IFUM – MagnesIUM IM MaRIanengRaBen
28 Diese Arbeiten hat sie mit der Geburt ihrer Tochter Line und den neuen Elternpflichten in Einklang gebracht. Wel- che Aufgabe die schwierigere war – oder ist? Die Ingeni- eurin, die Power für zwei ausstrahlt, zögert, aber nur kurz: „Auch bei den 30 Stunden, die ich jetzt wieder hier bin, denke ich oft: Jetzt gebe ich schon mein Kind so lange in die Krippe und schaffe trotzdem nicht mehr“. Viel zu selten trifft man Ingenieurinnen mit Kindern – vielleicht ist das einer der Gründe, warum man überhaupt sehr wenige Ingenieurinnen trifft: Weil viele das Gefühl haben, eine Entweder/Oder-Entscheidung treffen zu müssen, und dann nicht auf Kinder, sondern den zeitintensiven Beruf in einer Männerwelt verzichten. „Am Ende liegt die Rechnung ja doch auf deinem Tisch“, kommentiert Insa Pfeiffer, deren Mann beruflich viel unterwegs ist, die noch <strong>im</strong>mer typische Verteilung der Pflichten, die zu den beruflichen Aufgaben dazukommt. Dass sie dennoch „die Formgebungsgrenzen von <strong>Magnesium</strong>legierungen mittels einer Überlagerung von Druckspannungen während des Umformprozesses“ erweitern konnte, verdankt sie auch einer guten Portion Glück und den kinderfreundlichen Arbeitsbedingungen am IFUM. Dazu später mehr. Zuerst die entscheidende Frage: Warum braucht die Welt <strong>Magnesium</strong>legierungen, und warum muss man die Grenzen ihres Formänderungsvermögens erweitern? <strong>Magnesium</strong>: Es steckt in Bananen, Wunderkerzen und Tabletten gegen Muskelkrämpfe – warum nicht in Autos und Flugzeugen? <strong>Magnesium</strong> ist das achthäufigste Element der Erde: Wer <strong>Magnesium</strong> sucht, findet es in Bananen, Wunderkerzen, Tabletten gegen Muskelkrämpfe oder <strong>im</strong> Meer – mehr als ein Kilogramm in einem Kubikmeter Wasser. In Autos dagegen oder in der Luft- und Raumfahrt ist <strong>Magnesium</strong> eher selten zu finden. Diesen <strong>Magnesium</strong>mangel bedauert Insa Pfeiffer, denn <strong>Magnesium</strong> ist nicht nur unbegrenzt verfügbar und relativ fest, sondern auch um etwa ein Drittel leichter als Aluminium. Ein gutes Argument für Leichtbaupioniere, denn leichtere Fahr- oder Flugzeuge verbrauchen weniger Energie und werden damit nicht nur günstiger <strong>im</strong> Betrieb, sondern jagen natürlich auch weniger CO2 in die Luft. PZH 2010 Pfeiffer geht es allerdings nicht um leichte Autos. Zumindest nicht direkt. Sie möchte grundsätzlich einen vielfältigeren Einsatz von <strong>Magnesium</strong> <strong>im</strong> Maschinenbau ermöglichen. Dazu muss man wissen: <strong>Magnesium</strong> ist sehr reaktiv und leicht entzündlich. Späne können sich entzünden – deshalb mögen die Kollegen aus der spanenden Fertigung <strong>Magnesium</strong> nicht besonders. Heißes <strong>Magnesium</strong> be<strong>im</strong> Gießen ist mindestens so gefährlich, aber ums Gießen als Urformverfahren kommt man nicht herum. Das IW forscht sehr intensiv in diesem Bereich. Leider haben Bauteile, die in Gießverfahren hergestellt werden, und das ist zurzeit der größte Teil aller <strong>Magnesium</strong>-Bauteile, mechanische Nachteile <strong>im</strong> Vergleich zu umgeformten Bauteilen. Denn allein be<strong>im</strong> Umformen wird das Gefüge ideal beeinflusst: Die Bereiche gleicher Kristallstruktur – „Körner“ genannt – werden kleiner, länger und richten sich an der Kontur aus. Das sorgt dafür, dass umgeformte <strong>Magnesium</strong>bauteile eine höhere Festigkeit haben und stärker belastbar sind. Das Problem be<strong>im</strong> Umformen ist allerdings, dass <strong>Magnesium</strong> eine sogenannte hexagonale Gitterstruktur hat, das heißt: Es ist sehr spröde. Presst man es mit hohem Druck zusammen, bricht es auseinander oder bekommt zumindest Risse – Insa Pfeiffer zeigt eine Probe mit einem Rand, der aussieht wie vernarbt. Eine andere Scheibe der gleichen <strong>Magnesium</strong>legierung dagegen ist glatt und rund. Sie wurde bei 225 Grad Celsius umgeformt: Bei dieser Temperatur verändert sich die innere Struktur, die Materialschichten können be<strong>im</strong> Umformen dann über eine diagonale Ebene in die neue Form gleiten. „Meine Idee war, die <strong>Magnesium</strong>proben be<strong>im</strong> Umformen zusätzlich von allen Seiten unter Druck zu setzen und zu gucken, welchen Einfluss der Druck auf das Formänderungsvermögen hat – <strong>im</strong> Idealfall sollte sich die erforderliche Umformtemperatur deutlich absenken lassen.“ Das wäre natürlich ein Gewinn, denn niedrigere Temperaturen bedeuten niedrigere Prozesskosten. Am IFUM war bereits mit Drucküberlagerung an Aluminium geforscht worden, eine gute Voraussetzung für das Vorhaben. Als die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG ihren Antrag bewilligte, konnte es losgehen. Für das Vorhaben stand ihr die größte hydraulische Presse des IFUM zur Verfügung; ihre Presskraft entspricht 1250 Tonnen. Die Proben, 45 Mill<strong>im</strong>eter hohe Zylinder einer <strong>Magnesium</strong>legierung, sollten so darin platziert werden, dass sie von Öl umgeben sind und über dieses Öl ein Druck von bis zu 1000 bar ausgeübt wird, während von oben der Stößel der Presse das Umformen erledigt. Dieser Umformvorgang sollte bei verschiedenen Temperaturen von 70 bis