Die Familienverfassung - Zukunftssicherung für ... - IHK Rhein-Neckar
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» STudIE<br />
<strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong><br />
<strong>Zukunftssicherung</strong> <strong>für</strong> Familienunternehmen<br />
Karsten Schween, Alexander Koeberle-Schmid,<br />
Peter Bartels, Andreas Hack
<strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong><br />
<strong>Zukunftssicherung</strong> <strong>für</strong> Familienunternehmen<br />
Karsten Schween, Alexander Koeberle-Schmid,<br />
Peter Bartels, Andreas Hack
ImprESSum<br />
Veröffentlicht durch:<br />
INTES Akademie <strong>für</strong> Familienunternehmen GmbH<br />
Kronprinzenstraße 31<br />
53173 Bonn-Bad Godesberg<br />
Tel.: +49 228 3 67 80 61<br />
Fax: +49 228 3 67 80 69<br />
info@intes-akademie.de<br />
www.intes-akademie.de<br />
in Kooperation mit<br />
PricewaterhouseCoopers AG<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
New-York-Ring 13<br />
22297 Hamburg<br />
Tel.: +49 40 63 78 21 70<br />
Fax: +49 69 95 85 96 07 73<br />
peter.bartels@de.pwc.com<br />
www.pwc.de/de/mittelstand<br />
und<br />
WHU – Otto Beisheim School of Management<br />
INTES Institut <strong>für</strong> Familienunternehmen<br />
Burgplatz 2<br />
56179 Vallendar<br />
Tel.: +49 261 6 50 93 31<br />
Fax: +49 261 6 50 93 39<br />
andreas.hack@whu.edu<br />
www.whu.edu<br />
ISBN: 978-3-9811783-7-1<br />
Alle Rechte vorbehalten<br />
© INTES Akademie <strong>für</strong> Familienunternehmen GmbH,<br />
Bonn-Bad Godesberg, Juli 2011
Geleitwort<br />
Unternehmerfamilien kennen keinen Stillstand. <strong>Die</strong> Inhaberrolle bringt immer neue Herausforderungen<br />
in dichter Folge. <strong>Die</strong> Dynamik einer verzweigten Familie verlangt zukunftsfähige Antworten – etwa wenn<br />
Eltern ihre Kinder heranwachsen sehen: Mit einem Auge schauen sie auf ihre Kinder als liebender Vater,<br />
als <strong>für</strong>sorgliche Mutter. Das andere Auge aber blickt schon auf die Firma und fragt: Wer führt das Geschäft<br />
in der kommenden Generation?<br />
<strong>Die</strong> Nachfolgefrage ist nur eine von vielen Situationen, die immer wieder neu nach Antworten verlangt.<br />
Viele weitere sind in jeder Unternehmerfamilie Alltag. Beispiele: Ein Gesellschafter will seinen Anteil<br />
verkaufen. Der Bruder beansprucht <strong>für</strong> seine Tochter eine Anwartschaft auf die Chefposition. Der Berater<br />
empfi ehlt den Inhabern die Mobilisierung von Eigenkapital.<br />
Kaum ist einmal ein stabiler Zustand erreicht, gerät schon das nächste große Thema auf den Tisch. Aus<br />
der Sicht des Inhabers haben diese Themen, die immer Übergänge einleiten, zwei Seiten. Sie bieten eine<br />
Chance zur Neugestaltung, sind aber auch ein Punkt besonderen Risikos. Wer die systembedingte Abfolge<br />
von Übergängen gut managt, kann die Vorteile des Familienunternehmens gegenüber anderen Unternehmenstypen<br />
voll zur Blüte bringen. Wer sie ignoriert, kann schnell in das Bermuda-Dreieck geraten, das<br />
schon viele Unternehmerfamilien in Schwierigkeiten gebracht hat: Das Wechselspiel der Kräfte von Geld,<br />
Macht und Liebe kann schnell hohe Wellen verursachen, die selbst starke Familien und erfolgreiche Unternehmen<br />
in gefährliches Wanken bringen – bis zum Untergang.<br />
<strong>Die</strong>sen Herausforderungen freilich lässt sich begegnen: Jede Inhaberfamilie jenseits der ersten Generation<br />
sollte sich eine <strong>Familienverfassung</strong> geben. <strong>Die</strong>ses Regelwerk ist eine der wichtigsten Vorkehrungen, die<br />
die langfristige Überlebenskraft der Unternehmerfamilie sichert. Ein Vorrat an rechtzeitig formulierten,<br />
schriftlich niedergelegten und von allen in der Familie akzeptierten Regeln sorgt da<strong>für</strong>, dass Stabilität<br />
gewahrt, Kommunikation gesichert, gegensätzliche Interessen ausgesprochen und gelöst und Konfl ikte<br />
angegangen werden, wenn sie noch klein sind.<br />
Viele Unternehmerfamilien haben bereits eine <strong>Familienverfassung</strong>. In noch mehr Familien freilich fehlt<br />
sie allerdings. Für Anwender und Noch-nicht-Anwender dieses Regelwerks liefert die vorliegende Studie<br />
eine Fülle von Argumenten, Praxis-Hinweisen und alltagstauglichen Überlebenshilfen. Sie alle haben eins<br />
gemeinsam: Wer sie anwendet, hat die einmalige Chance, seine Inhaberschaft weiter zu professionalisieren<br />
– und <strong>für</strong> langfristigen Erfolg von Familie und Unternehmen zu sorgen.<br />
Prof. Dr. Peter May<br />
INTES-Gründer<br />
05<br />
Prof. Dr. Peter May
Danksagung<br />
Ohne die folgenden Personen wäre diese Studie nicht in der vorliegenden Form entstanden.<br />
Unser herzlicher Dank gilt:<br />
Pedram Faghfouri, WHU – Otto Beisheim School of Management<br />
Prof. Dr. Sabine Klein, WHU – Otto Beisheim School of Management<br />
Dr. Arno Lehmann-Tolkmitt, INTES Beratung <strong>für</strong> Familienunternehmen<br />
Barbara Wallrafen, INTES Akademie <strong>für</strong> Familienunternehmen<br />
Wir danken auch allen Inhaberinnen und Inhabern, die den ausführlichen Fragebogen<br />
beantwortet haben.<br />
06
Vorwort<br />
Liebe Familien-Unternehmerinnen, liebe Familien-Unternehmer,<br />
wenn Unternehmerfamilien über ihre <strong>Familienverfassung</strong> sprechen, sparen die Gesellschafter selten mit<br />
Lob. Denn die in der Verfassung zusammengefassten Regeln helfen Familienunternehmen auf ihrem<br />
Weg in eine stabile Zukunft. Der Kodex sorgt <strong>für</strong> Frieden und Stabilität, Orientierung und Zusammenhalt,<br />
Kontrolle und Erfolg. Wir haben das wachsende Interesse am Thema »<strong>Familienverfassung</strong>« zum Anlass<br />
genommen, zentrale Fragen mit der vorliegenden Studie zu beantworten. Gemeinsam mit der WHU – Otto<br />
Beisheim School of Management haben wir 148 Inhaberinnen und Inhaber von Familienunternehmen<br />
befragt und deren Antworten statistisch ausgewertet. Zum ersten Mal konnten wir einen detaillierten Blick<br />
auf die Praxis der <strong>Familienverfassung</strong> werfen. So belegt unsere Studie den großen Nutzen von <strong>Familienverfassung</strong>en,<br />
insbesondere den Erfolgsbeitrag <strong>für</strong> eine stabile Familie und <strong>für</strong> ein störungsfrei geführtes<br />
Unternehmen.<br />
Besonders hervorzuheben ist, dass zwar nur ein Viertel der befragten Familienunternehmen über eine<br />
<strong>Familienverfassung</strong> verfügen, aber ein Großteil jener Unternehmen ohne Verfassung in absehbarer<br />
Zukunft einen solchen Kodex einführen wollen. Zu den wichtigsten Motiven zählen die Stärkung des familiären<br />
Zusammenhalts sowie die Sicherung von Frieden und Stabilität. Neben der Erhöhung des<br />
emotionalen Mehrwerts stärkt eine <strong>Familienverfassung</strong> aber auch den Unternehmenserfolg, wie unsere<br />
Studie belegt. <strong>Die</strong>s liegt vor allem daran, dass sich Unternehmerfamilien mit <strong>Familienverfassung</strong> deutlich<br />
stärker an ihr Regelwerk halten und damit einen klaren Rahmen <strong>für</strong> die erfolgreiche Führung des Unternehmens<br />
setzen. <strong>Die</strong>ser Rahmen ist insbesondere auch <strong>für</strong> einen Fremdmanager wichtig, denn in der Beratungs-<br />
und Prüfungspraxis stellen wir fest, dass der strategische Gleichklang von Unternehmerfamilie<br />
und Fremdmanagement eine zentrale Voraussetzung <strong>für</strong> effi ziente Prozesse und damit letztlich <strong>für</strong> den<br />
Schutz und die Mehrung des Familienvermögens ist.<br />
<strong>Die</strong>se und weitere Ergebnisse sollen Ihnen bei der Erarbeitung oder Weiterentwicklung Ihrer <strong>Familienverfassung</strong><br />
helfen und wertvolle Hinweise bieten, um sich mit diesem Thema näher auseinanderzusetzen.<br />
Wir wünschen wir Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre!<br />
Dr. Karsten Schween<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
INTES Beratung <strong>für</strong> Familienunternehmen<br />
Dr. Peter Bartels<br />
Vorstand Familienunternehmen und Mittelstand<br />
PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
07<br />
Dr. Karsten Schween<br />
Dr. Peter Bartels
Inhalt<br />
Geleitwort 05<br />
Danksagung 06<br />
Vorwort 07<br />
01 Management Summary: Zehn zentrale Studienergebnisse 09<br />
02 <strong>Familienverfassung</strong>: Strategischer und emotionaler Anker 12<br />
03 Verbreitung: Jede vierte Unternehmerfamilie hat eine Verfassung 14<br />
04 Motive und Erwartungen: Zusammenhalt und Bindung stärken 19<br />
Interview mit Christian Gläsel: »Der Prozess ist genial« 22<br />
05 Ergebnisse: <strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong> schafft ökonomischen und emotionalen Mehrwert 24<br />
06 Erarbeitung der <strong>Familienverfassung</strong>: Mit einem stringenten Prozess zum Ziel 36<br />
ANHANG<br />
Stichprobe 40<br />
Autoren 44<br />
Unternehmensprofile 46<br />
08
01 Management Summary:<br />
Zehn zentrale Studienergebnisse<br />
<strong>Die</strong> Verbreitung der <strong>Familienverfassung</strong> steht erst am Anfang<br />
09<br />
01 Management Summary: Zehn zentrale Studienergebnisse<br />
1. Ein Viertel der Familienunternehmen haben eine <strong>Familienverfassung</strong>. Es sind vor allem die größeren,<br />
älteren Familienunternehmen mit einer verzweigten Inhaberschaft, die sich dieses Instruments<br />
bedienen.<br />
2. Drei Viertel der Familienunternehmen haben keine <strong>Familienverfassung</strong>, weil sie keine Relevanz<br />
sehen oder zu wenige Informationen haben. Allerdings finden sie deren Erstellung sinnvoll – etwa<br />
die Hälfte möchte innerhalb von drei Jahren ein solches Regelwerk erstellen.<br />
Motive, Erwartungen: Regeln geben Sicherheit<br />
3. <strong>Familienverfassung</strong>en werden schwerpunktmäßig mit dem Ziel der Nachfolgeregelung und der<br />
Konfliktprävention erarbeitet.<br />
4. Der Impuls zur Erstellung einer <strong>Familienverfassung</strong> kommt meist von den Gesellschaftern selbst.<br />
5. Unternehmerfamilien erwarten sich von einer <strong>Familienverfassung</strong> einen emotionalen Mehrwert.<br />
Implikationen: Nutzer der <strong>Familienverfassung</strong> schätzen ihren Mehrwert<br />
6. <strong>Die</strong> Erwartungen an <strong>Familienverfassung</strong>en werden in der Praxis in hohem Maße erfüllt. Insbesondere<br />
Zusammenhalt, Identifikation, Führungs- und Kontrollstrukturen und Stabilität werden gestärkt<br />
(emotionaler Mehrwert). Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> sind aber auch wirtschaftlich<br />
erfolgreicher (ökonomischer Mehrwert).<br />
7. Unternehmerfamilien mit <strong>Familienverfassung</strong> sind signifikant zufriedener mit ihren Regelungen als<br />
jene ohne <strong>Familienverfassung</strong>.<br />
8. <strong>Die</strong> hohe Zufriedenheit liegt darin begründet, dass Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong><br />
a. klare Regeln getroffen haben und <strong>für</strong> gut befinden, und<br />
b. sich die Unternehmerfamilie stärker an ihre Regeln hält.<br />
Erarbeitung: Wer sich von außen unterstützen lässt, sichert den erfolgreichen<br />
Weg zur <strong>Familienverfassung</strong><br />
9. Erfolge von Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> bestätigen, dass die Hinzuziehung<br />
externer Berater sinnvoll ist.<br />
10. Nach maximal fünf Jahren sollte die <strong>Familienverfassung</strong> überarbeitet werden, um den Veränderungen<br />
des Familienunternehmens Rechnung zu tragen.
Definition <strong>Familienverfassung</strong><br />
Eine <strong>Familienverfassung</strong> dokumentiert alle<br />
Regeln, an denen sich das Handeln der Inhaber<br />
orientieren soll. Sie ist moralisch bindend und<br />
allgemein verständlich verfasst. Sie wird von der<br />
Gesamtheit der Gesellschafter erarbeitet. Zahl-<br />
reiche ihrer Regelungen münden im Gesellschaftsvertrag.<br />
10<br />
Steckbrief <strong>Familienverfassung</strong><br />
Auftraggeber: Familiengesellschafter<br />
Teilnehmer: Familiengesellschafter,<br />
bei großen Familien Repräsentanten<br />
Unterstützung: externe Moderatoren und<br />
Spezialisten<br />
Arbeitsmodus: moderierte Workshops<br />
Struktur: Mitgliedschaft, Selbstverständnis,<br />
Inhaber-Geschäftsmodell, Business Governance,<br />
Family Governance, Rollen und<br />
Menschen<br />
Zeitlicher Horizont: zwischen 6 und<br />
12 Monaten<br />
Dokument: Schreiben der <strong>Familienverfassung</strong><br />
durch Familie selbst<br />
Überarbeitung, Aktualisierung:<br />
spätestens alle 5 Jahre
Was verbinden Sie mit<br />
Ihrer <strong>Familienverfassung</strong>?<br />
»<br />
Das haben Inhaberinnen und Inhaber geantwortet:<br />
Unsere <strong>Familienverfassung</strong> ist Sauerstoff <strong>für</strong> die so<br />
wichtige unternehmerische Flamme.<br />
Unsere <strong>Familienverfassung</strong> gibt uns Kraft.<br />
Mit der <strong>Familienverfassung</strong> haben wir eine gemeinsame<br />
Basis geschaffen.<br />
Heute gehen wir mit Konflikten viel besser um und<br />
gefährden dadurch nicht den Fortbestand.<br />
Zum ersten Mal haben wir über Sprengstoffthemen<br />
gesprochen.<br />
Ich bin begeistert und beeindruckt von den Ergeb-<br />
nissen, die wir zusammen erarbeitet haben.<br />
Ich bin so positiv. Wir haben unsere <strong>Familienverfassung</strong><br />
in die Praxis umgesetzt. Wir sehen uns wieder<br />
als eine Unternehmerfamilie. Und niemand denkt an<br />
den Ausstieg.<br />
Durch die Erarbeitung unserer <strong>Familienverfassung</strong> ist<br />
alles so gekommen, wie ich es mir erhofft habe.<br />
11<br />
01 Management Summary: Zehn zentrale Studienergebnisse<br />
«
02 <strong>Familienverfassung</strong>:<br />
Strategischer und emotionaler Anker<br />
<strong>Die</strong>se Studie beschäftigt sich mit zentralen Fragen zur langfristigen <strong>Zukunftssicherung</strong> von Familien-<br />
unternehmen. Folgende Annahmen liegen den Überlegungen als Ausgangspunkt zugrunde:<br />
Familienunternehmen unterscheiden sich von anderen Unternehmensformen – sie stehen unter der<br />
dominanten Inhaberschaft einer Familie.<br />
Unternehmerfamilien unterscheiden sich von anderen Familien. Sie haben einen dynastischen Willen,<br />
nämlich den Erhalt des Unternehmens über Generationen hinweg in Familienbesitz.<br />
Aus diesen Zielen ergeben sich Chancen und Herausforderungen auf der Ebene der Inhaber.<br />
<strong>Die</strong>se betreffen Bereiche wie Nachfolge, Finanzierung oder Governance.<br />
<strong>Die</strong>sen Herausforderungen müssen die Inhaberfamilien individuell begegnen.<br />
<strong>Die</strong>s geschieht durch die Erarbeitung einer Inhaber-Strategie, die dann in einer <strong>Familienverfassung</strong><br />
als strategischem und emotionalem Anker dokumentiert wird.<br />
Der Begriff der <strong>Familienverfassung</strong> sei hier als Oberbegriff verwendet. In der Praxis werden da<strong>für</strong> auch<br />
andere Begrifflichkeiten genutzt, etwa Governance-Verfassung, Familienkodex oder Familienleitbild. In<br />
jedem Fall umfasst die <strong>Familienverfassung</strong> Regeln, an denen sich das Handeln der Inhaber eines Familienunternehmens<br />
in Zukunft orientierten soll. <strong>Die</strong> Regeln der <strong>Familienverfassung</strong> beziehen sich hauptsächlich<br />
auf die Themen<br />
Mitgliedschaft zum Kreis der Unternehmerfamilie,<br />
Werte und Ziele der Familie und des Unternehmens,<br />
Ausgestaltung des Geschäftsmodells,<br />
Unternehmensführung und -kontrolle sowie<br />
Sicherung des Zusammenhalts in der Familie.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong> ist formfrei. Zwar folgen Inhalt und Struktur gewissen Gesetzmäßigkeiten und<br />
berücksichtigen Logik und Dynamik von Unternehmen in familiärer Eigentümerschaft – in der Praxis<br />
jedoch ist die Welt der <strong>Familienverfassung</strong>en so farbig und variantenreich wie die Familien und ihre Unternehmen<br />
selbst. In der Regel geht eine <strong>Familienverfassung</strong> aus einem Inhaber-Strategie-Prozess hervor,<br />
an dem alle Mitglieder der Familie beteiligt werden. <strong>Die</strong> Diskussionen bei der Entstehung unterstützen<br />
externe Family-Business-Experten.<br />
Im Anschluss an die Erarbeitung einer Inhaber-Strategie wird diese in einer <strong>Familienverfassung</strong> fest-<br />
geschrieben (Abb. 1). <strong>Die</strong>se ist von der Familie zu schreiben, ist deshalb weder exakt formuliert noch einklagbar,<br />
sondern vielmehr moralisch bindend und allgemein verständlich. Zahlreiche ihrer Regelungen<br />
münden im Gesellschaftsvertrag, wodurch sie juristisch bindend werden.<br />
12
Von der Inhaber-Strategie<br />
zur <strong>Familienverfassung</strong> zum Gesellschaftsvertrag<br />
Inhaber-Strategie<br />
erarbeiten<br />
Abb. 1: Entstehung <strong>Familienverfassung</strong><br />
13<br />
02 <strong>Familienverfassung</strong>: Strategischer und emotionaler Anker<br />
Sowohl das Ergebnis als auch der Erstellungsprozess sind relevant <strong>für</strong> die Familie und das Unternehmen.<br />
Durch das Ergebnis hat die Familie eine Verfassung <strong>für</strong> Familie und Unternehmen. Durch den Prozess<br />
lernen die Inhaber gegenseitig ihre Interessen, Stärken und Schwächen kennen und können auf dieser<br />
Basis zukünftig besser ihren Herausforderungen begegnen.<br />
Eine <strong>Familienverfassung</strong> muss mit Leben gefüllt werden, damit sie zum strategischen und emotionalen<br />
Anker wird. Nur dadurch kann sie ihren vollen Nutzen entfalten. Außerdem ist sie in regelmäßigen Abständen<br />
an die veränderte Situation von Familie und Unternehmen anzupassen.<br />
<strong>Die</strong>se Studie geht der <strong>Familienverfassung</strong> zum ersten Mal auf den Grund. Basis der Studie ist eine Befragung<br />
von 148 Inhaberinnen und Inhabern aus unterschiedlichen deutschen Familienunternehmen. <strong>Die</strong><br />
Befragung fand im Frühjahr 2011 statt.<br />
<strong>Die</strong> Studie beantwortet Fragen wie:<br />
Wer hat eine?<br />
Wer möchte eine?<br />
Aus welchen Gründen?<br />
Mit welcher Erwartung?<br />
Was war das Ergebnis?<br />
Wie wurde sie erarbeitet?<br />
<strong>Familienverfassung</strong><br />
schreiben<br />
Verträge ändern bzw.<br />
ausarbeiten
03 Verbreitung: Jede vierte Unternehmerfamilie<br />
hat eine Verfassung<br />
»Zu ›Good Governance‹ gehören regelmäßige Treffen der Familieneigentümer,<br />
die im Idealfall eine Family-Business-Governance-Verfassung (<strong>Familienverfassung</strong>)<br />
ausarbeiten sowie kontinuierlich überprüfen und aktualisieren.«<br />
Unternehmerfamilien mit <strong>Familienverfassung</strong><br />
John L. Ward (Clinical Professor, Kellogg School of Management)<br />
Nur ein Viertel der befragten Familienunternehmen hat eine <strong>Familienverfassung</strong> erarbeitet. <strong>Die</strong> Familienunternehmen<br />
mit Verfassung sind signifikant größer, älter und haben mehr Familiengesellschafter als<br />
jene ohne <strong>Familienverfassung</strong>. So setzten sie 2010 durchschnittlich 815 Mio. Euro um, beschäftigten etwa<br />
1.500 Mitarbeiter und sind mit durchschnittlich 118 Jahren deutlich älter als Familienunternehmen, die<br />
keine <strong>Familienverfassung</strong> erarbeitet haben (Abb. 2). Außerdem befinden sich Familienunternehmen mit<br />
<strong>Familienverfassung</strong> im Besitz von durchschnittlich 13 Familiengesellschaftern. Demgegenüber setzten die<br />
Familienunternehmer ohne <strong>Familienverfassung</strong> 2010 durchschnittlich nur etwa 100 Mio. Euro um, beschäftigten<br />
rund 470 Mitarbeiter und waren mit durchschnittlich 88 Jahren deutlich jünger. Im Schnitt<br />
haben sie nur vier Familiengesellschafter.<br />
Es verwundert nicht, dass gerade ältere, größere Familienunternehmen mit größerem Gesellschafterkreis<br />
offenbar besonders starken Regelungsbedarf spüren. Einerseits verfügen viele von ihnen bereits über eine<br />
Historie mehr oder weniger erfolgreich bewältigter Herausforderungen oder Konflikte im Kreis der Gesellschafter.<br />
Damit erhöht sich auch das Bewusstsein da<strong>für</strong>, dass verbindliche Regelungen <strong>für</strong> alle sinnvoll<br />
sein können. Andererseits steigt mit der Entfernung vom Gründungszeitpunkt auch die Komplexität der<br />
familiären Beziehungen – und damit die Notwendigkeit, mit einfachen, vorbestimmten Regeln das Wirken<br />
und die Rolle der Gesellschafter in <strong>für</strong> alle produktive Bahnen zu lenken. Nach aller Erfahrung nehmen bei<br />
großen, alten und mit einem divers besetzten Gesellschafterkreis ausgestatteten Familienunternehmen<br />
auch Zahl und Schärfe der Konflikte zu.<br />
14
03 Verbreitung: Jede vierte Unternehmerfamilie hat eine Verfassung<br />
Ein Viertel der Familienunternehmen haben eine <strong>Familienverfassung</strong> –<br />
sie sind signifikant größer, älter und haben mehr Familieninhaber<br />
Anteil (%)<br />
Abb. 2: Beschreibung der Stichprobe<br />
Unternehmerfamilien ohne <strong>Familienverfassung</strong><br />
mIT FamIlIENvErFaSSuNg ohNE FamIlIENvErFaSSuNg<br />
Ø Umsatz (Mio. Euro) 815 101<br />
Ø Mitarbeiter (Anzahl) 1.505 472<br />
Ø Alter des Unternehmens (Jahre) 118 88<br />
Ø Familiengesellschafter (Anzahl) 13 4<br />
Befragt man diese Unternehmerfamilien nach den Gründen, warum sie keine <strong>Familienverfassung</strong> erarbeitet<br />
haben, so geben sie fehlende Relevanz des Themas (43 Prozent der Befragten), Informationsmangel<br />
(29 Prozent der Befragten) oder fehlender Konsens über die Erstellung einer <strong>Familienverfassung</strong> (18 Prozent<br />
der Befragten) an (Abb. 3). 5 Prozent verweisen auf die Existenz umfangreicher Gesellschaftsverträge.<br />
Allerdings sei angemerkt, dass Gesellschaftsverträge eine andere Zielrichtung haben als eine <strong>Familienverfassung</strong>.<br />
Sie beinhalten zwar auch Regeln, werden aber in den meisten Fällen nicht von der Inhaberfamilie<br />
in Gänze erarbeitet. Grundsätzlich handelt es sich vielmehr um den Einzelwillen der jeweils Beteiligten.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong> jedoch ist in Abgrenzung dazu die Abbildung eines Gesamtwillens aller Inhaber.<br />
Zudem ist der Gesellschaftsvertrag oft nicht allen Gesellschaftern geläufig – und er regelt nur das Verhältnis<br />
zwischen Inhaber und Unternehmen, nicht jedoch den Umgang der Familie untereinander: Das Thema<br />
Family Governance, also die Regeln etwa zu Konflikten sowie zur Fortbildung von Gesellschaftern oder zu<br />
gemeinsamen Aktivitäten, die auch gemeinnütziger Natur sein können, regelt das juristische Vertragswerk<br />
nicht. Daher geht von Gesellschaftsverträgen kein emotionaler Mehrwert aus.<br />
15<br />
25%<br />
75%<br />
n=148
Fast drei Viertel der Familienunternehmen haben keine <strong>Familienverfassung</strong>,<br />
weil sie keine Relevanz sehen oder zu wenige Informationen haben<br />
grüNdE, warum kEINE FamIlIENvErFaSSuNg ErSTEllT wurdE<br />
Abb. 3: Familien ohne Regelwerk<br />
Thema keine Relevanz<br />
Zu wenige Informationen<br />
Kein Konsens über Erstellung<br />
Umfangreicher Gesellschaftsvertrag<br />
Sonstiges<br />
5%<br />
5%<br />
16<br />
18%<br />
29%<br />
43%<br />
Mehrfachnennung=111<br />
n=111<br />
<strong>Die</strong> Einstellung zur <strong>Familienverfassung</strong> ist überwiegend positiv. Der Blick in die Zahlen zeigt, dass auch<br />
Familienunternehmen ohne Verfassung ein derartiges Projekt anschieben wollen. Denn über 70 Prozent<br />
der Familienunternehmen ohne <strong>Familienverfassung</strong> wollend das Regelwerk in den nächsten Jahren erstellen,<br />
und mit 47 Prozent knapp die Hälfte sogar innerhalb der nächsten drei Jahre (Abb. 4). Es scheint sich<br />
also abzuzeichnen, dass das Bewusstsein <strong>für</strong> den Wert einer Verfassung <strong>für</strong> die Familie steigt – immer<br />
mehr Inhaberfamilien wollen die wichtigen inhaberstrategischen Fragen von Familie und Unternehmen<br />
regeln, bevor Konflikte, Spannungen und andere Ernstfälle auftreten. Sie haben offenbar erkannt, dass es<br />
sinnvoll ist, neben dem Gesellschaftsvertrag ein System von schriftlich niedergelegten Abmachungen zu<br />
treffen, die das Gesamtsystem Familie und Unternehmen stabilisieren. Ebenso wichtig wie die Regelungen<br />
selbst ist dabei der vorherige gemeinsame Erkenntnis- und Erarbeitungsprozess.
03 Verbreitung: Jede vierte Unternehmerfamilie hat eine Verfassung<br />
Unternehmerfamilien ohne <strong>Familienverfassung</strong> finden deren Erstellung sinnvoll –<br />
etwa die Hälfte will in den nächsten drei Jahren mit der Arbeit beginnen<br />
ErSTElluNg FamIlIENvErFaSSuNg SINNvoll<br />
100%<br />
29%<br />
71%<br />
Abb. 4: Erstellung <strong>Familienverfassung</strong><br />
nein<br />
ja<br />
n=97<br />
ErSTElluNg FamIlIENvErFaSSuNg gEplaNT<br />
17<br />
100%<br />
24%<br />
15%<br />
14%<br />
47%<br />
nein<br />
später<br />
in 3–5 Jahren<br />
in 1–3 Jahren<br />
n= 97
04 Motive und Erwartungen:<br />
Zusammenhalt und Bindung stärken<br />
»Der Familienunternehmer kann sich nicht einfach einen neuen Job suchen,<br />
er ist auf Gedeih und Verderb mit seinem Unternehmen verbunden.«<br />
Motive<br />
19<br />
Prof. Dr. Sabine B. Klein<br />
<strong>Die</strong> Auslöser, die dazu führen, dass sich eine Familie der Erstellung einer Verfassung zuwendet, liegen im<br />
System Familienunternehmen begründet. Es bedarf an zwei Punkten besonderer Vorkehrungen, um die<br />
Erfolgskraft des Systems zu sichern: Einerseits muss die Nachfolge gesichert werden, um den dynastischen<br />
Willen zu realisieren – andererseits müssen notwendige Interessensgegensätze so kanalisiert<br />
werden, dass Konflikten die explosive Kraft genommen wird. Entsprechend fallen die Gewichtungen der<br />
befragten Inhaber aus.<br />
Hauptauslöser <strong>für</strong> die Erstellung einer <strong>Familienverfassung</strong> sind die Nachfolgeregelung (62 Prozent der<br />
Befragten) und die Konfliktprävention (51 Prozent der Befragten), wie Abb. 5 zeigt. Eine <strong>Familienverfassung</strong><br />
ist also ein Instrument zur Sicherung des Fortbestands des Familienunternehmens über Generationen<br />
hinweg. Konflikte über die Nachfolge, aber auch innerhalb des Gesellschafterkreises aufgrund unterschiedlicher<br />
Interessen beispielsweise über die Ausschüttung, sollen damit so gelenkt werden, dass sie das<br />
Unternehmen und den Zusammenhalt der Familie nicht gefährden.<br />
Wichtig ist der präventive Charakter der Regelungen. Denn in einem akuten, einmal ausgebrochenen Konflikt<br />
kann eine eilig eingeführte <strong>Familienverfassung</strong> nichts mehr retten. Sie ist deshalb keine Option bei<br />
Themenfeldern, wo es innerhalb des Gesellschafterkreises bereits offen brennt. Hier sollte mit anderen<br />
Mitteln gearbeitet werden.<br />
<strong>Familienverfassung</strong>en werden schwerpunktmäßig mit dem Ziel der Nachfolgeregelung<br />
und der Konfliktprävention erarbeitet<br />
auSlöSEr Für dIE ErSTElluNg EINEr FamIlIENvErFaSSuNg<br />
Nachfolge Gesellschafterkreis<br />
Konfliktprävention<br />
Lösung akuter Konflikte<br />
Abb. 5: Auslöser Erstellung <strong>Familienverfassung</strong><br />
8%<br />
04 Motive und Erwartungen: Zusammenhalt und Bindung stärken<br />
51%<br />
62%<br />
Mehrfachnennung=45, n=37
Der Impuls zur Erstellung einer <strong>Familienverfassung</strong> kam bei 49 Prozent der befragten Familienunternehmen<br />
von den Gesellschaftern selbst (Abb. 6). <strong>Die</strong>ses Ergebnis deckt sich mit den Beratungserfahrungen von<br />
INTES. Nur wenn unter den Gesellschaftern Konsens darüber besteht, ein gemeinsames Regelwerk zu erarbeiten,<br />
wird dies gelingen und zu nachhaltigen Veränderungen führen. Einzelinitiativen von Beiräten, Ehepartnern,<br />
Nachfolgern oder Gesellschaftern sind dagegen oft zum Scheitern verurteilt. <strong>Die</strong>sen isolierten<br />
Bemühungen fehlt die Durchschlags- und Überzeugungskraft – letztlich ist der gemeinsame Weg das Ziel.<br />
Nur jedes zwanzigste Familienunternehmen ist heute bereits soweit, dass es Familientradition ist, eine<br />
<strong>Familienverfassung</strong> zu erarbeiten und dass es somit keines Anstoßes aus dem Gesellschafterkreis bedarf.<br />
Der Impuls zur Erstellung einer <strong>Familienverfassung</strong> kommt meist<br />
von den Gesellschaftern<br />
ImpulS Für ErSTElluNg FamIlIENvErFaSSuNg durch<br />
Aktive Gesellschafter 49%<br />
Abb. 6: Impuls Erstellung <strong>Familienverfassung</strong><br />
Erwartung<br />
Senior-Generation 41%<br />
Junior-Generation 30%<br />
Beirat 11%<br />
Publikation 8%<br />
Familientradition 5%<br />
Dritte als Vorbild 5%<br />
20<br />
Gesellschafter<br />
Andere<br />
Mehrfachnennung=55, n=37<br />
Unternehmerfamilien erhoffen sich von einer <strong>Familienverfassung</strong> vor allem einen emotionalen Mehrwert.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong> soll den Zusammenhalt in der Familie und die Bindung der Familienmitglieder an<br />
das Unternehmen stärken (Abb. 7). So erwarteten sich Unternehmerfamilien von deren Erarbeitung, dass<br />
sie Frieden und Stabilität in der Familie sichert (84 Prozent der Befragten), sowie den Zusammenhalt und<br />
die Identifikation mit dem Unternehmen stärkt (76 Prozent der Befragten).
04 Motive und Erwartungen: Zusammenhalt und Bindung stärken<br />
Deutlich schwächer ausgeprägt sind zwei andere Punkte: Dass sich mit einer <strong>Familienverfassung</strong> auch Führung<br />
und Kontrolle verbessern lassen (Corporate Governance) und dass sich auch der wirtschaftliche Erfolg<br />
und damit der ökonomische Wert des Unternehmens erhöht, erwarten deutlich weniger der befragten Inhaber.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong> soll vor allem emotionale Werte schaffen<br />
ErwarTuNg aN<br />
FamIlIENvErFaSSuNg<br />
Abb. 7: Erwartungen an <strong>Familienverfassung</strong>en<br />
mIT FamIlIEN-<br />
vErFaSSSuNg<br />
21<br />
ohNE FamIlIEN-<br />
vErFaSSuNg<br />
Frieden und Stabilität sichern 84% 71%<br />
Zusammenhalt und Identifikation fördern 76% 39%<br />
Führung und Kontrolle verbessern 27% 35%<br />
Wirtschaftlichen Erfolg erhöhen 32% 71%<br />
mit <strong>Familienverfassung</strong>: Mehrfachnennung n=81, n=37<br />
ohne <strong>Familienverfassung</strong>: Mehrfachnennung n=240, n=111<br />
Familienunternehmen ohne <strong>Familienverfassung</strong> haben eine ähnliche Erwartungshaltung hinsichtlich der<br />
Sicherung von Frieden und Stabilität. Allerdings erhoffen sie sich von einer <strong>Familienverfassung</strong> auch<br />
einen höheren wirtschaftlichen Erfolg (71 Prozent der Befragten) und eine Verbesserung der Führungs-<br />
und Kontrollstrukturen (35 Prozent der Befragten). <strong>Die</strong> Förderung von Zusammenhalt und Identifikation<br />
tritt als Zielsetzung stärker in den Hintergrund, was auch darauf zurückzuführen sein könnte, dass sich<br />
diese Problematik bei den im Durchschnitt deutlich jüngeren Unternehmen weniger oft einstellt.<br />
EmoTIoNalEr wErT<br />
Der Wert eines Familienunternehmens aus der Sicht der Inhaber setzt<br />
sich zusammen aus einem ökonomischen und einem emotionalen Teil.<br />
Der emotionale Wert ist definiert als Gefühl der Zusammengehörigkeit als<br />
Familie und der Zugehörigkeit zum Familienunternehmen.
Interview mit Christian Gläsel<br />
»Der Prozess ist genial«<br />
<strong>Die</strong> Unternehmerfamilie Gläsel hat durch eine <strong>Familienverfassung</strong> den Interessen<br />
von Familie und Inhaberschaft einen Rahmen gegeben. Christian Gläsel, seit<br />
2008 Vorsitzender des Aufsichtsrates der Weidmüller Gruppe, einem international<br />
agierenden Unternehmen mit Hauptsitz in Detmold, berichtet im Gespräch mit<br />
Dr. Alexander Koeberle-Schmid über den Nutzen der Gläsel-<strong>Familienverfassung</strong>.<br />
dr. alExaNdEr koEbErlE-SchmId: waS war daS<br />
moTIv Für dIE ErarbEITuNg IhrEr FamIlIENvEr-<br />
FaSSuNg?<br />
CHRISTIAN GLäSEL: Unser Ziel war es, mit der <strong>Familienverfassung</strong><br />
zu dokumentieren, wie wir unser<br />
Unternehmen unabhängig und erfolgreich an die<br />
nächste Generation übergeben können.<br />
kamEN bEI dEr ErarbEITuNg dEr FamIlIENvErFaSSuNg<br />
auch SprENgSToFFThEmEN auF<br />
dEN TISch?<br />
Ja, der Prozess hat ungeklärte Familienthemen an<br />
die Oberfläche gebracht. Besonders hilfreich war<br />
hier der erste Workshop, den wir gemeinsam durchgeführt<br />
haben. Anfangs gab es heftige Auseinandersetzungen,<br />
uralte persönliche Konflikte kamen auf<br />
den Tisch. So konnten sie besprochen und aus dem<br />
Weg geräumt werden. Es waren sehr emotionale<br />
Tage. Am Ende des zweiten Workshoptags hatten wir<br />
die Vergangenheit zum größten Teil aufgearbeitet<br />
und konnten nun mit einem gemeinsamen Ziel an<br />
unserer <strong>Familienverfassung</strong> arbeiten.<br />
22<br />
SEIT 2008 habEN SIE NuN IhrE FamIlIENvErFaS-<br />
SuNg. wIE würdEN SIE auS hEuTIgEr SIchT dEN<br />
NuTzEN Für IhrE FamIlIE bESchrEIbEN?<br />
Mit der <strong>Familienverfassung</strong> haben wir ein eindeutiges<br />
Regelwerk geschaffen, das uns allen Sicherheit<br />
gibt. Durch die gemeinsame Erarbeitung wurden<br />
alle Familienmitglieder einbezogen und haben<br />
ihre Beziehung zum Unternehmen gestärkt. Wir<br />
haben alle wichtigen Themen besprochen und sind<br />
uns einig über den Umgang mit ihnen.<br />
waS IST aNdErErSEITS dEr NuTzEN dEr FamIlIENvErFaSSuNg<br />
Für dIE gESchäFTSFühruNg?<br />
Weidmüller wird heute durch ein professionelles<br />
Fremdmanagement geführt. Auch ihnen gibt die<br />
Verfassung Sicherheit in Bezug auf die langfristige<br />
Ausrichtung und die Ziele, die wir mit dem Unternehmen<br />
verfolgen. So haben wir in unserer Verfassung<br />
strategische, finanzielle und – was mir besonders<br />
wichtig ist – auch wertorientierte Ziele gesetzt.<br />
<strong>Die</strong>se langfristige Ausrichtung steigert die<br />
Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber.<br />
Sowohl ich als auch die Geschäftsführung kommuniziert<br />
das weltweit im Unternehmen.
Christian Gläsel<br />
waS IST Für SIE pErSöNlIch dEr gröSSTE<br />
NuTzEN dEr FamIlIENvErFaSSuNg?<br />
Ich persönlich habe durch die <strong>Familienverfassung</strong><br />
sehr viel Klarheit gewonnen. Es gibt keine Grauzonen<br />
mehr in meiner täglichen Arbeit. Ich weiß genau,<br />
wann ich das Mandat meiner Mitgesellschafter<br />
habe, eine Entscheidung zu treffen, und wann<br />
ich ihre Zustimmung einhole. <strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong><br />
hat meine Arbeit als Familienrepräsentant<br />
und Aufsichtsratsvorsitzender damit erleichtert<br />
und professionalisiert.<br />
würdEN SIE auch aNdErEN uNTErNEhmEr-<br />
FamIlIEN EmpFEhlEN, EINE FamIlIENvErFaSSuNg<br />
zu ErarbEITEN?<br />
Wie so häufi g gilt auch hier: Der Weg ist das Ziel.<br />
<strong>Die</strong> Verfassung ist als Regelwerk und Orientierung<br />
<strong>für</strong> alle Familienmitglieder sehr wichtig. Noch wichtiger<br />
aber war ihr Entstehungsprozess. Zunächst gilt<br />
es, alle Mitgesellschafter in ein Boot zu holen und<br />
von der Idee einer Verfassung zu überzeugen. Dann<br />
heißt es, mit großer Offenheit gemeinsam die Verfassung<br />
zu erarbeiten. Ist die Bereitschaft zur offenen<br />
Auseinandersetzung nicht gegeben, so ist das<br />
Ergebnis verwaschen und wird auch in der Anwendung<br />
nicht funktionieren. <strong>Die</strong>ser Prozess kann<br />
23<br />
Interview mit Christian Gläsel<br />
schwierig und emotional sein. Hilfreich ist die Begleitung<br />
durch versierte und vertrauensvolle externe<br />
Moderatoren. Aber <strong>für</strong> mich ist heute klar: <strong>Die</strong><br />
gemeinsame Erarbeitung der <strong>Familienverfassung</strong>,<br />
das Auseinandersetzen miteinander und das Zueinanderfi<br />
nden in gemeinsamen Regeln und Zielen,<br />
das ist der wirkliche Wert einer <strong>Familienverfassung</strong>.<br />
Der Prozess ist genial. Ich überlege mir immer noch,<br />
wie er wiederholt werden kann. Derzeit überprüfen<br />
und diskutieren wir die <strong>Familienverfassung</strong> einmal<br />
im Jahr und halten so unser Interesse und unsere<br />
Aufbruchsstimmung lebendig.<br />
weidmüller ist weltweit führender anbieter von<br />
lösungen <strong>für</strong> die elektrische verbindung, übertragung<br />
und wandlung von Energie, Signalen und daten<br />
<strong>für</strong> industrielle anwendungen. 2010 erwirtschafteten<br />
4.000 mitarbeiter einen umsatz von 535 mio. Euro.<br />
Quelle: Koeberle-Schmid/Fahrion/Witt, Family Business<br />
Governance – Erfolgreiche Führung von Familienunternehmen,<br />
2. Aufl age, Herbst 2011, mit freundlicher Genehmigung<br />
© Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2011
05 Ergebnisse: <strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong> schafft<br />
ökonomischen und emotionalen Mehrwert<br />
»Wird dem Unternehmen ein emotionaler Wert beigemessen, generiert das Besitzen<br />
des Unternehmens nichtfinanzielle Vorteile <strong>für</strong> die Inhaber wie beispielsweise Stolz,<br />
Status, Ansehen und Freude. Das (…) zeigt, dass Anteilseigner so nachhaltiger<br />
befriedigt werden als durch pure finanzielle Vorteile.«<br />
Erwartungen voll erfüllt<br />
Aus der Studie: »Emotional Value – Der emotionale Wert, ein Unternehmen zu besitzen«<br />
<strong>Die</strong> Ergebnisse unserer Befragungen zeigen, dass die hohen Erwartungen an die <strong>Familienverfassung</strong> nicht<br />
unbegründet sind. In knapp 80 Prozent der befragten Unternehmerfamilien wurden die Erwartungen an<br />
die <strong>Familienverfassung</strong> voll erfüllt oder sogar übertroffen (Abb. 8). Addiert man jene Familienunternehmen<br />
noch hinzu, bei denen die Erwartungen ausreichend erfüllt wurden, so liegt man bei knapp 95 Prozent.<br />
<strong>Die</strong>ses Ergebnis zeigt, dass eine <strong>Familienverfassung</strong> zu positiven Veränderungen in Familie und<br />
Unternehmen führt. Es ist auch ein Indiz da<strong>für</strong>, dass eine <strong>Familienverfassung</strong> in der Praxis mit Leben gefüllt<br />
wird und insofern kein totes Dokument bleibt.<br />
Das Regelwerk hat sich in der Praxis bewährt<br />
ErwarTuNgEN aN FamIlIENvErFaSSuNg ErFüllT<br />
trifft zu<br />
Abb. 8: Erfüllung Erwartungen <strong>Familienverfassung</strong><br />
trifft nicht zu<br />
15%<br />
6%<br />
24<br />
79%<br />
trifft voll zu und<br />
übertroffen<br />
n=33
Emotionaler Mehrwert<br />
05 Ergebnisse: <strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong> schafft ökonomischen und emotionalen Mehrwert<br />
Vergleicht man die Erwartungen an eine <strong>Familienverfassung</strong> mit den Ergebnissen, wird deutlich, dass sich<br />
die angenommene Stärkung des Zusammenhalts und der Identifikation sowie die Sicherung von Frieden<br />
und Stabilität in der Praxis auch einstellen (Abb. 9). <strong>Die</strong>s lässt die Schlussfolgerung zu, dass durch eine<br />
<strong>Familienverfassung</strong> ein hoher emotionaler Mehrwert entsteht.<br />
Zusammenhalt, Identifikation, Führungs- und Kontrollstrukturen und<br />
Stabilität werden gestärkt<br />
zuFrIEdENhEITSgradE voN FamIlIENuNTErNEhmEN mIT FamIlIENvErFaSSuNg<br />
Zusammenhalt und Identifikation fördern 4,3<br />
Führung und Kontrolle verbessern 4,2<br />
Abb. 9: Zufriedenheitsgrade<br />
Frieden und Stabilität sichern 4,1<br />
Wirtschaftlichen Erfolg erhöhen<br />
Ökonomischer Mehrwert<br />
1 nicht erfüllt<br />
25<br />
Erfüllungsgrad<br />
voll erfüllt 5<br />
3,8<br />
Mittelwerte: n = 37<br />
Interessant ist, dass sich Führung und Kontrolle im Familienunternehmen durch eine <strong>Familienverfassung</strong><br />
verbessern, obwohl das nur von wenigen Befragten so erwartet wurde. Hier zeigt sich die besondere Leistungsfähigkeit<br />
des Regelwerks: Zufällige oder durch Gewohnheit entstandene, aber nie kodifizierte Vorgehensweisen<br />
werden durch konkrete, verbindliche und <strong>für</strong> alle Beteiligten sichtbare Regeln ersetzt. Das ist<br />
zum Beispiel dann der Fall, wenn die <strong>Familienverfassung</strong> Aussagen zur Struktur der Führung macht, allgemeine<br />
Regeln zum Ablauf der Nachfolge aufstellt oder die Gestaltung der Kontrolle durch einen Beirat
egelt. Das zeigt, dass Governance-Regeln auf der Inhaberebene sinnvoll und notwendig sind, insbesondere<br />
bei Familienunternehmen, die sich schon weiter als eine Generation vom Zeitpunkt der Gründung<br />
entfernt haben.<br />
Zwar ist die Erzeugung eines unmittelbaren ökonomischen Nutzens nicht das explizite Ziel bei der Schaffung<br />
eines Familienregelwerks. Dennoch ist der wirtschaftliche Vorteil evident. Denn auch eine emotionale<br />
Kategorie wie der bewahrte Frieden, der noch im Entstehen aufgegriffene und gelöste Konflikt oder die<br />
dank der Regeln zügig gelöste Nachfolgefrage haben direkten wirtschaftlichen Nutzen: <strong>Die</strong> Familie bleibt<br />
eine emotionale Einheit, der Geschäftsbetrieb wird nicht durch einen Streit belastet, das Unternehmen<br />
kann ohne Störung aus der Inhabersphäre geführt werden.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong> sorgt also regelmäßig auch <strong>für</strong> einen ökonomischen Wert: <strong>Die</strong> Studienergebnisse<br />
zeigen einen klaren, positiven Zusammenhang zwischen Verfassung und unternehmerischer Fitness: Eine<br />
Umsatzrendite von über 5 Prozent erwirtschafteten 58 Prozent der Unternehmen mit Verfassung, aber nur<br />
46 Prozent der Unternehmen ohne <strong>Familienverfassung</strong> (Abb. 10).<br />
Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> sind ökonomisch erfolgreicher<br />
FamIlIENuNTErNEhmEN mIT umSaTzrENdITE übEr 5% IN 2010<br />
46%<br />
Abb. 10: Wirtschaftliches Ergebnis der Familienunternehmen<br />
26<br />
58%<br />
ohne <strong>Familienverfassung</strong> mit <strong>Familienverfassung</strong><br />
ohne FV: n=97, mit FV: n=29
Signifikant höhere Zufriedenheit<br />
05 Ergebnisse: <strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong> schafft ökonomischen und emotionalen Mehrwert<br />
Zudem zeigen die Ergebnisse, dass die Verfassung unmittelbar auf die emotionale Konstitution der Familie<br />
wirkt: Unternehmerfamilien mit <strong>Familienverfassung</strong> sind signifikant zufriedener mit den Regeln <strong>für</strong> Unternehmen<br />
und Familie als Inhaber ohne <strong>Familienverfassung</strong>. Das zeigt: Einzelne, nach Opportunitäten<br />
etablierte und oft wieder vergessene Regeln oder auch ein Gesellschaftsvertrag vermögen nicht dasselbe<br />
zu leisten wie eine <strong>Familienverfassung</strong>. <strong>Die</strong> befragten Inhaber mit <strong>Familienverfassung</strong> sind um 30 Prozent<br />
zufriedener als solche ohne dieses Regelwerk. Zudem wird die Zufriedenheit der Familie mit <strong>Familienverfassung</strong><br />
um 21 Prozent höher eingeschätzt (Abb. 11).<br />
<strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong> schafft ein signifikant nachweisbares Plus<br />
bei der Zufriedenheit in der Familie<br />
zuFrIEdENhEIT bEFragTE pErSoN<br />
mIT rEgElwErk<br />
3,39<br />
4,39<br />
ohne FV mit FV<br />
+ 30%<br />
Mittelwerte; mit FV: n=36 ohne FV: n=110<br />
gESchäTzTE zuFrIEdENhEIT FamIlIE<br />
mIT rEgElwErk<br />
Abb. 11: Zufriedenheit mit Regelwerk (FV: <strong>Familienverfassung</strong>; Skala: 1 = überhaupt nicht zufrieden – 5 = sehr zufrieden)<br />
27<br />
3,49<br />
4,22<br />
ohne FV mit FV<br />
+ 21%<br />
Mittelwerte; mit FV: n=36 ohne FV: n=102<br />
Dass Inhaber, die sich eine <strong>Familienverfassung</strong> gegeben haben, zufriedener sind als die Vergleichsgruppe<br />
ohne Verfassung, hat einen einfachen Grund. In den meisten <strong>Familienverfassung</strong>en sind alle typischen<br />
Lebenslagen aus der Sphäre Unternehmen und Familie einmal besprochen, durchdacht und geregelt. <strong>Die</strong>se<br />
Vorkehrungen auf der inhaberstrategischen Ebene schaffen Sicherheit, wenn die Regelungen klar und<br />
umfassend sind und in der Praxis auch befolgt werden – genau das ist bei Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong><br />
deutlich häufiger der Fall.
<strong>Familienverfassung</strong>en schaffen klare<br />
und gute Regelwerke<br />
In der <strong>Familienverfassung</strong> werden Grundsätze und Regeln aufgestellt zu den Themen Mitgliedschaft,<br />
Selbstverständnis, Inhaber-Geschäftsmodell sowie Corporate Governance (Nachfolge, Mitarbeit, Beirat,<br />
Ausschüttung und Ausscheiden) und Family Governance (Family Activity, Family Education, Family Office<br />
und Family Philantrophy).<br />
Mitgliedschaft<br />
Wenn die <strong>Familienverfassung</strong> sagt, wer Mitglied im Kreis der Gesellschafter sein darf und wer nicht, muss<br />
niemand mehr darüber diskutieren. Das wird gerade in einer Zeit von Mehrfachehen und Patchworkfamilien<br />
immer wichtiger. So muss die Inhaberfamilie also beispielsweise festlegen, ob nur eheliche und leibliche<br />
Abkömmlinge Inhaber sein dürfen, oder ob auch adoptierte Kinder oder Kinder aus zweiter Ehe Anteile<br />
am Unternehmen erben können. <strong>Die</strong> Zugehörigkeit zum Gesellschafterkreis (Mitgliedschaft) ist bei<br />
92 Prozent der Unternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> geregelt – hingegen nur bei 66 Prozent der Firmen<br />
ohne <strong>Familienverfassung</strong> (Abb. 12). Fehlt eine Regelung, kann im Erbfall schnell Streit entstehen. Und es<br />
besteht keine Klarheit darüber, wer überhaupt zur Unternehmerfamilie gehört. Deshalb sehen ein Drittel<br />
der Unternehmerfamilien ohne <strong>Familienverfassung</strong> deutlich Veränderungsbedarf bei ihrem bestehenden<br />
Regelwerk. Unternehmerfamilien mit <strong>Familienverfassung</strong> sind im Gegensatz dazu mit den von ihnen getroffenen<br />
Regeln zufrieden, weshalb nur 15 Prozent Veränderungsbedarf sehen.<br />
Unternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> haben die wichtigen Bereiche Mitgliedschaft,<br />
Selbstverständnis und Geschäftsmodell klarer und besser geregelt<br />
ExISTENz SchrIFTlIch FESTgElEgTEr rEgElN<br />
92%<br />
94%<br />
Abb. 12: Frage nach vorhandenen Regeln<br />
mit <strong>Familienverfassung</strong> ohne <strong>Familienverfassung</strong><br />
53%<br />
15%<br />
n=36 = Veränderungsbedarf<br />
10%<br />
24%<br />
Mitgliedschaft<br />
Zugehörigkeit zum<br />
Gesellschafterkreis<br />
Selbstverständnis<br />
Werte und Ziele <strong>für</strong> Familien<br />
und Unternehmen<br />
Inhaber-<br />
Geschäftsmodell<br />
Strategische Eckpunkte<br />
des Unternehmens<br />
28<br />
33%<br />
34%<br />
34%<br />
66%<br />
52%<br />
58%<br />
n=108
Selbstverständnis<br />
05 Ergebnisse: <strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong> schafft ökonomischen und emotionalen Mehrwert<br />
Das Fundament <strong>für</strong> den Zusammenhalt im Familienunternehmen sind gemeinsame Werte und Ziele (Selbstverständnis)<br />
in Bezug auf Familie, Unternehmen und familiäre Inhaberschaft. 94 Prozent der Familienunternehmen<br />
mit <strong>Familienverfassung</strong> haben sich auf klare, explizite Werte und Ziele verständigt, während<br />
diese Zahl bei Familienunternehmen ohne <strong>Familienverfassung</strong> nur bei 34 Prozent liegt (Abb. 12). Es ist<br />
leicht nachvollziehbar, dass ein gemeinsames Ziel- und Wertegerüst der wichtigste Erfolgsfaktor<br />
eines Familienunternehmens ist, wenn es darum geht, Streit zu vermeiden und langfristigen Erfolg zu<br />
sichern. So wollen Unternehmerfamilien ohne <strong>Familienverfassung</strong> in 58 Prozent der Fälle gemeinsam Werte<br />
und Ziele erarbeiten, die das Handeln aller am Familienunternehmen beteiligten Personen leiten sollen.<br />
Inhaber-Geschäftsmodell<br />
<strong>Die</strong> Werte und Ziele der Familie in Bezug auf das Unternehmen werden in einer <strong>Familienverfassung</strong> durch<br />
Grundentscheidungen über die Eckpunkte des Geschäftsmodells konkretisiert. Dazu zählen etwa Vorgaben<br />
zu Wachstum, Eigenkapitalquote oder Diversifikation. <strong>Die</strong>se Vorgaben helfen, beispielsweise das Dilemma<br />
zwischen der wachsenden Zahl der Gesellschafter, dem Unternehmenswachstum und der Höhe der Ausschüttung<br />
einvernehmlich zu regeln oder aber aktives Risikomanagement seitens der Inhaber zu betreiben. Zu<br />
diesen Themen haben Unternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> in 53 Prozent der Fälle Vorgaben getroffen, aber<br />
nur 34 Prozent der Unternehmen ohne <strong>Familienverfassung</strong> (Abb. 12). Auffällig ist, dass in diesem Bereich die<br />
Anzahl der Unternehmen mit Regelungen sehr gering ist und insofern ein gewisser Nachholbedarf besteht,<br />
klare strategische Leitplanken <strong>für</strong> das Management von Familienunternehmen zu etablieren. Aus diesem<br />
Grund wollen Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> in 24 Prozent der Fälle, jene ohne <strong>Familienverfassung</strong><br />
sogar in 52 Prozent der Fälle Grundentscheidungen über das Inhaber-Geschäftsmodell treffen.<br />
Nachfolge<br />
Was das wichtige Thema der Nachfolgeregelung betrifft, so gibt es in 84 Prozent der Familienunternehmen<br />
mit <strong>Familienverfassung</strong> ein feststehendes Anforderungsprofil <strong>für</strong> den nächsten Geschäftsführer, hingegen<br />
nur bei 28 Prozent der Unternehmen ohne <strong>Familienverfassung</strong> (Abb. 13). Einen formalen Auswahlprozess<br />
<strong>für</strong> den Nachfolger gibt es bei 73 Prozent der Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong>, hingegen nur<br />
bei 24 Prozent ohne <strong>Familienverfassung</strong>. Hier ist deutlicher Nachholbedarf erkennbar. Es ist <strong>für</strong> den erfolgreichen<br />
Übergang von einer zur nächsten Generation unabdingbar, ein schlüssiges Nachfolgekonzept<br />
zu erarbeiten, in dem die inhaberstrategische Richtung, das Nachfolgemodell und die Entwicklungsprogramme<br />
<strong>für</strong> Junioren und Senioren festgelegt sind. <strong>Die</strong> Vermutung liegt nahe, dass die Regelungen, die<br />
Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> getroffen haben, deutlich besser sind als bei jenen ohne<br />
<strong>Familienverfassung</strong>, da weniger Veränderungsbedarf besteht.<br />
29
Verstirbt ein Mitglied der Inhaberfamilie, handelt es sich um eine Nachfolge im Zeitraffer. Da<strong>für</strong> haben<br />
Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> (69 Prozent) und ohne <strong>Familienverfassung</strong> (57 Prozent)<br />
etwa gleich häufig Vorkehrungen getroffen (Abb. 13). Allerdings besteht bei jenen mit <strong>Familienverfassung</strong><br />
deutlich weniger änderungsbedarf, d.h. die Notfallregeln sind besser als bei Familienunternehmen ohne<br />
<strong>Familienverfassung</strong>.<br />
Auch Nachfolge und Mitarbeit von Familienmitgliedern haben Unternehmen mit<br />
<strong>Familienverfassung</strong> klarer und besser geregelt.<br />
ExISTENz SchrIFTlIch FESTgElEgTEr corporaTE-govErNaNcE-rEgElN<br />
mit <strong>Familienverfassung</strong> ohne <strong>Familienverfassung</strong><br />
Nachfolge<br />
84% 26%<br />
28%<br />
49%<br />
Nachfolge<br />
73% 22%<br />
24% 42%<br />
n=36 = Veränderungsbedarf<br />
Abb. 13: Existenz Regeln Corporate Governance (Nachfolge, Mitarbeit)<br />
anhand feststehenden<br />
Anforderungsprofils<br />
anhand formalen<br />
Auswahlprozesses<br />
Nachfolge<br />
69% 29%<br />
55% 57%<br />
bei plötzlichem Ausfall<br />
des Unternehmers<br />
Mitarbeit<br />
91% 11%<br />
38% 44%<br />
Familie auf<br />
Führungsebene<br />
Mitarbeit<br />
59% 12%<br />
27% 30%<br />
Familie unterhalb<br />
Führungsebene<br />
30<br />
n=97
Mitarbeit<br />
05 Ergebnisse: <strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong> schafft ökonomischen und emotionalen Mehrwert<br />
<strong>Die</strong> Diskussion über die Frage der Mitarbeit von Familienmitgliedern im Familienunternehmen wird häufig<br />
emotional geführt. Dabei geht es um Lebensstandards oder um falsch verstandene Fürsorgepflichten<br />
<strong>für</strong> Familienmitglieder. Eine Regelung dazu ist spätestens ab der Geschwistergesellschaft zu treffen, wenn<br />
mehrere Inhaber am Unternehmen beteiligt sind. Deshalb treffen auch Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong>,<br />
die durchschnittlich 13 Gesellschafter haben, in 91 Prozent der Fälle klare Regeln dazu, ob<br />
Familienmitglieder auf der Führungsebene mitarbeiten dürfen oder nicht (Abb. 13). Bei Familienunternehmen<br />
ohne <strong>Familienverfassung</strong> ist das nur bei 44 Prozent der Fall, wobei immerhin 38 Prozent Veränderungsbedarf<br />
anmelden.<br />
Auch die Mitarbeit eines Familienmitglieds unterhalb der Führungsebene gehört zu den Regelungstatbeständen.<br />
Dabei überrascht, dass dieses Thema nur von 59 Prozent der Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong><br />
angegangen wird. Gerade hier besteht Konfliktpotenzial, vor allem wenn es um die Frage<br />
geht, wer mitarbeiten darf und wer nicht. Außerdem kann die Mitarbeit von Inhabern unterhalb der Führungsebene<br />
zu Irritationen bei Vorgesetzten und Kollegen führen.<br />
Beirat<br />
Zu guter Governance im Familienunternehmen gehört nicht nur eine gute Führung, sondern auch die<br />
passende Kontrolle. Laut einer INTES-Studie aus dem Jahr 2008 haben etwa 60 Prozent der Familienunternehmen<br />
einen Beirat installiert. Jene mit <strong>Familienverfassung</strong> haben zu diesem Thema deutlich häufiger<br />
Regelungen getroffen. So haben sie in 82 Prozent der Fälle die Aufgaben des Beirats (Kontrolle, Beratung,<br />
Personalwahl) definiert und sehen dort auch kaum änderungsbedarf (Abb. 14). Bei Familienunternehmen<br />
ohne <strong>Familienverfassung</strong> gibt es seltener definierte Aufgaben – allerdings denken 39 Prozent darüber<br />
nach, dies zu konkretisieren. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Zusammensetzung des Beirats. Familienunternehmen<br />
mit <strong>Familienverfassung</strong> haben dazu klare Regelungen getroffen (77 Prozent), die sie <strong>für</strong> gut<br />
empfinden (bei nur 11 Prozent besteht Veränderungsbedarf). Bei Familienunternehmen ohne <strong>Familienverfassung</strong><br />
bestehen nur in 46 Prozent der Fälle klare Regelungen zur Zusammensetzung, die in 33 Prozent<br />
der Unternehmen auch geändert werden sollen.<br />
Es zeigt sich also, dass sich Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> eine klare Führungs- und Kontrollstruktur<br />
geben. Zwar haben nur rund ein Viertel von ihnen erwartet, dass sich durch die <strong>Familienverfassung</strong><br />
die Corporate Governance verbessert (Abb. 7). Doch zeigen die Ergebnisse, dass im Zuge der<br />
Erarbeitung einer <strong>Familienverfassung</strong> zur Führung, Kontrolle und Mitarbeit eindeutige Regelungen getroffen<br />
wurden, mit denen die Familie dann auch sehr zufrieden ist.<br />
31
<strong>Die</strong> Themenbereiche Beirat, Ausschüttung und Ausscheiden von Gesellschaftern<br />
sind bei Familienunternehmen mit Verfassung auch klarer und besser geregelt.<br />
ExISTENz SchrIFTlIch FESTgElEgTEr corporaTE-govErNaNcE-rEgElN<br />
mit <strong>Familienverfassung</strong> ohne <strong>Familienverfassung</strong><br />
Beirat<br />
82% 15%<br />
39% 50%<br />
77% 11%<br />
33% 46%<br />
n=30 = Veränderungsbedarf<br />
Beirat<br />
Zusammensetzung<br />
Ausschüttung<br />
84% 20%<br />
29% 65%<br />
Verteilung<br />
Unternehmensgewinn<br />
Ausscheiden<br />
81% 11%<br />
Kündigungsfrist und<br />
35% 61%<br />
Abb. 14: Existenz Regeln Corporate Governance (Beirat, Ausschüttung, Ausscheiden)<br />
Ausschüttung und Ausscheiden<br />
Aufgaben (Kontrolle,<br />
Beratung, Personalwahl)<br />
32<br />
Abfindungshöhe<br />
n=106<br />
Neben den Machtthemen der Corporate Governance regeln Unternehmerfamilien in ihrer <strong>Familienverfassung</strong><br />
auch wichtige Geldthemen. <strong>Die</strong> Gewinnverteilung, also die Frage nach der Ausschüttung, ist in 84<br />
Prozent der Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> geregelt und wird als gut empfunden. Nur 20<br />
Prozent der Befragten sehen Veränderungsbedarf. Hingegen ist die Gewinnverteilung nur bei 65 Prozent<br />
der Familienunternehmen ohne <strong>Familienverfassung</strong> klar geregelt und der gefühlte änderungsbedarf liegt<br />
hier mit 29 Prozent deutlich höher (Abb. 14).<br />
Das freiwillige und unfreiwillige Ausscheiden aus wichtigem Grund ist in 81 Prozent der Familienunternehmen<br />
mit <strong>Familienverfassung</strong> geregelt (Veränderungsbedarf nur bei 11 Prozent), hingegen nur bei<br />
61 Prozent der Familienunternehmen ohne <strong>Familienverfassung</strong> (Veränderungsbedarf bei 35 Prozent).<br />
Auch wenn die Unterschiede der Vergleichsgruppen geringer ausfallen als bei anderen Fragen, bleibt<br />
festzustellen: Neben Macht ist Geld die große Konfliktursache in Familienunternehmen und sollte daher<br />
klaren Regelungen unterliegen, die im Konsens aller Inhaber erarbeitet werden. Dabei ist empfehlenswert,<br />
dass diese eindeutig auch im Gesellschaftsvertrag umgesetzt werden.
Family Governance<br />
05 Ergebnisse: <strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong> schafft ökonomischen und emotionalen Mehrwert<br />
Regeln zum Management des Unternehmens (Corporate Governance) sind im Familienunternehmen durch<br />
Maßnahmen zum Management der Unternehmerfamilie (Family Governance) zu ergänzen. Allerdings fällt<br />
auf, dass hierzu sowohl bei jenen Familienunternehmen mit als auch ohne <strong>Familienverfassung</strong> weniger<br />
häufig Regelungen getroffen wurden als bei anderen Themen (Abb. 15). So scheinen doch gerade Family-<br />
Governance-Maßnahmen neben der Definition des gemeinsamen Selbstverständnisses den Zusammenhalt<br />
und die Identifikation mit dem Unternehmen zu stärken. Frieden und Stabilität werden eher durch die<br />
Corporate-Governance-Regelungen bewirkt.<br />
Beachtlich ist aber, dass 68 Prozent der Familienunternehmen mit einer <strong>Familienverfassung</strong> Aktivitäten<br />
wie Familientreffen veranstalten, hingegen nur 25 Prozent der Familienunternehmen ohne <strong>Familienverfassung</strong><br />
(Abb. 15). Dabei zeigt sich, dass beide Gruppen noch mehr gemeinsame Aktivitäten unternehmen<br />
möchten, da 18 bzw. 30 Prozent Veränderungsbedarf sehen. Auch in dieser Frage schneiden also Familienunternehmen<br />
mit <strong>Familienverfassung</strong> deutlich besser ab.<br />
<strong>Die</strong> Ausbildung der Gesellschafter zu professionellen, verantwortungsvollen Inhabern ist <strong>für</strong> den Erfolg<br />
eines Familienunternehmens besonders wichtig. Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> erkennen<br />
die Relevanz von Family-Education-Veranstaltungen und investieren in 53 Prozent der Fälle systematisch<br />
in die Ausbildung ihrer Gesellschafter (Abb. 15). Bei Familienunternehmen ohne <strong>Familienverfassung</strong> ist<br />
dies nur in 17 Prozent der Fälle gegeben. Auch in diesem Bereich besteht insgesamt <strong>für</strong> alle Familienunternehmen<br />
noch Handlungsbedarf, was sich gerade durch die hohen Werte der gewünschten Veränderung<br />
ergibt, die bei 24 bzw. 39 Prozent liegen.<br />
Service-Leistungen <strong>für</strong> Gesellschafter (Family Office) sind ein weiterer Baustein einer umfassenden Family<br />
Governance. Dabei werden den Gesellschaftern oft rechtliche und steuerliche Unterstützung im Zusammenhang<br />
mit ihrer Beteiligung angeboten. Ein Family Office kann aber auch das freie Vermögen der Gesellschafter<br />
verwalten oder sogar <strong>Die</strong>nstleistungen in Form von Reisebuchungen oder Kinderbetreuung anbieten.<br />
38 Prozent der Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> haben Regelungen zum Family Office getroffen<br />
(Abb. 15). Bei Unternehmen ohne <strong>Familienverfassung</strong> hingegen sind Regeln zum Family Office kaum<br />
verbreitet (nur 10 Prozent), allerdings besteht in 31 Prozent der Fälle der Wunsch nach Veränderung.<br />
Zahlreiche Unternehmerfamilien verfolgen das Ziel, einen Teil ihres Vermögens der Allgemeinheit zu übergeben<br />
(Family Philanthropy). Dabei überlassen manche Inhaberfamilien diese Aufgabe jedem Einzelnen,<br />
andere sind gemeinsam philanthropisch tätig. So haben 34 Prozent der Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong><br />
eine Regelung getroffen, im Gegensatz zu 18 Prozent jener ohne <strong>Familienverfassung</strong> (Abb. 15).<br />
Dass Unternehmerfamilien hier mehr tun wollen, zeigt der Veränderungsbedarf, der bei Familienunternehmen<br />
mit <strong>Familienverfassung</strong> bei 21 Prozent und bei jenen ohne bei 25 Prozent liegt.<br />
33
Familienaktivitäten, Wissensvermittlung, <strong>Die</strong>nstleistung und philanthropische<br />
Aktivitäten haben Unternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> klarer und besser<br />
geregelt<br />
ExISTENz SchrIFTlIch FESTgElEgTEr FamIly-govErNaNcE-rEgElN<br />
n=32 = Veränderungsbedarf<br />
Abb. 15: Existenz Regeln Family Governance<br />
mit <strong>Familienverfassung</strong> ohne <strong>Familienverfassung</strong><br />
Family Activity<br />
68% 18%<br />
25% 30%<br />
Family Education<br />
53% 24%<br />
17% 39%<br />
34<br />
gemeinsame<br />
Aktivitäten<br />
Ausbildung<br />
Gesellschafter<br />
Family Office<br />
38% 5%<br />
10% 31%<br />
Service-Leistungen <strong>für</strong><br />
Gesellschafter<br />
Family Philanthropy<br />
34% 21% soziales Engagement 18% 25%<br />
(Stiftung)<br />
n=104
05 Ergebnisse: <strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong> schafft ökonomischen und emotionalen Mehrwert<br />
Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong>en<br />
halten sich besser an ihre Regelwerke<br />
Es ist deutlich erkennbar, dass Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> die wichtigsten inhaberstrategischen<br />
Fragen klarer und umfassender beantwortet haben. Doch die bloße Existenz entsprechender<br />
Regelwerke allein bewirkt noch keine Veränderungen. Während sich Unternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong><br />
nahezu immer an die aufgestellten Regeln halten (Mittelwert der Einhaltung der Regelwerke auf<br />
einer Skala von 1 <strong>für</strong> »überhaupt nicht eingehalten« bis 5 <strong>für</strong> »immer eingehalten« liegt bei 4,28), liegt<br />
dieser Wert bei Familienunternehmen ohne <strong>Familienverfassung</strong> deutlich geringer (Abb. 16). Familien-<br />
unternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> beachten signifikant häufiger (+ 18 Prozent) ihre selbst auferlegten<br />
Regelwerke als Familienunternehmen ohne <strong>Familienverfassung</strong>.<br />
<strong>Die</strong>ses Ergebnis deckt sich eindeutig mit den INTES Beratungserfahrungen. So werden durch eine <strong>Familienverfassung</strong><br />
neben dem gemeinsamen Regelwerk auch Mechanismen geschaffen, die Transparenz und<br />
Einhaltung der Regeln sicherstellen. Hierzu gehört beispielsweise die Verlagerung wichtiger Entscheidungen<br />
in Gremien wie Beiräte oder Gesellschafterausschüsse. Hinzu kommt, dass nicht nur die Transparenz<br />
und die Einhaltung der Regeln erhöht wird, sondern auch die Einsicht in die Richtigkeit der gemeinsam<br />
erarbeiteten Ansätze.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Familienverfassung</strong> stellt sicher, dass Regeln in der Praxis auch<br />
angewendet werden<br />
EINhalTuNg dEr rEgElwErkE<br />
3,63<br />
ohne <strong>Familienverfassung</strong><br />
mit <strong>Familienverfassung</strong><br />
Abb. 16: Einhaltung Regeln <strong>Familienverfassung</strong> (Skala: 1 = überhaupt nicht eingehalten; 5 = immer eingehalten)<br />
35<br />
4,28<br />
+ 18%<br />
ohne FV: n=109, mit FV: n=36
06 Erarbeitung der <strong>Familienverfassung</strong>:<br />
Mit einem stringenten Prozess zum Ziel<br />
»Es wird empfohlen, die Bestandteile aus diesem Kodex individuell zu regeln.<br />
<strong>Die</strong>se Regelungen soll die Inhaberfamilie gemeinsam verabschieden, und sie<br />
sollen <strong>für</strong> eine vereinbarte Laufzeit Gültigkeit besitzen.«<br />
Externe Begleitung<br />
Governance Kodex <strong>für</strong> Familienunternehmen: www.kodex-fuer-familienunternehmen.de<br />
Familien, die eine Verfassung erarbeiten, fördern oft explosives Material zutage. <strong>Die</strong> ganze Wucht der<br />
Themen Geld, Macht und Liebe kommt offen zum Ausbruch, wenn über verbindliche Regeln und Prozesse<br />
diskutiert werden soll. Manche alte, unbeglichene Rechnung und manches vor Jahren im Familienkreis<br />
verletzte Ego können Emotionen hochkochen lassen.<br />
Viele Inhaberfamilien vertrauen sich deshalb bei der Erarbeitung einem externen Moderator und Experten<br />
an. <strong>Die</strong>ser kann der Diskussion Richtung und Leitplanken geben, er kann, weil er nicht Partei innerhalb<br />
der Familie ist, Emotionen bändigen und den Blick auf das gemeinsame Ziel sicherstellen. So sichert der<br />
Externe die Ergebnisorientierung des Prozesses. 68 Prozent der Unternehmerfamilien haben einen ex-<br />
ternen Berater als Moderator und Experten eingesetzt, als sie ihre <strong>Familienverfassung</strong> erarbeitet haben<br />
(Abb. 17). <strong>Die</strong>ser Einsatz lohnt: Weitere Analysen ergeben, dass die Zufriedenheit mit der Verfassung regelmäßig<br />
besonders hoch ist, wenn ein von außen kommender Fachmann das Vorhaben begleitete (der<br />
Mittelwert der Zufriedenheit auf einer Skala von 1 <strong>für</strong> »überhaupt nicht zufrieden« bis 5 <strong>für</strong> »sehr zufrieden«<br />
liegt bei 4,3 bei Einsatz des externen Beraters, bei 3,7 bei Einsatz des Beirats und bei Einsatz eines<br />
Vertrauten der Familie bei 4,2).<br />
<strong>Die</strong> Erarbeitung einer <strong>Familienverfassung</strong> erfolgt in ganztätigen Workshops. <strong>Die</strong> Familiengesellschafter in<br />
Gänze, bei großen Familien deren ausgewählte Repräsentanten, beantworten in einer Gruppe von maximal<br />
20 Teilnehmern alle relevanten inhaberstrategischen Fragen. Struktur kann dabei der Governance Kodex <strong>für</strong><br />
Familienunternehmen oder das INTES-Inhaber-Strategie-Haus (Abb. 18) geben. Im Rahmen der Erarbeitung<br />
einer Inhaber-Strategie werden folgende zentrale Fragen gestellt:<br />
Wie ist die Mitgliedschaft in der Inhaberfamilie geregelt und wie ist sie organisiert?<br />
Was sind Ziele, Werte und Selbstverständnis der Familie in Bezug auf die Familie selbst, das Unternehmen<br />
und die familiäre Inhaberschaft?<br />
Welches Inhaber-Geschäftsmodell strebt die Familie an, d.h. welches Chancen-Risiko-Profil wird<br />
erwartet, welcher Grad der Fokussierung oder Diversifizierung ist angemessen und wie sieht die<br />
zugrunde liegende Organisationsstruktur und Strategie aus?<br />
36
06 Erarbeitung der <strong>Familienverfassung</strong>: Mit einem stringenten Prozess zum Ziel<br />
Wie soll die Corporate Governance geregelt werden hinsichtlich der Machtthemen wie Führung und<br />
Kontrolle, aber auch hinsichtlich der Geldthemen wie Vergütung, Dividenden oder Ausscheiden von<br />
Gesellschaftern?<br />
Wie sehen Regeln und Aktivitäten im Rahmen der Family Governance aus, um den Zusammenhalt der<br />
Familie zu fördern?<br />
Welche Rollen wollen die Mitglieder der Inhaberfamilie in Unternehmen und Familie wahrnehmen?<br />
Bei der Erstellung einer <strong>Familienverfassung</strong> werden überwiegend externe<br />
Berater bevorzugt<br />
IdEalEr prozESSbEglEITEr bEI dEr ErSTElluNg EINEr FamIlIENvErFaSSuNg<br />
ohne Prozessbegleiter<br />
Vertraute der Familie<br />
Abb. 17: Prozessbegleiter<br />
Beirat<br />
Externe Berater<br />
8%<br />
14%<br />
14%<br />
19%<br />
22%<br />
= mit <strong>Familienverfassung</strong>, = ohne <strong>Familienverfassung</strong><br />
25%<br />
37<br />
51%<br />
68%<br />
mit FV: Mehrfachnennung=41, n=37<br />
ohne FV: Mehrfachnennung=122, n=111
<strong>Die</strong> erfolgreiche Erarbeitung von <strong>Familienverfassung</strong>en muss nach einem<br />
stringenten Prozess erfolgen<br />
mIT dEm INTES-INhabEr-STraTEgIEprozESS zur FamIlIENvErFaSSuNg<br />
Family Business<br />
Governance I<br />
Corporate<br />
Governance<br />
Abb. 18: INTES Inhaber-Strategie-Haus<br />
Unternehmerfamilien brauchen zur Erarbeitung einer <strong>Familienverfassung</strong> je nach Komplexität drei bis<br />
acht gemeinsame Arbeitstage in Summe, idealerweise im Abstand von jeweils vier bis sechs Wochen. Im<br />
Anschluss ist mit Hilfe der protokollierten Workshop-Ergebnisse die <strong>Familienverfassung</strong> von der Familie<br />
selbst zu schreiben. <strong>Die</strong>ser Schritt ist so wichtig, weil das Übersetzen in die eigene Sprache Verständlichkeit<br />
und Commitment erhöht. Daneben sind aber auch die Grundsatzentscheidungen in die entsprechenden<br />
juristischen Verträge einzuarbeiten. <strong>Die</strong>ser gesamte Prozess dauert in der Regel zwischen sechs und<br />
zwölf Monaten.<br />
Überarbeitung<br />
Family Business<br />
Governance II<br />
Family<br />
Governance<br />
Mitgliedschaft Selbstverständnis<br />
INhabEr-STraTEgIE<br />
Ist die <strong>Familienverfassung</strong> einmal geschrieben, sollten die Familienmitglieder nicht den Anspruch haben, an<br />
den getroffenen Regelungen über Generationen hinweg festzuhalten. Vielmehr zeigt die Erfahrung, dass es<br />
selten sinnvoll ist, mehr als fünf Jahre in die Zukunft zu blicken. Daher ist es erforderlich, eine <strong>Familienverfassung</strong><br />
in etwa diesem Rhythmus zu aktualisieren. <strong>Die</strong>s sehen auch die befragten Familienunternehmen so:<br />
In 58 Prozent der Fälle soll die <strong>Familienverfassung</strong> nach maximal fünf Jahren überprüft werden (Abb. 19).<br />
38<br />
Rollen und<br />
Menschen<br />
Inhaberge-<br />
schäftsmodell<br />
Familien-<br />
verfassung
06 Erarbeitung der <strong>Familienverfassung</strong>: Mit einem stringenten Prozess zum Ziel<br />
Nach maximal fünf Jahren sollte die <strong>Familienverfassung</strong> überarbeitet werden<br />
gEplaNTE übErarbEITuNg FamIlIENvErFaSSuNg<br />
später<br />
Abb. 19: Auffrischung <strong>für</strong> das Regelwerk<br />
INhabEr-STraTEgIE<br />
33%<br />
gar nicht<br />
9%<br />
Unternehmerfamilien sind die dominanten Inhaber eines Familienunternehmens.<br />
Mit dieser Stellung sind nicht nur Rechte verbunden, sondern auch eine<br />
Verpflichtung zur Professionalität. Außerdem gibt es strategische Fragen, die<br />
nur die Inhaber selbst beantworten können.<br />
<strong>Die</strong>se Aspekte sind in einer Inhaber-Strategie zu erarbeiten. Dabei werden<br />
gemeinsam die wichtigsten Weichenstellungen in Bezug auf Familie und<br />
Unternehmen festgelegt. <strong>Die</strong> Inhaber-Strategie wird in der <strong>Familienverfassung</strong><br />
dokumentiert.<br />
39<br />
58%<br />
in 1–5 Jahren<br />
n=33
Anhang | Stichprobe<br />
<strong>Die</strong> Grundlage <strong>für</strong> die Studie bildet die Befragung von 148 Inhaberinnen und Inhabern aus unterschied-<br />
lichen deutschen Familienunternehmen im Frühjahr 2011. Inhaber mit einer <strong>Familienverfassung</strong> füll-<br />
ten einen anderen Fragebogen aus als jene ohne <strong>Familienverfassung</strong>. <strong>Die</strong> 37 Familienunternehmen mit<br />
<strong>Familienverfassung</strong> stellten einen Anteil von 25 Prozent, 111 Unternehmerfamilien hatten dagegen keine<br />
<strong>Familienverfassung</strong> (75 Prozent). Beide Gruppen unterscheiden sich deutlich in Größe und Alter des Unternehmens<br />
sowie der Anzahl der Familiengesellschafter (Abb. 2).<br />
Zur weiteren Beschreibung der Stichprobe werden die 148 Familienunternehmen im 3-Dimensionen-Modell<br />
verortet. Mit Hilfe der Dimensionen Inhaberschaft, Investment und Governance kann jedes Familienunternehmen<br />
eindeutig einer der jeweils vier Stufen zugeordnet werden. Zusammenfassend zeigt sich,<br />
dass Familienunternehmen mit und ohne <strong>Familienverfassung</strong> überwiegend familiengeführte Geschwistergesellschaften<br />
mit einem fokussierten Unternehmen sind (Abb. 20). Bei näherer Betrachtung wird allerdings<br />
deutlich, dass Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> eine deutlich diversifiziertere Inhaber-<br />
Struktur haben, deutlich weniger inhabergeführt sind und deutlich häufiger ein Fremdmanagement haben,<br />
das sie über einen Beirat oder Aufsichtsrat kontrollieren.<br />
<strong>Die</strong> befragten Familienunternehmen sind überwiegend familiengeführte<br />
Geschwistergesellschaften mit einem fokussierten Unternehmen<br />
Familien-<br />
dynastie<br />
INhabEr<br />
STrukTur<br />
Vetternkonsortium<br />
Geschwistergesellschaft<br />
INvESTmENT<br />
STrukTur<br />
Allein-<br />
inhaber<br />
FU: Familienunternehmen = mit <strong>Familienverfassung</strong>, = ohne <strong>Familienverfassung</strong><br />
Abb. 20: Befragte Familienunternehmen im 3-Dimensionen-Modell<br />
40<br />
Family<br />
Investment Office<br />
Diversifiziertes<br />
FU<br />
Fokussiertes<br />
FU<br />
Junges<br />
FU<br />
Inhaber-<br />
geführtes<br />
FU<br />
Familien-<br />
geführtes<br />
FU<br />
Familien-<br />
kontrolliertes<br />
FU<br />
govErNaNcE<br />
STrukTur<br />
Fremd-<br />
geführtes<br />
FU
Inhaber-Struktur<br />
Familienunternehmen entwickeln sich in der Regel auf der Achse der Inhaber-Dimensionen vom<br />
1. Alleininhaber (1 Inhaber) über die<br />
2. Geschwistergesellschaft (2–4 Inhaber), das<br />
3. Vetternkonsortium (5–29 Inhaber) bis zur<br />
4. Familiendynastie (30 oder mehr Inhaber).<br />
41<br />
Anhang<br />
Verortet man die Familienunternehmen in der Stichprobe auf dieser Achse, so dominiert die Geschwistergesellschaft<br />
(laut Abb. 21 jeweils 54 Prozent der Familienunternehmen mit und ohne <strong>Familienverfassung</strong>).<br />
Allerdings wird deutlich, dass jene Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> offensichtlich mehr<br />
Inhaber haben und deshalb das Vetternkonsortium (32 Prozent) und die Familiendynastie (9 Prozent)<br />
häufiger vertreten sind. Interessant ist, dass alle Familiendynastien eine <strong>Familienverfassung</strong> haben. Im<br />
Gegensatz dazu haben Alleininhaber sich nur sehr selten eine <strong>Familienverfassung</strong> gegeben, da hier auch<br />
nicht unterschiedliche Interessen gebündelt werden müssen und oftmals auch der Alleininhaber einziger<br />
Geschäftsführer ist (23 Prozent der Familienunternehmen ohne <strong>Familienverfassung</strong> befinden sich im<br />
Stadium des Alleininhabers).<br />
Investment-Struktur<br />
In der Investment-Dimension entwickeln sich die Familienunternehmen vom<br />
1. jungen zum<br />
2. auf eine Geschäftstätigkeit fokussierten zum<br />
3. in unterschiedlichen Geschäftsfeldern mit verschiedenen Risikoprofilen investierten, diversifizierten<br />
Familienunternehmen.<br />
4. Hält die Familie ausschließlich Minderheitsbeteiligungen ohne Führungsanspruch neben weiteren<br />
Vermögenstiteln wie Aktien und Immobilien, dann spricht man von einem Family Investment Office.<br />
<strong>Die</strong> befragten Familienunternehmen unterscheiden sich nicht in Bezug auf ihre Investment-Struktur. Mit<br />
63 Prozent überwiegt das fokussierte Familienunternehmen sowohl bei Unternehmen mit als auch ohne<br />
<strong>Familienverfassung</strong> (Abb. 21). Ein gleiches oder ähnliches Bild zeigt sich bei den anderen Stufen.
Governance-Struktur<br />
Betrachtet man allerdings die Verteilung in der Governance-Dimension, werden Unterschiede zwischen<br />
Familienunternehmen mit und ohne <strong>Familienverfassung</strong> deutlich. In der Regel entwickelt sich die Führungs-<br />
und Kontrollstruktur vom<br />
1. inhabergeführten (Inhaberschaft und Führung sind identisch) über das<br />
2. familiengeführte (es gibt im Unternehmen aktive und inaktive Inhaber) über das<br />
3. familienkontrollierte (die Familie kontrolliert die ausschließliche Fremdgeschäftsführung über einen<br />
Beirat oder Aufsichtsrat), zum<br />
4. fremdgeführte Familienunternehmen (die Familie ist weder in der Führung noch in der Kontrolle<br />
tätig, sondern ist ausschließlich Inhaber, ähnlich eines Aktionärs in einer Publikumsgesellschaft).<br />
In der Stichprobe dominieren die familiengeführten Unternehmen (Abb. 21). Dabei zeigt sich aber, dass<br />
familienkontrollierte Unternehmen häufiger eine <strong>Familienverfassung</strong> haben. Hingegen verzichten inhabergeführte<br />
Familienunternehmen oft auf eine <strong>Familienverfassung</strong> (43 Prozent). <strong>Die</strong> fremdgeführten Familienunternehmen<br />
– immerhin 2 Prozent – haben überraschenderweise keine <strong>Familienverfassung</strong>. <strong>Die</strong>sen ist<br />
wohl nicht bewusst, dass hier die Einflussmöglichkeiten der Unternehmerfamilie verschwindend gering<br />
sind und die Gefahr besteht, dass das Unternehmen in der nächsten Generation kein Familienunternehmen<br />
mehr ist.<br />
<strong>Die</strong> Analyse der befragten Familienunternehmen mit der Hilfe des 3-Dimensionen-Modells verdeutlicht:<br />
<strong>Die</strong> Erstellung einer <strong>Familienverfassung</strong> hängt primär von der Inhaber- und Governance-Struktur ab,<br />
sekundär von Größe und Alter. Folgender Zusammenhang ist also evident: Je mehr Inhaber, je älter und<br />
je größer das Familienunternehmen und je weniger Führungseinfluss die Familie geltend machen kann,<br />
desto wichtiger ist es, eine <strong>Familienverfassung</strong> zu erarbeiten, um die Zukunft des Familienunternehmens<br />
zu sichern.<br />
42
43<br />
Anhang<br />
Familienunternehmen mit <strong>Familienverfassung</strong> haben eine deutlich diversifi-<br />
ziertere Inhaber-Struktur, sind deutlich seltener inhabergeführt und haben<br />
deutlich häufiger ein Fremdmanagement, das die Familie über einen Beirat oder<br />
Aufsichtsrat kontrolliert.<br />
INhabEr-<br />
STrukTur<br />
INvESTmENT-<br />
STrukTur<br />
govErNaNcE-<br />
STrukTur<br />
vErTEIluNg Nach Typ mIT FamIlIENvErFaSSuNg<br />
(%)<br />
Abb. 21: Detaillierte Zuordnung der befragten Familienunternehmen im 3-Dimensionen-Modell<br />
ohNE FamIlIENvErFaSSuNg<br />
(%)<br />
Alleininhaber 5 23<br />
Geschwistergesellschaft 54 54<br />
Vetternkonsortium 32 23<br />
Familiendynastie 9 0<br />
Junges FU 0 2<br />
Fokusssiertes FU 62 62<br />
Diversifiziertes FU 32 32<br />
Family Investment Office 6 4<br />
Inhabergeführtes FU 32 43<br />
Familiengeführtes FU 49 50<br />
Familienkontrolliertes FU 19 5<br />
Fremdgeführtes FU 0 2<br />
FV: <strong>Familienverfassung</strong>; FU: Familienunternehmen n=37 n=111
Anhang | Autoren<br />
Dr. Karsten Schween<br />
Dr. Alexander Koeberle-Schmid<br />
Dr. Karsten Schween<br />
ist Geschäftsführender Gesellschafter der INTES Akademie und der INTES<br />
Beratung <strong>für</strong> Familienunternehmen. Er war mehrere Jahre als Vorsitzender<br />
der Geschäftsführung eines großen Familienunternehmens tätig. Zuvor beriet<br />
er viele Jahre als Partner der weltweit tätigen Unternehmensberatung<br />
McKinsey & Company, Inc. Familienunternehmen und Konzerne in verschiedenen<br />
Produktions- und <strong>Die</strong>nstleistungsindustrien in Europa und Asien. Er<br />
absolvierte eine kaufmännische Ausbildung und studierte sowie promovierte<br />
in Betriebswirtschaftslehre an der WHU – Otto Beisheim School of Management.<br />
<strong>Die</strong> Arbeitsschwerpunkte von Karsten Schween liegen in der Bearbeitung<br />
strategischer, organisatorischer und operativer Fragestellungen<br />
von Familienunternehmen. In diesen Bereichen arbeitet er eng mit Unternehmern,<br />
Familien, Nachfolgern und Fremdmanagern zusammen.<br />
Kontakt: Tel.: +49 228 3 67 80 41, E-Mail: k.schween@intes-beratung.de<br />
Dr. Alexander Koeberle-Schmid<br />
ist Berater bei der INTES Beratung <strong>für</strong> Familienunternehmen, wo er Unternehmerfamilien<br />
zu inhaberstrategischen Themen wie Governance-Strukturen,<br />
Nachfolgegestaltung und Beiratskonzeptionen berät. Er stammt aus einer Unternehmerfamilie<br />
und fokussierte sich deshalb schon während seines Studiums<br />
und seiner Promotion an der WHU – Otto Beisheim School of Management<br />
auf Spezialfragen von Familienunternehmen. Außerdem publiziert er<br />
regelmäßig zum Thema Familienunternehmen. Zuletzt hat er das Standardwerk<br />
»Family Business Governance – Erfolgreiche Führung von Familienunternehmen«<br />
herausgegeben.<br />
Kontakt: Tel.: +49 228 3 67 80 41, E-Mail: a.koeberle-schmid@intes-beratung.de<br />
44
Dr. Peter Bartels<br />
Prof. Dr. Andreas Hack<br />
Dr. Peter Bartels<br />
ist Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Mitglied des Vorstands von PwC. Er<br />
vertritt seit Frühjahr 2010 die Geschäftsbereiche »Familienunternehmen<br />
und Mittelstand« sowie »öffentliche Unternehmen«. Bis August 2008 war er<br />
als persönlich haftender Gesellschafter der Susat & Partner oHG, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
Hamburg tätig und hat danach die Leitung des<br />
Geschäftsbereichs »Valuation & Strategy« bei PwC übernommen. Herr Peter<br />
Bartels verfügt über 19 Jahre Berufserfahrung im Bereich der Jahresabschlussprüfung<br />
und Transaktionsberatung, insbesondere die integrierte<br />
Prüfung und Beratung (häufi g börsennotierter) eigentümergeführter Unternehmer<br />
und Unternehmensgruppen. Er ist Mitglied des Fachausschusses<br />
<strong>für</strong> Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) beim Institut<br />
der Wirtschaftsprüfer und öffentlich bestellter Sachverständiger <strong>für</strong> Unternehmensbewertung.<br />
Kontakt: Tel.: +49 40 63 78 21 70, E-Mail: peter.bartels@de.pwc.com<br />
Prof. Dr. Andreas Hack<br />
studierte BWL in Regensburg und Kopenhagen. Nach einer mehrjährigen<br />
Tätigkeit als Unternehmensberater schloss er 2003 seine Promotion an der<br />
WHU – Otto Beisheim School of Management ab. Danach folgte eine Station<br />
als wissenschaftlicher Assistent an der TU Dortmund. Seit Januar 2009 ist<br />
er erster Inhaber des Lehrstuhls <strong>für</strong> Familienunternehmen an der WHU<br />
und leitet dort zudem seit Januar 2010 das INTES Institut <strong>für</strong> Familienunternehmen.<br />
Kontakt: Tel.: +49 261 65 09 331, E-Mail: andreas.hack@whu.edu<br />
45<br />
Anhang
Anhang | Unternehmensprofile<br />
INTES – <strong>Die</strong> erste Adresse <strong>für</strong> Familienunternehmen<br />
Mit über 5.000 Kunden und einer einzigartigen Methodik ist die 1998 gegründete<br />
INTES Pionier, Marktführer und erster Ansprechpartner <strong>für</strong> die<br />
Beratung und Qualifizierung der Inhaber von Familienunternehmen im<br />
deutschsprachigen Raum. Mission der INTES ist es, Familienunternehmen<br />
und Unternehmerfamilien bei der Bewältigung ihrer spezifischen Herausforderungen<br />
zu unterstützen. Ziel ist es, Familienunternehmen erfolgreicher<br />
und Unternehmerfamilien stärker zu machen. Grundlage des Angebots in<br />
Beratung und Qualifizierung ist das von Prof. Dr. Peter May entwickelte<br />
INTES-Prinzip, das die Bereiche Unternehmen, Familie, Persönlichkeit und<br />
Vermögen zu einer umfassenden Inhaber-Strategie verbindet.<br />
Schwerpunkte der INTES sind:<br />
Inhaber-Strategien<br />
Nachfolge-Lösungen<br />
Family-Business-Governance-Konzepte<br />
Strategien und Finanzierungskonzepte <strong>für</strong> Familienunternehmen<br />
Vermögensberatung <strong>für</strong> Familienunternehmer<br />
46
47<br />
Anhang<br />
PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
Unsere Mandanten stehen täglich vor neuen Aufgaben, möchten neue Ideen<br />
umsetzen und suchen Rat. Sie erwarten, dass wir sie ganzheitlich betreuen<br />
und praxisorientierte Lösungen mit größtmöglichem Nutzen entwickeln. Deshalb<br />
setzen wir <strong>für</strong> jeden Mandanten, ob Global Player, Familienunternehmen<br />
oder kommunaler Träger, unser gesamtes Potenzial ein: Erfahrung, Branchenkenntnis,<br />
Fachwissen, Qualitätsanspruch, Innovationskraft und die Ressourcen<br />
unseres Expertennetzwerks in über 150 Ländern. Besonders wichtig ist<br />
uns die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Mandanten, denn je<br />
besser wir sie kennen und verstehen, umso gezielter können wir sie unterstützen.<br />
Mittelständische und familiengeführte Unternehmen erhalten bei uns<br />
eine Betreuung, die sich durch Engagement und Kontinuität auszeichnet. Unseren<br />
Mandanten steht ein persönlicher Ansprechpartner zur Seite, den sie<br />
jederzeit zu allen Fragen konsultieren können. Er kennt ihr Geschäft, hat die<br />
Interessen der Gesellschafter im Blick und koordiniert die Arbeit der jeweils<br />
erforderlichen Fach- und Branchenexperten. So bekommen sie alle Leistungen<br />
aus einer Hand, zeitnah und direkt vor Ort – auch im Ausland.<br />
PwC. 8.700 engagierte Menschen an 28 Standorten. 1,33 Mrd. Euro Gesamtleistung.<br />
Führende Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft in Deutschland.<br />
Partner <strong>für</strong> Familienunternehmen und Mittelstand.<br />
WHU – Otto Beisheim School of Management,<br />
INTES Institut <strong>für</strong> Familienunternehmen<br />
<strong>Die</strong> WHU – Otto Beisheim School of Management ist eine international ausgerichtete,<br />
privat finanzierte Wirtschaftsschule. Inzwischen gehört die WHU zu<br />
den renommiertesten deutschen Wirtschaftsschulen und genießt international<br />
hohes Ansehen. Das INTES Institut <strong>für</strong> Familienunternehmen an der WHU widmet<br />
sich gezielt der Erforschung spezifischer Herausforderungen von Familienunternehmen.<br />
Wichtige Aspekte sind die Lösungsvermittlung und der Austausch<br />
von Forschungsergebnissen mit der Unternehmerpraxis. Geleitet wird<br />
das Institut von Prof. Dr. Andreas Hack, der ebenso wie Prof. Dr. Sabine Klein<br />
Inhaber eines Lehrstuhls <strong>für</strong> Familienunternehmen an der WHU ist. Das Institut<br />
wird durch die Honorarprofessur von Prof. Dr. Peter May und dem assoziierten<br />
Mitglied der Fakultät Prof. Dr. Franz W. Kellermanns weiter verstärkt.
INTES Akademie <strong>für</strong> Familienunternehmen<br />
Kronprinzenstraße 31 53173 Bonn - Bad Godesberg<br />
Telefon +49 228 36780-61 Fax +49 228 36780-69<br />
info@intes-akademie.de www.intes-akademie.de