Eifel aktuell - April 2016 - NB-2
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<strong>Eifel</strong><br />
Die neuen Vereinsmitglieder unterzeichnen die Gründungsurkunde<br />
„Besser spät als nie“<br />
Rollesbroich gründet Verein für Heimatgeschichte<br />
Simmerath-Rollesbroich.<br />
Erst die Kenntnis der Vergangenheit lehrt uns, die Gegenwart richtig<br />
zu verstehen - eine Erkenntnis, die viele kennen, die aber dennoch oft<br />
nur eine leere Worthülse bleibt. Nicht so bei den gut 25 Geschichtsinteressierten,<br />
die sich kürzlich in Simmerath-Rollesbroich trafen um<br />
künftig aktiv etwas gegen das Vergessen der lokalen Geschichte zu tun. Mitten<br />
unter ihnen: Simmeraths Bürgermeister Karl-Heinz Hermanns, Rollesbroichs<br />
Ortsvorsteher Marc Topp und der Aktivposten in Sachen Geschichtsforschung des<br />
Altkreises Monschau, Jürgen Siebertz.<br />
„Viele von denen, die heute Abend nicht zu uns gekommen sind, werden etwas<br />
Wichtiges verpassen. Sie verpassen z. B. die Antworten auf die Fragen: Wozu<br />
brauchen wir in Rollesbroich einen Geschichtsverein? Oder: Geschichtsverein<br />
– haben wir in Rollesbroich nicht schon genug Vereine?“, schwor Siebertz die<br />
Anwesenden auf das ein, wofür man zusammengekommen war: die Gründung<br />
eines eigenen Geschichtsvereins. Siebertz blieb die Antwort nicht schuldig: „Nun<br />
- abgesehen davon, dass Rollesbroich eines der wenigen Dörfer im Monschauer<br />
Land ist, in denen es noch keinen Heimatverein oder Geschichtsverein gibt -<br />
nein, da gibt es etwas mehr. Heimatgeschichte hat nämlich auch etwas mit dem<br />
Wort ‘Verantwortung‘ und ‘Wertschätzung‘ zu tun. Viele Leute interessiert es<br />
leider nicht, was früher war - sie wollen es auch gar nicht wissen. Sie ignorieren<br />
sozusagen ihre eigene Vergangenheit. Sie können auch Fragen ihrer Kinder und<br />
Enkel nicht beantworten, wenn z. B. gefragt wird: Wie war das hier früher, vor<br />
100 Jahren? Meist lautet dann die Antwort: Weiß ich nicht – aber auf jeden Fall<br />
schöner – aber da musst du besser mal deinen Lehrer fragen.“<br />
Die Zahl der älteren Einwohner, die etwas über die frühere Zeit berichten könnten,<br />
so die Erkenntnis der Gründungsmitglieder des neuen Geschichtsvereins, nimmt<br />
zwangsläufi g immer weiter ab. Schon heute gibt es kaum jemanden, der etwas<br />
über die Zeit vor dem Krieg berichten könnte. Auch deshalb fühlen sich die<br />
Rollesbroicher Geschichtsforscher in der Pfl icht. „Wir sind jetzt an der Reihe,<br />
unsere Zeit in Wort und Bild für die Nachwelt festzuhalten“, so die einhellige<br />
Meinung. Unumstritten ist auch die Erkenntnis, dass die junge Generation sich<br />
überhaupt kein Bild davon machen kann, wie einfach und bescheiden, ja oft<br />
armselig die Kriegs- und Nachkriegsgeneration als Kinder gelebt hat. Aber –<br />
das Erzählen alleine reicht da nicht aus - man muss es auch schriftlich und<br />
fotografi sch festhalten.<br />
Jedes Dorf, jede Stadt, hat oder braucht Leute, die das noch vorhandene Wissen<br />
über ihre lokale Geschichte schriftlich festhalten. Heimatgeschichte ist nicht nur<br />
ein interessantes und spannendes Hobby – die Beschäftigung mit der eigenen<br />
lokalen Geschichte hat auch etwas mit Verantwortung der nachfolgenden<br />
Generationen zu tun.<br />
„Nach dem Verschwinden der Kneipenkultur sind vielfach auch die<br />
Unterhaltungen von Mensch zu Mensch auf der Strecke geblieben. Man<br />
unterhält sich heute lieber mit dem Smartphone oder mit seinem Computer.<br />
Es geht leider viel zu viel an Zwischenmenschlichkeit verloren in unserer hochtechnisierten<br />
Gesellschaft. Deshalb ist es wichtig, dass wir darauf achten, dass<br />
Dinge, die für uns alle gut waren und die jetzt in Gefahr geraten, modernen,<br />
kurzlebigen Strömungen der Zeit, noch möglichst lange gesichert bleiben“, so<br />
Jürgen Siebertz, bevor die Anwesenden zur Verabschiedung der Vereinssatzung<br />
und Wahl des Vorstandes schritten.<br />
So wollen sich die Rollesbroicher Heimatforscher künftig unter anderem darum<br />
kümmern, auf selbstgezeichneten Straßenkarten die zu einem bestimmten<br />
Zeitpunkt dort vorhandenen Häuser einzuzeichnen, die Einwohner nach<br />
Totenzetteln zu befragen und eine Liste zusammen zu stellen, in der die<br />
Toten alphabetisch aufgeführt sind - eine solide Basis, aus diesen Namen<br />
Stammbäume zu erstellen nach dem Motto: Wer bin ich, wo komme ich her und<br />
wer gehört noch zu mir?<br />
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