Schulleitung intern
Schulleitung intern" informiert Sie kompakt zu allen Themen, die für Sie im Schulalltag wichtig sind: Schulentwicklung, -organisation und -verwaltung, Evaluation, Motivation, Kollegium, Pädagogik, Zusammenarbeit mit Eltern und externen Partnern, Recht u.v.m.
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<strong>Schulleitung</strong> <strong>intern</strong><br />
Für Grundschulen<br />
und Schulen<br />
mit SEK I<br />
Empfehlungen und Arbeitshilfen<br />
für erfolgreiches Schulmanagement<br />
Nr. 4 • KW 6 • 09.02.2016<br />
Berufseinstiegsbegleiter<br />
Wie Sie erfolgreich zusammenarbeiten<br />
und gefährdete<br />
Schüler zum Berufsübertritt<br />
hinführen. 2<br />
Lernentwicklungsgespräch<br />
So führen Sie es erfolgreich und<br />
sprechen mit dem Schüler über<br />
das Lernen anstatt über ihn. 3<br />
Unfallversicherung<br />
Auch die Schulparty ist versichert,<br />
wenn ein räumlicher und<br />
zeitlicher Zusammenhang mit<br />
der Schule besteht. 6<br />
Frostige Stimmung<br />
So führen Sie mit den 3 „W“<br />
der Kommunikation erfolgreich<br />
Tauwetter im Lehrerzimmer<br />
herbei. 7<br />
Rückgrat für<br />
unternehmerischen Erfolg<br />
Prof. Dr. Volker Ladenthin,<br />
Erziehungswissenschaftler<br />
an der Universität Bonn<br />
und Herausgeber<br />
Liebe Schulleiterin,<br />
lieber Schulleiter,<br />
gut ausgebildete und<br />
motivierte Fachkräfte<br />
sind das Rückgrat für<br />
die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit<br />
unseres<br />
Landes. Doch 2030 wird<br />
es in Deutschland 6 Mio.<br />
weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter<br />
geben. Um diese Lücke zu verkleinern, wollen<br />
Wirtschaft und Politik vorhandene Potenziale<br />
noch besser mobilisieren: Frauen, Ältere,<br />
Geringqualifizierte, Zuwanderer und nun auch<br />
die Flüchtlinge.<br />
Doch der Schwerpunkt der Facharbeiterqualifizierung<br />
ist und bleibt die Erstausbildung nach<br />
der Schulzeit. Auch hier wird Unterstützung<br />
für Schüler angeboten, die nicht ohne Weiteres<br />
den Schritt in die Berufsausbildung schaffen.<br />
Lesen Sie auf Seite 2, wie Sie mit dem Berufseinstiegsbegleiter<br />
kooperieren und so auch<br />
Jugendlichen in schwierigen Ausgangssituationen<br />
zum Berufsübertritt verhelfen.<br />
Viel Erfolg mit allen unseren Praxistipps<br />
wünscht Ihnen Ihr VL<br />
Prof. Dr. Volker Ladenthin, Herausgeber<br />
Ihr Kontakt zur Redaktion:<br />
E-Mail: volker-ladenthin@schulleiter.de<br />
Top-Thema: Lesen<br />
Das Lesen in den Fokus rücken<br />
In mehr als 100 Ländern weltweit wird am 23. April der UNESCO-Welttag<br />
des Buches gefeiert. Seit 1995 wird dieser Feiertag für das Lesen, für<br />
Bücher und die Rechte der Autoren begangen. Inspiration war der katalanische<br />
Brauch, zum Namenstag des Volksheiligen St. Georg Rosen und<br />
Bücher zu verschenken.<br />
In Deutschland erhalten seit 1996 jährlich<br />
Schüler das Welttag-Buch „Ich<br />
schenk dir eine Geschichte“ in ihrer<br />
Wunschbuchhandlung. Die Aktion ist<br />
eine deutschlandweite Kampagne zur<br />
Leseförderung. Damit soll den Kindern<br />
der 4. und 5. Klassen bundesweit<br />
die Freude am Lesen vermittelt werden.<br />
Nutzen Sie den Welttag des Buches,<br />
Meldung: Hamburg: Höhere Akzeptanz als erwartet<br />
Flächendeckender Ausbau<br />
der Ganztagsgrundschulen<br />
um auch an Ihrer Schule das Lesen in<br />
den Fokus zu rücken, z. B. durch einen<br />
Vorlesewettbewerb oder ein Lesefest.<br />
Erweitern Sie außerdem den Kreis derjenigen,<br />
die das Lesen Ihrer Schüler<br />
unterstützen, z. B. indem Sie den Förderverein<br />
zur Gründung eines Buchpaten-Teams<br />
anregen.<br />
Fortsetzung Seite 4<br />
Mehr als 78 % aller Hamburger Grundschulkinder nehmen am Ganztag<br />
teil. In Anbetracht dieser großen Akzeptanz gibt es an allen 191 staatlichen<br />
Grundschulen und 12 staatlichen Grundschulabteilungen an Stadtteilschulen<br />
ein gut organisiertes Ganztagsangebot mit Mittagessen, Hausaufgabenhilfe<br />
und zahlreichen Bildungs- und Freizeitaktivitäten bis 16:00 Uhr.<br />
In 125 Schulen organisiert ein Träger<br />
das Nachmittagsangebot in der Schule<br />
(Modell „Ganztägige Bildung und Betreuung<br />
an Schulen GBS“), 78 Schulen<br />
organisieren das Nachmittagsangebot in<br />
eigener Regie (Modell „GTS“). Über die<br />
Form der Ganztagsschule sowie über<br />
pädagogische Konzepte entscheidet die<br />
Schulkonferenz.<br />
ZAHL DES MONATS<br />
116.772 Ausbildungsverträge<br />
wurden zum letzten<br />
Schuljahr in NRW neu abgeschlossen,<br />
rund 600 Verträge weniger als<br />
im Jahr zuvor.<br />
4/2016<br />
1
Organisation / Verwaltung / Finanzen<br />
TIPP<br />
Initiative Bildungsketten<br />
Initiative Bildungsketten<br />
Gemeinsam Richtung Ausbildungserfolg<br />
So arbeiten Sie effektiv mit dem Berufseinstiegsbegleiter<br />
zusammen<br />
Nicht immer sind externe Unterstützer in der Schule willkommen. Von manchen Lehrern wird der Berufseinstiegsbegleiter<br />
als Besserwisser abgewertet, der ihre Zöglinge durch die rosarote Brille sieht. Es wird als verdeckte<br />
Kritik betrachtet, wenn der Berufseinstiegsbegleiter einen Jugendlichen während des letzten Schulbesuchsjahres<br />
beim Erreichen des Schulabschlusses unterstützt.<br />
Überzeugen Sie Ihre Lehrer, dass der<br />
Berufseinstiegsbegleiter vieles leistet,<br />
wozu ihnen selbst die Zeit fehlt, insbesondere<br />
die individuelle Betreuung von<br />
Schülern mit schwieriger Ausgangslage.<br />
Die Schüler auswählen<br />
Ihre Lehrer kennen die Schüler am besten.<br />
Sie können einschätzen, wer für den<br />
Berufseinstiegsbegleiter<br />
Zielsetzung:<br />
hhGefährdete Jugendliche dabei<br />
unterstützen, einen Schulabschluss<br />
zu erreichen<br />
hhDen beruflichen Einstieg vorbereiten:<br />
praxisnahe Berufsorientierung<br />
hhDen Übergang von der Schule in<br />
die Berufsausbildung unterstützen:<br />
Suche nach einem passenden Ausbildungsplatz<br />
oder Übergangsmaßnahmen<br />
oder Praktika<br />
hhDie Ausbildung ein Jahr lang begleiten,<br />
um den Ausbildungsabbruch zu<br />
verhindern und den Ausbildungserfolg<br />
zu sichern<br />
Fakten:<br />
hhInformieren Sie die Agentur für<br />
Arbeit, dass Ihre Schule die Unterstützung<br />
durch den Berufseinstiegsbegleiter<br />
wünscht.<br />
hhDie Jugendlichen selbst als auch<br />
ihre Eltern bzw. Erziehungsberechtigten<br />
müssen schriftlich zustimmen.<br />
hhDie Arbeit der Berufseinstiegsbegleiter<br />
ist für die Schulen und<br />
die Familien der Jugendlichen<br />
kostenlos. Sie wird im Auftrag des<br />
Bundesministeriums für Bildung und<br />
Forschung von der Bundesagentur<br />
für Arbeit finanziert.<br />
Übertritt in die Ausbildung Unterstützung<br />
braucht. Blicken Sie dabei nicht<br />
nur auf die Noten, sondern auch auf<br />
die Arbeitshaltung und ob der Schüler<br />
in der Familie Rückhalt hat. Verwenden<br />
Sie hierzu die Liste dieses Beitrags.<br />
Die Schüler informieren<br />
Berufseinstiegsbegleitung ist für Schüler<br />
freiwillig. Informieren Sie Schüler<br />
mit einer schwierigen Ausgangslage<br />
über das bestehende Angebot. Zeigen<br />
Sie in einem Beratungsgespräch dem<br />
Schüler und den Eltern die Chance auf,<br />
die diese zusätzliche Unterstützung bedeutet.<br />
Insbesondere bei Familien mit<br />
Migrationshintergrund muss oft eine<br />
Scheu vor besonderen Hilfen überwunden<br />
werden.<br />
Gemeinsam einen Förderplan<br />
erstellen<br />
Bei den meisten gefährdeten Schülern<br />
ist das Nahziel, einen Schulabschluss<br />
zu erreichen. Unterstützen Sie den Berufseinstiegsbegleiter<br />
beim Erstellen<br />
eines Förderplans, um diesem Ziel näher<br />
zu kommen. Dieser Plan enthält<br />
sowohl schulische als auch außerschulische<br />
Fördermaßnahmen sowie einen<br />
Lernplan für den Schüler. Auch die<br />
Maßnahmen zur Berufsorientierung,<br />
z. B. Berufspraktika und das Simulieren<br />
eines Vorstellungsgesprächs sowie eine<br />
Potenzialanalyse, gehören dazu. Betrachten<br />
Sie mit dem Berufseinstiegsbegleiter<br />
zusammen in regelmäßigen Besprechungen<br />
das Vorankommen, und<br />
passen Sie den Plan bei Bedarf an.<br />
Ein Kette aus Unterstützern bilden<br />
Auch die Berufsberatung durch die<br />
Agentur für Arbeit leistet für Ihre Schüler<br />
Unterstützung. Der Berufseinstiegsbegleiter<br />
kann durch seine individuelle<br />
Betreuung eine Zusammenführung<br />
der verschiedenen Orientierungshilfen<br />
übernehmen, da er auch die Eltern einbezieht<br />
und mit verschiedenen Betrieben<br />
in Kontakt tritt.<br />
Liste: So erkennen Sie Schüler mit einer schwierigen<br />
Ausgangslage<br />
Schüler, die …<br />
… ihre Schulpflicht nach der 8. Klasse erfüllt haben<br />
… voraussichtlich das Klassenziel der 9. Klasse nicht erreichen<br />
… starke Leistungsschwankungen zeigen und dadurch gefährdet<br />
sind<br />
… großen sprachlichen Aufholbedarf haben, z. B. aufgrund ihres<br />
Migrationshintergrundes<br />
… erhebliche Defizite in der Lern- und Arbeitshaltung aufweisen,<br />
z. B. Leistung verweigern, Schule schwänzen<br />
… Betriebspraktika abgebrochen haben<br />
… Schwierigkeiten in der Berufsorientierung haben<br />
… psychosoziale Probleme haben, z. B. Alkohol, Gewalt, Kriminalität,<br />
sozialer Rückzug<br />
… keine Unterstützung durch das familiäre Umfeld erhalten<br />
Namen der Schüler<br />
2 4/2016<br />
www.schulleiter.de
Schul- und Unterrichtsentwicklung<br />
Mit Grundschülern über das Lernen sprechen<br />
In 5 Schritten ein erfolgreiches<br />
Lernentwicklungsgespräch führen<br />
„Ich bin froh, dass wir an unserer Schule das Lernentwicklungsgespräch als Ersatz für das Zwischenzeugnis<br />
eingeführt haben. Hier erfahren Kind und Eltern nicht nur, wo das Kind steht. Vielmehr reden wir miteinander<br />
darüber, wo und wie es sich verbessern kann.“ – Dieses Bekenntnis einer Grundschullehrkraft zum Lernentwicklungsgespräch<br />
drückt den Mehrwert dieses Gesprächsformats aus.<br />
Damit der erwartete Gewinn des Lernentwicklungsgesprächs<br />
tatsächlich<br />
eintritt, thematisieren Sie in einer pädagogischen<br />
Konferenz, worauf es bei<br />
der Durchführung ankommt. Denn für<br />
den Lehrer ist die Situation ungewohnt:<br />
Bisher hat er mit den Eltern über das<br />
Kind gesprochen. Nun spricht er mit<br />
dem Kind und bezieht die Eltern dabei<br />
mit ein. Geben Sie die Anregung an Ihre<br />
Lehrer weiter in 5 Schritten vorzugehen.<br />
1. Schritt: Gestalten Sie den Anfang<br />
Noch mehr als im Gespräch mit Erwachsenen<br />
ist die Anfangssituation ausschlaggebend<br />
dafür, ob sich das Kind<br />
scheu zurückzieht, sich rechtfertigt oder<br />
ob es sich öffnet.<br />
Deshalb: Knüpfen Sie daran an, wie Sie<br />
das Lernentwicklungsgespräch im Unterricht<br />
vorbereitet haben, z. B.: „Wir<br />
haben kürzlich im Unterricht darüber gesprochen,<br />
wie wichtig es ist, immer wieder<br />
zurückzuschauen, was man schon gelernt<br />
hat. Genauso wichtig ist es, sich etwas vorzunehmen,<br />
was man noch besser können<br />
möchte und wie man das erreichen kann.<br />
Deshalb sitzen wir hier beieinander.“<br />
2. Schritt: Geben Sie einen<br />
Überblick über den Ablauf<br />
Neue Situationen verunsichern ein<br />
Kind. Doch je klarer es vor Augen hat,<br />
was auf es zukommt, umso selbstsicherer<br />
kann es handeln.<br />
Deshalb: Geben Sie einen Überblick<br />
über den Ablauf des Gesprächs: „Wir<br />
unterhalten uns über dein Lernen im Lesen<br />
und Schreiben und in der Mathematik.<br />
Dabei gehen wir in jedem Fach in 3<br />
Schritten vor: Wir schauen uns an, was<br />
du schon kannst, dann klären wir, was du<br />
noch lernen musst, und am Ende überlegen<br />
wir, wie du das am besten machst.<br />
Zuerst bist immer du an der Reihe, danach<br />
kommen deine Eltern und ich.“<br />
Checkliste: So führen Sie das Lernentwicklungsgespräch<br />
Organisation<br />
Wählen Sie eine Sitzordnung, bei der sich das Kind als gleichberechtigter Partner<br />
fühlen kann, z. B. am runden Tisch.<br />
Sorgen Sie dafür, dass Sie während des Gesprächs ungestört sind, z. B. durch ein<br />
Schild an der Tür.<br />
Haltung/Verhalten:<br />
Verzichten Sie auf Fachbegriffe, sondern verwenden Sie eine Sprache, die das Kind<br />
versteht.<br />
Achten Sie darauf, dass Ihre Körpersprache und Ihre Aussagen übereinstimmen.<br />
Wenden Sie sich dem Kind zu, anstatt über seinen Kopf hinweg mit den Eltern zu<br />
sprechen.<br />
Lassen Sie dem Kind Zeit zu antworten, und zeigen Sie auf diese Weise ernsthaftes<br />
Interesse an den Meinungen des Kindes.<br />
Hören Sie „aktiv“ zu, indem Sie das Kind durch nonverbale oder verbale Impulse<br />
anregen, sich zu äußern.<br />
3. Schritt: Führen Sie das Gespräch<br />
über den Lernstand<br />
Der Lernstand des Kindes und die Ziele<br />
sowie der Weg dorthin sind der Kern<br />
des Lernentwicklungsgesprächs.<br />
Deshalb: Beziehen Sie hierzu die schriftliche<br />
Selbsteinschätzung ein, die Sie im<br />
vorangegangenen Unterricht veranlasst<br />
haben, z. B. eine erstellte Lernlandkarte,<br />
in der mit den 3 Ampelfarben markiert<br />
ist, was das Kind schon kann, und was<br />
es noch gründlich üben muss: „Du weißt<br />
ja am besten, was du schon kannst. Das<br />
hast du dir aufgeschrieben.“ Thematisieren<br />
Sie danach die Bereiche, in denen es<br />
noch unsicher ist: „Wo meinst du denn,<br />
dass du noch besser werden kannst? –<br />
Schau dir dazu deine gelb markierten<br />
Felder an.“ Bestätigen und ergänzen Sie<br />
die Selbsteinschätzung des Kindes oder<br />
setzen Sie Ihre dagegen.<br />
Verhindern Sie, dass es im Beisein<br />
des Kindes zu einer ausufernden Diskussion<br />
mit den Eltern über die Schwächen<br />
des Kindes kommt: „Lassen Sie uns<br />
darüber in der nächsten Sprechstunde<br />
ausführlich sprechen.“<br />
4. Schritt: Treffen Sie eine<br />
konkrete Zielvereinbarung<br />
Die volle Wirkung entfaltet ein Lernentwicklungsgespräch<br />
durch den Blick<br />
in die Zukunft.<br />
Deshalb: Leiten Sie das Kind an, sich<br />
in jedem Fachbereich, der besprochen<br />
wird, ein Ziel zu setzen und eine oder<br />
2 Maßnahmen zu überlegen, wie es<br />
diesem Ziel näher kommen kann, z. B.<br />
durch ein tägliches 10-minütiges Training<br />
das Kopfrechnen zu verbessern.<br />
5. Schritt: Schließen Sie das<br />
Gespräch optimistisch ab<br />
Schriftliche Vereinbarungen schaffen<br />
eine größere Verbindlichkeit.<br />
Deshalb: Formulieren Sie für jeden<br />
Fachbereich ein Ziel und die dazugehörigen<br />
Vorsätze des Kindes. Schließen<br />
Sie mit der Unterschrift aller Beteiligten<br />
und einem optimistischen Ausblick ab.<br />
www.schulleiter.de 4/2016<br />
3
Top-Thema: Lesen in den Fokus rücken<br />
Fortsetzung von Seite 1<br />
Lesen mit Partnern<br />
So wecken Buchpaten die Leselust Ihrer Schüler<br />
Lesen ist eine Schlüsselkompetenz, keine Frage. Je vielfältiger Ihre Schülerschaft zusammengesetzt ist, umso<br />
schwieriger wird es, alle Kinder in ihrer Lesekompetenz zu fördern. Denn die guten Leser brauchen ebenso Anregungen<br />
um sich weiterzuentwickeln, wie diejenigen Schüler, die noch mit der Lesefertigkeit kämpfen, oder jene<br />
Schüler, die von der arabischen auf die lateinische Schrift umlernen müssen. Holen Sie sich Hilfe. Erweitern Sie<br />
den Kreis derjenigen, die Ihre Schüler beim Lesenlernen unterstützen, durch einen Kreis von Buchpaten.<br />
Fragen Sie bei Ihrem Förderverein oder<br />
Ihrem Elternbeirat nach, ob es im Ort<br />
bereits Lese- oder Buchpaten gibt. In<br />
manchen Kommunen haben sich Ehrenamtliche<br />
zusammengefunden, um in<br />
den Kindergärten vorzulesen. Vielleicht<br />
ließe sich deren Handlungsradius ausdehnen.<br />
Falls es noch keine Paten gibt,<br />
regen Sie an, dass Ihre Elternvertreter<br />
engagierte Mütter, Väter, Senioren oder<br />
andere Personen für ein Buchpaten-<br />
Projekt gewinnen. Geben Sie ihnen die<br />
folgenden 7 Anregungen mit.<br />
3. Eine Schul-Lese-CD erstellen<br />
Da viele der Paten berufstätig sind,<br />
können sie nicht so oft in die Schule<br />
kommen. Nehmen Sie diese Technik zu<br />
Hilfe: Lesepaten lesen ihre Lieblingsgeschichten<br />
auf eine CD ein. Steuern<br />
Sie als Schule Aufnahmen von Kinderliedern<br />
bei, die von einzelnen Klassen<br />
oder Ihrem Chor gesungen werden:<br />
Fertig ist die Schul-Lese-CD. Als Geschenk<br />
für die Schüler, die Ihre Schule<br />
verlassen, und an die Neuankömmlinge<br />
im Herbst ist sie eine willkommene Anregung,<br />
sich auf Geschichten einzulassen<br />
und so einen Bezug zum Lesen zu<br />
bekommen.<br />
4. Geschichten erfinden<br />
Besonders kreative Buchpaten schreiben<br />
selbst Geschichten oder führen mit<br />
Ihrer Hilfe einen Geschichten-Wettbewerb<br />
durch. Lassen Sie aus den Werken<br />
kleine Bücher binden mit Illustrationen<br />
von Kindern und von den Paten.<br />
Schon haben die Paten Lesestoff für ihre<br />
nächste „Vorlese- oder Lesestunde“ mit<br />
Ihren Schülern.<br />
6. Eine Lese-Stadt-Rallye<br />
veranstalten<br />
Richten Sie Vorlese- und Lesestationen<br />
in einem festgelegten Stadt- oder Ortsgebiet<br />
ein. Gewinnen Sie hierzu Lokalbesitzer<br />
und Geschäftsleute, einen Platz<br />
in ihrem Lokal oder im Geschäft zur<br />
Verfügung zu stellen, an dem vorgelesen<br />
wird.<br />
Eine Station sollte natürlich in der<br />
Stadtbibliothek sein. Dort stellen Sie<br />
Rallye-Aufgaben, bei denen selbst gelesen<br />
werden muss.<br />
Ein glänzender Endpunkt ist das<br />
Rathaus. Dort gibt der Bürgermeister<br />
am Ende einen kleinen Empfang als<br />
Lohn für die bewältigte Rallye.<br />
1. Als Vorleser gewinnen<br />
Beginnen Sie mit kleinen Schritten:<br />
Beziehen Sie die Buchpaten in Vorleseaktionen<br />
in Klassen, an Ihrer Schule,<br />
bei einem Kooperationsprojekt in der<br />
Stadtbibliothek oder in einer Buchhandlung<br />
ein.<br />
2. Väter an die Bücher<br />
Damit auch Jungen Lesevorbilder haben,<br />
bitten Sie Väter, die ihre Arbeitszeit<br />
flexibel gestalten können, bei „Lesetagen“<br />
oder „Lesewochen“ am Morgen<br />
in die Schule zu kommen und aus dem<br />
Lieblingsbuch ihres Sohnes oder ihrer<br />
Tochter vorzulesen. Oder sie lesen aus<br />
dem Buch vor, das Sie zu einem aktuellen<br />
Projekt ausgewählt haben.<br />
5. Lesefutter auslegen<br />
Wenn es Ihren Buchpaten gelingt, eine<br />
ausgediente Telefonzelle zu besorgen<br />
und sie auf Ihrem Schulgelände aufzustellen,<br />
kann diese zu einem höchst<br />
interessanten Umschlagplatz für ausgelesene<br />
Bücher werden. Die Regel heißt:<br />
„Hole dir ein Buch und stelle ein Buch<br />
ein!“ Sicher ist so eine Selbstausleih-<br />
Bibliothek pflegeaufwendig. Doch sie<br />
macht Ihren Schülern Spaß.<br />
7. Buchpaten in der Leseförderung<br />
einsetzen<br />
Gewinnen Sie einige der Buchpaten, außerhalb<br />
besonderer Leseaktionen Ihre<br />
Schüler im Rahmen des Unterrichts<br />
beim Lesenlernen zu unterstützen.<br />
Insbesondere, wenn Flüchtlingskinder<br />
an Ihrer Schule sind, die noch großen<br />
Lernbedarf im Lesen und in der deutschen<br />
Sprache haben, ist solch eine individuelle<br />
Betreuung sehr wirkungsvoll.<br />
Denn sie können am aktuellen Stand<br />
der Lesekompetenz ansetzen. Nutzen<br />
Sie die Anregungen der Übersicht und<br />
der Checkliste in diesem Beitrag, damit<br />
der Einsatz der Buchpaten gelingt.<br />
Übersicht: Organisationsformen für den Einsatz von<br />
Buchpaten bei Leseanfängern<br />
Die Buchpatin/Der Buchpate<br />
hhkommt ab dem Halbjahr zu den Leseanfängern, wenn sich Unterschiede im Lernstand<br />
zeigen.<br />
hhliest mit 4–6 besonders weit fortgeschrittenen Schülern Lesetexte; die Klassenlehrerin<br />
beschäftigt sich zeitgleich mit den Schülern, die noch mehr Unterstützung brauchen.<br />
hhliest mit wenigen Kindern, bei denen ein Buchstabe noch nicht sitzt, die Lehrerin gibt<br />
den anderen Kindern Gelegenheit, entsprechend ihrem Können Sätze oder kleine Texte<br />
zu üben.<br />
hhunterstützt sie beim Führen eines Lesetagebuchs, in das die Kinder malen oder schreiben,<br />
was sie gelesen haben.<br />
hhübt eine Schulstunde lang mit einer Kleingruppe von Kindern.<br />
hhübt mit jedem Kind nur ca. 15 Minuten.<br />
4 4/2016<br />
www.schulleiter.de
Top-Thema: Lesen in den Fokus rücken<br />
Mit Ehrenamtlichen-Organisationen<br />
kooperieren<br />
Nicht nur in größeren Städten wurden<br />
in den letzten Jahren Zusammenschlüsse<br />
von Ehrenamtlichen als „Freiwilligenzentrum“,<br />
„Ehrenamt“ oder als<br />
„eingetragener Verein“ gegründet, die<br />
sich die Förderung des Lesens zum Ziel<br />
gesetzt haben. Diese Organisationen<br />
bieten ihre Unterstützung meist mehreren<br />
Schulen an. Die Paten gewinnen<br />
auf diese Weise sehr viel Erfahrung und<br />
sind deshalb begehrt. Treffen Sie mit<br />
den Paten zu Beginn des Schuljahres<br />
und zum Schulhalbjahr konkrete verbindliche<br />
Terminvereinbarungen, um<br />
eine Überschneidung mit Einsätzen an<br />
anderen Schulen oder im Rahmen eines<br />
Asyl-Helferkreises zu vermeiden.<br />
Halten Sie auch Kontakt zum Ansprechpartner<br />
der Ehrenamtlichen-<br />
Organisation. Auch wenn dies rechtlich<br />
kein Träger ist, so können durch Rücksprache<br />
z. B. bei einem ungeeigneten<br />
Paten weitere Einsätze verhindert werden.<br />
Checkliste: Damit der Einsatz der Buchpaten gelingt<br />
Möchten Lehrer an Ihrer Schule Buchpaten einsetzen, muss dies von Ihnen als Schulleiter<br />
genehmigt sein.<br />
Je nach Schulgesetz des Bundeslandes bedarf der Einsatz von Buchpaten der Zustimmung<br />
der Klassenpflegschaft bzw. des Klassenelternrats.<br />
Sie delegieren für die Zeit des Einsatzes die Aufsicht an den Buchpaten. Die letztendliche<br />
Verantwortung verbleibt wie immer beim Lehrer und bei Ihnen.<br />
Aktive Ehrenamtliche sind wie Elternräte für die Zeitdauer ihres Einsatzes auf dem<br />
Weg zur Schule und an der Schule gesetzlich unfallversichert.<br />
Kündigen Sie in einem Elternabend den Einsatz der Buchpaten an.<br />
Heben Sie die besondere ehrenamtliche Leistung hervor.<br />
Sollte eine Finanzierung in einem kleinen Rahmen über einen Verband z. B. als „Hausaufgabenbetreuung“<br />
erfolgen, machen Sie auch dies transparent.<br />
Buchpaten sind in der Regel nicht pädagogisch ausgebildet, es sei denn, sie sind in<br />
einem pädagogischen Beruf tätig. Bitten Sie Ihre Lehrkräfte, die Paten zu beraten: Sie<br />
brauchen Anleitung im Umgang mit den Kindern.<br />
Wählen Sie den Lesestoff aus, und bereiten Sie ihn bei Bedarf didaktisch auf.<br />
Übertragen Sie nur solche Aufgaben, die die „Leseassistenten“ ohne großen Krafteinsatz<br />
bewältigen können.<br />
Lassen Sie die schwierigen pädagogischen Aufgaben in der Hand Ihrer Lehrer.<br />
Klassenlehrkraft und Buchpate müssen sich genau absprechen, was die Aufgabe des<br />
Buchpaten ist, z. B. Vorlesen oder beim Übungslesen des Kindes zuhören, oder es<br />
anleiten.<br />
Klären Sie auch, wie man mit fehlerhaftem Lesen umgeht.<br />
Unterrichtsbesuche geben Einblick in die Klassensituation, in das Verhalten einzelner<br />
Kinder und Leistungen der Schüler. Weisen Sie deshalb die Buchpaten darauf hin, mit<br />
ihren Beobachtungen besonders vertrauensvoll umzugehen.<br />
Gibt es Unstimmigkeiten, sprechen Sie diese frühzeitig unter 4 Augen an.<br />
Gehen Sie Elternbeschwerden umgehend nach. Verschaffen Sie sich selbst einen<br />
Eindruck von der Arbeit des Buchpaten und schließen Sie ein offenes Gespräch mit<br />
ihm an.<br />
Gelegentlich schießen Eltern mit ihrem Engagement über das Ziel hinaus. Sie treten<br />
in Konkurrenz zum Lehrer oder mischen sich unzulässig in Lehrer- und Schulangelegenheiten<br />
ein. Führen Sie in einem solchen Fall schnellstmöglich ein vertrauliches<br />
Gespräch. Beenden Sie bei Bedarf den Einsatz des Buchpaten.<br />
Muster: So finden Sie Paten<br />
Buchpaten gesucht<br />
Buchpate – eine wichtige Aufgabe!<br />
An unserer Schule unterstützen einige<br />
Buchpaten mit großem Engagement unsere<br />
Schüler beim Erlernen des Lesens.<br />
Sie kommen jede Woche zum Üben. Unsere<br />
Kinder profitieren sehr von dieser<br />
ehrenamtlichen Hilfestellung.<br />
Der größte Lohn für unsere Helferinnen<br />
und Helfer ist, wenn unsere Schüler<br />
gute Fortschritte beim Lesen machen.<br />
Für dieses hohe Engagement unserer<br />
Buchpaten bedanken wir uns sehr<br />
herzlich.<br />
Doch nun brauchen wir Verstärkung!<br />
Haben Sie Spaß am Lesen und liegt<br />
Ihnen die Förderung von Kindern am<br />
Herzen?<br />
Dann freuen wir uns, wenn Sie sich<br />
bei unserem Förderverein oder beim<br />
Freiwilligenzentrum melden. Gerne informieren<br />
wir Sie über den Zeitaufwand,<br />
den Ablauf der Lese-Unterstützung und<br />
über rechtliche Regelungen, die bei<br />
Ihrem Einsatz gelten.<br />
Ansprechpartner<br />
Adresse des Fördervereins<br />
Adresse des Freiwilligenzentrums<br />
Übrigens:<br />
Buchpaten sind Menschen, die …<br />
... regelmäßig mit unseren Schülern<br />
lesen.<br />
... die Arbeit der Schule bereichern<br />
möchten.<br />
... durch eigene Begeisterung für<br />
Bücher auch unsere Schüler<br />
begeistern wollen.<br />
... unsere Schüler in ihrer Sprach- und<br />
Gesamtentwicklung fördern.<br />
... sich Zeit für unsere Kinder nehmen.<br />
... wirklich super sind!<br />
www.schulleiter.de 4/2016<br />
5
Schulrecht<br />
Wer kommt für die Behandlung auf?<br />
Unfallversicherung zahlt auch bei Unfall auf der<br />
Schulparty<br />
Wenn während des laufenden Schulbetriebs ein Unfall passiert, z. B. auf dem Pausenhof oder im Sportunterricht,<br />
ist für alle Beteiligten klar: Die gesetzliche Unfallversicherung tritt für die Heilbehandlung und in gravierenden<br />
Fällen auch für eine Rente ein. Zweifel an der Zuständigkeit gibt es jedoch bei Veranstaltungen, die im Rahmen<br />
des Schullebens stattfinden.<br />
Fall 1: Unfall auf der Schulparty:<br />
Unfallversicherungsschutz ist<br />
gewährleistet<br />
Eine Schülerin in einer 10. Klasse besuchte<br />
die „Frühlings-Rockparty“, die<br />
seit Jahrzehnten von der Schule einmal<br />
jährlich veranstaltet wurde. Die Veranstaltung<br />
richtete sich vor allem an Schüler<br />
der 9. und 10. Klassenstufe. Darüber<br />
hinaus stand sie aber jedermann offen.<br />
Eine Verpflichtung zur Teilnahme bestand<br />
für die Schüler nicht. Die Party<br />
wurde von ca. 300–400 Schülern der betreffenden<br />
Schule und anderer Schulen<br />
besucht. Den Verlauf der Veranstaltung<br />
überwachten 4 Lehrer und der Schulleiter<br />
u. a. durch Rundgänge, auch auf dem<br />
nahe gelegenen Lehrerparkplatz.<br />
Auf diesem Parkplatz ereignete sich<br />
gegen 23:30 Uhr ein Unfall: Die Schülerin<br />
unterhielt sich dort mit einigen Mitschülern,<br />
bevor sie um 24:00 Uhr von<br />
den Eltern abgeholt werden sollte. Sie<br />
setzte sich auf eine Mauer am Treppenabgang<br />
und fiel beim Versuch, sich mit<br />
den Händen nach hinten abzustützen,<br />
hintenüber in einen etwa 2,5 m tiefen<br />
Schacht. Dabei verletzte sie sich schwerwiegend<br />
an der Wirbelsäule.<br />
Die gesetzliche Schülerunfallversicherung<br />
übernahm zunächst die Kosten<br />
der ärztlichen Behandlungen, die Fahrtkosten<br />
und einen Vorschuss auf eine<br />
Verletztenrente. Doch 4 Jahre später<br />
lehnte die Unfallkasse die Feststellung<br />
eines Unfalles im Sinne der gesetzlichen<br />
Unfallversicherung ab. Die Schülerin<br />
erhob daraufhin Klage vor dem Sozialgericht<br />
Trier.<br />
Rechtslage:<br />
Das Sozialgericht Trier hob den ablehnenden<br />
Bescheid der Unfallkasse auf. Es<br />
stellte fest, dass es sich um einen Unfall<br />
im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung<br />
handele und dass die Unfallkasse<br />
einspringen müsse. (Landessozialgericht<br />
Rheinland-Pfalz, Urteil vom<br />
03.02.2015 – L 3 U 62/13)<br />
Begründung:<br />
Das Gericht führte aus, dass sich die<br />
Party in ein pädagogisches Gesamtkonzept<br />
der Schule einfüge, bei der die<br />
Schule die organisatorische Verantwortung<br />
übernommen hatte. Insofern handelte<br />
es sich um einen Schulunfall.<br />
WICHTIGE HINWEISE!<br />
hhDamit eine Party als Schulveranstaltung<br />
gilt, ist ein unmittelbarer räumlicher und<br />
zeitlicher Zusammenhang zur Schule<br />
erforderlich.<br />
hhEine ausreichende tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit<br />
der <strong>Schulleitung</strong> auf<br />
die Vorbereitung und Durchführung der<br />
Veranstaltung muss gegeben sein.<br />
hhAuch fakultative Schulveranstaltungen<br />
stehen im organisatorischen Verantwortungsbereich<br />
der Schule.<br />
hhDurch die organisatorische Anbindung an<br />
die Schule und nach dem Gesamtbild der<br />
Feier können die Schüler und deren Eltern<br />
davon ausgehen, dass es sich um eine<br />
schulische Veranstaltung handelt, bei der<br />
die Schüler auch beaufsichtigt werden.<br />
hhDie Öffnung der Party für Schüler anderer<br />
Schulen schließt den Unfallversicherungsschutz<br />
nicht aus. Gerade gegen das<br />
hierdurch erhöhte Risiko einer mangelnden<br />
Beaufsichtigung durch die Schule sind die<br />
Schüler versichert.<br />
hhDer Aufenthalt vor dem Veranstaltungsraum<br />
gehört bei einer Rockparty zu den<br />
versicherten Tätigkeiten.<br />
Fall 2: Schmerzensgeld bei Unfall<br />
nur bei Vorsatz<br />
Ein 15-jähriger Schüler fuchtelte mit<br />
einem ca. 1 m langen Lehrerlineal herum<br />
und verletzte damit einen 14-jährigen<br />
Mitschüler am rechten Auge. Dies<br />
geschah, während der Lehrer für ca. 20<br />
Minuten das Klassenzimmer verlassen<br />
hatte. Die Verletzung war längere Zeit<br />
sehr schmerzhaft, und es drohte eine<br />
dauerhafte Beeinträchtigung der Sehfähigkeit.<br />
Aus diesen Gründen und weil<br />
der Schüler und seine Eltern der Ansicht<br />
waren, dass der Lehrer seine Aufsichtspflicht<br />
verletzt habe, verklagte der<br />
Schüler den Freistaat Bayern als Träger<br />
der Schule auf 50.000 € Schmerzensgeld.<br />
Rechtslage:<br />
Das Landgericht Ansbach lehnte die<br />
Ansprüche des Schülers gegenüber dem<br />
Lehrer und gegenüber dem Mitschüler<br />
ab (Landgericht Ansbach, Urteil vom<br />
18.06.2014 – 2 O 1240/13).<br />
Begründung:<br />
Anspruch auf Schmerzensgeld besteht<br />
nur bei Vorsatz entweder dem Schüler<br />
gegenüber, der den Schaden herbeigeführt<br />
hat, oder dem Lehrer gegenüber,<br />
der die Aufsichtspflicht verletzt hat. Bei<br />
beiden sah das Gericht keine vorsätzliche<br />
Schädigungsabsicht.<br />
WICHTIGER HINWEIS!<br />
hhDas Gericht betonte, bei Schulunfällen<br />
dieser Art, die auf Spielereien, Raufereien<br />
und übermütigem Handeln zurückzuführen<br />
sind und auf typischem Verhalten von<br />
Schülern im Pubertätsalter beruhen, sei ein<br />
Anspruch auf Schmerzensgeld ausgeschlossen.<br />
Es scheine, als ob der Schüler nur zum<br />
Spaß mit dem Lineal her umgefuchtelt und<br />
dabei nicht aufgepasst habe.<br />
6 4/2016<br />
www.schulleiter.de
Leiten / Führen / Motivieren<br />
Alarm!<br />
Frostige Stimmung im Kollegium –<br />
3 Schritte, wie Sie Tauwetter herbeiführen<br />
Am Kopierer wird schnell das Thema gewechselt, wenn der Chef erscheint. Die Lehrmittelsammlung ist<br />
verwaist; doch der Schulleiter erhält bei der Suche nach einem Betreuer eine Absage nach der anderen.<br />
Dies sind Symptome für eine sukzessive Verschlechterung des Klimas zwischen Kollegium und Schulleiter.<br />
Nur in wenigen Fällen legen sich Unstimmigkeiten<br />
von allein. Meistens<br />
staut sich immer mehr Frust auf bis hin<br />
zu einer Blockadehaltung. Lassen Sie<br />
es nicht so weit kommen. Bitten Sie die<br />
Lehrkraft, bei der Sie die meiste Ablehnung<br />
spüren, zu einem Gespräch. Wenden<br />
Sie den bewährten Dreischritt W³<br />
der Kommunikation an:<br />
1. Schritt: Wahrnehmung schildern<br />
Schildern Sie Ihre Beobachtung: „Gestern,<br />
als ich in das Lehrerzimmer kam,<br />
haben Sie das Gespräch mit der Kollegin<br />
abrupt abgebrochen. Bis vor 2 Wochen<br />
haben Sie mich immer freundlich begrüßt.<br />
In den letzten Tagen waren Sie immer<br />
so in Gespräche mit Kollegen vertieft,<br />
dass Sie mich gar nicht gesehen haben.“<br />
2. Schritt: Wirkung beschreiben<br />
Beschreiben Sie die Wirkung auf Sie:<br />
„Dies kann alles Zufall sein. Auf mich<br />
wirkt es, als ob Sie einen Groll gegen mich<br />
hegen.“<br />
3. Schritt: Wunsch äußern<br />
Sprechen Sie Ihren Wunsch aus: „Mir<br />
ist nicht bewusst, wodurch ich Sie verletzt<br />
hätte. Doch manchmal passiert so etwas,<br />
ohne dass man es merkt. Ich bitte Sie um<br />
eine Aussprache: Wenn Sie etwas ärgert,<br />
lassen Sie es mich wissen. Ich lege Wert<br />
darauf, dass wir offen und gut zusammenarbeiten<br />
und nicht gegeneinander.“<br />
Checkliste 1: Diese 10 Symptome weisen auf eine<br />
Klima-Abkühlung hin<br />
Gespräche verstummen, wenn Sie sich nähern.<br />
Es wird in kleinen Grüppchen getuschelt.<br />
Ein Lehrer fängt ein Gespräch mit einem Kollegen an, obwohl Sie dabeistehen.<br />
Lehrer vermeiden Blickkontakt.<br />
Lehrer sprechen Probleme nicht bei Ihnen an, sondern beim Stellvertreter.<br />
Ein Lehrer kommt nicht mehr allein zu Ihnen, sondern immer in Begleitung eines<br />
Kollegen.<br />
Lehrer kritisieren Sie indirekt, indem sie z. B. über die schlechte Organisation der<br />
Konferenz reden.<br />
Ein Lehrer greift Sie in der Konferenz an.<br />
Sie beobachten eine zunehmende Solidarisierung mit Ihrem Kritiker, z. B. ergreift<br />
niemand für Sie Partei, wenn Sie kritisiert werden.<br />
Lehrer mäkeln an allem herum, kennen nur noch Kritik.<br />
Checkliste 2: Anlässe für Unstimmigkeiten<br />
Stundenplanwünsche wurden nicht berücksichtigt.<br />
Bei einer Elternbeschwerde vermisst der Lehrer den vollen Rückhalt beim Schulleiter.<br />
Häufige Zusatzbelastung durch Vertretungsunterricht<br />
Zusatzarbeit durch Schulentwicklung und damit verbundene Präsenz in der Schule<br />
Kritik des Schulleiters, z. B. am Unterricht, am Klassenmanagement oder am Verhalten<br />
Schülern oder Eltern gegenüber<br />
Eine Zustimmung zu einer Fortbildung wird nicht erteilt.<br />
Sehr differierende pädagogische Ansichten<br />
IMPRESSUM<br />
„<strong>Schulleitung</strong> <strong>intern</strong>“ erscheint 14-tägig im Verlag<br />
PRO Schule – Soforthilfen für den Schulalltag – schnell,<br />
konkret, rechtssicher<br />
Adresse: Theodor-Heuss-Str. 2–4, 53177 Bonn<br />
Herausgeber: Prof. Dr. Volker Ladenthin<br />
Chefredakteurin: Katharina Schlamp, Institutsdirektorin<br />
an der Akademie für Lehrerfortbildung und<br />
Personalführung, Dillingen (V.i.S.d.P.)<br />
Bereichsleiter: Patrick Loos, Bonn<br />
Produktmanager: Jana Wennmann, Bonn<br />
Gutachter: Schulleiterin im Ruhestand Brigitte Cranz,<br />
Oberursel; Schulleiter Dr. Wilfried Brehm, Mittelschule<br />
Zirndorf, Zirndorf<br />
Kundendienst: Tel.: 0228/9550130;<br />
Fax: 0228/3696480<br />
E-Mail: kundendienst@vnr.de<br />
Satz: Holger Hellendahl, Neuss<br />
Druck: Paul Schürrle GmbH & Co. KG, Stuttgart<br />
Postvertriebskennzeichen: G 60652<br />
ISSN: 1436-6584<br />
Steuerlich immer voll absetzbar, wenn bezahlt:<br />
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HRB 8165, Vorstand: Helmut Graf, Guido Ems<br />
Bonn, Bukarest, Johannesburg, London, Madrid,<br />
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„<strong>Schulleitung</strong> <strong>intern</strong> – Empfehlungen und Arbeitshilfen<br />
für erfolgreiches Schulmanagement“ ist unabhängig.<br />
Alle Informationen wurden mit Sorgfalt ermittelt und<br />
geprüft. Es kann jedoch keine Gewähr übernommen<br />
werden, eine Haftung ist ausgeschlossen.<br />
Vervielfältigungen jeder Art sind nur mit ausdrücklicher<br />
Genehmigung des Verlags gestattet!<br />
Alle Rechte vorbehalten.<br />
www.schulleiter.de 4/2016<br />
7
Rubrik Best Practice<br />
Ergänzung anstatt Alternative<br />
Lärmampel –<br />
Ersatz für<br />
Pädagogik?<br />
Leserfrage: Vor Kurzem stellte ein<br />
Lehrmittelvertreter die neuesten<br />
Produkte von Verlagen vor. Eines,<br />
das sofort die Aufmerksamkeit<br />
mehrerer Lehrkräfte auf sich zog,<br />
war eine „Lärmampel“. Sie kostet<br />
ca. 70 ¤. Man kann sie mit Netzstrom<br />
versorgen oder mit Batterien.<br />
Ich schob die Entscheidung<br />
über den Kauf auf. Das Budget<br />
wäre vorhanden. Doch mir scheint<br />
es eine Bankrotterklärung zu sein,<br />
wenn die Lehrkraft es nicht selbst<br />
schafft, für Ruhe im Klassenzimmer<br />
zu sorgen.<br />
Antwort: Ihre Bedenken sind berechtigt:<br />
Es wäre falsch, sich von einer Lärmampel<br />
einen Ersatz für ein gutes Classroom-Management<br />
zu versprechen.<br />
Doch sehen Sie die positiven Effekte<br />
dieses technischen Hilfsmittels: Kinder<br />
hören oft nicht, ab wann es zu laut ist,<br />
z. B. in offenen Arbeitsphasen. Mit der<br />
Lärmampel schalten Sie ein 2. Sinnesorgan<br />
ein, das Sehen. Den Schülern sind<br />
die Signale der Ampelfarben bewusst:<br />
Wenn die Ampel auf Gelb schaltet,<br />
heißt dies: Achtung! – Es wird allmählich<br />
zu laut. Dämpfe deine Stimme. Schaltet<br />
sie gar auf Rot, ist allen klar: Jetzt ist<br />
eine Grenze überschritten. Alle müssen<br />
sofort ihre Lautstärke deutlich senken.<br />
Klären Sie mit Ihren Lehrern, dass<br />
die Anschaffung einer Lärmampel die<br />
Klassenorganisation nur ergänzt, jedoch<br />
nicht ersetzt. Empfehlen Sie ihnen, sich<br />
mit Ritualen den Alltag zu erleichtern:<br />
hhBei Gruppenarbeit wird geflüstert.<br />
hhIst jemand frühzeitig mit der Arbeit<br />
fertig, holt er sich Materialien aus<br />
dem Kasten „Freie Wahl“.<br />
hhWer etwas sagen will, meldet sich.<br />
hhKippt jemand mit dem Stuhl um,<br />
übernimmt er am nächsten Tag den<br />
Tafeldienst.<br />
hhSensibilisieren Sie Ihre Schüler darüber<br />
hinaus für Lärm und akustische<br />
Reize, z. B. durch Hörspaziergänge:<br />
„So klingt unsere Schule.“<br />
Klassenfahrt vorbereiten<br />
Schiff ahoi! Ein Segeltörn<br />
ohne Vorkenntnisse?<br />
Leserfrage: Unser Sportlehrer möchte im Sommer vor den Ferien als<br />
Abschlussfahrt mit unseren 10-Klässlern einen Segeltörn durchführen.<br />
Er begründet dies damit, so ein Gemeinschaftserlebnis würde die Bereitschaft<br />
zur Teamarbeit steigern, denn nur gemeinsam bringt die Crew eine<br />
Yacht in Bewegung. Teamfähigkeit sei schließlich eine der Schlüsselkompetenzen,<br />
die unsere Schüler für das Berufsleben dringend brauchen.<br />
Ich habe Bedenken, da der Lehrer selbst keinen Segelschein hat und sich<br />
somit gänzlich auf externe Personen verlassen müsste.<br />
Antwort: Wenn ein Segeltörn verantwortungsvoll<br />
und sorgfältig vorbereitet<br />
und durchgeführt wird, ist dies sicher<br />
eine höchst interessante Abschlussfahrt,<br />
die Ihre Schüler nie vergessen werden.<br />
Zu Ihren Bedenken: Weder der Lehrer<br />
noch die Schüler brauchen Segelkenntnisse.<br />
Schwimmen sollten die Schüler<br />
allerdings können. Das Segel-Knowhow<br />
und die Verantwortung haben ein<br />
Konsequenz<br />
Hausaufgabenschlamperei –<br />
ist Aufgeben eine Lösung?<br />
Profi-Kapitän und sein Maat. Die beiden<br />
weisen Ihre Schüler sorgfältig ein<br />
und bahnen rasch ein hohes Verantwortungsbewusstsein<br />
Ihrer „Crew“ an.<br />
Die meisten Anbieter finden sich im Internet.<br />
Die größeren Schiffe sind meist<br />
schon ab Mitte/Ende September für den<br />
nächsten Sommer reserviert. Deshalb<br />
wird der Segeltörn wohl eher eine Option<br />
für die nächste Abschlussfahrt.<br />
Leserfrage: In unserem Kollegium entwickelt sich das Thema „Hausaufgaben“<br />
immer mehr zum Dauerbrenner. Vor allem 2 Lehrer der 5. und 6.<br />
Klassen beklagen, dass fast 1/3 der Schüler die Hausaufgaben unvollständig<br />
oder gar nicht erledigt. Sie seien es leid, ständig Listen für die Nachholer<br />
zu führen. Dies koste Zeit und Energie und würde nichts bringen. Sie<br />
erklärten, künftig würden sie es einfach ignorieren, wenn die Hausaufgabe<br />
fehlt. Ich kann diese „Lösung“ nicht befürworten.<br />
Antwort: Aus Sicht der Lernpsychologie<br />
kommt Ignorieren als Reaktion Ihrer<br />
Lehrer einer „Verstärkung“ gleich.<br />
Der Anteil der Schüler, die ihre Hausaufgaben<br />
nicht erledigen, wird sich auf<br />
diese Weise sicher erhöhen. Eine Lösung<br />
ist, auf Hausaufgaben ganz zu verzichten<br />
und die Übung und Vertiefung<br />
so weit wie möglich in die Schulzeit zu<br />
verlegen. Befürworten Sie aber Hausaufgaben,<br />
dann sollten Ihre Lehrer die<br />
Hintergründe erforschen, weshalb die<br />
Hausaufgaben fehlen. Denken Sie dabei<br />
in 2 Richtungen:<br />
Zum einen: Meist sind es immer<br />
dieselben Schüler, die ihre Hausaufgaben<br />
nicht erledigen. Halten Sie in den<br />
Beratungsgesprächen mit den Eltern gemeinsam<br />
Ausschau nach einer Lösung,<br />
z. B. den Besuch einer Ganztagsklasse<br />
oder einer Hausaufgabenhilfe.<br />
Zum anderen: Wenn die Hausaufgaben<br />
im Pausenlärm untergehen oder<br />
unregelmäßig kontrolliert werden, sind<br />
dies schlechteste Voraussetzungen für<br />
die Erledigung der Hausaufgaben. Regen<br />
Sie einen Erfahrungsaustausch unter<br />
Ihren Lehrern an.<br />
Themen der nächsten Ausgabe:<br />
› Wie Ihre Schüler Feedback geben<br />
› Loyalität und Vertrauen - so<br />
führen Sie richtig<br />
8 4/2016<br />
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