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Bremer Arbeitnehmer Magazin

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05<br />

Ahmad Habibullah<br />

Clinton McMensah<br />

Zuwanderer in Erstaufnahmesystemen erfasst worden. Dazu kommen<br />

die unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten. Bis Ende<br />

Oktober 2015 waren das etwa 2.000 Menschen. Sie bleiben vorläufig<br />

auch im Stadtgebiet Bremen wohnen und sind hier entsprechend<br />

schulpflichtig. In Bremen besuchen bereits etwa 1.300<br />

geflüchtete Kinder die Schule. Wie Ibrahim, Clinton und die anderen<br />

Schülerinnen und Schüler der ABS werden viele von ihnen<br />

früher oder später einen Ausbildungsplatz anstreben.<br />

Wie gut lassen sich geflüchtete Jugendliche in den<br />

Ausbildungsmarkt integrieren?<br />

›Es hat sich gezeigt, dass die Integration in den Arbeitsmarkt<br />

nicht so einfach funktioniert, wie es sich viele Vertreter der Wirtschaft<br />

vorgestellt haben‹, sagt René Böhme, wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am Institut Arbeit und Wirtschaft der Universität Bremen.<br />

Er forscht aktuell zum Thema ›Geflüchtete und Ausbildung‹<br />

und kommt zu einem wesentlichen Ergebnis: Ohne eine individuelle<br />

Betreuung – wie sie an der ABS gelebt wird – geht es nicht.<br />

›Es ist wichtig, die Interessen und das Können des möglichen<br />

Azubis mit den Anforderungen der Ausbildung zusammenzubringen<br />

und nicht willkürlich auf Vorbereitungskurse an berufsbildenden<br />

Schulen zu verteilen‹, sagt der Wissenschaftler. Ansonsten<br />

sei die Ausbildung oft von Anfang an zum Scheitern verurteilt.<br />

Vor allem rechtliche Hürden machen es den Geflüchteten oft<br />

schwer, sich auf dem Ausbildungsmarkt überhaupt zu behaupten.<br />

›Ausbildungsbegleitende Hilfen wie zum Beispiel Nachhilfe oder<br />

finanzielle Unterstützung bleiben vielen Geflüchteten bisher verwehrt‹,<br />

sagt Böhme. Auch Bürokratie kann zum Problem werden.<br />

›In Bremen ist es schon vorgekommen, dass ein Geflüchteter seinen<br />

Ausbildungsplatz nicht antreten konnte, weil er keine Erlaubnis<br />

bekam, einen Führerschein zu machen‹, erzählt Böhme von<br />

seinen Forschungsgesprächen. Nach deutschem Führerscheingesetz<br />

dürfen Menschen nur dann das Autofahren lernen, wenn sie<br />

sich ausweisen können. Wer auf der Flucht seine Papiere verloren<br />

oder erst gar keine hatte, hat damit ein großes Problem.<br />

Außerdem müssen die Schülerinnen und Schüler noch im<br />

schulpflichtigen Alter sein, um die wichtigen Vorkurse machen zu<br />

können. Hier sei die strikte Altersgrenze ein Problem. Denn ehe<br />

die jungen Geflüchteten überhaupt gut genug deutsch sprechen<br />

und schreiben können, um eine Ausbildung schaffen zu können,<br />

sind sie oft älter als 18 Jahre und fallen damit aus der Schulpflicht.<br />

Nach der Volljährigkeit werde es jedoch deutlich schwieriger,<br />

einen Sprachkursplatz zu finden. ›Bayern ist diesbezüglich<br />

Vorreiter und bietet zweijährige Beschulungsangebote für junge<br />

Geflüchtete zwischen 16 und 25 Jahren an‹, sagt Böhme.<br />

Schließlich seien die einjährigen Vorkurse in Bremen nicht ausreichend,<br />

um ein Sprachniveau zu erreichen, das eine Ausbildung<br />

im dualen System in Deutschland verlangt. ›Das ist inzwischen<br />

auch auf politischer Ebene angekommen – zumindest wird in Bremen<br />

über die Finanzierung zweijähriger Sprachkurse diskutiert‹,<br />

so Böhme. Des Weiteren brauche es auch während der Ausbildung<br />

berufsbegleitende Fachsprachenangebote für Geflüchtete.<br />

Doch mit den Sprachkenntnissen alleine sei es nicht getan.<br />

Mittlerweile habe sich gezeigt, dass das allgemeine Bildungsniveau<br />

vieler Geflüchteter längst nicht so hoch ist, wie es viele<br />

gehofft hatten. ›Nicht selten muss in Mathematik und anderen<br />

Fächern nachgeschult werden‹, sagt Böhme. Umso wichtiger sei<br />

eine ehrliche Bestandsaufnahme über das Wissen der Einzelnen,<br />

sobald sie nach Deutschland kommen. ›Nur so können wir richtig<br />

fördern und integrieren‹, glaubt er.<br />

Eine Chance für alle <strong>Bremer</strong> Jugendlichen<br />

Förderung der Sprache, Nachholen von Allgemeinbildung, Unterstützung<br />

beim Kontakt zu Unternehmen oder bei Bewerbungen<br />

und Hilfestellungen beim Ankommen in der Ausbildung oder auch<br />

bei später aufkommenden Schwierigkeiten – vieles von dem, was<br />

René Böhme für junge Geflüchtete herausgefunden hat, gilt auch<br />

für die Jugendlichen, die in Bremen geboren sind oder schon<br />

lange hier leben und sich auf dem Ausbildungsmarkt schwertun,<br />

ist Regine Geraedts von der <strong>Arbeitnehmer</strong>kammer überzeugt. ›Im<br />

Ausbildungsbereich stehen wir beständig und immer wieder aufs<br />

Neue vor der Herausforderung, dass Betriebe und Jugendliche<br />

gut zueinanderfinden, beieinanderbleiben und miteinander erfolgreich<br />

sind. Darauf ist aber unser gesamtes Berufsbildungssystem<br />

bisher nicht gut genug ausgerichtet‹, sagt die Arbeitsmarktexpertin.<br />

Hier weiterzukommen sei dringend nötig. Allein 2015 haben<br />

im Land Bremen laut Agentur für Arbeit insgesamt 870 Men-

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