 Gramm Reinalkohol.<br />

19) 226g Reinalkohol für Männer und 130g Reinalkohol für Frauen (Uhl, 1994).<br />

32


In Tab. 2 werden die Werte der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ jenen der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

93/94“ gegenübergestellt 20 . Aus technischen Gründen des Datenmanagements wurde bei der<br />

praktischen Berechnung die Reihenfolge der Schritte 2 und 3 vertauscht.<br />

Tab. 2: Durchschnittlicher Alkoholkonsum der Ab-15-Jährigen nach den jeweiligen<br />

Korrekturschritten bei den <strong>Repräsentativerhebung</strong>en „RE 1993/94“ und „RE 2004“<br />

Undersamplingbias<br />

Underreportingbias<br />

Vergessensbias<br />

Gesamtdiskrepanz<br />

Undersamplingbias<br />

Underreportingbias<br />

Vergessensbias<br />

Gesamtdiskrepanz<br />

„<strong>Repräsentativerhebung</strong> 93/94“<br />

Diskrepanz<br />

relativer Anteil an der Gesamtdiskrepanz<br />

24,4g statt<br />

31,2g<br />

6,8g 35%<br />

17,6g statt<br />

24,4g<br />

6,8g 35%<br />

11,8g statt<br />

17,6g<br />

5,8g 30%<br />

11,8g statt<br />

31,2g<br />

19,4g 100%<br />

„<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“<br />

Diskrepanz<br />

relativer Anteil an der Gesamtdiskrepanz<br />

20,8g statt<br />

27,4g<br />

6,6g 41%<br />

16,7g statt<br />

20,8g<br />

4,1g 26%<br />

11.4g statt<br />

16,7g<br />

5.3g 33%<br />

11.4g statt<br />

27,4g<br />

16,0g 100%<br />

Anmerkung: Daten 2004: F32xxxx<br />

(durchschnittlicher Alkoholkonsum pro Tag der letzten Woche - vergessens-, underreporting- und undersamplingadjustiert),<br />

Daten 1993/94: Uhl & Springer (1996)<br />

Es steht hier außer Frage, dass die für die drei genannten Korrekturen notwendigen Proportionalitätsannahmen<br />

nicht perfekt erfüllt sind. So ist z.B. sehr plausibel, dass Personen, die weniger<br />

und/oder regelmäßiger trinken, sich an die konsumierte Wochenalkoholmenge besser erinnern<br />

können als Personen, die unregelmäßig und viel trinken. Eine genauere Untersuchung dieser Phänomene,<br />

um noch präzisere Korrekturverfahren begründen <strong>zu</strong> können, wäre zwar wünschenswert,<br />

solange derartige Daten <strong>zu</strong>r Feinabstimmung jedoch nicht vorliegen, ist es zweckmäßig, die drei<br />

Korrekturmethoden in der dargestellten Form <strong>zu</strong> realisieren. Die international übliche unmittelbare<br />

Interpretation der Befragungsrohdaten bewirkt, wie gezeigt wurde, eine so erhebliche Unterschät<strong>zu</strong>ng<br />

des Alkoholkonsums, dass diese Vorgangsweise absolut nicht <strong>zu</strong> rechtfertigen ist.<br />

Wenn nicht anders angeben, beziehen sich die nun folgenden Angaben über Alkoholkonsummenge<br />

und -konsumfrequenzen immer auf die „undersampling-, vergessens- und underreporting korrigierten<br />

Werte“.<br />

4.2.3.2 Die Verlässlichkeit der Schät<strong>zu</strong>ngen<br />

Wenn große Stichproben <strong>zu</strong>r Verfügung stehen und wenn die Befragungszeitpunkte gleichmäßig<br />

über die sieben Wochentage verteilt sind, so ist die underreporting- und undersamplingadjustierte<br />

Angabe des Vortageskonsums (F31xxxx 3 ) eine relativ verlässliche Schät<strong>zu</strong>ng des Alkoholdurchschnittskonsums<br />

pro Tag. Da 68% der Befragten am Vortag keinen Alkohol getrunken haben und<br />

da wenige Personen extrem hohe Alkoholmengen konsumieren (sehr schiefe Werteverteilung), ist<br />

es für Teilgruppenauswertungen jedoch sinnvoller, auf den durchschnittlichen Tageskonsum im<br />

Sinne eines Siebentels des vergessens-, underreporting- und undersamplingadjustierten Letztwo-<br />

20) Die Grammangaben pro Korrekturschritt dienen der Anschaulichkeit und sind streng genommen inadäquat. Da die<br />

Korrekturen multiplikativ erfolgen, sind eigentlich nur die Prozentangaben und nicht absoluten Unterschiede sinnvoll interpretierbar.<br />

Nur erstere sind nämlich nicht von der Reihenfolge, in der die Korrekturschritte durchgeführt werden, abhängig.<br />

33


chenkonsums (F32xxxx) <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>greifen. Über die letzte Woche hinweg gibt es nur 40% Nullkonsumangaben<br />

und die Verteilung ist deutlich weniger schief. Daher sind die Schät<strong>zu</strong>ngen wesentlich<br />

stabiler.<br />

4.2.3.3 Grundlage für die Undersampling Korrektur: Zahl der AlkoholikerInnen in<br />

Österreich<br />

Anhand von Spitalsentlassungsdiagnosen, dem Anteil erstmals behandelter AlkoholikerInnen<br />

im Anton-Proksch-Institut und einer Dunkelzifferabschät<strong>zu</strong>ng hat Uhl (1994) grob geschätzt, dass<br />

im Querschnitt rund 5% der Ab-15-jährigen ÖsterreicherInnen als „AlkoholikerInnen“ <strong>zu</strong> klassifizieren<br />

sind (Bei 6,8 Millionen ÖsterreicherInnen in diesen Altersgruppen ergibt das für das Jahr 2004<br />

rund 340.000 AlkoholikerInnen. Der Frauenanteil unter den AlkoholikerInnen, der 1994 noch mit<br />

20% geschätzt wurde, ist in der Dekade seit damals auf 25% angewachsen (Uhl & Kobrna, 2003).<br />

Aus dem Umstand, dass Alkoholiker durchschnittlich um das 26. Lebensjahr und Alkoholikerinnen<br />

um das 34. Lebensjahr an Alkoholismus erkranken (Uhl, 1994), weiters dem Umstand, dass<br />

Alkoholiker durchschnittlich um 17 Jahre und Alkoholikerinnen durchschnittlich um 20 Jahre früher<br />

sterben als nicht an Alkoholismus Erkrankte (Bühringer et al., 2000), und ausgehend von einer<br />

durchschnittlichen Lebenserwartung von 75 Jahren für Männer und von 81 Jahren für Frauen<br />

ergibt sich, dass der Anteil jener Personen, die im Laufe ihres Lebens an Alkoholismus erkranken<br />

(Gesamtlebenszeitprävalenz), bei Männern rund 14%, bei Frauen rund 6% und für beide<br />

Geschlechter gemeinsam rund 10% beträgt (Uhl & Kobrna, 2003). Zum Zeitpunkt des Todes sind<br />

daher rund 14% der Männer und rund 6% der Frauen an Alkoholismus erkrankt.<br />

Tab. 3: Prävalenz, Gesamtlebenszeitprävalenz und Inzidenz des chronischen Alkoholismus in<br />

Österreich<br />

Prävalenz<br />

(Zahl der AlkoholikerInnen im<br />

Querschnitt)<br />

Gesamtlebenszeitprävalenz<br />

(Zahl jener, welche die Krankheit<br />

im Laufe ihres Lebens<br />

durchmachen)<br />

Quelle: Uhl & Kobrna (2003) plus Aktualisierungen<br />

Männer Frauen Männer und Frauen<br />

7,5%<br />

der Jugendlichen und<br />

Erwachsenen ab dem 15.<br />

Geburtstag<br />

ca. 255.000 Personen<br />

14%<br />

der Geborenen<br />

34<br />

2,5%<br />

der Jugendlichen und<br />

Erwachsenen ab dem 15.<br />

Geburtstag<br />

ca. 85.000 Personen<br />

6%<br />

der Geborenen<br />

5%<br />

der Jugendlichen und<br />

Erwachsenen ab dem 15.<br />

Geburtstag<br />

ca. 340.000 Personen<br />

10%<br />

der Geborenen<br />

Die Schät<strong>zu</strong>ngen der Alkoholismusprävalenz für Männer und Frauen, sowie das Ergebnis der<br />

„<strong>Repräsentativerhebung</strong> 93/94“ (Uhl & Springer, 1996), das zeigte, dass nur 25% der AlkoholikerInnen<br />

bei Bevölkerungsbefragungen erfasst werden, stellten die Grundlagen für die „Undersampling<br />

Korrektur“ bei der gegenständlichen Untersuchung dar.<br />

4.2.3.4 Übermortalitätsbias: Überschät<strong>zu</strong>ng der Abnahme des Alkoholkonsums im<br />

Alter<br />

Im letzten Abschnitt wurde ausgeführt, dass <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Todes 10% der ÖsterreicherInnen<br />

an Alkoholismus erkrankt sind und dass AlkoholikerInnen durchschnittlich 17 Jahre (Männer) bzw.<br />

20 Jahre (Frauen) früher sterben. Betrachtet man den Alkoholkonsum eines Geburtsjahrgangs<br />

(Alterskohorte) über den Verlauf des gesamten Lebens, so führt die Übermortalität der<br />

AlkoholikerInnen beginnend ab dem 50. Lebensjahr zwangsläufig <strong>zu</strong> einer systematischen Verzerrung<br />

des durchschnittlichen Konsumverlaufs ab diesem Alter – man kann hier von einem Übermortalitätsbias<br />

sprechen, der hier modellhaft dargestellt werden soll.<br />

Die durchgezogene Linie in Abb. 4 stellt die Prognose der künftigen Konsummenge für eine Alterskohorte<br />

von 50-jährigen Männern dar, die <strong>zu</strong>nächst durchschnittlichen 45g Reinalkohol pro Tag<br />

konsumieren, sofern folgende Annahmen <strong>zu</strong>treffen:


(1) Die Übermortalität der Alkoholiker beginnt sich in etwa ab dem 50 Lebensjahr relevant aus<strong>zu</strong>wirken.<br />

(2) Die Lebenserwartung von Alkoholikern ist um 17 Jahre verringert.<br />

Weiters geht diese Modellberechnung von den Annahmen aus, dass<br />

(3) das Sterberisiko durch Alkoholismus <strong>zu</strong> jedem Zeitpunkt um einen konstanten Faktor erhöht<br />

wird und dass<br />

(4) alle Männer zwischen dem 50. Lebensjahr und ihrem Tod die konsumierte Alkoholkonsummenge<br />

konstant halten.<br />

Die gestrichelte Line zeigt jenen Durchschnittskonsum, der sich ergäben würde, wenn es keinen<br />

Übermortalitätsbias gäbe (also wenn die Annahmen (1) und (2) nicht <strong>zu</strong>treffen würden), oder anders<br />

ausgedrückt, wenn die Mortalität von Alkoholikern und Nicht-Alkoholikern identisch wäre, oder<br />

noch anders ausgedrückt, wenn Alkoholiker kein überproportional höheres Sterberisiko hätten.<br />

Abb. 4: Übermortalitätsbias – Alkoholikeranteil (Modell)<br />

Ergibt sich anhand empirischer Daten nun eine Kurve, die zwar eine fallende Tendenz aufweist,<br />

aber nicht so stark ausgeprägt ist wie die durchgezogene Linie in Abb. 4, so bedeutet das – im<br />

Gegensatz <strong>zu</strong>r intuitiven Interpretation der fallenden Linie als Indikator für rückläufigen Alkoholkonsum<br />

– dass der Alkoholkonsum jener, die nicht verstorben sind, <strong>zu</strong>nimmt.<br />

Eine beobachtete Kurve, die zwischen den beiden skizzierten Linien <strong>zu</strong> liegen kommt, ist also nicht<br />

mit sinkendem Konsum gleich <strong>zu</strong> setzen, ebenso wie eine Kurve mit waagrechtem Verlauf nicht<br />

mit konstant bleibendem Durchschnittskonsum gleich <strong>zu</strong> setzen ist. In beiden Fällen bedeutet dieser<br />

Verlauf tatsächlich eine Zunahme des Alkoholkonsums bei jenen, die nicht verstorben sind.<br />

Derartige Kurvenverläufe können sich nämlich nur dann ergeben, wenn die Überlebenden den<br />

Ausfall der vorzeitig verstorbenen starken Trinker durch eine deutliche Konsumsteigerung kompensieren.<br />

Da die 5% AlkoholikerInnen unter den Ab-15-Jährigen rund 1/3 des insgesamt in Österreich<br />

getrunkenen Reinalkohols konsumieren, muss eine erhebliche Menge kompensiert werden.<br />

Präzise Aussagen über das Ausmaß des Übermortalitätsbias und eine darauf aufbauende Korrektur<br />

des durchschnittlichen Alkoholkonsums, der Zahl der AlkoholmissbraucherInnen und der täglichen<br />

AlkoholkonsumentInnen (z.B. betreffend Abb. 17 ff.) sind derzeit nicht möglich – und fließen daher<br />

auch nicht in die Interpretation der gegenständlichen Untersuchung ein. Es liegen keine detaillierten<br />

Daten über die Zahl der Menschen vor, die in einem bestimmten Lebensalter an Alkoholismus<br />

erkrankt sind. Neben der allgemeinen Sterbetafel existiert keine gesonderte Sterbetafel für AlkoholikerInnen,<br />

aus der man diese Angaben entnehmen könnte. Modellhafte, grobe Schät<strong>zu</strong>ngen wie in<br />

Abb. 4 sind allerdings aufgrund des vorhandenen Wissens möglich. Eine der wesentlichsten Folgen<br />

des Übermortalitätsbias ist, dass das tatsächliche Ausmaß des Alkoholproblems im Alter meist erheblich<br />

unterschätzt wird.<br />

35


4.2.3.5 Grundlage für die Vergessens-Korrektur: Die Vergessenskurve<br />

In Abb. 5 kann man erkennen, in welchem Ausmaß die Erinnerung an den Alkoholkonsum der<br />

Vortage mit der Distanz zwischen Befragung und Konsumtag abnimmt. Die Grafik zeigt sowohl das<br />

Ausmaß des Undersamplings (<strong>zu</strong> wenige AlkoholikerInnen in der Stichprobe), als auch des Underreportings<br />

(Mengenverlust zwischen Konsum und Befragung am Folgetag), als auch das Ausmaß<br />

des Vergessens, wenn später als am Folgetag interviewt wurde. Sie gibt ein anschauliches Bild, wie<br />

stark sich eine unkorrigierte Interpretation der Rohdaten auswirken würde.<br />

Analysiert man diesen Effekt getrennt nach Wochentagen, so stellt man fest, dass die Erinnerungsverluste<br />

den Freitagskonsum betreffend am geringsten ausfallen, gefolgt vom Konsum des Samstags<br />

bzw. Sonntags und dann gefolgt vom Konsum an den anderen Wochentagen (Montag bis<br />

Donnerstag). Die Unterschiede zwischen Samstag und Sonntag waren so gering, dass aus Gründen<br />

der Übersichtlichkeit in Abb. 5 bloß die Mittelwerte dargestellt werden. Das Gleiche gilt für die<br />

geringen Unterschiede die Tage zwischen Montag und Donnerstag betreffend.<br />

Abb. 5: Undersampling, Underreporting und Vergessenskurve pro Wochentag<br />

„<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“<br />

Variablen: „vergessensadjustierter Konsum pro Wochentag (MO.X bis SO.X)<br />

Anmerkung: Um die Verteilung von Zufallsschwankungen <strong>zu</strong> befreien und so anschaulicher <strong>zu</strong> machen, wurden die Daten von<br />

„–2 Tage“ bis „–7 Tage“ durch die Berechnung von Gleitmittelwerten über jeweils drei Werte geglättet.<br />

Daten: F32x, F32xx, F32xxx, F32xxxx (durchschnittlicher Alkoholkonsum pro Tag der letzten Woche – schrittweise vergessens-,<br />

underreporting- und undersamplingadjustiert) und mo.x - so.x (nicht adjustierter Konsum pro Wochentag)<br />

36


Diese Kurve Abb. 5 unterscheidet sich deutlich von der entsprechenden Kurve der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

93/94“ in Abb. 6. Vor 10 Jahren war der Tag, der am besten memoriert wurde, der<br />

Samstag gefolgt vom Sonntag gefolgt vom Freitag. Der Alkoholkonsum der vier Wochentage Montag<br />

bis Donnerstag wurde auch vor 10 Jahren mit Abstand am schlechtesten wiedergegeben. Alle<br />

drei Fehler berücksichtigend wurde 1993/94 7 Tage nach dem Konsum durchschnittlich (gestrichelte<br />

Linie) nur rund 30% des tatsächlichen Konsums angegeben – 2004 waren das dann knapp<br />

unter 40%. Wie diese höhere Präzision 2004 <strong>zu</strong>stande kam, kann man nur mutmaßen. Eine denkbare<br />

Erklärung ist, dass die InterviewerInnen mehr Zeit <strong>zu</strong>m Memorieren des Alkoholkonsums<br />

über die letzten 7 Tage eingeräumt haben, eine andere, dass durch die <strong>zu</strong>nehmende Diskussion<br />

um Gesundheit und schädliche Konsumverhalten das Bewusstsein über den persönlichen Alkoholkonsum<br />

stärker in der Bevölkerung verankert ist.<br />

Abb. 6: Undersampling, Underreporting und Vergessenskurve pro Wochentag<br />

„<strong>Repräsentativerhebung</strong> 1993/94“<br />

Anmerkung: Um die Verteilung von Zufallsschwankungen <strong>zu</strong> befreien und so anschaulicher <strong>zu</strong> machen, wurden die Daten von<br />

„–2 Tage“ bis „–7 Tage“ durch die Berechnung von Gleitmittelwerten über jeweils drei Werte geglättet.<br />

Daten: F32x, F32xx, F32xxx, F32xxxx (durchschnittlicher Alkoholkonsum pro Tag der letzten Woche – schrittweise vergessens-,<br />

underreporting- und undersamplingadjustiert) und mo.x - so.x (nicht adjustierter Konsum pro Wochentag)<br />

4.2.3.6 Grundlage für die Underreporting Korrektur: Durchschnittlicher Alkoholkonsum<br />

Wie man Abb. 7 entnehmen kann, hat der durchschnittliche Alkoholkonsum der ÖsterreichInnen<br />

ab dem 15. Lebensjahr seit einem Höhepunkt im Jahre 1973 mit 33,7 Gramm Reinalkohol pro Tag<br />

bis <strong>zu</strong>m Jahre 2003 um 18% auf 27,4 Gramm Reinalkohol abgenommen. Die Verringerung von<br />

1993, dem Referenzjahr für die „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 93/94“, bis 2003, dem Referenzjahr für<br />

die „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“, von 31,2 Gramm auf 27,4 Gramm Reinalkohol bedeutet eine<br />

Reduktion um 12%. Die Werte 31,2 Gramm bzw. 27,4 Gramm Reinalkohol stellten bei den beiden<br />

Erhebungen 1993/94 und 2004 jeweils die Grundlage für die „Underreporting Korrektur“ dar.<br />

37


Abb. 7: Entwicklung des durchschnittlichen Alkoholkonsums der ab-15-jährigen ÖsterreicherInnen<br />

in Gramm Reinalkohol pro Tag von 1973 bis 2003<br />

Quelle: Uhl et al. (2006)<br />

4.2.3.7 Alkoholkonsumverteilung über den Wochenverlauf<br />

Warum der Freitagskonsum bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ um so viel besser memoriert<br />

wurde als noch bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 93/94“, kann nur spekuliert werden. Denkbar ist<br />

einerseits, dass der Freitag stärker als noch vor 10 Jahren als erster Tag des Wochenendes erlebt<br />

wird, was ihm eine gewisse Sonderposition einräumen würde. Dagegen spricht aber, dass der Freitagskonsum<br />

von durchschnittlich 35g auf 31g <strong>zu</strong>rückgegangen ist (Abb. 8).<br />

Abb. 8: Verteilung des Alkoholkonsums pro Wochentag 1993/94 vs. 2004<br />

Anmerkung: Daten 2004: mo.xu - so.xu F32xxxx (durchschnittlicher Alkoholkonsum pro Tag der letzten Woche - vergessens-<br />

, underreporting- und undersamplingadjustiert)<br />

Daten 1993/94: Uhl & Springer (1996), <strong>zu</strong>sätzliche Berechnungen<br />

Besonders auffallend an Abb. 8 ist, dass der Sonntag bezüglich des Alkoholkonsums von durchschnittlich<br />

33g auf 24g auf das Niveau eines durchschnittlichen Wochentags <strong>zu</strong>rückgefallen ist und<br />

dass sich bei allen Wochentagen eine deutliche – über dem durchschnittlichen allgemeinen Rückgang<br />

liegende – Konsumreduktion ergeben hat. Plausibel ist, dass sich hier eine gestiegene Angst<br />

38


um den Verlust des Arbeitsplatzes abzeichnet, d.h. dass ein „blauer Montag“ oder eine Beeinträchtigung<br />

am Morgen eines anderen Arbeitstages immer weniger riskiert wird. Der einzige Tag, der<br />

bezüglich des Alkoholkonsums – wenn auch in absoluten Werten nur in irrelevantem Maße – leicht<br />

gestiegen ist (von 38g auf 39g), ist der Samstag.<br />

Bei den nun folgenden drei Abbildungen Abb. 9 bis Abb. 11 geht es nicht um den absoluten Konsum,<br />

sondern um die anteilsmäßige Verteilung des Konsums über die Wochentage nach Altersgruppen,<br />

Geschlecht und Konsumgewohnheiten. Dabei zeigt sich, dass die Konzentration des Alkoholkonsums<br />

auf Freitag und besonders Samstag, vor allem bei jungen Menschen (Abb. 9), bei<br />

Frauen (Abb. 10) und bei moderaten AlkoholkonsumentInnen (Abb. 11) am ausgeprägtesten ist.<br />

Bei älteren Menschen, Männern und ProblemtrinkerInnen verteilt sich der Konsum hingegen relativ<br />

gleichmäßig über die Woche.<br />

Abb. 9: Verteilung des Alkoholkonsums pro Wochentag 2004 nach Alter<br />

Anmerkung: Daten 2004: mo.xu - so.xu F32xxxx (vergessen-, underreporting- und undersampling adjustierter Konsum pro<br />

Wochentag)<br />

Abb. 10: Verteilung des Alkoholkonsums pro Wochentag 2004 nach Geschlecht<br />

Anmerkung: Daten 2004: mo.xu - so.xu F32xxxx (vergessen-, underreporting- und undersampling adjustierter Konsum pro<br />

Wochentag)<br />

39


Abb. 11: Verteilung des Alkoholkonsums pro Wochentag 2004 nach Alkoholkonsumgewohnheiten<br />

Anmerkung: Daten 2004: mo.xu - so.xu F32xxxx (vergessen-, underreporting- und undersampling adjustierter Konsum pro<br />

Wochentag)<br />

4.3 Akzeleration, Angleichung der Geschlechtsrollen und<br />

Globalisierung der Trinkkulturen<br />

Die Entwicklung des Alkoholkonsumverhaltens in unserer Gesellschaft ist aktuell geprägt von drei,<br />

in der Folge ausführlicher dargestellten Entwicklungen (Uhl & Kobrna, 2004):<br />

• Akzeleration: Dieser Begriff besagt, dass das Einsetzen der Pubertät bei Kindern immer früher<br />

passiert, d.h. dass Kinder früher körperlich entwickelt sind und sich auch früher <strong>zu</strong> relativ selbständigen<br />

Jugendlichen entwickeln. Dadurch bedingt machen Kinder auch früher erste relevante<br />

Erfahrungen mit Alkohol (wobei hier unter „relevant“ nicht der in unserer Kultur übliche, begrenzte<br />

Probierkonsum bei kleinen Kindern gemeint ist).<br />

• Angleichung der Geschlechtsrollen: Unter diesem Begriff ist in diesem Zusammenhang <strong>zu</strong> verstehen,<br />

dass Frauen immer aktiver am öffentlichen Leben teilnehmen und sich – auch bedingt<br />

dadurch – an die Substanzkonsumgewohnheiten der Männer angleichen. In Be<strong>zu</strong>g auf den Alkoholkonsum<br />

bedeutet das, da der Gesamtalkoholkonsum seit Jahrzehnten rückgängig ist, eine<br />

Zunahme des Alkoholkonsums bei Frauen bei gleichzeitiger Abnahme des Alkoholkonsums<br />

bei Männern.<br />

• Globalisierung der Trinkkulturen: D.h. – wie bei allen Wirtschaftsgütern – wird auch bei alkoholischen<br />

Getränken das Angebot immer größer und es kommt <strong>zu</strong> einer globalen Angleichung der<br />

Angebotspalette in den verschiedenen Ländern. In Europa kann eine weitgehende Anpassung<br />

der Trinkgewohnheiten in Richtung europäischer Durchschnitt („europäische Konvergenzhypothese“)<br />

festgestellt werden. Das bedeutet, dass in den traditionellen Niedrigkonsumländern eine<br />

deutliche Konsumsteigerung und in den Hochkonsumländern ein deutlicher Konsumrückgang<br />

<strong>zu</strong> vermerken ist.<br />

Die drei Begriffe „Akzeleration“, „Angleichung der Geschlechtsrollen“ und „Globalisierung der Trinkkulturen“,<br />

werden in der Folge <strong>zu</strong>r Erklärung der beobachteten Phänomene wiederholt herangezogen<br />

werden.<br />

4.4 Alkoholabstinenz<br />

Eine häufige Frage in Zusammenhang mit dem Alkoholkonsum ist die Frage nach dem Anteil der<br />

Alkoholabstinenten. Ein Blick auf Tab. 4 macht deutlich, dass es darauf keine einfache Antwort<br />

geben kann. In einem Land wie Österreich, wo Alkohol ein integraler Bestandteil des sozialen Lebens<br />

darstellt, ist lebenslange völlige Alkoholabstinenz ein recht seltenes Phänomen. Nur 3% der<br />

Bevölkerung geben an, noch nie in ihrem Leben Alkohol getrunken <strong>zu</strong> haben (primäre Abstinenz).<br />

Weitere 8% waren <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Interviews völlig abstinent, haben <strong>zu</strong>vor aber Alkohol getrunken<br />

(sekundäre Abstinenz). Die Mehrzahl der sekundär Abstinenten (insg. 5%) hat auch früher<br />

40


höchstens 4-mal pro Jahr Alkohol getrunken, und nur eine Minderheit hat früher öfter als 4-mal pro<br />

Jahr Alkohol <strong>zu</strong> sich genommen (insg. 3%). 12% der Interviewten schließlich gaben an, ihr ganzes<br />

Leben lang noch nie öfter als 4-mal pro Jahr Alkohol konsumiert <strong>zu</strong> haben (primäre Fastabstinenz)<br />

und weitere 8% waren <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Interviews „fast abstinent“, hatten <strong>zu</strong>vor aber auch öfter<br />

als 4-mal pro Jahr Alkohol konsumiert (sekundäre Fastabstinenz). Zusammenfassend kann man<br />

sagen: Den 3% lebenslang Abstinenten stehen 31% gegenüber, die <strong>zu</strong>m Zeitpunkt es Interviews<br />

<strong>zu</strong>mindest ein Jahr lang „alkoholabstinent“ oder „fast alkoholabstinent“ gelebt haben.<br />

Bei solchen Resultaten wird unmittelbar ersichtlich, warum Fragen nach der Alkoholabstinenz je<br />

nach Fragestellung große Diskrepanzen erzielen müssen. Wenn man, wie bei den meisten Erhebungen<br />

üblich, die Kategorie „Fastabstinenz“ nicht explizit vorsieht, müssen sich Befragte, die nur<br />

selten Alkohol trinken, entweder als „abstinent“ oder als „nicht abstinent“ darstellen – und wofür<br />

sie sich dann konkret entscheiden, hängt von Frageformulierung und/oder dem Kontext bzw. auch<br />

von der persönlichen Einstellung der Befragten <strong>zu</strong>m Alkoholkonsum ab.<br />

Tab. 4: Einteilung des Alkoholkonsums in Kategorien<br />

primär abstinent 3,3%<br />

sekundär abstinent – früher fast abstinent 4,8%<br />

sekundär abstinent – früher mehr als 4-mal<br />

pro Jahr<br />

2,6%<br />

primär fast abstinent 11,8%<br />

sekundär fast abstinent 8,0%<br />

Ab-16-Jährige „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

2004“<br />

41<br />

Ab-16-Jährige „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

93/94“<br />

30,5% 23,3%<br />

geringer Konsum 35,7% 35,7% 37,0%<br />

mittlerer Konsum 18,2% 18,2% 21,4%<br />

problematischer Konsum 10,7%<br />

Alkoholismus 5,0%<br />

15,7% 18,3%<br />

Anmerkung: Daten 2004: F32.agr (Täglicher Durchschnittskonsum pro Woche in Kategorien; vergessens-, underreporting<br />

und undersamplingadjustiert; [gebildet aus F17, F18 und F32xxxx]<br />

Daten 1993/94: Uhl & Springer (1996), weitere Berechnungen<br />

Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurden in Tab. 4 von der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ nur Personen ab 16 Jahren berücksichtigt<br />

– weswegen sich geringfügige Unterschiede <strong>zu</strong> den Angaben in Tab. 5 ergeben.<br />

Ein weiteres Drittel der Befragten (36%) liegt mit seinem Alkoholkonsum unter der Harmlosigkeitsgrenze<br />

21 . 18% tranken im mittleren Bereich – also zwischen Harmlosigkeitsgrenze und Gefährdungsgrenze<br />

22 – und 16% lagen im problematischen Bereich 23 bzw. waren Alkoholiker<br />

Inndn 24 .<br />

Unterteilt man Männer und Frauen getrennt nach Konsumkategorien, so erhält man die Angaben<br />

in Tab. 5. Es zeigt sich, dass der Abstinenten- bzw. Fastabstinentenanteil bei Frauen mit 37% erheblich<br />

größer ist als bei Männern mit 24%.<br />

21) Die „Harmlosigkeitsgrenze“ liegt bei Frauen bei 16 Gramm Reinalkohol und bei Männern bei 24 Gramm Reinalkohol.<br />

22) Die „Gefährdungsgrenze“ liegt bei Frauen bei 40 Gramm Reinalkohol und bei Männern bei 60 Gramm Reinalkohol.<br />

23) Als „problematische AlkoholkonsumentInnen“ werden hier Personen bezeichnet, die im Tagesschnitt mehr als die Gefährdungsgrenze<br />

trinken; d.h.: Frauen mehr als 40 Gramm Reinalkohol / Männer mehr als 60 Gramm Reinalkohol.<br />

24) Die Schät<strong>zu</strong>ng, dass 5% der erwachsenen ÖsterreicherInnen AlkoholikerInnen sind, ist nicht Ergebnis der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

2004“, sondern wurden unabhängig davon geschätzt (vgl. Kap. 4.2.3.3) und der Untersuchung <strong>zu</strong>grundegelegt.


Tab. 5: Einteilung des Alkoholkonsums in Kategorien nach Geschlecht<br />

Gesamt Männer Frauen<br />

Abstinenz und Fastabstinenz 30,8% 23,6% 37,5%<br />

geringer Alkoholkonsum 35,6% 33,3% 37,8%<br />

mittlerer Alkoholkonsum 18,0% 22,1% 14,,3%<br />

problematischer Alkoholkonsum ohne Alkoholismus 10,6% 13,5% 7,9%<br />

Alkoholismus 24 5,0% 7,5% 2,5%<br />

Anzahl der Befragten 4518 2171 2347<br />

Ab 15-Jährige in Österreich 2004 6.848.736 3.289.256 3.559.480<br />

Quellen: Daten 2004: F32.agr (Täglicher Durchschnittskonsum pro Woche in Kategorien; vergessens-, underreporting- und<br />

undersamplingadjustiert; [gebildet aus F17, F18 und F32xxxx]<br />

Es ergeben sich in Tab. 5 geringfügige Differenzen <strong>zu</strong> Tab. 4, weil hier Personen ab 14 Jahren ausgewertet wurden.<br />

Der Vergleich der Daten 2004 mit jenen der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 93/94“ zeigt, dass es über<br />

die letzte Dekade eine deutliche Zunahme der „Abstinenten/Fastabstinenten“ von 23% auf 31%<br />

gegeben hat, was <strong>zu</strong> Lasten des Anteils der anderen Kategorien („geringer Konsum“, „mittlerer<br />

Konsum“ und „problematischer Konsum“ ging (Tab. 4). Beim Alkoholismus – als Teilbereich des<br />

problematischen Alkoholkonsums – konnte sich logischerweise gar keine Veränderung ergeben, da<br />

die Zahl der AlkoholikerInnen unabhängig geschätzt wurde und sowohl bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

93/94“ als auch bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ auf diese Schät<strong>zu</strong>ng Be<strong>zu</strong>g genommen<br />

wurde. Die Zunahme der Abstinenz ist bei Männern von 13% auf 23% deutlich stärker<br />

angestiegen als bei Frauen mit 33% auf 37% (Abb. 12) (vgl. „Angleichung der Geschlechtsrollen“,<br />

Kap. 4.3).<br />

Abb. 12: Veränderung Abstinenz/Fastabstinenz 1993/94 bis 2004 nach Geschlecht<br />

Anmerkung: Daten 2004: F32.agr (Täglicher Durchschnittskonsum pro Woche in Kategorien; vergessens-, underreporting<br />

und undersamplingadjustiert; [gebildet aus F17, F18 und F32xxxx]<br />

Daten 1993/94: Uhl & Springer (1996), weitere Berechnungen<br />

4.5 Durchschnittlicher Alkoholkonsum pro Tag<br />

Abb. 13 kann man entnehmen, dass der durchschnittliche Alkoholkonsum in der letzten Dekade<br />

mit 31 Gramm (1993/94) auf 27 Gramm (2004) <strong>zu</strong>rückgegangen ist, was einer Abnahme um<br />

rund 13% entspricht. Dieser Rückgang geht primär auf das Konto der Männer. Bei den Frauen ist<br />

der Durchschnittskonsum in diesem Zeitraum sogar geringfügig von 13g auf 14g angestiegen (vgl.<br />

„Angleichung der Geschlechtsrollen“, Kap. 4.3).<br />

42


Abb. 13: Veränderung des durchschnittlichen Alkoholkonsums der Ab-16-Jährigen<br />

Anmerkung: Daten 2004: F32xxxx (durchschnittlicher Alkoholkonsum pro Tag der letzten Woche - vergessens-, underreporting-<br />

und undersamplingadjustiert)<br />

Daten 1993/94: Uhl & Springer (1996)<br />

In Abb. 14 erkennt man, dass das Ausmaß des Alkoholdurchschnittskonsums bei den Männern im<br />

Jahre 2004 vor allem in den mittleren Altersgruppen um das 40. Lebensjahr erheblich niedriger<br />

ausfällt als 1993/94. Bei den Frauen gilt Analoges für die Altersgruppen zwischen 35 und 60 Jahren.<br />

Bei den Frauen in der Altersgruppe bis 30 Jahre ist der Alkoholdurchschnittskonsum 2004<br />

hingegen deutlich höher als noch 1993/94.<br />

Abb. 14: „Alkoholdurchschnittskonsum“ bei Männern und Frauen 1993/94“ vs. 2004“<br />

(Altersgruppenvergleich)<br />

Anmerkung: Bei diesem Vergleich werden z.B. die heute 40-Jährigen mit den vor 10 Jahren 40-Jährigen verglichen. Die Kurven<br />

wurden mit dem LOESS Algorithmus (vgl. Kap. 4.1) geglättet.<br />

Daten 2004: F32xxxx (durchschnittlicher Alkoholkonsum pro Tag der letzten Woche - vergessens-, underreporting- und undersamplingadjustiert)<br />

Daten 1993/94: Uhl & Springer (1996)<br />

43


Infolge des unter Kap. 4.2.3.4 beschriebenen Übermortalitätsbias sollte man bei der Interpretation<br />

der Kurve ab dem 50. Lebensjahr, die bei den Männern abfällt und bei den Frauen annähernd auf<br />

gleichem Niveau bleibt, nicht auf einen ab diesem Alter sinkenden (Männer) bzw. gleich bleibenden<br />

(Frauen) Durchschnittskonsum schließen. Der Durchschnittskonsum müsste, wenn alle Überlebenden<br />

ihr Alkoholkonsumniveau konstant hielten, zwischen dem 50. und 75 Lebensjahr infolge des<br />

Übermortalitätsbias bei Männern grob geschätzt um ein Drittel und bei Frauen grob geschätzt um<br />

ein Fünftel <strong>zu</strong>rückgehen. Der beobachtbare Rückgang bei den Männern von 25g auf 20g und bei<br />

den Frauen von 6g auf 5g macht allerdings deutlich weniger als diese Werte aus, was bedeutet,<br />

dass man bei Berücksichtigung des Übermortalitätsbias schließen kann, dass mit <strong>zu</strong>nehmendem<br />

Alter eher mehr als weniger Alkohol konsumiert wird.<br />

Grundsätzlich stellt sich bei Vergleichen von Querschnittsdaten wie in Abb. 14 immer die Frage, wie<br />

weit die Unterschiede als Lebenszykluseffekte (also Veränderungen mit <strong>zu</strong>nehmendem Lebensalter<br />

bei identischen Geburtsjahrgängen) oder als Kohorteneffekte (also Unterschiede zwischen unterschiedlichen<br />

Geburtsjahrgängen unabhängig vom Lebensalter) <strong>zu</strong> interpretieren sind. Diese wichtige<br />

Frage kann in der gegenständlichen Untersuchung analysiert werden, weil die Daten der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

93/94“ als Referenzdaten vorliegen. In Abb. 15 werden, anders als in Abb.<br />

14, jeweils identische Geburtsjahrgänge übereinander angeordnet, wobei das Alter in der Beschriftung<br />

dem Alter der Befragten im Jahre 2004 entspricht – will man das Alter im Jahre 1994, so<br />

muss man davon jeweils 10 Jahre abziehen. In der vorliegenden Auswertung wurde die Grenze für<br />

Geburtsjahrgangsvergleiche bei den im Jahre 1994 24-Jährigen, was gleichbedeutend mit den<br />

2004 34-Jährigen ist, gezogen 25 .<br />

Abb. 15 kann man entnehmen, dass es bei den Männern auch einen deutlichen Kohorteneffekt<br />

gibt. Es gibt einen Jahrgang – die heute ca. 43-jährigen und 1994 33-jährigen Männer –, die<br />

durchschnittlich relativ wenig Alkohol konsumierten und noch immer konsumieren, und einen<br />

Jahrgang – die heute ca. 54-jährigen und 1994 44-jährigen Männer –, die durchschnittlich relativ<br />

viel Alkohol konsumierten und noch immer konsumieren. Unabhängig vom Ausgangswert hat sich<br />

bei allen Geburtsjahrgängen ein relativ gleichmäßiger deutlicher Rückgang des Alkoholkonsums<br />

ergeben.<br />

Bei den Frauen ist die Situation etwas anders. Die heute 50-jährigen Frauen (die 1994 40-<br />

Jährigen) zeichneten sich 1994 durch einen relativ hohen Alkoholkonsum aus und gerade bei diesem<br />

Jahrgang ist der Konsumrückgang besonders stark ausgeprägt, was bei den Ab-40-Jährigen<br />

Frauen <strong>zu</strong> annähernd gleichmäßigen Konsum in allen Geburtsjahrgängen geführt hat. Im Durchschnitt<br />

hat sich bei den Frauen nur deswegen kein Rückgang des durchschnittlichen Alkoholkonsums<br />

über alle Jahrgänge ergeben, weil die jungen Frauen bis <strong>zu</strong>m 30. Lebensjahr im Jahre 2004<br />

erheblich mehr tranken als noch 1994 (vgl. Abb. 14). Die erhebliche Zunahme des Alkoholkonsums<br />

bei den jungen Mädchen und Frauen muss allerdings unbedingt dahingehend relativiert werden,<br />

dass diese immer deutlich unter dem Niveau der männlichen Gleichaltrigen liegen.<br />

25) Wenig zweckmäßig ist ein derartiger Kohortenvergleich bei Altersgruppen, die <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

93/94“ als Jugendliche und junge Erwachsene ihr Alkoholkonsumverhalten erst entwickelten, weil bei diesen Altersgruppen<br />

starke Lebenszykluseffekte die Kohorteneffekte überlagern. Sinnvoll dieser Vergleich erst ab Kohorten, bei<br />

denen das Alkoholkonsumverhalten bereits einigermaßen stabil ist – also bei Personen, die <strong>zu</strong>m ersten Erhebungszeitpunkt<br />

im dritten Lebensjahrzehnt stehen.<br />

44


Abb. 15: „Alkoholdurchschnittskonsum“ bei Männern und Frauen 1993/94“ vs. 2004“<br />

(Geburtsjahrgangsvergleich)<br />

Bei diesem Vergleich werden z.B. die heute 40-Jährigen mit den vor 10 Jahren 30-Jährigen – also identische Geburtsjahrgänge<br />

miteinander – verglichen. Die Altersangaben an der Unterseite der Grafik entsprechen dem Alter der Personen im Jahre 2004.<br />

Die Kurven wurden mit dem LOESS Algorithmus (vgl. Kap. 4.1) geglättet.<br />

Daten 2004: F32xxxx (durchschnittlicher Alkoholkonsum pro Tag der letzten Woche - vergessens-, underreporting- und undersamplingadjustiert)<br />

Daten 1993/94: Uhl & Springer (1996)<br />

Der Vergleich von Abb. 14 mit Abb. 15 macht deutlich, wie wichtig es ist, über den Zeitverlauf nicht<br />

nur Altersgruppen im Querschnitt sondern auch Geburtsjahrgänge <strong>zu</strong> vergleichen. Nur so kann<br />

man feststellen, dass es starke Alterskohorteneffekte gibt, und dass es bei allen Männern und<br />

Frauen, die 1994 das 20. Lebensjahr erreicht hatten und im Jahr 2004 <strong>zu</strong>r Gruppe der ab 30 Jährigen<br />

gehören, einen durchgängigen Konsumrückgang bis 2004 gegeben hat.<br />

4.6 Alkoholmissbrauch<br />

Tab. 4 und Abb. 16 kann man entnehmen, dass der Anteil der AlkoholmissbraucherInnen (inklusive<br />

der AlkoholikerInnen = „problematische AlkoholkonsumentInnen“ 26 ) unter den Ab-16-Jährigen<br />

von 1993/94 bis 2004 von 18% auf 16% <strong>zu</strong>rückgegangen ist. Der Rückgang ist dabei ausschließlich<br />

mit dem Trinkverhalten der Männer <strong>zu</strong> erklären, bei denen der Anteil der Alkoholmissbraucher<br />

über den Vergleichszeitraum von 29% auf 21% gesunken ist. Bei den Frauen ist im gleichen Zeitraum<br />

der Anteil von 9% auf 10% angestiegen.<br />

26) Als „problematische Alkoholkonsumenten“ werden hier Personen bezeichnet, die im Tagesschnitt mehr als die Gefährdungsgrenze<br />

trinken; d.h.: Frauen mehr als 40 Gramm Reinalkohol / Männer mehr als 60 Gramm Reinalkohol.<br />

45


Abb. 16: Veränderung problematischer Konsum 1993/94 bis 2004 nach Geschlecht<br />

Anmerkung: Daten 2004: F32.agr (Täglicher Durchschnittskonsum pro Woche in Kategorien; vergessens-, underreporting<br />

und undersamplingadjustiert; [gebildet aus F17, F18 und F32xxxx]<br />

Daten 1993/94: Uhl & Springer (1996), weitere Berechnungen<br />

In Abb. 17 erkennt man, dass das Ausmaß des Alkoholmissbrauchs bei den Männern im Jahre<br />

2004 vor allem in den mittleren Altersgruppen zwischen 40 und 50 Jahren deutlich niedriger ausfällt<br />

als 1994. Bei den Frauen gilt Analoges für die Altersgruppen zwischen 40 und 52 Jahren sowie<br />

ab 70 Jahren. Bei den Frauen in der Altersgruppe bis 40 Jahren und zwischen 52 und 70 Jahren ist<br />

der Anteil der Alkoholmissbraucherinnen 2004 hingegen deutlich größer als noch 1993/94.<br />

Der im Vergleich <strong>zu</strong>r Situation 1994 sehr hohe Anteil an AlkoholmissbraucherInnen bei den Frauen<br />

zwischen dem 14. und dem 40. Lebensjahr im Jahre 2004 bedarf einer Erläuterung. Zunächst ist<br />

fest<strong>zu</strong>halten, dass die Missbrauchsgrenze bei Frauen bereits bei einem Durchschnittskonsum von<br />

40 Gramm Reinalkohol erreicht wird, während die Grenze für Männer erst bei 60 Gramm Reinalkohol<br />

liegt. Dass der MissbraucherInnenanteil unter 14-jährigen Mädchen deutlich höher ist als bei<br />

den gleichaltrigen Burschen, ist insofern plausibel, als Mädchen sich durchschnittlich deutlich ältere<br />

Partner suchen und so bereits früher in Gruppen verkehren, deren Alkoholkonsumverhalten sich<br />

jenem der Erwachsenen annähert. Ungefähr ab dem 18. Lebensjahr überholen die Burschen hinsichtlich<br />

des Missbrauchs dann die Mädchen. Auch die Akzelerationshypothese (vgl. Kap. 4.3) legt<br />

nahe, dass der Anteil der AlkoholmissbraucherInnen unter den jungen Mädchen 2004 höher ist als<br />

vor 10 Jahren. Angesichts der ungewöhnlich großen Unterschiede im Missbraucherinnenanteil zwischen<br />

1994 und 2004 und dem unerwartet starken Rückgang bei Frauen zwischen 40 und 55 Jahren<br />

und ab 70 Jahren ist allerdings bei der Interpretation eine gewisse Vorsicht an<strong>zu</strong>raten, <strong>zu</strong>mindest<br />

solange es keine aus anderen Erhebungen gewonnenen Hinweise <strong>zu</strong>r Stüt<strong>zu</strong>ng dieser Ergebnisse<br />

gibt.<br />

Infolge des unter Kap. 4.2.3.4 beschriebenen Übermortalitätsbias sollte man bei der Interpretation<br />

der Werte ab dem 50. Lebensjahr immer bedenken, dass diese erheblich höher wären, wenn nicht<br />

infolge der Übermortalität von Alkoholikern ein ständig wachsender Teil der stärksten Trinker aus<br />

der Altersgruppe verschwinden würde – d.h., dass ein geringfügiger Rückgang nicht als Rückgang<br />

des Konsumverhaltens bei den Überlebenden interpretiert werden darf.<br />

46


Abb. 17: Anteil „problematischer bis extremer Konsum“ bei Männern und Frauen 1993/94“ vs.<br />

2004“ (Altersgruppenvergleich)<br />

Anmerkung: Bei diesem Vergleich werden z.B. die heute 40-Jährigen mit den vor 10 Jahren 40-Jährigen verglichen. Die Kurven<br />

wurden mit dem LOESS Algorithmus (vgl. Kap. 4.1) geglättet.<br />

Daten 2004: F32.agr (Täglicher Durchschnittskonsum pro Woche in Kategorien; vergessens-, underreporting und undersamplingadjustiert;<br />

[gebildet aus F17, F18 und F32xxxx]<br />

Daten 1993/94: Uhl & Springer (1996), weitere Berechnungen<br />

Auch bezüglich der Alkoholmissbrauchsproblematik wurden sowohl Altervergleiche (Abb. 17) als<br />

auch Geburtsjahrgangsvergleiche (Abb. 18) durchgeführt, um Kohorteneffekte von Lebenszykluseffekten<br />

<strong>zu</strong> trennen. Auch hier wurde die Grenze für Geburtsjahrgangsvergleiche bei den im Jahre<br />

1994 24-Jährigen, was gleichbedeutend mit den 2004 34-Jährigen ist, gezogen 25 .<br />

Die Muster in Abb. 17 und Abb. 18 sind zwar nicht ganz so klar und einfach <strong>zu</strong> interpretieren, wie<br />

jene in Abb. 14 und Abb. 15, gehen aber <strong>zu</strong>mindest bei den Männern klar in eine analoge Richtung.<br />

So kann man Abb. 18 entnehmen, dass es bei den Männern fast aller Altersgruppen einen<br />

Rückgang des problematischen Alkoholkonsums gegeben hat. Die Linie bei den Frauen 2004 ist<br />

hingegen nur schwer interpretierbar. Weder, dass das Muster der entsprechenden Alterskohorte<br />

vor 10 Jahren völlig anders als bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ ist, noch dass es ausgeprägte<br />

Maxima bei den 33-jährigen und 60-jährigen Frauen gibt ist inhaltlich erklärbar, da die Kurven<br />

bezüglich des Durchschnittskonsums (Abb. 15) und des täglichen Konsums (Abb. 21) mit der Kurve<br />

des Alkoholmissbrauchs (Abb. 18) nicht einmal ansatzweise übereinstimmt.<br />

47


Abb. 18: Anteil „problematischer Konsum“ bei Männern und Frauen 1993/94 vs. 2004<br />

(Geburtsjahrgangsvergleich)<br />

Anmerkung: Bei diesem Vergleich werden z.B. die heute 40-Jährigen mit den vor 10 Jahren 30-Jährigen – also identische<br />

Geburtsjahrgänge miteinander – verglichen. Die Altersangaben an der Unterseite der Grafik entsprechen dem Alter der Personen<br />

im Jahre 2004. Die Kurven wurden mit dem LOESS Algorithmus (vgl. Kap. 4.1) geglättet.<br />

Daten 2004: F32.agr (Täglicher Durchschnittskonsum pro Woche in Kategorien; vergessens-, underreporting und undersamplingadjustiert;<br />

[gebildet aus F17, F18 und F32xxxx]<br />

Daten 1993/94: Uhl & Springer (1996), weitere Berechnungen<br />

4.7 Täglicher Alkoholkonsum<br />

Abb. 19 kann man entnehmen, dass der Anteil der täglichen AlkoholkonsumentInnen unter den<br />

Ab-16-Jährigen von 1993/94 bis 2004 von 12,3% auf 9,2% <strong>zu</strong>rückgegangen ist. Der Rückgang ist<br />

vor allem durch Änderungen im Trinkverhalten der Männer von 19,6% auf 13,9% <strong>zu</strong> erklären. Der<br />

Rückgang bei Frauen von 5,5% auf 4,9% ist vergleichsweise gering.<br />

Abb. 19: Veränderung täglicher Alkoholkonsum 1993/94 bis 2004 nach Geschlecht<br />

Anmerkung: Daten 2004: F32xxxx (durchschnittlicher Alkoholkonsum pro Tag der letzten Woche - vergessens-, underreporting-<br />

und undersamplingadjustiert)<br />

F20 (undersamplingadjustiert – in Datenbänden F20.21u).<br />

Daten 1993/94: Uhl & Springer (1996)<br />

Die starke Verringerung der Zahl täglich konsumierender Männern ist durch einen in allen Altersgruppen<br />

feststellbaren Rückgang gekennzeichnet. Bei den Frauen ist das Bild hingegen uneinheitlich.<br />

Bei den weiblichen Jugendlichen und Frauen bis <strong>zu</strong>m 24 Lebensjahr hat sich eine deutliche<br />

Zunahme, in der Altersgruppe zwischen 40 und 60 eine Abnahme, und in der Altersgruppe ab 60<br />

eine Zunahme der täglichen Konsumentinnen ergeben (Abb. 20).<br />

48


Abb. 20: Anteil „täglicher Alkoholkonsum“ bei Männern und Frauen 1993/94“ vs. 2004“<br />

(Altersgruppenvergleich)<br />

Anmerkung: Bei diesem Vergleich werden z.B. die heute 40-Jährigen mit den vor 10 Jahren 40-Jährigen verglichen. Die Kurven<br />

wurden mit dem LOESS Algorithmus (vgl. Kap. 4.1) geglättet.<br />

Daten 2004: F20 (undersamplingadjustiert – in Datenbänden F20.21u).<br />

Daten 1993/94: Uhl & Springer (1996)<br />

Vergleicht man nicht Altersgruppen, sondern Geburtskohorten, so zeigt sich bei den im Jahr 2004<br />

54- bis 64-jährigen Männern, die als 44- bis 54-Jährige im Jahre 1994 noch besonders oft täglich<br />

getrunken hatten, eine besonders starke Abnahme des täglichen Konsums, und bei Frauen ab dem<br />

60. Lebensjahr eine deutliche Zunahme der Anzahl täglicher Alkoholkonsumentinnen (Abb. 21).<br />

Auch hier wurde die Grenze für Geburtsjahrgangsvergleiche bei den im Jahre 1994 24-Jährigen,<br />

was gleichbedeutend mit den 2004 34-Jährigen ist, gezogen 25 .<br />

Abb. 21: Anteil „täglicher Alkoholkonsum“ bei Männern und Frauen 1993/94“ vs. 2004“<br />

(Geburtsjahrgangsvergleich)<br />

Anmerkung: Bei diesem Vergleich werden z.B. die heute 40-Jährigen mit den vor 10 Jahren 30-Jährigen – also identische<br />

Geburtsjahrgänge miteinander – verglichen. Die Altersangaben an der Unterseite der Grafik entsprechen dem Alter der Personen<br />

im Jahre 2004. Die Kurven wurden mit dem LOESS Algorithmus (vgl. Kap. 4.1) geglättet.<br />

Daten 2004: F20 (undersamplingadjustiert – in Datenbänden F20.21u).<br />

Daten 1993/94: Uhl & Springer (1996)<br />

Generell kann man in der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ beobachten, dass der tägliche Alkoholkonsum<br />

bei den Männern über das gesamte Alterspektrum kontinuierlich ansteigt und bei den<br />

Frauen zwischen dem 50. Lebensjahr und dem 65. Lebensjahr relativ stark <strong>zu</strong>nimmt. Infolge des<br />

unter Kap. 34 beschriebenen Übermortalitätsbias müsste sich bei gleichbleibendem Alkoholkonsum<br />

der Überlebenden zwischen dem 55. und dem 75. Lebensjahr grob geschätzt ein Rückgang um<br />

10% (Männer) und um 4% (Frauen) abzeichnen. Die tatsächliche Zunahme des täglichen Alkohol-<br />

49


konsums bei den Überlebenden ist damit noch erheblich stärker als das die Grafiken Abb. 20 und<br />

Abb. 21 vermuten lassen.<br />

4.8 Verschiebung des Einstiegsalters – Akzeleration<br />

Es ist immer von der Akzeleration die Rede (vgl. Kap. 4.3), d.h. dass Kinder und Jugendliche immer<br />

früher reif werden und sich immer früher wie Erwachsene verhalten. In Abb. 22 für Männer<br />

und in Abb. 23 für Frauen kann man diese Entwicklung – daran gemessen, wann das „erste ganze<br />

Glas Alkohol“ konsumiert wurde – deutlich nachvollziehen 27 . Um <strong>zu</strong> verhindern, dass eine systematische<br />

Verzerrung des Einstiegsalters nach unten bei jungen Altersgruppen entsteht – das Einstiegsalter<br />

bei 14-Jährigen kann nicht höher als 14 Jahre sein und niemand kann wissen, ob bzw.<br />

wann er den Konsum in der Zukunft beginnen wird – wurden die Kurven in den Grafiken Abb. 22<br />

und Abb. 23 nur so weit berechnet als vollständige Angaben vorlagen; bei den 14 bis 15-Jährigen<br />

also nur bis <strong>zu</strong>m 13. Lebensjahr 28 .<br />

Abb. 22: Das erste ganze Glas Alkohol getrunken – Männer<br />

Anmerkung: Gleitmittelwerte über 3 Werte.<br />

Da z.B. ein Alter von 15 Jahren der Altersklasse 15.-16. Geburtstag entspricht, wurde, um Fehlinterpretationen vor<strong>zu</strong>beugen,<br />

in der Grafik der Klassenmittelwert eingesetzt<br />

Daten 2004: F19 (<strong>zu</strong>m ersten Mal ein Glas mit einem alkoholischen Getränk konsumiert)<br />

Bei Frauen sind die Veränderungen von einer Geburtsjahrgangsklasse <strong>zu</strong>r nächsten besonders<br />

stark ausgeprägt, weil sich hier Akzelerationseffekt und Effekt der Angleichung der Geschlechterrollen<br />

(vgl. Kap. 4.3) addieren (Abb. 23).<br />

27) Da es sich nicht um Daten aus wiederholten Befragungen handelt, sondern um retrospektive Antworten der unterschiedlichen<br />

Alterskohorten, kann man nicht ausschließen, dass ein Teil der Effekte das Ergebnis einer systematischen Erinnerungsverzerrung<br />

sind.<br />

28) Da ein Alter von x Jahren zwischen dem x-ten und dem x+1-ten Geburtstag bedeutet, wurde in der Graphik <strong>zu</strong>m Lebensalter<br />

ein halbes Jahr addiert. 13-Jährige wurden also als durchschnittlich 13,5-Jährige eingetragen und ein Einstiegsalter<br />

von 13 Jahren analog da<strong>zu</strong> als 13,5.<br />

50


Abb. 23: Das erste ganze Glas Alkohol getrunken – Frauen<br />

Anmerkung: Gleitmittelwerte über 3 Werte.<br />

Da z.B. ein Alter von 15 Jahren der Altersklasse 15.-16. Geburtstag entspricht, wurde, um Fehlinterpretationen vor<strong>zu</strong>beugen,<br />

in der Grafik der Klassenmittelwert eingesetzt<br />

Daten 2004: F19 (<strong>zu</strong>m ersten Mal ein Glas mit einem alkoholischen Getränk konsumiert)<br />

Das mit diesen Abbildungen korrespondierende mittlere Alter (Median), in dem 50% der ausgewiesenen<br />

Alters- und Geschlechtskohorten bereits ein ganzes Glas Alkohol getrunken hatten, wird in<br />

Tab. 6 dargestellt. Während nach den Angaben der heute 60- bis 99-jährigen Frauen dieser Median<br />

bei 18,1 Jahren lag und das entsprechende Alter bei den heute 60- bis 99-jährigen Männern<br />

16,4 Jahre war, haben unter den heute 14- bis 15-Jährigen die Hälfte der Mädchen mit 13,5 Jahren<br />

und die Hälfte der Burschen mit 13,1 Jahren bereits ihr erstes Glas Alkohol getrunken 29 .<br />

Tab. 6: Mittleres Alter (gruppierter Median) bei dem das erste Glas Alkohol getrunken wurde<br />

14-15 16-19 20-39 40-59 60-99<br />

Männer 13,1 14,5 15,1 15,8 16,4<br />

Frauen 13,5 14,4 15,4 16,8 18,1<br />

Insgesamt 13,3 14,4 15,3 16,3 17,2<br />

Anmerkung: Daten 2004: F19 (<strong>zu</strong>m ersten Mal ein Glas mit einem alkoholischen Getränk konsumiert.<br />

Der gruppierter Median (SPSS 10.0) interpretiert eine Zahl als Klassenmittelwert und interpoliert innerhalb dieses Bereiches. Da<br />

wir ein Alter von z.B. 14 Jahren mit „14 bis unter 15“ (Klassenmittelwert 14,5) interpretiert haben, ergeben sich durch die<br />

Verwendung des gruppierten Medianes weit realistische Schät<strong>zu</strong>ngen.<br />

Der Interpretation der Unterschiede zwischen den Geburtsjahrgängen (Abb. 22, Abb. 23 und Tab.<br />

6), die als Indiz für die Akzeleration beim Alkoholkonsum (vgl. Kap. 4.3) herangezogen wurden,<br />

liegt die Annahme <strong>zu</strong>grunde, dass die diesbezügliche Erinnerung der Befragten nicht systematisch<br />

verzerrt ist. Um diese Annahme <strong>zu</strong> überprüfen, wurden die Angaben über das – hier mit diesem<br />

Kriterium definierten – „Einstiegsalter“ identischer Geburtsjahrgänge (die 20- bis 59-Jährigen bei<br />

der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 93/94“ entsprechen den 30- bis 69-Jährige bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

2004“) verglichen (Tab. 7). Dabei ergab sich bei den Männern eine weitgehende Übereinstimmung<br />

(15,5 Jahre vs. 15,7 Jahre), bei den Frauen aber eine starke Diskrepanz (17,9 Jahre vs.<br />

16,5 Jahre). Wenn bei den Männern keine systematische Erinnerungsverzerrung auftritt, ist an<strong>zu</strong>nehmen,<br />

dass die Kurven in Abb. 22 die Realität relativ gut wiedergeben. Die starke Diskrepanz bei<br />

den Frauen kann man auf zweierlei Art interpretieren. Entweder haben Frauen früher ihr Alkoholeinstiegsalter<br />

systematisch <strong>zu</strong> hoch angegeben und korrigieren es nun in Richtung Wahrheit, oder<br />

sie haben es früher realistisch angeben und unterschätzen es nun; oder es trifft eine Mischung aus<br />

beidem <strong>zu</strong>. Wie auch immer: In der Diskrepanz manifestiert sich wahrscheinlich der Umstand, dass<br />

Alkoholkonsum bei Frauen – ganz besonders bei jungen Frauen – früher gesellschaftlich weniger<br />

29) Ein Einstiegsalter von z.B. 15 Jahren wird hier als zwischen dem 15. Geburtstag und einen Tag vor dem 16. Geburtstag<br />

interpretiert und geht mit dem Klassenmittelwert 15,5 in alle Berechnungen ein.<br />

51


akzeptiert war und nunmehr in Folge der Geschlechterrollenangleichung (vgl. Kap. 4.3) erheblich<br />

an Stigma verloren hat.<br />

Tab. 7: Erinnerungsverzerrung (gruppierter Median), erstes Glas Alkohol getrunken“<br />

1994: 20-59<br />

Jahre<br />

2004: 30-69<br />

Jahre Diskrepanz<br />

Männer 15,5 15,7 0,2<br />

Frauen 17,9 16,5 -1,4<br />

Insgesamt 16,2 16,1 -0,2<br />

Anmerkung: Daten 2004: F19 (<strong>zu</strong>m ersten Mal ein Glas mit einem alkoholischen Getränk konsumiert.<br />

Der gruppierter Median (SPSS 10.0) interpretiert eine Zahl als Klassenmittelwert und interpoliert innerhalb dieses Bereiches. Da<br />

wir ein Alter von z.B. 14 Jahren mit „14 bis unter 15“ (Klassenmittelwert 14,5) interpretiert haben, ergeben sich durch die<br />

Verwendung des gruppierten Medianes weit realistische Schät<strong>zu</strong>ngen.<br />

4.9 Alkoholkonsum und Lebenssituation<br />

Aus zahlreichen Untersuchungen ist bekannt, dass das Ausmaß des Alkoholkonsums häufig nicht<br />

linear sondern u-förmig, j-förmig, umgekehrt-u-förmig bzw. umgekehrt-j-förmig mit Drittdimensionen<br />

<strong>zu</strong>sammenhängt. Das bedeutet konkret, dass in manchen Dimensionen sowohl die Abstinenten/Fastabstinenten<br />

als auch die stärkeren AlkoholkonsumentInnen relativ <strong>zu</strong> den moderaten AlkoholkonsumentInnen<br />

ähnlich hohe Werte aufweisen. Die Natur des u-förmigen bzw. j-förmigen<br />

Zusammenhangs wird oft über eine protektive bzw. gesundheitsfördernde Wirkung moderater<br />

Alkoholmengen erklärt. Weit plausibler ist hier allerdings, dass sich die u-förmigen Zusammenhänge<br />

nicht primär über die Alkoholwirkung, sondern über Selbstselektionsartefakte ergeben. Totale<br />

Abstinenz muss in Subkulturen, in denen der Umgang mit der entsprechenden Substanz <strong>zu</strong>m Alltag<br />

gehört, im Sinne dieser Hypothesen als Problemindikator interpretiert werden und hat damit<br />

einen ähnlichen Hinweischarakter wie exzessiver, die subkulturelle Norm sprengender Konsum. Die<br />

Natur dieser Selbstselektionsartefakte lässt sich über die drei folgenden Hypothesen erklären (Uhl,<br />

2002).<br />

• Die „soziokulturelle Regelungshypothese“ besagt, dass unproblematische Personen ihren Substanzkonsum<br />

an die subkulturelle Norm anpassen, d.h. auf das Trinkverhalten in einem Land<br />

wie Österreich umgelegt, sie leben in der Regel weder völlig abstinent noch zeichnen sie sich<br />

durch Konsumformen aus, die in der Subkultur als unmäßig bewertet werden.<br />

• Die „Selbstschutz-Selbstmedikationshypothese“ besagt, dass sehr problembelastete Personen<br />

entweder – gleichsam als Selbstschutzmechanismus – völlig auf Substanzkonsum verzichten<br />

oder diese Substanzen <strong>zu</strong>r Selbstmedikation einsetzen, was dann rasche Dosissteigerung und<br />

hohes Suchtrisiko bedingt.<br />

• Die „selektive Konsumsteigerungshypothese“ besagt, dass stark problembelastete Personen,<br />

die <strong>zu</strong>nächst noch unproblematischen Substanzkonsum betreiben, mit deutlich erhöhter Wahrscheinlichkeit<br />

<strong>zu</strong> problematischen Konsummustern wechseln, wodurch sich deren Anteil unter<br />

den mäßigen KonsumentInnen systematisch verringert, während deren Anteil unter den ProblemkonsumentInnen<br />

systematisch ansteigt.<br />

Um Schein<strong>zu</strong>sammenhänge über die Drittvariablen Alter und Geschlecht ausschließen <strong>zu</strong> können,<br />

wurden für die folgenden Auswertungen alters- und geschlechtskorrigierte 30 logistische Regressionen<br />

gerechnet. Zu diesem Zweck wurde die abhängige Variable jeweils dichotomisiert („richtig“<br />

plus „eher richtig“ vs. „falsch“ plus „eher falsch“). Regressionsanalysen liefern Odds-Ratios 31 , d.h.<br />

die relative Chance eines Angehörigen der jeweiligen Konsumgruppe verglichen mit der Chance in<br />

der gesamten Stichprobe. Dies sei etwas anschaulicher an Hand eines Beispiels erklärt. Ein Odds-<br />

30) D.h. Zusammenhänge, die über die Drittvariablen Alter und Geschlecht artifiziell entstehen, wurden rechnerisch kompensiert.<br />

31) Die Chance (engl. Odds) steht in einem nichtlinearen Zusammenhang <strong>zu</strong>r Wahrscheinlichkeit, wobei beide Größen einfach<br />

ineinander um<strong>zu</strong>rechnen sind. Wenn z.B. die Chance (engl. Odds) beim Würfeln einen „Sechser“ <strong>zu</strong> erzielen 1:5 =<br />

1 / 5 = 0.20 beträgt, so ist die entsprechende Wahrscheinlichkeit 1 / 6 = 0.17 = 17%.<br />

Der Odds-Ratio ist Verhältnis (Ratio) von zwei Chancen (Odds).<br />

52


Ratio von 1,49 in der mittleren Konsumgruppe in Abb. 24 bedeutet: Die Chance dafür, dass jemand<br />

in dieser Gruppe dem Statement „Mein Gesundheits<strong>zu</strong>stand ist ausgezeichnet“ <strong>zu</strong>stimmt<br />

(„richtig“ oder „eher richtig“), ist 1,49 mal so groß, wie die Chance dafür, dass eine <strong>zu</strong>fällig aus der<br />

Gesamtstichprobe ausgewählte Person ihren Gesundheits<strong>zu</strong>stand positiv beurteilt. Ferner ist die<br />

Chance z.B. 3,92 32 mal so groß wie bei jemandem aus der Gruppe der extremen AlkoholkonsumentInnen.<br />

Da es sich bei Odds-Ratios um eine Verhältnisskala handelt, erfolgt die Darstellung auf<br />

einer logarithmischen Skala. Aus Anschaulichkeitsgründen wird ein polynomischer 33 Trend eingezeichnet.<br />

Für die folgenden Auswertungen wurden Kategorien nach Konsumverhalten gebildet: “Abstinenz“<br />

bedeutet „absolut kein Alkohol im letzten Jahr“, „Fastabstinenz“ bedeutet „nicht mehr als 4-mal pro<br />

Jahr Alkohol“, „geringer Konsum“ bedeutet „Konsum unter der Harmlosigkeitsgrenze“ 34 , „mittlerer<br />

Konsum“ bedeutet Konsum zwischen der Harmlosigkeitsgrenze und der Gefährdungsgrenze 35 ,<br />

„Problemkonsum“ (Alkoholmissbrauch) bedeutet hier „Konsum zwischen der Gefährdungsgrenze<br />

und der doppelten Gefährdungsgrenze“ und extremer Konsum (starker Alkoholmissbrauch) ist<br />

„Konsum ab der doppelten Gefährdungsgrenze“.<br />

Die <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Befragung Abstinenten bzw. Fastabstinenten werden in drei Gruppen unterteilt.<br />

In „primäre Abstinente“, die nie Alkohol konsumiert haben, in „primär Fastabstinente“ die nie<br />

mehr als viermal pro Jahr Alkohol konsumiert haben, und in „sekundär Abstinente und sekundär<br />

Fastabstinente“, die früher mehr als viermal pro Jahr Alkohol getrunken haben. Die Stichprobenumfänge<br />

für die einzelnen Gruppen finden sich in Tab. 8.<br />

Tab. 8: Stichprobenumfänge der Gruppen nach Alkoholkonsum<br />

primäre Abstinente<br />

Anzahl<br />

163<br />

primär Fastabstinente 760<br />

sekundär Abstinente und sekundär Fastabstinente 471<br />

geringer Konsum<br />

1610<br />

mittlerer Konsum 814<br />

Problemkonsum 516<br />

extremer Konsum 184<br />

Insgesamt 4037<br />

Es wird immer wieder die Vermutung geäußert, dass Abstinente bzw. Fastabstinente vor allem<br />

deswegen in vielerlei Hinsicht auffällig erscheinen, weil sie früher stark getrunken haben („Sick<br />

Quitter Hypothese“, z.B. bei Shaper et al., 1988), was durch die Datenanalyse der gegenständlichen<br />

Studie allerdings weitgehend widerlegt wird. Nur 5% 36 der <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Befragung<br />

Abstinenten bzw. Fastabstinenten haben angegeben früher jemals über den Zeitraum von mindestens<br />

einem Monat täglich oder fast täglich Alkohol getrunken <strong>zu</strong> haben („regelmäßiger Alkoholkonsum“)<br />

und der Anteil jener die jemals „problematisch“ bzw. „extrem“ getrunken haben muss noch<br />

erheblich niedriger liegen – genau kann man diesen Prozentsatz aus den vorliegenden Daten aber<br />

nicht bestimmen.<br />

32) 1,49 : 0,38 = 3,92<br />

33) Bei nichtlinearen Trends ist es nötig Kurven an<strong>zu</strong>passen, die dem allgemeinen Verlauf über mehrere Jahre widerspiegeln<br />

ohne die kleinen Schwankungen von Jahr <strong>zu</strong> Jahr mit<strong>zu</strong>machen. Eine gebräuchliche Möglichkeit derartige Verläufe dar<strong>zu</strong>stellen<br />

ist polynomische Kurven an<strong>zu</strong>passen.<br />

34) Die „Harmlosigkeitsgrenze“ liegt bei Frauen bei 16 Gramm Reinalkohol und bei Männern bei 24 Gramm Reinalkohol.<br />

35) Die „Gefährdungsgrenze“ liegt bei Frauen bei 40 Gramm Reinalkohol und bei Männern bei 60 Gramm Reinalkohol.<br />

36) F18 im Fragebogen bzw. F17.29 im Band mit den Häufigkeitsauszählungen.<br />

53


4.9.1 Befindlichkeit - Lebensgenuss<br />

Ein deutliches Beispiel für einen (umgekehrten) J-Zusammenhang ist der subjektive Gesundheits<strong>zu</strong>stand<br />

in Abhängigkeit vom Alkoholkonsum. Den mit Abstand besten subjektiven Gesundheits<strong>zu</strong>stand<br />

haben Personen, die zwischen der Harmlosigkeitsgrenze und der Gefährdungsgrenze trinken<br />

(„mittlere KonsumentInnen“). Die ersten drei Gruppen in Abb. 24 („primär Abstinente“, „primär<br />

Fastabstinente“, „sekundäre Abstinente und sekundär Fastabstinente“) liegen hier deutlich unter<br />

den folgenden drei Gruppen („moderate KonsumentInnen“, „mittlere KonsumentInnen“ und sogar<br />

noch „problematische AlkoholkonsumentInnen“). Nur die „extremen AlkoholkonsumentInnen“<br />

liegen noch deutlich unter allen anderen Gruppen. Die Chance, dass ein/e mittlere AlkoholskonsumentIn<br />

über einen guten Gesundheits<strong>zu</strong>stand berichtet, ist z.B. fast viermal 37 so groß, wie dass<br />

ein/e starke AlkoholmissbraucherIn sich entsprechend äußert.<br />

Abb. 24: Guter subjektiver Gesundheits<strong>zu</strong>stand<br />

Frage F1.1: Mein Gesundheits<strong>zu</strong>stand ist ausgezeichnet (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Dass sich der „problematische Alkoholkonsum“ auf den subjektiv berichteten Gesundheits<strong>zu</strong>stand<br />

nicht stark auswirkt, steht in Widerspruch <strong>zu</strong> den Erwartungen und macht deutlich, dass es nicht<br />

zweckmäßig ist, die „problematischen AlkoholkonsumentInnen“ und „extremen AlkoholkonsumentInnen“<br />

im Zuge der Auswertung <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>fassen.<br />

Dass die „sekundär Abstinenten und sekundär Fastabstinenten“ bezüglich des subjektiven Gesundheits<strong>zu</strong>standes<br />

sich unter den ersten drei Gruppen gesundheitlich am schlechtesten fühlen,<br />

könnte teilweise damit erklärbar sein, dass sie ihren Alkoholkonsum als Folge von oder Angst vor<br />

gesundheitlichen Problemen ganz oder fast eingestellt haben (Abb. 24).<br />

Der Befund <strong>zu</strong>m subjektiven Gesundheits<strong>zu</strong>stand korrespondiert gut mit dem Ausmaß, in dem<br />

Sport betrieben wird (Abb. 25). Die ersten drei Gruppen der <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Befragung Abstinenten<br />

bzw. Fastabstinenten liegen deutlich unter den folgenden drei Gruppen der „moderaten bis<br />

problematischen AlkoholkonsumentInnen“, und die „extremen AlkoholkonsumentInnen“ betreiben<br />

am wenigsten Ausdauersport. Der Zusammenhang zwischen Gesundheits<strong>zu</strong>stand und körperlicher<br />

Betätigung ist hier nicht überraschend. Wer sich gesundheitlich nicht wohl fühlt, ist meist weniger<br />

bereit bzw. da<strong>zu</strong> in der Lage, sich körperlich <strong>zu</strong> betätigen – und auch der umgekehrte Zusammenhang,<br />

dass nämlich körperliche Tätigkeit die Gesundheit fördert, ist nahe liegend.<br />

37) 1,49 : 0,38 = 3,92 ≈ 4<br />

54


Abb. 25: Mindestens einmal pro Monat Ausdauersport<br />

Frage F3: Betreiben Sie Ausdauersport, z.B. laufen, Rad fahren, schwimmen, wandern oder nicht? (Antwort: „mindestens<br />

einmal pro Monat“ oder „beruflich viel Bewegung“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

In die gleiche Richtung, wenn auch umgekehrt gepolt (u-förmiger Zusammenhang), weist das<br />

Ausmaß des täglichen Fernsehens (Abb. 26). Jene, die am häufigsten Sport betreiben – „geringe<br />

und mittlere AlkoholkonsumentInnen“ – sehen am seltensten mehr als 2 Stunden täglich fern.<br />

Spitzenreiter sind hier die „problematischen AlkoholkonsumentInnen“ und die „extremen AlkoholkonsumentInnen“.<br />

Die ersten drei Gruppen („primär Abstinente“, „primär Fastabstinente“, „sekundäre<br />

Abstinente und sekundär Fastabstinente“) liegen im Durchschnittsbereich.<br />

Abb. 26: Mehr als zwei Stunden TV täglich<br />

Frage F8: Was schätzen Sie: Wie viele Stunden sehen Sie pro Woche fern? (Antwort: „mehr als 14 Stunden“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Ein gewisser Widerspruch in Relation <strong>zu</strong>m subjektiv empfundenen Gesundheits<strong>zu</strong>stand ergibt sich<br />

bei vordergründiger Betrachtung des Stellenwerts, der einer gesunden Ernährung beigemessen<br />

wird (Abb. 27). Die „Abstinenten“ führen hier ganz deutlich die Skala an und fühlen sich aber<br />

gleichzeitig deutlich weniger wohl, als die „geringen, mittleren und starken AlkoholkonsumentInnen“,<br />

die der gesunden Ernährung weit weniger Gewicht beimessen. Diese Werte sind aber auch<br />

nicht ganz unplausibel. Sowohl die weitgehende Vernachlässigung einer gesunden Ernährung als<br />

auch die rigide und übertriebene Fokussierung auf eine gesunde Ernährung sind dem Wohlbefinden<br />

und der Gesundheit abträglich (Bratman, 2000).<br />

Abb. 27: Achten auf ausgewogene Ernährung<br />

Frage F2: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung, also auf genügend Vitamine, nicht <strong>zu</strong> fettreiches Essen und dergleichen,<br />

oder nicht? (Antwort: „sehr“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

55


4.9.2 Lebens<strong>zu</strong>friedenheit und Erfolg<br />

Anders als bei der Frage <strong>zu</strong>m subjektiven Gesundheits<strong>zu</strong>stand, aber ähnlich <strong>zu</strong>m Stellenwert, der<br />

einer gesunden Ernährung beigemessen wird, ergibt sich bei der Frage <strong>zu</strong>m Lebensgenuss ein<br />

monotoner Zusammenhang. Die Zustimmung <strong>zu</strong>r Aussage „das Leben genießen ohne sich viele<br />

Gedanken <strong>zu</strong> machen“ steigt mit <strong>zu</strong>nehmendem Alkoholkonsum kontinuierlich an (Abb. 28). Besonders<br />

auffallend ist die sehr negative Haltung der „primären Abstinenten“ <strong>zu</strong>m unbeschwerten<br />

Lebensgenuss. Die Chance, dass ein „extremer Alkoholkonsument“ sich <strong>zu</strong>m unbeschwerten Lebensgenuss<br />

bekennt, ist 2,4-mal 38 so groß wie bei „primären Abstinenten“.<br />

Abb. 28: Einstellung <strong>zu</strong>m Lebensgenuss<br />

Frage F1.2: Ich finde, man sollte das Leben einfach genießen, ohne <strong>zu</strong> viel <strong>zu</strong> grübeln und nach<strong>zu</strong>denken (Antwort: „richtig“<br />

plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Das Bekenntnis <strong>zu</strong> einem hedonistischen Lebensideal korrespondiert aber nur schlecht mit der<br />

tatsächlichen Lebens<strong>zu</strong>friedenheit. Hier zeigt sich ein klarer u-förmiger Zusammenhang in dem<br />

Sinn, dass die ersten drei Gruppen („primär Abstinente“, „primär Fastabstinente“, „sekundäre Abstinente<br />

und sekundäre Fastabstinente“) sowie die „extremen AlkoholkonsumentInnen“ am ehesten<br />

mit ihrem Leben un<strong>zu</strong>frieden sind und dass „moderate KonsumentInnen“ und „mittlere KonsumentInnen“<br />

mit ihrem Leben am <strong>zu</strong>friedensten sind (Abb. 29).<br />

Abb. 29: Un<strong>zu</strong>friedenheit mit dem Leben<br />

Frage F1.7: Mein Leben verläuft ganz anders als ich es mir erwartet habe - ich bin damit nicht wirklich <strong>zu</strong>frieden (Antwort:<br />

„richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Weitgehend proportional <strong>zu</strong>r Lebensun<strong>zu</strong>friedenheit verläuft auch die subjektive Belastung durch<br />

Schicksalsschläge. Die Frage, ob die ersten drei Gruppen („primär Abstinente“, „primär Fastabstinente“,<br />

„sekundäre Abstinente und sekundär Fastabstinente“) und „extreme AlkoholkonsumentInnen“<br />

tatsächlich vom Schicksal relativ <strong>zu</strong> den Gruppen der „moderaten, mittleren und sogar noch<br />

der problematischen AlkoholkonsumentInnen“ benachteiligt wurden, oder ob sie ihr Leben bloß<br />

dramatischer erleben, kann hier nicht schlüssig beantwortet werden (Abb. 30).<br />

38) 1,40 : 0,59 = 2,4<br />

56


Abb. 30: Schicksalsschläge<br />

Frage F1.10: Ich habe bereits einen schweren Schicksalsschlag hinter mir (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Anlog <strong>zu</strong> Lebensun<strong>zu</strong>friedenheit (Abb. 29) und subjektiver Belastung durch Schicksalsschläge<br />

(Abb. 30) ist auch der u-förmige Zusammenhang, wenn es um Arbeitslosigkeit (Abb. 31) geht,<br />

wobei hier die „sekundär Abstinenten und sekundär Fastabstinenten“ besonders stark betroffen<br />

sind. Anscheinend reagiert ein Großteil der Betroffenen auf Einkommenseinschränkungen durch<br />

Arbeitslosigkeit mit einer deutlichen Verringerung des Alkoholkonsums, auch wenn in der allgemeinen<br />

Vorstellung oft das Gegenteil erwartet wird. Die Chance, dass ein „sekundär Abstinenter bzw.<br />

Fastabstinenter“ bereits arbeitslos war oder ist, ist rund zweimal so groß wie für „mittlere Alkoholkonsumenten“<br />

39 . Diese Interpretation steht – auch wenn das bei oberflächlicher Betrachtung wie<br />

ein Widerspruch erscheinen mag – keinesfalls in Konflikt <strong>zu</strong>r Beobachtung, dass AlkoholikerInnen<br />

überproportional häufig arbeitslos werden.<br />

Abb. 31: Bereits arbeitslos gewesen<br />

Frage F1.6: Ich bin bzw. war schon einmal arbeitslos (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Auch das Gefühl der Überforderung (Abb. 32) korrespondiert relativ stark mit Lebensun<strong>zu</strong>friedenheit<br />

(Abb. 29), subjektiver Belastung durch Schicksalsschläge (Abb. 30) und Arbeitslosigkeit (Abb.<br />

31). Hier fallen allerdings die „primär Abstinenten“ völlig aus dem Rahmen: Obwohl sie durchschnittlich<br />

mit ihrem Leben un<strong>zu</strong>friedener sind, sich stärker durch Schicksalsschläge belastet fühlen<br />

und überdurchschnittlich oft arbeitslos waren bzw. sind, erleben sie sich relativ selten als überfordert.<br />

Vergleicht man „Überforderung“ mit „Un<strong>zu</strong>friedenheit über den Verlauf des Lebens“, so korrespondiert<br />

dieses Ergebnis relativ gut mit den Befunden, die wir vor 10 Jahren bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

93/94“ vorfanden: „..., so kann man sagen, dass erstere („die primäre Abstinenten“)<br />

zwar ihr Leben als recht negativ beurteilen, sich aber nie viel davon erwartet haben und deswegen<br />

auch nicht sehr frustriert sind.“ (Uhl & Springer, 1996).<br />

Abb. 32: Gefühl der Überforderung<br />

Frage F1.5: Ich habe oft das Gefühl, dass mir alles <strong>zu</strong> viel wird (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

39) 1,40 : 0,71 = 2,11 ≈ 2<br />

57


4.9.3 Beziehungen<br />

Abb. 33: Fixe/r PartnerIn<br />

Frage S7: Haben Sie eine/n fixe/n Partnerin/Partner - egal ob verheiratet oder nicht? (Antwort: „ja, lebe mit ihm/ihr <strong>zu</strong>sammen“<br />

plus „ja, lebe nicht mit ihm/ihr <strong>zu</strong>sammen“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Wenn es um das Vorhandensein eines fixen Partners (Abb. 33) oder um den Familienstand „Ehe“<br />

geht (Abb. 34), so liegen „extreme Alkoholkonsumenten“ besonders niedrig. Die Chance, dass eine<br />

Person mit geringem Alkoholkonsum in einen fixen Partner hat, ist fast 2,6 mal so hoch wie jene,<br />

dass ein „extremer Alkoholkonsument“ mit einer fixen Partnerbeziehung lebt 40 .<br />

Interessant ist hier, dass „primäre Abstinente“ und „primär Fastabstinente“ zwar bezüglich der<br />

Wahrscheinlichkeit verheiratet <strong>zu</strong> sein mit den „moderaten KonsumentInnen“ annähernd gleich<br />

liegen, dass sie aber insgesamt, wenn es um fixe Partnerbeziehungen geht, deutlich hinter den<br />

„moderaten KonsumentInnen“ liegen. Dieses Ergebnis korrespondiert relativ gut mit den Befunden<br />

der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 93/94“: „Primäre Abstinente gehen demnach zwar <strong>zu</strong>nächst fast<br />

gleich oft eine Ehe ein wie andere Personen, aber nach einer Scheidung oder dem Tod des Partners<br />

ist die Wahrscheinlichkeit neuerlich eine Beziehung ein<strong>zu</strong>gehen erheblich geringer als für alle anderen<br />

Gruppen.“ (Uhl & Springer, 1996).<br />

Abb. 34: Verheiratet<br />

Frage S6 Familienstand: verheiratet<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Die Verteilung der Chance geschieden <strong>zu</strong> sein (Abb. 35) ist fast spiegelbildlich <strong>zu</strong>r Chance verheiratet<br />

(Abb. 34) <strong>zu</strong> sein, selten verheiratet und besonders oft geschieden sind die extremen AlkoholkonsumentInnen<br />

auf.<br />

40) 1,37 : 0,52 = 2,63 ≈ 2,6<br />

58


Abb. 35: Geschieden<br />

Frage S6 Familienstand: geschieden<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Etwas von Muster abweichend ist die Chance verwitwet <strong>zu</strong> sein (Abb. 36). Hier liegen die „sekundär<br />

Abstinenten und sekundär Fastabstinenten“ deutlich vor den anderen Gruppen.<br />

Abb. 36: Verwitwet<br />

Frage S6 Familienstand: verwitwet.<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Die Frage nach der Größe des Freundeskreises macht deutlich, dass die „sekundär Abstinenten“<br />

und „sekundär Fastabstinenten“ eher sozial isoliert sind (Abb. 37) und auch ein schlechteres Verhältnis<br />

<strong>zu</strong> ihren Familienangehörigen haben (Abb. 38).<br />

Abb. 37: Großer Freundeskreis<br />

Frage F1.3: Ich habe einen großen Freundes- und Bekanntenkreis (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Ferner fällt an den Kurven Abb. 37 und Abb. 38 auf, dass die „mittleren“ und „problematischen<br />

AlkoholkonsumentInnen“ besonders oft einen großen Freundeskreis haben, während „geringen<br />

KonsumentInnen“ das beste Verhältnis <strong>zu</strong> den engen Familienangehörigen aufweisen.<br />

Abb. 38: Gutes Verhältnis <strong>zu</strong> Familienangehörigen<br />

Frage F1.4: Ich verstehe mich gut mit meinen engen Familienangehörigen (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

59


Die „primär Abstinenten“ und „primär Fastabstinenten“ haben im geringsten Maß gerne andere<br />

Menschen um sich. Am geselligsten sind „mittlere Alkoholkonsumenten“ und „problematische Alkoholkonsumenten“<br />

(Abb. 39).<br />

Abb. 39: Gerne andere Menschen um sich<br />

Frage F1.9: Ich habe gerne andere Menschen um mich (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Ab wenigsten gesellig sind neben den „primären Abstinenten“ die „primären Fastabstinenten“ und<br />

am geselligsten die „mittleren“ und „problematischen AlkoholkonsumentInnen“ (Abb. 39).<br />

Sieht man von den erwähnten „primären Abstinenten“ ab, bei denen die Chance Kinder <strong>zu</strong> haben,<br />

am geringsten ist, so kann man feststellen, dass die Chance kinderlos <strong>zu</strong> sein mit <strong>zu</strong>nehmendem<br />

Alkoholkonsum fast linear steigt (Abb. 40).<br />

Abb. 40: Kinder<br />

Frage S10: Haben Sie Kinder? (Antwort: „ja“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Am wenigsten beliebt bei Bekannten und KollegInnen erleben sich die „extremen AlkoholkonsumentInnen“<br />

gefolgt von den „primären Fastabstinenten“ und den bereits erwähnten „primären<br />

Abstinenten“. Am beliebtesten erleben sich die „mittleren“ und „problematischen AlkoholkonsumentInnen“<br />

(Abb. 41). Die Chance, dass sich ein „mittlerer Konsument“ unter Bekannten und<br />

Freunden als beliebt erlebt, ist rund 2,6-mal 41 so hoch wie die Chance, dass ein „primär Fastabstinenter“<br />

sich in diesem Sinne äußert.<br />

Abb. 41: Beliebtheit bei Bekannten und Kollegen<br />

Frage F1.8: Ich bin bei meinen Bekannten und Kollegen beliebt (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

41) 1,90 : 0,66 = 2,6<br />

60


4.9.4 Bildung und Freizeitverhalten<br />

Ausgewertet wurde für diese Teilanalyse sowohl die Zahl jener, die mehr als Pflichtschulbildung<br />

aufweisen (Abb. 42), als auch die Zahl derer mit einem Maturaabschluss (Abb. 43) 42 .<br />

Abb. 42: Mehr als Pflichtschulbildung<br />

Frage S3.1: Höchste abgeschlossene Schulbildung (Antwort: „Lehrabschluss“, „Fachschule ohne Matura“, „höhere Schule mit<br />

Matura (AHS, BHS)“, „Hochschulstudium oder hochschulverwandte Lehranstalt“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Bei beiden Indikatoren des Bildungsniveaus schneiden die „primär Fastabstinenten“ mit Abstand<br />

am schlechtesten ab und die „moderaten KonsumentInnen“ bzw. „mittleren KonsumentInnen“ am<br />

besten. Sieht man von der Gruppe „primäre Abstinente“ ab, deren Bildungsniveau, wenn es um<br />

mehr als Pflichtschule geht, durchschnittlich und wenn es um Maturaabschlüsse geht, überdurchschnittlich<br />

ist, so ergibt sich wieder ein deutlicher (umgekehrter) u-förmiger Zusammenhang.<br />

Abb. 43: Matura oder akademischer Abschluss<br />

Frage S3.2: Höchste abgeschlossene Schulbildung (Antwort: „höhere Schule mit Matura (AHS, BHS)“, „Hochschulstudium oder<br />

hochschulverwandte Lehranstalt“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Am häufigsten privat im Internet surfen die „moderaten AlkoholkonsumentInnen“ und „mittleren<br />

KonsumentInnen“, am wenigsten oft „extreme AlkoholkonsumentInnen“. Privates Surfen im Internet<br />

hängt mit aktiver Teilnahme an der modernen Informationsgesellschaft <strong>zu</strong>sammen (Abb. 44).<br />

42) Die Schulbildung wurde in die drei Kategorien „Pflichtschule“ – „Fachschule/Lehre“ – „Maturaabschluss/akademischer<br />

Abschluss“ <strong>zu</strong>sammengefasst. Für die Berechung von Odds-Ratios ist die Gegenüberstellung der ersten und der letzten<br />

mit den jeweils verbleibenden zweckmäßig. Um einen direkten optischen Vergleich <strong>zu</strong> ermöglichen wurde allerdings in<br />

Abb. 42 nicht die Chance für einen Pflichtschulabschluss dargestellt, sondern die komplementäre Chance (Kehrwert)<br />

„mehr als einen Pflichtschulabschluss“ <strong>zu</strong> besitzen. Das ist inhaltlich ohne Bedeutung – hat aber <strong>zu</strong>r Folge dass sich die<br />

Kategorien überschneiden – was auf den ersten Blick seltsam anmutet.<br />

61


Abb. 44: Privates Surfen im Internet<br />

Frage F5a: Surfen Sie im Internet oder nicht? (Antwort: „ja, ich surfe privat“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Das berufliche Surfen im Internet (Abb. 45) hängt stark mit Bildung und beruflichem Erfolg <strong>zu</strong>sammen.<br />

Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich auch hier ein (umgekehrter) u-förmiger Zusammenhang<br />

ergibt.<br />

Abb. 45: Berufliches Surfen im Internet<br />

Frage F5b: Surfen Sie im Internet oder nicht? (Antwort: „ja, ich surfe beruflich“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

In die gleiche Richtung geht auch die Beteiligung am Straßenverkehr als AutolenkerInnen oder<br />

MotorradfahrerInnen (Abb. 46) – auch hier ist ein Zusammenhang mit beruflichem Erfolg nahe<br />

liegend.<br />

Abb. 46: Regelmäßiges Auto- oder Motorradfahren<br />

Frage F9: Fahren Sie Auto oder Motorrad oder nicht? (Antwort: „Ich lenke öfter als 1 Mal pro Woche ein Auto oder Motorrad“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

4.9.5 Religionsbekenntnis<br />

Es wird immer wieder festgestellt, dass Alkoholkonsum in den traditionell katholischen Ländern<br />

(„Permissivkulturen“ nach Pittmann,1967) gesellschaftlich wesentlich positiver aufgenommen wird,<br />

als in den traditionell protestantischen Ländern, wo viele mit einer weitgehenden Prohibition sympathisieren<br />

(„Ambivalenzkulturen“ nach Pittmann,1967; vgl. da<strong>zu</strong> Uhl & Kobrna, 2004). Es ist ferner<br />

bekannt, dass in den katholischen Ländern eher integrative Konsummuster (Room, 1984) vorkommen<br />

und in den protestantischen eher explosive Trinkformen dominieren (Room, 1993). Interessant<br />

ist, dass sich dieses Muster auch innerhalb von Österreich ab<strong>zu</strong>zeichnen scheint, wenn<br />

man die Daten nach Religions<strong>zu</strong>gehörigkeit auswertet. Während bei den Katholiken sowohl Abstinenz<br />

als auch extremer Alkoholkonsum unterdurchschnittlich oft vorkommen (Abb. 47), dominieren<br />

bei den Protestanten die extremen Verhaltensweisen (Abb. 48).<br />

62


Das kann als Indiz dafür gewertet werden, dass die unter Protestanten weit verbreitete betont<br />

alkoholkritische Haltung eher polarisiert – und damit sowohl <strong>zu</strong> mehr Problemkonsum als auch <strong>zu</strong><br />

mehr Abstinenz führt -, während die eher alkoholfreundliche Haltung, die unter Katholiken weit<br />

verbreitet ist, eher integrativ wirkt – d.h. weniger Abstinenz und gleichzeitig auch weniger Problemkonsum.<br />

Abb. 47: Katholisches Religionsbekenntnis<br />

Frage S14: Gehören sie einer religiösen Gemeinschaft an?: (Antwort: „katholische Kirche“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Abb. 48: Evangelisches Religionsbekenntnis<br />

Frage S14: Gehören sie einer religiösen Gemeinschaft an?: (Antwort: „evangelische Kirche“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

4.9.6 Alkoholkonsum und Trinkpartner<br />

Die Interviewten wurden befragt, mit wem sie in den letzten 12 Monaten gemeinsam Alkohol getrunken<br />

haben (F27: „Wenn Sie an die letzten 12 Monate denken und an die Situationen, bei denen<br />

Sie Alkohol konsumiert haben: Mit welchen Personen waren Sie <strong>zu</strong>sammen, während Sie Alkohol<br />

getrunken haben? Verteilen Sie die Karten bitte einfach auf dem Bildblatt!“; Antwortoptionen<br />

mit Mehrfachantwortmöglichkeit: (a) mit Partner/Partnerin, (b) mit anderen Mitgliedern der Familie,<br />

(c) mit Freunden - ausschließlich männliche, (d) mit Freundinnen - ausschließlich weibliche, (e)<br />

mit Freunden und Freundinnen, (f) mit Arbeits- oder Schulkollegen/innen, (g) mit anderen, (h) mit<br />

niemandem – alleine; Antwortkategorien: (1) immer, (2) häufig, (3) gelegentlich, (4) selten, (5)<br />

nie).<br />

Für die nun folgenden Auswertungen wurden nur jene Personen berücksichtigt, die <strong>zu</strong>m Interviewzeitpunkt<br />

nicht abstinent oder fast abstinent waren. Gezählt wurden jene Personen, die die Kategorien<br />

„immer“ und „häufig“ angegeben hatten.<br />

Wie man Abb. 49 entnehmen kann, trinken junge Männer unter 20 Jahren vor allem in gemischtgeschlechtlichen<br />

Freundesgruppen (68%) und im Kreise von Familienangehörigen (71%) Alkohol.<br />

Auch Arbeits- und SchulkollegInnen spielen hier eine große Rolle (45%). Die Partnerin (30%),<br />

weibliche Freunde (32%) und andere Personen (24%) werden in rund einem Drittel der Fälle als<br />

häufige TrinkpartnerInnen genannt. Ausschließlich männliche Freundesrunden spielen eine vergleichsweise<br />

untergeordnete Rolle (11%) und kaum jemand in dieser Altersgruppe trinkt häufig<br />

alleine (3%). Die Zahl der Männer, die auch alleine häufig Alkohol trinken, nimmt mit <strong>zu</strong>nehmendem<br />

Alter deutlich <strong>zu</strong> (3% auf 15%). Ebenso gewinnen mit <strong>zu</strong>nehmendem Alter die Partnerinnen<br />

(30% auf 35%) und rein männliche Freundesgruppen (11% auf 23%) als Trinkpartner an Stellenwert<br />

und rein weibliche Freundesgruppen nehmen im Stellenwert ab (32% auf 9%), ebenso verlieren<br />

die restlichen potentiellen TrinkpartnerInnen mit <strong>zu</strong>nehmendem Alter an Bedeutung.<br />

63


Abb. 49: Trinkpartner der nicht abstinenten Männer nach Altersgruppen<br />

Frage F27: „Wenn Sie an die letzten 12 Monate denken und an die Situationen, bei denen Sie Alkohol konsumiert haben: Mit<br />

welchen Personen waren Sie <strong>zu</strong>sammen, während Sie Alkohol getrunken haben? Antwortkategorien: „immer“ plus „häufig“<br />

Wie man Abb. 50 entnehmen kann, unterscheidet sich das Bild, das die TrinkpartnerInnen der<br />

Frauen darstellt, nur wenig von jenem der Männer. Dass der eigene Partner als Trinkpartner bei<br />

den alkoholkonsumierenden Frauen (um 40%) eine etwas wichtigere Rolle einnimmt als bei den<br />

Männern (um 30%), ergibt sich logisch aus dem Umstand, dass Männer in größerer Zahl, öfter und<br />

Abb. 50: Trinkpartner der nicht abstinenten Frauen nach Altersgruppen<br />

Frage F27: „Wenn Sie an die letzten 12 Monate denken und an die Situationen, bei denen Sie Alkohol konsumiert haben: Mit<br />

welchen Personen waren Sie <strong>zu</strong>sammen, während Sie Alkohol getrunken haben? Antwortkategorien: „immer“ plus „häufig“<br />

64


mehr Alkohol konsumieren. Der Umstand, dass bei Frauen ab 70 Jahren der Stellenwert des Partners<br />

als Trinkpartner ab- und jener von anderen Personen relativ <strong>zu</strong> den Männern stärker <strong>zu</strong>nimmt,<br />

folgt höchstwahrscheinlich aus der unterschiedlichen Lebenserwartung von Frauen und<br />

Männern. Interessant ist, dass bei den Frauen analog <strong>zu</strong> den Männern mit <strong>zu</strong>nehmendem Alter<br />

ausschließlich männliche Trinkpartner an Stellenwert gewinnen (14% auf 28%) und dass ausschließlich<br />

weibliche Trinkpartner an Stellenwert verlieren (45% auf 6%).<br />

Bei der Interpretation der in Abb. 49 und Abb. 50 beschriebenen Unterschiede bzw. beim diesbezüglichen<br />

Vergleich zwischen Männern und Frauen ist allerdings Vorsicht am Platz. Man sollte nicht<br />

vergessen, dass sich das Trinkverhalten und die Trinksituation nicht nur im Laufe des Lebens der<br />

Menschen ändert (Lebenszeiteffekte), sondern dass es auch erhebliche Unterschiede im Trinkverhalten<br />

zwischen den Generationen gibt (Kohorteneffekte). Ohne Vergleichsmöglichkeit <strong>zu</strong> analogen<br />

Daten aus früheren Bevölkerungsumfragen, kann man über die Natur dieser Effekte nur Mutmaßungen<br />

anstellen. Vor allem bei Frauen, deren Rollenbilder in den letzten Jahrzehnten einen starken<br />

Wandel erlebt haben und deren Lebens- und Konsumgewohnheiten sich in Folge der Geschlechterrollenangleichung<br />

<strong>zu</strong>nehmend jenen der Männer angeglichen haben, ist das Mitbedenken<br />

von Kohorteneffekten bei der Interpretation eine unbedingte Notwendigkeit.<br />

In Abb. 51 wird der Stellenwert von bestimmten Gruppen als Trinkpartner in Abhängigkeit von den<br />

Alkoholkonsumgewohnheiten analysiert. Auffallend, wenn auch nicht unerwartet, ist, dass rund<br />

30% der „extremen AlkoholkonsumentInnen“ häufig alleine Alkohol trinken, und dass mit <strong>zu</strong>nehmendem<br />

Alkoholkonsum generell alle potentiellen TrinkpartnerInnen häufiger angegeben werden.<br />

Abb. 51: Trinkpartner und Alkoholkonsumgewohnheiten<br />

Frage F27: „Wenn Sie an die letzten 12 Monate denken und an die Situationen, bei denen Sie Alkohol konsumiert haben: Mit<br />

welchen Personen waren Sie <strong>zu</strong>sammen, während Sie Alkohol getrunken haben? Antwortkategorien: „immer“ plus „häufig“<br />

4.9.7 Alkoholkonsum und Trinksituation<br />

Wenn man den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und bestimmten Trinksituationen analysieren<br />

möchte, so gibt es grundsätzlich zwei Perspektiven, die gerne verwechselt werden. Man<br />

kann alle Alkoholtrinkereignisse heranziehen und analysieren, unter welchen Rahmenbedingungen<br />

diese stattgefunden haben, oder man kann mögliche Rahmenbedingungen heranziehen und analysieren,<br />

wie oft in diesen getrunken wurde. Um es anschaulicher <strong>zu</strong> erklären: Wenn jemand, der<br />

beim Heurigen grundsätzlich immer Alkohol trinkt, im letzten Jahr bei 100 Gelegenheiten Alkohol<br />

getrunken hat und dabei 10 mal beim Heurigen war, dann kann man sagen, (Perspektive A) dass<br />

65


10% der Trinkereignisse beim Heurigen stattgefunden haben und (Perspektive B) dass 100% der<br />

Heurigenbesuche mit Alkoholkonsum verbunden waren.<br />

Bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ war die Perspektive B intendiert – d.h. wir wollten wissen,<br />

welche Rahmenbedingungen für ÖsterreicherInnen mit Alkoholkonsum assoziiert werden. Und da<br />

der Fragebogen nicht <strong>zu</strong> umfangreich werden durfte, war dafür bloß eine Frage vorgesehen. Die<br />

konkrete Frage (F28) lautete: „Auf diesen Karten sehen Sie nun verschiedene Gelegenheiten,<br />

wann man Alkohol trinken kann: Wie häufig haben Sie innerhalb der letzten 12 Monate bei diesen<br />

Gelegenheiten Alkohol getrunken?“. Als Antwortoptionen mit Mehrfachantwortmöglichkeit waren<br />

konkret folgende angeboten: (a) Bei Mahlzeiten <strong>zu</strong> Hause oder außer Haus, (b) Bei Festlichkeiten<br />

oder Partys, (c) Wenn ich <strong>zu</strong> Hause Gäste hatte, (d) Wenn ich bei Freunden/innen eingeladen war,<br />

(e) Am Arbeitsplatz, (f) Im Kaffeehaus oder im Gasthaus, (g) In einer Bar oder Diskothek,<br />

(h) Beim Heurigen/In der Buschenschank, (i) Im Sport- oder in einem anderen Freizeitverein,<br />

(j) Anderes. Die Antwortkategorien waren: (1) immer, (2) häufig, (3) gelegentlich, (4) selten,<br />

(5) nie.<br />

Auch wenn die Formulierung der Frage selbst unter Umständen beide Perspektiven <strong>zu</strong>lässt, die<br />

Kategorien „immer, häufig, gelegentlich, selten und nie“ liefern einen eindeutigen Hinweis auf Perspektive<br />

B. Bei der Auswertung zeigte sich dann, dass die Frage ganz offensichtlich von vielen Befragten<br />

im Sinne der Perspektive A interpretiert worden war – wodurch eine adäquate Interpretation<br />

der Ergebnisse unmöglich wurde. So hatten z.B. nur 13% der Befragten, die Alkohol trinken,<br />

angegeben, beim Heurigen „immer“ und weitere 13% beim Heurigen „häufig“ Alkohol <strong>zu</strong> trinken,<br />

was wenig plausibel ist. Von einer detaillierten Auswertung der Frage 28 wurde aus diesem Grund<br />

abgesehen. Einige Resultate finden sich im Häufigkeitsauszählungs- und Kreuztabellenband. Für<br />

<strong>zu</strong>künftige Bevölkerungsumfragen muss die Frage 27 eindeutiger und präziser formuliert werden.<br />

4.10 Bundesländerergebnisse<br />

In Kap. 3.1 wurde bereits darauf hingewiesen, dass Detailergebnisse die kleinen Bundesländer<br />

betreffend wegen des Einflusses von Zufallsfehlern nur mit großer Vorsicht interpretiert werden<br />

können. Das trifft ganz besonders für das Burgenland (157 Personen) und Vorarlberg (193 Personen)<br />

<strong>zu</strong>. Aber auch bei Salzburg (289 Personen) und Tirol (377 Personen) ist die Ungenauigkeit<br />

noch sehr groß. Verlässlicher sind die Ergebnisse für Kärnten, wo die Landesregierung die angebotene<br />

Option wahrgenommen hat, für 200 <strong>zu</strong>sätzliche Interviews auf<strong>zu</strong>zahlen sowie für die restlichen<br />

Bundesländer, in denen sich wegen ihrer Größe eine Stichprobenanzahl von mehr als 500<br />

Personen ergab (Tab. 9).<br />

Tab. 9: Stichprobenumfänge pro Bundesland<br />

Bundesland Anzahl der befragten Personen<br />

Burgenland 157<br />

Vorarlberg 193<br />

Salzburg 289<br />

Tirol 377<br />

Kärnten 315 (+200)<br />

Steiermark 674<br />

Oberösterreich 766<br />

Niederösterreich 869<br />

Wien 908<br />

Gesamt 4546<br />

Eine oft gestellte Frage ist die nach dem Alkoholdurchschnittskonsum der Bundesländer. Aus der<br />

vorliegenden Untersuchung kann man <strong>zu</strong>r Beantwortung dieser Fragestellung sowohl die (underreporting-<br />

und undersamplingadjustierten) Angaben des Vortageskonsums (F31xxxx) sowie den<br />

durchschnittlichen Tageskonsum (im Sinne eines Siebentels des vergessens-, underreporting- und<br />

undersamplingadjustierten Letztwochenkonsums, F32xxxx) heranziehen (vgl. da<strong>zu</strong> Kap. 4.2.3.2).<br />

Beide Variablen ergeben bei großen Zufallsstichproben identische Werte und müssen aus logischen<br />

Gründen für die Gesamtstichprobe identisch sein. Bei den Bundesländerergebnisse treten aller-<br />

66


dings <strong>zu</strong>fallsbedingt Diskrepanzen auf, die bei größeren Bundesländern vernachlässigbar sind, bei<br />

kleinen Bundesländern aber teilweise recht beachtliche Diskrepanzen sein können. Das macht unmittelbar<br />

und plakativ deutlich, wie wenig präzise Angaben die kleinen Bundesländer betreffend<br />

sind. Besonders gravierend ist die Diskrepanz des so errechneten täglichen Pro-Kopf-<br />

Reinalkoholkonsums im Burgenland mit 29g <strong>zu</strong> 37g (8g Differenz), in Salzburg mit 32g <strong>zu</strong> 28g (4g<br />

Differenz) und in Tirol mit 28g <strong>zu</strong> 25g (3g Differenz). Jene Bundesländer, deren Ergebnisse wegen<br />

des geringen Stichprobenumfangs überhaupt nicht oder nur mit großen Vorbehalten interpretierbar<br />

sind, wurden in der tabellarischen Darstellung mit „**“ bzw. „*“ versehen. (Burgenland, Vorarlberg,<br />

Salzburg und Tirol) (Tab. 10).<br />

Tab. 10: Durchschnittlicher Alkoholkonsum pro Person und Tag pro Bundesland<br />

Bundesland<br />

Diskrepanz Anzahl der befragten Per-<br />

F32XXXX F31XXXX<br />

sonen<br />

Burgenland ** 29g 37g 8g 157<br />

Vorarlberg ** 29g 29g 0g 193<br />

Salzburg * 32g 28g 4g 289<br />

Tirol * 28g 25g 3g 377<br />

Kärnten 24g 24g 0g 315 (+200)<br />

Steiermark 29g 29g 0g 674<br />

Oberösterreich 29g 29g 0g 766<br />

Niederösterreich 25g 24g 1g 869<br />

Wien 26g 28g 2g 908<br />

Gesamt 27g 27g 0g 4546<br />

Kommentar: Wegen geringer Stichprobenumfänge sind die Ergebnisse der mit ** markierten Bundesländern (Burgenland,<br />

Vorarlberg) kaum interpretierbar und die Ergebnisse der mit * markierten Bundesländern (Salzburg und Tirol) nur mit großen<br />

Vorbehalten (vgl. Kap. 4.10, S.66).<br />

Wie es <strong>zu</strong>m genannten Interpretationsproblem kommt, ist leicht anschaulich erklärbar. Bei einem<br />

Stichprobenumfang von 150 Personen bedeutet schon ein einziger <strong>zu</strong>sätzlicher starker Alkoholiker,<br />

der täglich 11 Liter Bier (das entspricht ca. 440g Reinalkohol) trinkt, eine Veränderung des Tagesdurchschnitts<br />

in der Stichprobe um 3g Alkohol. Bei 500 Personen schlägt sich eine entsprechende<br />

Person hingegen nur mehr mit weniger als 1g <strong>zu</strong> Buche.<br />

4.11 Art der konsumierten alkoholischen Getränke<br />

Aufbauend auf statistischen Daten (Uhl et al., 2006) und einer Dunkelzifferschät<strong>zu</strong>ng den vergorenen<br />

Most betreffend (vgl. Kap. 4.2.1.1) kann man errechnen, dass die ÖsterreicherInnen im Jahre<br />

2004 52% ihres Reinalkoholkonsums aus Bier, 32% aus Wein, 12% über Spirituosen und 3% über<br />

vergorenen Most und 1% über Prämixgetränke <strong>zu</strong> sich nahmen. Ein Drittel des über Prämixgetränke<br />

konsumierten Alkohols stammte aus spirituosenhältigen Alkopops und 2/3 aus Radlern.<br />

Bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ wurde der Vortagesalkoholkonsum nach den Kategorien<br />

„Wein“, „Bier“, „alkoholhältiger Most“, „Spirituosen (Schnaps oder Likör)“, „Prämixgetränke (fertig<br />

in Flaschen gefüllte Mischgetränke wie Hooch oder Breezer)“ sowie „andere alkoholische Mischgetränke“<br />

erfragt. Die Befragten wurden ersucht, die Mengen genau an<strong>zu</strong>geben, und die InterviewerInnen<br />

bestimmten dann anhand von Listen den durchschnittlichen Alkoholgehalt der angegebenen<br />

Getränke und kodierten die so ausgerechnete Reinalkoholmenge in „Standardglas á 20g Reinalkohol“.<br />

Wie man Abb. 52 entnehmen kann, liegt der angegebene Bier-, Wein- und Spirituosenkonsum<br />

etwas unter den offiziellen Produktions-Statistiken. Die Diskrepanzen erklären sich teilweise dadurch,<br />

dass bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ auch Mischgetränken gefragt wurde, die in der<br />

offiziellen Statistik je nach Art des alkoholischen Bestandteils <strong>zu</strong> Spirituosen, Bier oder Wein gerechnet<br />

werden – was die unmittelbare Vergleichbarkeit der Befragungsergebnisse mit der offiziellen<br />

Statistik einschränkt.<br />

67


Abb. 52: Art der konsumierten alkoholischen Getränke: Vergleich Umfrage mit offizieller Statistik<br />

Frage: F31.1 bis F31.7: „Alkoholkonsummengen am Vortag nach Art des Getränks“ und Quelle: Uhl et al. (2006)<br />

4.11.1 Getränkepräferenz in Weinanbaubundesländern und<br />

anderen Bundesländern<br />

Immer wieder wird die Auffassung vertreten, dass in den Wein produzierenden Bundesländern<br />

Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Wien (laut Statistik Austria im Jahre 2003 verantwortlich<br />

für 60% der österreichischen Weinernte: NÖ 33%, Bgld. 20%, Stmk 6% bzw. W 1%) der<br />

Weinkonsum dominiert, und dass in den anderen Bundesländern der Bierkonsum überwiegt. Wie<br />

man Abb. 53 entnehmen kann, sind allerdings die Unterschiede zwischen den Weinbaubundesländern<br />

und den anderen Bundesländern hinsiichtlich der Getränkepräferenz (mit 29% vs. 25%<br />

Weinanteil) relativ gering.<br />

Abb. 53: Art der konsumierten alkoholischen Getränke: Weinbaubundesländer vs. andere<br />

Frage: F31.1 bis F31.7: „Alkoholkonsummengen am Vortag nach Art des Getränks“<br />

4.11.2 Unterschiede in der Getränkepräferenz nach Geschlecht<br />

Wie man Abb. 54 entnehmen kann, trinken Männer im Vergleich <strong>zu</strong> Frauen (Odds 43 ) durchschnittlich<br />

5,2-mal soviel Bier, 2,7-mal so viel Most, 1,8-mal so viele Spirituosen, 1,3-mal so viel Wein<br />

und 1,3-mal so viele Mixgetränke. Nur beim Prämixgetränkekonsum liegen Männer und Frauen<br />

gleichauf. Neben dem Vergleich über die absolute Angabe der Reinalkoholmenge ist es auch mög-<br />

43) Die Chance (engl. Odds) steht in einem nichtlinearen Zusammenhang <strong>zu</strong>r Wahrscheinlichkeit, wobei beide Größen einfach<br />

ineinander um<strong>zu</strong>rechnen sind. Wenn z.B. die Chance (engl. Odds) beim Würfeln einen „Sechser“ <strong>zu</strong> erzielen 1:5 =<br />

1 / 5 = 0.20 beträgt, so ist die entsprechende Wahrscheinlichkeit 1 / 6 = 0.17 = 17%.<br />

Der Odds-Ratio ist Verhältnis (Ratio) von zwei Chancen (Odds).<br />

68


lich – und sinnvoll – den Alkoholkonsum von Frauen und Männern über „äquivalente Alkoholmengen“<br />

(Uhl & Kobrna, 2003) <strong>zu</strong> vergleichen. Da<strong>zu</strong> muss man die obigen Werte mit 2/3 multiplizieren,<br />

was der Tatsache Rechnung trägt, dass bei durchschnittlichen 44 Frauen nach dem Konsum<br />

von zwei Drittel der Alkoholmenge, die ein durchschnittlicher Mann trinkt, eine identische Blutalkoholkonzentration<br />

(BAK) entsteht. Das ist darauf <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>führen, dass durchschnittliche Frauen<br />

aufgrund von geringerem Gewicht und höherem Körperfettanteil nur rund 2/3 der Körperwassermenge<br />

(die für die Höhe der BAK ausschließlich relevant ist) aufweisen (Uhl & Kobrna, 2003).<br />

Abb. 54: Getränkepräferenz: Männer vs. Frauen absolut<br />

Anmerkung: Verhältnis Durchschnittskonsum der Männer <strong>zu</strong>m Durchschnittskonsum der Frauen<br />

Fragen: F31.1 bis F31.7: „Alkoholkonsummengen am Vortag nach Art des Getränks“.<br />

Wenn man die Getränkepräferenz innerhalb der Geschlechter betrachtet (Abb. 55), ergibt sich,<br />

dass Männer 65% ihres Reinalkoholkonsums über Bier und nur 21% über Wein bestreiten, während<br />

bei Frauen der Weinkonsum mit 44% deutlich überwiegt und Bier mit 33% nur an zweiter<br />

Stelle liegt. Für Frauen spielt auch der Spirituosen-, Alkopop- und Mixgetränkekonsum relativ gesehen<br />

eine weit wichtigere Rolle als für Männer.<br />

Abb. 55: Getränkepräferenz: Männer vs. Frauen relativ<br />

Frage: F31.1 bis F31.7: „Alkoholkonsummengen am Vortag nach Art des Getränks“<br />

44) Hier ist „durchschnittlich“ so <strong>zu</strong> verstehen, dass die Berechnungen für eine fiktive Person (Frau bzw. Mann) gelten, die<br />

bezüglich des Merkmals Gewicht dem Mittelwert der österreichischen weiblichen bzw. männlichen Bevölkerung entspricht.<br />

69


4.11.3 Prämixgetränke und andere alkoholhältige Mischgetränke<br />

In Kap. 4.2.2.1 und 4.2.2.2 sind wir bereits ausführlich auf einige Problemstellungen in Be<strong>zu</strong>g auf<br />

Alkopops und andere Mischgetränke eingegangen (z.B. auf das Problem, Alkopops definitorisch<br />

gegen andere Prämixgetränke ab<strong>zu</strong>grenzen; auf das Kodierungsproblem bei der Erfassung der<br />

Prämixgetränke in der vorliegenden Studie, auf die Überschät<strong>zu</strong>ng des Stellenwerts der Prämixgetränke<br />

am Gesamtkonsum und auf die Überschät<strong>zu</strong>ng des Einflusses von Sondersteuern auf den<br />

Alkopopmarkt). In diesem Abschnitt geht es um die inhaltlichen Ergebnisse:<br />

Prämixgetränke setzen sich in Österreich vor allem aus spirituosenhältigen Prämixgetränken (spirituosenhältige<br />

Alkopops) und Bier-Prämixgetränken (Radler) <strong>zu</strong>sammen. Bier-Prämixgetränke, die<br />

auch noch andere Alkoholanteile oder Alkoholaromastoffe (z.B. Rumaroma) enthalten und die daher<br />

nicht unter den Begriff „Radler“ fallen, spielen in Österreich bloß eine sehr geringe Rolle. Zwei<br />

am österreichischen Markt kurzfristig vertriebene Limonade-Bier-Spirituosenmixgetränke („Cut“<br />

und „Moby“) wurden wieder eingestellt, weil diese Produkte von den KonsumentInnen nicht angenommen<br />

wurden. Vergleichbare ausländische Importprodukte spielen in Österreich auch nur eine<br />

untergeordnete Rolle (Werner, 2005).<br />

Die Entwicklung des Konsums der Kategorien „spirituosenhältige Alkopops“ und „Bier-<br />

Prämixgetränke“ über die letzten Jahre ist ganz unterschiedlich verlaufen. Der Absatz der spirituosenhältigen<br />

Alkopops stieg seit 1990 langsam an, erreichte 1997 ein geringes Zwischenhoch, setzte<br />

dann ab dem Jahr 2001 <strong>zu</strong> einem Höhenflug an, dessen Spitze 2003 erreicht wurde, und fällt<br />

seit diesem Zeitpunkt ebenso rapide wieder <strong>zu</strong>rück (Manner, 2004, 2005). Seit dem Höhepunkt im<br />

Jahre 2003 mit 12,7 Mio. Litern spirituosenhältigen Alkopops ist der Verkauf im Jahre 2004 – ohne<br />

dass irgendwelche legislativen oder steuerlichen Maßnahmen gesetzt worden wären – auf 8,1 Mio.<br />

Liter gesunken und wird 2005 nach ersten Schät<strong>zu</strong>ngen neuerlich – und zwar auf rund 5 Mio. Liter<br />

– sinken (Skalierung auf der linken Seite von Abb. 56).<br />

Abb. 56: Entwicklung des spirituosenhältigen Alkopopkonsums in Österreich<br />

Quelle: Manner (2004,2005). Der Wert für 2005 ist eine vorläufige Schät<strong>zu</strong>ng. Alle Berechnungen bauen auf Umsatzzahlen der<br />

Markenführer Bacardi und Eristoff auf, die unverändert 75% des spirituosenhältigen Alkopopmarkts in Österreich abdecken.<br />

Erläuterung: Auf der linken Seite ist der Gesamtabsatz an spirituosenhältigen Alkopops pro Jahr in Mio. Litern ablesbar, auf der<br />

rechten Seite der Pro-Kopf-Jahreskonsum an Reinalkohol aus spirituosenhältigen Alkopops.<br />

70


Diese Werte lassen sich auf Liter spirituosenhältige Alkopops pro Jahr und Kopf der Bevölkerung ab<br />

dem 15. Lebensjahr umrechnen.<br />

• Der Pro-Kopf-Jahreskonsum an spirituosenhältigen Alkopops bezogen auf die Ab-15-Jährigen<br />

betrug demnach für die letzten drei Jahre 1,9 Liter in 2003, 1,2 Liter in 2004 bzw. 0,8 Liter in<br />

2005.<br />

• Ausgedrückt in Reinalkohol pro Jahr und Kopf der Ab-15-Jährigen (Skalierung auf der rechten<br />

Seite von Abb. 56) entspricht das 0,11 Liter in 2003, 0,07 Liter in 2004 bzw. 0,04 Liter in<br />

2005.<br />

• Ausgedrückt in Reinalkohol pro Tag und Kopf der Ab-15-Jährigen entspricht das 0,24 Gramm<br />

in 2003, 0,15 Gramm in 2004 bzw. 0,09 Gramm in 2005.<br />

• Ausgedrückt als relativer Anteil am Reinalkoholkonsum entspricht diese Menge 0,9% in 2003,<br />

0,6% in 2004 bzw. 0,4% in 2005. Wie im Kap. 4.2.2.1 bereits erwähnt, lag der entsprechende<br />

Anteil am Reinalkoholkonsum in Deutschland sowohl 2003 mit 0,7% als auch 2004 mit 0,3%<br />

jeweils niedriger als in Österreich. Geschätzte Vergleichswerte für Deutschland im Jahre 2005<br />

liegen uns noch nicht vor.<br />

Während es sich bei den spirituosenhältigen Alkopops scheinbar um eine bloß sehr kurzfristige<br />

Modeströmung handelt, ist der Radlerabsatz nach wie vor im Steigen begriffen (Abb. 57). Der Anteil<br />

der Bier-Prämixgetränke (Radler) ist in Österreich von 1995 bis 2003 relativ gleichmäßig von 7<br />

Mio. Liter auf 22 Mio. Liter angestiegen (Skalierung auf der linken Seite von Abb. 57). Der Rückgang<br />

des spirituosenhältigen Alkopopmarkts von 2003 bis 2004 hat dabei allerdings keine kompensatorische<br />

Zunahme des Radlermarkts bewirkt.<br />

• Der Pro-Kopf-Jahreskonsum an Bier-Prämixgetränke bezogen auf die Ab-15-Jährigen betrug<br />

demnach für sowohl 2003 als auch 2004 rund 3,3 Liter.<br />

• Pro Jahr und Kopf haben die ab-15-jährigen ÖsterreicherInnen (Skalierung auf der rechten<br />

Seite von Abb. 57) sowohl 2003 als auch 2004 rund 0,08 Liter Reinalkohol über Bier-<br />

Prämixgetränke getrunken.<br />

• Pro Tag und Kopf haben die ab-15-jährigen ÖsterreicherInnen sowohl 2003 als auch 2004<br />

rund 0,17 Gramm Reinalkohol über Bier-Prämixgetränke getrunken.<br />

• Relativ gesehen bedeutet das, dass rund 0,6% des insgesamt in Österreich konsumierten<br />

Reinalkohols über Bier-Prämixgetränke konsumiert wurde.<br />

Abb. 57: Entwicklung des Konsums von Bier-Prämixgetränken in Österreich<br />

Quelle: Werner (2005)<br />

Erläuterung: Auf der linken Seite ist der Gesamtabsatz an Bier-Prämixgetränken pro Jahr in Mio. Litern ablesbar, auf der rechten<br />

Seite der pro-Kopf-Jahreskonsum an Reinalkohol aus Bier-Prämixgetränken.<br />

71


Fasst man die beiden relevanten Prämixgetränkekategorien (spirituosenhältige Alkopops plus Bier-<br />

Prämixgetränke; Abb. 56, Abb. 57) <strong>zu</strong>sammen, so ergibt das, dass im Jahre 2004 die ab-15jährigen<br />

ÖsterreicherInnen 0,12 Liter Reinalkohol über Bier-Prämixgetränke getrunken haben –<br />

das entspricht 0,26 Gramm pro Tag 45 bzw. 1% des gesamten Reinalkoholkonsums in Österreich.<br />

In deutlichem Widerspruch da<strong>zu</strong> stehen die Ergebnisse der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“, die<br />

rund den doppelten Anteil des Reinalkoholkonsums aus Prämixgetränken von 2% ergab (Abb. 52)<br />

– ein Ergebnis, das einer Erklärung bedarf:<br />

• Die drei Korrekturmethoden im Sinne der Kombinationsmethode (Kap. 4.2.3) gehen davon<br />

aus, dass die systematischen Fehler alle Getränkekategorien und schwache bis starke Trinker<br />

gleichmäßig – also proportional – erfassen. Es ist aber plausibel, dass diese Annahme nicht<br />

ganz <strong>zu</strong>trifft. Denkbar wäre, dass starke TrinkerInnen weit stärker untertreiben als mäßige<br />

TrinkerInnwn – und mäßige TrinkerInnen konsumieren vermutlich eher Prämixgetränke. Diese<br />

Verlet<strong>zu</strong>ng der Proportionalitätsannahme kann über das Korrekturverfahren also eine relative<br />

Überschät<strong>zu</strong>ng des Prämixgetränkeanteils erklären.<br />

• Ferner zeigte sich, dass Kinder und Jugendliche, die bezüglich des Alkoholkonsums stärker <strong>zu</strong>m<br />

Übertreiben neigen, überproportional häufig Prämixgetränke konsumierten, was ebenfalls einen<br />

Teil der Überschät<strong>zu</strong>ng erklären kann.<br />

• Schließlich kann man auch nicht ausschließen, dass manche InterviewerInnen und/oder Befragte<br />

die Instruktion „Fertig in Flaschen gefüllte Mischgetränke wie Hooch oder Breezer“ nicht<br />

im Sinne des Befragungsinstrumentes interpretierten, sondern auch Produkte in diese Kategorie<br />

rechneten, die keinesfalls gemeint waren. Bei wörtlicher Interpretation könnte man ja<br />

durchaus auch Liköre oder aufgespritete Dessertweine in diese Kategorie zählen.<br />

Angesichts dieser Diskrepanz folgt, dass man die absoluten Angaben die Prämixgetränke betreffend<br />

in der vorliegenden Untersuchung nur mit Vorbehalt interpretieren kann. Weniger problematisch<br />

erscheint es die relativen Unterschiede zwischen den Geschlechtern und zwischen den Altersgruppen<br />

<strong>zu</strong> interpretieren.<br />

Wie man Abb. 54 entnehmen kann, konsumieren Männer absolut gesehen etwas mehr an nichtvorgemischten<br />

Mixgetränken und fast genau gleichviel an Prämixgetränken wie Frauen. Der relative<br />

Stellenwert der Prämixgetränke und der nicht-vorgemischten Mixgetränke ist für Frauen mit<br />

15% Anteil am gesamten Reinalkoholkonsum allerdings erheblich größer als für Männer, wo der<br />

Anteil nur 7% beträgt (Abb. 55).<br />

Abb. 58: Stellenwert von Prämixgetränken- und Mischgetränken mit <strong>zu</strong>nehmendem Alter<br />

Frage: F31.5 und F31.6: „Konsum von Prämixgetränken und anderen alkoholischen Mischgetränken am Vortag“<br />

45) 120 Milliliter : 365 (Tage) * 0,789 (Dichte von Äthylalkohol in Gramm pro Milliliter) = 0,26 Gramm.<br />

72


Abb. 58 kann man entnehmen, dass sowohl Prämixgetränke als auch andere alkoholische Mischgetränke<br />

mit <strong>zu</strong>nehmendem Alter kontinuierlich an Bedeutung verlieren. Ob es sich beim vom<br />

allgemeinen Trend der Kurven deutlich abweichenden besonders hohen Stellenwert der nichtvorgemischten<br />

Mixgetränke bei Frauen in der Altersgruppe 30-40 um ein relevantes Ergebnis oder<br />

um einen Artefakt handelt, kann hier nur spekuliert werden. In diesem Zusammenhang ist <strong>zu</strong> bedenken,<br />

dass sowohl Prämixgetränke als auch Mischgetränke nur einen relativ geringen Anteil am<br />

Alkoholkonsum haben – wodurch <strong>zu</strong>fällige Abweichungen vom tatsächlichen Wert wahrscheinlicher<br />

werden.<br />

Ergänzend <strong>zu</strong>m Konsum von Prämixgetränken am Vortag wurde auch danach gefragt, wie oft diese<br />

konsumiert wurden. Konkret wurde nach dem Konsum von „in Flaschen gefüllten Mischgetränken,<br />

wie Hooch oder Breezer“ jemals im ganzen Leben („Lebenszeitprävalenz“, F33), in den letzten<br />

12 Monaten („12-Monatsprävalenz“ F34), im letzten Monat („Monatsprävalenz“ f35) und nach der<br />

Zahl der Konsumtage im letzten Monat (Kategorien: „1-3 Tage“, „4-9 Tage“, 10-19 Tage“, „20<br />

Tage und mehr“) gefragt wurde. Die Ergebnisse dieser drei Fragen wurden bei der Auswertung<br />

<strong>zu</strong>sammengefasst (F36 in den Datenbänden) und werden in Abb. 59 und Abb. 60 getrennt für<br />

Männer und Frauen nach Altersgruppen dargestellt.<br />

Abb. 59: Stellenwert von Prämixgetränken bei Männern mit <strong>zu</strong>nehmendem Alter<br />

Frage: F33 bis F36: „Konsumfrequenz von Prämixgetränken“<br />

Anmerkung: Die Reihenfolge der Linien in der Grafik korrespondiert mit der Reihenfolge in der Grafik. Die Wahrscheinlichkeit<br />

jemals etwas getrunken <strong>zu</strong> haben ist zwangsläufig größer als die Wahrscheinlichkeit im letzten Jahr etwas getrunken <strong>zu</strong> haben<br />

usw.<br />

Der Vergleich von Abb. 59 mit Abb. 60 macht deutlich, dass Prämixgetränke bei Männern und<br />

Frauen in etwa gleich populär sind und dass diese vor allem jüngere Personen ansprechen. Die<br />

Lebenszeitprävalenz (jemals im Leben ein Prämixgetränk konsumiert) liegt bei den 14- bis 19-<br />

Jährigen knapp unter 70%, steigt in der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen über 70% und sinkt<br />

dann bis <strong>zu</strong>r Altersgruppe der Ab-70-Jährigen unter 10% ab. Die 12-Monatsprävalenz (mindestens<br />

ein Prämixgetränk im letzten Jahr getrunken) liegt in den meisten Altersgruppen grob 10% darunter.<br />

Deutlich niedriger liegt die 30-Tageprävalenz: Etwas weniger als 40% der 14- bis 19-Jährigen<br />

haben im Monat vor der Befragung ein Prämixgetränk getrunken. Zwischen 4 und 9 Tage im letzten<br />

Monat haben 15% der 14- bis 19-jährigen männlichen Befragten und rund 10% der gleichaltrigen<br />

weiblichen Befragten Prämixgetränke konsumiert. 10-mal oder öfter im letzten Monat Prämixgetränke<br />

konsumiert <strong>zu</strong> haben, wurde von 4% der männlichen und 2% der weiblichen Befragten<br />

angegeben.<br />

73


Abb. 60: Stellenwert von Prämixgetränken bei Frauen mit <strong>zu</strong>nehmendem Alter<br />

Frage: F33 bis F36: „Konsumfrequenz von Prämixgetränken“<br />

Anmerkung: Die Reihenfolge der Linien in der Grafik korrespondiert mit der Reihenfolge in der Grafik. Die Wahrscheinlichkeit<br />

jemals etwas getrunken <strong>zu</strong> haben ist zwangsläufig größer als die Wahrscheinlichkeit im letzten Jahr etwas getrunken <strong>zu</strong> haben<br />

usw.<br />

Zusammenfassend <strong>zu</strong> den Prämixgetränken kann man sagen, dass diese primär die jüngeren<br />

Jahrgänge ansprechen und dass Männer, entgegen der allgemeinen Erwartung, dass Alkopops<br />

eher „Frauengetränke“ sind, gleich oft und gleich viel an Prämixgetränken konsumieren wie Frauen.<br />

Da Frauen insgesamt aber weit weniger Alkohol trinken, ist der relative Stellenwert der Prämixgetränke<br />

für Frauen am Gesamtalkoholkonsumvolumen weit größer als für Männer.<br />

4.11.4 Spirituosen<br />

Auch der Stellenwert von Spirituosen am gesamten Reinalkoholkonsum nimmt mit steigendem<br />

Alter deutlich ab und ist bei Frauen – am stärksten in den Altersgruppen zwischen 20-29 Jahren –<br />

deutlich höher als bei Männern (Abb. 61). Dabei muss man allerdings bedenken, dass Frauen nur<br />

rund ein Drittel der Alkoholmenge von Männern konsumieren, weswegen sie absolut gesehen<br />

deutlich weniger Spirituosen konsumieren als Männer.<br />

Abb. 61: Stellenwert von Spirituosen mit <strong>zu</strong>nehmendem Alter<br />

Frage: F31.4: „Konsum von Spirituosen am Vortag“<br />

74


4.11.5 Vergorener Most<br />

Das Problem den Konsum aus vergorenem Most aus offiziellen Statistiken <strong>zu</strong> schätzen sowie die<br />

Veränderungen der Mostobstproduktion über die letzten Jahrzehnte (Abb. 1) haben wir in Kap.<br />

4.2.1.1 (S. 25) ausführlich diskutiert und dabei den Mostobstausstoß der wichtigsten Mostobst<br />

erzeugenden Bundesländer mit den Mengen an vergorenem Most, die im entsprechenden Bundesland<br />

insgesamt konsumiert werden, verglichen (Abb. 2). Ergänzend da<strong>zu</strong> wird nun in Tab. 11 der<br />

Pro-Kopf-Mostkonsum der Bundesländer dargestellt. Da<strong>zu</strong> muss noch einmal betont werden, dass<br />

die Resultate für das Burgenland und für Vorarlberg wegen des geringen Stichprobenumfangs<br />

kaum, und die Ergebnisse für Salzburg und Tirol nur sehr begrenzt aussagekräftig sind (vgl. da<strong>zu</strong><br />

Kap. 4.10, S.66). Dabei ergibt sich, dass das Bundesland mit der größten Produktion an vergorenem<br />

Most (Oberösterreich) auch beim Pro-Kopf-Konsum mit durchschnittlich 0,9g Reinalkohol pro<br />

Tag deutlich an der Spitze liegt, gefolgt vom zweitwichtigsten Mostproduktionsland Niederösterreich<br />

mit 0,5g. Sieht man vom Burgenland und von Vorarlberg ab, deren Ergebnisse wie gesagt<br />

nicht sinnvoll interpretierbar sind, so folgt Kärnten mit täglich 0,4g Reinalkohol aus vergorenem<br />

Most. Die Steiermark liegt trotz der großen Mostobstproduktion – die ja <strong>zu</strong> mehr als 85% in die<br />

Fruchtsaftproduktion geht – mit Wien ex equo bei täglich nur 0,1g Reinalkoholkonsum aus vergorenem<br />

Most.<br />

Tab. 11: Pro-Kopf Mostkonsum in Österreich nach Bundesländern<br />

Bundesland<br />

75<br />

pro Kopf<br />

Mostkonsum<br />

in Liter<br />

Reinalkohol<br />

am Vortag<br />

Anzahl der<br />

befragten<br />

Personen<br />

Burgenland ** 0,3 g 157<br />

Vorarlberg ** 0,6 g 193<br />

Salzburg * 0,3 g 289<br />

Tirol * 0,2 g 377<br />

315<br />

Kärnten 0,4 g (+200)<br />

Steiermark 0,1 g 674<br />

Oberösterreich 0,9 g 766<br />

Niederösterreich 0,5 g 869<br />

Wien 0,1 g 908<br />

Österreich 0,4 g 4546<br />

Kommentar: Wegen geringer Stichprobenumfänge sind die Ergebnisse der mit ** markierten Bundesländern (Burgenland,<br />

Vorarlberg) kaum interpretierbar und die Ergebnisse der mit * markierten Bundesländern (Salzburg und Tirol) nur mit großen<br />

Vorbehalten (vgl. Kap. 4.10, S.66).<br />

Wie man Abb. 62 entnehmen kann nimmt der Stellenwert des vergorenem Mosts am gesamten<br />

Reinalkoholkonsum mit steigendem Alter <strong>zu</strong>. Der Stellenwert des Mostes für Männer und Frauen<br />

schwankt über die Alterskohorten recht unsystematisch, was wahrscheinlich damit <strong>zu</strong> erklären ist,<br />

dass insgesamt nur wenig vergorener Most konsumiert wird.


Abb. 62: Stellenwert von vergorenem Most mit <strong>zu</strong>nehmendem Alter<br />

Frage: F31.3: „Konsum von vergorenem Most am Vortag“<br />

4.11.6 Wein<br />

Analog <strong>zu</strong> jenem des vergorenen Mosts nimmt der Stellenwert des Weins am gesamten Reinalkoholkonsum<br />

mit steigendem Alter <strong>zu</strong>. In allen Altersgruppen ist der relative Stellenwert von Wein<br />

am Gesamtalkoholkonsum bei Frauen deutlich höher als bei Männern (Abb. 63). Auch hier soll<br />

noch einmal betont werden, dass Frauen absolut gesehen durchschnittlich deutlich weniger Wein<br />

trinken als Männer.<br />

Abb. 63: Stellenwert von Wein mit <strong>zu</strong>nehmendem Alter<br />

Frage: F31.1: „Konsum von Wein am Vortag“<br />

76


4.11.7 Bier<br />

Bier nimmt hinsichtlich des Stellenwerts am gesamten Reinalkoholkonsum insofern eine Sonderstellung<br />

ein, als der relative Stellenwert mit steigendem Alter über beide Geschlechter hinweg relativ<br />

konstant bleibt. Nur bei den 14- bis 19-jährigen Mädchen kommt der relative Stellenwert des<br />

Biers mit rund 50% am Reinalkoholkonsum an jenen der gleichaltrigen Burschen heran. Bei allen<br />

anderen Altersgruppen der Frauen liegt der relative Stellenwert von Bier durchweg deutlich unter<br />

dem der Männer. Bei Männern nimmt der Stellenwert von Bier erst bei den Ab-60-Jährigen ab<br />

(Abb. 64).<br />

Abb. 64: Stellenwert von Bier mit <strong>zu</strong>nehmendem Alter<br />

Frage: F31.2: „Konsum von Bier am Vortag“<br />

4.12 Einstellung <strong>zu</strong> Alkoholkonsum und Rausch<br />

Die Einstellung <strong>zu</strong> Alkoholkonsum und Rausch in Abhängigkeit von Rahmenbedingungen wurde<br />

mit 10 Fragen (F38.1 bis F38.10) <strong>zu</strong> folgenden Situationen erhoben: (1) bei Festlichkeiten oder<br />

Partys, (2) der Mann, der mit seiner Frau/Partnerin ausgeht, (3) die Frau, die mit ihrem<br />

Mann/Partner ausgeht, (4) der Elternteil, der mit seinen kleinen Kinder etwas unternimmt, (5) der<br />

Mann, der sich mit Freunden/Freundinnen außer Haus trifft, (6) die Frau, die sich mit Freunden/Freundinnen<br />

außer Haus trifft, (7) bei einem Besuch von oder bei Freunden/Freundinnen,<br />

(8) beim Mittagessen mit Arbeitskollegen/Arbeitskolleginnen, (9) beim Treffen mit Arbeitskollegen/Arbeitskolleginnen<br />

nach der Arbeit bevor man nach Hause geht, (10) vor einer Fahrt mit dem<br />

Auto. – Gefragt wurde „Wie sollte Mann/Frau Ihrer Meinung nach in den folgenden Situationen mit<br />

alkoholischen Getränken umgehen?“ und als Antwortkategorien wurde angeboten „nichts trinken“,<br />

„wenig trinken“, „trinken, aber nicht betrinken“, „sich betrinken ist manchmal erlaubt“.<br />

In Abb. 65 werden die Einstellungen der Befragten <strong>zu</strong>m Alkoholkonsum in den genannten Situationen<br />

dargestellt, wobei die Situationen nach der Zustimmung <strong>zu</strong> einem gelegentlichen Rausch gereiht<br />

wurden. Fast genau ein Drittel der Befragten finden einen gelegentlichen Rausch bei Festlichkeiten<br />

und Partys angemessen und nur 4% finden, dass man auch bei solchen Gelegenheiten keinen<br />

Alkohol trinken sollte. Deutlich geringer ist die Rauschtoleranz in Be<strong>zu</strong>g auf Männer, die sich<br />

außer Haus mit Freunden/Freundinnen treffen (15%), in Be<strong>zu</strong>g auf Frauen, die sich außer Haus<br />

77


mit Freunden/Freundinnen treffen (13%) und beim Besuch von Freunden/Freundinnen (11%). In<br />

Be<strong>zu</strong>g auf Männer und Frauen, die mit ihren Partnern/Partnerinnen ausgehen, finden nur mehr 7%<br />

einen gelegentlichen Rausch vertretbar, und für ein Treffen mit Arbeitskollegen/Arbeitskolleginnen<br />

nach der Arbeit, bevor man nach Hause geht, nur 5%. Berauschung beim Mittagessen mit Arbeitskollegen/-kolleginnen,<br />

wenn ein Elternteil mit seinen kleinen Kinder etwas unternimmt und vor<br />

einer Fahrt mit dem Auto finden nur 1% der Befragten für angemessen.<br />

Abb. 65: Einstellung <strong>zu</strong>m Alkoholkonsum in bestimmten Situationen 2004<br />

Frage: F38.1 bis F38.10: „Wie sollte Mann/Frau Ihrer Meinung nach in den folgenden Situationen mit alkoholischen Getränken<br />

umgehen?“ Antwortkategorien: „nichts trinken“, „wenig trinken“, „trinken, aber nicht betrinken“, „sich betrinken ist manchmal<br />

erlaubt“.<br />

Interessant wäre hier ein Vergleich der Einstellungen mit identischen Daten aus der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

93/94“, leider sind die Abb. 65 und Abb. 66 dargestellten Fragen und Antwortkategorien<br />

jedoch nicht völlig identisch und daher auch nur bedingt vergleichbar. Mit Vorbehalten kann<br />

man vergleichend festhalten, dass 2004 der Anteil jener, die sogar bei Festen Alkoholfreiheit fordern,<br />

von 8% auf 4% abgenommen hat und dass es generell etwas weniger Menschen gibt, die in<br />

den angeführten sozialen Situationen Alkoholfreiheit fordern. Nur den Alkohol am Steuer betreffend<br />

hat die Forderung nach absoluter Abstinenz von 1993/94 bis 2004 von 83% auf 89% <strong>zu</strong>genommen.<br />

Abb. 66: Einstellung <strong>zu</strong>m Alkoholkonsum in bedingt vergleichbaren Situationen 1993/94<br />

Quelle: „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 93/94“ (Uhl & Springer, 1996): Frage: „In welcher dieser Situationen ist wie viel<br />

Alkohol Ihrer Meinung nach vertretbar?“ Beurteilt werden 26 explizit genannte Situationen, von denen hier nur<br />

jene 7, die mit Situationen der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ annähern vergleichbar sind, dargestellt werden. Antwortkategorien:<br />

(1) “kein Alkohol“ (2) „1-2 Gläser“ (3) „dass man etw. spürt“ (4) „manchmal Rausch“<br />

Diese Ergebnisse kann man als Indiz für eine Differenzierung der Einstellung <strong>zu</strong> Alkohol interpretieren,<br />

in dem Sinn, dass einerseits Bestrebungen, allgemeine Alkoholabstinenz <strong>zu</strong> fordern, weiter<br />

78


<strong>zu</strong>rückgegangen sind, dass aber im Gegen<strong>zu</strong>g konsequenter, als dies noch vor 10 Jahren der Fall<br />

war, „Punktnüchternheit“ 46 gefordert wird.<br />

Das traditionelle Rollenbild, das den Männern eher Alkoholkonsum und Alkoholexzesse <strong>zu</strong>gestand<br />

als Frauen, scheint heute weitgehend verschwunden <strong>zu</strong> sein. So ergeben sich bei den beiden geschlechtsspezifisch<br />

formulierten Fragen analoge Situationen betreffend („Mann, der sich mit Freunden/Freundinnen<br />

außer Haus trifft“ vs. „Frau, die sich mit Freunden/Freundinnen außer Haus trifft“,<br />

bzw. „Mann, der mit seiner Frau/Partnerin ausgeht“ vs. „Frau, die mit ihrem Mann/Partner ausgeht“)<br />

nur recht geringfügige Unterschiede im Ausmaß des <strong>zu</strong>gestanden Alkoholkonsums (Abb.<br />

67). der einzige erwähnenswerte Einstellungsunterschied ist, dass Männer Männern, wenn diese<br />

Freunde/Freundinnen außer Haus treffen, eher (17%) gelegentliche Alkoholräusche <strong>zu</strong>billigen als<br />

Frauen (13%).<br />

Abb. 67: Alkoholspezifisches Rollenbild – Männer vs. Frauen<br />

Frage: F38.1 bis F38.10: „Wie sollte Mann/Frau Ihrer Meinung nach in den folgenden Situationen mit alkoholischen Getränken<br />

umgehen?“ Antwortkategorien: „nichts trinken“, „wenig trinken“, „trinken, aber nicht betrinken“, „sich betrinken ist manchmal<br />

erlaubt“.<br />

In der Haltung <strong>zu</strong>m Alkoholkonsum gibt es auch geringfügige geschlechtsspezifische Unterschiede.<br />

Frauen sprechen sich in Situationen, die mehrheitlich eher als unvereinbar mit Alkoholkonsum gesehen<br />

werden, etwas öfter für völlige Abstinenz aus (Abb. 68) und tolerieren Räusche etwas seltener<br />

als Männer (Abb. 69).<br />

In Abb. 68 wurden einige Antworten in Be<strong>zu</strong>g auf Abstinenz in Abhängigkeit vom Geschlecht ausgewertet.<br />

Hier findet man die stärksten Unterschiede folgende Situationen betreffend: Mittagessen<br />

mit ArbeitskollegInnen (58% vs. 47% Forderung nach Abstinenz); Situation, wo Eltern mit kleinen<br />

Kindern etwas unternehmen (84% vs. 75% Forderung nach Abstinenz) und in Zusammenhang<br />

mit dem Autofahren (93% vs. 86% Forderung nach Abstinenz).<br />

Abb. 68: Forderung nach Abstinenz in bestimmten Situationen – Männer vs. Frauen<br />

Frage: F38.1 bis F38.10: „Wie sollte Mann/Frau Ihrer Meinung nach in den folgenden Situationen mit alkoholischen Getränken<br />

umgehen?“ Antwortkategorien: „nichts trinken“, „wenig trinken“, „trinken, aber nicht betrinken“, „sich betrinken ist manchmal<br />

erlaubt“. (ausgewiesen sind nur jene Situationen, wo die Differenz mindestens 3% beträgt)<br />

46) „Punktnüchternheit“ bedeutet Alkoholabstinenz in Risikosituationen; also während der Arbeit, im Straßenverkehr und<br />

während der Schwangerschaft (BZgA, 2000).<br />

79


In Abb. 69 geht es um das Akzeptieren gelegentlicher Räusche. Männer finden <strong>zu</strong> 37% gelegentliche<br />

Räusche bei Festlichkeiten und Partys vertretbar, und erweisen sich somit als toleranter als<br />

Frauen, von denen dieser Einstellung nur 30% <strong>zu</strong>stimmen. Auf die etwas größere Toleranz der<br />

Männer, wenn es um Räusche bei Männern geht, haben wir in Zusammenhang mit Abb. 67 schon<br />

hingewiesen. Auch in Zusammenhang mit dem Besuch von Freunden und bei Freunden finden<br />

Männer gelegentliche Räusche eher vertretbar als Frauen (13% vs. 10%). In allen anderen erhobenen<br />

Situationen sind die Unterschiede in den Antwortraten niedriger als 3% und werden daher<br />

hier nicht dargestellt.<br />

Abb. 69: gelegentliche Räusche sind vertretbar in bestimmten Situationen – Männer vs. Frauen<br />

Frage: F38.1 bis F38.10: „Wie sollte Mann/Frau Ihrer Meinung nach in den folgenden Situationen mit alkoholischen Getränken<br />

umgehen?“ Antwortkategorien: „nichts trinken“, „wenig trinken“, „trinken, aber nicht betrinken“, „sich betrinken ist manchmal<br />

erlaubt“. (ausgewiesen sind nur jene Situationen, wo die Differenz mindestens 3% beträgt)<br />

Relativ große Unterschiede gibt es die Akzeptanz von gelegentlichen Räuschen betreffend in Abhängigkeit<br />

vom Lebensalter (Abb. 70). Die Altersgruppe, die gelegentlichen Räuschen am tolerantesten<br />

gegenübersteht, waren die 20- bis 29-Jährigen, die hier deutlich vor den 14- bis 19-<br />

Jährigen liegen. Ab der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen nimmt die Akzeptanz von gelegentlicher<br />

Berauschung konstant bis in hohe Alter ab.<br />

Abb. 70: Einstellung <strong>zu</strong>m gelegentlichen Rausch in bestimmten Situationen 2004<br />

Frage: F38.1 bis F38.10: „Wie sollte Mann/Frau Ihrer Meinung nach in den folgenden Situationen mit alkoholischen Getränken<br />

umgehen?“ Antwortkategorien: „nichts trinken“, „wenig trinken“, „trinken, aber nicht betrinken“, „sich betrinken ist manchmal<br />

erlaubt“. Da es zwischen „Mann, der mit seiner Frau/Partnerin ausgeht“ und „Frau, die mit ihrem Mann/Partner ausgeht“ keine<br />

relevanten Unterschiede gab, wurden diese beiden Fragen <strong>zu</strong> „Ausgehen mit Partner“ <strong>zu</strong>sammengefasst. Anlog wurde auch<br />

„Mann, der sich mit Freunden/Freundinnen außer Haus trifft“ und „Frau, die sich mit Freunden/Freundinnen außer Haus trifft“<br />

vorgegangen.<br />

Hier stellt sich die Frage, wie weit die Einstellung <strong>zu</strong> Alkohol von Lebenszykluseffekten (also Veränderungen<br />

mit <strong>zu</strong>nehmendem Lebensalter bei identischen Geburtsjahrgängen) und/oder von Kohorteneffekten<br />

(also Unterschiede zwischen unterschiedlichen Geburtsjahrgängen unabhängig vom<br />

Lebensalter) beeinflusst wird. Da aus der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 93/94“ keine identischen Fragen<br />

vorliegen, konnten wir nur auf einige ähnliche Fragestellungen <strong>zu</strong>rückgreifen (das sind die sieben in<br />

Abb. 66 ausgewiesenen Fragen). Dass das absolute Zustimmungsniveau <strong>zu</strong>r gelegentlichen Berau-<br />

80


schung bei Festen/Partys und bei Lokalbesuchen abends mit Freunden unterschiedlich ausgefallen<br />

ist, sollte angesichts der unterschiedlich formulierten Situationen und ganz besonders angesichts<br />

der unterschiedlichen Antwortkategorien auf keinen Fall interpretiert werden. So schließt die Kategorie<br />

3 („Dass man etw. spürt“) bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 93/94“ bereits explizit eine milde<br />

Form der Berauschung ein, während die Kategorie 3 („trinken, aber nicht betrinken“) des Erhebungsbogens<br />

2004 eigentlich Berauschung ausschließt. Es erscheint aber trotzdem <strong>zu</strong>lässig, <strong>zu</strong>mindest<br />

den Verlauf der Kurven <strong>zu</strong> interpretieren. Dabei ergibt sich, dass 1993 die 16- bis 19-<br />

Jährigen am tolerantesten den gelegentlichen Räuschen gegenüber waren und dass diese Geburtsjahrgänge<br />

(Kohorte) auch bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ hier den Spitzenplatz einnehmen.<br />

In anderen Worten: Es gibt hier nicht nur einen Lebenszykluseffekt, sondern auch einen Kohorteneffekt.<br />

Inhaltlich legt das nahe, dass die Akzeptanz der gelegentlichen Berauschung bei den Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen vor 10 Jahren höher war als 2004. Weiters ist naheliegend,<br />

dass die Folgegeneration einer Elterngeneration, die durch besonders hohen Alkoholkonsum charakterisiert<br />

ist, dem Alkoholrausch gegenüber besonders tolerant ist. Diese Schlussfolgerung beruht<br />

auf der Überlegung, dass das Alter der Mutter bei der Geburt von Kindern durchschnittlich<br />

knapp 30 Jahre beträgt (Statistik Austria, 2005b) und Männer bei der Verehelichung durchschnittlich<br />

3 Jahre älter sind als Frauen (Statistik Austria, 2006), daher also die Väter der heute 20- bis<br />

29-Jährigen <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Erhebung 2004 durchschnittlich zwischen 53 und 62 Jahre alt waren.<br />

Wie man Abb. 15 entnehmen kann, ist das die Altersgruppe der Männer, die den höchsten<br />

durchschnittlich Alkoholkonsum aufweist.<br />

Abb. 71: Einstellung <strong>zu</strong>m gelegentlichen Rausch in bestimmten Situationen 1994<br />

Quelle: „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 93/94“ (Uhl & Springer, 1996): Frage: „In welcher dieser Situationen ist wie viel Alkohol Ihrer<br />

Meinung nach vertretbar?“ Beurteilt werden 26 explizit genannte Situationen, von denen hier jene 2, die mit Situationen der<br />

„<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ annähernd vergleichbar sind und wo gelegentliche Räusche in relevantem Ausmaß als vertretbar<br />

erachtet werden, dargestellt werden. Antwortkategorien: (1) “kein Alkohol“, (2) „1-2 Gläser“, (3) „dass man etw. spürt“,<br />

(4) „manchmal Rausch“ (Dargestellt werden nur jene Situationen, in den die Zustimmung <strong>zu</strong>r gelegentlichen Berauschung<br />

<strong>zu</strong>mindest in einer Altersgruppe über 10% liegt.).<br />

Abb. 72: Einstellung <strong>zu</strong>m Trinken bei Festlichkeiten in Abhängigkeit vom eigenen Alkoholkonsum<br />

Frage: F38.1: „Wie sollte Mann/Frau Ihrer Meinung nach in den folgenden Situationen mit alkoholischen Getränken umgehen?“<br />

Situation: „bei Festlichkeiten oder Partys“ Antwortkategorien: „nichts trinken“, „wenig trinken“, „trinken, aber nicht betrinken“,<br />

„sich betrinken ist manchmal erlaubt“.<br />

81


Um den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und der Einstellung <strong>zu</strong>m Alkoholkonsum <strong>zu</strong><br />

zeigen, wurden die beiden Extremsituationen „bei Festlichkeiten oder Partys“, wo Alkoholkonsum<br />

und Alkoholisierung am ehesten akzeptiert werden (Abb. 72), und „vor einer Fahrt mit dem Auto“,<br />

wo Alkoholkonsum und Alkoholisierung am wenigsten akzeptiert werden (Abb. 73), in Zusammenhang<br />

<strong>zu</strong>m Alkoholkonsumverhalten der Befragten gesetzt. Dabei zeigte sich, dass nur die „primären<br />

Abstinenten“ in größerem Ausmaß (29%) bei Festlichkeiten oder Partys Alkoholabstinenz fordern,<br />

und dass selbst in dieser Gruppe noch 13% gelegentliche Alkoholräusche bei Partys für vertretbar<br />

erachten. Unter den „mittleren KonsumentInnen“ und „problematischen plus extremen<br />

AlkoholkonsumentInnen“ finden mehr als die Hälfte gelegentliche Räusche bei Partys und Festen<br />

für vertretbar und bei den „moderaten KonsumentInnen“ immerhin noch rund ein Drittel.<br />

Den Straßenverkehr betreffend fordern sogar in der Gruppe der „problematischen und extremen<br />

AlkoholkonsumentInnen“ 80% und in der der „mittleren KonsumentInnen“ 85% völlige Alkoholabstinenz.<br />

Berauschung im Straßenverkehr wird unabhängig vom eigenen Alkoholkonsumverhalten<br />

durchwegs abgelehnt, allerdings vertreten in der Gruppe der „problematischen und extremen<br />

AlkoholkonsumentInnen“ 17% und in der Gruppe der „mittleren KonsumentInnen“ immerhin noch<br />

12%, dass „mehr als wenig“ <strong>zu</strong> trinken vertretbar sei, solange man sich nicht betrinkt. Da die Abgren<strong>zu</strong>ng<br />

zwischen „wenig trinken“ und „trinken, aber nicht betrinken“ großen Interpretationsspielraum<br />

offen lässt, kann man keine Aussage darüber ableiten, wie viele jener, die „trinken, aber<br />

nicht betrinken“ geantwortet haben, die gesetzliche 0,5 Promillegrenze als Grenzwert akzeptieren<br />

(Abb. 73).<br />

Abb. 73: Einstellung <strong>zu</strong>m Alkohol und Straßenverkehr in Abhängigkeit vom eigenen<br />

Alkoholkonsum<br />

Frage: F38.10: „Wie sollte Mann/Frau Ihrer Meinung nach in den folgenden Situationen mit alkoholischen Getränken umgehen?“<br />

Situation: „vor einer Fahrt mit dem Auto“ Antwortkategorien: „nichts trinken“, „wenig trinken“, „trinken, aber nicht betrinken“,<br />

„sich betrinken ist manchmal erlaubt“.<br />

Man kann feststellen, dass auch jene ÖsterreicherInnen, die völlig alkoholabstinent leben, <strong>zu</strong>m<br />

Großteils nicht jeglichen Alkoholkonsum kategorisch ablehnen, und dass selbst starke TrinkerInnen<br />

sich <strong>zu</strong>m überwiegenden Teil gegen Alkoholisierung im Straßenverkehr artikulieren. Die Haltung<br />

der ÖsterreicherInnen entspricht damit, wie bereits unter Kap. 4.9.5, S.62 ausgeführt, den Alkoholkonsum<br />

betreffend einer Permissivkultur, die sich stark von der in der Alkoholfrage polarisierten<br />

Haltung der Ambivalenzkulturen abhebt.<br />

82


4.13 Alkoholwirkungserfahrung und -erwartung<br />

Das Verhältnis zwischen Erfahrungen und Erwartungen ist äußerst komplex. Erfahrungen der Vergangenheit<br />

werden oft <strong>zu</strong> Erwartungen über die Zukunft, aber viele Erwartungen über die Zukunft<br />

werden nicht aus eigenen Erfahrungen geschöpft. Viele Erwartungen basieren auf erzählten Erfahrungen<br />

Dritter, auf mehr oder weniger fundierten Analogieschlüssen oder auf mehr oder weniger<br />

logischen rationalen Analysen. Nicht empirisch fundierte Erwartungen bezeichnet man oft als „Vorurteile“.<br />

Sowohl Erfahrung als auch Vorurteile beeinflussen wieder die Wahrnehmung und Interpretation<br />

neuer Erfahrungen. Das geht so weit, dass manche Erwartungen und Vorurteile auch durch<br />

völlig konträre Erlebnisse nicht oder kaum beeinflussbar sind. In diesem komplexen kognitiven<br />

Geflecht aus sich wechselseitig beeinflussenden Erfahrungen und Erwartungen ist es für die Betreffenden<br />

oft nur schwer möglich, fundierte Erfahrungen gegen nicht-erfahrungsbasierte Vorurteile<br />

ab<strong>zu</strong>grenzen. Wo nach Erfahrungen gefragt wird und noch keine vorliegen, werden dann oft, ohne<br />

dass das voll ins Bewusstsein dringt, Erwartungen als Erfahrungen ausgegeben. Anders ist nicht <strong>zu</strong><br />

erklären, wie 85% der Befragten, die nach eigenen Angaben noch nie im Leben Alkohol getrunken<br />

haben (primär Abstinente) auf die Frage nach ihrem Erleben der Alkoholwirkung eine konkrete<br />

Antwort gaben, also die fehlende Eigenerfahrung kommentarlos durch Erwartungen ersetzten<br />

(Abb. 74).<br />

Abb. 74: Anteil der Befragten, die die Auswirkungen des Alkoholkonsums auf sich selbst<br />

beurteilten<br />

Frage: F37.1 bis F37.7: Anteil der Personen, die die Alkoholwirkung auf sich selbst beschrieben haben.<br />

Der Frageblock, um den es hier geht, besteht aus 7 Fragen <strong>zu</strong>r Wirkung des Alkohols auf die befragten<br />

Personen (F37.1 bis F37.7). Der genaue Wortlaut war: Der Konsum von alkoholischen Getränken<br />

hat verschiedene Wirkungen. Wie würden Sie anhand der folgenden Aussagen am ehesten<br />

die Wirkungen beschreiben, die alkoholische Getränke auf Sie haben? (1) „Mir fällt es leichter, auf<br />

andere Menschen <strong>zu</strong><strong>zu</strong>gehen“, (2) „Ich kann offener mit meinem Partner/meiner Partnerin über<br />

meine Gefühle und Probleme sprechen“, (3) „Ich habe das Gefühl, anziehender und attraktiver <strong>zu</strong><br />

sein“, (4) „Sexualität wird für mich einfacher und befriedigender“, (5) „Ich kann meinen Ärger besser<br />

zeigen“, (6) „Ich werde anderen gegenüber sehr aggressiv“, (7) „Ich werde sehr traurig und<br />

niedergeschlagen“ und als Antwortkategorien wurde angeboten (1) „triff <strong>zu</strong>meist <strong>zu</strong>“, (2) „trifft<br />

gelegentlich <strong>zu</strong>“, (3) „trifft nie <strong>zu</strong>“.<br />

Angesichts des Umstandes, dass, wie eben aufgezeigt, die Befragten nur ungenau zwischen Erfahrungen<br />

und Erwartungen unterscheiden und sich diese wechselseitig bedingen, sollte man bei der<br />

Interpretation der folgenden Darstellungen immer sowohl den Aspekt „Erfahrung“ als auch den<br />

Aspekt „Erwartung“ im Auge haben.<br />

83


Abb. 75: Alkoholerleben bzw. Alkoholerwartung<br />

Frage: F37.1 bis F37.7 „Wie würden Sie anhand der folgenden Aussagen am ehesten die Wirkungen beschreiben, die alkoholische<br />

Getränke auf Sie haben?“ Für die Vereinfachung der weiteren Auswertungen wird der „Zustimmungsprozentsatz“ im<br />

Sinne des Prozentanteils jener, die Wirkung „<strong>zu</strong>meist“ erleben, plus dem halben Prozentsatz jener, die die Wirkung „gelegentlich“<br />

erleben gebildet und in der Abb. 75 als Wert in der Klammer zwischen Text und Stabdiagramm wiedergegeben.<br />

Wie man Abb. 75 entnehmen kann, ist die häufigste Funktion, die dem Alkoholkonsum <strong>zu</strong>geschrieben<br />

wird, die der Kontaktförderung („leichter auf andere <strong>zu</strong>gehen“, Zustimmungsprozentsatz<br />

= 48% 47 ) gefolgt von größerer Offenheit („mit Partner offener über Gefühle und Probleme reden<br />

<strong>zu</strong> können“, Zustimmungsprozentsatz = 32%), vermehrtem Selbstbewusstsein („Gefühl anziehender<br />

und attraktiver <strong>zu</strong> sein“, Zustimmungsprozentsatz = 23%), besserer Sexualität (Sexualität<br />

wird einfach und befriedigender, Zustimmungsprozentsatz = 23%) und leichter Ärger zeigen (Zustimmungsprozentsatz<br />

= 23%). Negative Gefühle wie Traurigkeit und Depression (Zustimmungsprozentsatz<br />

= 17%) sowie Aggressivität (Zustimmungsprozentsatz = 11%) spielen hier nur eine<br />

untergeordnete Rolle.<br />

Die Unterteilung nach Männern und Frauen (Abb. 76) ergibt nur wenige Unterschiede. Männer<br />

finden es etwas öfter leichter unter Alkoholeinfluss Kontakt auf<strong>zu</strong>nehmen und leichter Ärger <strong>zu</strong><br />

zeigen. Sie erleben bzw. erwarten öfter Aggressionen unter Alkoholeinfluss. Frauen hingegen erleben<br />

bzw. erwarten unter Alkoholeinfluss etwas öfter depressive Reaktionen.<br />

Abb. 76: Alkoholerleben bzw. Alkoholerwartung nach Geschlecht<br />

Frage: F37.1 bis F37.7 „Zustimmungsprozentsatz“ im Sinne des Prozentanteils jener, die Wirkung „<strong>zu</strong>meist“ erleben, plus dem<br />

halben Prozentsatz jener, die die Wirkung „gelegentlich“ erleben gebildet (ausgewiesen sind nur jene Situationen, wo die Differenz<br />

mindestens 3% beträgt).<br />

47) 48% = 30% + 36% * 0,5<br />

84


Wie man Abb. 77 entnehmen kann, nehmen fast alle Wirkungserlebnisse bzw. Wirkungserwartungen<br />

mit <strong>zu</strong>nehmendem Alter mehr oder weniger ab. Die stärkere Linie in Abb. 77 repräsentiert die<br />

durchschnittliche Wirkungserwartung (Mittelwertbildung über alle angeführten Wirkerwartungen).<br />

Abb. 77: Alkoholerleben bzw. Alkoholerwartung nach Alter<br />

Frage: F37.1 bis F37.7 „Zustimmungsprozentsatz“ im Sinne des Prozentanteils jener, die Wirkung „<strong>zu</strong>meist“ erleben, plus dem<br />

halben Prozentsatz jener, die die Wirkung „gelegentlich“ erleben gebildet. Der Durchschnitt über alle Wirkdimensionen wird hier<br />

mit „funktionalem Trinken“ <strong>zu</strong>sammengefasst.<br />

Besonders ausgeprägt sind die Wirkungserwartungen in Zusammenhang mit dem Ausmaß des<br />

durchschnittlichen Alkoholkonsums (Abb. 78). Nicht unerwartet ist, dass jene, die die stärkste Alkoholwirkung<br />

erleben bzw. erwarten, durchschnittlich auch am stärksten trinken.<br />

Abb. 78: Alkoholwirkungserwartung und Alkoholkonsum<br />

Frage: F37.1 bis F37.7 „Zustimmungsprozentsatz“ im Sinne des Prozentanteils jener, die Wirkung „<strong>zu</strong>meist“ erleben, plus dem<br />

halben Prozentsatz jener, die die Wirkung „gelegentlich“ erleben gebildet. Der Durchschnitt über alle Wirkdimensionen wird hier<br />

mit „funktionalem Trinken“ <strong>zu</strong>sammengefasst.<br />

85


5 Tabakkonsum<br />

5.1 Verlässlichkeit der Angaben und Fehlerkorrektur<br />

Da bei Erhebungen aus den unterschiedlichsten Gründen immer erhebliche systematische Verzerrungen<br />

auftreten können (wie bereits ausführlich im Kap. 3 bezogen auf den Alkoholkonsum erörtert<br />

wurde), ist es grundsätzlich zweckmäßig, dort, wo es möglich ist, die Ergebnisse mit offiziellen<br />

Statistiken <strong>zu</strong> vergleichen. In diesem Sinne haben Seyer et al. (2005) den von ihnen erfassten<br />

Zigarettenkonsum mit den Verkaufszahlen von Austria Tabak verglichen (vgl. Kap. 5.2.1) und eine<br />

Erfassungsrate um 100% festgestellt.<br />

Wir gingen bei der Auswertung der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ analog vor. Basierend auf den<br />

offiziellen Verkaufszahlen von Austria Tabak für 2002 von 13,2 Milliarden Stück, die laut Schät<strong>zu</strong>ng<br />

90% der offiziell verkauften Zigaretten umfassen, sowie der Schät<strong>zu</strong>ng, dass rund 15% des<br />

Verbrauches aus Schmuggelbeständen stammt (Seyer et al., 2005) ergibt sich bei einer Wohnbevölkerung<br />

von 6,7 Millionen Personen ab 15 Jahren (Statistik Austria, 2004c) ein durchschnittlicher<br />

Zigarettenkonsum von 7 Zigaretten pro Kopf und Tag 48 . Dieser Wert entspricht fast genau dem,<br />

basierend auf der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ errechneten durchschnittlichen Zigarettenkonsum<br />

von 7,1 Zigaretten pro Tag 49 . Wir können also davon ausgehen, dass die Ergebnisse der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

2004“ den tatsächlichen Zigarettenkonsum – im Gegensatz <strong>zu</strong> den Angaben<br />

den Alkoholkonsum betreffend (vgl. Kap. 4.2.3) – weitgehend verzerrungsfrei abbilden.<br />

5.2 Ergebnisse im Licht anderer veröffentlichter<br />

Erhebungen<br />

5.2.1 Entwicklung des Tabakkonsums basierend auf den<br />

Verkaufszahlen von Austria Tabak und Schät<strong>zu</strong>ngen des nicht<br />

erfassten offiziellen sowie inoffiziellen Zigarettenverkaufs<br />

Da Austria Tabak bis <strong>zu</strong>m EU-Beitritt 1995 ein Verkaufsmonopol in Österreich hatte, repräsentieren<br />

die Verkaufszahlen bis 1994 den gesamten offiziellen Zigarettenverkauf. Heute wird geschätzt,<br />

dass rund 10% des offiziellen Verkaufs von alternativen Anbietern erfolgt und dass insgesamt 15%<br />

des Verbrauches aus Schmuggelbeständen stammen. Die Grafik in Abb. 79 basiert auf den offiziellen<br />

Verkaufszahlen von Austria Tabak, dem Umfang der „Wohnbevölkerung ab 15 Jahren“, der<br />

Annahme, dass der Anteil der alternativen Anbieter vom Jahr vor dem EU-Beitritt bis 2002 linear<br />

von 0% auf 10% gestiegen ist, und dass der offizielle Verkauf durch Austria Tabak und andere<br />

offizielle Anbieter über den gesamten Zeitraum um 85% des Volumens ausmachte. Unter diesen<br />

Annahmen ergibt sich eine Abnahme des Durchschnittskonsums von täglich durchschnittlich 8,3<br />

Zigaretten im Jahre 1980 auf 7,0 Zigaretten im Jahre 2002 – oder anders formuliert: Es gab in<br />

diesem Gesamtzeitraum von 22 Jahren bei den Ab-15-Jährigen einen Konsumrückgang um 19%<br />

(Abb. 79), wobei die Verlaufskurve bis 1995 eine fallende Tendenz aufweist und ab diesem Zeitpunkt<br />

bis 2003 wieder etwas ansteigt.<br />

48) 13.200.000.000 / 0,90 / 0,85 / 6.700.000 / 365 = 7,0<br />

49) Erstere Berechnungen beziehen sich auf die Ab-15-Jährigen, die „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ bezog aber auch die 14-<br />

Jährigen mit ein. Diese Diskrepanz ist für den angestellten Vergleich praktisch ohne Bedeutung.<br />

86


Abb. 79: Durchschnittlicher Zigarettenkonsum der ab-15-jährigen ÖsterreicherInnen<br />

Quelle: Austria Tabak (2004) zit in Seyer et al. (2005), Statistik Austria (2004), eigene Berechnungen<br />

Bei der Interpretation von Abb. 79 sollte bedacht werden, dass die vorhin beschriebenen Annahmen<br />

über den Anteil der offiziellen Alternativanbieter sowie der konstante Schmuggelanteil von<br />

15% grobe Schät<strong>zu</strong>ngen darstellen. Nimmt man realistischerweise an, dass der Schmuggelanteil<br />

mit der Öffnung der EU-Binnengrenzen und mit der wiederholten Anhebung des realen Zigarettenpreises<br />

über den Beobachtungszeitraum hinweg erheblich <strong>zu</strong>genommen haben könnte, so wird die<br />

Kurve entsprechend flacher und ist der Konsumrückgang entsprechend geringer an<strong>zu</strong>setzen. Auch<br />

muss der Durchschnittskonsum nicht unbedingt mit den in weiterer Folge ausgewiesenen RaucherInnenzahlen<br />

korrespondieren. Wenn zwar einerseits mehr Menschen rauchen, diese aber pro Kopf<br />

durchschnittlich weniger rauchen, so kann sich trotz Zunahme der RaucherInnenzahl ein Rückgang<br />

des Gesamtkonsums ergeben.<br />

5.2.2 Ergebnisse von Mikrozensus, Eurobarometer, ESPAD, IFES-<br />

Erhebungen für Wien und oberösterreichische<br />

<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004 im Vergleich <strong>zu</strong>r gegenständlichen<br />

Untersuchung<br />

Um den Verlauf des Tabakkonsums abschätzen <strong>zu</strong> können, sind für Gesamtösterreich vor allem die<br />

über mehrere Jahre vorliegenden Auswertungen von Mikrozensusdaten relevant (Urbas & Klimont,<br />

2002a, 2002b). Dabei ergibt sich, dass der RaucherInnenanteil („regelmäßige Raucher“ plus „Gelegenheitsraucher“)<br />

über beide Geschlechter hinweg (durchgezogene Linie in Abb. 80) von 1972<br />

bis 1997 in etwa gleich geblieben ist, und dann von 1997 bis 1999 erheblich angestiegen ist. Der<br />

massive Anstieg des RaucherInnenanteils von 1997 bis 1999 – also innerhalb einer sehr kurzen<br />

Zeit von nur 2 Jahren – ist nicht wirklich plausibel. Angesichts der großen Stichprobenumfänge von<br />

rund 60.000 Personen kann es sich nicht um Zufallsschwankungen handeln – die Erklärung muss<br />

mit der Stichprobenauswahl, der Wahl der Interviewer, dem Erhebungszeitpunkt, dem Gesamtkontext,<br />

in den die Fragen eingebettet waren, der genauen Frageformulierung und/oder anderen<br />

Faktoren <strong>zu</strong>sammenhängen.<br />

Nachdem Statistik Austria regelmäßig Mikrozensuserhebungen durchführt und dabei auf bewährte<br />

MitarbeiterInnen und Methoden <strong>zu</strong>rückgreift, sind große Unterschiede als Folge von Stichprobenauswahl<br />

und Zusammenset<strong>zu</strong>ng der InterviewerInnen wenig wahrscheinlich. Die unterschiedliche<br />

Nähe <strong>zu</strong>r Weihnachtsferienzeit – die relevante Erhebung 1997 wurde im Dezember und die relevante<br />

Erhebung 1999 im September durchgeführt – könnte eine gewisse Rolle spielen. Denkbar<br />

ist, dass bestimmte Teilgruppen unterschiedlich erreichbar oder <strong>zu</strong>r Teilnahme bereit gewesen sein<br />

könnten. Es könnte aber auch sein, dass der Begriff „Rauchen“ von der Bevölkerung – z.B. infolge<br />

87


der medialen Berichterstattung vor der Erhebung – 1997 eher als „Rauchen in relevantem Ausmaß“<br />

und vor der Erhebung 1999 eher als „jegliches Rauchen, sei es noch so unbedeutend“ interpretiert<br />

wurde. Es könnte auch sein, dass infolge der medialen Berichterstattung Werte transportiert<br />

wurden, die es beim zweiten Zeitpunkt wahrscheinlicher machten, dass Rauchen offen <strong>zu</strong>gegeben<br />

wird. So kann z.B. eine starke mediale Dramatisierung des Rauchens grundsätzlich sowohl<br />

die Tendenz „Rauchen eher <strong>zu</strong> verschweigen“ als auch die Protesthaltung „Rauchen demonstrativ<br />

<strong>zu</strong> betonen“ fördern. Ob der Gesamtkontext der Erhebung bei der Erklärung der Diskrepanzen eine<br />

Rolle spielen kann, ist schwer <strong>zu</strong> beurteilen. Der Titel der Erhebung 1997 war „Mikrozensus – Dezember<br />

1997 – Sonderprogramm Sport-, Freizeit-, Haushaltunfälle, Rauchgewohnheiten“ und der<br />

Titel der Erhebung 1999 „Mikrozensus – September 1999: Sonderprogramm ‚Fragen <strong>zu</strong>r Gesundheit’“.<br />

Auch der Kontext im Sinne der Fragen, die vor der Rauchfrage gestellt wurden, könnte hier<br />

Bedeutung haben. Die Frage vor der Tabakfrage 1997 war die nach Körpergröße und Gewicht; und<br />

die Frage vor der Tabakfrage 1999 war die nach der Länge von unfallsbedingten Krankenständen.<br />

Nahe liegend ist auch, dass der Unterschied durch die Art der Befragung erklärbar ist. 1997 wurde<br />

gefragt: „Rauchen sie täglich – regelmäßig aber nicht täglich – gelegentlich – nein, früher geraucht<br />

– nie geraucht“ und 1999 wurde gefragt „Rauchen Sie? – ja, gelegentlich – ja, täglich bis 10 Zigaretten<br />

– ja, täglich 11 bis 20 Zigaretten – ja, täglich mehr als 20 Zigaretten – nein, habe aufgehört<br />

– nein, habe nie geraucht.“ Hier ist auch noch wichtig <strong>zu</strong> betonen, dass die Befragungen 1972,<br />

1979, 1986 und 1997 im Rahmen spezieller Raucherbefragung analog durchgeführt wurden –<br />

nach der hier wiedergegebenen Frage kamen noch 8 weitere rauchspezifische Fragen – und dass<br />

nur die 1999 Befragung von Kontext und Formulierungen abweicht.<br />

Grundsätzlich muss man hier bedenken, dass es eine Reihe von Gelegenheitsrauchern gibt, bei<br />

denen die Selbst<strong>zu</strong>ordnung als „Raucher“ oder „Nichtraucher“ nicht so eindeutig ist. Wer bloß einige<br />

Male im Monat raucht kann sich den Nichtrauchern näher fühlen als den starken Rauchern, und<br />

wo er sich dann konkret <strong>zu</strong>ordnet kann von vielem abhängen. Bei starken Rauchern – wo es für<br />

jeden Beteiligten außer Frage steht, dass es sich um einen Raucher handelt – hat es in der Ergebnissen<br />

von 1997 bis 1999 auch nur geringfügige Unterschiede gegeben. Die großen Unterschiede<br />

traten bei den Gelegenheitsrauchern auf.<br />

All diese Erklärungsversuche ändern natürlich nur wenig am Unbehagen die Verlässlichkeit von<br />

Umfrageergebnissen betreffend, wenn sich über einen Zeitraum von 2 Jahren ein Anstieg um die<br />

Hälfte von 30% auf 45% ergibt, obwohl gar nichts für eine so plötzliche tatsächliche Zunahme<br />

spricht. Wie man Abb. 79 entnehmen kann, hat sich der Zigarettenkonsum von 1997 bis 1999<br />

kaum verändert und auch die Zunahme der Raucher in Österreich über die 7 Jahre zwischen 1995<br />

und 2002 von 32% auf 39%, den das Eurobarometer (2002) auswies (vgl. Abb. 82), korrespondiert<br />

nicht mit so einem starken Anstieg.<br />

Wie auch immer, unsere Werte bei der gegenständlichen „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ entsprechen<br />

numerisch recht gut den Werten der letzten Mikrozensuserhebung 1999. Um das anschaulich<br />

dar<strong>zu</strong>stellen, wurden die Werte der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ als letzter Datenpunkt in Abb.<br />

80 eingefügt.<br />

Der Anteil rauchender Frauen, der 1972 nur ein Drittel (13%) des Raucheranteils der Männer<br />

(45%) ausmachte, hat sich über die letzten drei Jahrzehnte auf hohem Niveau (47%) jenem der<br />

Männer (48%) angeglichen (vgl. „Angleichung der Geschlechtsrollen“, Kap. 4.3). Somit rauchen<br />

gegenwärtig annähernd gleich viele Frauen wie Männer (Auf bestehende Unterschiede wird in weiterer<br />

Folge noch näher eingegangen.).<br />

Der kontinuierliche Anstieg des Raucherinnenanteils im weiblichen Bevölkerungsquerschnitt resultiert<br />

nicht daraus, dass in allen Altersgruppen immer mehr Frauen <strong>zu</strong> rauchen beginnen oder dass<br />

immer mehr junge Mädchen anfangen <strong>zu</strong> rauchen, sondern daraus, dass jene Generationen langsam<br />

aussterben, die man bezüglich des Rauchens als „Vor-Emanzipationsgenerationen“ bezeichnen<br />

könnte. Der Anteil der Personen, die bis <strong>zu</strong>m 3. Lebensjahrzehnt jemals täglich geraucht haben,<br />

bleibt nun schon seit mehreren Jahrzehnten bei beiden Geschlechtern zwischen 50% und<br />

60% auf annähernd gleichem Niveau (vgl. Tab. 13).<br />

88


Abb. 80: Entwicklung des Rauchverhaltens in Österreich von 1972 bis 2004<br />

Anmerkung: „GelegenheitsraucherInnen“ sind in der Grafik enthalten, deren Anteil wird in der folgenden Zeile ausgewiesen:<br />

1972 = 4,8% / 1979 = 4,5% / 1986 = 9,5% / 1999 = 9,2%, 2004 = 9,0%<br />

Quelle: Urbas & Klimont (2002a, 2002b), Statistik Austria (2004), Auswertung der vorliegenden Studie (2004 GSP), wobei bei<br />

letzterer „GelegenheitsraucherInnen“, die im letzten Monat nie geraucht hatten, nicht als „RaucherInnen“ gezählt wurden.<br />

Für Wien, wo die <strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004 einen um 1% höheren RaucherInnenanteil als im<br />

österreichischen Durchschnitt ergab, liegen Vergleichsdaten aus IFES-Erhebungen (IFES, 1992,<br />

1993, 1997, 1999, 2001, 2003) für den Zeitraum zwischen 1993 und 2003 vor. Diese Werte liegen<br />

für das Jahr 1997 über den Mikrozensusdaten und für das Jahr 1999 darunter (Abb. 81), was nahe<br />

legt, dass ein dramatischer Anstieg zwischen 1997 und 1999, wie er aus den Mikrozensusdaten<br />

(Abb. 80) hervorgeht, in diesem starken Ausmaß in Wien eher unwahrscheinlich ist. Die Werte der<br />

<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004 für Wien liegen, wie erwähnt, deutlich über den Vergleichswerten der<br />

IFES-Erhebungen, was einer inhaltlichen Erklärung bedarf, die am Ende dieses Kapitels <strong>zu</strong>sammenfassend<br />

gegeben wird.<br />

Abb. 81: Entwicklung des Rauchverhaltens in Wien von 1993 bis 2004<br />

„GelegenheitsraucherInnen“ sind in der Grafik enthalten, deren Anteil wird in der folgenden Zeile ausgewiesen:<br />

1993 = 7% / 1997 = 9% / 1999 = 11% / 2001 = 7%, 2003 = 7% 2004 = 8%<br />

89


Quelle: IFES (1993, 1997, 1999, 2001, 2003), Uhl et al. (2006), „GelegenheitsraucherInnen“, die im letzten Monat nie geraucht<br />

hatten, wurden für diese Auswertung nicht als „RaucherInnen“ gezählt.<br />

Dass Rauchen trotz verstärkter Anti-Rauchkampagnen <strong>zu</strong>nimmt, hat auch die EU-weite, groß angelegte<br />

„Eurobarometer 2003“-<strong>Repräsentativerhebung</strong> ergeben (Eurobarometer, 2003) (Abb. 82).<br />

Dabei zeigte sich, dass der RaucherInnenanteil von 1995 bis 2002 um 5% von 34% auf 39% angestiegen<br />

ist. Den Eurobarometerdaten entsprechend ist der RaucherInnenanteil in Österreich von<br />

1995 bis 2002 von 32% auf 39% angestiegen. Nur in drei EU-Ländern – nämlich in Dänemark,<br />

den Niederlanden und Belgien – hat sich in diesem Zeitraum eine rückläufige Tendenz beim Rauchen<br />

ergeben.<br />

Abb. 82: Veränderung des Rauchverhaltens in der EU zwischen 1995 und 2002<br />

Quelle: Eurobarometer (2003): „Comparison of Smoking Habits in the European Union 1995 and 2002“<br />

Quelle: IFES (1993, 1997, 1999, 2001, 2003), Uhl et. al (2005)<br />

Rezente Referenzzahlen gibt es auch aus der „oberösterreichische <strong>Repräsentativerhebung</strong>“, bei der<br />

Seyer et al. (2005) für das Jahr 2003 einen noch höheren RaucherInnenanteil von 52% unter den<br />

Ab-15-Jährigen feststellten. Seyer et al. fanden auch eine relativ hohe Rate von 14% GelegenheitsraucherInnen,<br />

die bei allen bisher zitierten Studien unter 10% lag. Diese hohen RaucherInnenquoten<br />

könnten durch eine sehr differenzierte Befragungsmethode bei der „oberösterreichischen<br />

<strong>Repräsentativerhebung</strong>“ <strong>zu</strong>stande gekommen sein. Es gibt immerhin eine relativ große Zahl<br />

an GelegenheitsraucherInnen, die nur sporadisch rauchen und bei denen es von der konkreten<br />

Frageformulierung abhängt, ob sie sich als „RaucherInnen“ oder als „NichtraucherInnen“ bezeichnen.<br />

So gibt es z.B. bei der gegenständlichen „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ <strong>zu</strong>sätzlich <strong>zu</strong> den 9%<br />

„GelegenheitsraucherInnen“, die im letzten Monat geraucht hatten, weitere 4% „GelegenheitsraucherInnen“,<br />

die zwar im letzten Monat nicht geraucht hatten, aber im letzten Jahr, und die sich<br />

trotzdem (noch) nicht als ExraucherInnen bezeichneten. In Abb. 80 und Abb. 81 wurden letztere<br />

aus Vergleichbarkeitsgründen nicht als „RaucherInnen“ mitgezählt.<br />

Fasst man die bis jetzt besprochenen Ergebnisse <strong>zu</strong>sammen, so kann man festhalten, dass die<br />

Zahl der ÖsterreichInnen, die sich als „Raucher“ bezeichnen zwischen 40% und 50% liegt, wobei<br />

der konkrete Wert maßgeblich davon abhängen dürfte, wieweit sich angesichts der Formulierung<br />

sporadischen GelegenheitsraucherInnen als „RaucherInnen“ angesprochen fühlen. Bezüglich der<br />

Veränderungen der RaucherInnenzahl und des Durchschnittskonsums legen die vorhandenen Daten<br />

nahe, dass der Gesamtkonsum bei den Ab-15-Jährigen über die letzten Dekaden eher <strong>zu</strong>- als<br />

abgenommen hat.<br />

90


5.3 Die Unschärfe üblicher Kategorien<br />

Häufig trifft man die Unterteilung in „RaucherInnen“, „Ex-RaucherInnen“ und „NichtraucherInnen“<br />

an. Wie die eben beschriebenen Diskrepanzen zwischen den in Kap. 5.2.2 dargestellten Untersuchungen<br />

deutlich machen, ist diese Einteilung viel <strong>zu</strong> grob und unspezifisch. Von den 51% RaucherInnen<br />

bei der gegenständlichen „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ sind 38% tägliche RaucherInnen<br />

und 13% gelegentliche RaucherInnen. Als GelegenheitsraucherInnen wurden hier Personen definiert,<br />

die im letzten Jahr zwar geraucht haben, aber nicht täglich. Die „GelegenheitsraucherInnen“<br />

wurden weiters unterteilt in solche, die im letzten Monat geraucht haben (9%), und in solche, deren<br />

letzter Zigarettenkonsum mehr als 1 Monat aber weniger als 1 Jahr <strong>zu</strong>rückliegt (4%). Gelegentliche<br />

RaucherInnen, deren letzte Zigarette schon eine längere Zeit <strong>zu</strong>rückliegt, können sich je<br />

nach Kontext und Frageformulierung sowohl als „RaucherInnen“ als auch als „Nicht-RaucherInnen“<br />

bezeichnen, und Ex-GelegenheitsraucherInnen können sich als „Ex-RaucherInnen“ oder als „Nicht-<br />

RaucherInnen“ sehen.<br />

Die 22% „Ex-RaucherInnen“ der vorliegenden Studie unterteilen sich in 14% Ex-tägliche-<br />

RaucherInnen und 8% Ex-GelegenheitsraucherInnen. Die 51% täglichen und gelegentlichen RaucherInnen<br />

unterteilen sich in 19% starke RaucherInnen (mindestens 20 Zigaretten pro Tag), 13%<br />

mittlere RaucherInnen (10 bis 19 Zigaretten pro Tag) und 19% „schwache RaucherInnen“ (maximal<br />

9 Zigaretten pro Tag) (Tab. 12).<br />

Tab. 12: Raucherstatus der ÖsterreicherInnen ab dem 14. Lebensjahr<br />

Männer Frauen gesamt gesamt gesamt<br />

täglich mehr als 20 Zigaretten (t- 23% 16% 19%<br />

20+)<br />

täglich bis 11-20 Zigaretten (t-20)<br />

täglich bis 10 Zigaretten (t-10)<br />

12%<br />

5%<br />

15%<br />

6%<br />

13%<br />

6%<br />

38%<br />

51%<br />

gelegentlich im letzten Monat (g-M)<br />

gelegentlich im letzten Jahr (g-J)<br />

9%<br />

4%<br />

9%<br />

4%<br />

9%<br />

4%<br />

13%<br />

Ex-tägliche-Raucher früher täglich 15% 13% 14% 14%<br />

(Ex-t)<br />

22%<br />

Ex-Gelegenheitsraucher (Ex-g) 8% 9% 8% 8%<br />

Nichtraucher (n-R) 25% 29% 27% 27% 27%<br />

n 2109 2387 4496 4496 4496<br />

Fragen:<br />

F10: „Haben Sie in den letzten 12 Monaten Zigaretten, Zigarren oder Pfeife geraucht oder nicht? Würden Sie sagen ...“ Nur<br />

eine Angabe möglich! – „täglich“, „gelegentlich“, „gar nicht“, keine Angabe<br />

F11: Nur an Personen, die in den letzten 12 Monaten nicht geraucht haben! „Und haben Sie früher geraucht oder nicht? Würden<br />

Sie sagen, Sie haben früher ...“ Nur eine Angabe möglich! – „täglich geraucht über mindestens ein halbes Jahr“, „gelegentlich<br />

geraucht“, „nur ein (paar) Mal probiert“, „nein, habe noch nie geraucht“, keine Angabe<br />

F14: „Haben Sie in den letzten 30 Tagen Zigaretten, Zigarren oder Pfeife geraucht oder nicht?“ Nur eine Angabe möglich! –<br />

„täglich“, „gelegentlich“, „gar nicht“, keine Angabe<br />

F15. „Und wie viele Stück Zigaretten, Zigarren oder Pfeife waren das in den letzten Tagen durchschnittlich pro Tag?“ - Es waren<br />

„... Stück Zigaretten“, „... Stück Zigarren“, „... Stück Pfeifen“.<br />

Die Gruppe der „GelegenheitsraucherInnen, die im letzten Monat nicht geraucht hatten (4%), wurde aus Vergleichbarkeitsgründen<br />

in Abb. 80 und Abb. 81 als „NichtraucherInnen“ gezählt.<br />

91


5.4 Rauchverhalten nach Alter und Geschlecht<br />

Tab. 13: Aktuelle RaucherInnen vs. Ex-RaucherInnen nach Geschlecht<br />

Männer 14-16 17-19 20-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-99 14-99<br />

je täglicher Raucher<br />

33% 52% 51% 59% 58% 60% 56% 58% 55%<br />

davon: noch immer 93% 85% 86% 83% 71% 69% 52% 33% 73%<br />

davon: aufgehört 7% 15% 14% 17% 29% 31% 48% 67% 27%<br />

n 84 108 447 422 359 251 337 103 2111<br />

Frauen 14-16 17-19 20-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-99 70-99<br />

je täglicher Raucher<br />

41% 45% 54% 51% 58% 55% 45% 25% 48%<br />

davon: noch immer 94% 93% 87% 82% 68% 70% 54% 40% 74%<br />

davon: aufgehört 6% 7% 13% 18% 32% 30% 46% 60% 26%<br />

n 84 149 474 463 371 351 348 143 2383<br />

Fragen: Angaben basierend auf F10, F11, F14 und F15 (vgl. Tab. 12)<br />

Der Raucherstatus der ÖsterreicherInnen nach „je täglich geraucht“, unterteilt in aktuelle RaucherInnen<br />

vs. Ex-RaucherInnen, wird in Tab. 13 für Männer und Frauen pro Altersgruppe dargestellt.<br />

Dieser Grafik kann man, wie schon in Kap. 5.2.2 ausgeführt entnehmen, dass die Zunahme des<br />

Raucherinnenanteils unter den Frauen nicht etwa dadurch <strong>zu</strong> erklären ist, dass Rauchen unter<br />

Frauen von Jahr <strong>zu</strong> Jahr populärer wird oder dass immer mehr junge Mädchen anfangen <strong>zu</strong> rauchen,<br />

sondern dadurch, dass jene Frauengenerationen langsam aussterben, die man bezüglich des<br />

Rauchens als „Vor-Emanzipationsgenerationen“ bezeichnen könnte. Der Anteil der Personen, die<br />

bis <strong>zu</strong>m 3. Lebensjahrzehnt jemals täglich geraucht haben, bleibt nun schon seit mehreren Jahrzehnten<br />

bei beiden Geschlechtern zwischen 50% und 60% auf annähernd gleichem Niveau (vgl.<br />

Tab. 13). Anschauliche Grafiken da<strong>zu</strong> finden sich in Abb. 83 und Abb. 84, eine diesbezügliche Gegenüberstellung<br />

von Frauen und Männern in Abb. 85.<br />

Abb. 83: Raucherstatus der Männer<br />

Fragen: Angaben basierend auf F10, F11, F14 und F15 (vgl. Tab. 12); Gleitmittelwerte über 11 Jahre<br />

Wie man Abb. 83 entnehmen kann, liegt der Anteil der Männer, die je täglich geraucht haben<br />

(„täglich“ plus „früher täglich“), in den Altersgruppen zwischen 35 und 63 Jahren in etwa gleich<br />

92


hoch, nämlich knapp unter 60%, und der Anteil jener, die jemals gelegentlich bis stark geraucht<br />

haben, knapp unter 80%. Bei den 64- bis 75-Jährigen fanden wir einen etwas niedrigeren Anteil<br />

und ab 75 einen besonders hohen Anteil an aktuellen bzw. ehemaligen täglichen Rauchern. Der<br />

Anteil der aktiven Gelegenheitsraucher plus Ex-Gelegenheitsraucher, der in den jüngeren Alterkohorten<br />

noch fast ein Drittel ausmacht, nimmt ab der Altergruppe der 60-Jährigen deutlich ab.<br />

Denkbar ist hier sowohl, dass die Männer in früheren Generationen eher polarisiert <strong>zu</strong>m regelmäßigen<br />

Rauchen oder <strong>zu</strong>r völligen Tabakabstinenz tendiert haben und für sie die Zwischenform des<br />

Gelegenheitsrauchens keine attraktive Verhaltensoption darstellte, oder dass viele Gelegenheitsraucher<br />

in späteren Jahren <strong>zu</strong> regelmäßigen Rauchern wurden und daher in der Statistik nicht<br />

mehr als „aktive Gelegenheitsraucher“ bzw. „Ex-Gelegenheitsraucher“ sondern als „aktive tägliche<br />

Raucher“ oder „früher tägliche Raucher“ aufscheinen.<br />

Besonders deutlich kann man in Abb. 83 erkennen, dass der Anteil der „früher täglichen Raucher“<br />

mit <strong>zu</strong>nehmendem Alter kontinuierlich <strong>zu</strong>nimmt. Um das 65. Lebensjahr überwiegen diese bereits<br />

relativ <strong>zu</strong> den „aktiven regelmäßigen Rauchern“. Analoges gilt auch für Frauen (Abb. 84). Dass die<br />

Zahl der ExraucherInnen mit steigendem Alter <strong>zu</strong>nimmt, unterscheidet Tabak von Alkohol, der mit<br />

<strong>zu</strong>nehmendem Alter immer mehr getrunken wird.<br />

Da uns für Tabak – anders als beim Alkoholkonsum – keine Vergleichsdaten von früheren Erhebungen<br />

<strong>zu</strong>r Verfügung stehen, sind wir bei der Frage, welche Unterschiede als Lebenszykluseffekte<br />

(also Veränderungen mit <strong>zu</strong>nehmendem Lebensalter bei identischen Geburtsjahrgängen) oder als<br />

Kohorteneffekte (also Unterschiede zwischen unterschiedlichem Geburtsjahrgängen unabhängig<br />

vom Lebensalter) <strong>zu</strong> interpretieren sind, weitgehend auf Mutmaßungen angewiesen. Infolge des<br />

unter Kap. 4.2.3.4 beschriebenen Übermortalitätsbias – die Lebenserwartung von RaucherInnen ist<br />

zwischen 14 Jahren (CDC, 2002) und 20 Jahren (Peto, 1988) verringert – sollte man bei der Interpretation<br />

des Kurvenverlaufs in Abb. 83 und Abb. 84 bei den Altersgruppen ab dem 50. Lebensjahr<br />

bedenken, dass der RaucherInnenanteil bei diesen Personengruppen früher, d.h. bevor sich der<br />

Übermortalitätsbias aus<strong>zu</strong>wirken begann, noch erheblich höher war (Uhl, 2003).<br />

Abb. 84: Raucherstatus der Frauen<br />

Fragen: Angaben basierend auf F10, F11, F14 und F15 (vgl. Tab. 12); Gleitmittelwerte über 11 Jahre<br />

Die Grafiken Abb. 83 und Abb. 84, die das Raucherverhalten getrennt nach Geschlecht darstellen,<br />

unterscheiden sich bis <strong>zu</strong>r Altersgruppe der 50-Jährigen nur unwesentlich. Von den Frauen zwischen<br />

dem 20. und 50. Lebensjahr haben, wie bei den Männern, etwas weniger als 60% jemals<br />

täglich geraucht („aktive tägliche Raucherinnen“ plus „früher tägliche Raucherinnen“) und etwas<br />

93


unter 80% je <strong>zu</strong>mindest gelegentlich geraucht. Ab dem Alter von 50 Jahren nimmt die Raucherinnenzahl<br />

kontinuierlich ab, ab dem Alter von 60 Jahren sogar sehr stark. Ferner fällt auf, dass –<br />

anders als bei den Männern – bei den Frauen auch im höheren Alter noch ein relativ hoher Anteil<br />

an „aktiven Gelegenheitsraucherinnen“ und „Ex-Gelegenheitsraucherinnen“ <strong>zu</strong> finden ist.<br />

Besonders deutlich kann man die Unterschiede im Rauchverhalten der Geschlechter in Abb. 85<br />

vergleichen. Bis <strong>zu</strong>m 60. Lebensjahr ist der Anteil der „jemals täglichen RaucherInnen“ an der Bevölkerung<br />

sowie der „Aufhör-Prozentsatz“ bei beiden Geschlechtern in etwa identisch. Unterschiede<br />

gibt es nur bei den ganz jungen Mädchen, die etwas früher beginnen regelmäßig <strong>zu</strong> rauchen als<br />

Burschen, und bei den Altersgruppen über 60, in der sich VertreterInnen einer Generation finden,<br />

in der Rauchen bei Frauen kulturell noch stärker abgelehnt wurde.<br />

Abb. 85: „jemals tägliche RaucherInnen“ und Aufhör-Prozentsatz nach Geschlecht<br />

Fragen: Angaben basierend auf F10, F11, F14 und F15 (vgl. Tab. 12); Gleitmittelwerte über 11 Jahre<br />

Die Abb. 85 macht deutlich, dass der seit langem <strong>zu</strong> beobachtende kontinuierliche Anstieg des<br />

RaucherInnenanteils unter Frauen nicht dadurch <strong>zu</strong>stande kommt, dass Frauen in allen Altersgruppen<br />

verstärkt <strong>zu</strong> rauchen beginnen. Vielmehr resultiert dieser Anstieg des Raucherinnenanteils<br />

im weiblichen Bevölkerungsquerschnitt daraus, dass nun die Generationen aussterben, die man<br />

bezüglich des Rauchens als „Vor-Emanzipationsgenerationen“ (vgl. „Angleichung der Geschlechtsrollen“,<br />

Kap. 4.3) bezeichnen könnte. Hingegen hält sich der Anteil der „jemals täglichen RaucherInnen“<br />

unter den Jugendlichen nun schon seit mehreren Jahrzehnten bei beiden Geschlechtern<br />

zwischen 50% und 60% auf annähernd gleichem Niveau.<br />

Der mit höherem Alter <strong>zu</strong>nehmende Anteil an RaucherInnen, die das Rauchen aufgegeben haben,<br />

korrespondiert mit einer hohen Motivation der RaucherInnen mit dem Rauchen auf<strong>zu</strong>hören. Nur<br />

ein Drittel der „täglichen RaucherInnen“ (31%) hat sich noch nie ernsthaft mit dem Gedanken<br />

beschäftigt das Rauchen auf<strong>zu</strong>geben, ein weiteres Drittel (34%) trägt sich mit dem Gedanken auf<strong>zu</strong>hören<br />

und das letzte Drittel (35%) hat es bereits mindestens einmal erfolglos versucht (Abb.<br />

86). Deutlich niedriger ist die Aufhörmotivation bei den „GelegenheitsraucherInnen“: Fast die Hälfte<br />

(48%) hat noch nie ernsthaft in Erwägung gezogen auf<strong>zu</strong>hören, 23% überlegen es sich ernsthaft,<br />

immerhin 29% haben mindestens einen erfolglosen Aufhör-Versuch hinter sich.<br />

94


Abb. 86: „Raucherstatus“ und Aufhörmotivation<br />

Fragen: Angaben basierend auf F10, F11, F14 und F15 (vgl. Tab. 12), sowie F16: „Welche dieser Aussagen passt am besten<br />

auf Sie und Ihre Situation?“ - „Noch nie ernsthaft überlegt, mit dem Rauchen auf<strong>zu</strong>hören“, „Bereits ernsthaft überlegt auf<strong>zu</strong>hören,<br />

aber es noch nie ernsthaft probiert“, „Bereits einen oder mehrere erfolglose Versuche auf<strong>zu</strong>hören hinter mir“, „Habe vor<br />

einigen Tagen aufgehört“, keine Angabe<br />

5.5 Verschiebung des Einstiegsalters – Akzeleration<br />

Abb. 87: Die erste Zigarette geraucht – Männer<br />

Fragen: F12: „In welchem Alter haben Sie <strong>zu</strong>m ersten Mal eine Zigarette geraucht? (INTERVIEWER: Also eine ganze Zigarette,<br />

nicht nur einen Zug!)“ – „Mit ..... Jahren“<br />

Anmerkung: Gleitmittelwerte über 3 Werte.<br />

Da z.B. die Altersangabe „15 Jahre“ der Altersklasse 15. bis 16. Geburtstag entspricht, wurde – um Fehlinterpretationen vor<strong>zu</strong>beugen<br />

– in der Grafik der Klassenmittelwert eingesetzt.<br />

95


Wie schon in Kap. 4.8 den Alkohol betreffend erörtert wurde, lässt sich der Einfluss von Akzeleration<br />

und Angleichung der Geschlechtsrollen (vgl. Kap. 4.3) mit den vorliegenden Daten bezüglich<br />

des Tabakkonsums deutlich aufzeigen. Der erste Zigarette wird immer früher geraucht. Unter den<br />

14- bis 15-jährigen Burschen haben nach eigenen Angaben im Alter von 13,5 Jahren rund 50%<br />

(Abb. 87) und unter den gleichaltrigen Mädchen rund 45% (Abb. 88) bereits mindestens einmal<br />

eine ganze Zigarette geraucht. Dass sich die Mädchen und Frauen unter 60 Jahren bezüglich ihres<br />

Tabakkonsumverhalten nur wenig von den gleichaltrigen Männern unterscheiden, während es<br />

beim Personenkreis im Pensionsalter erhebliche Unterschiede in Rauchverhalten zwischen den Geschlechtern<br />

gibt, erweist sich auch bei der Auswertung dieser Fragestellung.<br />

Abb. 88: Die erste Zigarette geraucht – Frauen<br />

Fragen: F12: „In welchem Alter haben Sie <strong>zu</strong>m ersten Mal eine Zigarette geraucht? (INTERVIEWER: Also eine ganze Zigarette,<br />

nicht nur einen Zug!)“ – „Mit ..... Jahren“<br />

Anmerkung: Gleitmittelwerte über 3 Werte.<br />

Da z.B. die Altersangabe „15 Jahre“ der Altersklasse 15. bis 16. Geburtstag entspricht, wurde – um Fehlinterpretationen vor<strong>zu</strong>beugen<br />

– in der Grafik der Klassenmittelwert eingesetzt.<br />

5.6 Rauchen und Bildung<br />

Interessant ist der Zusammenhang zwischen Bildung und regelmäßigem Rauchen. Sowohl bei<br />

Männern als auch bei Frauen findet man bei jenen, die eine Lehre gemacht haben, den höchsten<br />

und bei den MaturantInnen den niedrigsten Anteil an „aktiven bzw. ehemaligen täglichen RaucherInnen“<br />

(Abb. 89).<br />

Analysiert man das Rauchverhalten nach Geschlecht, Bildung und Alter (Abb. 90), so fällt über das<br />

bereits unter Abb. 89 Ausgeführte hinaus auf, dass die weiblichen NichtmaturantInnen im Pensionsalter<br />

(ab 60 Jahren) aktuell oder früher erheblich seltener rauchen bzw. rauchten als ihre jüngeren<br />

Geschlechtsgenossinnen ohne Matura. Die Angleichung der Geschlechtsrollen (vgl. Kap. 4.3)<br />

bezüglich des Rauchens hat bei den gebildeteren Frauen offensichtlich schon erheblich früher eingesetzt<br />

als bei den weniger gebildeten.<br />

96


Abb. 89: „jemals tägliche RaucherInnen“ nach Bildung und Geschlecht<br />

Daten 2004: Angaben basierend auf F10, F11, F14 und F15; analog <strong>zu</strong> Tab. 12<br />

Abb. 90: „jemals tägliche RaucherInnen“ nach Bildung, Geschlecht und Alter<br />

Daten 2004: Angaben basierend auf F14 und F15; analog <strong>zu</strong> Tab. 12<br />

5.7 Tabakkonsum und Lebenssituation<br />

In Kap 4.9 haben wir darauf hingewiesen, dass das Ausmaß des Alkoholkonsums häufig nicht linear<br />

sondern u-förmig, j-förmig, umgekehrt-u-förmig bzw. umgekehrt-j-förmig mit Drittdimensionen<br />

<strong>zu</strong>sammenhängt – oder anders ausgedrückt, dass in manchen Dimensionen sowohl die Abstinenten/Fastabstinenten<br />

als auch die stärkeren KonsumentInnen relativ <strong>zu</strong> den moderaten KonsumentInnen<br />

ähnlich hohe Werte aufweisen. Naheliegend war daher die Frage, ob es ähnliche nichtlineare<br />

Zusammenhänge auch im Bereich des Nikotinkonsums gibt.<br />

Um Schein<strong>zu</strong>sammenhänge über die Drittvariablen Alter und Geschlecht ausschließen <strong>zu</strong> können,<br />

wurden auch hier alters- und geschlechtskorrigierte 50 logistische Regressionen gerechnet, wobei<br />

50) D.h. Zusammenhänge, die über die Drittvariablen Alter und Geschlecht artifiziell entstehen, wurden rechnerisch kompensiert.<br />

97


<strong>zu</strong> diesem Zweck die abhängigen Variablen jeweils dichotomisiert („richtig“ plus „eher richtig“ vs.<br />

„falsch“ plus „eher falsch“) wurden.<br />

Analog <strong>zu</strong>m Alkoholabschnitt wurden auch in Be<strong>zu</strong>g auf Tabak Kategorien nach dem Konsumverhalten<br />

gebildet, wobei hier 6 Kategorien gebildet wurden: „starke Raucher“ = „täglich mehr als 20<br />

Zigaretten“ – „moderatere Raucher“ = täglich zwischen 1 und 20 Zigaretten“ – „früher täglicher<br />

Zigarettenkonsum“ – „gelegentlicher Nikotinkonsum“ – „früher gelegentlicher Nikotinkonsum“ –<br />

„nie geraucht“.<br />

5.7.1 Befindlichkeit - Lebensgenuss<br />

Ein Beispiel für einen leichten (umgekehrten) J-Zusammenhang ist der subjektive Gesundheits<strong>zu</strong>stand<br />

in Abhängigkeit vom Nikotinkonsum (Abb. 91), wenngleich das Ausmaß der Unterschiede<br />

allerdings weniger deutlich ausgeprägt ist als beim Alkoholkonsum (Abb. 24). Die Chance, dass<br />

sich Gelegenheitsnikotinkonsumenten gesünder fühlen als „lebenslang Nikotinabstinente“ ist das<br />

1,2-fache 51 erhöht und 2,7-mal 52 so groß wie bei „starken Rauchern“.<br />

Abb. 91: Guter subjektiver Gesundheits<strong>zu</strong>stand<br />

Frage F1.1: Mein Gesundheits<strong>zu</strong>stand ist ausgezeichnet (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Noch deutlicher ist der (umgekehrte) J-Zusammenhang die sportlichen Aktivitäten betreffend. Hier<br />

sind die „Ex-Gelegenheitsraucher“ die mit Abstand aktivsten und die „starken Raucher“ und „moderate<br />

Raucher“ gemeinsam mit den „lebenslangen Nikotinabstinenten“ die passivsten (Abb. 92).<br />

Abb. 92: Ausdauersport mindestens einmal pro Monat<br />

Frage F3: Betreiben Sie Ausdauersport, z.B. laufen, Rad fahren, schwimmen, wandern oder nicht? (Antwort: „mindestens<br />

einmal pro Monat“ oder „beruflich viel Bewegung“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

In die gleiche Richtung, wenn auch umgekehrt gepolt weist das Ausmaß des täglichen Fernsehens<br />

(Abb. 93). Jene, die am häufigsten Sport betreiben – „Ex-Gelegenheitsraucher“ – sehen am sel-<br />

51) 1,42 : 1,19 = 1,2<br />

52) 1,42 : 0,52 = 2,7<br />

98


tensten mehr als 2 Stunden täglich fern. Spitzenreiter sind hier die „starken Raucher“.<br />

Abb. 93: Mehr als zwei Stunden TV täglich<br />

Frage F8: Was schätzen Sie: Wie viele Stunden sehen Sie pro Woche fern? (Antwort: „mehr als 14 Stunden“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Ein anderes Bild ergibt sich, wenn es um den Stellenwert einer ausgewogenen Ernährung geht.<br />

Hier sind die „Ex-täglichen Raucher“ und die „lebenslangen Nikotinabstinente“ am meisten und die<br />

„starken Raucher“ am wenigsten gesundheitsbewusst (Abb. 94).<br />

Abb. 94: Achten auf ausgewogene Ernährung<br />

Frage F2: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung, also auf genügend Vitamine, nicht <strong>zu</strong> fettreiches Essen und dergleichen,<br />

oder nicht? (Antwort: „sehr“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

5.7.2 Lebens<strong>zu</strong>friedenheit und Erfolg<br />

Ein recht deutlicher (umgekehrt) u-förmiger Zusammenhang ergibt sich zwischen der Einstellung<br />

<strong>zu</strong>m Lebensgenuss und dem Zigarettenkonsum (Abb. 95). Am stärksten <strong>zu</strong> einem hedonistischen<br />

Lebensideal tendieren die „moderaten Raucher“ – am wenigsten die „starken Raucher“ und die<br />

„lebenslangen Nikotinabstinenten“.<br />

Abb. 95: Einstellung <strong>zu</strong>m Lebensgenuss<br />

Frage F1.2: Ich finde, man sollte das Leben einfach genießen, ohne <strong>zu</strong> viel <strong>zu</strong> grübeln und nach<strong>zu</strong>denken (Antwort: „richtig“<br />

plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Am wenigsten mit ihrem Leben <strong>zu</strong>frieden sind die „starken Raucher“, am <strong>zu</strong>friedensten die „Extäglichen<br />

Raucher“ und die „gelegentlichen Raucher“ (Abb. 96).<br />

99


Abb. 96: Un<strong>zu</strong>friedenheit mit dem Leben<br />

Frage F1.7: Mein Leben verläuft ganz anders als ich es mir erwartet habe - ich bin damit nicht wirklich <strong>zu</strong>frieden (Antwort:<br />

„richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Wie man Abb. 97 entnehmen kann, gaben die „starken Raucher“ am öftesten an, bereits schwere<br />

Schicksalsschläge hinter sich <strong>zu</strong> haben – am wenigsten vom Schicksal getroffen erleben sich „Ex-<br />

Gelegenheitsraucher“.<br />

Abb. 97: Schicksalsschläge<br />

Frage F1.10: Ich habe bereits einen schweren Schicksalsschlag hinter mir (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Zwischen dem Kriterium „schon einmal arbeitslos gewesen“ und dem Zigarettenkonsum ergibt sich<br />

ein annähernd monotoner Zusammenhang. Am öftesten waren „starke Raucher“ bereits einmal<br />

arbeitslos und am seltensten „Ex-Gelegenheitsraucher“ und „lebenslang Nikotinabstinente“ (Abb.<br />

98).<br />

Abb. 98: Bereits arbeitslos gewesen<br />

Frage F1.6: Ich bin bzw. war schon einmal arbeitslos (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Bezüglich des Gefühls der Überforderung (Abb. 99) ergeben sich kaum Zusammenhänge <strong>zu</strong>m<br />

Tabakkonsum. Nur die „starken Raucher“ erleben sich in deutlich höherem Maße überfordert.<br />

100


Abb. 99: Gefühl der Überforderung<br />

Frage F1.5: Ich habe oft das Gefühl, dass mir alles <strong>zu</strong> viel wird (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

5.7.3 Beziehungen<br />

Die „starken Raucher“ und „moderaten Raucher“ leben am seltensten in einer fixen Beziehung und<br />

die „Ex-täglichen Raucher“ am häufigsten (Abb. 100). Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass<br />

manche fixen Partner die Raucher längerfristig erfolgreich motivieren ihr Konsumverhalten auf<strong>zu</strong>geben,<br />

während Personen, die alleine leben sich freier <strong>zu</strong>m Aufrechterhalten ihres Konsums entscheiden<br />

können.<br />

Abb. 100: Fixe Beziehung<br />

Frage S7.2: Haben Sie eine/n fixe/n Partnerin/Partner - egal ob verheiratet oder nicht? (Antwort: „ja, lebe mit ihm/ihr <strong>zu</strong>sammen“<br />

plus „ja, lebe nicht mit ihm/ihr <strong>zu</strong>sammen“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Die Ergebnisse den Familienstand „Ehe“ betreffend (Abb. 101) sind weitgehend identisch <strong>zu</strong> den<br />

Ergebnissen „fixe Beziehungen“ betreffend. Die einzige Ausnahme ist, dass Verheirate deutlich<br />

eher lebenslang nikotinabstinent lebten, während sich bei den in Beziehungen lebenden keine entsprechend<br />

höhere Chance ergab.<br />

Abb. 101: Verheiratet<br />

Frage S6.2: Familienstand: verheiratet<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Besonders stark ausgeprägt ist der Zusammenhang zwischen dem Umstand geschieden <strong>zu</strong> sein<br />

und dem Tabakkonsum. Die Chance, dass ein „starker Raucher“ geschieden ist, 4,4-mal 53 so groß<br />

wie, dass ein „lebenslang Nikotinabstinenter“ geschieden ist.<br />

53) 2,24 : 0,51 = 4,4<br />

101


Abb. 102: Geschieden<br />

Frage S6.4: Familienstand: geschieden<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Etwas von Muster abweichend ist die Chance verwitwet <strong>zu</strong> sein (Abb. 103). Hier liegen die „starken<br />

Raucher“ und die „lebenslang Nikotinabstinenten“ deutlich vor den anderen Gruppen.<br />

Abb. 103: Verwitwet<br />

Frage S6.3: Familienstand: verwitwet.<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Die Frage nach der Größe des Freundeskreises macht deutlich, dass die „starken Raucher“, die<br />

„Ex-täglichen Raucher“ und die „lebenslangen Nikotinabstinenten“ eher sozial isoliert sind (Abb.<br />

105).<br />

Abb. 104: Großer Freundeskreis<br />

Frage F1.3: Ich habe einen großen Freundes- und Bekanntenkreis (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Das Verhältnis <strong>zu</strong> den Familienangehörigen ist bei den „starken Rauchern“ am schlechtesten und<br />

bei den „Ex-Gelegenheitsrauchern“ und „lebenslangen Nikotinabstinenten“ am besten (Abb. 106).<br />

Abb. 105: Gutes Verhältnis <strong>zu</strong> Familienangehörigen<br />

Frage F1.4: Ich verstehe mich gut mit meinen engen Familienangehörigen (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

102


Am geselligsten schildern sich „moderate Raucher“ und „Ex-tägliche Raucher“, am wenigsten gesellig<br />

die „Ex-Gelegenheitsraucher“ (Abb. 106).<br />

Abb. 106: Gerne andere Menschen um sich<br />

Frage F1.9: Ich habe gerne andere Menschen um mich (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Der Umstand, dass Personen mit Kindern am ehesten „Ex-täglichen Raucher“ sind (Abb. 107) legt<br />

nahe, dass nicht nur Ehepartner sondern auch Kinder ein häufiger Grund sind das Rauchen letztlich<br />

ein<strong>zu</strong>stellen.<br />

Abb. 107: Kinder<br />

Frage S10: Haben Sie Kinder? (Antwort: „ja“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Am wenigsten beliebt bei Bekannten und KollegInnen erleben sich „starke Raucher“ und „gelegentliche<br />

Raucher“, am beliebtesten „moderate Raucher“ (Abb. 108).<br />

Abb. 108: Beliebtheit bei Bekannten und Kollegen<br />

Frage F1.8: Ich bin bei meinen Bekannten und Kollegen beliebt (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

5.7.4 Bildung und Freizeitverhalten<br />

Ausgewertet wurde für diese Teilanalyse sowohl die Zahl jener, die mehr als Pflichtschulbildung<br />

aufweisen (Abb. 109), als auch die Zahl derer mit einem Maturaabschluss (Abb. 110).<br />

103


Abb. 109: Mehr als Pflichtschulbildung<br />

Frage S3.1: Höchste abgeschlossene Schulbildung (Antwort: „Lehrabschluss“, „Fachschule ohne Matura“, „höhere Schule mit<br />

Matura (AHS, BHS)“, „Hochschulstudium oder hochschulverwandte Lehranstalt“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Bei beiden Indikatoren des Bildungsniveaus zeigt sich, dass „starkes Rauchen“ deutlich mit niedrigem<br />

Bildungsniveau und gelegentliches Rauchen mit einem höheren Bildungsniveau assoziiert ist.<br />

„Lebenslang Nikotinabstinente“ liegen bildungsmäßig im Durchschnittsfeld. Auch hier ergibt sich<br />

wieder ein (umgekehrter) u-förmiger Zusammenhang.<br />

Abb. 110: Matura oder akademischer Abschluss<br />

Frage S3.2: Höchste abgeschlossene Schulbildung (Antwort: „höhere Schule mit Matura (AHS, BHS)“, „Hochschulstudium oder<br />

hochschulverwandte Lehranstalt“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Da der Zugang und Gebrauch des Internets und der Besitz eines Kraftfahrzeuges in hohem Maß<br />

mit Bildung <strong>zu</strong>sammenhängt ist nicht verwunderlich, dass sich ein ähnlicher (umgekehrter) uförmiger<br />

Zusammenhang auch mit dem Ausmaß des privaten Surfens im Internet (Abb. 111), des<br />

beruflichen Surfens im Internet (Abb. 112) und des Besitzes von Kraftfahrzeugen (Abb. 113) gibt.<br />

Abb. 111: Privates Surfen im Internet<br />

Frage F5a: Surfen Sie im Internet oder nicht? (Antwort: „ja, ich surfe privat“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Abb. 112: Berufliches Surfen im Internet<br />

Frage F5b: Surfen Sie im Internet oder nicht? (Antwort: „ja, ich surfe beruflich“).<br />

104


Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Abb. 113: Regelmäßiges Auto- oder Motorradfahren<br />

Frage F9: Fahren Sie Auto oder Motorrad oder nicht? (Antwort: „Ich lenke öfter als 1 Mal pro Woche ein Auto oder Motorrad“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

5.7.5 Religionsbekenntnis<br />

Anders als beim Alkoholkonsum, dessen moderate Ausprägung bei Katholiken einen höheren Stellenwert<br />

hat und wo Abstinenz bei Katholiken weniger oft vorkommt, gibt es beim Nikotinkonsum<br />

(Abb. 47) einen fast monotonen Zusammenhang zwischen Nikotinkonsum und Zugehörigkeit <strong>zu</strong>r<br />

katholischen Kirche. Katholiken findet man überdurchschnittlich oft unter den „Ex-<br />

Gelegenheitsrauchern“ und „lebenslang Nikotinabstinenten“ und unterdurchschnittlich oft unter<br />

„starken Rauchern“. Die Chance, dass ein Katholik ein Nichtraucher ist, ist 1,8-mal 54 so hoch wie<br />

die Chance ein „starker Raucher“ <strong>zu</strong> sein.<br />

Abb. 114: Katholisches Religionsbekenntnis<br />

Frage S14.1: Gehören sie einer religiösen Gemeinschaft an?: (Antwort: „katholische Kirche“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Das umgekehrte Bild ergibt sich bezüglich der Personen ohne religiöses Bekenntnis, bei denen der<br />

Nikotinkonsum einen besonders hohen und die Nikotinabstinenz einen besonders niedrigen Stellenwert<br />

hat. Die Chance, dass ein „starker Raucher“ ohne religiöses Bekenntnis ist liegt 1,78-fach<br />

über dem Durchschnitt und ist 2,3-mal so hoch, wie dass jemand ohne religiöses Bekenntnis<br />

„Nichtraucher ist“ (Abb. 115)<br />

Abb. 115: ohne religiöses Bekenntnis<br />

Frage S14.2: Gehören sie einer religiösen Gemeinschaft an?: (Antwort: „evangelische Kirche“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

54) 1,21 : 0,66 = 1,8<br />

105


Bezüglich der Zugehörigkeit <strong>zu</strong>r evangelischen Religionsgemeinschaft ergibt sich hier kein einheitliches<br />

klares Bild. Unter Evangelischen findet man mehr „Ex-Gelegenheitsraucher“ und weniger<br />

„lebenslang Nikotinabstinente“ als in der Gesamtbevölkerung (Abb. 116).<br />

Abb. 116: Evangelisches Religionsbekenntnis<br />

Frage S14.2: Gehören sie einer religiösen Gemeinschaft an?: (Antwort: „evangelische Kirche“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

5.8 Bundesländerergebnisse<br />

Wie bei den bisher ausgewerteten Substanzen (z.B. Kap. 4.10 den Alkohol betreffend) muss auch<br />

bezüglich des Rauchverhaltens darauf hingewiesen werden, dass die Detailergebnisse insbesondere<br />

der kleinen Bundesländer wegen des Einflusses von Zufallsfehlern nur mit großer Vorsicht interpretiert<br />

werden können. Aber auch hier haben wir – wenn auch wieder mit Vorbehalten – aufgrund<br />

der bestehenden Nachfrage nach Bundesländerergebnissen beschlossen, die Daten an<strong>zu</strong>bieten,<br />

warnen aber auch hier nochmals davor, die Verlässlichkeit der Werte <strong>zu</strong> überschätzen. Jene Bundesländer,<br />

deren Ergebnisse wegen des geringen Stichprobenumfangs überhaupt nicht oder nur<br />

mit großen Vorbehalten interpretierbar sind, wurden in der tabellarischen Darstellung mit „**“<br />

bzw. „*“ versehen (Burgenland, Vorarlberg, Salzburg und Tirol). Es sollten aber auch die anderen<br />

Ergebnisse hinsichtlich der Präzision nicht überschätzt werden (Bei einem Stichprobenumfang von<br />

500 Personen beträgt die Unsicherheit 55 ± 4,4% und bei einem Stichprobenumfang von 1000 Personen<br />

immerhin noch ± 3,1%).<br />

Tab. 14: Rauchgewohnheiten pro Person und Tag pro Bundesland<br />

Bundesland täglich<br />

gelegentlich<br />

im<br />

letzten<br />

Monat<br />

gelegentlich<br />

im<br />

letzten<br />

Jahr<br />

früher täglich<br />

106<br />

früher<br />

gelegentlich<br />

Nichtraucher<br />

Anzahl<br />

der<br />

befragten<br />

Pers.<br />

Burgenland ** 36% 9% 3% 15% 9% 27% 157<br />

Vorarlberg ** 44% 9% 3% 9% 9% 27% 193<br />

Salzburg * 39% 13% 2% 17% 8% 21% 289<br />

Tirol * 33% 11% 6% 11% 8% 30% 377<br />

Kärnten 34% 12% 3% 11% 12% 27%<br />

315<br />

(+200)<br />

Steiermark 44% 8% 3% 12% 9% 24% 674<br />

Oberösterreich 35% 9% 4% 16% 8% 28% 766<br />

Niederösterreich 37% 7% 3% 17% 7% 29% 869<br />

Wien 40% 8% 5% 12% 7% 27% 908<br />

Gesamt 38% 9% 4% 14% 8% 27% 4546<br />

Kommentar: Wegen geringer Stichprobenumfänge sind die Ergebnisse der mit ** markierten Bundesländer (Burgenland,<br />

Vorarlberg) kaum interpretierbar und die Ergebnisse der mit * markierten Bundesländer (Salzburg und Tirol) nur mit großen<br />

Vorbehalten (vgl. Kap. 4.10, S.66).<br />

55) 95% Konfidenzintervall ohne Berücksichtigung, dass viele unabhängige Werte errechnet werden und daher eine Alphaadjustierung<br />

notwendig wäre


6 Medikamente<br />

6.1 Verlässlichkeit der Angaben und Fehlerkorrektur<br />

Bei Angaben <strong>zu</strong>r Medikamentenabhängigkeit sind mehrere Problemfelder <strong>zu</strong> berücksichtigen:<br />

Während es bei der Interpretation von Fragebogenergebnissen in Zusammenhang mit Alkohol<br />

üblich ist, basierend auf den Angaben <strong>zu</strong>r konsumierten Menge zwischen unproblematischem Konsum,<br />

Missbrauch und Abhängigkeit <strong>zu</strong> unterscheiden, wird bei der Interpretation des Psychopharmakonsums<br />

– in Ermangelung einer leicht anwendbaren Kategorisierung – häufig völlig undifferenziert<br />

vorgegangen und impliziert, dass jeglicher Konsum als Missbrauch bzw. Abhängigkeit <strong>zu</strong> werten<br />

sei. Diese Sichtweise geht allerdings an der Realität weit vorbei. Es gibt einen weiten Bereich,<br />

wo aus medizinischer Sicht Beruhigungs- und Schlafmittel eindeutig indiziert sind, und es ist wohl<br />

auch nicht adäquat, die gelegentliche Selbstverordnung – z.B. die sporadische Einnahme von Beruhigungs-<br />

und Schlafmitteln, wenn man infolge von akuten Schmerzen nicht schlafen kann, nach<br />

einem traumatischem Ereignis, wie dem Tod eines nahen Angehörigen oder bei einer Bahnreise<br />

über Nacht – in einen Topf mit der medizinisch nicht indizierten regelmäßigen Anwendung von<br />

Beruhigungs- und Schlafmitteln <strong>zu</strong> werfen. Auch der gelegentliche und temporäre experimentelle<br />

Konsum <strong>zu</strong>r Erzeugung von Rausch<strong>zu</strong>ständen bei Jugendlichen ist hinsichtlich des Problempotentials<br />

gegen den regelmäßigen Missbrauch von Beruhigungs- und Schlafmitteln deutlich ab<strong>zu</strong>grenzen.<br />

Da<strong>zu</strong> kommt noch, dass der Wissensstand und das Problembewusstsein der Bevölkerung über<br />

Psychopharmaka eher begrenzt ist, und dass man mit der einfachen, aber unpräzisen Frage nach<br />

dem Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum mit Problemen in zweierlei Richtung rechnen muss.<br />

Einerseits werden Tranquilizer und Hypnotika, ganz besonders wenn sie ohne nähere Information<br />

von ÄrztInnen verordnet werden, oft falsch klassifiziert (z.B. wenn Tranquilizer bei psychosomatisch<br />

bedingten Schmerzen verschrieben werden, klassifiziert sie ein/e nicht informierte/r PatientIn<br />

u.U. als „Schmerzmittel“). Andererseits wird von Laien häufig auch der Gebrauch von Substanzen<br />

mit geringem bis gar nicht vorhandenem Problempotential (z.B. wie diverse Hausmittel, homöopathische<br />

Präparate, pflanzliche Tees etc.) unter „Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum“ subsumiert.<br />

In der vorliegende Studie wurde versucht die genannte Problematik durch die Formulierung „...<br />

denken Sie bei der Beantwortung der Fragen aber NICHT an Hausmittel wie "Milch mit Honig",<br />

homöopathische Mittel oder z. B. Baldriantropfen, Kräutertees etc.“ in Grenzen <strong>zu</strong> halten. Man<br />

kann daher annehmen, dass die Verlässlichkeit der Angaben über Beruhigung- oder Schlafmittel in<br />

der vorliegenden Erhebung damit größer ist als bei vergleichbaren Erhebungen, man sollte sich<br />

aber nicht der Illusion hingeben, dass das Problem durch diesen Zusatz völlig beseitigt <strong>zu</strong> haben.<br />

Die eben angeführten Probleme und die sich daraus ergebende Forderung nach Differenzierung<br />

(also „indiziert“ vs. „nicht indiziert“, unabhängig ob vom Arzt verschrieben oder Selbstmedikation;<br />

und Abgren<strong>zu</strong>ng „Missbrauch mit oder ohne Suchtentwicklung“ vs. „medizinisch indiziert mit oder<br />

ohne Suchtentwicklung“) sind zwar inhaltlich leicht nachvollziehbar, aber bei Umfragen nur schwer<br />

um<strong>zu</strong>setzen. So lässt sich z.B. die Frage, ob die Anwendung bestimmter Medikamente tatsächlich<br />

medizinisch indiziert ist, nur schwer über die Frage erfassen, ob diese medizinisch verordnet wurden.<br />

Einerseits ist es selbst schwer Medikamentenabhängigen meist möglich Ärzte <strong>zu</strong> finden, die<br />

ihnen Psychopharmaka in hohen Dosen verordnen, und andererseits kommt es auch vor, dass<br />

PatientInnen medizinisch eindeutig indizierte und einmal ärztlich verordnete Medikamente später<br />

ohne ärztliche Verordnung, z.B. aus dem Medikamentenbestand von Angehörigen oder Freunden,<br />

besorgen.<br />

Eine objektive Erfassung und Bewertung des problematischen Medikamentenkonsums wird, abgesehen<br />

von den erwähnten erfassungsmethodischen Problemen, auch noch durch den Umstand<br />

erschwert, dass es den Psychopharmakonsum betreffend einen Richtungsstreit unter MedizinerInnen<br />

gibt. Auf der einen Extremseite stehen ÄrztInnen, die die Verschreibung von Psychopharmaka<br />

fast generell ablehnen und diese nur bei Extrem<strong>zu</strong>ständen als <strong>zu</strong>lässig erachten, und auf der anderen<br />

Extremseite solche, die eine völlig unkritische und freizügige Verordnung auch bei geringen<br />

Problemen vertreten und praktizieren. Die Abgren<strong>zu</strong>ng von Missbrauch und Sucht <strong>zu</strong>m medizinisch<br />

indizierten Konsum sowie Gelegenheits- oder Experimentalkonsum ist unter solchen Umständen<br />

107


weit weniger eindeutig möglich als z.B. beim Alkohol, der, im Gegensatz <strong>zu</strong> Psychopharmaka,<br />

kaum je als indiziertes Mittel <strong>zu</strong>r Behandlung von Beschwerden und Erkrankungen gesehen wird.<br />

Außerdem gibt es bei Psychopharmaka unterschiedlichste Produkte mit unterschiedlichster Wirkungsweise,<br />

deren Gefährdungspotential – im Gegensatz <strong>zu</strong> Alkohol, wo primär die konsumierte<br />

Menge Reinalkohol relevant ist – nur schwer quantifizierbar ist.<br />

Die Problematik lässt sich anhand der <strong>Repräsentativerhebung</strong> 1993/94 (Uhl & Springer, 1996), die<br />

den Psychopharmakakonsum mit unterschiedlichen Methoden sehr detailliert erfasste, gut aufzeigen.<br />

Bei undifferenzierter Befragung nach ihrem Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum gaben<br />

7,4% der Befragten an, in den letzten drei Monaten Beruhigungs- und Schlafmittel konsumiert <strong>zu</strong><br />

haben. Bei genauerem Nachfragen – es wurde nach dem Namen der Medikamente gefragt, und<br />

diese wurden dann mittels des Heilmittelverzeichnisses nachklassifiziert – stellte sich heraus, dass<br />

mehr als die Hälfte der Personen, die <strong>zu</strong>nächst das eingenommene Medikament der gefragten<br />

Kategorie <strong>zu</strong>geschrieben hatten, gar keine Tranquilizer oder Hypnotika, sondern diverse Hausmittel,<br />

Homöopathika, pflanzliche bzw. tierische Sedativa oder anderes konsumiert hatte; weiters dass<br />

rund ein Zehntel jener Personen, die tatsächlich Tranquilizer oder Hypnotika konsumiert hatten,<br />

sich dessen nicht bewusst waren, also keine Ahnung über die Wirkungsweise der Medikamente<br />

hatte und diese daher auch nicht der Kategorie „Beruhigungs- und Schlafmittel“ <strong>zu</strong>ordnen konnte.<br />

Tatsächlich hatten 3,9% der Befragten Tranquilizer oder Hypnotika konsumiert (Tab. 15).<br />

Tab. 15: Fehl<strong>zu</strong>ordnung von Beruhigungs- und Schlafmittel<br />

Selbstbeurteilung<br />

Beruhigungs- und<br />

Schlafmittelkonsum<br />

Quelle: Uhl & Springer (1996)<br />

tatsächlich<br />

Tranquilizer oder Hypnotika<br />

ja nein<br />

+ 3,5% 3,9% 7,4%<br />

- 0,4% 92,2% 92,6%<br />

3,9% 96,1% 100,0%<br />

Aus Tab. 15 kann man errechnen, dass die Wahrscheinlichkeit für falsche positive Werte 53,1%<br />

beträgt, wenn man die einfache Frage nach dem Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum <strong>zu</strong>r Erfassung<br />

des Tranquilizer- oder Hypnotikakonsums einsetzt. Die Wahrscheinlichkeit für falsche negative<br />

Werte beträgt 0,5%, die Sensitivität 0,89 und die Spezifität 95,9%.<br />

Ergänzend sei erwähnt, dass nur knapp über die Hälfte der PatientInnen (52%) die Namen der von<br />

ihnen in den letzten drei Monaten konsumierten Medikamente nennen konnte, dass sich in weiteren<br />

27% der Fälle der Medikamentenname durch Nachschauen auf der Packung aufklären ließ und<br />

dass sich bei den verbleibenden 21% der Name des Medikamentes nicht aufklären ließ, weil die<br />

Befragten das Medikament <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Erhebung nicht mehr einnahmen und auch nicht<br />

mehr besaßen, was das Nachlesen auf der Packung verunmöglichte. Diese 21% der Fälle, bei denen<br />

sich der Medikamentenname nicht mehr bestimmen ließ, wurden bei der Auswertung für Tab.<br />

15 nicht berücksichtigt. Inhaltlich entspricht das der impliziten Annahme, dass die in der Tabelle<br />

dargestellte Verteilung für die namentlich bestimmbaren und nicht bestimmbaren Medikamente<br />

ident ist.<br />

Bei der Beurteilung der Verlässlichkeit der Angaben ist ferner noch <strong>zu</strong> berücksichtigen, dass die in<br />

hohem Ausmaß Medikamente missbrauchenden Personen der Drogenszene bei <strong>Repräsentativerhebung</strong>en<br />

wahrscheinlich noch erheblich stärker unterrepräsentiert sind als AlkoholikerInnen, und<br />

dass es sicherlich auch bei gesellschaftlich integrierten Medikamentenabhängigen eine relevante<br />

Tendenz gibt, ihr Konsumverhalten <strong>zu</strong> untertreiben. In anderen Worten ausgedrückt, seriöse Aussagen<br />

über das Ausmaß des schweren Medikamentenmissbrauchs bzw. der Medikamentenabhängigkeit<br />

können basierend auf Bevölkerungsumfragen sicherlich nicht gemacht werden.<br />

108


6.2 Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum nach Alter,<br />

Geschlecht und Bildung<br />

In der aktuellen Studie ergab sich, dass 9,2% der Bevölkerung im letzten Jahr Beruhigungs- und<br />

Schlafmittel konsumiert hatten (Jahresprävalenz, Abb. 117). Die Zahl jener, die für das letzte Monat<br />

Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum angegeben haben (Monatsprävalenz, Abb. 118) liegt bei<br />

5,6%. In der vorliegenden Erhebung ist wegen der Schwerpunktset<strong>zu</strong>ng auf illegale Drogen 56<br />

keine detaillierte Erfassung und Klassifizierung des Beruhigungs- und Schlafmittelkonsums erfolgt.<br />

Wenn man die Ergebnisse von Uhl & Springer (1996) (vgl. Kap. 6.1) auf die gegenständliche Studie<br />

umlegt, muss man allerdings annehmen, dass es sich nur bei rund der Hälfte der angegebenen<br />

Substanzen tatsächlich um Tranquilizer oder Hypnotika handelt und beim Rest um Substanzen mit<br />

keinem oder bloß geringem Gefahrenpotential. Ergänzend muss – wie <strong>zu</strong>vor erörtert – wohl angenommen<br />

werden, dass ein Großteil der starken MedikamentenmissbraucherInnen und Medikamentenabhängigen<br />

erheblich unterrepräsentiert ist. Analog <strong>zu</strong>r Vorgangsweise beim Alkohol (vgl.<br />

Kap. 4.2.3) wäre es fraglos sinnvoll, die fehlenden Medikamentenproblemfälle rechnerisch <strong>zu</strong> ergänzen<br />

– mangels verwendbarer Basisdaten für solche Schät<strong>zu</strong>ngen ist das aber hier leider nicht<br />

realisierbar.<br />

Abb. 117: Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum (Jahresprävalenz)<br />

Fragen: F42 „Wie oft haben Sie in den letzten 12 Monaten durchschnittlich Schlaf- oder Beruhigungsmedikamente eingenommen?“<br />

Antwortkategorien: „4 Mal wöchentlich oder öfter“, „2 bis 3 Mal wöchentlich“, „2 bis 4 Mal monatlich“, „1 Mal monatlich<br />

oder seltener“, keine Angabe/Angabe verweigert<br />

Sehr häufiger Konsum von Beruhigungs- und Schlafmitteln (4-7 Mal pro Woche über das letzte<br />

Jahr) wurde von 2,7% der Befragten angegeben (Abb. 117). Wenn man bedenkt, dass ein Teil<br />

davon nicht als Tranquilizer- oder Hypnotikakonsum <strong>zu</strong> interpretieren ist, bedeutet das in etwa 2%<br />

sehr häufiger Tranquilizer- oder Hypnotikakonsum. Von dieser Zahl ist einerseits der medizinisch<br />

indizierte Konsum ab<strong>zu</strong>ziehen und andererseits der in der Untersuchung stark unterrepräsentierte<br />

abhängige Medikamentenmissbrauch hin<strong>zu</strong><strong>zu</strong>zählen. Ganz grob kann man also spekulieren 57 ,<br />

56) Man kann aus befragungstechnischen und finanziellen Gründen bei einer Erhebung grundsätzlich nicht jeden Teilaspekt<br />

ganz genau erfassen.<br />

57) Wir verwenden hier ausdrücklich den Begriff „spekulieren“, weil die uns vorliegenden Grundlagen für eine seriöse „Schät<strong>zu</strong>ng“<br />

nicht ausreichen.<br />

109


dass rund 2% der Bevölkerung von Tranquilizern oder Hypnotika abhängig sind. Eine umfassende<br />

Untersuchung des Ausmaßes der Medikamentenabhängigkeit in Österreich unter besonderer Berücksichtigung<br />

der Frage, in welchen Fällen der Konsum tatsächlich medizinisch indiziert ist, wäre<br />

ergänzend <strong>zu</strong> dieser Studie und als Grundlage für weitere Bevölkerungsumfragen von großer Bedeutung.<br />

In diesem Zusammenhang sollte man auch bedenken, dass ein Großteil der geschätzten<br />

20.000 bis 30.000 problematischen OpiatkonsumentInnen – das sind rund 0,3% bis 0,5% der<br />

erwachsenen österreichischen Bevölkerung – im Sinne polytoxikomaner Konsummuster auch von<br />

Tranquilizern oder Hypnotika abhängig sind (vgl. Kap. 7.1).<br />

Die Chance, dass Frauen <strong>zu</strong> Beruhigungs- und Schlafmitteln greifen, ist rund doppelt so hoch wie<br />

bei Männern (Odds-Ratio). Auf den Zeitraum des letzten Jahres bezogen ergibt sich ein Odds-Ratio<br />

(Frauen vs. Männer) von 1,93 58 (11,3% vs. 6,2%; Abb. 117), auf das letzte Monat bezogen ein<br />

Odds-Ratio von 2,27 59 (7,4% vs. 3,4%; Abb. 118). Bezogen auf sehr häufigen Konsum (4-7x<br />

wöchentlich) über das letzte Jahr ergibt sich ein Odds-Ratio von 2,16 60 (3,4% Frauen vs. 1,6%<br />

Männer; Abb. 117). Da alle genannten Odds-Ratios um 2 liegen gilt die Behauptung, dass Frauen<br />

doppelt so oft <strong>zu</strong> Beruhigungs- und Schlafmittel greifen als Männer, weitgehend unabhängig von<br />

Zeitfenster und Konsumfrequenz.<br />

Abb. 118: Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum (Monatsprävalenz)<br />

Fragen: F43: „Haben Sie in den letzten 30 Tagen Schlaf- oder Beruhigungsmedikamente eingenommen oder nicht?“ Antwortkategorien:<br />

„ja“, „nein“, „kann ich nicht beurteilen“, keine Angabe, Angabe verweigert<br />

F44: „Wie oft haben Sie in den letzten 30 Tagen durchschnittlich Schlaf- oder Beruhigungsmedikamente eingenommen?“<br />

Antwortkategorien „20 Tage oder mehr“, „10-19 Tage“, „4-9 Tage, „1-3 Tage“, keine Angabe, Angabe verweigert.<br />

58) (0,113*(1-0,062)) / ((1-0,113)*0,062) = 1,93<br />

59) (0,074*(1-0,034)) / ((1-0,074)*0,034) = 2,27<br />

60) (0,034*(1-0,016)) / ((1-0,034)*0,016) = 2,16<br />

110


Abb. 119: Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum der Männer<br />

Fragen: F42 „Wie oft haben Sie in den letzten 12 Monaten durchschnittlich Schlaf- oder Beruhigungsmedikamente eingenommen?“<br />

Antwortkategorien: „4 Mal wöchentlich oder öfter“, „2 bis 3 Mal wöchentlich“, „2 bis 4 Mal monatlich“, „1 Mal monatlich<br />

oder seltener“, keine Angabe/Angabe verweigert; Gleitmittelwerte über 11 Jahre<br />

Interessant ist hier das Beruhigungs- und Schlafmittelkonsumverhalten in Abhängigkeit von Alter<br />

und Geschlecht. Wie man dem Vergleich zwischen Abb. 119 und Abb. 120 entnehmen kann, liegt<br />

der mindestens wöchentliche Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum bei Männern zwischen dem<br />

25. und 50. Lebensjahr über dem der Frauen, in der Kindheit bzw. Jugend sowie nach dem<br />

50.Lebensjahr liegen allerdings die weiblichen Gleichaltrigen deutlich vorne. In der weiblichen Bevölkerung<br />

spielt der mindestens wöchentliche Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum bei Mädchen<br />

und jungen Frauen eine relativ große Rolle, liegt in den folgenden Altersgruppen vergleichsweise<br />

niedrig und steigt dann ab dem 5. Lebensjahrzehnt kontinuierlich an.<br />

Abb. 120: Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum der Frauen<br />

111


Fragen: F42 „Wie oft haben Sie in den letzten 12 Monaten durchschnittlich Schlaf- oder Beruhigungsmedikamente eingenommen?“<br />

Antwortkategorien: „4 Mal wöchentlich oder öfter“, „2 bis 3 Mal wöchentlich“, „2 bis 4 Mal monatlich“, „1 Mal monatlich<br />

oder seltener“, keine Angabe/Angabe verweigert; Gleitmittelwerte über 11 Jahre<br />

Unter den Frauen im Pensionsalter haben rund ein Viertel im Laufe des letzten Jahres Beruhigungs-<br />

und Schlafmittel konsumiert. Wieweit es sich bei den beschriebenen Unterschieden zwischen den<br />

Altersgruppen um Lebenszykluseffekte und wie weit um Kohorteneffekte handelt, kann ohne entsprechende<br />

Vergleichsdaten nicht beantwortet werden.<br />

Auch sollte hier auch bedenken, dass nicht der gesamte Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum als<br />

Tranquilizer- oder Hypnotikakonsum interpretiert werden darf.<br />

In Abb. 121 wurde der Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum des letzten Monats im Abhängigkeit<br />

vom Bildungsniveau über den alters- und geschlechtsadjustierten Odds-Ratio dargestellt. Die alters-<br />

und geschlechtsadjustierte Auswertung ist hier insofern von großer Bedeutung, als das Bildungsniveau<br />

früher generell erheblich niedriger war als heute und weil Frauen früher weniger oft<br />

über einen Maturaabschluss verfügten als Männer. So ist sichergestellt, dass sich in der Aufteilung<br />

nach Bildung nicht Alters- und Geschlechtseffekte manifestieren können. Inhaltlich zeigt sich, dass<br />

MaturantInnen erheblich seltener <strong>zu</strong> Beruhigungs- und Schlafmittel greifen als Nicht-<br />

MaturantInnen – die Chance, dass eine Person ohne Matura im letzten Monat <strong>zu</strong> Beruhigungs- und<br />

Schlafmittel gegriffen hat, ist 2,2 mal so groß wie jene bei Personen mit Matura (Odds-Ratio =<br />

2,2).<br />

Abb. 121: Wahrscheinlichkeit des Beruhigungs- und Schlafmittelkonsums im letzten Monat<br />

Frage: F43: „Haben Sie in den letzten 30 Tagen Schlaf- oder Beruhigungsmedikamente eingenommen oder nicht?“ Antwortkategorien:<br />

„ja“, „nein“, „kann ich nicht beurteilen“, keine Angabe, Angabe verweigert; alters- und geschlechtsadjustierte Odds-<br />

Ratios<br />

6.3 Art des Be<strong>zu</strong>gs der konsumierten Beruhigungs- und<br />

Schlafmittel beim mehrmals wöchentlichen Konsum<br />

Wie man Abb. 122 entnehmen kann, wurden 84% der eingenommenen Beruhigungs- und<br />

Schlafmittel über Ärzte verschrieben und weitere 8% ohne Rezept über Apotheken bezogen. Da<br />

man annehmen kann, dass rund 50% der konsumierten Beruhigungs- und Schlafmittel keine verschreibungspflichtigen<br />

Tranquilizer oder Hypnotika sind, sollte man das keinesfalls dahingehend<br />

interpretieren, dass verschreibungspflichtige Medikamente in hohem Ausmaß von den Apotheken<br />

ohne Rezept abgegeben werden.<br />

112


Abb. 122: Be<strong>zu</strong>gsquellen nach Konsumfrequenz<br />

Fragen: F42 „Wie oft haben Sie in den letzten 12 Monaten durchschnittlich Schlaf- oder Beruhigungsmedikamente eingenommen?“<br />

Antwortkategorien: „4 Mal wöchentlich oder öfter“, „2 bis 3 Mal wöchentlich“, „2 bis 4 Mal monatlich“, „1 Mal monatlich<br />

oder seltener“, keine Angabe/Angabe verweigert<br />

Deutlich sieht man in Abb. 122 auch, dass der häufige Beruhigungs- und Schlafmittelkonsum fast<br />

ausschließlich über Verschreibung durch Ärzte erfolgt, und dass andere Formen des Be<strong>zu</strong>gs mit der<br />

Abnahme der Konsumfrequenz <strong>zu</strong>nehmen. Personen, die bloß einmal pro Monat Beruhigungs- und<br />

Schlafmittel konsumiert haben, haben diese in 22% der Fälle von Verwandten und Bekannten bezogen.<br />

6.4 Bundesländerergebnisse<br />

In Kap. 4.10 wurde in Zusammenhang mit Alkohol darauf hingewiesen, dass Detailergebnisse die<br />

kleinen Bundesländer betreffend wegen des Einflusses von Zufallsfehlern nur mit großer Vorsicht<br />

interpretiert werden können. Das Gleiche gilt natürlich auch für den Gebrauch von Beruhigungs-<br />

und Schlafmitteln. Da jedoch immer wieder Anfragen nach Bundesländerergebnissen an uns gerichtet<br />

werden, haben wir mit großen Vorbehalten beschlossen, auch diese Daten an<strong>zu</strong>bieten – wir<br />

warnen aber davor, die Verlässlichkeit der Werte <strong>zu</strong> überschätzen. Jene Bundesländer, deren Ergebnisse<br />

wegen des geringen Stichprobenumfangs überhaupt nicht oder nur mit großen Vorbehalten<br />

interpretierbar sind, wurden in der tabellarischen Darstellung mit „**“ bzw. „*“ versehen.<br />

(Burgenland, Vorarlberg, Salzburg und Tirol) – man sollte aber auch die anderen Ergebnisse hinsichtlich<br />

der Präzision nicht überschätzen (Bei einem Stichprobenumfang von 500 Personen beträgt<br />

die Unsicherheit 61 ± 4,4% und bei einem Stichprobenumfang von 1000 Personen immerhin noch ±<br />

3,1%).<br />

61) 95% Konfidenzintervall ohne Berücksichtigung, dass in der Studie viele unabhängige Werte berechnet werden und daher<br />

auch noch eine Alphaadjustierung notwendig wäre<br />

113


Tab. 16: Schlaf- und Beruhigungsmittelkonsum pro Person und Tag pro Bundesland<br />

Bundesland<br />

4-7x<br />

wöchentl.<br />

2-3x wöchentl.<br />

2-4x monatlich<br />

114<br />

1x monatlich<br />

nie in<br />

letzten 12<br />

Monaten<br />

gesamt<br />

Anzahl der<br />

befragten<br />

Personen<br />

Burgenland ** 3% 1% 0% 1% 95% 100% 157<br />

Vorarlberg ** 3% 2% 1% 4% 91% 100% 193<br />

Salzburg * 2% 2% 3% 2% 92% 100% 289<br />

Tirol * 2% 1% 1% 3% 92% 100% 377<br />

Kärnten 2% 1% 2% 4% 92% 100% 315 (+200)<br />

Steiermark 4% 1% 1% 3% 91% 100% 674<br />

Oberösterreich 3% 1% 0% 5% 91% 100% 766<br />

Niederösterreich 3% 1% 4% 4% 88% 100% 869<br />

Wien 2% 3% 2% 4% 88% 100% 908<br />

Gesamt 3% 1% 2% 4% 91% 100% 4546<br />

Frage: F42 „Wie oft haben Sie in den letzten 12 Monaten durchschnittlich Schlaf- oder Beruhigungsmedikamente eingenommen?“<br />

Antwortkategorien: „4 Mal wöchentlich oder öfter“, „2 bis 3 Mal wöchentlich“, „2 bis 4 Mal monatlich“, „1 Mal monatlich<br />

oder seltener“, keine Angabe/Angabe verweigert<br />

Kommentar: Wegen geringer Stichprobenumfänge sind die Ergebnisse der mit ** markierten Bundesländer (Burgenland,<br />

Vorarlberg) kaum interpretierbar und die Ergebnisse der mit * markierten Bundesländer (Salzburg und Tirol) nur mit großen<br />

Vorbehalten (vgl. Kap. 4.10, S.66).


7 Illegale Drogen<br />

Man muss festhalten, dass bis heute alle Versuche gescheitert sind, in der Fachsprache einen konsistenten<br />

Sprachgebrauch des Begriffs „Droge“ <strong>zu</strong> etablieren, und dass man daher, wenn man den<br />

Begriff „Drogen“ verwendet, genau explizieren sollte, was man konkret meint. Uhl & Springer<br />

(2002) gaben sechs unterschiedliche Definitionen an und vertraten, dass der engagierte Versuch<br />

von Experten, den Begriff „Drogen“ in der Bevölkerung mit „alle psychoaktiven Substanzen“<br />

gleich<strong>zu</strong>setzen, gescheitert ist. Nach wie vor wird der nicht näher präzisierte Begriff „Drogen“ von<br />

den meisten Laien und ExpertInnen implizit mit „illegalen Drogen“ gleichgesetzt. Aus diesen Gründen<br />

fanden wir es gerechtfertigt, den Kurzbegriff „Drogen“ als Synonym für „illegale Drogen“ <strong>zu</strong><br />

verwenden, wobei wir dabei auch die mitabgefragten Schnüffelstoffe und biogenen Drogen inkludieren,<br />

die eigentlich nicht unter den Begriff „illegale Drogen“ fallen.<br />

7.1 Verlässlichkeit der Angaben und Fehlerkorrektur<br />

Angaben über den Konsum von illegalen Drogen in Bevölkerungsumfragen sind immer mit großer<br />

Vorsicht <strong>zu</strong> interpretieren, da hier große Diskrepanzen üblich und wahrscheinlich sind.<br />

7.1.1 Problem: unerklärbare Diskrepanzen zwischen analogen<br />

Erhebungen<br />

Ein anschauliches Beispiel <strong>zu</strong>r Untermauerung dieser Behauptung sind zwei im Jahre 1995 von<br />

IFES durchgeführte Bevölkerungsumfragen: Die „Wiener Jugendstudie 1995“, bei der 607 WienerInnen<br />

zwischen 14 und 26 Jahren befragt worden sind und die „Suchtmittelstudie 1995“, bei der<br />

3383 WienerInnen ab dem 14. Lebensjahr erfasst wurden. Obwohl beide Studien den gleichen<br />

Zeitraum betrafen und vom selben Institut mit analogen Fragen und einer analogen Methode<br />

durchgeführt wurden, ergab die „Jugendstudie 1995“ eine Drogenerfahrungsrate von 26% für die<br />

14- bis 16-jährigen WienerInnen und von 31% für die 17- bis 19-jährigen WienerInnen, die<br />

„Suchtmittelstudie 1995“ hingegen bloß eine „Drogenerfahrungsrate“ von 11% für die 14- bis 18jährigen<br />

WienerInnen. Warum erstere Erhebung, die ausschließlich auf Personen zwischen 14 und<br />

26 Jahren zielte, eine im Vergleich <strong>zu</strong>r Erhebung, die auf alle WienerInnen ab dem 14. Lebensjahr<br />

zielte, fast dreimal so hohe Drogenlebenszeitprävalenz für die 14- bis 18-Jährigen ergab, kann<br />

man nur mutmaßen. Die Diskrepanz macht aber sehr deutlich, dass man bei der Interpretation<br />

von Prävalenzraten immer sehr vorsichtig vorgehen und <strong>zu</strong>r Plausibilitätsprüfung, wenn möglich,<br />

auch andere Untersuchungen aus In- und Ausland heranziehen sollte.<br />

Ein weiteres anschauliches Beispiel für die Erhebungsproblematik bei Bevölkerungsumfragen illegale<br />

Drogen betreffend ist die „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 1993/94“ (Uhl & Springer, 1996). Bei dieser<br />

Studie lag der Schwerpunkt auf Alkohol und Medikamenten, und es waren nur wenige Fragen <strong>zu</strong>m<br />

illegalen Drogenkonsum – in einem Selbstausfüllerteil – vorgesehen. Dabei ergab sich dann eine so<br />

niedrige Zahl an Befragten, die angaben, bereits einmal Cannabis konsumiert <strong>zu</strong> haben (Cannabislebenszeitprävalenz),<br />

dass die Autoren auf eine Interpretation der Ergebnisse explizit verzichteten.<br />

Die Lebenszeitprävalenz lag bloß bei einem Drittel des Wertes, den die jeweiligen Alterskohorten<br />

rund 10 Jahre früher bei der „Cannabisstudie 1984“ (Springer et al., 1987) angegeben hatten, und<br />

ebenso des Wertes, der sich aufgrund analoger Studien im In- und Ausland ergab. Jemand, der<br />

bereits einmal Cannabis konsumiert hat, kann diese Erfahrung logischerweise nicht mehr verlieren.<br />

Die Cannabislebenszeitprävalenz einer Alterkohorte kann grundsätzlich nur sinken, wenn Nicht-<br />

Cannabiserfahrene überproportional einwandern, wenn CannabiskonsumentInnen überproportional<br />

häufig auswandern und/oder wenn die Mortalität der CannabiskonsumentInnen im Zeitraum<br />

deutlich höher ist als der Durchschnitt. Selbst wenn über die genannten Prozesse eine geringe Veränderung<br />

der Cannabislebenszeitprävalenz nach unten denkbar wäre – ein Rückgang der Lebenszeitprävalenz<br />

in einer Alterskohorte um 2/3 über einen Zeitraum von 10 Jahren ist absolut undenkbar.<br />

115


Der Versuch, bei einer Alkohol- und Medikamentenstudie auch noch rasch und oberflächlich illegale<br />

Drogen mit<strong>zu</strong>fragen musste als gescheitert beurteilt werden. Verantwortlich für dieses Scheitern<br />

machten Uhl & Springer (1996) vor allem zwei Gründe. Offensichtlich verleugnen viele Befragte<br />

eher ihren Konsum, wenn man sie völlig unvermittelt nach der Eigenerfahrung mit Cannabis fragt,<br />

also ohne sich vorher langsam, mittels Einstellungsfragen <strong>zu</strong>m illegalen Drogenkonsum der Thematik<br />

angenähert <strong>zu</strong> haben. Weiters wurde bei der <strong>Repräsentativerhebung</strong> 1993/94 – um Anonymität<br />

<strong>zu</strong> gewährleisten – für sensible Fragen (darunter die Fragen nach Cannabiserfahrung) ein<br />

Selbstausfüllerfragebogen vorgegeben, der in einem verschlossenen Kuvert <strong>zu</strong> retournieren war,<br />

damit der Interviewer die Antworten nicht sehen kann. Mit dieser Methode wurde implizit aber<br />

auch vermittelt, dass den gegenständlichen Fragen eine gewisse Brisanz innewohnt, was die Bereitschaft<br />

offen <strong>zu</strong> antworten noch weiter verringerte.<br />

7.1.2 Problem: Undersampling von Problemgruppen<br />

Die europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA, 2005) definiert „problematischen<br />

Drogenkonsum“ als „intravenöser Drogenkonsum und/oder lange Zeit andauernder<br />

und/oder regelmäßiger Konsum von Opiaten, Kokain und/oder Amphetaminen“. „Problematischer<br />

Opiatkonsum“ in diesem Sinne ist „intravenöser Opiatkonsum und/oder lange Zeit andauernder<br />

und/oder regelmäßiger Konsum von Opiaten“. Die Zahl der problematischen OpiatkonsumentInnen<br />

in Österreich im Sinne der eben genannten Definition wurde von Uhl & Seidler (2001) basierend<br />

auf der Capture-Recapture-Methodologie für das Jahr 1994 auf rund 20.000 Personen geschätzt;<br />

analoge Berechnungen mit dem Capture-Recapture-Ansatz führten in den Folgejahren <strong>zu</strong><br />

einer Schät<strong>zu</strong>ng um 30.000 Personen, weswegen Haas et al. (2004) die aktuelle Zahl der ProblemdrogenkonsumentInnen<br />

in Österreich zwischen 20.000 und 30.000 angeben. 20.000 bis<br />

30.000 Personen entsprechen einem Anteil an der erwachsenen Bevölkerung zwischen 0,3% und<br />

0,5%.<br />

Bei problematischen OpiatkonsumentInnen kann man im Wesentlichen davon ausgehen, dass<br />

diese im letzten Monat Heroin konsumiert haben. Unter den Personen, die im letzten Monat Heroin<br />

konsumiert haben, gibt es aber auch noch eine quantitativ nur schwer abschätzbare, jedoch keinesfalls<br />

gering an<strong>zu</strong>setzende Zahl von ProbiererInnen und GelegenheitskonsumentInnen, deren<br />

Konsumverhalten – <strong>zu</strong>mindest <strong>zu</strong>m Zeitpunkt der Befragung oder auch <strong>zu</strong> einem späteren Zeitpunkt<br />

– nicht die Kriterien für „problematischen Konsum“ im Sinne der EMCDDA erfüllt. Man kann<br />

annehmen, dass mindestens 1% der Erwachsenen – wahrscheinlich sogar ein noch höherer Prozentsatz<br />

– im Monat vor der Befragung Heroin konsumiert hat. Von diesen geschätzten mindestens<br />

1% finden sich in der vorliegenden Untersuchung nur ein Fünftel (ausgewiesene Monatsprävalenz<br />

des Heroinkonsums ist 0,2%, wie man Tab. 19 entnehmen kann). Das erscheint nicht überraschend,<br />

wenn man weiß, dass nur rund ein Viertel der AlkoholikerInnen in Bevölkerungsumfragen<br />

erfasst werden (vgl. Kap. 4.2.3.1), und wenn man die nahe liegende Überlegung mit einbezieht,<br />

dass die Erfassungsrate bezüglich Abhängigkeit bzw. Konsum von verbotenen und stärker<br />

stigmatisierten Drogen noch geringer ausfällt. Das beobachtete „Undersampling“ von problematischen<br />

OpiatkonsumentInnen führt <strong>zu</strong> einer erheblichen Unterschät<strong>zu</strong>ng der Konsumraten vor allem<br />

den Problemkonsum betreffend.<br />

7.1.3 Problem: Underreporting<br />

Bei den in der Bevölkerungsumfrage erfassten KonsumentInnen illegaler Drogen muss man ferner<br />

noch annehmen, dass viele ihr illegales Konsumverhalten unbekannten Interviewern gegenüber<br />

nicht offen <strong>zu</strong>geben werden. Das führt <strong>zu</strong>r <strong>zu</strong>sätzlichen systematischen Unterschät<strong>zu</strong>ng der Konsumraten,<br />

wobei hier, anders als beim Undersamplingfehler, alle Konsumintensitäten gleichermaßen<br />

betroffen sind.<br />

116


7.1.4 Problem: niedrige Prävalenz<br />

Bei illegalen Drogen sind die Erfahrungsraten (Prävalenz) – sieht man vom Cannabiskonsum ab –<br />

in den meisten Altersgruppen so niedrig, dass man infolge der statistischen Regression <strong>zu</strong>m Mittel<br />

(dieses Phänomen wird unter Kap. 3.2.6 ausführlich erläutert) mit einer erheblichen systematischen<br />

Überschät<strong>zu</strong>ng der Auftrittsrate rechnen muss.<br />

7.1.5 Validitätstest mittels nicht existierender Substanzen<br />

Der Versuch, die Verlässlichkeit der Angaben über nicht-existierende Kontrollsubstanzen <strong>zu</strong> prüfen,<br />

ist bei Befragungen über illegale Drogen sehr populär. Die Zahl der Personen, die angeben, derartige<br />

Stoffe genommen <strong>zu</strong> haben, variiert von Studie <strong>zu</strong> Studie und bewegt sich meist im Bereich<br />

unter 1%, kann aber auch deutlich darüber liegen. Bei der „Cannabisstudie 1984“ (Uhl & Springer,<br />

1996), bei der 15- bis 40-Jährige befragt wurden, waren z.B. zwei Kontrollsubstanzen („Goronin“<br />

und „Ludomil“) vorgesehen, über die 0,4% bzw. 0,6% der Befragten angaben, sie bereits genommen<br />

<strong>zu</strong> haben. Bei der „oberösterreichischen <strong>Repräsentativerhebung</strong> 2003“ (Seyer, 2003) gaben<br />

2,9% der Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren an, die Kontrollsubstanz („Uhlcodin“) konsumiert<br />

<strong>zu</strong> haben. Bei der Europäischen Schülerstudie „ESPAD“ gaben in Österreich 0,5% der befragten<br />

14- bis 17-jährigen Jugendlichen an, die Kontrollsubstanz („Notalin“) genommen <strong>zu</strong> haben. In<br />

der vorliegenden Studie gaben nur 0,1% der Befragten an, die Kontrollsubstanz („Euphodrem“)<br />

konsumiert <strong>zu</strong> haben.<br />

Jedoch sind niedrige Werte bei den Kontrollsubstanzen nicht unbedingt ein Indikator für die Verlässlichkeit<br />

der Erhebungsdaten. Es ist nämlich recht plausibel, dass die Mehrzahl der Personen, die<br />

unabsichtlich falsche Angaben über Erfahrungen mit illegalen Drogen macht, die Kontrollsubstanzen<br />

erkennt und angesichts dieser durchschauten List der Fragebogenkonstrukteure sich besonders<br />

bemüht, keine Fehler <strong>zu</strong> machen. Für diese Vermutung spricht der Umstand, dass die interne<br />

Konsistenzprüfung der Antworten <strong>zu</strong> äqivalenten Fragen oft Widersprüche im Bereich von einigen<br />

Prozent ergibt.<br />

7.1.6 Gesamteffekte der Fehler<br />

In welchem Ausmaß sich Prozesse, die jeweils <strong>zu</strong> einer systematischen Über- bzw. Unterschät<strong>zu</strong>ng<br />

führen, gegenseitig kompensieren, kann man ohne umfangreiche Zusatzerhebungen nur spekulieren.<br />

Außer Frage steht allerdings, dass man Prävalenzraten im Bereich von 1% oder 2%, die sich<br />

aus Bevölkerungsbefragungen ergeben, nicht wirklich sinnvoll interpretieren kann.<br />

7.2 Konsumfrequenz und Alter<br />

Im Kap. 7.1.3 wurde darauf hingewiesen, dass ein gewisser Teil der Befragten ihre illegalen Drogenerfahrungen<br />

nicht angibt und dass die Verleugnungstendenz bei älteren Personen größer ist.<br />

Wenn man quantifizieren kann, welcher Prozentsatz der Drogenerfahrungen ihre Erfahrungen pro<br />

Altersgruppe verschweigen, dann kann man diese Information nutzen, um aus Umfrageergebnissen<br />

<strong>zu</strong> realistischeren Schät<strong>zu</strong>ngen der Verleugnungstendenz <strong>zu</strong> gelangen. Liegen mehrere Umfragen<br />

aus unterschiedlichen Jahren über die gleichen Altersgruppen vor, so kann man die Verleugnungstendenz<br />

aus einem Vergleich der Werte grob schätzen. Da einmal Drogenerfahrungen ja<br />

nicht mehr rückgängig gemacht werden können – kann jemand der eine Droge einmal probiert<br />

hat, logischerweise nie mehr als „drogenunerfahren“ gelten – ist eine deutliche Abnahme der Drogenerfahrungsprävalenz<br />

in einem bestimmten Geburtsjahrgang über eine überschaubaren Zeitraum<br />

unmöglich.<br />

117


Sinnvoll ist dieser Vergleich allerdings nur für jene Geburtsjahrgänge, bei denen die Drogenerfahrungsprävalenz<br />

beim ersten Befragungszeitpunkt bereits annähernd den Maximalwert erreicht<br />

hatte, und wo die Prävalenz beim ersten Zeitpunkt bereits ein relevantes Ausmaß angenommen<br />

hatte. Für die „Cannabisstudie 1984“ (Springer et al., 1987), die hier mit der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

2004“ verglichen wurde, erfolgte aus diesem Grund eine Eingren<strong>zu</strong>ng auf die damals 20 bis<br />

39-Jährigen (bei der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ 40 bis 59 Jahre alt). Ab dem 20. Lebensjahr<br />

gibt es kaum mehr Personen die erstmals Cannabis probieren und bei Personen, die 1984 älter als<br />

40 Jahre waren, war die Cannabiserfahrungsrate so niedrig, dass ein Vergleich ebenfalls nicht sinnvoll<br />

war. Für den Vergleich wurden die relevante Stichprobe in zwei 10-Jahresgruppen unterteilt,<br />

wobei die inhaltlich sinnvolle Aufteilung in noch kleinere Segmente wegen des geringen Stichprobenumfangs<br />

nicht sinnvoll war. Bei ersterer Gruppe ergab sich über die 20 Jahre eine Abnahme<br />

der <strong>zu</strong>gegebenen Cannabiserfahrung um fast ein Viertel (von 22% auf 16%) und bei zweiterer gab<br />

es über die 20 Jahre keine Veränderung (<strong>zu</strong>nächst 10% und dann neuerlich 10%) (Tab. 17).<br />

Dieses Ergebnis legt nahe, dass von all jenen, die in ihrer Jugend Cannabis konsumiert haben rund<br />

ein Viertel das als junge Erwachsene fremden Interviewern gegenüber nicht mehr <strong>zu</strong>geben, dass<br />

aber jene 75% der Cannabiserfahrenen, die über ihren Cannabiskonsum als Jugendliche im dritten<br />

Lebensjahrzehnt <strong>zu</strong>geben, das auch in Zukunft noch <strong>zu</strong>geben. Ausgehend von diesem Ergebnis<br />

macht es Sinn die <strong>zu</strong>gegebene Cannabiserfahrungsrate bei Personen ab dem 30. Lebensjahr um<br />

ca. 1/3 (38%) 62 <strong>zu</strong> erhöhen, wodurch der geschätzte Anteil jener Erwachsenen, die bis 2004 Cannabiserfahrungen<br />

gemacht haben, von 18% (Rohwert) auf ca. 21% (unter Berücksichtigung der<br />

Dunkelziffer) hochkorrigiert wird (Tab. 17).<br />

Tab. 17: Lebenszeitprävalenz unterschiedlicher Drogen<br />

Marihuana/Haschisch vor 20<br />

Jahren „Cannabisstudie 1984“<br />

14-19 20-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-99 Insg.<br />

118<br />

21,6% 63 10,1% 64<br />

Marihuana/Haschisch 21,1% 33,3% 22,5% 16,0% 10,0% 3,8% 2,0% 17,8%<br />

Marihuana/Haschisch<br />

(adjustiert 65 )<br />

21,1% 33,3% 30,0% 21,3% 13,3% 5,1% 2,7% 20,9%<br />

Ecstasy 3,5% 5,9% 3,1% 2,0% 0,3% 0,5% 1,2% 2,6%<br />

Biogene Drogen 2,6% 5,4% 2,8% 1,8% 0,4% 0,6% 0,4% 2,4%<br />

Amphetamine 2,2% 4,6% 2,6% 2,6% 0,4% 0,8% 0,8% 2,3%<br />

Schnüffelstoffe 5,5% 2,8% 2,8% 1,7% 0,3% 1,1% 0,0% 2,1%<br />

Kokain 1,0% 3,6% 3,2% 2,2% 0,9% 0,6% 0,4% 2,1%<br />

LSD 0,3% 2,4% 1,8% 2,8% 0,5% 0,5% 0,0% 1,5%<br />

Heroin 0,5% 0,9% 0,6% 0,7% 0,5% 0,1% 0,0% 0,6%<br />

Euphotrem 0,0% 0,0% 0,2% 0,0% 0,0% 0,2% 0,0% 0,1%<br />

Anzahl 430 926 905 741 603 692 247 4546<br />

Fragen: F47, F53, F59, F65, F71, F77, F83, F90, F99: „Haben Sie selbst jemals ... konsumiert oder nicht?“ Antwortkategorien:<br />

„ja“, „nein“, „keine Angabe / Angabe verweigert“<br />

62) 22% : 16% = 138%<br />

63) Bei der Erhebung „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ 20-29-Jährige<br />

64) Bei der Erhebung „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ 30-39-Jährige<br />

65) Aufbauend auf die Hypothese, dass es ab dem 30. Lebensjahr <strong>zu</strong> 25% Underreporting von Cannabiserfahrungen<br />

kommt, wurden ab diesem Alter <strong>zu</strong> den Prävalenzraten ein Drittel hin<strong>zu</strong>gezählt.


Tab. 18: Jahresprävalenz unterschiedlicher Drogen<br />

14-19 20-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-99 Insg.<br />

Marihuana/Haschisch 11,6% 13,6% 8,4% 4,5% 1,6% 0,8% 0,8% 6,6%<br />

Kokain 0,5% 2,1% 1,3% 0,6% 0,0% 0,0% 0,0% 0,8%<br />

Ecstasy 1,3% 2,1% 0,9% 0,4% 0,0% 0,0% 0,0% 0,8%<br />

Amphetamine 1,0% 2,0% 0,8% 0,4% 0,0% 0,0% 0,0% 0,7%<br />

Biogene Drogen 1,6% 1,7% 0,9% 0,4% 0,0% 0,0% 0,0% 0,7%<br />

Schnüffelstoffe 1,9% 0,1% 0,4% 0,0% 0,0% 0,2% 0,0% 0,3%<br />

Heroin 0,0% 0,6% 0,4% 0,4% 0,0% 0,0% 0,0% 0,3%<br />

LSD 0,0% 0,5% 0,3% 0,3% 0,0% 0,0% 0,0% 0,2%<br />

Euphotrem 0,0% 0,0% 0,1% 0,0% 0,0% 0,1% 0,0% 0,0%<br />

Anzahl 430 926 905 741 603 692 247 4546<br />

Fragen: F49, F55, F61, F67, F73, F79, F85, F93, F101: „Haben Sie in den letzten 12 Monaten ... konsumiert oder nicht?“<br />

Antwortkategorien: „ja“, „nein“, „keine Angabe / Angabe verweigert“<br />

Tab. 19: Monatsprävalenz unterschiedlicher Drogen<br />

14-19 20-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-99 Insg.<br />

Marihuana/Haschisch 6,2% 6,8% 4,8% 2,2% 0,3% 0,5% 0,8% 3,4%<br />

Ecstasy 0,5% 1,3% 0,1% 0,3% 0,0% 0,0% 0,0% 0,4%<br />

Amphetamine 0,0% 0,9% 0,2% 0,4% 0,0% 0,0% 0,0% 0,3%<br />

Kokain 0,0% 0,7% 0,6% 0,3% 0,0% 0,0% 0,0% 0,3%<br />

Biogene Drogen 0,9% 0,5% 0,5% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,3%<br />

Heroin 0,0% 0,5% 0,2% 0,4% 0,0% 0,0% 0,0% 0,2%<br />

LSD 0,0% 0,2% 0,1% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,1%<br />

Schnüffelstoffe 1,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,2% 0,0% 0,1%<br />

Euphotrem 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,1% 0,0% 0,0%<br />

Anzahl 430 926 905 741 603 692 247 4546<br />

Fragen: F50, F56, F62, F68, F74, F80, F86, F95, F102: „Haben Sie in den letzten 30 Tagen ... konsumiert oder nicht?“ Antwortkategorien:<br />

„ja“, „nein“, „keine Angabe / Angabe verweigert“<br />

Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Vergleich mit Erhebungen, die in zeitlicher Nähe <strong>zu</strong>r<br />

Repräsentativbefragung durchgeführt wurden. Um diese Ergebnisse vergleichen <strong>zu</strong> können, muss<br />

die Stichprobe der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ hinsichtlich Alter auf die Stichprobe in der Referenzstudie<br />

bezogen werden, bzw. dort, wo das nicht möglich ist, entsprechende Näherungslösungen<br />

gesucht werden. Wird als Referenzstudie eine Untersuchung herangezogen, die nur in einem<br />

Bundesland stattgefunden hat, wird als Vergleichsbasis das Bundesländerergebnis genommen –<br />

wobei alle früher erörterten Vorbehalte bezüglich der Interpretation von Daten aus relativ geringen<br />

Stichprobenumfängen Gültigkeit behalten.<br />

119


Tab. 20: Vergleich Lebenszeitprävalenz Cannabis „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ mit anderen<br />

Studien<br />

Referenzstudie Methode Region<br />

Altersgrenzen<br />

120<br />

Anteil<br />

Re04<br />

Region<br />

Re04 Österreich<br />

IFES (2003) Interview Wien 14-99 16% 23% 18%<br />

Seyer et al. (2005) Interview OÖ 14-59 21% 22% 22%<br />

SFI (2006) Cannabis Interview V 12-19 22% 18% 66 16% 66<br />

Uhl et al. (2005c) Fragebogen Ö 14-17 22% --- 13%<br />

Kommentare: „Re04“ =„<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“. Zum Vergleich mit der Referenzgruppe erfolgte ein Sonderauswertung<br />

für die betreffende Altersgruppe österreichweit (RE04 Österreich) und für die betreffende Altersgruppe in der betreffenden<br />

Region (RE04 Region)<br />

Wie man Tab. 20 entnehmen kann, liegt die von IFES (2003) ausgewiesene Cannabis-Lebenszeitprävalenz<br />

für die Altersgruppe der Ab-14-Jährigen mit 16% etwas unter dem entsprechenden<br />

Wert der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ für das gesamte Bundesgebiet (18%) und deutlich unter<br />

dem Ergebnis der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ für Wien (23%).<br />

Die Werte von Seyer et al. (2005) für die Altersgruppe der 14- bis 59-Jährigen entsprechen mit<br />

21% Lebenszeitprävalenz fast genau dem entsprechenden Wert der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

2004“ für das gesamte Bundesgebiet (22%) und gleichzeitig auch dem Ergebnis der „<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

2004“ für Oberösterreich (Tab. 20).<br />

Die Ergebnisse, die das Universitätsinstitut für Suchtforschung der Universität Innsbruck (SFI,<br />

2006) für die Altersgruppe der 12-19-Jährigen in Vorarlberg ausweisen, liegen bei 22% (Tab. 20)<br />

was etwas höher ist, als der Wert, den man basierende auf der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ für<br />

diese Altersgruppe bundesweit (16%) bzw. für Vorarlberg (18%) schätzen würde.<br />

Die Abweichungen der interviewergestützen Erhebungen von der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“<br />

sind nicht sehr gravierend, eine wirklich starke Abweichung ergibt sich allerdings zwischen der<br />

„<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ und der Fragebogen gestützten Schülerbefragung „ESPAD“ (Uhl et<br />

al., 2005b). Während die „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ für die 14- bis 17-Jährigen eine Cannabis-<br />

Lebenszeitprävalenz von 13% ergeben hatte, war die entsprechende Zahl bei der ESPAD Erhebung<br />

mit 22% fast doppelt so hoch.<br />

Die plausible Ad-hoc-Erklärung für die beschriebenen Diskrepanzen liegt in der unterschiedlichen<br />

Erhebungsmethode: während bei IFES und Seyer et al. die Befragung mittels Interview erfolgte,<br />

geschah dies bei der vom SFI durchgeführten Erhebung sowie bei der ESPAD-Studie mittels Fragebögen<br />

in Schulklassen. Bei einer, <strong>zu</strong>mindest für manche Befragten, sensiblen Thematik muss<br />

man bei Face-to-Face-Umfragen eher mit Untertreibungen und bei fragebogenbasierten Befragungen<br />

eher mit Übertreibungen rechnen. Anhand der Daten aus den interview-basierten Befragungen<br />

könnte man annehmen, dass derzeit ca. ein Drittel 67 der Jugendlichen bis in die Mitte ihres 3. Lebensjahrzehnts<br />

Erfahrungen mit Cannabis machen; basierend auf die Fragebogenerhebungen ergibt<br />

sich ein erheblich höherer Wert. Eine realistische Schät<strong>zu</strong>ng aus diesen beiden Zugängen ist<br />

daher, dass – wenn sich an der momentanen Situation nichts ändert – rund jeder zweite junge<br />

Österreicher im Laufe seines Lebens als Kind, Jugendlicher oder junger Erwachsener Erfahrungen<br />

mit Cannabis machen wird. Dass sich an der derzeitigen Situation nichts ändern wird ist in der<br />

westlichen Welt angesichts des kontinuierlichen Aufwärtstrends der Cannabispopularität über die<br />

letzten Jahrzehnte wenig wahrscheinlich. Wahrscheinlich muss man auch in Österreich über die<br />

nächsten Jahre mit weiterhin steigenden Raten rechnen.<br />

66) Berechnet unter der Annahme, dass die Cannabis-Lebenszeitprävalenz bei 12- bis 13-Jährigen bei 8% liegt. 12- bis 13-<br />

Jährige wurden in der „<strong>Repräsentativerhebung</strong> 2004“ zwar nicht befragt, die Lebenszeitprävalenz lässt sich aber aus der<br />

Frage nach dem Einstiegsalter schätzen (vgl. Abb. 125 und Abb. 126).<br />

67) Wert bei den 20- bis 29-Jährigen


Während man bei Cannabis, das inzwischen den Charakter einer illegalen Alltagsdroge erreicht hat<br />

und dessen Konsum ziemlich offen <strong>zu</strong>gegeben wird, von einer relativ geringen Dunkelziffer ausgehen<br />

kann, ist es sehr schwer, die Verlässlichkeit von Angaben über andere illegale Drogen <strong>zu</strong> beurteilen.<br />

Naheliegend ist, dass Erfahrungen mit anderen illegalen Drogen fremden Interviewern gegenüber<br />

in recht hohem Ausmaß verschwiegen werden (Underreporting), weswegen man mit einer<br />

erheblichen systematischen Unterschät<strong>zu</strong>ng der Prävalenz rechnen muss. Andererseits muss<br />

man bei niedrigen Prävalenzraten mit starken Regressionseffekten Richtung Mittel rechnen (vgl.<br />

Kap. 3.2.6) was <strong>zu</strong> einer systematischen Überschät<strong>zu</strong>ng führen muss.<br />

Wie bereits erörtert (vgl. Kap. 7.1.3 ) kann man ohne <strong>zu</strong>sätzliche Informationen nur mutmaßen,<br />

wie weit sich die Fehler durch Underreporting und Regression gegenseitig ausgleichen, und steht<br />

außer Frage, dass man Raten unter 2% bei Bevölkerungsumfragen nicht sinnvoll interpretieren<br />

kann. Damit sind Aussagen über den Konsum im letzten Jahr (Tab. 18) und im letzten Monat<br />

(Tab. 19) nur sehr begrenzt möglich. Die Lebenszeitprävalenz (Tab. 17) des illegalen Drogenkonsums<br />

kann man hingegen bei fast allen Drogenkategorien (mit Ausnahme von Heroin) <strong>zu</strong>mindest<br />

in den jüngeren Altersgruppen durchaus sinnvoll interpretieren, weil hier Prävalenzraten deutlich<br />

über 2% vorkommen. Ganz offensichtlich wurde bei jüngeren Altersgruppen das Experimentieren<br />

nicht nur mit Cannabis, sondern auch mit anderen illegalen Drogen immer populärer. So gaben<br />

5,9% der 20- bis 29-Jährigen Erfahrungen mit Ecstasy an, 5,4% der 20- bis 29-Jährigen Erfahrungen<br />

mit biogenen Drogen, 4,6% der 20- bis 29-Jährigen Erfahrungen mit Amphetaminen, 3,6%<br />

der 20- bis 29-Jährigen Erfahrungen mit Kokain und 5,5% der 14- bis 19-Jährigen Erfahrungen mit<br />

Schnüffelstoffen. Vermutlich handelt es sich bei diesen Angaben um erhebliche systematische Unterschät<strong>zu</strong>ngen<br />

(was in Kap. 7.1.2 in Be<strong>zu</strong>g auf Heroin belegt wurde), aber man kann ohne weitere<br />

Erhebungen und Vergleichsdaten natürlich auch nicht definitiv ausschließen, dass die Befragten<br />

bei der Angabe der Erfahrungen mit illegalen Drogen übertrieben haben.<br />

Da das Experimentieren mit bzw. der gelegentliche Konsum von illegalen Drogen – ebenso wie bei<br />

psychotropen Medikamenten, Nikotin oder Alkohol – an und für sich in der Regel weder große gesundheitliche<br />

Schäden nach sich zieht, noch große Gefahr besteht, dass ProbiererInnen infolge von<br />

Überdosierungen sterben oder ernste Unfälle erleiden, liegt der Fokus aus der gesundheitspolitischen<br />

Perspektive vor allem auf dem „Problemkonsum“, der, wie in Kap. 7.1.2 bereits ausgeführt,<br />

von der europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA, 2005) als „intravenöser<br />

Drogenkonsum und/oder lange Zeit andauernder und/oder regelmäßiger Konsum“<br />

definiert wurde. Probierkonsum und Gelegenheitskonsum wird vor allem deswegen als problematisch<br />

erachtet, weil der Konsum verboten ist und jede Übertretung von Gesetzen ein Problem an<br />

sich darstellt, und weil man im Probierkonsum und Gelegenheitskonsum die Vorstufe <strong>zu</strong> regelmäßigem<br />

Konsum, Missbrauch und/oder süchtigem Gebrauch sieht. Aus diesem Grund stellt sich die<br />

Frage, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass aus Probier- und Gelegenheitskonsum später regelmäßiger<br />

Konsum, Missbrauch und/oder Sucht wird. Einen – wenn auch nicht perfekten – Hinweis<br />

in diese Richtung kann der Vergleich der Lebenszeitprävalenzraten (Tab. 17) mit den Monatsprävalenzraten<br />

(Tab. 19) geben. Einerseits ist jeder Probierer und Gelegenheitskonsument<br />

durch die Lebenszeitprävalenzrate erfasst, und andererseits kann man bei regelmäßigen Konsumenten,<br />

Missbrauchern und/oder Süchtigen annehmen, dass diese im letzten Monat konsumiert<br />

haben.<br />

Den Anteil der ProbiererInnen und GelegenheitskonsumentInnen, die im letzten Monat nicht konsumiert<br />

haben (Abb. 123), kann man als „Aufhöreranteil“ bezeichnen. Da aber in der Monatsprävalenzrate<br />

auch ProbiererInnen, die sich aktuell in der „Experimentierphase“ befinden, und GelegenheitskonsumentenInnen,<br />

die <strong>zu</strong>fällig im letzten Monat eine Substanz konsumiert haben, erfasst<br />

werden, wird der Aufhöreranteil unterschätzt. Der Underreporting- und der Undersamplingfehler in<br />

Be<strong>zu</strong>g auf die ProblemkonsumentenInnen in der Stichprobe bewirken, dass der Aufhöreranteil<br />

überschätzt wird. In welchem Maß sich diese beiden Effekte ausgleichen ist ungewiss, daher sollten<br />

die nun folgenden Zahlen, die ohne Korrekturen aus den Rohwerten errechnet wurden, nur als<br />

grobe Annäherungen verstanden werden. Der höchste Aufhöreranteil ergibt sich aus der vorliegenden<br />

Untersuchung bei LSD und Schnüffelstoffen (95%), gefolgt von biogenen Drogen, Amphetaminen,<br />

Ecstasy und Kokain (85% bis 88%), gefolgt von Cannabis (81%) und Heroin (63%). Um<br />

auch den Vergleich mit legalen Substanzen <strong>zu</strong> ermöglichen, wurden analoge Berechnungen für<br />

Nikotin (51%) und Alkohol (13%) durchgeführt.<br />

121


Abb. 123. Anteil der Substanzerfahrenen, die diese im letzten Monat nicht konsumiert haben<br />

(Aufhöreranteil)<br />

Fragen: F49, F55, F61, F67, F73, F79, F85, F93, F101: „Haben Sie in den letzten 12 Monaten ... konsumiert oder nicht?“ Antwortkategorien:<br />

„ja“, „nein“, „keine Angabe / Angabe verweigert“„<br />

F50, F56, F62, F68, F74, F80, F86, F95, F102: „Haben Sie in den letzten 30 Tagen ... konsumiert oder nicht?“ Antwortkategorien:<br />

„ja“, „nein“, „keine Angabe / Angabe verweigert“<br />

Das Faktum, dass viele Personen ihren Substanzkonsum spontan beenden, und ganz besonders<br />

der Umstand, dass selbst viele Süchtige ihren Substanzkonsum ohne fremde Hilfe spontan beenden<br />

können, ist nicht nur aus epidemiologischer Sicht interessant. Der Mythos, dass der experimentelle<br />

bzw. gelegentliche Konsum illegaler Drogen fast unweigerlich <strong>zu</strong> regelmäßigem Konsum<br />

und Abhängigkeit führt, und dass man sich aus einer Abhängigkeit ohne fremde Hilfe grundsätzlich<br />

nicht alleine befreien kann, ist nicht nur weit verbreitet, sondern hat – wie Quensel (2004) oder<br />

Klingemann (2005) betonen – auch große Bedeutung für die Erfolgsaussichten einer Suchttherapie.<br />

So schaffen Süchtige, die der Auffassung sind, ihre Sucht selbst überwinden <strong>zu</strong> können bzw.<br />

<strong>zu</strong>mindest einen wesentlichen Beitrag da<strong>zu</strong> leisten <strong>zu</strong> können, eher erfolgreich einen Ausstieg als<br />

solche, die sich dem Schicksal völlig ausgeliefert erleben und sich passiv verhalten.<br />

7.3 Cannabiskonsum und Konsumausstieg<br />

Die relativ hohe Prävalenz des Cannabiskonsums erlaubt es, detailliertere Analysen durch<strong>zu</strong>führen,<br />

die bei anderen illegalen Drogen auf dieser Datenbasis nicht sinnvoll möglich wären. So haben wir<br />

die Anzahl aller Cannabiserfahrenen und den relativen Anteil der Cannabiserfahren, die im letzten<br />

Monat kein Cannabis konsumiert haben, im Altersverlauf dargestellt (Abb. 124). Dabei zeigt sich,<br />

dass sowohl bei Frauen als auch bei Männern die meisten Cannabiserfahrenen in der Altersgruppe<br />

der 25-Jährigen <strong>zu</strong> finden sind, dass die Zahl jener, die im letzten Monat kein Cannabis konsumiert<br />

haben, selbst in der jüngsten Altersgruppe knapp unter 50% liegt und mit <strong>zu</strong>nehmendem Alter<br />

kontinuierlich ansteigt.<br />

122


Abb. 124: Cannabiskonsum und Ausstieg<br />

Fragen: F47: „Haben Sie selbst jemals Haschisch oder Marihuana konsumiert oder nicht?“ Antwortkategorien: „ja“, „nein“,<br />

„keine Angabe / Angabe verweigert“<br />

F50: „Haben Sie in den letzten 30 Tagen Haschisch oder Marihuana konsumiert oder nicht?“ Antwortkategorien: „ja“, „nein“,<br />

„keine Angabe / Angabe verweigert“<br />

7.4 Verschiebung des Cannabiseinstiegsalters –<br />

Akzeleration und Normalisierung<br />

Abb. 125: Cannabiseinstieg – Männer<br />

Frage: F48: „In welchem Alter haben Sie Haschisch oder Marihuana <strong>zu</strong>m ersten Mal konsumiert?“ Antwortkategorie: „Mit ...<br />

Jahren“<br />

In den Abb. 125 und Abb. 126 erkennt man, dass sowohl bei Männern als auch bei Frauen die<br />

ersten Erfahrungen mit Cannabis immer früher gemacht werden, und dass die Zahl der Cannabiserfahrenen<br />

von Alterskohorte <strong>zu</strong> Alterkohorte erheblich <strong>zu</strong>nimmt. Ersteres ist ein Indiz für eine<br />

Akzeleration (vgl. Kap. 4.3) und letzteres ist ein Indiz dafür, dass Cannabiskonsum von Jahrgang<br />

<strong>zu</strong> Jahrgang immer üblicher und selbstverständlicher wurde – ein Phänomen, das immer wieder<br />

mit der „Normalisierung des Cannabiskonsums“ (Fahrenkrug, 2000) umschrieben wird.<br />

123


Abb. 126: Cannabiseinstieg – Frauen<br />

Frage: F48: „In welchem Alter haben Sie Haschisch oder Marihuana <strong>zu</strong>m ersten Mal konsumiert?“ Antwortkategorie: „Mit ...<br />

Jahren“<br />

7.5 Cannabiskonsum und Lebenssituation bei Jugendlichen<br />

Als Cannabis Ende der 60er Jahre eine <strong>zu</strong>nehmende Rolle in den Industriestaaten des Westens <strong>zu</strong><br />

spielen begann, erfolgte dessen Verbreitung <strong>zu</strong>nächst primär in Subkulturen, die der traditionellen<br />

Gesellschaft kritisch gegenüberstanden und alternative Zugänge <strong>zu</strong>m Leben suchten. Cannabis<br />

hatte das Flair einer Protest- und Intellektuellendroge. Seit damals hat sich der Cannabiskonsum<br />

kontinuierlich in alle Schichten der Gesellschaft ausgebreitet, und die Zahl der KonsumentInnen<br />

hat insgesamt <strong>zu</strong>genommen. Es liegt nahe an<strong>zu</strong>nehmen, dass im Zuge dieser Entwicklung die<br />

Verbindung des Cannabisgebrauchs mit alternativen und kritischen Inhalten sowie <strong>zu</strong>r höheren<br />

Bildung und einem alternativen „Life-Style“ abgenommen hat. Um dieser Frage nach<strong>zu</strong>gehen, wird<br />

im folgenden die Lebenssituation der CannabiskonsumentInnen mit jener der Cannabisunerfahrenen<br />

verglichen. Da Cannabis immer mehr <strong>zu</strong>r illegalen Alltagsdroge (Freitag & Hurrelmann, 1999)<br />

wird, kann man vermuten, dass Cannabis bei den heutigen Jugendlichen einen anderen Stellenwert<br />

hat als bei deren Vorgeneration. Wir haben daher beschlossen, die Rahmenbedingungen des<br />

Cannabiskonsums für Jugendliche (Kap, 7.5) und Erwachsene (Kap. 7.6) gesondert dar<strong>zu</strong>stellen.<br />

Beim Alkoholkonsum zeigt sich immer wieder ein u-förmiger Zusammenhang zwischen Konsumausmaß<br />

und Problemen (vgl. Kap. 4.9). Shedler & Block (1990) haben in den USA ähnliches auch<br />

für den Drogenkonsum Adoleszenter festgestellt. Es war daher naheliegend <strong>zu</strong> untersuchen, ob<br />

sich ein analoger u-förmiger Zusammenhang in Be<strong>zu</strong>g auf Cannabis auch in Österreich finden<br />

lässt. Zur Prüfung dieser Hypothese wurden jene Variablen, die über die Befindlichkeit und soziale<br />

Integration der Jugendlichen Auskunft geben, mit dem Cannabiskonsum der Befragten in Zusammenhang<br />

gebracht. Dabei wurde der Cannabiskonsum in vier Kategorien unterteilt:<br />

• „aktuelle Cannabiskonsumenten“ („Konsum im letzten Monat“),<br />

• „relativ aktuelle Cannabiskonsumenten“ (Konsum im letzten Jahr aber nicht im letzten Monat“),<br />

• „ehemalige Cannabiskonsumenenten“ („Konsum im Laufe des Lebens aber nicht im letzten<br />

Jahr“) und<br />

• „Cannabisunerfahrene“ („noch nie Cannabis konsumiert“)<br />

124


Eine inhaltlich durchaus wünschenswerte Differenzierung nach der Konsumfrequenz im letzten<br />

Monat innerhalb der „aktuellen KonsumentInnen“ war wegen des dafür <strong>zu</strong> geringen Stichprobenumfangs<br />

nicht zweckmäßig: Der Stichprobenumfang der Altersgruppe 14 bis19 Jahre umfasste<br />

insgesamt bloß 430 Personen, und davon hatten nur 27 Personen (6,2%) Cannabiskonsum im<br />

Vormonat angegeben.<br />

Um Schein<strong>zu</strong>sammenhänge über die Drittvariablen Alter und Geschlecht ausschließen <strong>zu</strong> können,<br />

wurden mittels logistischer Regressionen – analog <strong>zu</strong> Kap. 4.9 – alters- und geschlechtskorrigierte<br />

68 Odds-Ratios berechnet. Dabei wurde die abhängige Variable jeweils dichotomisiert (die Antworten<br />

„richtig“ plus „eher richtig“ vs. „falsch“ plus „eher falsch“ <strong>zu</strong>sammengefasst). Die Odds-Ratios<br />

69 beschreiben die relative Chance einer Person in einer Gruppe relativ <strong>zu</strong>r Chance in der gesamten<br />

Stichprobe ein bestimmtes Merkmal <strong>zu</strong> zeigen (vgl. Kap. 4.9).<br />

Den besten subjektiven Gesundheits<strong>zu</strong>stand unter den 14- bis 19-Jährigen gaben die „relativ aktuellen<br />

CannabiskonsumentInnen“ und „ehemaligen CannabiskonsumentInnen“ an, den schlechtesten<br />

die „aktuellen CannabiskonsumentInnen“ und die „Cannabisunerfahrenen“. So ist z.B. die<br />

Chance, dass eine „relativ aktuelle Cannabiskonsumentin“ ihren Gesundheits<strong>zu</strong>stand als positiv<br />

beschreibt, um das 1,43-fache 70 höher als die Chance, dass sich eine „aktuelle Cannabiskonsumentin“<br />

als subjektiv gesund beschreibt.<br />

Abb. 127: Guter subjektiver Gesundheits<strong>zu</strong>stand (14- bis 19-Jährige)<br />

Frage F1.1: Mein Gesundheits<strong>zu</strong>stand ist ausgezeichnet (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

In die gleiche Richtung geht auch das Gefühl der Überforderung. „Aktuelle CannabiskonsumentInnen“<br />

beschreiben sich am ehesten als überfordert, „relativ aktuelle CannabiskonsumentInnen“<br />

und „ehemalige CannabiskonsumentInnen“ am wenigsten und „Cannabisunerfahrene“<br />

liegen dazwischen (Abb. 128). Die Chance, dass sich „aktuelle CannabiskonsumentInnen“ überfordert<br />

fühlen, ist fast doppelt 71 so groß, wie bei „ehemaligen CannabiskonsumentInnen“.<br />

68) D.h. Zusammenhänge, die über die Drittvariablen Alter und Geschlecht artifiziell entstehen, wurden rechnerisch kompensiert.<br />

69) Die Chance (engl. Odds) steht in einem nichtlinearen Zusammenhang <strong>zu</strong>r Wahrscheinlichkeit, wobei beide Größen einfach<br />

ineinander um<strong>zu</strong>rechnen sind. Wenn z.B. die Chance (engl. Odds) beim Würfeln einen „Sechser“ <strong>zu</strong> erzielen 1:5 =<br />

1 / 5 = 0.20 beträgt, so ist die entsprechende Wahrscheinlichkeit 1 / 6 = 0.17 = 17%.<br />

Der Odds-Ratio ist Verhältnis (Ratio) von zwei Chancen (Odds).<br />

70) 1,19 : 0,83 = 1,43<br />

71) 1,51 : 0,78 = 1,94 ≈ 2<br />

125


Abb. 128: Gefühl der Überforderung (14- bis 19-Jährige)<br />

Frage F1.5: Ich habe oft das Gefühl, dass mir alles <strong>zu</strong> viel wird (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Ein ähnliches Bild ergibt sich auch bezüglich der Lebensun<strong>zu</strong>friedenheit, wobei sich hier die „relativ<br />

aktuellen CannabiskonsumentInnen“ als am wenigsten un<strong>zu</strong>frieden darstellten (Abb. 129).<br />

Abb. 129: Un<strong>zu</strong>friedenheit mit dem Leben (14-19-Jährige)<br />

Frage F1.7: Mein Leben verläuft ganz anders als ich es mir erwartet habe - ich bin damit nicht wirklich <strong>zu</strong>frieden (Antwort:<br />

„richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Abb. 130: Beliebtheit bei Bekannten und Kollegen (14- bis 19-Jährige)<br />

Frage F1.8: Ich bin bei meinen Bekannten und Kollegen beliebt (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Die „aktuellen CannabiskonsumentInnen“ und die „Cannabisunerfahrenen“ fühlen sich unter KollegInnen<br />

und FreundInnen am wenigsten beliebt (Abb. 130) und haben auch am wenigsten gerne<br />

andere Menschen um sich (Abb. 131).<br />

126


Abb. 131: Gerne andere Menschen um sich (14- bis 19-Jährige)<br />

Frage F1.9: Ich habe gerne andere Menschen um mich (Antwort: „richtig“ plus „eher richtig“).<br />

Achtung: logarithmische Skala - gleiche Strecken sind zwar bedeutungsmäßig gleichwertig aber nicht numerisch identisch.<br />

Bei jenen Variablen, bei denen sich kein u-förmiger sondern ein monotoner Zusammenhang ergeben<br />

hat, haben wir aus Gründen der Übersichtlichkeit bloß den Extremgruppenvergleich „aktuelle<br />

CannabiskonsumentInnen“ vs. „Cannabisunerfahrene“ ausgewählt und die Ergebnisse in Abb. 132<br />

und Abb. 133 platzsparend dargestellt. Aus Gründen der Anschaulichkeit werden hier Odds-Ratio<br />

unter 1 als Reziprokwerte angegeben und dargestellt. Inhaltlich bedeutet das bloß, dass der Vergleich<br />

in die umgekehrte Richtung erfolgt. Konkret bedeutet eine weiße Säule, dass die jeweilige<br />

Chance, in der Kategorie <strong>zu</strong> liegen, für Cannabisunerfahrene größer ist, und eine schwarze Säule,<br />

dass die jeweilige Chance für aktuelle CannabiskonsumentInnen größer ist.<br />

Wie man Abb. 132 entnehmen kann, ist die Chance, dass Jugendliche, die in Wien und Umgebung<br />

leben, aktuell Cannabis konsumieren, um das 2,6-fache höher als im restlichen Österreich – oder<br />

anders formuliert: Die Chance, dass ein „aktueller Cannabiskonsument“ in Wien und Umgebung<br />

lebt ist um das 2,6-fache erhöht 72 . Umgekehrt ist die Chance, dass ein am Bauernhof lebender<br />

Jugendlicher „cannabisunerfahren“ ist, um das 10,6-fache erhöht, und bei anderen Jugendlichen<br />

im ländlichen Raum um das 1,7-fache.<br />

Der Umstand, dass jugendliche Internetsurfer eher aktuell Cannabis konsumieren (Odds-Ratio =<br />

3,0), kann als Hinweis dafür interpretiert werden, dass Jugendliche aus besseren finanziellen Verhältnissen<br />

und jene, die eine höhere Bildung anstreben, dem Cannabiskonsum besonders positiv<br />

gegenüberstehen. Da bei der vorliegenden Erhebung bloß nach dem Bildungsabschluss gefragt<br />

wurde, was für Erwachsene zweckmäßig ist, aber nicht nach dem aktuellen Schulbesuch, was für<br />

Jugendliche adäquat wäre, kann man über die Art des Schulbesuchs bei den befragten Jugendlichen<br />

keine präzise Auskunft gegeben.<br />

„Aktuelle CannabiskonsumentInnen“ haben eher einen großen Freundeskreis (Odds-Ratio = 1,8)<br />

aber der Kontakt <strong>zu</strong> den eigenen Familienangehörigen ist bei den „Cannabisunerfahrenen“ erheblich<br />

besser (Odds-Ratio = 1,9). „Cannabisunerfahrene“ haben auch eher einen fixen Partner als<br />

„aktuelle CannabiskonsumentInnen“ (Odds-Ratio = 2,3).<br />

72) Ein großer Vorteil des Odds-Ratio ist, dass man die Chancenquotienten korrekterweise in beide Richtungen interpretieren.<br />

127


Abb. 132: Cannabis und Lebenssituation (14-19-Jährige)<br />

„Aktuelle CannabiskonsumentInnen“ sind eher ohne religiöses Bekenntnis (Odds-Ratio = 3,1) oder<br />

evangelisch (Odds-Ratio = 1,5). „Cannabisunerfahrene“ dagegen sind eher katholisch (Odds-Ratio<br />

= 2,6) oder gehören nicht christlichen Religionen an (Odds-Ratio = 2,4) (Abb. 133).<br />

Abb. 133: Cannabis und religiöses Bekenntnis (14-19-Jährige)<br />

Grob vereinfachend kann man festhalten, dass die jugendlichen CannabiskonsumentInnen noch<br />

immer deutlich dem Stereotyp des Großstadtbewohners mit Bildungshintergrund entsprechen, der<br />

weniger leicht fixe Bindungen eingeht und sich eher am eigenen Freundeskreis als an der Familie<br />

orientiert. Der u-förmige Zusammenhang zwischen Konsumausmaß und Problemen, der beim<br />

Alkoholkonsum sehr deutlich ausgeprägt ist, zeichnet sich bei Jugendlichen auch in Be<strong>zu</strong>g auf Cannabis<br />

ansatzweise ab. „Relativ aktuelle CannabiskonsumentInnen“ und „ehemalige CannabiskonsumentInnen“<br />

fühlen sich gesünder, weniger überfordert und <strong>zu</strong>friedener mit dem eigenen Leben.<br />

Sie haben lieber andere Menschen um sich und erleben sich als beliebter bei Freunden und Bekannten<br />

als „aktuelle CannabiskonsumentInnen“ auf der einen Seite und „Cannabisunerfahrene“<br />

auf der anderen Seite.<br />

Da ein solcher u-förmiger Zusammenhang natürlich nur in Subkulturen auftreten kann, in denen<br />

Cannabiskonsum für die Jugendlichen eine reale Option darstellt, wäre es sinnvoll, sich bei der<br />

Analyse des u-förmigen Zusammenhangs ausschließlich auf Jugendliche aus einem Milieu <strong>zu</strong> beziehen,<br />

in dem manche Gleichaltrige Cannabis konsumieren und manche nicht. Leider erlaubt weder<br />

der Stichprobenumfang noch die Art der gestellten Fragen eine solche Detailanalyse. Bei Alkohol<br />

und Nikotin ist in Österreich eine solche Einschränkung nicht nötig, da es kaum Jugendliche<br />

gibt, die in ihrem Umfeld nicht mit der Option Alkohol <strong>zu</strong> trinken oder Tabak <strong>zu</strong> rauchen konfrontiert<br />

werden.<br />

7.6 Cannabiskonsum und Lebenssituation bei Erwachsenen<br />

Die Auswertung der Erwachsenen Cannabis betreffend wurde auf die 20-Jährigen bis Unter-50-<br />

Jährigen begrenzt. Diese Beschränkung nach oben war nötig, da es unter den Ab-50-Jährigen <strong>zu</strong><br />

wenig „aktuellen Cannabiskonsum“ für eine sinnvolle statistische Analyse gab. Bei den Erwachsenen<br />

ergaben sich, anders als bei den Jugendlichen, keine konsistenten Hinweise auf einen u-<br />

128


förmigen Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und den untersuchten Lebenssituationen 73 .<br />

Aus diesem Grund wurde in diesem Kapitel generell die übersichtlichere Form des Extremgruppenvergleichs<br />

zwischen „aktuellen CannabiskonsumentInnen“ und „Cannabisunerfahrenen“ gewählt.<br />

Die Maßzahl <strong>zu</strong>r Beschreibung des Zusammenhangs ist auch hier der alters- und geschlechtsadjustierte<br />

Odds-Ratio. Odds-Ratios unter 1 werden wieder als Reziprokwerte angegeben und dargestellt<br />

(Kap. 7.5).<br />

Cannabiskonsum ist auch unter Erwachsenen nach wie vor in weit höherem Maß im großstädtischen<br />

Raum und in gebildeteren Kreisen verbreitet (Abb. 134). Die Chance, dass ein Letztmonatskonsument<br />

in Wien und Umgebung wohnt, ist 2,7-mal so hoch (Odds-Ratio) wie die Chance,<br />

dass er in einer anderen Region lebt; und die Chance, dass eine „aktuelle Cannabiskonsumentin“<br />

über einen Maturaabschluss verfügt, ist 1,6-mal so hoch (Odds-Ratio) wie bei „Cannabisunerfahrenen“.<br />

Auch der private Internetgebrauch, der mit Bildung und städtischem Milieu <strong>zu</strong>sammenhängt,<br />

kommt unter aktuellen CannabiskonsumentInnen deutlich öfter vor (Odds-Ratio = 1,4). Umgekehrt<br />

ist die Chance, dass Cannabisunerfahrene auf einem Bauernhof leben 8,9-fach höher, dass<br />

sie regelmäßig Auto fahren 2,7-fach höher und dass sie in einer ländlichen Region leben 1,8-fach<br />

höher als bei „aktuellen CannabiskonsumentInnen“. Um es noch einmal explizit <strong>zu</strong> erwähnen: „Relativ<br />

aktuelle CannabiskonsumentInnen“ und „ehemalige CannabiskonsumentInnen“ liegen in diesen<br />

Variablen generell zwischen den beiden Extremgruppen.<br />

Abb. 134: Cannabiskonsum, Wohnregion und Bildung<br />

Fragen: F47: „Haben Sie selbst jemals Haschisch oder Marihuana konsumiert oder nicht?“ Antwortkategorien: „ja“, „nein“,<br />

„keine Angabe / Angabe verweigert“.<br />

F50: „Haben Sie in den letzten 30 Tagen Haschisch oder Marihuana konsumiert oder nicht?“ Antwortkategorien: „ja“, „nein“,<br />

„keine Angabe / Angabe verweigert“<br />

Erläuterungen: Verglichen werden mittels alters- und geschlechtsadjustierter Odds-Ratios aktuelle CannabiskonsumentInnen<br />

vs. Cannabisunerfahrenen. Weiße Säulen bedeuten, dass die Chance für Cannabisunerfahrene höher ist, in diese Kategorie <strong>zu</strong><br />

fallen, schwarze Säulen, dass die Chance für aktuelle CannabiskonsumentInnen höher ist.<br />

„Aktuelle CannabiskonsumentInnen“ sind eher ledig (Odds-Ratio = 3,3), single (Odds-Ratio = 1,5)<br />

und eher kinderlos (Odds-Ratio = 4,3) als Cannabisunerfahrene. Cannabisunerfahrene sind daher<br />

eher verheiratet (Odds-Ratio = 5,4), haben eher Kinder (Odds-Ratio = 4,3) und leben auch eher in<br />

einer fixen Partnerschaft (Odds-Ratio = 2,1) (Abb. 135). Während „aktuelle CannabiskonsumentInnen“<br />

eher einen großen Freundes- und Bekanntenkreis haben (Odds-Ratio = 1,9) und sich beliebter<br />

bei Bekannten und Kollegen erleben (Odds-Ratio = 1,6) verstehen sich Cannabisunerfahrene<br />

besser mit den engen Familienangehörigen (Odds-Ratio = 1,7).<br />

73) Das ist nicht unerwartet, da Cannabiskonsum früher eine deutlich geringere Verbreitung hatte, und da der u-förmige<br />

Zusammenhang – wie unter Kap. 7.5 ausgeführt – ja nur bei Personen auftreten kann, für die Cannabiskonsum eine<br />

reale Option darstellt.<br />

129


Abb. 135: Cannabiskonsum und Beziehungsstruktur<br />

Fragen: F47: „Haben Sie selbst jemals Haschisch oder Marihuana konsumiert oder nicht?“ Antwortkategorien: „ja“, „nein“,<br />

„keine Angabe / Angabe verweigert“.<br />

F50: „Haben Sie in den letzten 30 Tagen Haschisch oder Marihuana konsumiert oder nicht?“ Antwortkategorien: „ja“, „nein“,<br />

„keine Angabe / Angabe verweigert“<br />

Erläuterungen: Verglichen werden mittels alters- und geschlechtsadjustierter Odds-Ratios aktuelle CannabiskonsumentInnen<br />

vs. Cannabisunerfahrenen. Weiße Säulen bedeuten, dass die Chance für Cannabisunerfahrene höher ist in diese Kategorie <strong>zu</strong><br />

fallen, schwarze Säulen, dass die Chance für aktuelle CannabiskonsumentInnen höher ist.<br />

In Abb. 136 wird aktueller Cannabiskonsum mit dem religiösen Bekenntnis in Zusammenhang<br />

gebracht. Dabei zeigt sich, dass aktuelle CannabiskonsumentInnen eher evangelisch (Odds-Ratio<br />

= 1,9) oder ohne religiöses Bekenntnis (Odds-Ratio = 3,8) sind, während Cannabisunerfahrene<br />

eher unter Katholiken (Odds-Ratio = 3,2) und Mitgliedern anderer Konfession (Odds-Ratio = 4,0)<br />

<strong>zu</strong> finden sind.<br />

Abb. 136: Cannabiskonsum und religiöses Bekenntnis<br />

Fragen: F47: „Haben Sie selbst jemals Haschisch oder Marihuana konsumiert oder nicht?“ Antwortkategorien: „ja“, „nein“,<br />

„keine Angabe / Angabe verweigert“.<br />

F50: „Haben Sie in den letzten 30 Tagen Haschisch oder Marihuana konsumiert oder nicht?“ Antwortkategorien: „ja“, „nein“,<br />

„keine Angabe / Angabe verweigert“<br />

Erläuterungen: Verglichen werden mittels alters- und geschlechtsadjustierter Odds-Ratios aktuelle CannabiskonsumentInnen<br />

vs. Cannabisunerfahrenen. Weiße Säulen bedeuten, dass die Chance für Cannabisunerfahrene höher ist in diese Kategorie <strong>zu</strong><br />

fallen, schwarze Säulen, dass die Chance für aktuelle CannabiskonsumentInnen höher ist.<br />

Abb. 137 kann man entnehmen, dass aktuelle CannabiskonsumentInnen psychisch und sozial<br />

weniger stabil wirken: Die Chance, dass sie ihren eigenen Lebensverlauf negativ beurteilen, ist 1,3mal<br />

so hoch wie bei Cannabisunerfahrenen, das Gefühl, einen schweren Schicksalsschlag hinter<br />

sich <strong>zu</strong> haben, 1,5-mal so häufig, das Gefühl, dass alles <strong>zu</strong> viel wird 1,8 mal so häufig und die<br />

Chance, bereits einmal arbeitslos gewesen <strong>zu</strong> sein, 1,9-mal so häufig. Umgekehrt ist die Chance,<br />

dass Cannabisunerfahrene ihren Gesundheits<strong>zu</strong>stand als gut bezeichnen, 2,4-mal so hoch und<br />

dass sie Ausdauersport betreiben, 1,5-mal so hoch wie bei aktuellen CannabiskonsumentInnen.<br />

130


Abb. 137: Cannabiskonsum, Wohlbefinden und Gesundheit<br />

Fragen: F47: „Haben Sie selbst jemals Haschisch oder Marihuana konsumiert oder nicht?“ Antwortkategorien: „ja“, „nein“,<br />

„keine Angabe / Angabe verweigert“.<br />

F50: „Haben Sie in den letzten 30 Tagen Haschisch oder Marihuana konsumiert oder nicht?“ Antwortkategorien: „ja“, „nein“,<br />

„keine Angabe / Angabe verweigert“<br />

Erläuterungen: Verglichen werden mittels alters- und geschlechtsadjustierter Odds-Ratios aktuelle CannabiskonsumentInnen<br />

vs. Cannabisunerfahrenen. Weiße Säulen bedeuten, dass die Chance für Cannabisunerfahrene höher ist in diese Kategorie <strong>zu</strong><br />

fallen, schwarze Säulen, dass die Chance für aktuelle CannabiskonsumentInnen höher ist.<br />

Grob vereinfachend kann man die/den aktuelle/n CannabiskonsumentIn im Alter zwischen 20 und<br />

49 Jahren als eher gebildete/n, wenig an Sport interessierte/n, eher labile/n GroßstädterIn bezeichnen,<br />

deren/dessen Lebensstil vom unverheirateten, kinderlosen Singledasein geprägt ist. Der<br />

klassische Stereotyp des Cannabiskonsumenten trifft somit trotz fortschreitender Normalisierung<br />

des Cannabiskonsums in Österreich auch heute noch die Realität.<br />

131


8 Wissen über verschiedene Substanzen und<br />

Einstellungen <strong>zu</strong> Maßnahmen<br />

Im Frageblock F104 (F104.01 bis F104.14) sollten die Interviewten ihre Einstellung <strong>zu</strong> bestimmten<br />

Maßnahmen und substanzbezogenen Problemen auf der 5-teiligen Skala „stimme vollkommen <strong>zu</strong>“<br />

– „stimme eher <strong>zu</strong>“ – „unentschieden“ – „stimme eher nicht <strong>zu</strong>“ – „stimme überhaupt nicht <strong>zu</strong>“<br />

angeben. In Abb. 138 wurden aus Gründen der Übersichtlichkeit die Kategorien „stimme vollkommen<br />

<strong>zu</strong>“ und „stimme eher <strong>zu</strong>“ <strong>zu</strong>r Kategorie „stimme <strong>zu</strong>“, sowie die Kategorien „stimme eher<br />

nicht <strong>zu</strong>“ und „stimme überhaupt nicht <strong>zu</strong>“ <strong>zu</strong>r Kategorie „stimme nicht <strong>zu</strong>“ <strong>zu</strong>sammengefasst.<br />

Interessant ist, dass bei den fünf abgefragten Substanzen (Alkohol, Tabak, Medikamente, Haschisch<br />

und Heroin) von der überwiegenden Mehrzahl der Personen (66% bei Tabak bis 93% bei<br />

Heroin) mehr Maßnahmen gefordert wurden und dass sich nur ein relativ kleiner Anteil gegen<br />

vermehrte Maßnahmen aussprach (2% bei Heroin bis 15% bei Tabak). Welche spezifischen Maßnahmen<br />

den Befragten hier vorschwebten bzw. ob überhaupt konkrete diesbezügliche Vorstellungen<br />

vorlagen, kann man allerdings nur mutmaßen (Abb. 138).<br />

Für eine Legalisierung des Cannabiskonsums sprachen sich 24% der Befragten aus und 63% dagegen.<br />

Gegen eine Legalisierung des Heroinkonsums waren 90% und dafür nur 2% (Abb. 138).<br />

Abb. 138: Einstellung allgemein<br />

Fragen: F104.1 bis F104.14: „Es sollte mehr getan werden um den Konsum von ...<strong>zu</strong> reduzieren. Wie sehr stimmen Sie<br />

persönlich diesen Aussagen <strong>zu</strong>?“ Antwortkategorien: „stimme vollkommen <strong>zu</strong>“, „stimme eher <strong>zu</strong>“, „unentschieden“, „stimme<br />

eher nicht <strong>zu</strong>“, „stimme überhaupt nicht <strong>zu</strong>“.<br />

Erläuterungen: Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden die erste und zweite sowie die vierte und fünfte Antwortkategorie<br />

<strong>zu</strong>sammengefasst.<br />

Die Mehrheit (41% vs. 26%) schätzt das Ausmaß der alkoholverursachten Probleme größer ein als<br />

das Ausmaß der durch illegale Drogen verursachten Probleme. Ebenso schätzt die Mehrheit (36%<br />

vs. 30%) das Suchtpotential von Haschisch höher ein als das von Alkohol. Heroin wird von der<br />

großen Mehrheit gefährlicher beurteilt als Alkohol, was sich in zwei Fragen niederschlägt. 74% vs.<br />

9% beurteilten das Suchtpotential von Heroin größer als jenes von Alkohol und 84% vs. 5% vertraten,<br />

dass die Gefahr an einer Überdosis <strong>zu</strong> sterben bei Heroin größer sei als bei Alkohol (Abb.<br />

138).<br />

132


Die eben besprochenen Aussagen <strong>zu</strong>m Problem- und Suchtpotential der Substanzen (F104.6,<br />

F104.9, F104.10 und F104.11) sind eigentlich Urteile über Fragstellungen, <strong>zu</strong> deren Beantwortung<br />

wissenschaftliche Erkenntnisse heran<strong>zu</strong>ziehen wären. Vermutlich würden derzeit die meisten ExpertInnen<br />

spontan der Aussage <strong>zu</strong>stimmen, dass Alkohol insgesamt mehr Probleme verursacht als<br />

illegale Drogen. Auch den Aussagen, dass Heroin bezüglich Suchtgefahr und Überdosierungsrisiko<br />

deutlich gefährlicher ein<strong>zu</strong>stufen ist als Alkohol würde wahrscheinlich die Mehrzahl der ExpertInnen<br />

<strong>zu</strong>stimmen. Nur wenn es um das Suchtpotential von Cannabis relativ <strong>zu</strong> Alkohol geht, würde die<br />

Expertinnenmehrheit derzeit wohl eher dem Alkohol ein höheres Suchtpotential <strong>zu</strong>weisen. Wenn<br />

man sich als Experte eingehend auf eine detaillierte und systematische wissenschaftliche Analyse<br />

der Aussagen einlässt, müsste man aber rasch <strong>zu</strong>m Ergebnis gelangen, dass man den Wahrheitsgehalt<br />

der vier Aussagen in dieser Form grundsätzlich nicht beurteilen kann. Es ist eine zentrale<br />

Erkenntnis der Suchtforschung, dass die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von ernsten Problemen<br />

für KonsumentInnen bzw. deren Umwelt, die Wahrscheinlichkeit für eine tödliche Überdosierung<br />

sowie die Wahrscheinlichkeit für eine Suchtentwicklung nicht primär von der Substanz abhängt,<br />

sondern in hohem Maße von den sozialen, kulturellen und gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />

des Konsums sowie von der Persönlichkeitsstruktur der Konsumenten.<br />

Erheblich anders verhält es sich mit den Fragen F104.12 bis F104.14, wo man ganz eindeutig<br />

nachweisen kann, was <strong>zu</strong>trifft. In Österreich sterben pro Jahr rund 100 Personen an einen akuten<br />

Alkoholüberdosierung, wohingegen weltweit kein einziger Fall einer Cannabisüberdosierung mit<br />

tödlichem Ausgang bekannt ist (Uhl, 2003). Die 40% der Befragten, die Gefahr an einer Haschischüberdosierung<br />

<strong>zu</strong> sterben höher einschätzten als die entsprechende Gefahr in Zusammenhang<br />

mit Alkohol, und jene 40%, die meinen, dass immer wieder Haschischkonsumentinnen unabsichtlich<br />

an einer Überdosis sterben (Abb. 138), irren damit eindeutig. Nur 35% bzw. 34% der<br />

Befragten gaben hier eine korrekte Antwort. Angesichts des Umstandes, dass in der westlichen<br />

Welt seit vielen Jahren rund ein Viertel bis die Hälfte der Bevölkerung Erfahrungen mit Cannabis<br />

macht, aber bloß geschätzte ein bis zwei Prozent je Heroin probieren, ist auch die Aussage: „Wer<br />

schon Haschisch geraucht hat, steigt dann fast immer auf härtere Drogen um“ eindeutig falsch.<br />

47% vertreten hier die falsche Aussage und nur 28% antworten richtig (Abb. 138). Aus diesen drei<br />

Fragen lässt sich, nachdem es hier eindeutig um Wissen geht, ein Cannabis-Wissensindex bilden.<br />

Dieser wurde von uns so gewichtet, dass maximales Wissen (alle drei Fragen faktisch richtig beantwortet)<br />

mit 100 Punkten und maximale Unwissenheit (alle drei Fragen falsch beantwortet) mit<br />

0 Punkten ausgedrückt wird. Wer sich bei allen drei Fragen unsicher war und dreimal angab, die<br />

korrekte Antwort nicht <strong>zu</strong> kennen, erzielte in diesem Index einen Score von 50 Punkten. In Abb.<br />

142 wird dieser Cannabis-Wissensindex (neben diversen Einstellungsfragen) in Abhängigkeit vom<br />

Alter dargestellt, durchschnittlich ergab sich für die Stichprobe ein Cannabis-Wissensindexwert von<br />

46 Punkten.<br />

In Abb. 139 wird in Abhängigkeit vom Alter dargestellt, in welchem Ausmaß die Befragten finden,<br />

dass mehr getan werden sollte, um den Konsum von fünf angeführten Substanzen <strong>zu</strong> reduzieren.<br />

Um die durchschnittliche Antworttendenz abbilden <strong>zu</strong> können, wurde auch hier ein Index gebildet,<br />

bei dem völlige Ablehnung mit 0 Punkten und völlige Zustimmung mit 100 Punkten skaliert wurde.<br />

Für die dazwischenliegenden Antwortausprägungen wurden die Werte mit 25, 50 und 75 Punkten<br />

eingesetzt.<br />

Wie man deutlich erkennen kann, nimmt die Bereitschaft der Bevölkerung, Maßnahmen <strong>zu</strong>r Verringerung<br />

des Substanzkonsums <strong>zu</strong> unterstützen, alle genannten Substanzen betreffend mit steigendem<br />

Alter <strong>zu</strong>. Maßnahmen <strong>zu</strong>r Reduktion des Heroinkonsums werden in allen Altersgruppen<br />

gleichermaßen auf hohem Niveau gefordert. Cannabis liegt diesbezüglich bei den 25-Jährigen auf<br />

gleicher Höhe mit Alkohol und Nikotin und nähert sich in den höheren Altersgruppen sukzessive<br />

dem Niveau von Heroin an (Abb. 139).<br />

133


Abb. 139: Unterstüt<strong>zu</strong>ng von Maßnahmen gegen den Konsum bestimmter Substanzen (Index)<br />

Fragen: F104.1 bis F104.5: „Es sollte mehr getan werden um den Konsum von ...<strong>zu</strong> reduzieren. Wie sehr stimmen Sie persönlich<br />

diesen Aussagen <strong>zu</strong>?“ Antwortkategorien: „stimme vollkommen <strong>zu</strong>“, „stimme eher <strong>zu</strong>“, „unentschieden“, „stimme eher<br />

nicht <strong>zu</strong>“, „stimme überhaupt nicht <strong>zu</strong>“.<br />

Erläuterungen: Die Linie repräsentiert den durchschnittlichen Index, der sich ergibt, wenn „völlige Ablehnung“ mit 0 Punkten<br />

völlige Zustimmung mit 100 Punkten und die dazwischen liegenden Antwortkategorien mit 25 Punkten, 50 Punkten und 75<br />

Punkten gewichtet werden; Gleitmittelwerte über 11 Jahre.<br />

Abb. 140: Cannabiserfahrene: Unterstüt<strong>zu</strong>ng von Maßnahmen gegen den Konsum bestimmter<br />

Substanzen (Index)<br />

Fragen: F104.1 bis F104.5: Beschreibung und Darstellung analog <strong>zu</strong> Abb. 139; Gleitmittelwerte über 11 Jahre.<br />

Unterteilt man die Stichprobe in Cannabiserfahrene und Cannabisunerfahrene (Abb. 140 und Abb.<br />

141), so zeigt sich – nicht ganz unerwartet –, dass die Cannabiserfahrenen am wenigsten Veranlassung<br />

sahen, mehr Maßnahmen gegen den Konsum von Cannabis <strong>zu</strong> fordern, während Cannabis<br />

diesbezüglich bei den Cannabisunerfahrenen nur noch von Heroin übertroffen wurde. Auffallend ist<br />

hingegen, dass Cannabiserfahrene gegen den Medikamentenkonsum weit öfter Maßnahmen forderten<br />

als gegen Alkohol und Nikotin, während Cannabisunerfahrene diesbezüglich kaum zwischen<br />

Medikamenten, Alkohol und Nikotin unterschieden.<br />

134


Abb. 141: Cannabisunerfahrene: Unterstüt<strong>zu</strong>ng von Maßnahmen gegen den Konsum bestimmter<br />

Substanzen (Index)<br />

Fragen: F104.1 bis F104.5: Beschreibung und Darstellung analog <strong>zu</strong> Abb. 139; Gleitmittelwerte über 11 Jahre.<br />

In Abb. 142 werden in einer Grafik die Einstellungs- und Beurteilungsfragen <strong>zu</strong> den Substanzen in<br />

Abhängigkeit vom Alter angeboten: die Einstellung <strong>zu</strong>r Legalisierung des Cannabiskonsums, <strong>zu</strong>r<br />

Legalisierung des Heroinkonsums, die Beurteilung der Gefährlichkeit Alkohol vs. illegale Drogen,<br />

des Suchtpotentials Haschisch vs. Alkohol und des Suchtpotentials Heroin vs. Alkohol und der in<br />

Zusammenhang mit Abb. 138 besprochene Cannabis-Wissensindex. Hier gibt es deutliche Alterseffekte:<br />

Die 25-Jährigen treten am stärksten für eine Legalisierung des Cannabiskonsums ein und<br />

wissen auch am meisten darüber. Bei Jugendlichen ist beides (noch) geringer ausgeprägt und in<br />

den höheren Altersgruppen sinkt sowohl die Zustimmung <strong>zu</strong>r Legalisierung des Cannabiskonsums<br />

als das Wissen über Cannabis kontinuierlich. Die Zustimmung <strong>zu</strong> den drei den Index „Cannabiswissen“<br />

konstituierenden Wissensfragen verlaufen diametral <strong>zu</strong>m Cannabis-Wissensindex, da die drei<br />

Statements falsch sind und deren Ablehnung („stimme nicht <strong>zu</strong>“ entspricht 0 Punkten) sich als<br />

Wissen (maximales Wissen ist 100 Punkte) <strong>zu</strong> Buche schlägt.<br />

Abb. 142: Einstellungen F104.6 bis F104.14 und Cannabis-Wissensindex<br />

Fragen: F104.6 bis F104.12 und Cannabiswissen. Wie sehr stimmen Sie persönlich diesen Aussagen <strong>zu</strong>?“ Antwortkategorien:<br />

„stimme vollkommen <strong>zu</strong>“, „stimme eher <strong>zu</strong>“, „unentschieden“, „stimme eher nicht <strong>zu</strong>“, „stimme überhaupt nicht <strong>zu</strong>“.<br />

Erläuterungen: Die Linie repräsentiert den durchschnittlichen Index, der sich ergibt, wenn „völlige Ablehnung“ mit 0 Punkten<br />

völlige Zustimmung mit 100 Punkten und die dazwischen liegenden Antwortkategorien mit 25 Punkten, 50 Punkten und 75<br />

Punkten gewichtet werden; beim „Cannabis-Wissensindex“ von 0 Punkte „alles falsch beurteilt“ bis 100 Punkte „alles richtig<br />

beurteilt“; Gleitmittelwerte über 11 Jahre<br />

135


Abb. 143: Cannabiserfahrene: Einstellungen F104.6 bis F104.12 und Cannabis-Wissensindex<br />

Fragen: F104.6 bis F104.12 und Cannabiswissen: Beschreibung und Darstellung analog <strong>zu</strong> Abb. 142; Gleitmittelwerte über 11<br />

Jahre.<br />

Unterteilt man die Stichprobe in Cannabiserfahrene und Cannabisunerfahrene (Abb. 143, Abb.<br />

144), so zeigt sich erwartungsgemäß, dass sowohl das Cannabis-Wissen als auch die Zustimmung<br />

<strong>zu</strong>r Legalisierung des Cannabiskonsum bei Cannabiserfahrenen erheblich höher ist als bei Cannabisunerfahrenen.<br />

Der Cannabis-Wissensindex ist bei den Cannabiserfahrenen in allen Altersgruppen<br />

– sieht man von den wenigen ab-72-jährigen Cannabiserfahrenen ab – auf konstant hohem<br />

Niveau (um 70 Punkte), während dieses Wissen bei den Cannabisunerfahrenen mit <strong>zu</strong>nehmendem<br />

Alter kontinuierlich abnimmt.<br />

Abb. 144: Cannabisunerfahrene: Einstellungen F104.6 bis F104.12 und Cannabis-Wissensindex<br />

Fragen: F104.6 bis F104.12 und Wissen: Beschreibung und Darstellung analog <strong>zu</strong> Abb. 142; Gleitmittelwerte über 11 Jahre.<br />

In Abb. 145 wird die Forderung, mehr gegen den Cannabiskonsum, den Alkoholkonsum und den<br />

Nikotinkonsum <strong>zu</strong> tun, mit der Eigenerfahrung mit den jeweiligen Substanzen in Zusammenhang<br />

gestellt. Das Ausmaß der Eigenerfahrung („Konsumstatus“) wird dabei in vier Kategorien geteilt:<br />

„aktueller Konsum“ (Konsum im letzten Monat – schwarze Säulen), „relativ aktueller Konsum“<br />

(Konsum im letzten Jahr aber nicht im letzten Monat – dunkelgraue Säulen), „ehemaliger Konsum“<br />

(Konsum vor mehr als einem Jahr – hellgraue Säulen) und „nie konsumiert“ (Unerfahrenheit mit<br />

dieser Substanz – weiße Säulen) unterschieden.<br />

136


Um den Konsum welcher Substanzen es bei der Erfahrung geht und welche Substanz beurteilt<br />

jeweils wird, kann man dem Text links neben den Säulen entnehmen. Um bei der Interpretation<br />

der nicht ganz leicht interpretierbaren Abb. 145 <strong>zu</strong> helfen, ein Beispiel: Die erste Säule von oben in<br />

Abb. 145 bedeutet, dass jene Personen, die hinsichtlich des Cannabiskonsums („Cannabiskons.<br />

bezügl. ...“) als unerfahren (weiße Säule = „nie konsumiert“) <strong>zu</strong> beurteilen sind, unterstützen<br />

durchschnittlich in recht hohem Ausmaß (75 Punkte auf der möglichen Skala von 0 bis 100 Punkte)<br />

Maßnahmen gegen den Alkoholkonsum („... bezügl. Alkohol“).<br />

Abb. 145: Unterstüt<strong>zu</strong>ng von Maßnahmen gegen den Konsum bestimmter Substanzen nach<br />

Konsumstatus (Index)<br />

Fragen: Einteilung des Konsumstatus: Cannabiskonsum: basierend auf F48, F49, F50, Alkoholkonsum: basierend auf F17,<br />

F18, F29, Tabakkonsum: basierend auf F10, F11, F14 und F15.<br />

Fragen: F104.1, F104.2, F104.4: „Es sollte mehr getan werden um den Konsum von ...<strong>zu</strong> reduzieren. Wie sehr stimmen Sie<br />

persönlich diesen Aussagen <strong>zu</strong>?“ Antwortkategorien: „stimme vollkommen <strong>zu</strong>“, „stimme eher <strong>zu</strong>“, „unentschieden“, „stimme<br />

eher nicht <strong>zu</strong>“, „stimme überhaupt nicht <strong>zu</strong>“.<br />

Erläuterung: Indexbildung: „0 Punkte“ bedeutet maximale Ablehnung von Maßnahmen – „100 Punkte“ bedeutet maximale<br />

Zustimmung <strong>zu</strong> Maßnahmen<br />

Generell kann man feststellen, dass sich jene, die mit Alkohol, Cannabis und Nikotin unerfahren<br />

sind (weiße Säulen), am ehesten für verstärkte Maßnahmen gegen den Konsum aller erwähnten<br />

Substanzen aussprechen, und dass sich die „aktuellen KonsumentInnen“ (schwarze Säulen) in<br />

geringerem Maße gegen den Konsum aller drei Substanzen aussprechen. Die Unterschiede zwischen<br />

den vier Gruppen nach dem „Konsumstatus“ sind allerdings wenn man nach der Cannabis-<br />

137


erfahrung unterteilt und da auch nur in Be<strong>zu</strong>g auf Cannabis sehr stark ausgeprägt. Während die<br />

„Cannabisunerfahrenen“ sich sehr deutlich für verstärkte Maßnahmen gegen den Cannabiskonsum<br />

aussprechen (85 Punkte), sind die „aktuellen CannabiskonsumentInnen“ deutlich gegen verstärkte<br />

Maßnahmen (nur 29 Punkte).<br />

Interessant ist, dass auch aktuelle KonsumentInnen in einem relativ hohen Maß mehr Maßnahmen<br />

gegen den Konsum von Substanzen fordern, die sie selbst konsumieren. So skalierten „aktuelle<br />

AlkoholkonsumentInnen“ bei der Forderung nach Maßnahmen gegen den Alkoholkonsum durchschnittlich<br />

bei 68 Punkten, „aktuelle NikotinkonsumentInnen“ bei der Forderung nach Maßnahmen<br />

gegen den Nikotinkonsum durchschnittlich bei 58 Punkten und „aktuelle CannabiskonsumentInnen“<br />

bei der Forderung nach Maßnahmen gegen den Cannabiskonsum immerhin noch bei 29<br />

Punkten. Diese Befunde sind nicht leicht <strong>zu</strong> interpretieren. Bedenken die Befragten nicht, dass sie<br />

durch etwaige Maßnahmen selbst betroffen sind und sehen nur „die anderen“ als Zielgruppe der<br />

Maßnahmen? Handelt es sich um eine Haltung im Sinne von: „Ich bin unvernünftig aber bereit <strong>zu</strong>r<br />

Vernunft gezwungen <strong>zu</strong> werden“? Manifestiert sich hier eine masochistische Tendenz? Oder haben<br />

die Befragten die Frage bloß falsch verstanden? Oder haben sie im Sinne des „Meinungslosigkeitsfehler“<br />

(Kap. 3.2.4) spontan eine beliebige Antwort ausgewählt? Ohne umfassende qualitative Zusatzerhebungen<br />

ist die Klärung der Frage, warum so viele Befragte eine Haltung vertreten, die<br />

ihren eigenen Interessen direkt <strong>zu</strong>wider läuft, nicht beantwortbar.<br />

Beim subjektiven Vergleich der Einschät<strong>zu</strong>ng des Suchtpotentials Cannabis vs. Alkohol ergibt sich<br />

durchschnittlich keine klare Position in die eine oder andere Richtung (52 Punkte). „Nikotinunerfahrene“,<br />

„Alkoholunerfahrene“ und „Cannabisunerfahrene“ beurteilen das Suchtpotential von Cannabis<br />

generell höher als die aktuellen KonsumentInnen dieser drei Substanzklassen. Am ausgeprägtesten<br />

ist dieser Zusammenhang beim Cannabiskonsum, wobei „aktuelle CannabiskonsumentInnen“<br />

das Suchtpotential von Cannabis eindeutig unter dem von Alkohol (21 Punkte) ansetzen<br />

(Abb. 146). In diesem Zusammenhang muss man bedenken, dass in Cannabis konsumierenden<br />

Kreisen das Suchtpotential von Alkohol meist mit viel Enthusiasmus und ohne die geringsten Zweifel<br />

erheblich höher eingeschätzt wird als jenes von Cannabis und dass diese Ansicht auch vom<br />

Großteil der SuchtexpertInnen geteilt wird.<br />

Abb. 146: Beurteilung der Suchtgefahr Haschisch höher als Alkohol nach Konsumstatus (Index)<br />

Fragen: Einteilung des Konsumstatus: Cannabiskonsum: basierend auf F48, F49, F50, Alkoholkonsum: basierend auf F17,<br />

F18, F29, Tabakkonsum: basierend auf F10, F11, F14 und F15.<br />

Fragen: F104.9: „Die Suchtgefahr ist bei Haschisch höher als bei Alkohol. Wie sehr stimmen Sie persönlich diesen Aussagen<br />

<strong>zu</strong>?“ Antwortkategorien: „stimme vollkommen <strong>zu</strong>“, „stimme eher <strong>zu</strong>“, „unentschieden“, „stimme eher nicht <strong>zu</strong>“, „stimme überhaupt<br />

nicht <strong>zu</strong>“.<br />

Erläuterung: Indexbildung: „0 Punkte“ bedeutet, dass alle das Suchtpotential von Alkohol höher einschätzen – „100 Punkte“,<br />

dass alle das Suchtpotential von Cannabis höher einschätzen<br />

Die Ergebnisse <strong>zu</strong>m Statement „Alkohol verursacht für die Gesellschaft mehr Probleme als illegale<br />

Drogen“ (Abb. 147) korrespondieren recht gut mit der Einschät<strong>zu</strong>ng des Suchtpotentials von Cannabis<br />

relativ <strong>zu</strong> Alkohol. Wer Alkohol ein weit höheres Suchtpotential <strong>zu</strong>weist als Cannabis, ist auch<br />

eher der Meinung, dass Alkohol mehr Probleme verursacht als illegale Drogen. Die höchste Zu-<br />

138


stimmung <strong>zu</strong> diesem Statement wurde in der Gruppe der „aktuellen CannabiskonsumentInnen“<br />

(85 Punkte) erzielt.<br />

Abb. 147: Beurteilung „Alkohol verursacht mehr Probleme als illegale Drogen“ nach Konsumstatus<br />

(Index)<br />

Fragen: Einteilung des Konsumstatus: Cannabiskonsum: basierend auf F48, F49, F50, Alkoholkonsum: basierend auf F17,<br />

F18, F29, Tabakkonsum: basierend auf F10, F11, F14 und F15.<br />

Fragen: F104.8: „Alkohol verursacht für die Gesellschaft mehr Probleme als illegale Drogen. Wie sehr stimmen Sie persönlich<br />

diesen Aussagen <strong>zu</strong>?“ Antwortkategorien: „stimme vollkommen <strong>zu</strong>“, „stimme eher <strong>zu</strong>“, „unentschieden“, „stimme eher nicht<br />

<strong>zu</strong>“, „stimme überhaupt nicht <strong>zu</strong>“.<br />

Erläuterung: Indexbildung: „0 Punkte“ bedeutet, dass alle das Problempotential von illegalen Drogen höher einschätzen – „100<br />

Punkte“, dass alle das Problempotential von Alkohol höher einschätzen.<br />

Die Einstellung der Befragten <strong>zu</strong>r Cannabislegalisierung geht mit durchschnittlich 32 Punkten deutlich<br />

in Richtung Ablehnung, wobei die aktuellen KonsumentInnen von Alkohol, Nikotin und Cannabis<br />

am ehesten für eine Legalisierung und die mit diesen Substanzen unerfahrenen Personen am<br />

ehesten gegen eine Legalisierung eintraten. Nicht unerwartet ist die Zustimmung <strong>zu</strong> einer Legalisierung<br />

des Cannabiskonsums bei „aktuellen CannabiskonsumentInnen“ mit 81 Punkten am<br />

höchsten, gefolgt von den „relativ aktuellen CannabiskonsumentInnen“ mit 63 Punkten (Abb.<br />

148). Bemerkenswert ist, dass sich bei den „ehemaligen CannabiskonsumentInnen“ mit 49 Punkten<br />

keine Tendenz pro oder kontra Cannabislegalisierung ergeben hat.<br />

Abb. 148: Cannabislegalisierungsforderung nach Konsumstatus<br />

Fragen: Einteilung des Konsumstatus: Cannabiskonsum: basierend auf F48, F49, F50, Alkoholkonsum: basierend auf F17,<br />

F18, F29, Tabakkonsum: basierend auf F10, F11, F14 und F15.<br />

Fragen: F104.6: „Der Konsum von Haschisch oder Marihuana sollte erlaubt sein. Wie sehr stimmen Sie persönlich diesen Aussagen<br />

<strong>zu</strong>?“ Antwortkategorien: „stimme vollkommen <strong>zu</strong>“, „stimme eher <strong>zu</strong>“, „unentschieden“, „stimme eher nicht <strong>zu</strong>“, „stimme<br />

überhaupt nicht <strong>zu</strong>“.<br />

Erläuterung: Indexbildung:“0 Punkte“ bedeutet, dass alle maximal gegen eine Legalisierung des Cannabiskonsums eintreten –<br />

„100 Punkte“, dass alle maximal für eine Legalisierung des Cannabiskonsums eintreten.<br />

139


Der „Cannabis-Wissensindex“, also das über die Fragen F104.12 bis F104.14 erfasste Wissen über<br />

Cannabis, liegt durchschnittlich bei 46 Punkten und somit im Mittelbereich des theoretisch Möglichen.<br />

Besonders hoch ist das cannabisspezifische Wissen bei den cannabiserfahrenen Gruppen -<br />

mit durchschnittlich 85 Punkte bei den „aktuellen CannabiskonsumentInnen“, 77 Punkten bei den<br />

„relativ aktuellen CannabiskonsumentInnen“ und 71 Punkten bei den „ehemaligen CannabiskonsumentInnen“<br />

(Abb. 149).<br />

Abb. 149: Wissen über Cannabis nach Konsumstatus<br />

Fragen: Cannabiskonsum: basierend auf F48, F49, F50, Alkoholkonsum: basierend auf F17, F18, F29, Tabakkonsum: basierend<br />

auf F10, F11, F14 und F15.<br />

Cannabis-Wissensindex aus F104.12 bis F104.14<br />

Erläuterung: „0 Punkte“ bedeutet, dass alle völlig falsch geantwortet haben – „100 Punkte“, dass alle völlig richtig geantwortet<br />

haben.<br />

Der beschriebene Zusammenhang zwischen Wissen über Cannabis, Cannabiserfahrung und der<br />

Einstellung <strong>zu</strong>r Legalisierung des Cannabiskonsums hat große Bedeutung für den Dialog zwischen<br />

Cannabiserfahrenen und Cannabisunerfahrenen. Da erstere nicht nur über unmittelbare Erfahrung<br />

mit der Substanz verfügen, sondern auch das theoretische Wissen auf ihrer Seite haben, können<br />

sie Dritten gegenüber, die dem erstmaligen Cannabiskonsum ambivalent gegenüberstehen, weit<br />

besser sachliche Kompetenz und Glaubwürdigkeit vermitteln, als jene, die cannabisunerfahren<br />

sind. Das gilt ganz besonders im Zeitalter des Internets, wo Personen mit mehr Wissen ihre Sachkompetenz<br />

durch Hinweise auf unmittelbar <strong>zu</strong>gängliche Forschungsberichte im Internet unschwer<br />

belegen können.<br />

140


9 Vergleichendes Gefährlichkeitsurteil über<br />

verschiedene Substanzen<br />

Wenn es um die Einstellung <strong>zu</strong>m Konsum von psychoaktiven Substanzen geht, wird häufig zwischen<br />

regelmäßigem, nicht regelmäßigem und Probierkonsum unterschieden und auch nach der<br />

Gefährlichkeit des Konsums gefragt. „Regelmäßig“ wird in der Alltagssprache in der Regel mit „oft“<br />

gleichgesetzt und nicht der eigentlichen Wortbedeutung entsprechend 74 interpretiert. Ähnliches<br />

gilt auch für den Ausdruck „gefährlich“. Die Idee hinter der Gefährlichkeitsfrage ist ja auch, die<br />

spontane emotionale Haltung der Befragten auf der Gefühlsebene <strong>zu</strong> erkunden, und nicht die präzise<br />

Beantwortung einer Wissens- oder Einschät<strong>zu</strong>ngsfrage, die eine Reihe von Hintergrundüberlegungen<br />

voraussetzt. Wollte man präzise Fragen nach der Gefährlichkeit formulieren, müsste man<br />

zwischen kurzfristigen und langfristigen Konsequenzen, zwischen gesundheitlichen, psychischen,<br />

legalen oder sozialen Auswirkungen sowie zwischen unmittelbaren und mittelbaren Gefahren unterscheiden;<br />

weiters müsste hier eine große Rolle spielen, ob es um Risken für den/die durchschnittliche/n<br />

KonsumentIn oder um Risken für einen selbst geht. So eine Befragung würde den<br />

Zeitrahmen der Befragung sprengen, am Erhebungsziel vorbeigehen und die meisten InterviewpartnerInnen<br />

auch noch inhaltlich stark überfordern. Die detaillierte und sachliche Beurteilung tatsächlicher<br />

Risken ist nur mittels zeitaufwändiger, komplexer wahrscheinlichkeitstheoretischer Überlegungen<br />

möglich. Hingegen sind Einstellungen bestimmten Themen gegenüber, die den Befragten<br />

explizit vielleicht gar nicht so bewusst sind, durch allgemein gestellte, auf spontane und unreflektierte<br />

Beantwortung abzielende Fragestellungen leicht und rasch abrufbar. Der offensichtliche<br />

Nachteil dieser auf emotionale Grundhaltungen zielenden Strategie ist, dass jeder Befragte die<br />

verwendeten Begriffe vor seinem persönlichen Erfahrungshintergrund und des sich daraus ergebenden<br />

verfügbaren Referenzrahmens unterschiedlich interpretiert, was eine präzise Auswertung,<br />

die den Anspruch auf Eindeutigkeit erhebt, unmöglich macht.<br />

Dass es sich bei den Antworten <strong>zu</strong>r Gefährlichkeit primär um einen Ausdruck der emotionellen<br />

Ablehnung einer Verhaltensweise bzw. der Angst davor handelt, und nicht um den Versuch die<br />

Risken sachlich <strong>zu</strong> bewerten, kann man dem Umstand entnehmen, dass der ein- bis zweimalige<br />

Probierkonsum von Heroin (67%) bzw. von Kokain (52%) von der Mehrzahl der Befragten als<br />

„sehr gefährlich“ eingeschätzt wurde, während z.B. die Extremsportarten „Paragleiten und Extrembergsteigen“<br />

nur bei 16% ein „sehr gefährlich“-Urteil auslösten. Den Spitzenplatz nahm hier „im<br />

Vollrausch Autofahren“ (94%) und „riskantes Überholen“ (70%) ein. „Vor dem Autofahren etwas<br />

mehr trinken als erlaubt ist“ wurde von 67% der Befragten als „sehr gefährlich“ eingeschätzt und<br />

liegt damit ex equo mit „ein oder zweimal Heroin probieren“ (Abb. 150).<br />

In einer Kultur, in der Alkohol und Nikotin einen so hohen Stellenwert haben wie in Österreich, ist<br />

nicht ganz nachvollziehbar, wieso 18% bereits das ein- oder zweimalige Probieren einer Zigarette<br />

und 15% das ein- oder zweimalige Probieren von Alkohol als „sehr gefährlich“ oder „gefährlich“<br />

bezeichneten. Der regelmäßige Konsum von illegalen Drogen, Alkohol und Nikotin wird von der<br />

überwiegenden Mehrzahl der Befragten als „sehr gefährlich“ oder <strong>zu</strong>mindest „gefährlich“ eingestuft<br />

(Abb. 150).<br />

74) Streng genommen wäre eine Konsumfrequenz von einmal pro Jahr (z.B. jedes Mal <strong>zu</strong> Weihnachten) als „regelmäßig“ <strong>zu</strong><br />

bezeichnen und eine Konsumfrequenz von durchschnittlich jeden zweiten Tag mit unregelmäßigen Intervallen zwischen<br />

den Konsumtagen als „nicht regelmäßig“ – aber so wird das kaum je von InterviewpartnerInnen interpretiert.<br />

141


Abb. 150: Gefährlichkeit allgemein<br />

Fragen: F105.1-F105.23: „Wie gefährlich sind Ihrer Meinung nach diese Verhaltensweisen?“ Antwortkategorien: „ungefährlich“,<br />

„nicht so gefährlich“, „gefährlich“, „sehr gefährlich“<br />

Erläuterungen: Die Kategorien „ungefährlich“ und „nicht so gefährlich“ wurden in der Darstellung <strong>zu</strong>r Kategorie „nicht so gefährlich<br />

/ ungefährlich“ <strong>zu</strong>sammengefasst<br />

Verhaltensweisen, wie „mehr als 50 Stunden pro Woche arbeiten“, „nicht auf die Ernährung achten“,<br />

„<strong>zu</strong> wenig körperliche Bewegung machen“, „20 Stunden oder länger pro Woche im Internet<br />

surfen“, „20 Stunden oder länger pro Woche Fernsehen“ usw. wurden vergleichsweise nur von<br />

wenigen Personen als sehr gefährlich erachtet, aber immerhin von einem relevanten Teil als „gefährlich“<br />

klassifiziert (Abb. 150).<br />

Abb. 151: Beurteilung der Gefährlichkeit von bestimmten Substanzen „1-2mal probieren“ nach<br />

Alter<br />

Fragen: F105.1-F105.6: „Wie gefährlich sind Ihrer Meinung nach diese Verhaltensweisen?“ Antwortkategorien: „ungefährlich“,<br />

„nicht so gefährlich“, „gefährlich“, „sehr gefährlich“<br />

Erläuterungen: In dieser Grafik dargestellt werden die Kategorien „sehr gefährlich“ plus „gefährlich“.<br />

142


Wie man Abb. 151 entnehmen kann, ist das Gefährlichkeitsurteil Heroin, Kokain und Ecstasy<br />

betreffen in allen Altersgruppen in etwa gleich groß ausgeprägt. Alkohol und Nikotin werden mit<br />

steigendem Alter immer gefährlicher gesehen und bei Cannabis kann man beobachten, dass die<br />

jüngsten Befragten Cannabis nahe bei den anderen illegalen Drogen anordnen, dass Cannabis mit<br />

steigendem Alter bis ca. 23 Jahren dann immer weniger gefährlich gesehen wird und dass das<br />

Gefährlichkeitsurteil danach bis ins hohe Alter wieder konstant <strong>zu</strong>nimmt. Hier ist es besonders<br />

wichtig <strong>zu</strong> bedenken, dass es sich um eine Querschnittsuntersuchung handelt und dass man daher<br />

nicht sagen kann, welcher Anteil der Unterschiede als Lebenszykluseffekt (also Veränderungen mit<br />

<strong>zu</strong>nehmendem Lebensalter bei identischen Geburtsjahrgängen) oder als Kohorteneffekt (also Unterschiede<br />

zwischen unterschiedlichen Geburtsjahrgängen unabhängig vom Lebensalter) <strong>zu</strong> interpretieren<br />

ist.<br />

Die Reihenfolge der Substanzen und das Grundmuster der Gefährlichkeitsurteile den regelmäßigen<br />

Konsum betreffend ist ähnlich dem Urteil über die Gefährlichkeit des bloß 1- bis 2-maligen Probierens.<br />

Da die überwiegende Mehrzahl der Befragten den regelmäßigen Konsum aller Substanzen als<br />

gefährlich beurteilte, sind die Unterschiede in Abb. 152 allerdings nicht so deutlich erkennbar wie in<br />

Abb. 151.<br />

Abb. 152: Beurteilung der Gefährlichkeit des regelmäßigen Konsums bestimmter Substanzen nach<br />

Alter<br />

Fragen: F105.7, F105.8, F105.10, F105.11, F105.12, F105.14: „Wie gefährlich sind Ihrer Meinung nach diese Verhaltensweisen?“<br />

Antwortkategorien: „ungefährlich“, „nicht so gefährlich“, „gefährlich“, „sehr gefährlich“<br />

Erläuterungen: In dieser Grafik dargestellt werden die Kategorien „sehr gefährlich“ plus „gefährlich“.<br />

In Abb. 153 und Abb. 154 wird das Gefährlichkeitsurteil über die Substanzen Heroin, Kokain,<br />

Ecstasy, Cannabis, Tabak und Alkohol mit dem „Konsumstatus“ der entsprechenden Substanz<br />

verglichen. Der ein- oder zweimalige Konsum von Heroin wird selbst von den „aktuelle HeroinkonsumentInnen“<br />

und den „relativ aktuellen HeroinkonsumentInnen“ von jeweils mehr als der Hälfte<br />

der Befragten als „gefährlich“ erachtet (66% bzw. 52%). Heroin hat damit offensichtlich auch unter<br />

den „aktuellen“ und „relativ aktuellen KonsumentInnen“ das Image extremer Gefährlichkeit.<br />

Anders ist es bei Kokain und Ecstasy, wo nur ein kleiner Teil der „aktuellen KonsumentInnen“ von<br />

15% bzw. 19% bereits das Probieren als gefährlich erachten. Seltsam mutet an, dass 16% der<br />

aktuellen Raucher und 11% der „aktuellen AlkoholkonsumentInnen“ bereits das Probieren von<br />

Tabak oder Alkohol als „gefährlich“ beurteilt. Erwähnenswert ist, dass nur 4% der „aktuellen CannabiskonsumentInnen“<br />

das Probieren von Cannabis als „gefährlich“ beurteilen (Abb. 153).<br />

143


Abb. 153: Beurteilung der Gefährlichkeit von ein- oder zweimaligem Konsum nach Konsumstatus<br />

Fragen: Einteilung des Konsumstatus: Cannabiskonsum: basierend auf F48, F49, F50, Alkoholkonsum: basierend auf F17,<br />

F18, F29, Tabakkonsum: basierend auf F10, F11, F14 und F15.<br />

Fragen: F104.8: „Alkohol verursacht für die Gesellschaft mehr Probleme als illegale Drogen. Wie sehr stimmen Sie persönlich<br />

diesen Aussagen <strong>zu</strong>?“ Antwortkategorien: „stimme vollkommen <strong>zu</strong>“, „stimme eher <strong>zu</strong>“, „unentschieden“, „stimme eher nicht<br />

<strong>zu</strong>“, „stimme überhaupt nicht <strong>zu</strong>“<br />

F105.1-F105.6: „Wie gefährlich sind Ihrer Meinung nach diese Verhaltensweisen?“ Antwortkategorien: „ungefährlich“, „nicht so<br />

gefährlich“, „gefährlich“, „sehr gefährlich“<br />

Erläuterungen: In dieser Grafik dargestellt werden die Kategorien „sehr gefährlich“ plus „gefährlich“.<br />

Der regelmäßige Konsum aller Substanzen wird auch von den „aktuellen KonsumentInnen“ <strong>zu</strong>m<br />

überwiegenden Teil als gefährlich erachtet. Ausnahme ist hier wieder Cannabis, dessen regelmäßiger<br />

Konsum nur von 36% der „aktuellen CannabiskonsumentInnen“ und in etwas schwächerem<br />

Maße auch Ecstasy, dessen regelmäßiger Konsum nur von 56% der „aktuellen EcstasykonsumentInnen“<br />

als gefährlich eingestuft wurde (Abb. 152).<br />

144


Abb. 154: Beurteilung des regelmäßigen Konsums bestimmter Substanzen nach Konsumstatus<br />

Fragen: Einteilung des Konsumstatus: Cannabiskonsum: basierend auf F48, F49, F50, Alkoholkonsum: basierend auf F17,<br />

F18, F29, Tabakkonsum: basierend auf F10, F11, F14 und F15.<br />

Fragen: F104.8: „Alkohol verursacht für die Gesellschaft mehr Probleme als illegale Drogen. Wie sehr stimmen Sie persönlich<br />

diesen Aussagen <strong>zu</strong>?“ Antwortkategorien: „stimme vollkommen <strong>zu</strong>“, „stimme eher <strong>zu</strong>“, „unentschieden“, „stimme eher nicht<br />

<strong>zu</strong>“, „stimme überhaupt nicht <strong>zu</strong>“<br />

F105.7, F105.8, F105.10, F105.11, F105.12, F105.14: „Wie gefährlich sind Ihrer Meinung nach diese Verhaltensweisen?“<br />

Antwortkategorien: „ungefährlich“, „nicht so gefährlich“, „gefährlich“, „sehr gefährlich“<br />

Erläuterungen: In dieser Grafik dargestellt werden die Kategorien „sehr gefährlich“ plus „gefährlich“.<br />

145


10 Einstellung <strong>zu</strong>r Drogenpolitik<br />

Der Fragenblock F106 beschäftigt sich mit konkreten Aussagen <strong>zu</strong>r Drogenpolitik. Nur ein sehr<br />

kleiner Prozentsatz von 6% sprach sich für eine „völlige Liberalisierung bzw. Freigabe des Drogenkonsums<br />

und Drogenhandels“ aus, 20% stimmten für eine „Liberalisierung bzw. Freigabe nur bei<br />

Haschisch, z. B. Zulassung von Haschisch-Cafes“, 60% für die „Aufrechterhaltung des generellen<br />

Drogenverbots, aber für eine Entkriminalisierung von Drogenabhängigen, um sie nicht an den sozialen<br />

Rand <strong>zu</strong> drängen (Therapie statt Strafe)“, 37% wollten Haftstrafen auch für DrogenkonsumentInnen,<br />

80% vertreten, dass es sinnvoll sei, mehr Therapiestationen für Drogenabhängige<br />

ein<strong>zu</strong>richten, 58% fanden die Idee, sterile Spritzen an Süchtige ab<strong>zu</strong>geben, gut und 20% sprachen<br />

sich für Errichtung von „Fixer-Räumen“ aus (Abb. 155). Im Wesentlichen bedeutet das, dass die<br />

derzeitige Drogenpolitik Österreichs von der Mehrzahl der ÖsterreicherInnen gebilligt wird.<br />

Abb. 155: Einstellung <strong>zu</strong>r Drogenpolitik<br />

Fragen: F106.1 bis F106.7: „ Beurteilen Sie hier nach Noten von 1 bis 5, je nach dem, für wie sinnvoll Sie die jeweilige Maßnahme<br />

halten.“ Antwortkategorien: „Note 1 (sehr sinnvoll)“, „Note 2“, „Note 3“, „Note 4“, „Note 5 (gar nicht sinnvoll)“<br />

Süchtige werden von der überwiegenden Mehrzahl primär als Kranke gesehen (Abb. 156).<br />

Abb. 156: Sicht von Drogenabhängigen<br />

Fragen: F107: „Aus Ihrer Sicht: Ist ein Drogenabhängiger eher ein Straftäter oder eher ein Kranker? Was würden Sie sagen?“,<br />

„eher ein Straftäter“, „eher ein Kranker“, „sowohl ein Straftäter als auch ein Kranker“, „weder Straftäter noch ein Kranker“<br />

146


Wenngleich 59% der Befragten angaben, ein ungutes Gefühl beim Gedanken <strong>zu</strong> haben, dass eine<br />

Beratungsstelle für Drogenabhängige in der näheren Wohnumgebung errichtet wird, würden nur<br />

5% dagegen protestieren (Abb. 157).<br />

Abb. 157: Haltung <strong>zu</strong> Drogenberatungsstellen in der Umgebung<br />

Fragen: F108: „Angenommen, es wird eine Beratungsstelle für Drogenabhängige in Ihrer näheren Wohnumgebung errichtet.<br />

Wie würden Sie reagieren? Hätten Sie damit kein Problem“, „ein etwas ungutes Gefühl aber, was sein muss, muss sein“)“, „ein<br />

sehr ungutes Gefühl“, „oder wären Sie da so aufgebracht, dass Sie dagegen aktiv protestieren und z.B. eine Bürgerinitiative<br />

unterstützen würden“<br />

69% würden einem Freund mit einem Drogenproblem raten, sich <strong>zu</strong> einer Drogenberatungsstelle<br />

<strong>zu</strong> begeben, 8% <strong>zu</strong>m praktischen Arzt <strong>zu</strong> gehen und 20% gaben an, mit solchen Menschen nichts<br />

<strong>zu</strong> tun <strong>zu</strong> haben (Abb. 158).<br />

Abb. 158: Empfehlung für Freund mit Drogenproblem<br />

Fragen: F109: „Stellen Sie sich vor, ein Freund oder Bekannter hat Probleme mit illegalen Drogen. Wie würden Sie reagieren?<br />

Würden Sie sagen -“, „kann ich mir nicht vorstellen, mit solchen Leuten habe“, „ich nichts <strong>zu</strong> tun“, „ich rate ihm, <strong>zu</strong>m praktischen<br />

Arzt <strong>zu</strong> gehen“, „ich rate ihm, in eine Beratungsstelle für Drogen <strong>zu</strong> gehen“<br />

147


11 Substanzaffinität<br />

Es wird immer wieder festgestellt, dass Personen, die bestimmte psychoaktive Substanzen konsumieren,<br />

mit größerer Wahrscheinlichkeit auch andere Substanzen konsumieren. Darüber, wie<br />

diese Zusammenhänge <strong>zu</strong>stande kommen, gibt es unzählige Erklärungsansätze, auf die wir hier<br />

nicht eingehen können und über deren Richtigkeit weder einfache Zusammenhangskoeffizienten<br />

noch die Abfolge des Einstiegs 75 Aufschluss geben können. Das Ausmaß des Zusammenhangs ist<br />

aber nichtsdestoweniger von Interesse und wird in Tab. 21 und Tab. 22 dargestellt. Als Zusammenhangsmaß<br />

wurde wieder der Odds-Ratio gewählt, das Kriterium in Tab. 21 ist die Lebenszeitprävalenz<br />

76 und in Tab. 22 die Letztmonatsprävalenz 77 .<br />

Tab. 21: Zusammenhang des Substanzkonsums (Odds-Ratios) – Lebenszeitprävalenz<br />

Nikotin<br />

Alkohol 9,1<br />

Nikotin Alkohol Cann. Ecstasy Amph. Kokain Heroin LSD biog.Dr.<br />

Cannabis 8,8 5,7<br />

Ecstasy 8,0 ∞ 70,3<br />

Amph. 8,3 ∞ 67,3 146,9<br />

Kokain 35,7 ∞ 103,3 101,9 162,9<br />

Heroin 8,7 ∞ 55,3 86,3 128,3 315,2<br />

LSD ∞ ∞ ∞ 69,2 142,9 214,2 136,8<br />

biog.Dr. 19,1 ∞ 169,1 49,2 64,4 81,2 52,5 106,2<br />

Schnüff. 4,0 ∞ 10,4 14,6 17,1 9,7 16,9 11,2 11,2<br />

Anmerkung: Da bei Beruhigung- oder Schlafmittel die Lebenszeitprävalenz nicht abgefragt wurde, finden sich Beruhigung-<br />

oder Schlafmittel nur in Tab. 22, aber nicht in Tab. 21.<br />

„Amph“ steht für „Amphetamine“, „biog.Dr.“ für „biogene Drogen“, „Cann.“ für „Cannabis“, und „Schnüff.“ für „Schnüffelstoffe“.<br />

Odds-Ratios geben hier an, um wie viel die Chance, dass Substanz A konsumiert wurde, größer ist, wenn auch Substanz B<br />

konsumiert wurde, und umgekehrt. Das Zeichen ∞ bedeutet, dass eine Zelle in der <strong>zu</strong>grunde liegenden Vierfeldertafel „0“ war,<br />

wodurch der Odds-Ratio gegen unendlich geht.<br />

Bei der Auswertung der Lebenszeitprävalenz zeigt sich, dass die Zusammenhänge zwischen Erfahrungen<br />

mit illegalen Drogen besonders groß sind – so ist z.B. die Chance, dass jemand, der bereits<br />

Kokain probiert hat, auch Amphetamine probiert hat, 162,9-mal (Odds-Ratio) so groß, wie dass<br />

jemand ohne Kokainerfahrung Amphetamine probiert hat. Der selbe Wert gilt – wegen der Natur<br />

des Odds-Ratio – auch umgekehrt: Die Chance, dass jemand, der bereits Amphetamine probiert<br />

hat, auch Kokain probiert hat ist 162,9-mal (Odds-Ratio) so groß, wie dass jemand ohne Amphetaminerfahrung<br />

Kokain probiert hat (Tab. 21).<br />

Interessant ist, dass auch die Zusammenhänge <strong>zu</strong> den legalen Drogen Alkohol und Nikotin ein<br />

recht beachtliches Ausmaß annehmen. Das Zeichen „∞„ 78 wurde eingesetzt, wenn in der der Berechnung<br />

<strong>zu</strong>grunde liegenden Kreuztabelle eine Zelle den Wert „0“ aufwies. So gab es z.B. unter<br />

den Personen, die LSD Erfahrungen berichtet hatten, kein einzige, die noch nie Alkohol bzw. Tabak<br />

konsumiert hatte. Sieht man von den „∞„ Ergebnissen ab – die bei größeren Stichproben wahrscheinlich<br />

<strong>zu</strong> relativ hohen Odds-Ratios führen würden (es gäbe dann <strong>zu</strong>mindest eine relativ kleine<br />

Zahl an Personen in den hier leer verbleibenden Zellen) – kann man festhalten, dass die Odds-<br />

75) Der Schluss von einer chronologischen Abfolge auf Ursächlichkeit wird in der Forschungsmethodologie als „Sequenzfehlschluss“<br />

(„Post hoc Fallacy“) bezeichnet. So kann man z.B. aus dem Umstand, dass Personen, die einen bewaffneten<br />

Banküberfall planen, sich <strong>zu</strong>vor meist eine Handfeuerwaffe besorgen, natürlich nicht schließen, dass das Besorgen der<br />

Waffe den Überfall verursacht hätte; genauso wenig wie der Verkauf von Christbaumschmuck ab Anfang Dezember ursächlich<br />

für das darauf folgende Weihnachtsfest verantwortlich <strong>zu</strong> machen ist.<br />

76) Die Substanz im ganzen bisherigen Leben <strong>zu</strong>mindest einmal konsumiert<br />

77) Die Substanz im letzten Monat konsumiert<br />

78) unendlich<br />

148


Ratios zwischen den Lebenszeitprävalenzen der unterschiedlichen Substanzen zwischen 5,7 (Cannabis<br />

vs. Alkohol) und 315,2 (Heroin vs. Kokain) schwanken.<br />

Deutlich niedriger als die Zusammenhänge die Lebenszeitprävalenz betreffend sind die Zusammenhänge<br />

mit Alkohol und Nikotin die Letztmonatsprävalenz betreffend. Erwähnenswert ist der<br />

negative Zusammenhang zwischen Alkohol und Beruhigungsmitteln/Schlafmitteln, was unter Umständen<br />

damit <strong>zu</strong> erklären ist, dass die Hälfte der Beruhigung- oder Schlafmittelkonsumenten keine<br />

Tranquilizer und Hypnotika, sondern Hausmittel oder Medikamente mit geringem Gefahrenpotential<br />

konsumierten (vgl. Kap. 6.1) und ein weiterer Teil des Konsums auf ärztliche Verordnung<br />

hin und medizinisch indiziert erfolgt – was plausibel mit einer erhöhten Alkoholabstinenzrate einhergehen<br />

kann.<br />

Tab. 22: Zusammenhang des Substanzkonsums (Odds-Ratios) – Letztmonatsprävalenz<br />

Nikotin<br />

Alkohol 1,7<br />

Nikotin Alkohol BSM Cann.<br />

BSM 1,3 0,6<br />

Cannabis 11,0 3,3 2,2<br />

Anmerkung: Für die in dieser Tabelle nicht angeführten Substanzen lagen keine oder <strong>zu</strong> geringe Zelleinträge vor.<br />

„BSM“ steht für „Beruhigungs- und Schlafmittel“, „Cann.“ für „Cannabis“<br />

Odds-Ratios geben hier an, um wie viel die Chance, dass Substanz A konsumiert wurde, größer ist, wenn auch Substanz B<br />

konsumiert wurde, und umgekehrt. Das Zeichen ∞ bedeutet, dass eine Zelle in der <strong>zu</strong>grunde liegenden Vierfeldertafel „0“ war,<br />

wodurch der Odds-Ratio gegen unendlich geht.<br />

Weil Zusammenhänge der dargestellten Art oft Missverständnisse und logische Fehlinterpretationen<br />

bewirken, sei betont, dass man aus Zusammenhangskoeffizienten allein, wie aus dem Zusammenhang<br />

zwischen Kokainlebenszeitprävalenz und Amphetaminlebenszeitprävalenz, natürlich<br />

nicht schließen kann, dass das erfolgreiche Bekämpfen des Kokainkonsums bzw. des Amphetaminkonsums<br />

<strong>zu</strong> weniger Konsum bei der jeweils anderen Substanz führen würde. Weit plausibler –<br />

wenngleich aus derartigen Zusammenhängen alleine natürlich ebenfalls nicht logisch deduzierbar –<br />

erscheint das Gegenteil, dass der Wegfall oder die Verknappung einer bestimmten Substanz vermehrt<br />

<strong>zu</strong>m Umstieg auf funktional äquivalente Optionen führen würde; wobei besonders hohe<br />

Zusammenhänge <strong>zu</strong>mindest darauf hin deuten, dass die Substanzen (wegen der Wirkung, der<br />

sozialen Funktion, der symbolischen Bedeutung etc.) in den Subkulturen der konsumierenden<br />

Gruppen als funktional äquivalente oder <strong>zu</strong>mindest verwandte Substanzen erlebt werden.<br />

Eine weitere Möglichkeit, die Zusammenhänge zwischen dem Konsum einzelner Substanzen <strong>zu</strong><br />

erfassen, ist, die bedingten Wahrscheinlichkeiten <strong>zu</strong> zeigen, mit denen die KonsumentInnen einer<br />

bestimmten Droge auch die andere konsumieren. Auch hier wurde wieder die Lebenszeitprävalenz<br />

(Tab. 23) und die Letztmonatsprävalenz (Tab. 24) ausgewertet.<br />

So zeigt sich z.B., dass die KonsumentInnen illegaler Drogen mit mehr als 90% Wahrscheinlichkeit<br />

auch Cannabis probiert haben, was bedeutet, dass nicht alle, die je illegale Drogen konsumiert<br />

haben, auch Cannabis konsumiert haben. Weiters ist aus der Tabelle ersichtlich, dass nur ein kleiner<br />

Teil der CannabiskonsumentInnen auch andere illegale Drogen konsumiert hat. Die Wahrscheinlichkeit<br />

dafür beläuft sich von 3% für Heroin und Schnüffelstoffe bis 14% für Ecstasy. Wer<br />

bereits Heroin probiert hat, hat – mit Ausnahme von Schnüffelstoffen – mit mindestens 50%<br />

Wahrscheinlichkeit auch alle anderen hier angeführten Substanzen konsumiert. Das geht von<br />

100% bei Alkohol bis biogene Drogen mit 53%.<br />

149


Tab. 23: Zusammenhang des Substanzkonsums (bedingte Wahrscheinlichkeiten) –<br />

Lebenszeitprävalenz<br />

Nikotin Alkohol Cann. Ecstasy Amph. Kokain Heroin LSD biog.Dr. Schnüff.<br />

Nikotin 99% 23% 3% 3% 3% 1% 2% 3% 3%<br />

Alkohol 75% 19% 3% 2% 2% 1% 2% 3% 2%<br />

Cannabis 95% 99% 14% 12% 11% 3% 8% 13% 3%<br />

Ecstasy 95% 100% 93% 55% 47% 14% 32% 40% 8%<br />

Amph. 96% 100% 93% 64% 56% 18% 43% 47% 20%<br />

Kokain 99% 100% 95% 60% 63% 23% 50% 52% 22%<br />

Heroin 96% 100% 92% 67% 71% 84% 61% 53% 16%<br />

LSD 100% 100% 100% 56% 65% 69% 23% 62% 26%<br />

biog.Dr. 98% 100% 97% 44% 44% 45% 12% 38% 17%<br />

Schnüff. 91% 100% 67% 24% 24% 15% 7% 12% 19%<br />

Ges. 73% 96% 18% 3% 2% 2% 1% 2% 2% 3%<br />

Anmerkung: Da bei Beruhigung- oder Schlafmittel die Lebenszeitprävalenz nicht abgefragt wurde, finden sich Beruhigung-<br />

oder Schlafmittel nur in Tab. 24, nicht aber in Tab. 23.<br />

„Amph“ steht für „Amphetamine“, „biog.Dr.“ für „biogene Drogen“, „Cann.“ für „Cannabis“, „Schnüff.“ für „Schnüffelstoffe“ und<br />

„Ges.“ bedeutet „Gesamtstichprobe“.<br />

Links stehen die Substanzen, die <strong>zu</strong>r Definition der Teilgruppe herangezogen werden (formal: Bedingungen „B“), und oben die<br />

Substanzen, deren Konsum prozentuell erfasst wird (formal: Ereignisse „E“). Die Prozentangaben entsprechen der relativen<br />

Wahrscheinlichkeit für das Ereignis E unter der Bedingung B (formal: p(E/B))<br />

Tab. 24: Zusammenhang des Substanzkonsums (bedingte Wahrscheinlichkeiten) –<br />

Letztmonatsprävalenz<br />

Nikotin Alkohol BSM Cann.<br />

Nikotin 71% 6% 7%<br />

Alkohol 52% 4% 5%<br />

BSM 53% 52% 7%<br />

Cann. 90% 85% 11%<br />

Ges. 47% 63% 6% 3%<br />

Anmerkung: Für die in dieser Tabelle nicht angeführten Substanzen lagen keine oder <strong>zu</strong> geringe Zelleinträge vor.<br />

„BMS“ steht für „Beruhigung- oder Schlafmittel“, „Cann.“ für „Cannabis“ und „Ges.“ bedeutet „Gesamtstichprobe“.<br />

Links stehen die Substanzen, die <strong>zu</strong>r Definition der Teilgruppe herangezogen werden (formal: Bedingungen „B“), und oben die<br />

Substanzen, deren Konsum prozentuell erfasst wird (formal: Ereignisse „E“). Die Prozentangaben entsprechen der relativen<br />

Wahrscheinlichkeit für das Ereignis E unter der Bedingung B (formal: p(E/B))<br />

Die bedingten Wahrscheinlichkeiten die Letztmonatsprävalenz betreffend (Tab. 24) sind durchschnittlich<br />

deutlich niedriger als die Ergebnissen die Lebenszeitprävalenz betreffend (Tab. 23). Bemerkenswert<br />

ist allerdings, dass 10% bzw. 15% jener, die im letzten Monat Cannabis konsumiert<br />

haben, angaben, in diesem Monat kein Nikotin bzw. keinen Alkohol konsumiert <strong>zu</strong> haben (Tab.<br />

24).<br />

Es wurde auch erhoben, mit welchem Alter die Befragten die jeweiligen Substanzen <strong>zu</strong>m ersten<br />

Mal konsumiert hatten. In Tab. 25 werden die Substanzen bezüglich des Einstiegsalters verglichen.<br />

Beruhigung- oder Schlafmittel werden hier nicht ausgewiesen, da bei dieser Kategorie die Lebenszeitprävalenz<br />

nicht abgefragt wurde und das Einstiegsalter damit nur von jenen erhoben wurde,<br />

die im letzten Jahr Beruhigung- oder Schlafmittel konsumiert hatten. Weiters basiert der Vergleich<br />

ausschließlich auf jenen Fällen, wo für den Erstkonsum verschiedener Substanzen unterschiedliche<br />

Lebensalter angegeben wurde, da im Falle zwei Substanzen im selben Lebensjahr erstmals konsumiert<br />

wurden, mit den vorliegenden Daten keine Reihung des Einstiegs möglich ist. Um interpretierbare<br />

Werte <strong>zu</strong> erhalten, wurden jene Vergleiche, in denen nur weniger als 20 Werte vorlagen,<br />

nicht ausgewertet (in der Tab. 25 findet man in diesen Fällen einen Strich).<br />

150


Wie man Tab. 25 entnehmen kann, ist bei jenen, die sowohl mit Tabak als auch mit Alkohol Erfahrungen<br />

gemacht haben und diese Substanzen nicht im selben Jahr <strong>zu</strong>m erstem Mal konsumiert<br />

haben, in rund der Hälfte der Fälle Alkohol (51%) und in der anderen Hälfte der Fälle Nikotin<br />

(49%) <strong>zu</strong>erst konsumiert worden. Interessant ist, dass in fast einem Fünftel der Fälle Schnüffelstoffe<br />

vor Alkohol (21%) und vor Nikotin (18%) konsumiert worden sind. Nach Angaben der Befragten<br />

haben ein paar Prozent der KonsumentInnen von illegalen Drogen diese noch vor Nikotin<br />

und vor Alkohol konsumiert. Nur 4% geben an, Cannabis vor den ersten Nikotinerfahrungen und<br />

2% Cannabis vor den ersten Alkoholerfahrungen konsumiert <strong>zu</strong> haben. Zwischen 3% (bezüglich<br />

Kokain) und 12% (bezüglich Amphetamine) geben an, dass Cannabis nicht die <strong>zu</strong>erst konsumierte<br />

illegale Droge war.<br />

Tab. 25: Einstiegsreihenfolge – Erstkonsum unterschiedlicher Substanzen<br />

Nikotin Alkohol Schnüff. Cannabis<br />

Ecstasy Amph. Kokain Heroin LSD biog.Dr.<br />

Nikotin 49% 79% 96% 97% 97% 98% 96% 94% 96%<br />

Alkohol 51% 83% 98% 97% 97% 99% 100% 92% 97%<br />

Schnüff. 21% 18% 60% 68% - - - - -<br />

Cannabis 4% 2% 40% 93% 88% 97% 95% 89% 98%<br />

Ecstasy 3% 3% 32% 7% 54% 77% - 72% 50%<br />

Amph. 3% 3% - 12% 46% 84% - 67% 38%<br />

Kokain 2% 1% - 3% 23% 16% - 39% 37%<br />

Heroin 4% 0% - 5% - - - - -<br />

LSD 6% 8% - 11% 28% 33% 61% - 40%<br />

biog.Dr. 4% 3% - 2% 50% 62% 63% - 60%<br />

Anmerkung: Da bei Beruhigung- oder Schlafmittel die Lebenszeitprävalenz nicht abgefragt wurde, finden sich Beruhigung-<br />

oder Schlafmittel nicht in Tab. 25.<br />

„Amph.“ steht für „Amphetamine“, „biog.Dr.“ für „biogene Drogen“ und „Schnüff.“ für „Schnüffelstoffe“.<br />

Oben stehen die Substanzen A und links die Substanzen B. Die Prozentangaben entsprechen der relativen Wahrscheinlichkeit<br />

dass Konsumenten der Substanz A <strong>zu</strong>vor die Substanz B konsumiert haben.<br />

Tab. 25 macht deutlich, dass der überwiegende Teil jener, die mehrere psychoaktive Substanzen<br />

konsumieren oder je konsumiert haben, <strong>zu</strong>erst Alkohol oder Nikotin konsumieren, gefolgt von<br />

Schnüffelstoffen, dann Cannabis und <strong>zu</strong>letzt den anderen illegalen Drogen. Gleichzeitig kann man<br />

festhalten, dass diese Reihenfolge aber nicht zwingend ist. Es gibt eine relevante Zahl an Personen,<br />

bei denen die Einstiegsreihenfolge nach eigenen Angaben anders als üblich verlief.<br />

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Ergebnisse der 2004 österreichweit durchgeführten<br />

<strong>Repräsentativerhebung</strong><br />

<strong>zu</strong> <strong>Substanzgebrauch</strong> in vier Bänden<br />

Band 1: Bericht<br />

Band 2: Frequenzauszählungen<br />

Band 3: Kreuztabellen<br />

Band 4: Fragebogen<br />

Stichprobe:<br />

14- bis 99-jährige ÖsterreicherInnen<br />

Stichprobenumfang: 4546<br />

Region: Österreich<br />

elektronische Version unter<br />

http://www.bmgf.gv.at<br />

http://www.api.or.at/lbi<br />

Bestelltelefon:<br />

01/711 00-4700<br />

157<br />

Download der Studienbände über<br />

www.bmgf.gv.at<br />

www.api.or.at/lbi

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