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Glareana_37_1988_#1

Veronika Gutmann Studia organalogica - Festschrift für John Henry van der Meer zum 65. Geburtstag [Buchbesprechung] N.N. Empfehlungen zur Behandlung Historischer Blasinstrumente in öffentlichen Sammlungen Brigitte Bachmann-Geiser Die Orgel im Berner Bauernhaus Thomas Gartmann Walter Senn/Karl Roy: Jakob Stainer. Leben und Werk des Tiroler Meisters 1617-1682. Frankfurt a.M. 1986 [Buchbesprechung] Brigitte Bachmann-Geiser Gruppierungsprinzipien im Kornhaus Burgdorf

Veronika Gutmann
Studia organalogica - Festschrift für John Henry van der Meer zum 65. Geburtstag [Buchbesprechung]

N.N.
Empfehlungen zur Behandlung Historischer Blasinstrumente in öffentlichen Sammlungen

Brigitte Bachmann-Geiser
Die Orgel im Berner Bauernhaus

Thomas Gartmann
Walter Senn/Karl Roy: Jakob Stainer. Leben und Werk des Tiroler Meisters 1617-1682. Frankfurt a.M. 1986 [Buchbesprechung]

Brigitte Bachmann-Geiser Gruppierungsprinzipien im Kornhaus Burgdorf

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Nummer 1<br />

Nachrichten der Gesellschaft der Freunde alter Musikinstrumente<br />

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INHALT<br />

Seite<br />

Editorial und Adressen der Vorstandsmitglieder 1<br />

Jahresrechnung 1987 2<br />

Wichtige Mitteilungen der Präsidentin 3<br />

V. Gutmann: Studia organologica - Festschrift für<br />

John Henry van der Meer zum 65. Geburtstag 4<br />

Empfehlungen zur Behandlung Historischer Blasinstrumente<br />

in öffentlichen Sammlungen 16<br />

B. Bachmann: Die Orgel im Berner Bauernhaus 18<br />

T . Gartmann, Walter SennjKarl Roy: Jakob Stainer. Leben<br />

und Werk des Tiroler Meisters 1617-1682. Frankfurt a.M. 1986 20<br />

B. Bachmann: Gruppierungsprinzipien im Kornhaus Burgdorf 22<br />

B. Bachmann: Das Kornhaus Burgdorf im Umbau 25<br />

Preise für die Nachbestellung von GLAREANA-Jahrgängen und Einzelheften<br />

sov1ie für Inserate<br />

Der Vorstand hat am 18. Februar 1984 in seiner Sitzung die folgenden<br />

Preise für Nachbestellungen von Jahrgängen und Einzelheften<br />

der GLAREANA beschlossen:<br />

l. Jahrgänge bis und mit 1971: Zu den Bedingungen und den üblichen<br />

Kopiergebühren der Zentralbiblio.thek Luzern<br />

2. Jahrgänge 1972 bis und mit 1981: Pro Jahrgang: SFr. 20.-- für<br />

Mitglieder; SFr. 30.-- für Nichtmitglieder;<br />

3. Einzelhefte ab 1983: SFr. 10.-- für Mitglieder; SFr. 15.-- für<br />

Nichtmitglieder<br />

(1982 ist keine GLAREANA erschienen)<br />

zu allen Preisen kommen Porto und eventuell auch Verpackungsspesen<br />

hinzu. Bestellungen sind an Herrn Paul Hess, cjo Zentralbibliothek<br />

Luzern, Sempacherstrasse 10, CH-6002 Luzern, zu richten.<br />

Mitglieder haben ferner die Möglichkeit, gratis ein Kleininserat<br />

in der GLAREANA zu veröffentlichen: Max. zwei Zeilen (a 60 Anschläge)<br />

+ Adresse. (Nichtmitglieder sind davon ausgeschlossen.)<br />

Grosse Inserate (bis max. 1 Seite) stehen Mitgliedern und Nichtmitgliedern<br />

offen und kosten SFr. 100.--, zuzüglich Cliche (falls<br />

erwünscht). Inseratenwünsche sind an Frau Dr. Brigitte Bachmann­<br />

Geiser, Sonnenbergrain 6, 3013 Bern, zu richten. Sie werden nach<br />

den Gegebenheiten jeweils im nächsten oder übernächsten Heft berücksichtigt.<br />

l


Jahresrechnung 1987<br />

1. Postcheck Saldo aus 1986<br />

Einnahmen<br />

Ausgaben<br />

Saldo<br />

2. SKA Saldo aus 1986<br />

Einnahmen<br />

Ausgaben<br />

Saldo<br />

Fr. 1300.79<br />

+ Fr. 4464.50<br />

- Fr. 5001.75<br />

Fr. 7801.95<br />

+ Fr. 1585.90<br />

- Fr. 194.10<br />

Fr. 763.54<br />

Fr. 9193.75<br />

3. Kasse Saldo aus 1986<br />

Einnahmen<br />

Ausgaben<br />

Saldo<br />

Fr. 59.65<br />

+ Fr. 611.85<br />

- Fr. 725.10<br />

- Fr. 53.60<br />

Vermögensbestand per 31. Dezember 1987<br />

total Fr. 9903.69<br />

Bilanz: Vermögen am 1. 1.1987<br />

Vermögen am 31.12.1987<br />

Vermögenszuwachs 1987<br />

Fr. 9162.39<br />

Fr. 9903.69<br />

Fr. 741.30<br />

Die Richtigkeit der vorstehenden Rechnung bestätigt<br />

Der Kassier<br />

-sig.-<br />

Hannes Paul Scherrer<br />

Rüsch1ikon, den 15. Januar <strong>1988</strong><br />

Uebersicht:<br />

E: Mitgliederbeiträge<br />

Verkauf/Inserate<br />

Zinsen<br />

rd. Fr. 4590.-­<br />

Fr. 500.--<br />

Fr. 190.-- Fr. 5280.--<br />

A: <strong>Glareana</strong><br />

Porti/Papier etc.<br />

GV/Sitzungen<br />

Fr. 2820.-­<br />

Fr. 740.--<br />

Fra. 980.-- Fr. 4540.--<br />

Ergibt Vermögenszuwachs rd. Fr. 740.--<br />

===========<br />

2


lolichtige Mitteilungen<br />

Die ordentliche Generalversammlung (36.) wird voraussichtlich am<br />

Sonntag, 23. Oktober <strong>1988</strong> in Bad Säekingen stattfinden. Wir werden<br />

dort das Trompetenmuseum besichtigen, Herr Dr. E. Tarr wird uns<br />

durch die Sammlung führen, wofür wir ihm schon jetzt sehr herzlich<br />

danken möchten. Viele der ausgestellten Objekte gehörten früher<br />

zur Sammlung unseres Mitgliedes Ernst w. Buser. Wir hoffen auf<br />

zahlreiches Erscheinen; die Einladung mit dem genauen Programm­<br />

Ablauf wird später versandt werden.<br />

Die <strong>37</strong>. Generalversammlung im Jahre 1989 (!) wird voraussichtlich<br />

gleichfalls im Nordwestzipfel der Schweiz stattfinden, denn die<br />

Galpin Society, die führende Vereinigung im Bereich der<br />

Instrumentenkunde mit Sitz in England, möchte Ende Oktober 1989<br />

ein "joint meeting" mit uns planen. sie möchte Basel und die<br />

Instrumentensammlungen im Umkreis (Bad Krozingen, Seewen, Bad<br />

Säekingen und evt. Privatsammlungen) besuchen. Wir werden versuchen,<br />

in diese Veranstaltungen unsere GV einzubauen. Im Rahmen<br />

dieses Meetings sollen Vorträge und kleine "lectures" gehalten<br />

werden können. Allfällige Interessenten für ein Kurzreferat können<br />

sich bei mir voranmelden und mögen gleichzeitig detaillierte<br />

Angaben zum Thema mitliefern. Wir werden zu gegebener Zeit über<br />

den Stand der Dinge berichten.<br />

Vom 16.-19. Juni 1989 organisiert die Galpin Society in<br />

Burntisland bei Edinburgh ihre Jahresversammlung mit Vorträgen und<br />

Besuchen in den (sehenswerten!) Instrumentensammlungen im Raume<br />

Edinburgh. Zu dieser Tagung sind auch Gäste eingeladen, die<br />

Interesse an Musikinstrumenten haben. Wer dazu nähere Informationen<br />

Wünscht, möchte s i ch schriftlich (nicht telephonisch) an mich<br />

wenden, damit ich weitere Informationen - soweit möglich - weitergeben<br />

kann. Die Reise muss sich jeder selbst organisieren.<br />

Dr. Veronika Gutmann<br />

Oberwilerstrasse 122<br />

4054 Basel<br />

3


studia organologica - Festschrift für John Henry van der Meer zum<br />

65. Geburtstag, Verlag Hans Schneider, Tutzing 1987<br />

Im 2. Heft der <strong>Glareana</strong> 1987 (S. 22-23) wurde ?ereits auf diese<br />

für unsere Anliegen wesentliche Publikation hingewiesen und das<br />

Inhaltsverzeichnis wiedergegeben, damit sich der Leser ein Bild<br />

von der Reichhaltigkeit dieses in vielfacher Hinsicht den Stand<br />

der aktuellen Forschung repräsentierenden Buches machen kann. Die<br />

folgende Besprechung wird nicht in gleichem Masse auf jeden der 30<br />

Beiträge eingehen können, doch soll versucht werden, jedem gerecht<br />

zu werden und in Stichwörtern seinen Inhalt wiederzugeben.<br />

Während die einzelnen Texte in dem Band alphabetisch nach Autorennamen<br />

geordnet wurden - nicht zuletzt wohl auch um die Fülle des<br />

Materials in den Griff zu bekommen -, möchten wir versuchen, die<br />

verschiedenen Aufsätze zu einzelnen Themenkomplexen zusammenzufassen,<br />

damit der Leser den weitgespannten Inhalt dieser Festschrift<br />

besser nachvollziehen kann. Diese Gruppierungen werden<br />

zwar zwangsläufig gewisse Unzulänglichkeiten aufweise.n und<br />

insofern nicht ganz schlüssig sein, als sie das europäische Musik­<br />

Instrumentarium in erster Linie nach organologischen Aspekten<br />

gliedern; weitere Schwerpunkte bilden die "äussere Form" von<br />

Quellen (plastische Darstellungen bzw. Beigaben von Musikinstrumenten<br />

zu Kl einplastiken) und ethnomusikologische, volksmusikalische<br />

sowie biographische Arbeiten. Schliesslich sei an dieser<br />

Stelle vermerkt, dass sowohl der Jubilar als auch der Herausgeber<br />

der Festschrift sowie vier der Autoren Mitglieder unserer Gesellschaft<br />

sind.<br />

Die einzelnen Gruppen beinhal ten 1. europäische Volksmusik und<br />

Ethnomusikologie, 2 . plastische bzw. halbplastische Darstellungen<br />

von Musikinstrumenten, 3. Biographische Beiträge und 4 . Untersuchungen<br />

an Instrumenten (Chordophone und Aerophonel.<br />

1. Europäische Volksmusik und Ethnomusikologie<br />

Brigitte Bachmann-Geiser eröffnet den Band mit einer Untersuchung<br />

zur Bandella Tremonese, die auf einem Referat aus dem Jahre 1980<br />

4


asiert. Heute sind im Kanton Tessin etwa 50 "Bandelle" aktiv: Die<br />

Oberstimmen werden von Klarinette und Trompete, die Unterstimmen<br />

von Posaune und Tuba gespielt, während die Mittelstimmen in ihrer<br />

Besetzung variieren (z. B. Tenor- und Barytonhorn) • Die hier als<br />

Beispiel herangezogene Bandella von Tremona, einem kleinen Dorf im<br />

Südtessin, umfasst sechs Spieler. Sie musizieren aus Freude und<br />

haben keinen individuellen Musikunterricht, lediglich Gruppenunterricht<br />

genossen; ihre Kleidung ist einheitlich, ohne dass jedoch<br />

eine Uniform getragen würde. Die Instrumente sind meist gemeinsames<br />

Gruppengut, nur ausnahmsweise gehören sie einem einzelnen<br />

Spieler. Im Gegensatz zur vereinsmässig organisierten "Banda" entspricht<br />

die "Bandella" gleichsam einem Männerbund, der unter<br />

anderem auch für das dörfliche Publikum aufspielt.<br />

Der Aufsatz von Gerhard Stradner bezieht sich auf die Instrumente<br />

der Wiener Schrammeln, deren Musik den "Inbegriff bodenständigen<br />

Wiener Musikantentums" (S. 445) bildet. Die Standardbesetzung des<br />

Schrammelquartetts war zwei Violinen, Kontragitarre und Klarinette<br />

(ab 1886). Nach nur sieben Jahren starb der Klarinettist- seinen<br />

Part übernahm später eine Harmonika -, doch die Schrammelmusik war<br />

in dieser kurzen Zeit bereits weltbekannt geworden. Die Schrammeln<br />

spielten bei verschiedensten Anlässen, nicht nur beim Heurigen,<br />

wie dies heutzutage üblich ist. Die Instrumente sel bst waren in<br />

Wien bzw. in den westlich gelegenen Vorstädten hergestellt worden<br />

und waren ihrerseits "massgeblich an der Entstehung des" typischen<br />

"Klanges der Schrammelmusik" beteiligt (S. 450).<br />

Ivan Ma~ak widmet seine Nachforschungen der Entstehung der Fujara,<br />

einer zylindrischen Pfeife von ca. 170 cm Länge mit Hilfsrohr für<br />

die Luftzufuhr. Sie wird in einem kleinen Gebiet der<br />

Mittelslowakei gespielt, umfasst ca. zwei Oktaven und weist drei<br />

Grifflöcher auf. In anderen Gebieten (Südpolen: hier ohne Grifflöcher;<br />

Ukraine und sogar in den Anden) finden sich ähnliche<br />

Instrumente. Die gemeinsame Wurzel, das Hilfsrohr für die Luftzufuhr,<br />

ist in der älteren Geschichte der Holzblasinstrumente zu<br />

suchen: Einen Hinweis dazu gibt Michael Praetorius mit seiner<br />

Bass-"Stamentien Pfeiff".<br />

Es gibt keine Belege für direkte Verbindungen zwischen Praetorius<br />

und der Fujara; verschiedene Indizien sprechen jedoch dafür, dass<br />

dieses Instrument Ende 17. Jh. entstanden ist.<br />

5


Ernst Ernsheimer durchforstete die Aufzeichnungen von Peter Sirnon<br />

Pallas nach organologischen und ethnornusikologischen Beobachtungen<br />

bei den Kalmücken im Jahr 1769. Pallas (1741-1811), ein Berliner<br />

Naturforscher, der 1768 als Mitglied der russischen Akademie der<br />

Wissenschaften den Auftrag erhielt, die östlichen Teile des<br />

Reiches zu erforschen, schrieb seine Beobachtungen sehr genau auf.<br />

Bei den Kalmücken arn Unterlauf des Uralflusses konnte er zwei<br />

verschiedene Streichinstrumente, eine Brettzither, eine balalaikaartige<br />

Laute, eine randgeblasene Flöte sowie den für diese<br />

Völker spezifischen Gesang hören und Tänzen beiwohnen.<br />

Noch weiter nach Osten führt uns Mette Müller mit dem Bericht über<br />

die laotische Mundorgel "khaen" in der Königlich Dänischen<br />

Kunstkammer, die bereits 1674 im Inventar aufgeführt wird.<br />

Aeusserlich entspricht sie den Ueberlieferungen durch Mersenne<br />

(16<strong>37</strong>) und durch Bildquellen. Es scheint in Buropa das älteste<br />

nachgewiesene Instrument mit frei schwingenden Zungen zu sein;<br />

Christian Gottlieb Kratzenstein, 1782, dürfte - wie aus seiner<br />

Schrift hervorgeht - dieses Instrument gekannt haben. Vielleicht<br />

bewog ihn dieses, die Empfehlung auszusprechen, auch in unseren<br />

orgeln Register mit frei schwingen Zungen einzubauen. Jedenfalls<br />

ist dies der bisher älteste Nachweis von frei schwingenden Zungen<br />

in Europa.<br />

2. Plastische bwz. halbplastische ·Darstellungen von Musikinstrumenten<br />

Zu diesem Ensemble von Untersuchungen gehören die Artikel von<br />

Ellen Hickmann. Ferdinand Joseph de Hen und Brigitte Wackernagel,<br />

auch wenn sie von sehr unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen.<br />

Ellen Rietmann stellt die Darstellung alexandrinischer Musikinstrumente<br />

der spätantiken Terminologie gegenüber. Ihre musikarchäologischen<br />

Forschungen beschäftigen sich mit dem Raum um<br />

Alexandria, in dem sich griechische und ägyptische Kultur überlagern<br />

und gegenseitig beeinflussen, was sich schliesslich auch im<br />

Musikinstrumentarium auswirkt. Die schriftlichen Zeugnisse sind<br />

oft widersprüchlich und daher schwierig zu deuten. 14 Abbildungen<br />

illustrieren die Reichhaltigkeit der Musikinstrumente.<br />

De Hen macht generell auf die bisher zu wenig berücksichtigte<br />

Bedeutung von Musikinstrumenten-Darstellungen auf antiken Münzen<br />

6


des Mittelmeerraums aufmerksam. Seine Arbeit befasst sich hier mit<br />

indischen Goldmünzen aus dem 4. Jh. n. Chr. , auf denen die Harfe<br />

spielenden Könige Samudragupta (335 n.Chr.) und Kumaragupta (<strong>37</strong>5<br />

n.Chr.) abgebildet sind und die genaue Informationen über die Beschaffenheit<br />

der damaligen Harfe vermitteln.<br />

Bettina Wackernagel schliesslich beschäftigt sich mit Musildnstrumenten<br />

in Neapler Krippen des 18. und frühen 19. Jh. , die heute im<br />

Bayerischen Nationalmuseum in München aufbewahrt werden. Diese<br />

sind besonders ausgestattet, vor allem auch im Bereich der Musikinstrumente.<br />

Insgesamt finden sich 185 Musikinstrumente<br />

"unterschiedlicher Qualität und Realitätsnähe" (S. 484), von denen<br />

einige mit Sicherheit von Instrumentenbauern gemacht wurden,<br />

während etwa 90% "mehr oder weniger genaue Abbildungen" mit teilweise<br />

"vielen instrumentenspezifischen Einzelheiten" wiedergeben.<br />

Zahlreiche Fotos veranschaulichen die Genauigkeit, mit der diese<br />

Figuren und ihre Accessoires gestaltet sind.<br />

3. Biographische Beiträge<br />

In diesem Rahmen ist neben den Texten von Laurence Libin über<br />

die Familie Eisenbrandt und von Karl Ventzke zur Biographie von<br />

Georg Kinsky (1882-1951) auch Christian Lambours Portrait von dem<br />

Pianisten Felix Mendelssohn Bartholdy zu sehen. Im Hause Mendelssohn<br />

standen zwei Tasteninstrumente: ein Flügel und ein "alter<br />

kleiner Silbermann" (S . 311), also wohl ein Silbermannsches<br />

Fortepiano. Durch die Bekanntschaft mit Goethe konnte Mendelssohn<br />

dessen neuen Flügel von Nannette Streicher-Stein, Wien 1821,<br />

spielen. Das landläufig als "Mendelssohn- Flügel" bekannte Instrument<br />

(mit doppelter Auslösung) stammte aus der Londoner Niederlassung<br />

von Erard. Ein weiterer Flügel, der in diesem Zusammenhang<br />

von Belang ist, hatten Broadwood & Sons 1820 in London gebaut. Um<br />

diese Instrumente bewegen sich die hier dargestel1~en<br />

musikalischen Aktivitäten Mendelssohns.<br />

L. Libin zeichnet ein Bild der amerikanischen Instrumentenbauerfamilie<br />

Eisenbrandt, die auf Heinrich Christian Eisenbrandt,<br />

Sohn des Holzblasinstrumentenbauers Job. Benjamin Eisenbrandt,<br />

zurückgeht, der am 13. April 1790 in Göttingen geboren und am 9.<br />

März 1860 in Saltimore gestorben ist. Dazu wurde eine bisher<br />

unveröffentlichte Quelle, ein undatierter Stammbaum aus der Hand<br />

7


von Henriette, der Tochter Heinrich Christians herangezogen.<br />

4. Untersuchungen an Instrumenten<br />

Dieser Bereich ist hier, wie leicht nachzuvollziehen, am reichhaltigsten<br />

vertreten. Um eine gewisse Uebersichtlichkeit zu wahren,<br />

wird hier die Gliederung in Chordophone und Aerophone vorgenommen.<br />

Chordophone<br />

Karel Moens widmet sich dem frühen Geigenbau in Süddeutschland: In<br />

diesem Gebiet soll die Violine "den Durchbruch • • • in breitere soziale<br />

Schichten" und ihre "Stabilisierung" erreicht haben: dies<br />

die Arbeitsthese des Autors (S. 349), die die vorherrschende Meinung,<br />

die Entstehungsgeschichte der Violine in Oberitalien anzusiedeln,<br />

von Grund auf in Frage stellt. "Der Quellenwert der<br />

erhaltenen Insturumente" aus dem 16. und 17. Jh. wird durch seine<br />

akribischen Untersuchungen gleichfalls relativiert (dies sicher<br />

nicht inuner zur Freude der "Besitzer"), sind sie doch meist eingreifenden<br />

Veränderungen unterworfen worden, so dass sie den<br />

wahren Quellenwert. gar nicht mehr wiederzugeben vermögen. Die<br />

sozialen Zusanunenhänge und Voraussetzungen für den frühen Instrumentenbau<br />

(Bautradition der Spielleute, Anfänge des bürgerlichen<br />

Streichinstrumentenbaus), die Einflüsse "des Instrumentenbaus der<br />

Spielleute auf den Geigenbau des 17. Jh." und "des frühen<br />

Geigenbaus im süddeutschen Garnbenbau", "Italien und der frühe<br />

Geigenbau" und schliesslich die "Entstehung des zünftischen<br />

Geigenbaus" sind die weiteren Kapitel dieses umfangreichen Beitrages,<br />

der keineswegs den Anspruch erhebt, abschliessend zu sein.<br />

Er liefert uns einleuchtende Beweise und Material dafür, dass die<br />

Frage der Entstehung der Violine neu zu überdenken ist: Aus seinen<br />

Ergebnissen leitet sich zwangsläufig "die Notwendigkeit zu deren<br />

Diskussion ab" (S. 384).<br />

Mit besonderem Interesse folgt man den Ergebnissen von Manfred<br />

Hermann Schmid zum Violone in der italienischen Instrumentalmusik<br />

des 17. Jahrhunderts. Dass der Begriff "Violone" schon vielfältige<br />

musikhistorische Forschungsarbeit hervorgerufen hat, braucht hier<br />

nicht weiter ausgeführt zu werden. Schmid seinerseits hat sich mit<br />

dem vorliegenden Thema bereits anläselieh der Tagung zu<br />

"Kontrabass und Bassfunktion" in Innsbruck im Jahre 1984 (1986 im<br />

8


Druck erschienen) beschäftigt. Die terminologischen Vorausetzungen<br />

in den einschlägigen instrumentenkundliehen Quellen des 16. und<br />

frühen 17. Jh. bilden ein eigenes Kapitel, in dem die unterschiedlichen<br />

Ansätze und Bezeichnungen übersichtlich dargestellt<br />

sind. Die bis in unsere Tage formulierte Unsicherheit über die<br />

anscheinend grosszügige Verwendung der Begriffe von "Violone" und<br />

"Violoncello" in der 2. Hälfte des 17 . Jh. (z.B. noch im "The New<br />

Grove Dictionary of Music and Musicians", London 1980) wird hier<br />

eindeutig widerlegt: "Violone" ... " ist der Hauptbegriff für den<br />

Streichbass in der italienischen Instrumentalmusik. Erst gegen<br />

Ende des 17. Jh. erwächst ihm in der neuen Bezeichnung Violoncello<br />

ein Konkurrent" (S. 412). Es wurden die Besetzungsangaben von Cima<br />

(1610) bis corelli (1700) untersucht und die musikalischen Aufgaben<br />

dieser Streicherstimmen eingehend analysiert. vor allem der<br />

Ambitus dieser Bassstimmen, aber auch ikonographische Quellen und<br />

Besetzungslisten liefern weitere Belege, die zum Ergebnis führen,<br />

dass "Violone", auf die Geigenfamilie angewandt, "im Italienischen<br />

ab spätestens 1640 den Basso da braccio mit der Normalstimmung c­<br />

G-d-a" (S. 425) meint. "Violone" durchläuft gleichsam vier<br />

Stadien: l. als Bass der Gamben- und der Geigenfamilie; 2. ab<br />

1675 dringt der "Violone in contrabasso" (nun als 16 1 -Instrument)<br />

in die grossen Streicherbesetzungen ein, 3. der "Basso da<br />

braccio"/Violone wird mit Violoncello bezeichnet und 4. der<br />

Violone stellt das 16'-Instrument, das Violoncello das 8'­<br />

Instrument dar.<br />

Josiane Bran-Ricci verfolgt die Spuren der Pariser Saiteninstrumentenmacher<br />

ouvrard und Salomon unter Berücksichtigung der im<br />

Pariser Museum erhaltenen Instrumente. Zu den "Luthiers du vieux<br />

Paris" gehören neben den beiden genannten u.a. auch Pierray,<br />

Bertrand, Feury und Guersan. salomon "de Reims" (1713-1767) war<br />

eine sehr starke Persönlichkeit, seine Arbeiten wurden sehr<br />

geschätzt. Sowohl geschäftlich als auch im Familiären war er mit<br />

Jean ouvrard (1713-1748) und dem vor allem für seine Harfen<br />

bekannten Georges Cousineau (1733-1800} verbunden: Er hatte sich<br />

1748 mit der Witwe Ouvrard verheiratet und wurde dadurch angeheirateter<br />

Onkel der Geschwister Georges und Marie Cousineau, die<br />

1765 seine dritte Frau werden sollte. Die in Paris aufbewahrten<br />

Instrumente werden in einem Katalog genau beschrieben: zwei<br />

9


Violinen, ein Cello, eine Viola d'amore und ein Quinton von<br />

Salomon, von ouvrard ein Cello und ein Pardesaus de viole, von<br />

Feury eine Violine und eine Drehleier und von cousineau eine<br />

Gitarre. (N.B: Auch in der Basler Sammlung finden sich eine<br />

Drehleier von Feury und je ein Pardesaus de viole von ouvrard und<br />

Guersan.)<br />

Fritz Thomas untersucht ein rätselhaftes Instrument des 19.<br />

Jahrhunderts, das im Depot des Heimatmuseums in Wasserburg am Inn<br />

aufbewahrt wird. Aeusserlich sieht es einem Tafelklavier ähnlich;<br />

es könnte sich aufgrund seiner weiteren Merkmale um ein Akkordklavier,<br />

um ein Begleitinstrument handeln. Auch ist nicht klar, ob<br />

das Instrument eine Hammer- oder eine Tangentenmechanik eingebaut<br />

hatte. Thomas legt erstmals eine nähere Beschreibung vor, die<br />

hoffentlich weitere Aufschlüsse nach sich ziehen wird.<br />

Den besaiteten Tasteninstrumenten sind sieben Aufsätze gewidmet.<br />

Herbert Heyde nimmt sich zweier Cembali (ein undatiertes und eines<br />

von 1695) an, die im Händel-Haus in Halle aufbewahrt werden.<br />

Gewisse Uebereinstimmungen mit Instrumenten von Cristofori und<br />

Migliai in Leipzig lassen auf die Entstehung in Florenz um 1700<br />

sch1iessen; genaue Ergebnisse können jedoch erst nach weiteren<br />

Vergleichen erwartet werden.<br />

Dieter Krickeberg und Horst Rase knüpfen an Publikationen von<br />

Hubart Henkel (1977) und unserem Jubilar an, der 1966 in Nürnberg<br />

eine Untersuchung zum deutschen Cembalobau vor 1700 vorgelegt hat.<br />

Es geht um drei unsignierte Instrumente, die offensichtlich<br />

deutscher Provenienz und um 1700 oder Ende des 17. Jh. entstanden<br />

sind. Sie werden in Berlin aufbewahrt und können J.H. Harrass<br />

(Kat.Nr. 316 des Berliner Musikinstrumentenmuseums) bzw. Michael<br />

Mietlee (zwei Instrumente in Schloss Charlottenburg) zugeschrieben<br />

werden. Harrass baute - dies als deutsche Spezialität - das 16 1 -<br />

Register ein. Mit diesem Beitrag werden weitere "weisse Flecken"<br />

auf der Landkarte des deutschen Cembalobaus entfernt und mit<br />

Inhalt erfüllt.<br />

Jeannine Lambrechts-Douillez versucht, die in der Geschichte des<br />

Cembalobaus in Antwerpen im 18. Jh. vorhandene Lücke nach der Aera<br />

von RuckersjCouchet im 16. und 17. Jh. und vor Johannes Daniel<br />

Dulcken (um 1710 in Hessen geboren, 1745-1763 in Antwerpen) auszu-<br />

10


füllen. Das in Antwerpen aufbewahrte Instrument von Jacobus van<br />

den Elsche (um 1689-1772), 1763 datiert, sowie die nachgewiesenen<br />

Namen Joris Britsen II. und Alexander Britsen geben Hinweise. Aus<br />

der Zeit nach Dulcken stammt das 1779 in Antwerpen entstandene<br />

Cembalo von dem in der Nähe von Düsseldorf geborenen Joannes<br />

Petrus Bull (um 1723-1804).<br />

Martin Skowroneck stellt praktische Ueberlegungen und Beobachtungen<br />

zur Frage der Saitenstärken von frühen Hammerflügeln an,<br />

ein Element, das für die historische Aufführungspraxis von<br />

vorrangiger Bedeutung ist. Falsche Besaitung kann auch einem noch<br />

so historischen oder originalen Instrument, das fach- und kunstgerecht<br />

gespielt wird, nicht zu dem Klang verhelfen, den es mit<br />

einer passenden Besaitung hervorbringen würde. Saiten sind zudem<br />

sehr selten erhalten geblieben. Ein Glücksfall findet sich durch<br />

Saitenstärkenangaben bei einem Broadwood-Flügel von 1805 sowie bei<br />

einem Cembalo, das in Oslo aufbewahrt wird. Insbesondere Instrumente,<br />

die die Stimmung schlecht halten, könnten mit zu dicken<br />

Saiten bezogen sein.<br />

Dass der Klang nicht zuletzt auch davon abhängt, ob der Flügel<br />

offen oder geschlossen gespielt wird, ist klar. Dass aber das Vorhandensein<br />

von Deckelstützen und Schalldeckel an Harnmerklavieren<br />

darüber Aufschluss geben kann, ob die Instrumente überhaupt je<br />

offen, eventuell auch ganz ohne Deckel, oder immer geschlossen<br />

gespielt wurden, wurde bisher noch nie erörtert und wird von<br />

Alfons Huber ins Zentrum seiner Bemühungen gestellt. Kriterien<br />

dazu liefern etwa bemalte Innenseiten (z.B. pei Cembali), die<br />

eindeutig für einen Betrachter gedacht sind, also offen gespielt<br />

wurden. Die früheste Deckelstütze an einem Hammerflügel, die der<br />

Autor nachweisen kann, findet sich an einem Instrument von<br />

Nannette Streicher-Stein aus dem Jahre 1803. Deckelscharniere sind<br />

meist so gearbeitet, dass sie leicht geöffnet werden können und<br />

der Deckel entfernt werden kann. Die Mehrzahl der Wiener Klaviere<br />

zwischen 1810 und 1850 hatte zudem einen Schalldeckel, der<br />

möglicherweise für das Musizieren im w.ohnzimmer gedacht war. Im<br />

weiteren werden Bildzeugnisse herangezogen, um die Existenz bzw.<br />

die Nichtexistenz von Deckelstützen nachzuweisen.<br />

Eszter Fontana und Peter Andreas Kjeldsberg schreiben ein Stück<br />

Klaviergeschichte in Buda und Pest 1817-1872 bzw. in Norwegen.<br />

11


Fontana geht davon aus, dass nur kriegsfreie Zeiten und eine<br />

gewisse Bevölkerungsschicht die ·sozialen Voraussetzungen und<br />

Existenzgrundlagen für Instrumentenbauer bilden können. Dies<br />

bietet insbesondere der Stadtteil Pest ab der Wende zum 19. Jh. Im<br />

Jahre 1817 sucht erstmals ein Instrumentenmacher um das Zunftprivileg<br />

nach; im Jahre 1872 werden die Zünfte aufgelöst.<br />

Innerhalb dieses zeitlichen Rahmens zeichnet sie anhand von Dokumenten<br />

ein eindrückliches Bild und bietet Einblick in einen<br />

Bereich, der uns Mitteleuropäern noch wenig erschlossen ist. Der<br />

2. Teil enthält ein Verzeichnis der Klavierbauer inkl. Kurzbiographie<br />

und - soweit bekannt - Angaben zu Instrumenten.<br />

P.A. I


Bassettklappen; im vreiteren folgen ein Exkurs über die<br />

Bassettklarinette, ein Abschnitt über das Bassetthorn mit mehr als<br />

zwei Bassettklappen sowie Skizzen zu den entsprechenden Klappenanlagen<br />

und Notenbeispiele aus der Wiener Klassik, die die vom<br />

Instrument gegebenen Voraussetzungen bestätigen.<br />

Gunther Joppig widmet sich der Entwicklung des Deutschen Fagotts,<br />

das erst nach Erscheinen der aus dem Französischen übersetzten<br />

Fagottschule (Leipzig ) aus dem Jahre 1803 von Etienne Ozi<br />

(1753-1813) fassbar wird. Mit Heinrich Wilhelm Grenser (1753-1813)<br />

fassbar wird. Mit Heinrich Wilhelm Grenser ( 17 64-1813) scheint<br />

diese Entwicklung ihren Anfang zu nehmen, indem er die Es-Klappe<br />

für den linken kleinen Finger und nicht für den linken Daumen<br />

konzipiert. Offenbar ist auch "die Anfertigung von verschieden<br />

langen Flügeln (corps de rechange) eher eine Spezialität im<br />

deutschen Fagottbau gewesen" (S. 258). In der Sammlung des Autors<br />

findet sich gar ein Instrument mit drei Flügelstücken. Stimmzüge<br />

wurden bei französischen und bei Wiener Fagotten eingebaut. Die<br />

Grenser-Werkstatt wurde nach dessen Tode von \'liesner weitergeführt,<br />

somit auch die Bautradition, die sich über ein Jahrhundert<br />

halten konnte. Im weiteren werden die Verdienste und<br />

Bemühungen von Karl Almenräder (1786-1843} und Wilhelm Heckel<br />

(1856-1909) um die \veiterentwicklung dieses Instruments dargestellt,<br />

illustriert mit Instrumentenabbildungen und Faksimile­<br />

Wiedergaben von Skizzen und Grifftabellen aus den zitierten<br />

Schriften.<br />

Robert L. Barclay geht der Frage nach den Techniken der Nürnberger<br />

Trompetenmacher im 17. und 18. Jh. anband von Spuren an<br />

erhaltenen Instrumenten und Erfahrungen bei der Herstellung von<br />

Instrumentenkopien nach. Dafür zieht er historische Quellen,<br />

Bilder mit Werkzeugen und allfälligen technischen Informationen<br />

heran. Technik wie auch \'lerkzeuge wurden von der allgemein<br />

üblichen Metallbearbeitung übernommen und adaptiert. Poliermittel<br />

oder eine jüngere Bearbeitung der Oberfläche haben stets das Verwischen<br />

der Spuren der älteren zur Folge. Die Nürnberger Instrumente<br />

wurde nach guten alten Handwerksprinzipien hergestellt,<br />

daneben gab es ab der zweiten Hälfte des 18. Jh. schlechter<br />

gearbeitete Dutzendware. Für die Anfertigung von Kopien stellen<br />

die Legierung des Metalls sowie dessen Bearbeitung und die<br />

13


Arbeitsabläufe einen wesentlichen Faktor dar, will man diese mit<br />

den entsprechenden Werkzeugen und gernäss den technischen Möglichkeiten<br />

des 17. und 18. Jh. durchführen. Dies heisst andererseits<br />

für die Restaurierung solcher Instrumente, dass deren Oberflächen<br />

vor Arbeitsbeginn genau zu untersuchen sind. - Ergänzend wäre<br />

hierzu zu bemerken, dass auch in Norddeutschland, in der Werkstatt<br />

von Heinrich Thein, der Versuch unternommen wurde, eine Posaune<br />

von Jörg Neuschel, Nürnberg 1557, unter Anwendung zeitgenössischer<br />

Techniken nachzubauen (ein Bericht darüber findet sich im "Basler<br />

Jahrbuch für Historische Musikpraxis" , Bd. 5, 1981).<br />

Vinicio Gai be~chäftigt sich mit der Terminologie des QQDlQ<br />

omnitonico in Italien. Seine Nachforschungen stehen im<br />

Zusammenhang mit der Katalogisierung eines unsignierten,<br />

omnitonischen Horns, das durch Abbildungen und Hassangaben<br />

vorgestellt wird.<br />

Die ~ ist Gegenstand der Aufsätze von Peter Williams. Luigi­<br />

Ferdinando Tagliavini . Hermann Fischer/Theodor Wohnbaas und<br />

Gerhard Doderer.<br />

Williams geht der grundsätzlichen Frage nach, wie die Orgel<br />

überhaupt zum Kircheninstrument werden konnte und welcher Art die<br />

Einflüsse ihrer Harmonie/Mehrstimmigkeit auf die Musik dieser<br />

frühen Zeit sein könnte.<br />

Tagliavini nimmt seine bereits an anderem Orte publizierten<br />

Gedanken zu den Tastatur-Umfängen Italienischer orgeln wieder auf.<br />

Schon Mitte des 15. Jh. haben die wichtigen Orgeln bereits vier<br />

Oktaven Umfang (von F aus, ohne tiefe Fis, Gis= 47 Tasten), etwas<br />

was nördlich der Alpen noch längere Zeit gänzlich unbekannt blieb.<br />

Weniger wichtige Orgeln hatten einen Ambitus von nur drei Oktaven<br />

+ Terz, dem auch die meiste Orgelmusik aus der ersten Hälfte des<br />

16. Jh. Rechnung trägt. Eine Tabelle von Instrumentenumfängen aus<br />

dem 16. J h. zeigt, dass bei einer Erweiterung in der Tiefe von F<br />

nach C ausgedehnt wird.<br />

Hermann Fischer und Theodor Wohnhaas versuchen, anhand der Fugger­<br />

Orgel von St. Anna in Augeburg, ein Strukturmodell schwäbischer<br />

Renaissanceprospekte herauszuarbeiten. Nachahmungen dieser Orgel<br />

sind in Kirchenorgeln und Orgelpositiven, teils jedoch nur noch<br />

durch erhaltene Dokumente nachzuweisen. Vor allem ein in Nürnberg<br />

aufbewahrtes Positiv und - möglicherweise noch ausgeprägter -<br />

14


jenes im Musee de Cl uny in Paris scheinen besondere, spezifisch<br />

schwäbische Merkmale aufzuweisen. In diesem Zusammenhang wäre wohl<br />

auch das in Basel aufbewahrte Ab Yberg-Positiv zu sehen, das<br />

l eider nicht miteinbezogen wurde. In der weiteren ·Nachfolge der<br />

Fugger-Orgel sind die Ebert-orgel in Innsbruck ( 1555-1561, die<br />

grösste Renaissance-Orgel nördlich der Alpen) und die Ausstrahl ung<br />

auf verschiedene frühbarocke Orgeln zu sehen.<br />

Gerhard Doderer stellt eine portugiesische Kl einorgel des 17.<br />

Jahrhunderts vor, die sich in Privatbesitz befindet und 1764 von<br />

Pasqual e Caetano Oldovini tiefgreifend umgebaut wurde. 1979 wurde<br />

das I nstrument restauriert, es stellt eine der wenigen erhaltenen<br />

und spielbaren Kleinorgeln von der Iberischen Halbinsel dar.<br />

Diese kurzen Inhaltsangaben mögen einerseits die Vielfalt der auch<br />

in ihrer Präsentation vorzüglichen Festschrift wiedergeben,<br />

andererseits aber auch zur eigenen Lektüre und/oder Beschäftigung<br />

mit der Materie anregen.<br />

Dr. Veronika Gutmann<br />

Unsere Jubilaren<br />

Wer kännte sie nicht: die rei zende Kustodi n des Richard Wagner<br />

Museums und der städtischen Sammlung alter Musikinstrumente in<br />

Tribschen-Luzern. Dass unser langjähriges Mitglied, Frau Gertrud<br />

Kappeler, im April ihren 70. Geburtstag feiern konnte, glaubt man<br />

der jug!.~~lich , dynamischen Kollegin so weni g als unserm Mi tglied<br />

Adol f König, dem vormaligen Leiter der Kantonalen Geigenbauschule<br />

in .Brienz, der im Mai dieses Jahres sage und schreibe 80 Jahre alt<br />

geworden ist. Wir wünschen diesen geschätzt en Mitgliedern der<br />

GeFaM gute Gesundheit und nach wie vor Freude an der Musik.<br />

15


Arbeitsgemeinschaft der Restauratoren AdR<br />

Fachgruppe Musikinstrumente<br />

Empfehlungen zur Behandlung Historischer Blasinstrumente in<br />

öffenlichen Sammlungen<br />

In vielen öffentlichen Sammlungen ist in den letzten Jahren eine<br />

Zunahme von Beschädigungen an historischen Blasinstrumenten zu<br />

beobachten. Diese sind vorwiegend zurückzuführen auf unsachgemässes<br />

Aufbewahren<br />

Ausstellen<br />

Untersuchen<br />

Vermessen<br />

Bespielen<br />

Zum Schutze der Instrumente empfiehlt die Fachgruppe "Musikinstrumente"<br />

der Arbeitsgemeinschaft der Restauratoren (AdR) die<br />

Einhaltung folgender Richtlinien:<br />

1. Die Instrumente sollen einzeln und stossgeschützt auf einer<br />

inerten Unterlage aufbewahrt werden (ungeignet sind:<br />

Kunststoff-Folien, Spanplatten, säurehaltige Papiere)<br />

2. Bei der Präsentation ist zu beachten: Metallhalterungen<br />

müssen mit einer inerten Auflage überzogen sein (z.B.säurefreier<br />

Filz). Bei freier Aufhängung sollen die Nylonfäden<br />

an mehreren Punkten an nicht lösbaren Teilen befestigt<br />

werden.<br />

3 . Alle Instrumente aus Metall oder mit Metallteilen sowie<br />

alle Elfenbein-Instrumente sollen nur mit Handschuhen angefasst<br />

werden (Korrosionsgefahr durch säurehaltigen<br />

Handschweiss).<br />

Der feste Sitz aller Teile ist vor dem Herausnehmen zu<br />

kontrollieren. Mehrteilige Instrumente sind an ihren beiden<br />

äussersten Enden zu halten.<br />

Instrumente sollen nur vom zuständigen Restaurator zerlegt<br />

werden. (Häufig können verquollene Zapfen oder korrodierte<br />

Steckverbindungen ohne besondere Massnahmen nicht gelöst<br />

werden. Es besteht Bruchgefahr. )<br />

Es soll jeweils nur ein Instrument und dieses über einer<br />

gepolsterten Unterlage zerlegt werden.<br />

Untersuchende sind schriftlich zu verpflichten,ihre Untersuchungs-<br />

und Vermessungsergebnisse dem Museum zur weiteren<br />

Verfügung zu überlassen (vgl. dazu die CIMCIM - Richtlinien<br />

zum vermessen von Musikinstrumenten). Bevor Instrumente<br />

erneut untersucht werden, soll auf vorhandenes Dokumentationsmaterial<br />

zurückgegriffen werden.<br />

16


4. Untersuchtungsmethoden und Messwerkzeuge sind vor dem Vermessen<br />

mit dem Restaurator abzusprechen. Besonders ist zu<br />

beachten:<br />

Messwerkzeuge aus Metall dürfen nicht verwendet werden!<br />

Messungen an empfindlichen Teilen (Labium, Windkanal, Klarinetten-Schnabel,<br />

Metallwandungsstärken, etc.) dürfen vom<br />

Restaurator durchgeführt werden.<br />

Klappen und Ventile dürfen nur vom Restaurator zerlegt<br />

werden.<br />

Blöcke sowie Pfropfen an Querflöten oder Fagotten dürfen<br />

unter keinen Umständen vom Untersuchenden entfernt werden.<br />

5. Anspielversuche sind, soweit überhaupt verantwortbar,sorgfältig<br />

vor- und nachzubereiten:<br />

Alle Instrumente aus Elfenbein dürfen nicht angespielt<br />

werden (akute Rissgefahr).<br />

Anzuspielende Instrumente müssen auf Körpertemperatur vorgewärmt<br />

werden.<br />

Wenn ein Anspielen unvermeidbar erscheint,muss das Instrument<br />

vom Restaurator zuvor geölt werden. Dabei soll die<br />

Bohrung, keinesfalls jedoch der Windkanal mit einer hauchdünnen<br />

Schicht Oliven- oder Mandelöl geschützt werden.Nach<br />

dem Spiel von max. 5 Minuten müssen Bohrung und vor allem<br />

Tonlöcher sorgfältig von Blasfeuchte und Oelresten mit einem<br />

nicht fusselnden Wischer sorgfältig gereinigt werden.<br />

Der Windkanal ist mit Löschpapier zu trocknen.<br />

Blechblasinstrumente müssen mit destilliertem Wasser nachgespült<br />

und mit dem Föhn vorsichtig 10-15 Minuten getrocknet<br />

werden. (Achtung Schutzüberzüge!)<br />

Die Instrumente sollen nach dem Anspielen sich etwa drei<br />

Stunden ausserhalb der Vitrine reklimatisieren können.<br />

Für Konzerte und Tonaufnahmen sollen nur solche Instrumente<br />

herangezogen werden, deren längeres Bespielen vom zuständigen<br />

Restaurator als unbedenklich erachtet wird.<br />

Die Verwendung von Tesa-Film oder ähnlicher Klebefolien<br />

zum provisorischen Abdichten von Rissen oder Tonlöchern<br />

ist wegen der gefährlichen und schwerkontrollierbaren<br />

Rückstände verboten.<br />

17


Die Orgel im Berner Bauernhaus<br />

Mit der Schallplatte (ExLibris, Digital Recording EL 17015), die<br />

Annerös Hulliger auf acht verschiedenen Berner Hausorgeln bespielt<br />

hat, füllt die Berner Organistin eine Marktlücke.<br />

Zwar enthält die Anthologie "Die Volksmusikinstrumente in der<br />

Schweiz" (Claves D 8012/13} mit dem Osterlied von Niklaus Käsermann,<br />

von Franz Seydoux auf der Hausorgel aus Madiswil in der<br />

Kirche Kleinhöchstetten gespielt ein Stücklein Berner Hausorgelmusik.<br />

Auch die neue Schallplatte "Emmentaler Hausorgel - Geige -<br />

Hackbrett" (ZYT) 946) präsentiert die meisterhaft renovierte Hausorgel<br />

im Vormuseum des Kornhauses in Burgdorf mit traditionellen<br />

Berner Tänzen. Die beiden Schallplatten halten aber den Vergleich<br />

mit der nun vorliegenden Dokumentation nicht aus.<br />

Aehnlich wie die aufschlussreiche Vorstellung von 14 Toggenburger<br />

Hausorgeln auf der Einspielung durch Hans Vollenweider (Pelca PSR<br />

409 616) , werden die acht verschiedenen Emmentaler Hausorgeln abgebildet<br />

und kurz beschrieben. In dieser Dokumentation kann sich<br />

Annerös Hulliger auf die hervorragenden Vorarbeiten des Buchdruckers<br />

Hans Gugger abstützen, dessen Publikation "Die Barnischen<br />

Orgeln" , Bern 1978, dem wohl besten Kenner der Berner Orgeltradition<br />

die Doktorwürde ehrenhalber der Universität Bern zu Recht<br />

eingetragen hat.<br />

Die Bilder zur neuen Schallplatte bestätigen auf den ersten Blick<br />

die Merkmale der Emmentaler Hausorgel - gegen den Mittelturm ansteigende<br />

Pfeifenfüsse, nur spärlich oder überhaupt nicht bemalte<br />

Gehäuse, geschnitzte, vergoldete Holzgitter unterhalb des<br />

Kranzes - während sich auf den sauber beschriebenen Dispositionen<br />

die ebenfalls typische Registerzahl -4-6- ablesen lässt. Fünf der<br />

acht Werke verzeichnen einen Ambitus von drei Oktaven (C-e'' ' ),<br />

während die übrigen Instrumente dreieinhalb Oktaven umfassen, ja,<br />

die einzige signierte und datierte der acht Hausorgeln, die Hausorgel<br />

aus der Kapelle Münsingen (zwischen Bern und Thun) von<br />

Müller, Kurzenberg, 1778, schliesst sogar ein Kontra-H ein.<br />

Es ist dem Musikhistoriker nicht bekannt, was für Stücke auf den<br />

18


Schweizer Bauernorgeln gespielt wurden. Einige Hinwise aus der Literatur<br />

erlauben aber Rückschlüsse. Gottfried Keller zum Beispiel<br />

schildert in seinem in der Mitte des letzten Jahrhunderts verfassten<br />

Roman "Der grüne Heinrich" einen alten Lehrer, der "Sommerlieder,<br />

Abendlieder", einen "Kanon" und einen "Psalm" auf der<br />

Hausorgel begleitete. Neben geistlichen und weltlichen Liedern,<br />

wie sie die Komponisten der Zürcher Liederschule (Johann caspar<br />

Bachofen, Johannes Schmidlin, Johann Heinrich Egli und Jphann<br />

Jakob Walder) im 18. und frühen 19. Jahrhundert in verschiedenen<br />

Sammlungen angeboten haben, dürfte auch aus der "Sammlung von<br />

Schweizer=Kühreihen und Volksliedern" (4. und reichhaltigste Auflage<br />

mit Klaviersätzen von F.F. Huber, Bern 1826, mit einem Kommentar<br />

von Brigitte Bachmann-Geiser 1979 neu· erschienen) musiziert<br />

worden sein.<br />

Auf dieses schlichte, aber für die ländliche Musikkultur im Kanton<br />

Bern des 19. Jahrhunderts typische Quelle verzichtete die spielfreudige<br />

Organistin zugunsten eines ausschliesslich bürgerlichen<br />

Repertoires.<br />

Es ist das grosse Verdienst des Berner Historikers Franc;:ois de<br />

Capi tani, im Waadtländer Staataarchi v in Lausanne Berner Tänze<br />

ausgegraben zu haben. Aus diesen "Danses bernoises" und "Berner<br />

Redouten Tänzen" , die bei allerlei Gesellschaften auf dem Cembalo<br />

oder auf dem Hammerkl avier zur musikalischen Unterhaltung vornehmer<br />

Städter erklungen sein dürften, interpretiert Annerös Hulliger<br />

deren zehn (Sauteuses, Ländler, Walzer und Märsche) durchaus musikalisch,<br />

überaus gefäl lig, aber auf Berner Bauerninstrumenten<br />

etwas deplazi~rt .<br />

Wie Dr. de Capitani in seinen Erläuterungen "Zur Berner Musik der<br />

Biedermeierzeit" aber richtig feststel lt, beeinflussten sich<br />

Kunstmusik und Volksmusik im 19. Jahrhundert gegenseitig, was für<br />

die demokratische Schweiz ganz besondere Gültigkeit hat. Es ist<br />

tatsächlich manchmal kaum möglich, Volksmusik von Kunstmusik zu<br />

unterscheic;len.<br />

Neben den charmanten Berner Tänzen enthält die neue Orgelplatte<br />

acht Tänze aus den beiden Kl avierbüchern, die ein unbekannter<br />

19


Musiklehrer für Sophie von Prisehing (1793-1854) komponiert hatte<br />

und die im Nachlass der legendären Madame Elisabetn de Meuron zum<br />

Vorschein gekommen sind.<br />

Die Volkslieder, die der historisch orientierte Musikethnologe und<br />

Organeloge unter all den anmutigen Tänzen der Biedermeierzeit etwas<br />

vermisst, kommen in Edwin Peters "Fyrabe-Musig" und in Jean­<br />

Fran~ois Michels "Liedermeie us em Röseligarte" als Paraphrasen<br />

doch noch zum Zug. Man erkennt die schönen alten Berner Melodien<br />

des Emmentaler Hochzeitstanzes "Bin alben ä wärti Tächter gsii"<br />

und des Guggisberger Liedes "'s isch äbän ä z.tötsch uf Aerde".<br />

B.B.-G.<br />

Walter Senn/Karl Roy: Jakob Stainer. Leben und Werk des Tirol er<br />

Meisters 1617-1682 C= DAS MUSIKINSTRUMENT, Band 44)<br />

FrankfurtjM. (Bochinsky) 1986 (DM 284.-), 484 Seiten<br />

Ueber den Begründer der deutschen Geigenbauschule liegt nun endlich<br />

eine gültige Monographie vor,die mit unzähligen Legenden aufräumt.<br />

Der biographische Teil stellt eine überarbeitete Fassung<br />

von Walter Senns Habilitationsschrift (1949) dar. Senn kann dabei<br />

einige neue Dokumente vorstellen: Neue Indizien lassen einen<br />

Venedigaufenthalt nun wahrscheinlicher erscheinen; eine klösterliche<br />

Notiz aus dem Jahre 1644 könnte auf die ersten Instrumente<br />

Stainers hinweisen. Neu entdeckt wurde auch ein Brief von 1680, wo<br />

sich Stainer für eine Anfrage aus Nürnberg für eine Viola da gamba<br />

und zwei Violinen bedankt sowie ein Geleitbrief für einen Bassgeigen-Transport<br />

von HalljTirol nach Wien mit 9 Zollbescheinigungen<br />

(1668, falsche Verweisnummer im Dokumententeil). - Offen<br />

bleiben hingegen die meisten Fragen zu stainers Jugendzeit; selbst<br />

Geburtsort und -jahr konnten noch nicht 9esichert werden.<br />

Der zweite Teil der Mon9graphie wurde nach Senns Tod vom Direktor<br />

der Geigenbauschule Mittenwald, Karl Roy, fertiggestellt. Eine<br />

Liste führt alle erreichbaren Instrumentennachweise auf. Hier wäre<br />

ein Inventar der Fürstlichen Husikkammer von Eisenach (1748) zu<br />

ergänzen, wo unter anderem "l. Steiner Violine vom Secratair<br />

Westhoff" aufgeführt ist: daneben finden sich auch vier nach dem<br />

20


Modell Stainers gebaute Geigen: "4. Steiner dergl. , nehmlich 2 .<br />

Leipziger und 2. Tyroler". Eine weitere Liste verzeich.net die<br />

bekannten Instrumente mit ihren Attesten und bisherigen Besitzern;<br />

107 Werke werden dabei auch fotografisch dokumentiert. Eine Erörterung<br />

der strittigen Signaturenfrage kommt in einem Indizienbeweis<br />

zum Schluss, dass vermutlich alle gedruckten Zettel - teilweise<br />

noch heute im Handel frei erhältlich - gefälscht seien. Von<br />

den handschriftlichen Signaturen scheiden zudem alle aus, auf<br />

denen nicht deutlich AbsQm und m-pia (manu propria)stehe. Erschwerend<br />

erweist sich der Umstand, dass auch viele authentische Zettel<br />

vertauscht oder umdatiert worden sind und zahlreiche Fälschungen<br />

bereits zu Stainers Lebzeiten aufgetaucht waren, besonders in der<br />

Zeit, wo er im Gefängnis seinen vielen Aufträgen nicht hatte nachkommen<br />

können.<br />

Eine Computeranalyse der Masse von 76 Instrumenten führt zum<br />

Schluss, dass sich keine klare Gruppenbildung und damit auch keine<br />

Einteilung in 2 (vgl. Fuchs-Taxe) resp. 3 (Senn in MGG) verschiedene<br />

Modelle aufdrängt. - Eine breitere Diskussion hätte der Geschmackswandel<br />

um 1800 verdient: Während beispielsweise noch 1783<br />

Stainers Werke höher als die italienischen eingestuft wurden,<br />

nannte man sie 1805 bereits "unbrauchbare alte". Das neue Ideal<br />

des "grossen Tons" konnte auch mit schon 1766 einsetzenden Modernisierungen<br />

nicht mehr verwirklicht werden; heute befinden sich<br />

die Instrumente fast ausschliesslich im Besitz von Sammlungen und<br />

Musikern, die sich mit historischer Aufführungspraxis auseinandersetzen.<br />

In der redaktionellen Gestaltung sind leider einige Mängel anzumerken.<br />

So finden sich zwar drei verschiedene Abkürzungsverzeichnisse,<br />

aber kein einziges Register. Kleine Widersprüche bestehen<br />

zwischen der sorgfältig abgesicherten Darstellung der Biographie<br />

und der Einleitung, wenn hier ein Wunschdenke.n Stainer nach<br />

Cremona führen lässt, obwohl diese Legende von Senn schon lange<br />

widerlegt worden war. Ebenso befremdet es, wenn im Untertitel nun<br />

plötzlich doch ein Geburtsjahr Stainers auftaucht. Unvermindert<br />

bleibt jedoch der dokumentarische Wert dieser Arbeit I<br />

Thomas Gartmann<br />

21


Gruppierungsprinzipien im Kornhaus Burgdorf<br />

Im ersten Heft der <strong>Glareana</strong> 36, 1987 erzählten wir auf den Seiten<br />

20-23 unter dem Titel "Das Kornhaus Burgdorf" die Vorgeschichte<br />

des künftigen Instrumentenmuseums.<br />

Mittlerweile konnte unter der Leitung von Architekt Lukas<br />

Niethammer, Burgdorf, der Umbau des ehemaligen Kornspeichers zum<br />

"Schweizerischen Museum und Institut für Volksmusik und Musikinstrumente"<br />

an die Hand genommen werden. Es soll 1991 zum 700.<br />

Geburtstag der Schweizerischen Eidgenossenschaft eröffnet werden.<br />

Im Auftrag der Stiftung Kornhaus Burgdorf verfasste die Mi tarbeiterin<br />

der ersten stunde eine bisher unveröffentlichte 150-seitige<br />

Konzeptstudie. Wir machten uns darin Gedanken über<br />

Gruppierungsprinzipien.<br />

Besuche zahlreicher Instrumentensammlungen in Europa und<br />

Nordamerika, vor allem aber beratende Gespräche (1) mit Organologen,<br />

Musikethnologen und Instrumentenrestauratoren liessen uns zur<br />

folgenden Erkenntnis kommen: An Stelle einer einzigen permanenten<br />

Schausammlung von Musikinstrumenten, wie sie bis vor einigen<br />

Jahren in Instrumentensammlungen Historischer Museen und Husiksammlungen<br />

allgemein üblich war, hat sich in neuerer Zeit die Aufteilung<br />

einer Instrumentensammlung in mehrere kleinere Ausstellungen<br />

unter ein und demselben Dach bewährt. Verschiedene Ausstellungen<br />

lassen einen so komplexen Gegenstand wie ein Musikinstrument<br />

unter verschiedenen Aspekten erscheinen.<br />

In einer systematischen Sammlung, wie sie zum Beispiel im Musee<br />

des Arts et Traditions populaires in Paris zu sehen ist, lassen<br />

sich die einzelnen Typen von Volksmusikinstrumenten, aber auch<br />

ihre Machart und Spielweise und ihre akustischen Möglichkeiten in<br />

einer leicht fassbaren, übersichtlichen Weise darstellen. In einer<br />

historischen Sammlung, wie sie im neu eröffneten Musikmuseet in<br />

Stockholm überzeugt, werden Musikinstrumente als Teil einer allgemeinen<br />

Kulturgeschichte, zusammen mit andern Objekten gezeigt. Im<br />

Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg wurde 1969 versucht, eine<br />

Sammlung von europäischen Kunstmusikinstrumenten nach musikalischen<br />

Prinzipien zu gruppieren, das heisst, die Musikinstrumente<br />

ensembleweise, in Spielhaltung fixiert, auszustellen. Im Musikhistorisk<br />

Museum in Kopenhagen wirkt die Instrumentenausstellung,<br />

22


eingeteilt nach funktionellen Prinzipien, überraschend anregend,<br />

stellt aber an den Besucher hohe Ansprüche.<br />

Für das Schweizerische Museum und Institut für Volksmusik und<br />

Musikinstrumente in Burgdorf empfehlen sich neben der Schweizerischen<br />

Trachtensammlung und der Sammlung von Musikapparaten<br />

verschiedene Instrumentensammlungen, nämlich:<br />

1. eine systematische Aufstellung mit dem Titel<br />

Schweizerische Volksmusikinstrumente<br />

2. eine musikalisch-funktionelle Ausstellung, die die volksmusikalischen<br />

Gattungen, die instrumentalen und die vokalen Ensembles<br />

und ihre Funktionen darstellt, mit dem Titel<br />

Die Volksmusik in der Schweiz<br />

3. ein ~<br />

Alle drei Instrumentensammlungen sollen sich ergänzen und zusammen<br />

ein möglichst vollständiges Bild der volksmusikalischen Tradition<br />

in der Schweiz von den Anfängen bis in unsere Tage vermitteln,<br />

aber auch die Querverbindungen zur Schweizerischen Trachtensammlung<br />

(im Volkstanz, in der Volkstanzmusik und im volkstümliche·n<br />

Vereinslied, aber auch in der Trachten-Ausstellung<br />

selber mit Volksmusikinstrumenten als Kennzeichen einer Region)<br />

und zur Sammlung von Musikapparaten (Volksmusik auf Tonträgern,<br />

Geschichte der Volksmusi~forschung in der Schweiz) schaffen. Für<br />

diese drei oder mit den vereinzelten Musikinstrumenten der<br />

Trachten-Ausstellung eigentlich vier kleineren und grösseren Instrumentensammlungen<br />

sind rund 400 Volksmusikinstrumente erforderlich.<br />

Diese Fülle ermöglicht es, die Leistungen möglichst vieler<br />

Instrumentenmacher und die verschiedenen Funktionen und Zugehörigkelten<br />

eines Instruments zu veranschaulichen. Die Glarner Zither<br />

würde zum Beispiel vier Mal in verschiedenen zusammenhängen erscheinen.<br />

In der systematischen Ausstellung (Schweizer Volksmusikinstrumente)<br />

zählt sie zu den Chordophonen. In der musikalischfunktionellen<br />

Ausstellung (Die Volksmusik in der Schweiz) gehört<br />

sie zu den Hausmusikinstrumenten. In der Trachten-Ausstellung ist<br />

sie das Emblem des Kantons Glarus. Auf diese Weise können die drei<br />

Glarner Zithermacher des 19. Jahrhunderts, Alois Gastel, Salomon<br />

Trümpy und Kaspar Dürst, gewürdigt werden, während eine heutige<br />

Glarner Zither von Charles Hofmann im Labor ausgemessen, kopiert,<br />

fotografiert und gespielt werden kann.<br />

23


Ausstellungsprinzipien<br />

Die Musikinstrumente der Schausammlungen sollen in abgeschlossenen<br />

Vitrinen, die nach heutigen Erkenntnissen befeuchtet und erleuchtet<br />

sind, nach Möglichkeit in Spielhaltung fixiert werden. Die<br />

Ausstellungsobjekte sollen nicht nur in möglichst knappen Texten<br />

auf Deutsch und Französisch (2) beschriftet, sondern auch mit<br />

Zeichnungen, Bildern und Tonbeispielen ergänzt werden. Mit Bildern<br />

(alte Dokumente aus der bildenden Kunst, ältere und neuere Fotos,<br />

Karikaturen, Comics und erläuternde Strichzeichnungen) können auch<br />

Kinder die Handhabung eines Musikinstrumentes verstehen. Bilder<br />

vermitteln aber auch Informationen über musikalische, funktionelle<br />

und soziologische Zusammenhänge. Geographische Karten orientieren<br />

über die Verbreitung eines Volksmusikinstrumentes, einer volksmusikalischen<br />

Gattung oder eines Volkstanzes. Noten- und Tonbeispiele<br />

dienen dem musikalisch-akustischen Verständnis. Es empfehlen<br />

sich Walkman-Geräte, die dem Besucher das Abhören einer<br />

Kassette ambulant erlauben, ohne andere Besucher zu stören. Auf<br />

diese Weise ist ein Kommentar der Ausstellung in verschiedenen<br />

Sprachen (neben Deutsch und Französisch unbedingt auch Italienisch<br />

und Englisch) möglich, der den visuellen Aspekt der Ausstellung<br />

nicht durch umfangreiche, teuer herzustellende und die Schwellenangst<br />

erhöhende Texte belastet.<br />

(l) Wir sind insbesondere Ernst Emsheimer, Birgit Kjellström und<br />

cary Carp vom Musikmuseet, Stockholm, Peter Andreas Kjeldsberg<br />

vom Ringve Museum, Trondheim, Mette Müller vom Musikhistorisk<br />

Museum og Carl Claudius Samling, Kopenhagen, John<br />

Hen.ry van der Meer, Nürnberg, Friedemann Hellwig, Köln und<br />

Emanuel Winternitzt, New York, zu Dank verpflichtet.<br />

(2) Die Beschriftung der Ausstellungsobjekte soll sich auf Typ,<br />

Hersteller, Herstellungsort, beschränken. Eine oder mehrere<br />

Vitrinen, die eine thematische Gruppe darstellen, werden<br />

dur ch einen entsprechenden Titel gekennzeichnet und in einem<br />

möglichst kurzen, ganz einfach formulierten Text erläutert.<br />

Brigitte Bachmann-Geiser<br />

24


pas Kornhaus Burgdorf ist im Umbau I<br />

Ende Mai wurde in der Schweizer Presse das kuriose Bild von Alt­<br />

Bundesrat Georges-Andre Chevallaz an einem Pressluftbohrer veröffentlicht.<br />

Der Präsident des Stiftungsrates "Kornhaus Burgdorf"<br />

hatte es sich am 27. Mai nicht nehmen lassen, eigenhändig ein<br />

kleines Loch in das histoirsche Gebäude zu bohren und damit<br />

sichtbar den Uebergang von einer zehnjährigen Projekt- zu einer<br />

voraussichtlich dreijährigen Bauphase zu symbolisieren.<br />

In einem riesigen Festzelt, das die originellen Organisatoren in<br />

einer schmalen Gasse der Burgdorfer Unterstadt errichtet hatten,<br />

drückte Herr Professor Chevallaz vor Hunderten von Gästen seine<br />

Freude darüber aus, dass aus dem Plan zum "Schweizerischen Museum<br />

und Institut für Volksmusik und Musikinstrumente" nu.n eine Konstruktion,<br />

aus einer Hoffnung Gewissheit geworden sei.<br />

In beispielshaftem Spenderwille haben die Stadt Burgdorf, der Kanton<br />

Bern, das Eidgenössische Departement des Innern, weitere Behörden,<br />

Banken, Industrien und Privatpersonen zwar elf Millionen<br />

Schweizer Franken zusammengetragen, aber um die erst zum Teil bestehenden<br />

Sammlungen zu ergänzen, sind noch weitere zwei Millionen<br />

notwendig (Konto Kornhaus Burgdorf, 34-666 -6). Auch wenn es noch<br />

an Geld fehlt und jedermann, der sich durch die Vielfalt der<br />

schweizerischen Volksmusikinstrumente, durch die vokalen und instrumentalen<br />

Traditionen unseres Landes, durch unsere Trachten und<br />

Bräuche angesprochen fühlt, zu einem Beitrag aufgefordert werden<br />

muss, fehlt es nicht an Begeisterung für dieses lebendige Volksmusik-Zentrum<br />

von allen .für alle.<br />

Der 1985 gegründete Gönnerverein "Freunde des Kornhaus Burgdorf"<br />

(Postfach, 3400 Burgdorf 1) zählt bereits 2200 Mitglieder, und zum<br />

Konzert nach dem Spatenstich traten zwischen 16 Uhr und Mitternacht<br />

über vierhundert Volksmusiker auf, die weder eine Gage noch<br />

eine Reiseentschädigung forderten. Auch wenn dieser lautsprecherverstärkte<br />

Volksmusik-Marathon nicht für alle Ohren ein Vergnügen<br />

gewesen sein dürfte, hätte die spürbare Freude jedes Instrumentisten,<br />

jedes Sängers vom Kindergartenalter bis zum Männerchorveteranen<br />

alle Herzen erreichen müssen.<br />

Einzelne Programmbeiträge bewiesen zudem, dass das Kornhaus Burg-<br />

25


dorf auch für Freunde alter Musikinstrumente von Bedeutung sein<br />

wird. So überraschte zum Beispiel Werner Aeschbacher aus Bützberg<br />

mit einer Bass-Harmonika, die er als Begleitung zum Schwyzerörgeli<br />

(diatonische Handharmonika) mit den Füssen bediente. Beide Instrumente<br />

sind im Vormuseum gegenü~er dem Kornhaus Burgdorf (geöffnet<br />

jeden Sonntag von 9.30-11.30) bereits ausgestellt. Unter der Vielfalt<br />

von Instrumenten fielen auch die Pfeifer der Ahnenmusik des<br />

Oberwalliser Tambouren- und Pfeiferverbandes auf, denn sie spielen<br />

die sogenannte "Pollerpfiiffe", eine einteilige klappenlose Querpfeife<br />

aus Obstbaumholz, wie sie schweizerische Reisläufer aus<br />

fremden Diensten heimgebracht haben dürften. Pietro Bianchi, der<br />

Stiftungsrat aus der Südschweiz, begleitete die Tessiner Lieder<br />

seiner Frau Mirei~le auf einer von einem alten Tessiner Musikanten<br />

selber gebauten Geige. Vertreter aus der sechsten Schweiz, Gustav<br />

Talc~ch aus Basel und S~ndor Bartha aus Halten (Kt. Solothurn)<br />

spielten zusammen mit dem Musikethnologen Bela Halmes aus Budapest<br />

auf Geige, Bratsche und Bassgeige Vollestänze aus Siebenbürgen (bei<br />

G. Tak~ch, Postfach 81;>, 9001 st.Gallen kann eine vorzügliche<br />

Schallplatte "Pendely. Hungarian Folk Music" bestellt werden) . Als<br />

Beispiel ungewöhnlichen Vereinsmusizierens trug der Mandolinenclub<br />

"Estudiantina" aus Solothurn Salonmusik auf Singender Säge, Mandolinen<br />

und Gitarren zum kunterbunten Spatenstich-Fest bei.<br />

B.B.-G.<br />

26


Kornhaus Burgdorf sucht Direktor/in und Leiter/in<br />

kht. Die Stiftung Kornhaus Burgdorf schreibt dieser Tage zwei<br />

stellen zur weiteren Realisierung des künftigen Schweizerischen<br />

Zentrums für Volksmusik, Trachten und Brauchtum aus.<br />

Einerseits wird als Direktorin oder Direktor des Kornhauses Burgdorf<br />

eine kreative Allround-Persönlichkeit mit Managerqualitäten<br />

gesucht. Zu deren Aufgaben wird ab Januar 1989 unter anderem der<br />

weitere Aufbau des Kornhauses als Ganzes und die Beschaffung von<br />

neuen finanziellen Mitteln gehören. Nach der für 1991 vorgesehenen<br />

Eröffnung wird diese Person, die direkt dem Stiftungsratspräsidenten,<br />

alt Bundesrat Georges-Andre Chevallaz, unterstellt<br />

ist, die Gesamtleitung des Kornhaus-Betriebes innehaben.<br />

Die zweite Stelle wird für die Leitung des Instituts für Volksmusik<br />

und Musikinstrumente im Kornhaus Burgdorf geschaffen: Hier<br />

sucht die Stiftung eine Persönlichkeit mit Universitätsstudium in<br />

Musikwissenschaft und (oder) Volkskunde sowie mit Kenntnissen im<br />

nationalen und internationalen Forschungs-, Ausstellungs- und<br />

Museumswesen. Arbeitsbeginn der Instituts-Leitung ist im Verlaufe<br />

des nächsten Jahres; die Tätigkeit wird zunächst in einer Teilzeitanstellung<br />

erfolgen.<br />

Für beide Stellen hat die während dem Kornhaus-Umbau im Burgdorfer<br />

Rathaus untergebrachte Stiftung Kornhaus Burgdorf die Bewerbungsfrist<br />

auf den 15. August dieses Jahres festgelegt .<br />

Gesucht im Raum Chur: gewandte Consort-Gamben-Spieler,<br />

von Maria und Beat Boehm-cotti, Obere Gasse 31, 7000 Chur<br />

zu verkaufen: Tafelklavier, Edinburgh um 1800, spielbar,<br />

ca. 7500 Fr. Bei M. Hüninger 061 1 25 10 78<br />

27


Festival Husica Antica a Magnano - noch ein Festival ?<br />

Magnano liegt östlich von Ivrea, einer grossen Industriemetropole<br />

im Piemont, eingebettet in eine hügelige Landschaft, \'lelche die<br />

Nähe des Aostatales und der Alpen fühlen lässt. Im Piemont wirkte<br />

Giovanni Bruna, einer der' wichtigsten Orgelbauer der Gegend. Ihm<br />

verdankt Magnano das werk in der Pfarrkirche, welches er 1794<br />

erbaute und das von einigen Idealisten 1981 restuariert wurde.<br />

Hier in Magnano verlebte Bernard Brauchli bei seinen Grosseltern<br />

als Kind die Sommerferien.<br />

1982 entschloss sich Bernard Brauchli, ein Konzert zur Erhaltung<br />

der Orgel zu geben, welches dann wegen des grossen Erfolgs in den<br />

folgenden Jahren wiederholt wurde. 1985 gab dann der Initiant das<br />

erste Klavichord-Rezital in der Kirche San Secondo.<br />

San Secondo war bis ins l4.Jh. die Hauptkirche, bevor das Dorf aus<br />

Sicherheitsgründen auf einem Hügel wiedererbaut wurde. Die Kirche<br />

überlebte ein paar Jahrhunderte als Einsiedlerwohnung, wurde dann<br />

verlassen und im l7.Jh. barockisiert. Vor ungefähr 20 Jahren wurde<br />

dann San Secondo mustergültig restauriert und gilt heute als eine<br />

der schönsten romanischen Kirchen im Piemont.<br />

In diesem Rahmen also fand das erste Klavichord-Konzert statt,<br />

welches auf Anhieb 400 Leute zu mobilisieren vermochte. "Wegen<br />

dieses unglaublichen Erfolgs beschloss ich 1986 mit ein paar<br />

Freunden, das Festival Musica Antica a Hagnano zu gründen."<br />

(Brauchli)<br />

Die Philosophie hinter dem Festival umschreibt Bernard folgendermassen:<br />

"Alote Musik gleichermassen der lokalen Bevölkerung zugänglich<br />

machen und in diesem Gebiet einführen (deswegen sind alle Konzerte<br />

gratis), wie auch ein spezialisiertes Publikum aus ganz Italien<br />

und anderen Ländern haben. Deswegen versuchen wir Programme zu gestalten,<br />

die ausserordentlich und auch für Laien attraktiv sind.<br />

Die Kurse, dieses Jahr erstmals, sind für Anfänger wie berufliche<br />

Musiker gedacht."<br />

Der Schweizer Musikeloge und Interpret für alte Musik auf Tasteninstrumenten,<br />

insbesondere iberische Klavichord-, Cembalo- und Orgelmusik,<br />

ist heute Professor für alte Husik, an der Boston­<br />

Universität.<br />

28


SPmmerprogramm <strong>1988</strong> bietet Konzerte<br />

11. August Festival Strings Lucerne, Rudolf Baumgartner<br />

Die vier Jahrszeiten, Vivaldi, u.a.<br />

13. August<br />

19. August<br />

27. August<br />

3. September<br />

10. September<br />

Esteban Elizondo, an der Bruna-Orgel (1794)<br />

Iberische und italienische Orgelwerke<br />

Duo Eva und Georges Kiss, Sopran und Cembalo<br />

Englische und italienische Musik des 16. und 17.Jh.<br />

Das neue Bassetthorn-Trio<br />

Lisa Klevit, Eric Hoeprich, William Mc Coll<br />

"Mozart und das Bassetthorn"<br />

Mario Duella, an der Bruna-orgel (1794)<br />

Orgelmusik aus dem 17., 17. und 18.Jh.<br />

Bernard Brauchli, Klavichord<br />

Carl Philipp Emanuel Bach, ein verkanntes Genie<br />

Jörg Gobeli, Bern, Juni <strong>1988</strong><br />

Im Rahmen der Internationale Musikfestwochen in Luzern führt die<br />

Academy of Ancient Music unter der Leitung von Christopher Hogwood<br />

eine Ouvertüre von Ludwig van Beethoven und ansahliessend - zusammen<br />

mit dem London Symphony Chorus - dessen 9 . Symphonie mit<br />

historischen Instrumenten auf (30. August, Tel. 041/23 35 62).<br />

29


Victor Luithlen zum Gedächtnis<br />

Hofrat Dr. Victor Luithlen, langjähriger Direktor der Sammlung<br />

alter Musikinstrumente des kunsthistorischen Museums in Wien, ist<br />

am 14. November 1987 im 87. Lebensjahr gestorben. Er war für die<br />

Sammlung von 1938 bis 1966 verantwortlich und veranlasste zunächst<br />

ihre Aufstellung im Palais Pallavicini, in der Raum, Interieur und<br />

Instrumente zu einer gelungenen Einheit verschmolzen. Nach dem<br />

Kriegsende richtete er die Sammlung in den Räumen der Neuen Burg<br />

ein und schuf damit eine Präsentation von Musikinstrumenten in<br />

historischen Räumen, die auch heute noch ihresgleichen sucht.<br />

Während seiner Zeit als Direktor wurden viele bedeutende stücke,<br />

darunter insbesondere jene, die den Wiener Klavierbau betreffen,<br />

angekauft. Bin weiterer Verdienst war es, die 1-lusikinstrumentensammlung<br />

des Kunsthistorischen Museums und die der Gesellschaft<br />

der Musikfreunde, die einander in vielen Punkten ergänzen, in<br />

einer Ausstellung zusammenzufassen. Unvergessen muss auch seine<br />

umsichtige Tätigkeit als Leiter der Bergung von Kunstschätzen im<br />

Salzberg von Bad Ischl in den Jahren 1945 bis 1947 bleiben. Er hat<br />

durch seinen persönlichen Einsatz die Vernichtung bedeutender<br />

Kunstwerke und Kulturgüter aus den Museen verschiedenster Länder<br />

verhindert.<br />

Victor Luithlen bekleidete von 1960 bis 1965 die Funktion des<br />

Präsidenten des Internationalen Komitees für Musikinstrumentensammlungen<br />

innerhalb der ICOM (The International Council of<br />

Museums). Der Verstorbene hat sich auch durch seine zahlreichen<br />

wissenschaftlichen Arbeiten, darunter den Katalog der Saitenklaviere<br />

der Sammlung in Wien einen Namen gemacht.<br />

Dr. Gerhard stradner<br />

Direktor der Sammlung<br />

alter Musikinstrumente<br />

Im Gedenken an Jakob Kobelt<br />

Unter diesem Titel widmet Edwin Nievergelt Jakob Kobelt, dem<br />

verdienten Konsulenten für Orgeldenkmalpflege und Musiker, einen<br />

eindrücklichen Nachruf in "Musik und Gottesdienst. Zeitschrift für<br />

evangelische Kirchenmusik (Jg. 42, Zürich <strong>1988</strong>, Heft 1). zum<br />

ersten Todestag des verehrten Verstorbenen und langjährigen Mitglieds<br />

der GeFa.M am 8. Oktober <strong>1988</strong> soll dieser Aufsatz in<br />

"<strong>Glareana</strong>" abgedruckt werden.<br />

30


Reue Mitglieder per 31. März <strong>1988</strong><br />

Jeanne Huber<br />

Girhaldenstr. 16<br />

8048 Zürich<br />

E: <strong>1988</strong><br />

I: Historische Tasteninstrumente<br />

werner Iten, rnstr.bau<br />

Rosenbergstr. 8<br />

8492 Wila (ZH)<br />

E: <strong>1988</strong><br />

I: Historische Tasteninstrumente<br />

(Neubau und Restaurierung)<br />

Hartmut Raguse<br />

Birsigstrasse 139<br />

4054 Basel<br />

E: <strong>1988</strong><br />

I: Historische Tasteninstrumente<br />

Adressänderungen<br />

Dr.phi1. Veronika Gutmann<br />

Präsidentin GEFAM<br />

Oberwilerstr. 122<br />

4054 Basel<br />

Univ.Prof. Dr. Alfred Reich1ing<br />

Kopenhagener Str. 1c<br />

D-8700 Würzburg<br />

Wa1ter Bach<br />

Brambley Hadge<br />

St. Andrew's Gardans<br />

Shepherdswell<br />

Dover Kent CT15 7 LP<br />

England<br />

Themas Edye<br />

rue de l'Hopital 10<br />

2114 F1eurier<br />

Austritte per Ende Februar <strong>1988</strong><br />

Friedemann Hellwig<br />

D-50234 Pulheim 2<br />

Ekkehard Mascher<br />

D-3000 Hannover 71<br />

Prof. Eduard Melkus<br />

A-1020 Wien<br />

31


EDITORIAL<br />

Liebe Kollegen und Freunde,<br />

die erste Nummer der GLAREANA dieses Jahres weist ZHei Sch\verpunkte<br />

auf:<br />

Unsere geschätzte Präsidentin hat es auf sich genommen, die ganze<br />

Festschrift van der Meer sorgfältig zu lesen und alle Aufsätze zusammenzufassen.<br />

Mit dieser aufHendigen Buchbesprechung möchte<br />

Veronika Gutmann nicht nur den Mitgliedern der GeFaM, sondern auch<br />

Bibliotheksmitarbeitern und Organelogen eine Orientierung über das<br />

instrumentenkundliehe Ereignis dieses Dezenniums in die Hand<br />

spielen.<br />

zu einem Ereignis Henigstens im Gebiet der schweizerischen Volksmusikinstrumente<br />

dürfte im nächsten Dezennium das Kornhaus Burgdorf<br />

werden. Das Schweizerische Museum und Institut für Volksmusik<br />

und Musikinstrumente ist nun im Bau. Z1>1ei Stellen, eine administrative<br />

und eine wissenschaftliche, sind auch in diesem Heft ausgeschrieben.<br />

Erstmals soll auf den folgenden Seiten auch vom Ausstellungskonzept<br />

dieses brandneuen Museums die Rede sein.<br />

Kurz vor Redaktionsschluss lässt die Präsidentin mitteilen, die<br />

Jahresversammlung finde nun definitiv am 23. Oktober im Trompetenmuseum<br />

in Säekingen statt. Eine detaillierte Einladung werden sie<br />

zusammen mit der Rechnung für den Mitgliederbeitrag pro <strong>1988</strong> erhalten.<br />

B.B.-G<br />

Die Adressen der Vorstandsmitglieder<br />

Dr. phil. Veronika Gutmann, Oberwilstrasse 122, 4054 - Basel<br />

Präsidentin<br />

Georg F. Senn, Bündtenweg 62, 4102 - Binningen<br />

Vizepräsident<br />

siegfried Brenn, Mühlebachstrasse 174, 8008 - Zürich<br />

Sekretär<br />

Hannes Paul Scherrer, Suntenwiesenweg 4, .8803 - Rüschlikon<br />

Kassier<br />

Dr. phil. Brigitte Bachmann-Geiser, Sonnenbergrain 6, 3013 -<br />

Redaktor in<br />

Paul Hess, Schönbühlring 9, 6005 - Luzern<br />

Bibliothekar<br />

Andre Eichenberger, Witikonerstrasse 342, 8053 - Zürich<br />

Bern<br />

32


I<br />

16 Mitglieder stellen 35Musikinstrumente aus<br />

Kornhaus Burgdorf ~6~ 1<br />

10. Mai-31.Juli1992 ~LAGRENrnE~<br />

Tär.~lich Qeöffnet ausser Montaq


Die G!7AK (Gesellschaft der Freunde alter Musikinstrumente)<br />

gilt im Zusammenhang mit historischer AuffUhrungspraxis und<br />

alten Musikinstrumenten als Bindeglied zwischen<br />

Instrumentensammlern, Instrumentenbauern, Instrumenten -<br />

restauratoren, organalogen und ausUbenden Musikern.<br />

Diese internationale Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz<br />

wurde 1951 mit dem Ziel gegründet, de.n Kontakt unter den<br />

Sammlern, das heisst, den Tausch, An - und Verkaut von<br />

Musikinstrumenten, zu erleichtern, aber auch die Kenntnis<br />

und das Verständnis zu förde.rn. Der Verbreitung von<br />

instrumentenkundliebem Wissen dient vor allem die GLARBABA,<br />

ein organologisches Informationsbulletin, das jährlich<br />

zweimal erscheint. Die Gesellschaft besitzt eine<br />

Fachbibliothek und eine Fotosammlung in der<br />

Zentralbibliothek Luzern. Die jährliche Generalversammlung<br />

wird jeweils mit einer Exkursion zu einer Sammel - und<br />

Pflegestätte alter Musikinstrumente oder mit Fachreferaten<br />

und Konzerten verbunden.<br />

Die Hitgliedschaft steht jedermann offen.<br />

AuskUnfte erteilt der Präsident der GEFAH<br />

Georg F. Senn, BUndtenweg 62, CH - 4102 Binningen<br />

Vitrine 1<br />

s ... lung P. UDd 8. ReichliD, BaastagerD ZB<br />

Violine, Hanss Andreas Dörffel, KlingenthaL, 1730<br />

Geschnitzter Kopf einer Bass - Viola da gamba, Henry<br />

Jay,Hitte 17. Jahrhundert<br />

Boqensamalung Bern<br />

Barock streichbogen, Cremona (I), 17. Jh.<br />

Barock Streichbogen, 17. Jh.<br />

Barock Kontrabaas - streichbogen, E. Dodd, England, um 1750<br />

Barock Streichbogen, Franyoia Eury, Frankreich, um 1760<br />

Barock Streichbogen, John Dodd, England, um 1790<br />

Barock Streichbogen, Thomas Tubbs, England, um 1800<br />

Geigenbau - Atelier Robert Sch~r, Basel<br />

Kopie eines Barock - Streichbogens, Italien, um 1750, durch<br />

Robert Schär<br />

Kopie eines Violinbogens, Italien, Ende 18. Jh., durch<br />

Robert Schär<br />

Privats ... lung, Basel<br />

Rebab, Tunesien, 1831<br />

Tanbur, Afghanistan<br />

Instruaentenbau Prans Lederqerber, Bühl BE<br />

Geschnitzter Kopf für eine Bass - Viola da gamba, Pranz<br />

Ledergerber BUhl BE, 1992


vitriDa:Z<br />

s..alunq ADdraaa scbleqel, Hentiken AG<br />

Git~e, 18. Jahrhundert; Umbauten 19. Jahrhundert<br />

Gitarre, Werkstatt Hermann Hauser, 1923, MUnchen<br />

Divertiaento, saaalunq Bannes - Paul Scberrar, RUacblikon IB<br />

Geschnitzte Violine, H. Meyer, um 1920<br />

Cellophon, Ugo Rosi, Florenz, um 1900<br />

Lyra - Gita.rre, E. Salomon, Besan


VitriDe 4<br />

s ... lunq Tboaas Jried ... DD Steiner, Basel<br />

Rosette eines Spinetts, Johann Heinrich Silbermann,<br />

Strassburg, um 1765<br />

Rosette eines Tasteninstruments, Cristoffel Ruckars<br />

zugeschrieben<br />

Zettel aus einem Clacichord, Christfan Gottlob Hubert,<br />

Anspach (D), 1784<br />

a ... lunq CJeorq r. Senn, BinDillgen BL<br />

Historische Stimmschlüssel unbekannter Herkunft<br />

s ... lung Viktor &epli, Lusern<br />

Optisches Metronom, A. Pinfold, Bradford (GB), um 1890<br />

sängerauseua reuobtvanqen (D)<br />

Taschenklavier, wohl Alois Gentner, Dillingen (D), um 1910<br />

Vitrine 5<br />

Kornhaus Burgdorf<br />

Cister, Portugal, 19. Jh.<br />

Diese 40 Exponate (Musikinstrumente, Streichbogen,<br />

Instrumentenzubehör) werden durch Bücher, Bilder und<br />

Dokumente der Gesellschart der Freunde alter<br />

Musikinstrumente ergänat.<br />

Alle Mitglieder der GEFAM wurden kurzfristig dazu<br />

eingeladen, Leihgaben nach freier Wahl zu dieser kleinen<br />

Jubiläums - Ausstellung beizusteuern. Das zusammengetragene<br />

Sammelsurium von Musikinstrumenten spiegelt die<br />

Sammlertreuden der GEFAM - Mitglieder, dokumentiert aber<br />

auch einige Leistungen von Instrumentenmachern und<br />

Restauratoren.<br />

Die Legendentexte wurden von den Leihgebern verfasst und<br />

durch die Konservatorin der Musiksammlungen am Kornhaus<br />

Burgdorf bloss redigiert und notfalls gekürzt.<br />

Die GEFAM dankt dem Kornhaus Burgdorf für die<br />

Gastfreundschaft und der Schweizerischen Trachtenvereinigung<br />

für den geeigneten Ausstellungsraum im Trachtengeschoss.<br />

Das Kornhaus Burgdorf ist den Mitgliedern der GEFAM für die<br />

Leihgaben dankbar und hofft auf eine weitere gute<br />

Zusammenarbeit.

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