VDV Das Magazin Ausgabe Mai 2016
Das Verbandsmagazin des VDV ist die redaktionelle Plattform für Unternehmen des Öffentlichen Personen- und Schienengüterverkehrs in Deutschland. Konzept und Realisierung: AD HOC PR, Gütersloh.
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Freie Fahrt<br />
in den Ferien<br />
Im Urlaub das Auto stehen lassen und das Ferienziel mit Bus und Bahn erkunden –<br />
kostenlos: Immer mehr deutsche Urlaubsregionen bieten das ihren Gästen, meist als<br />
eine zusätzliche Gegenleistung für die allfällige Kurtaxe. Der Schwarzwald startete<br />
vor mehr als zehn Jahren mit der „Konus“-Gästekarte als Freifahrtschein. Er fand viele<br />
Nachahmer für das Angebot und baute es weiter aus.<br />
Foto: Deutsche Bahn AG/Hans-Dieter Bude<br />
Für ambitionierte Wanderer ist die 285 Kilometer<br />
lange Strecke ein Klassiker und mindestens einmal<br />
im Leben ein Muss: Der „Westweg“ durch den Schwarzwald<br />
von Pforzheim nach Basel verbindet tiefe Täler<br />
und luftige Höhen – von der Hornisgrinde im Norden<br />
über Feldberg und Belchen im Hochschwarzwald bis<br />
Basel. Nun ist es nicht jedermanns Sache, den Marsch<br />
an einem Stück, gegebenenfalls bei Wind und Wetter<br />
oder unbarmherziger Sonne, Tag für Tag durchzuhalten.<br />
Die Alternative heißt: Wanderetappe für Wanderetappe<br />
mit dem Öffentlichen Personennahverkehr verbinden –<br />
nach der Tour mit Bus und Bahn zurück zum Ausgangspunkt.<br />
So lassen sich die Schönheiten des Schwarzwalds<br />
gezielt herauspicken, ohne Gepäckmarsch und ohne<br />
ständigen Herbergswechsel. Die „Konus“-Gästekarte<br />
macht das einfach: Der Westweg wurde in Tagesetappen<br />
aufgeteilt, und zwar so, dass Start wie Ziel in der Regel<br />
gut mit dem ÖPNV erreichbar sind.<br />
Nicht immer ist Wanderwetter, auch nicht im sonnigen<br />
Südwesten der Bundesrepublik. Und dann freut<br />
sich Thomas Coch, Tourismuschef in der Gemeinde<br />
Staufen im Breisgau am Anfang des Münstertals, „dass<br />
wir so supernah an der Rheintalstrecke liegen“. Nur<br />
ein paar Minuten dauert die Bahnfahrt vom unterhalb<br />
der markanten Burgruine liegenden Bahnhof mit dem<br />
SWEG-Triebwagen nach Bad Krozingen, und dort gibt’s<br />
Regionalexpress-Anschluss nach Süden und nach Norden.<br />
Nach Freiburg dauert es kaum mehr als zehn Minuten,<br />
Basel ist eine Stunde nah. Aber auch Offenburg,<br />
Baden-Baden und Straßburg sind Ziele; zur Fahrt in<br />
die Elsass-Metropole reicht das Konus-Ticket bis Kehl.<br />
„Natururlaub und Städtetourismus – für beides ist die<br />
Gästekarte ideal“, freut sich Coch. Staufen sei idealer<br />
Ausgangspunkt für Gäste, die beides verbinden. Er stellt<br />
fest, dass es besonders die Museen und die jährliche internationale<br />
Kunstmesse „Art Basel“ sind, die kulturell<br />
ambitionierte Urlauber locken.<br />
Vorbild Österreich<br />
<strong>Das</strong>s die Übernachtungszahlen Jahr für Jahr steigen,<br />
führt nicht nur Coch auf das ÖPNV-Angebot per Gästekarte<br />
zurück. Auch Christopher Krull, Geschäftsführer<br />
der Schwarzwald Tourismus GmbH, sieht das so. Er<br />
ist der Vater der Konus-Karte. Ihr Name ist eine gefällige<br />
Abkürzung: „Kostenlose Nutzung des ÖPNV für<br />
Schwarzwaldurlauber“. Entdeckt hatte Krull die Idee,<br />
per Kurkarte die Urlauber das örtliche Linienbusangebot<br />
nutzen zu lassen, im Kleinwalsertal, das im südlichen<br />
Allgäu zu Österreich gehört. „Mich hat es interessiert, ob<br />
man so eine Idee nicht nur auf Gemeindeebene wie dort<br />
realisieren kann, sondern in einer so großen Region wie<br />
dem Schwarzwald.“<br />
Gut ein Jahrzehnt später lässt sich feststellen: Man<br />
kann. <strong>Das</strong> Freifahrt-Ticket gilt in der über 11.000 Quadratkilometer<br />
großen Region. 145 Orte verteilt auf neun<br />
Verkehrsverbünde mit über 70 Verkehrsunternehmen<br />
machen mit bei der Konus-Gästekarte. Sie erschließen<br />
sich zusätzliches Kundenpotenzial für den ohnehin<br />
von den Aufgabenträgern bestellten Linienverkehr auf<br />
Straße und Schiene: Aus den Einnahmen für die Kurkarten<br />
steuern die Gemeinden 36 Cent pro Übernachtung<br />
bei. 35 Cent werden an die Verkehrsunternehmen über<br />
die Schwarzwald Tourismus GmbH (STG) ausgeschüttet,<br />
ein Cent verbleibt für Handling und Marketing bei<br />
der STG. Pro Jahr kommen rund vier Millionen Euro Konus-Fahrgeldeinnahmen<br />
zusammen – ein pauschaliertes<br />
Beförderungsentgelt. Im letzten Jahrzehnt ist die Zahl<br />
der Schwarzwald-Urlauber um 1,9 Millionen gestiegen.<br />
Viele kommen wegen der Konus-Karte schon gar nicht<br />
mehr mit dem eigenen Auto, sondern reisen mit der Bahn<br />
an. „Ein durchaus gewollter Nebeneffekt“, merkt Krull<br />
an und rechnet vor: „1,9 Millionen zusätzliche Urlauber<br />
– ohne die Konus-Karte bedeutete das vermutlich<br />
über 800.000 zusätzliche Autos auf den Straßen des<br />
Schwarzwaldes. <strong>Das</strong> wäre ohne Straßenausbau und<br />
02 | <strong>2016</strong><br />
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