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Neue Szene Augsburg 2016-01

Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info und Veranstaltungskalender unter www.neue-szene.de

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Stell dir vor, in deiner Stadt werden Konzerte veranstaltet.<br />

Mit richtig guten Musikern. An einem geheimen Ort. Es ist<br />

kein Club und keine Bühne. Keiner weiß, wo. Bis auf ein paar<br />

Leute, die ausgelost wurden, dabei zu sein. Redakteurin<br />

(Foto: Christian Menkel)<br />

Ramona Pietsch ist dem Geheimnis auf die Spur gekommen.<br />

Zoom<br />

41<br />

(Foto: Simon Schwager)<br />

Bedroomdisco. Ein Schelm, wer dabei an etwas<br />

Unanständiges denkt. Nein, ganz im Gegenteil. Die<br />

<strong>Augsburg</strong>er Bedroomdisco findet weder im Schlafzimmer<br />

statt, noch ist sie eine Disco. Vielmehr handelt<br />

es sich um eine Konzertreihe in Off-Locations<br />

und privaten Wohnzimmern. Daher Bedroomdisco.<br />

Klingt halt besser als Livingroomparty.<br />

Der Name sowie das Konzept dahinter stammen ursprünglich<br />

von den Darmstädter Media-Studenten<br />

Dominik Schmidt und Franzi Maurer, die 2<strong>01</strong>0 die<br />

erste Bedroomdisco veranstalteten. Mittlerweile<br />

stehen hinter dem Namen ein Musikblog, ein DJ-<br />

Set, ein Youtube-Kanal und die Konzertreihe mit<br />

Ablegern in mehreren deutschen Städten wie Berlin,<br />

Hamburg, Nürnberg und eben auch <strong>Augsburg</strong>.<br />

Hier übernehmen die Organisation die beiden<br />

Singer-Songwriter Benjamin Rademann, besser bekannt<br />

als Benni Benson, und Bruno Tenschert alias<br />

Der Herr Polaris. Letzterer spielte vor gut drei Jahren<br />

selbst bei der Bedroomdisco in Darmstadt. Genau<br />

ein Jahr später war er noch mal dort zu Gast.<br />

Überzeugt von dem Konzept, nahm er die Idee mit<br />

nach <strong>Augsburg</strong>.<br />

„Die erste Bedroomdisco war damals mit Kalle<br />

Mattson in der Metzgerei. Die haben wir noch<br />

mehr oder weniger öffentlich gemacht“, erinnert<br />

er sich. Hinter dem Ganzen steckt ein ausgeklügeltes<br />

Konzept. Spontan zum Konzert gehen ist in<br />

dem Fall nicht. Nur wer sich per E-Mail anmeldet<br />

und danach ausgelost wird, erfährt, an welchem<br />

geheimen Ort die Veranstaltung stattfindet.<br />

„Wir laden nur Musiker<br />

ein, die wir unbedingt<br />

haben wollen.“<br />

Das Auslosen machen die zwei tatsächlich noch per<br />

Hand. Namen auf Papier, ausschneiden, zusammenfalten,<br />

in eine Dose, durchmischen und dann<br />

wird gezogen. „Wir müssen aber auch immer ganz<br />

schön rechnen, da viele noch jemanden mitbringen<br />

und sich dann mit +2 oder +5 anmelden“, sagt<br />

Benni. Die beiden bekommen mittlerweile bis zu<br />

90 Anmeldungen pro Konzert. Leider ist der Platz<br />

jedes Mal begrenzt.<br />

Doch eine Anmeldung lohnt sich immer. „Wir laden<br />

nur Musiker ein, bei denen wir beim ersten<br />

Anhören so eine Art Flashmoment haben und die<br />

wir dann unbedingt haben wollen.“ Viele Leute<br />

vertrauen den beiden blind und kommen immer<br />

wieder. So auch Jalda und Theresa, die schon öfter<br />

dabei waren und zur Bedroomdisco mit Martin<br />

Kohlstedt im Dezember noch Freunde mitgenommen<br />

haben. Auch Timo und Marius finden, dass es<br />

aufregend und mal was anderes sei, wenn der Ort<br />

geheimgehalten wird. Das Konzert fanden sie außerordentlich<br />

gut: „Das auf der Dachterrasse damals<br />

war aber auch cool.“ Im Juli 2<strong>01</strong>5 gastierte im<br />

Rahmen der Bedroomdisco das Kölner Duo Hello<br />

Piedpiper auf der Dachterrasse der <strong>Neue</strong>n <strong>Szene</strong><br />

im Stadtjägerviertel.<br />

Neben Wohnzimmern bevorzugen Benni und Bruno<br />

vor allem die sogenannten Off-Locations. Also<br />

Orte, die ohne die Bedroomdisco den meisten<br />

höchstwahrscheinlich verborgen bleiben würden:<br />

Bandproberäume, Kapellen, die Generatorenhalle<br />

im alten Straßenbahndepot oder ein Schrebergarten<br />

waren bereits dabei. Auf der Suche nach geeigneten<br />

Räumen werden die beiden oft von der Popkulturbeauftragten<br />

Barbara Friedrichs unterstützt.<br />

„Auch Julia, die sich um die Finanzen kümmert, und<br />

Maria helfen immer mit. Andi kümmert sich um die<br />

Technik. Wenn eine ganze Band kommt, wären wir<br />

ohne ihn komplett überfordert.“ Abgesehen von<br />

den Künstlern verdient niemand etwas. „Leider<br />

Gottes, wie so oft in der Musikbranche, ein wirtschaftlicher<br />

Totalschaden“, meint Bruno lachend.<br />

„Wir machen das aus reinem Idealismus.“<br />

Der <strong>Augsburg</strong>er Clubszene wollen sie dabei nicht<br />

querschießen. Deswegen finden an den typischen<br />

Ausgehtagen Freitag und Samstag nie Konzerte<br />

statt. Viel wichtiger ist ihnen, dass sie den Künstlern<br />

bessere Auftrittsmöglichkeiten bieten als sie<br />

selbst teilweise schon erlebt haben. „Wir haben<br />

– das muss man ganz ehrlich sagen – schon viele<br />

Scheißgigs gespielt. In irgendwelchen Cafés, wo es<br />

keinen interessiert, wenn da jemand sein Herz ausschüttet.<br />

Genauso war ich auch hier in <strong>Augsburg</strong><br />

schon auf Konzerten, bei denen die Leute einfach<br />

nicht zugehört haben“, erzählt Benni. „ Deswegen<br />

dachten wir uns: Wenn wir so was machen, dann<br />

wollen wir den Künstlern ein Publikum bieten, das<br />

Bock auf sie hat.“ Dass sich die Musiker wohlfühlen,<br />

ist quasi ihre Philosophie. Es gibt immer<br />

selbstgekochtes Essen und auch einen Raum als<br />

Rückzugsort. Nicht selten übernachten die Musiker<br />

sogar bei den beiden Organisatoren.<br />

„Als Künstler fühlt man<br />

sich einfach wohl!“<br />

So viel Aufwand zahlt sich aus. Mittlerweile hat<br />

sich rumgesprochen, dass es bei der <strong>Augsburg</strong>er<br />

Bedroomdisco ziemlich cool ist. Der Thüringer Pianist<br />

Martin Kohlstedt kam z.B. über Fabian Schuetze,<br />

der mit seiner Band A Forest schon selbst in der<br />

Konzertreihe zu Gast war. Dass man dabei in der<br />

Regel für weniger Geld spielt als bei „normalen“<br />

Konzerten, ist eigentlich jedem egal.<br />

Die Gage wird über einen Hut gesammelt, der am<br />

Ende durchs Publikum gereicht wird und in den jeder<br />

so viel spendet, wie er möchte. „Der Betrag<br />

geht zu 100 Prozent an die Künstler“, verspricht<br />

Benni. Über eine zu niedrige Gage hat sich bisher<br />

noch niemand beschwert. „Mir hat es total gut<br />

gefallen. Die Leute sind der Hammer. Man muss<br />

sie nicht erst überzeugen“, schwärmt Martin Kohlstedt.<br />

„Man bekommt sofort eine viel engere Bindung.<br />

Es ist auch so schön familiär und exklusiv, da<br />

es nicht kommerziell offen ist. Als Künstler fühlt<br />

man sich einfach wohl!“<br />

Für das Jahr <strong>2<strong>01</strong>6</strong> haben Bruno und Benni schon<br />

den ein oder anderen Act im Auge. Die Band Josh<br />

aus der Schweiz würden sie gern mal nach <strong>Augsburg</strong><br />

holen. „Oder die Mädels von Boy“, verrät<br />

Bruno. Nur wären die leider schon zu bekannt für<br />

ein kleines Bedroomdisco-Konzert. Wobei sich die<br />

zwei mit Miss Kenichi, Paper Beat Scissors und Aidan<br />

Knight sowieso schon ihre größten Wünsche<br />

erfüllt hätten. Ein paar weitere Dachterrassen und<br />

Kirchen würden sie sich allerdings für das neue<br />

Jahr wünschen.<br />

Alle Infos zur <strong>Augsburg</strong>er Bedroomdisco<br />

gibt‘s auf www.facebook.com/bedroomdiscoaugsburg.<br />

Mit einer E-Mail an anmeldung@<br />

bedroomdisco.de kann man sich zum Newsletter<br />

oder dem nächsten Konzert anmelden<br />

und tolle Locations oder das eigene Wohnzimmer<br />

als Veranstaltungsort anbieten.

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