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Trendstory<br />

Haptik<br />

01<br />

Aktuelle Materialien<br />

Bitte<br />

anfassen!<br />

Feinfühligkeit liegt im Trend. Deshalb hat<br />

unser Tastsinn nach Jahren der Abstinenz<br />

beim Gang über Möbelmessen und durch<br />

Designateliers wieder alle Hände voll zu tun.<br />

Wir stoßen auf ursprüngliche Materialien,<br />

wiederentdeckte Muster und althergebrachte<br />

Handwerkstechniken<br />

Text: Rahel Ueding<br />

Adolf Loos feierte 1908 in<br />

„Ornament und Verbrechen“<br />

den Tod des Orna<br />

ments als kulturellen<br />

Fortschritt. „Die menschen<br />

waren weit genug (…), um freude<br />

an einer glatten zigarettendose zu<br />

empfinden, während eine ornamentierte,<br />

selbst bei gleichem preise, von<br />

ihnen nicht gekauft wurde. (…) Und<br />

ich sagte: Seht, (…) ein glattes möbel<br />

[ist] schöner als alle eingelegten und<br />

geschnitzten museumstücke.“<br />

100 Jahre später erfreut sich – ganz<br />

in seinem Sinn – eine stetig wachsen­<br />

de Anzahl Apple-Jünger der wohl glattesten<br />

Oberfläche, seit es Oberflächen<br />

gibt: der Touchscreen des iPhone.<br />

Dessen beispielloser Siegeszug hat eine<br />

völlig paradoxe Kultur des Anfassens<br />

hervorgebracht. Selten wurde so<br />

viel berührt, allerdings gänzlich ohne<br />

haptisches Feedback. Wir tippen, zoomen<br />

und fotografieren ohne Tasten,<br />

Auslöser oder das Scharfstellen eines<br />

Objektivs. Die Feinheit der Sensorik<br />

steht in krassem Kon trast zur Unemotionalität<br />

der Oberflächen.<br />

Die Folge ist ein verstärktes Bedürfnis<br />

nach Gefühl, was in jüngerer<br />

Vergangenheit zu einer Rückbesinnung<br />

auf die gute alte Gemütlichkeit<br />

geführt hat. „Homing“ heißt das neudeutsch:<br />

Die eigenen vier Wände werden<br />

zur Kompensationszone und sollen<br />

möglichst „warm“ und „weich“,<br />

gleichwohl repräsentativ eingerichtet<br />

sein. Und die Möbelindustrie reagiert.<br />

Vorbei sind die Zeiten, als eine möglichst<br />

puristische Optik das Maß der<br />

Dinge war, als spiegelglatte Flächen<br />

öffentliche und private Räume domi­<br />

50<br />

<strong>Magazin</strong> für Einrichten und Leben

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