Neue Szene Augsburg 2015-11

42 Sport
Interview mit JAN MORAVEK
“Ich habe mich immer als ein
TEIL DES TEAMS
gefühlt!”
>>> Jan Moravek zählt zu den besten Technikern im Team des FC Augsburg. Der tschechische
Nationalspieler verletzte sich in der vergangenen Saison bei der Generalprobe gegen Crystal
Palace am Kreuzband. Nach über einem Jahr steht er jetzt kurz vor seinem Comeback.
Walter Sianos traf ihn zum Interview.
Jan, wie geht es dir?
Zurzeit wirklich sehr gut. Ich bin auf einem guten Weg
und blicke optimistisch in die Zukunft.
Wenn es so etwas wie eine tragische Figur beim
FC Augsburg gibt, dann muss ich leider an dich
denken. Du hast wirklich die dunkle Seite deines
Berufes kennengelernt.
Tragische Figur klingt hart, aber es stimmt schon, dass
mich immer wieder Verletzungen aus der Bahn geworfen
haben.
Dein Martyrium begann 2012 mit einem Muskelfaserriss,
2013 dann erneut die gleiche Verletzung
und trauriger Höhepunkt im Sommer 2014, als du
dir das Kreuzband gerissen hast. Wie oft hast du
in dieser Zeit daran gedacht, alles hinzuschmeißen?
Nie! Der härteste Moment in meiner Karriere war letztes
Jahr im August bei der Generalprobe gegen Crystal
Palace, als ich mir das Kreuzband gerissen habe. Ich
war super drauf, hatte eine tolle Vorbereitung, alles
war für die neue Spielzeit angerichtet in unserer
Arena. Da bin ich zwei, drei Tage in ein tiefes Loch gefallen.
Wie zieht man sich da wieder heraus?
Für einen Sportler ist ein Kreuzbandriss natürlich ein
Albtraum. Aber wenn man mal betrachtet, was sich
tagtäglich für Schicksale abspielen, bin ich immer
noch in einer guten Position. Ich konnte mein Hobby
zum Beruf machen, habe eine tolle Familie und spiele
bei einem tollen Verein, in dem ich mich wirklich sehr
wohlfühle. Das hat mir viel Kraft gegeben.
Wenn man so lange weg ist vom Team, wie sehr
fühlt man sich überhaupt noch als Teil davon?
Ich weiß ja nicht, wie so etwas bei anderen Klubs gehandhabt
wird, aber beim FCA habe ich mich immer
als ein Teil des Teams gefühlt. Die Jungs und auch die
Verantwortlichen haben mich sehr unterstützt und mir
immer das Gefühl gegeben dazuzugehören, wofür ich
ihnen auch sehr dankbar bin.
Viele sagen, dass du der Spieler mit der besten
Technik im Team bist. Hört man gerne, oder?
Sagt man das wirklich? Ich glaube, das ist ein bisschen
übertrieben.
Deine Bescheidenheit ehrt dich. Aber Technik und
Übersicht gehören schon zu deinen Stärken...
Ja, das stimmt, wobei ich schon auch ein Spieler bin,
der sich nicht vor Zweikämpfen scheut und ich bin
auch jemand, der gerne lange Wege geht.
Letzte Saison war wie ein Rausch, Platz fünf und
Teilnahme an der Europa League. Wie ist das an dir
vorbeigezogen, wenn alles feiert und gut drauf
ist?
Natürlich ist es anders, wenn man selber spielt. Aber
ich war bei sehr vielen Spielen dabei, war immer wieder
zu Gast beim Training und habe mich sehr über
die Erfolge gefreut, so, als wenn ich selber etwas dazu
beigetragen hätte.
Im September hast du zwei Spiele für die U23 in
der Regionalliga bestritten. Was war das für ein
Gefühl, auf dem Platz zu stehen? Befreiend oder
hat man im Hinterkopf auch etwas Angst?
Es war unbeschreiblich. Mir war es völlig egal, ob Regionalliga
oder Bundesliga, alleine das Trikot wieder
überstreifen und aufzulaufen war ein echtes Glücksgefühl
und ich bin dankbar, dass man mir die Chance
dazu gegeben hat. Angst? Nein, die habe ich überhaupt
nicht, die Ärzte der Hessingpark-Clinic meinten,
dass mein Knie absolut stabil ist und ich nichts befürchten
muss.
Beim Spiel gegen Buchbach konntest du auch noch
zwei Treffer erzielen.
Ja, aber das war mir nicht so wichtig, ich habe mich
gefreut, dass ich der U23 etwas helfen konnte, die
durchleben zurzeit ja auch eine schwere Phase.
Du bist jetzt 25 Jahre alt, sieben, acht Jahre Profifußball
sind noch locker drin, oder?
Ja, das war auch eine Motivation, ich habe über 100
Bundesligaspiele schon gemacht und kann sicher noch
viele Jahre spielen, das war auch immer wieder eine
Antriebsfeder in der Reha. Viele andere Spieler in
Tschechien würden gerne mit mir tauschen.
Willst du eines Tages deine Karriere in Tschechien
ausklingen lassen?
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass ich die letzten
zwei Jahre noch einmal für meinen Heimatverein Bohemians
Prag auflaufe.
Beim Spiel in Leverkusen hat man dich auf der
Bank gesehen. Wie weit bist du noch von einem
Einsatz entfernt?
Die Idee hatte Trainer Markus Weinzierl, mich als 19.
Mann mitzunehmen, damit ich wieder mal Bundesligaluft
schnuppern kann. Das hat mich unheimlich gefreut
und mir gezeigt, dass man mir Vertrauen
schenkt.
Wann sieht man dich wieder im Einsatz?
Ach, da mache ich mir gar keinen Druck.
Deine fußballerischen Stationen waren Prag, Gelsenkirchen,
Kaiserslautern und Augsburg. Wo
wohnt es sich am besten?
Natürlich ist Prag als meine Heimatstadt die Nummer
eins. Aber gleich dahinter kommt Augsburg, eine
Stadt, die ich wirklich sehr schätze.