ZOOM OK_Nov_Dez_14
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
›› ZOO:M Interview<br />
Aktueller Theatertipp<br />
Gift. Eine Ehegeschichte<br />
hat Theater für Menschen auf die Bühne und aufs Papier gebracht – alle seine<br />
Stücke mussten vor dem einfachsten und dem anspruchsvollsten Publikum bestehen:<br />
Er macht für uns die Könige zu Liebenden und Liebende zu Königen, er<br />
verwirklicht Träume auf der Bühne. Shakespeare ist zutiefst ernst und abgründig,<br />
zutiefst komisch und ausgelassen. Er ist hochpolitisch und hochpoetisch<br />
- geht’s aktueller?<br />
Im Oktober hatte Camus „Die Gerechten“ Premiere, hoch gelobt von der<br />
Presse, als „Gänsehaut-Erlebnis“ – Gratulation! Was war der Impuls für diese<br />
Inszenierung in Düsseldorf. Worin liegt der Erfolg begründet?<br />
Ein Blick in die Tageszeitung oder in die Nachrichten genügt, um die Aktualität<br />
von Camus DIE GERECHTEN zu begründen. Der Erfolg dieser Inszenierung aber<br />
liegt natürlich in der Regie, die auf alle dekorativen Elementen verzichtet und<br />
sich ganz auf das gelebte Leben konzentriert, das sich noch immer auflehnt gegen<br />
jedwede Ungerechtigkeit – allerdings zweifelnd. Michael Gruner, mit dem<br />
ich schon in meiner ersten Intendanz an diesem Haus zusammenarbeitete, hat<br />
aus diesem Ensemblestück die abgründige, grüblerische Qualität herausgekitzelt,<br />
die es braucht, das Stück in seiner Vielschichtigkeit sichtbar zu machen<br />
und jedem Satz das ihm gebührende Gewicht zu verleihen.<br />
Für dieses und das nächste Jahr stehen noch „Sahnestückchen“ wie Gerhart<br />
Hauptmanns „Die Ratten“ oder Schillers „Wallenstein“ auf dem Programm und<br />
damit Reflektionen über aktuelle gesellschaftspolitische Fragen – wird das<br />
Schauspielhaus insgesamt nachdenklicher?<br />
Sehen Sie, auf den berühmten Brettern, die die Welt bedeuten, wird die Welt<br />
auch (aus-)gedeutet – da ist die Nachdenklichkeit bei allem Unterhaltungswillen,<br />
den das Theater ja in sich trägt, nicht auszuschließen. Was Sie als „Sahnestückchen“<br />
bezeichnen, sind Stücke, die uns gerade wegen ihrer Aktualität interessieren<br />
und berühren. Wir haben in Volker Lösch einen Regisseur gefunden,<br />
der DIE RATTEN mit einem Chor der alleinerziehenden Mütter neu deuten und<br />
uns unsere soziale Wirklichkeit in großen Bildern zeigen wird. WALLENSTEIN<br />
gehört für mich zu den besten, hochpolitischen Stücken Friedrich Schillers.<br />
Und ich bin sehr froh über die Kooperation mit dem DEUTSCHEN NATIONAL-<br />
THEATER WEIMAR. An diesem ehrwürdigen, stets innovativen Haus war ich ja<br />
nach der Wende Generalintendant, da freut es mich jetzt natürlich besonders,<br />
dass dieses Theater nun bei uns zu Gast ist und wir im Gegenzug unsere IPHI-<br />
GENIE AUF TAURIS dort am Nationaltheater spielen sollen.<br />
Haben Sie einen Lieblingsdramatiker oder ein Lieblingsstück,<br />
das Sie in Düsseldorf unbedingt auf die Bühne bringen möchten?<br />
Ich habe keinen Lieblingsdramatiker in dem Sinne und auch kein Lieblingsstück,<br />
dazu gibt es viel zu viele gute Autoren, die gute Stücke geschrieben haben<br />
und schreiben. Aber es zieht mich immer wieder zu Arthur Schnitzler. So<br />
wie Schnitzler die Komödie versteht: nämlich als Komödie, die wir nicht nur für<br />
andere spielen und vor einander, sondern auch vor uns selbst – das hinterlässt<br />
nicht nur bei mir einen starken Eindruck. „Wir spielen immer, wer es weiß, ist<br />
klug“, sagt Schnitzler – und so denke ich. Schnitzlers DAS WEITE LAND gehört<br />
zu dieser Art Tragikomödie, die ich gern einmal auf dem Spielplan sehen würde.<br />
Sie sind bereits 76? Wie viel Stunden arbeiten Sie täglich? Und wie gehen Sie<br />
mit dem (Leistungs)-Druck um?<br />
Ich arbeite so viele Stunden die Woche wie ich Jahre alt bin – das verlangt die<br />
derzeitige Herausforderung – aber das tue ich nicht allein: sondern mit einem<br />
sehr engagierten Team! Da bin ich sehr gut aufgehoben – und ich habe eine<br />
Familie, die das mitträgt – ohne diesen Halt ginge es nicht. Natürlich gehe ich<br />
immer wieder ins Theater hier und andernorts. Unsere musikalische SEKRE-<br />
TÄRINNEN-Premiere zum Beispiel ist zum Entspannen sehr geeignet: Mehrere<br />
Zugaben, ein befreit aufspielendes Ensemble und ein begeistertes Publikum<br />
sind Lebenselixiere und lassen die Lebensfreude wachsen.<br />
© Christine Beelitz<br />
Auf einem Friedhof treffen sich ein Mann und eine<br />
Frau. Beide waren einst ein Paar. Auf diesem Friedhof<br />
liegt der gemeinsame Sohn beerdigt. Nun muss<br />
über seine Umbettung entschieden werden. Gift<br />
aus einer nahen Fabrik soll ausgetreten sein und<br />
die Umbettung notwendig machen. Die erneute<br />
Begegnung mit der Vergangenheit wird zu einer<br />
Bestandsaufnahme des vergangenen gemeinsamen<br />
Lebens und der Zeit der Trennung. Die Trauer um<br />
das gemeinsame Kind verbindet nicht, sondern<br />
vergrößert die Kluft zwischen beiden, ebenso wie<br />
das neue Leben, das »Er« lebt. Und doch finden sich<br />
in ihnen noch immer Erinnerungen an Zärtlichkeit,<br />
Leichtigkeit, an Gemeinsamkeiten. Die niederländische<br />
Autorin Lot Vekemans erzählt sensibel und<br />
eindrucksvoll von einem Mann, der seine Trauer<br />
überwinden möchte und einer Frau, der das nicht<br />
gelingt. Die Wochenzeitschrift »Der Spiegel« nennt<br />
Lot Vekemans Gift »ein beachtliches Stück über den<br />
Verlust von Liebe« (mit Karin Pfammatter, Andreas<br />
Grothgar).<br />
Regie: Günther Beelitz Bühne und Kostüme: Alexander<br />
Müller-Elmau Musik: Bojan Vuletić Dramaturgie:<br />
Dirk Diekmann<br />
Sie wohnen seit längerem in Düsseldorf<br />
Oberkassel, was macht den Charme dieses<br />
Stadtteils für Sie aus?<br />
Home is where my heart is!” – Ich bin in Berlin<br />
geboren und habe, beruflich bedingt, in<br />
verschiedensten Städten Deutschlands gelebt.<br />
Es hat mich immer wieder nach Düsseldorf gezogen.<br />
Das liegt sicher auch an der Offenheit<br />
und der Verbindlichkeit der Düsseldorfer. Die<br />
Nähe zum Rhein ist verlockend; und die Möglichkeit<br />
in einer Großstadt so relaxed zu leben,<br />
ohne die Hektik des virilen Zentrums, aber mit<br />
unterschiedlichsten kulturellen Angeboten,<br />
vielfältigen Geschäften und einer feinen Gastronomie.<br />
Für meine Frau Christine und mich<br />
hat Oberkassel den Charme einer Stadt in der<br />
Stadt - einer Oase nahe am Herzen der City.<br />
Hier wohnen Freunde und Bekannte. Das Überqueren<br />
der Brücke nach einem langen Arbeitstag,<br />
ist für mich nicht nur ein Weg nach Hause,<br />
sondern auch ein Ausflug ins Grüne….<br />
5