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Asja Bonitz/Mele Brink: Myka und die Versteckschule

Ein Pilz? Nein, Myka ist eine Pilzolotte! Mit ihren feinen Beinfäden kann sie wunderbar laufen und springen. Allerdings werden Pilzolotten immer wieder mit normalen Pilzen verwechselt. Und genau deshalb müssen sie in die Versteckschule gehen. Dort lernen sie, sich vor wilden Tieren und unaufmerksamen Pilzsammlern in Acht zu nehmen. Blöd nur, dass Myka vor dieser geheimnisumwobenen Schule ganz schön Bammel hat … Für Kinder ab 5 Jahren.

Ein Pilz? Nein, Myka ist eine Pilzolotte! Mit ihren feinen Beinfäden kann sie wunderbar laufen und springen. Allerdings werden Pilzolotten immer wieder mit normalen Pilzen verwechselt. Und genau deshalb müssen sie in die Versteckschule gehen. Dort lernen sie, sich vor wilden Tieren und unaufmerksamen Pilzsammlern in Acht zu nehmen. Blöd nur, dass Myka vor dieser geheimnisumwobenen Schule ganz schön Bammel hat …
Für Kinder ab 5 Jahren.

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<strong>Myka</strong> <strong>und</strong> d|e<br />

<strong>Versteckschule</strong><br />

EDITION PASTORPLATZ<br />

13


„<strong>Myka</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Versteckschule</strong>“ wird herausgegeben von der Edition Pastorplatz<br />

(<strong>Mele</strong> <strong>Brink</strong> & Bernd Held GbR · Luisenstraße 52 · 52070 Aachen)<br />

www.editionpastorplatz.de<br />

www.facebook.com/edition.pastorplatz<br />

www.twitter.com/ed_pastorplatz<br />

Editionsnummer: 13 (März 2016)<br />

ISBN 978-3-943833-13-3<br />

1. Auflage<br />

Idee + Text: <strong>Asja</strong> <strong>Bonitz</strong><br />

Zeichnungen: <strong>Mele</strong> <strong>Brink</strong><br />

Layout + Umsetzung: Bernd Held<br />

Korrektorat/Lektorat: Angelika Lenz, Steinheim an der Murr<br />

Gedruckt auf 150-g-Offsetpapier (FSC-zertifiziert).<br />

Umschlag auf 135-g-Bilderdruck matt (FSC-zertifiziert).<br />

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags<br />

unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Einspeicherung <strong>und</strong><br />

Verarbeitung in elektronischen Systemen.<br />

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet <strong>die</strong>se Publikation<br />

in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.


<strong>Myka</strong> <strong>und</strong> d|e<br />

<strong>Versteckschule</strong>


2


Im August n E k buf<br />

Eikibufi …<br />

Viele sind schon einmal dort gewesen, aber kaum jemand kennt den Namen<br />

<strong>die</strong>ses w<strong>und</strong>erlichen Waldes. Die Bäume wispern ihn einander manchmal<br />

zu, immer dann, wenn sie sich darüber unterhalten, dass es auf der ganzen<br />

Welt keinen schöneren Wald geben kann. Nirgendwo glitzert der Morgentau<br />

heller, nirgendwo raschelt das Laub geheimnisvoller <strong>und</strong> nirgendwo leben so<br />

viele verschiedene Tiere <strong>und</strong> Pflanzen friedlich <strong>und</strong> fröhlich nebeneinander.<br />

Eikibufi ist ein riesiger Wald. Stolze Fichten <strong>und</strong> majestätische Buchen,<br />

prächtige Kiefern <strong>und</strong> knorrige Eichen sind hier zu Hause. Rehe<br />

springen über sonnendurchflutete Lichtungen, Füchse huschen durchs<br />

Unterholz <strong>und</strong> unzählige Ameisen bauen unbeirrt ihre beeindruckenden<br />

Hügelnester. Spaziergänger, <strong>die</strong> durch Eikibufi wandern, genießen in<br />

vollen Zügen <strong>die</strong> frische Luft <strong>und</strong> das w<strong>und</strong>ersame Treiben, <strong>und</strong> fast<br />

alle bleiben länger, als sie es eigentlich vorgehabt hatten.<br />

In <strong>die</strong>sem herrlichen <strong>und</strong> gewaltigen Wald gibt es unglaublich<br />

viel zu sehen <strong>und</strong> zu entdecken. Deshalb ist es auch kein<br />

W<strong>und</strong>er, dass <strong>die</strong> Pilzolotten ausgerechnet Eikibufi zu ihrer<br />

Heimat auserkoren haben. Wer <strong>die</strong> Pilzolotten sind, fragt ihr?<br />

3


Nun, <strong>die</strong> Frage ist natürlich berechtigt. Kaum ein Mensch hat je eine Pilzolotte<br />

gesehen, <strong>und</strong> wer eine gesehen hat, hat sie höchstwahrscheinlich mit einem<br />

ganz normalen Pilz verwechselt. Tatsächlich haben <strong>die</strong> Pilzolotten mit den<br />

gewöhnlichen Pilzen, <strong>die</strong> sie Stillpilze nennen, eine Menge gemeinsam. Auf<br />

ihrem hellbraunen Körper tragen sie eine rotbraune Kappe. Unten haben sie<br />

lange Fäden, <strong>die</strong> an <strong>die</strong> Wurzeln eines Baumes erinnern. Nur dass sie viel,<br />

viel dünner sind. Diese Fäden <strong>die</strong>nen den Pilzolotten als Gliedmaßen. Die<br />

längeren Fäden nutzen sie als Arme <strong>und</strong> <strong>die</strong> kürzeren als Beine. Und da<br />

wären wir auch schon beim größten Unterschied zwischen Pilzolotten<br />

<strong>und</strong> Stillpilzen. Die Pilzolotten sind nicht wie <strong>die</strong> Stillpilze fest in<br />

der Erde verankert, sondern können sich auf ihren Beinfäden<br />

recht gut fortbewegen. Und das tun sie auch, mal<br />

schneller <strong>und</strong> mal langsamer, je nachdem, wie viele<br />

Fäden sie besitzen. Das ist nämlich von Pilzolotte<br />

zu Pilzolotte verschieden.<br />

4


Alle Pilzolotten werden aus demselben<br />

Fadengeflecht geboren, gehören also zu einer<br />

einzigen Familie. Diese Familie wird der Große<br />

Kreis genannt. Im Großen Kreis leben allerdings<br />

so viele Pilzolotten, dass nicht jeder mit jedem<br />

bekannt ist. Und das ist auch gut so, denn sonst<br />

könnten <strong>die</strong> Pilzolotten ja nie neue Pilzolotten<br />

kennenlernen. Wie bei Menschen gibt es auch<br />

bei den Pilzolotten Jungen <strong>und</strong> Mädchen. Aber<br />

im Gegensatz zu uns Menschen können sich <strong>die</strong><br />

Pilzolotten selbst aussuchen, was sie sein möchten. Die<br />

meisten entscheiden sich schon mit drei oder vier Jahren<br />

für ein Geschlecht. Aber man hat auch schon von Pilzolotten<br />

gehört, <strong>die</strong> sich erst im Alter von zehn Jahren endgültig festgelegt haben.<br />

Pilzolotten sind in Eikibufi sehr beliebt <strong>und</strong> allseits geachtet, denn sie haben<br />

ein fre<strong>und</strong>liches <strong>und</strong> aufgeschlossenes Wesen. Außerdem können sie sehr gut<br />

kochen. Wer einmal ihr Kastanienpüree oder ihren Bucheckernkuchen probiert<br />

hat, der will nichts anderes mehr essen.<br />

5


Ganz junge Pilzolotten sind winzig klein, kleiner<br />

noch als Marienkäfer. Die größten Pilzolotten sind in<br />

etwa so groß wie Eichhörnchen. Aber warum werden<br />

dann fast nie Pilzolotten gesichtet, fragt ihr? Ganz<br />

einfach: Wenn <strong>die</strong> Pilzolotten so groß sind wie Eichhörnchen, dann sind sie<br />

schon längst richtig super im Verstecken <strong>und</strong> können sich allen neugierigen<br />

Blicken entziehen. Diese Fertigkeit erlernen sie in der <strong>Versteckschule</strong>. Dort<br />

erfahren Pilzolottenkinder alles, was sie wissen müssen, um sich in jeder<br />

Situation vor Menschen <strong>und</strong> Tieren zu verstecken. Denn so fantastisch Eikibufi<br />

auch ist, birgt der Wald doch viele Gefahren, <strong>die</strong> den Pilzolotten das Leben<br />

schwer machen. Die größte Bedrohung sind <strong>die</strong> Pilzsammler, <strong>die</strong> im Herbst<br />

scharenweise in Eikibufi unterwegs sind. Sie achten nicht darauf, wo sie<br />

hintreten. Schon so manche Pilzolotte wurde mir nichts, dir nichts von einem<br />

herzlosen Gummistiefel zertrampelt. Aber noch schlimmer ist das Schicksal<br />

jener Pilzolotten, <strong>die</strong> neben den Stillpilzen in den Körben <strong>und</strong> Eimern der<br />

Pilzsammler landen. Mit ihren scharfen Messern schneiden <strong>die</strong> Sammler<br />

<strong>die</strong> Lauf- <strong>und</strong> Greiffäden ab, sodass <strong>die</strong> bedauernswerten Pilzolotten, <strong>die</strong> sie<br />

erwischt haben, nicht einmal mehr wegrennen können. Und dann führt ihr<br />

Weg direkt in <strong>die</strong> Bratpfanne oder in den Kochtopf des unaufmerksamen<br />

Pilzsammlers. Aber zum Glück passiert das nur ganz selten, denn <strong>die</strong> Pilzolotten<br />

sind, wie schon erwähnt, wahre Meister in der Kunst des Versteckens.<br />

6


Im Winter ist es den Pilzolotten zu kalt, im Frühjahr zu nass <strong>und</strong> im Sommer<br />

zu heiß. Darum schlafen sie in <strong>die</strong>ser Zeit den sogenannten Drei-Jahreszeiten-<br />

Schlaf. Erst im Herbst wagen sich <strong>die</strong> Pilzolotten aus ihren Moosbetten.<br />

Dann sind sie etwa drei Monate lang sehr aktiv <strong>und</strong> munter. Sie spielen <strong>und</strong><br />

tollen wild umher <strong>und</strong> flitzen durch Eikibufi, so schnell es ihre Lauffäden<br />

erlauben. Und sie essen so viel sie nur können, um sich für den nächsten Drei-<br />

Jahreszeiten-Schlaf zu rüsten. Im Herbst brauchen <strong>die</strong> Pilzolotten überhaupt<br />

keinen Schlaf. Tag <strong>und</strong> Nacht sind sie in Bewegung <strong>und</strong> nicht müde zu kriegen.<br />

Doch sobald der erste Schnee fällt, ziehen sie sich wieder in ihre moosige<br />

Behausung zurück. Es sind nämlich ganz empfindliche Kreaturen.<br />

7


Unsere Geschichte beginnt Mitte August, im<br />

allerheißesten Hochsommer. Der Tag bricht<br />

gerade an <strong>und</strong> zarte Sonnenstrahlen kitzeln<br />

den Wald <strong>und</strong> seine Bewohner vorsichtig<br />

wach. Es ist schon jetzt sehr warm. Zu warm<br />

für <strong>die</strong> Pilzolotten – <strong>die</strong> ersten werden nicht<br />

vor September aufwachen.<br />

Doch eine kleine Pilzolotte, nicht größer<br />

als eine Eichel, wälzt sich unruhig hin <strong>und</strong><br />

her. Und plötzlich schlägt <strong>die</strong>se Pilzolotte,<br />

von der im Übrigen <strong>die</strong> Geschichte erzählen<br />

soll, <strong>die</strong> Augen auf – mitten im August! Ihr<br />

Name ist <strong>Myka</strong>, <strong>und</strong> als sie erwacht, hat sie<br />

grummelnde, grollende Bauchschmerzen.<br />

8


Böse Bauchschmerzen<br />

<strong>Myka</strong> hielt sich den Bauch. Herrje, tat das weh. Ein nagender Schmerz war das,<br />

durch <strong>und</strong> durch unangenehm <strong>und</strong> beängstigend.<br />

<strong>Myka</strong> blinzelte. Wo war sie? Natürlich, in der Wurzelhöhle, in der alle Pilzolotten<br />

den Drei-Jahreszeiten-Schlaf schliefen. Es war ziemlich dunkel. Nur an den<br />

wenigen Stellen, wo <strong>die</strong> grüne Moosdecke <strong>und</strong>icht war, fielen vereinzelt ein<br />

paar Sonnenstrahlen in den Raum. <strong>Myka</strong> blickte sich um. Was sie jetzt sah, ließ<br />

sie <strong>die</strong> schlimmen Bauchschmerzen für einen Moment vergessen. Jedes, aber<br />

auch jedes einzelne Bett war belegt! Überall schlummerten Pilzolotten.<br />

Aber wenn alle in ihren Betten lagen, dann konnte das nur eines bedeuten:<br />

Der Herbst hatte noch gar nicht begonnen! Es war immer noch Sommer!<br />

Noch nie war <strong>Myka</strong> als Allererste aufgewacht. Ob das an ihrem Bauchweh lag?<br />

9


<strong>Myka</strong> schaute in das Bett, das direkt neben<br />

ihrem stand. Dort schlief ruhig <strong>und</strong> zufrieden<br />

ihr Bruder Myrko. Seine ausladende Kappe war<br />

das Einzige von ihm, das unter der Moosdecke<br />

hervorguckte. Myrko besaß eine wirklich<br />

schöne Kappe: groß, dunkelbraun <strong>und</strong> fast<br />

ganz gleichmäßig r<strong>und</strong>. <strong>Myka</strong> hatte ihn immer<br />

darum beneidet. Ihre eigene Kappe war von<br />

einem verwaschenen Rotbraun <strong>und</strong> hatte nicht<br />

so einen ordentlich ger<strong>und</strong>eten Rand wie <strong>die</strong> ihres<br />

Bruders. Außerdem befand sich auf der linken<br />

Seite ein gelber Fleck, dessen Form ein wenig einer<br />

Haselnuss glich. Wegen <strong>die</strong>ses Flecks musste <strong>Myka</strong><br />

sich von den anderen Pilzolotten, mit denen sie spielte,<br />

einiges anhören. „Gelber Fleck, <strong>Myka</strong>s Dreck“ war nur<br />

einer der unschönen Sprüche, <strong>die</strong> sie ihr regelmäßig<br />

hinterherriefen. Sie meinten es nicht so, aber<br />

weh tat es trotzdem. Zum Glück verteidigte<br />

Myrko seine Schwester immer, wenn sie<br />

von den anderen gehänselt wurde. Darauf<br />

konnte sie sich verlassen.<br />

10


<strong>Myka</strong> musste<br />

gähnen. In der stillen<br />

Höhle klang das so laut,<br />

dass sie sich rasch einen ihrer<br />

Armfäden vor den M<strong>und</strong> hielt. <strong>Myka</strong><br />

hatte drei Arm- <strong>und</strong> fünf Beinfäden. Myrko hatte<br />

nur vier Beinfäden, dafür aber sechs Armfäden, also doppelt so viele wie <strong>Myka</strong>.<br />

Damit jonglierte er manchmal gerollte Blattstiele, was sehr lustig aussah. <strong>Myka</strong><br />

spielte oft mit Myrko, denn er hatte immer <strong>die</strong> besten Ideen. Einmal hatten<br />

sie sich aus leeren Kastanienschalen Ritterrüstungen gebastelt <strong>und</strong> waren mit<br />

Kiefernnadeln als Degen durch den Wald gesprungen. Ein anderes Mal formten<br />

sie aus braunen, schon halb verrotteten Buchenblättern r<strong>und</strong>e Bällchen, mit<br />

denen sie sich gegenseitig bewarfen. Die Blätter waren schon sehr dünn,<br />

sodass es überhaupt nicht wehtat, wenn man von einem der Bälle getroffen<br />

wurde. Aber am liebsten spielte <strong>Myka</strong> Zirkus. Sie <strong>und</strong> Myrko kletterten auf<br />

Kiefernzapfen, <strong>die</strong> auf dem Boden herumlagen, <strong>und</strong> balancierten darauf<br />

auf nur einem einzigen Beinfaden. Myrko gab zusätzlich den Zirkusdirektor<br />

<strong>und</strong> pries <strong>Myka</strong> als „weltberühmt-w<strong>und</strong>erbare Pilzolotten-<br />

Balancekünstlerin“ an. Sie hatten auch gerade Zirkus<br />

gespielt, als <strong>Myka</strong> sich entschieden hatte, dass<br />

sie gerne für immer ein Mädchen sein würde.<br />

11


<strong>Myka</strong> war traurig, wenn sie an <strong>die</strong>se Spiele zurückdachte. In <strong>die</strong>sem<br />

Herbst würde sie dafür nicht mehr so viel Zeit haben. Denn <strong>die</strong>ses<br />

Jahr kam sie in <strong>die</strong> <strong>Versteckschule</strong>. So wie alle sechsjährigen<br />

Pilzolottenmädchen <strong>und</strong> Pilzolottenjungen <strong>und</strong> natürlich auch<br />

alle, <strong>die</strong> sich noch nicht festgelegt hatten, was sie sein wollten.<br />

Eigentlich hatte <strong>Myka</strong> sich immer darauf gefreut, so wie Myrko zur<br />

<strong>Versteckschule</strong> zu gehen. Und jetzt, wo es bald so weit war, hatte<br />

sie Bauchschmerzen. Was war bloß los mit ihr? Sie hatte natürlich<br />

schon öfters Bauchschmerzen gehabt, meistens dann, wenn sie<br />

zu viele Blütenpollendrops auf einmal gelutscht hatte. Aber<br />

jetzt hatte sie schon seit Monaten nichts Süßes mehr<br />

genascht. Sie hatte überhaupt nichts gegessen.<br />

<strong>Myka</strong>s Gedanken wanderten wieder<br />

zur <strong>Versteckschule</strong>. Vielleicht lag da<br />

das Problem. Jeden Tag sah sie <strong>die</strong><br />

Pilzolottenkinder, <strong>die</strong> schon zur<br />

Schule gingen, ihre aus Baumrinde<br />

geformten Ranzen packen<br />

<strong>und</strong> singend in den Wald zur<br />

<strong>Versteckschule</strong> ziehen, während<br />

<strong>die</strong> kleineren Pilzolotten in<br />

der Nähe der Wurzelhöhle<br />

zurückblieben.<br />

12


Aber jetzt, wo sie bald selbst<br />

dorthin sollte, merkte sie, dass<br />

sie fast gar nichts über <strong>die</strong><br />

<strong>Versteckschule</strong> wusste. Wie<br />

sah es dort aus? Was erwartete<br />

sie dort? Und wie würde sie<br />

sich zwischen all den anderen<br />

Pilzolotten machen? Wenn sie im<br />

September mit der Schule anfing,<br />

wäre sie doch sicher <strong>die</strong> Schlechteste<br />

von allen? Vielleicht würden <strong>die</strong> Lehrer<br />

dann entscheiden, dass sie einfach noch<br />

nicht reif genug für <strong>die</strong> Schule war, <strong>und</strong> sie gleich<br />

am ersten Tag wieder nach Hause schicken …<br />

Bei <strong>die</strong>sem Gedanken pikste <strong>und</strong> rumpelte es in ihrem Bauch. Die<br />

Bauchschmerzen hatten also tatsächlich mit der <strong>Versteckschule</strong> zu tun. Sie<br />

konnte doch nicht einfach zur Schule gehen, ohne etwas darüber zu wissen!<br />

Vielleicht sollte sie es ganz bleiben lassen?<br />

<strong>Myka</strong> schauderte, wenn sie an <strong>die</strong>se Möglichkeit dachte. Sie hatte von der einen<br />

oder anderen Pilzolotte gehört, <strong>die</strong> nicht in <strong>die</strong> <strong>Versteckschule</strong> gegangen war.<br />

Eine war zu krank gewesen, eine andere zu faul <strong>und</strong> eine dritte zu hochnäsig.<br />

All <strong>die</strong>se Pilzolotten nahmen stets das gleiche Ende: Sie wurden groß, ohne<br />

dass sie gelernt hatten, sich richtig zu verstecken. Und wenn sie so groß waren,<br />

dass Menschen <strong>und</strong> wilde Tiere sie gut sehen konnten, wurden sie irgendwann<br />

gesammelt oder gefressen.<br />

13


Nein, das sollte <strong>Myka</strong> nicht passieren. Sie blickte sich um. Um sie<br />

herum schliefen Dutzende von Pilzolotten einen tiefen <strong>und</strong> festen<br />

Schlaf. Eine Pilzolotte aus dem Drei-Jahreszeiten-Schlaf zu wecken,<br />

egal aus welchem Gr<strong>und</strong>, galt als äußerst unhöflich. Denn einmal<br />

aufgewacht, konnte eine Pilzolotte nicht vor Winterbeginn wieder<br />

einschlafen, auch wenn sie dann vielleicht den ganzen Herbst über<br />

müde war. Doch <strong>Myka</strong> wäre nicht <strong>Myka</strong> gewesen, wenn sie sich nicht<br />

trotzdem zu helfen gewusst hätte. Sie würde Antworten auf ihre<br />

Fragen bekommen. Sie würde aus der Höhle klettern <strong>und</strong> selbst zur<br />

<strong>Versteckschule</strong> laufen. Dann würde sie ja sehen, was sie dort erwartete.<br />

14


<strong>Asja</strong> Bon tz · d e Autor n<br />

<strong>Asja</strong> <strong>Bonitz</strong> erblickte 1981 in Berlin das Licht der Welt.<br />

Als Kind war sie eher ruhig <strong>und</strong> zurückhaltend. Ihre<br />

abenteuerlustige <strong>und</strong> verrückte Seite konnte sie beim<br />

Lesen unterschiedlichster Bücher zur Genüge ausleben –<br />

je dicker, desto lieber! Mit 18 begann sie ein Studium der<br />

Gesellschafts- <strong>und</strong> Wirtschaftskommunikation, auf das<br />

eine Promotion in Neuerer deutscher Literatur folgte. Seit 2010 ist sie als Autorin<br />

<strong>und</strong> Werbetexterin selbstständig. Und noch immer steckt sie ihre Nase am<br />

liebsten in ein Buch. Oder auch in zwei oder drei …<br />

www.asjabonitz.de<br />

<strong>Mele</strong> Br nk · D e Illustrator n<br />

Geboren 1968 in Ostwestfalen, lebt sie seit Mitte der 80er-<br />

Jahre in Aachen. Nach einem Architekturstudium hat sie<br />

sich 1998 völlig der Zeichnerei verschrieben <strong>und</strong> produziert<br />

seitdem heitere Bilder in Form von Comics („Rucky<br />

Reiselustig“), Cartoons, Porträtkarikaturen, (Schulbuch-)<br />

Illustrationen <strong>und</strong> Wimmelbildern für Verlage, Firmen,<br />

Filme <strong>und</strong> Vereine. Ihre auftragsfreien Zeichnungen werden seit 2011 bei der<br />

Edition Pastorplatz herausgegeben. Wenn noch Zeit bleibt, macht sie auch gerne<br />

große Messespiele mit kinetischem Kick.<br />

www.melebrink.de<br />

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