Kurt Wanski - Internum

Vorwort
Patrick Lofredi
Kurt WanZki! oder WanSki! - wer weiß es genau!
Der Mann, der auf vielen seiner Zeichnungen mit
Ausrufezeichen unterschrieb, wurde mit seinem
Zwillingsbruder in der Weimarer Republick geboren,
beide wurden während des Dritten Reiches
zwangssterilisiert, er erlebte den Aufbau der Mauer
und ihren Abriss. Er durchlebte dieses wechselhafte
20. Jahrhundert mit den sich ständig ändernden
Normalitäten, in die er nie passte. Stets waren neue
Figuren und Idole auf Magazinen zu sehen. Er
sammelte diese Magazine und benutzte die Bilder.
Nicht um diese Bilder nachzuahmen oder als Vorlage
zu benutzen, sondern um einen inneren Prozess
zu aktivieren.
Art Brut einzugrenzen ist beinahe unmöglich. Im
Gegensatz zu anderen Strömungen, die von Künstlern
selbst oder von Kunsthistorikern definiert
werden, kann man sich bei der Art Brut kaum auf
etwas Festes stützen.
Symptomatisch ist zum Beispiel, dass sich selbst
Art Brut Künstler zu nennen eher ausschließt, tatsächlich
ein solcher zu sein.
Experten können durch Anwendung bestimmter
Kriterien einen «Art Brut Autor» erkennen. Die
Entwicklung dieser Kriterien ist aber stark von
unserer kulturellen Wahrnehmung beeinflusst und
kaum anwendbar für Autoren, die nicht zu dieser
Wahrnehmung passen. Diese Kriterien sind aus
unserem jetzigen kulturellen Standpunkt entstanden
und dadurch sehr starr und statisch. Wenn wir dem
Schaffen eines Art Brut Autors folgen, dann erwarten
wir Art Brut. Wenn wir ein Werk finden, das
möglicherweise Art Brut ist, erwarten wir dahinter
einen Art Brut Künstler. Wir entwickeln klischeehafte
Erwartungen. In der modernen und medialen
Kunstwelt sind Kunstwerk und Künstler voneinander
untrennbare Kategorien. Wir wollen den
gleichen Filter für Art Brut nutzen, weil wir uns an
einer Kunst orientieren, bei der Erwartungen und
das Spiel mit ihnen eine zentrale Funktion einnehmen.
Kurt Wanski hat ein für die Art Brut zentrales Werk
geschaffen, weil bei ihm die Dynamik des kreativen
Prozesses wichtiger ist als die Erfüllung statischer
Kriterien. Er zeigt uns, wie dynamisch und verinnerlicht
die Prozesse der Art Brut sind, indem er
seinen Arbeiten Bilder zugrunde legt, die unsere
äußere Welt schafft, Wanski sie uns aber so zeigt,
wie sie in unserer inneren Welt aussehen.
Die Art Brut gehört zu den internen Künsten.
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