Trainer_swr2-wissen-20151216
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SWR2 MANUSKRIPT<br />
ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE<br />
SWR2 Wissen<br />
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel<br />
Was ein Fußball-<strong>Trainer</strong> heute können muss<br />
Von Marcus Schwandner<br />
Sendung: Mittwoch, 16. Dezember 2015, 08.30 Uhr<br />
Redaktion: Sonja Striegl<br />
Regie: Autorenproduktion<br />
Produktion: SWR 2015<br />
Bitte beachten Sie:<br />
Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede<br />
weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des<br />
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MANUSKRIPT<br />
Atmo 01: Geräusche aus den Büros des Trainingszentrums<br />
Autor:<br />
Montagvormittag im Geißbockheim in Köln. Fußballtrainer Boris Schommers, Jeans,<br />
dicker Pullover, schwarze Haare, Dreitagebart, sitzt mit einer Tasse Cappuccino vor<br />
seinem Laptop.<br />
Atmo 02: FC Videoanalyse<br />
„Ja, bei der Nachbereitung des Spiels sieht man halt sehr schön unser erstes Tor<br />
nach einer Ecke, weg vom Tor geschlagen und wie wir sehr schön in den freien<br />
Raum reinlaufen und unser Zielspieler halt die Führung köpft zum 1:0 und gerade in<br />
solchen Situationen gehen wir dann halt auch nach dem Spiel her mit den Jungs und<br />
geben ihnen natürlich auch positive Rückmeldungen.“<br />
Autor:<br />
Schommers bereitet Videoszenen des letzten Spiels vor. Die wird er seinen Spielern<br />
der höchsten Nachwuchsklasse im Fußball, der U19-Mannschaft des 1. FC Köln, bei<br />
der nächsten Besprechung zeigen.<br />
Sprecherin:<br />
„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel - Was ein Fußball-<strong>Trainer</strong> heute können<br />
muss“. Eine Sendung von Marcus Schwandner.<br />
Autor:<br />
Videos auseinander schneiden und die Szenen anschließend den Spielern<br />
präsentieren, das mussten die <strong>Trainer</strong> früher nicht machen. Heinz Lucas etwa, der<br />
heute über 95 Jahre alt ist, trainierte bis 1981 Mannschaften der Bundesliga wie<br />
Fortuna Düsseldorf, 1860 München und Eintracht Braunschweig. Er erinnert sich:<br />
Trenner: Pfiff und Abschlag<br />
Wort-Take 01 - Heinz Lucas:<br />
Der <strong>Trainer</strong> musste damals auf dem Sportplatz mehr arbeiten als heute, denn heute<br />
haben die <strong>Trainer</strong> einen Konditionstrainer, dann haben sie jemand, der die verletzten<br />
Spieler wieder fit macht, dann haben sie einen Torwarttrainer, dafür haben wir<br />
längere Zeit auf dem Sportplatz gestanden.<br />
Autor:<br />
35 Jahre später hat sich die Arbeit der Top-<strong>Trainer</strong> extrem professionalisiert.<br />
Wort-Take 02 - Boris Schommers:<br />
Allein wenn man sich jetzt mittlerweile die Teams, die <strong>Trainer</strong>teams bzw. das Team<br />
um das Team oder um den <strong>Trainer</strong> anschaut: früher hattest du einen Cheftrainer und<br />
hattest dann noch einen Co-<strong>Trainer</strong> auch in den höchsten Ligen oder auch in der<br />
Bundesliga. Heutzutage besteht so ein Team ja aus einem Cheftrainer, aus zwei Co-<br />
<strong>Trainer</strong>n, aus einem Torwarttrainer, aus einem Individualtrainer, aus einem<br />
Techniktrainer, aus einem Sportpsychologen, aus zwei bis drei Zeugwarten, aus drei<br />
Physiotherapeuten, das heißt, ich glaube schon, dass man, wie soll man es so<br />
2
ausdrücken, als <strong>Trainer</strong> eben nicht nur noch für den sportlichen Bereich zuständig ist,<br />
natürlich primär, dass man aber auch in Sachen Führung, Teamführung immer mehr<br />
dazulernen kann, muss und sollte.<br />
Autor:<br />
Das Unternehmen ‚Fußball‘ ist schon lange nicht mehr nur einfach ein ‚Spiel‘. Pro<br />
Jahr werden in der 1. Bundesliga über 2 Milliarden Euro umgesetzt. Der<br />
ökonomische Druck ist immens. Daher kümmern sich immer mehr Spezialisten um<br />
die Mannschaft. Der Manager dieses Teams ist der Cheftrainer. Seine Persönlichkeit,<br />
seine Stimmungen wirken auf alle Beteiligten. Boris Schommers strahlt eine enorme<br />
Ruhe und Freundlichkeit aus.<br />
Wort-Take 03 - Boris Schommers:<br />
Ich glaube, es ist wichtig, dass jeder in seinem speziellen Bereich ein Spezialist ist<br />
und dass man auch dort Vertrauen in die jeweiligen Personen hat, dass sie ihre<br />
Aufgaben eigenständig zu 100 % erledigen und dann die Resultate zusammenführt,<br />
diese Mosaiksteinchen zusammensetzt zu einem großen Ganzen, um eben in<br />
diesem Bereich das Wettkampfspiel am Wochenende erfolgreich gestalten zu<br />
können, dazu gehört jedes Einzelne, sei es die Analyse, sei es, dass die Spieler<br />
mental top eingestellt sind, sei es, dass sie aber vom Taktischen sehr gut vorbereitet<br />
sind. Und das Ganze, glaube ich, ist auch meine Aufgabe als Cheftrainer, das dann<br />
in die richtigen Wege zu leiten und dann eben zu einem großen Ganzen zusammen<br />
zu setzen.<br />
Autor:<br />
Wer in einer der obersten drei Ligen <strong>Trainer</strong> sein will, muss die höchste <strong>Trainer</strong>lizenz<br />
A haben und anschließend eine zehnmonatige Ausbildung des DFB durchlaufen.<br />
Atmo 03: Akademie außen<br />
Autor:<br />
Die Hennes-Weisweiler-Akademie liegt im Grünen am Rande des kleinen Städtchens<br />
Hennef in Nordrhein-Westfalen. Umgeben von Wald können sich hier jedes Jahr 24<br />
angehende „Fußball-Lehrer“ auf die Ausbildung konzentrieren. Die entspricht - trotz<br />
des deutschen Namens ‚Fußball-Lehrer’ - der höchsten Ausbildungsstufe: der UEFA<br />
Pro-Lizenz. Wer diesen Abschluss hat, darf in allen UEFA Verbänden <strong>Trainer</strong> in den<br />
höchsten Spielklassen Europas werden. In mittlerweile über 60 Lehrgängen wurden<br />
mehr als 1500 Fußball-Lehrer und bald 30 Fußball-Lehrerinnen ausgebildet. Der<br />
Psychologe Werner Mickler wählt gemeinsam mit den anderen Ausbildern geeignete<br />
Kandidaten aus.<br />
Wort-Take 04 - Werner Mickler:<br />
Dazu ist es wichtig, entweder eine hohe Eigenerfahrung zu haben, damit ich einfach<br />
auch etwas vor- und nachmachen kann, das ist einfach normal; ne hohe<br />
<strong>Trainer</strong>erfahrung haben soll, d.h. also, wenn er die A-Lizenz gemacht hat, soll er ja<br />
mindestens ein, nach Möglichkeit zwei, drei Jahre im Spitzenbereich schon<br />
gearbeitet haben, Amateurbereich, hoher Amateurbereich, oder Jugendbereich, um<br />
einfach die Erfahrung hier mitzubringen, damit wir damit arbeiten können. Der dritte<br />
Punkt ist, sie machen eine schriftliche Klausur, sie machen eine Lehrprobe, sie<br />
machen ein mündliches Gespräch.<br />
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Autor:<br />
Dann kann es losgehen. Neben den Fußballplätzen und Hallen gibt es im Wald rund<br />
um die Hennes-Weisweiler-Akademie Wohnhäuser für die ‚Azubis’. Sie lernen alles<br />
über Trainingssteuerung, die Spielanalyse, das Coaching, die Talentsichtung und<br />
Spielerbewertung. Mit Gastmannschaften proben sie, das Training zu steuern oder<br />
bestimmte Aufgaben umzusetzen. In Rollenspielen werden Mannschaftsführung,<br />
Teamgeist oder Management geübt. Auch der Cheftrainer der U19-Mannschaft des<br />
1. FC Köln hat hier gelernt.<br />
Wort-Take 05 - Boris Schommers:<br />
Die Ausbildung war super interessant für mich, einfach um diesen zehnmonatigen<br />
Austausch auch mit den Kollegen über den Fußball zu haben, täglich zehn, zwölf<br />
Stunden über Fußball zu diskutieren, im praktischen als auch im theoretischen<br />
Bereich, und natürlich auch in der Lehre ein paar neue Denkanstöße<br />
mitzubekommen im Bereich der Trainingslehre. Wir hatten Psychologie, wir hatten<br />
Trainingslehre, wir hatten Trainings<strong>wissen</strong>schaft als drei große Säulen und da muss<br />
man dann halt als <strong>Trainer</strong> für sich rausziehen, was man dann als <strong>Trainer</strong> aus dieser<br />
Ausbildung im praktischen Bereich umsetzen kann.<br />
Autor:<br />
Ob die <strong>Trainer</strong> wirklich genau das lernen, was sie später für ihren Beruf brauchen<br />
oder ob die Ausbildung noch besser an die Praxis angepasst werden sollte, war die<br />
Fragestellung einer <strong>wissen</strong>schaftlichen Studie 2013 an der Deutschen<br />
Sporthochschule Köln. Die Psychologin Dr. Babett Lobinger hat die Studie geleitet<br />
und die Ergebnisse als Ausbilderin an der Hennes-Weisweiler-Akademie umgesetzt.<br />
Wort-Take 06 - Babett Lobinger:<br />
Der DFB hat das Projekt unterstützt, es lief über drei Jahre, wir haben sehr viele<br />
Interviews geführt und Fragebogendaten gesammelt und haben dann eben in dem<br />
Zuge mit 24 Chef- und Co-<strong>Trainer</strong>n der ersten und zweiten Bundesliga, die eben die<br />
Ausbildung durchlaufen haben, Interviews geführt und haben sie eben gefragt, so<br />
rückblickend, was hast du mitgenommen, was hast du damals gelernt? Und wenn du<br />
das jetzt vergleichst mit den Anforderungen, die dein Beruf auch jetzt an dich stellt,<br />
was würdest du dir anders wünschen und erwarten?<br />
Autor:<br />
Ein Ergebnis: die Teilnehmer wünschten sich mehr Praxis. Folglich müssen<br />
angehende Fußballlehrer nun als Übung eine Bundesligamannschaft übernehmen,<br />
die Taktik, die Trainingsgestaltung und die Mannschaftsführung organisieren und<br />
begründen. Ein weiteres Ergebnis der Studie wurde ebenfalls schnell umgesetzt.<br />
Mittlerweile analysieren die Teilnehmer häufiger Spiele der Bundesliga oder<br />
internationaler Wettbewerbe gemeinsam. In Dreiergruppen verfolgen sie Partien und<br />
präsentieren ihre Analyse den anderen Teilnehmern.<br />
Genau das bereitet der Kölner Chef-Nachwuchstrainer Boris Schommers an diesem<br />
Montagvormittag vor:<br />
Atmo 04: FC Videoanalyse<br />
„Und wenn wir uns jetzt gerade mal das zweite Tor ansehen, war es auch aus meiner<br />
Sicht ein sehr schönes Tor, weil wir einfach vieles richtig machen, wo wir im<br />
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Spielaufbau über einen Steilklatsch über die linke Seite kommen und wir aber dann<br />
letztendlich den Torerfolg erzielen, weil sich der ballentfernte Stürmer sehr gut<br />
verhält, eingerückt ist und so am zweiten Pfosten zum 2:0 einschieben kann.“<br />
Autor:<br />
U19-<strong>Trainer</strong> Boris Schommers bearbeitet immer noch die Aufnahme des Spiels vom<br />
vergangen Samstag. Diese aufwändige Analyse wird er in Kürze mit seinen Spielern<br />
des 1. FC Köln besprechen. Seit drei Stunden sitzt er schon mit einem Techniker an<br />
dem DFB-Mitschnitt und zerlegt es in kleine Videoszenen. Er wird seinen Spielern<br />
nicht nur die Tore zeigen. Auch die Ecken, sowohl die eigenen als auch die des<br />
Gegners, die Freistöße, aber auch das Umschaltspiel, den Spielaufbau oder etwa die<br />
Verteidigungsarbeit.<br />
Wort-Take 07 - Boris Schommers:<br />
Dass man mit ihnen in den Besprechungsraum geht, dass man ihnen visuell aufzeigt,<br />
wo sie vielleicht noch Schwächen haben oder was sie auch gut gemacht haben, um<br />
es auch besser umsetzen zu können, diese ganze Arbeit setzt sich dann eben fort in<br />
gruppentaktischem Bereichen, dass du halt mal mit einem Defensivverbund auch das<br />
Ganze visuell aufarbeitest, weil dann auch aus meiner Sicht versteht man es am<br />
besten. Da ist es auch egal, ob es ein Nachwuchsspieler ist oder ein Seniorenspieler,<br />
wenn du selber siehst, was du falsch gemacht hast, dann nimmst du es eher an, als<br />
wenn man es dir nur sagt.<br />
Autor:<br />
Trotzdem muss Schommers die richtigen Worte finden. Das gehört zum guten<br />
Coaching. Während er am Schreibtisch die Szenen auseinander schneidet, überlegt<br />
er schon, wem er diese Szenen mit welchen Worten präsentieren wird. Wenn er mit<br />
der Analyse fertig ist, wird es etwa 12 Uhr sein. Sein Mittagessen mit den Kollegen<br />
fällt heute jedoch aus, denn ein Journalist wartet auf ihn im Besprechungsraum. Für<br />
diesen Termin nimmt sich Schommers eine Dreiviertelstunde Zeit. Auch das gehört<br />
zu den Hauptaufgaben eines Cheftrainers. Nicht jeder mag das.<br />
Trenner: Pfiff und Abschlag<br />
Wort-Take 08 - Christoph Daum:<br />
Die Medien sind, seitdem ich 1986 begonnen habe bis heute explodiert, also eine<br />
Vervielfachung wäre noch nett ausgedrückt, also richtig explodiert, die ganzen<br />
privaten Rundfunkstationen, die zusätzlichen Fernsehsender, die auch alle immer<br />
wieder ein exklusives Wort haben wollen, das bedeutet ungefähr, dass der Anteil der<br />
Medienarbeit sich verhundertfacht hat.<br />
Autor:<br />
So beschwerte sich vor fast 20 Jahren Christoph Daum, früherer <strong>Trainer</strong> von Köln,<br />
Leverkusen, Stuttgart und einigen türkischen Vereinen, mit denen er dreimal die<br />
türkische Meisterschaft gewann. Dabei spielte damals das Internet kaum eine Rolle.<br />
Twitter, Facebook, Youtube und Instagram gab es noch gar nicht. Kein Wunder also,<br />
dass sich angehende Fußball-Lehrer heutzutage wünschen, besser auf die neuen<br />
und die alten Medien vorbereitet zu werden. Auch das ist ein Ergebnis der Studie der<br />
Deutschen Sporthochschule. Babett Lobinger und ihre Kollegen lehren Medienarbeit<br />
seitdem wesentlich intensiver in der Ausbildung.<br />
5
Wort-Take 09 - Babett Lobinger:<br />
Die Öffentlichkeitsarbeit ist natürlich viel, viel mehr geworden, also wenn wir gucken,<br />
was sich da alles verändert hat, selbst wenn man social media nicht selbst macht,<br />
also nicht twittert oder ähnliches, was ja auch einige <strong>Trainer</strong> ab und an versuchen mit<br />
Unterstützung, es ist trotzdem ein sehr, sehr großer Bereich und da war auch der<br />
Bedarf, dafür besser ausgebildet zu sein oder noch mehr ausgebildet zu werden.<br />
Autor:<br />
Daher gehört zur DFB-Ausbildung mittlerweile ein vier Tage Seminar.<br />
Wort-Take 10 - Babett Lobinger:<br />
Zu dem wir auch Vertreter der Medien einladen, also sowohl aus Zeitungen, wo wir<br />
die <strong>Trainer</strong> erst einmal informieren, dass es unterschiedliche Zeitungsformate gibt<br />
und entsprechend auch unterschiedliche Interviewanfragen kommen und<br />
unterschiedliche Formate, und wie das bedient werden kann und wie man das auch<br />
professionell regelt, es gibt ja viele Pressesprecher, mit denen muss kooperiert<br />
werden, was kann ich von denen erwarten, was sollten, können die leisten?<br />
Autor:<br />
Wie man während eines Interviews klug antwortet, welche Themen man wann und<br />
wie anspricht, welche Formulierungen man besser nicht benutzt und wann es gut ist,<br />
Fragen nicht wirklich zu beantworten, das muss geübt werden. Die Toptrainer<br />
werden zu Profis im Umgang mit Journalisten.<br />
Wort-Take 11 - Babett Lobinger:<br />
Weil wir dann eben auch Rollenspiele machen mit individuellem Feedback, weil<br />
Medienvertreter da sind und kombinieren das mit Teambildung, wo man eben auch<br />
lernt, was gibt es für teambildende Maßnahmen? Auch die selbst erfährt und erlebt<br />
und auch lernt, Menschen zu beobachten und Probleme gemeinsam zu lösen.<br />
Autor:<br />
Menschen beobachten, Probleme gemeinsam lösen - auch das sind neue Aufgaben<br />
des <strong>Trainer</strong>s. Früher waren <strong>Trainer</strong> vor allem fürs Kicken zuständig.<br />
Trenner: Pfiff und Abschlag<br />
Wort-Take 12 - Bernd Schuster:<br />
Ja, also jetzt mal abgesehen von dem ganzen Fachlichen und rein Fußballerischen<br />
sehe ich eben heutzutage das ganze Psychologische, was da auch auf den <strong>Trainer</strong><br />
heute zukommt, also die Spieler kommen heute mit ganz anderen Problemen wie vor<br />
fünfzehn Jahren, wie ich angefangen habe, wir hatten damals so gut wie keine<br />
Probleme, aber heute - alles hat sich doch verändert im Umfeld und die Spieler<br />
kommen also auf den <strong>Trainer</strong> zu mit Dingen, wo man eigentlich gar nicht damit<br />
gerechnet hat.<br />
Autor:<br />
Private und persönliche Probleme mit einem Spieler zu besprechen, schien vor 20<br />
Jahren Bernd Schuster eher unheimlich zu finden. Schuster, der in seiner aktiven<br />
Zeit als Spieler das Tor des Jahrzehnts der 90er Jahre schoss und als <strong>Trainer</strong> mit<br />
Real Madrid Meister wurde. Karl-Heinz Feldkamp hat den persönlichen Kontakt zu<br />
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seinen Spielern schon damals anders erlebt. Auch Feldkamp ist eine Fußball-<br />
Legende: er wurde mit seinen Mannschaften einmal deutscher Meister und dreimal<br />
Pokalsieger.<br />
Wort-Take 13 - Karl-Heinz Feldkamp:<br />
Die <strong>Trainer</strong> früher hatten es für meine Begriffe viel schwerer, weil sie taubstumme<br />
Spieler hatten, wir durften nichts sagen! Wir haben eigentlich ein Programm<br />
akzeptiert, wo wir teilweise nicht mit zufrieden waren, aber wir konnten es nicht<br />
verbessern. Wir durften uns ja nicht kritisch äußern, also, heute hat der <strong>Trainer</strong> es<br />
leichter, wenn er in der Lage ist, die Hilfestellungen auch anzunehmen, die aus der<br />
Mannschaft kommen, aus dem Umfeld kommen.<br />
Trenner: Pfiff und Abschlag<br />
Autor:<br />
Das Verhältnis zwischen <strong>Trainer</strong> und Spieler hat sich in den vergangenen 20 Jahren<br />
geändert. Es ist offener und direkter geworden. Der autoritäre Stil vergangener<br />
Zeiten ist vorbei. Die Spieler wollen nicht bevormundet werden, sondern Vertrauen<br />
zum <strong>Trainer</strong> haben, selbst Vorschläge machen. Heutzutage wenden sie sich auch mit<br />
privaten Dingen an den Chefcoach, weil sich emotionale Belastungen auf das Spiel<br />
auswirken könnten. Um auf diese neuen Anforderungen vorbereitet zu sein, lernen<br />
angehende Profi-<strong>Trainer</strong> psychologische Hintergründe zu Mannschafts- und<br />
Gesprächsführung. Sie lernen auch, wie sie sich verhalten, wenn ein Spieler Ängste<br />
vor Verletzungen entwickelt. Psychologe Werner Mickler von der Hennes-Weisweiler-<br />
Akademie:<br />
Wort-Take 14 - Werner Mickler:<br />
Es gibt manche, um das nur an einem Beispiel deutlich zu machen, die selber nie<br />
einen Unfall oder so etwas gehabt haben. Aber bei manchen reicht es schon aus, ich<br />
muss das nur bei jemand anders sehen, und ich kann mich unheimlich gut in dessen<br />
Position hineinversetzen, dann habe ich Angst davor, dass mir das auch einmal<br />
passieren kann, dass ich das nicht mehr unter Kontrolle habe. Und das sind ja<br />
eigentlich irrationale Ängste, weil, ich habe es ja noch nie erlebt! Ich habe es ja nur<br />
bei jemand anders gesehen! Aber diese Ängste muss ich dann ernst nehmen und<br />
dann muss ich eben versuchen, genau an diesen Dingen zu arbeiten, durch andere<br />
Bilder zu ersetzen, was kann dir Sicherheit geben? Auf was müssen wir speziell<br />
achten, damit dieser „worst case“ überhaupt erst gar nicht eintritt?<br />
Autor:<br />
Das Coaching des Spielers übernimmt natürlich der Psychologe. Aber das kann er<br />
nur, wenn der <strong>Trainer</strong> erkennt, bei welchen Problemen ein Spieler psychologische<br />
Hilfe braucht. Basis für diese Arbeit sind Kenntnisse in Kommunikation und Rhetorik.<br />
Gute Kommunikation entspringt einer inneren Haltung. Wie wichtig das Verhalten<br />
gegenüber der Mannschaft, aber auch gegenüber dem gesamten Team ist, hat<br />
<strong>Trainer</strong>legende Otto Rehhagel betont, als er 2005 das Bundesverdienstkreuz<br />
verliehen bekam.<br />
Trenner: Pfiff und Abschlag<br />
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Wort-Take 15 - Otto Rehhagel:<br />
35 Jahre bin ich jetzt <strong>Trainer</strong>. Habe viele Menschen kennengelernt.<br />
Menschenführung, das muss man auch lernen, am Anfang hat man einige Fehler<br />
gemacht und im Laufe des Lebens weiß man - um mich jetzt mal philosophisch<br />
auszudrücken - Wut und Hass sind schlechte Ratgeber, also dass man auf die<br />
Menschen zugehen muss und das habe ich eigentlich immer gemacht. All die jungen<br />
Leute, die mir anvertraut wurden, denen bin ich mit Respekt und Achtung entgegen<br />
getreten und im Laufe der Zeit haben sie es gemerkt, nachher, das war eigentlich<br />
mein größter Erfolg oder meine größten Erfolge, dass meine Spieler, mit denen ich<br />
zu tun hatte, später auch meine Freunde geworden sind.<br />
Atmo 05: Trainingszentrum<br />
Autor:<br />
Im Trainingszentrum des 1. FC Köln herrscht eine kollegiale Arbeitsatmosphäre.<br />
Boris Schommers hat den Journalisten verabschiedet, vertilgt schnell ein Brötchen<br />
und ist schon wieder auf dem Weg zum nächsten Termin. Der Kalender des U19-<br />
<strong>Trainer</strong>s ist lückenlos gefüllt.<br />
Wort-Take 16 - Boris Schommers:<br />
Um 13 Uhr gibt es eine sogenannte Spieltagssitzung, wo ja der sportliche Leiter alle<br />
<strong>Trainer</strong> aus dem Leistungsbereich versammelt und wo man eben über die einzelnen<br />
Spiele in der Nachwuchsabteilung spricht, um eben auch über den Tellerrand<br />
hinauszuschauen, dass man weiß, wie hat die U15 gespielt, wie hat die U21 gespielt,<br />
gibt es irgendwelche Besonderheiten, müssen wir auf etwas reagieren, wie<br />
verschieben wir vielleicht Spieler im Trainingsbetrieb? Das ist 13 Uhr, das wird 90<br />
Minuten gehen, und das Training steht schon für heute Abend, nichtsdestotrotz<br />
werde ich dann um 14.30 Uhr, 15 Uhr werde ich mich mit meinen <strong>Trainer</strong>kollegen<br />
aus dem <strong>Trainer</strong>team treffen, wir werden das Training nochmals durchgehen.<br />
Autor:<br />
Schommers selbst spielt seit seiner Kindheit Fußball, zum erfolgreichen Profi hat er<br />
es jedoch nicht gebracht. Dafür trainierte er schon in seinem Heimatverein<br />
verschiedene Mannschaften. Im Jahr 2005 wechselte er zum 1. FC Köln, zunächst<br />
als Co-<strong>Trainer</strong>. Aber es dauerte nicht lange, bis der heute 36-Jährige Erfolg mit den<br />
Domstädtern hatte.<br />
Wort-Take 17 - Boris Schommers:<br />
Ja, das war in der Saison 2010/2011, als ich Cheftrainer beim 1. FC Köln geworden<br />
bin, da haben wir es geschafft, als <strong>Trainer</strong>team auf Anhieb die U17 zur deutschen<br />
Meisterschaft zu führen. Das war der erste Titel des Vereins seit 20 Jahren. Für mich<br />
persönlich war es natürlich ein schöner Einstieg ins Cheftrainer Dasein. Aber das<br />
schaffst du alleine nicht, das ist ein <strong>Trainer</strong>team und generell ist es eine ganze<br />
Mannschaft mit Individualtrainer und allem drum und dran. Aber es war natürlich ein<br />
super Erlebnis und für mich als junger <strong>Trainer</strong>, im Einstieg, im professionellen<br />
Nachwuchsbereich, war es natürlich super.<br />
Autor:<br />
Das Team und ‚alles drum und dran‘ sind wichtig. Ohne die Experten um den<br />
Cheftrainer geht es gar nicht mehr. Mittlerweile ist es im Profifußball nicht mehr nur<br />
8
entscheidend, wie gut ein Spieler den Ball anschneiden oder auf extrem kurzer<br />
Distanz haargenau passen kann. Auch seine Psyche und Persönlichkeit werden über<br />
die Jahre beobachtet. Werner Mickler, Psychologe an der Hennes-Weisweiler-<br />
Akademie nennt nur einige der psychologischen Aspekte, die für den Erfolg eines<br />
Spielers wichtig sein können.<br />
Wort-Take 18 - Werner Mickler:<br />
Wie ist der in der Mannschaft integriert, wie verhält der sich auf dem Platz, dann gibt<br />
es das Zusatzkriterium, wie verhält der sich im Training? Manche Vereine schicken ja<br />
schon spezielle Leute zu Trainingseinheiten hin, um sich vielleicht Spieler<br />
anzugucken, die sie holen wollen, wie verhält der sich denn im Training? Oder wie<br />
verhält der sich denn in bestimmten kritischen Situationen? Das heißt, ist das<br />
jemand, der zum Beispiel im Abstiegskampf in der Lage ist, die positiven Emotionen<br />
auf den Platz zu bringen, um die Mannschaft zu führen? Dann wäre das vielleicht<br />
jemand, den ich mir gerne holen würde, weil der genau diese positive Energie<br />
hereinbringt. Und dann fragt man natürlich auch andere Personen, die mit denen<br />
vielleicht schon gearbeitet haben, ihre entsprechenden Jugendtrainer oder so etwas.<br />
Autor:<br />
Jeder Bundesligaverein hat eigene Scouts, die die Spieler anderer Mannschaften<br />
beobachten. Dabei legen sie umfassende Profile an. Jede mögliche neue Personalie<br />
bespricht der <strong>Trainer</strong> schließlich mit dem Scout, dem sportlichen Leiter und dem<br />
Vorstand.<br />
Wort-Take 19 - Boris Schommers:<br />
War er eben auf einer Position, wo er mehr oder weniger ein Führungsspieler ist, hat<br />
er Verantwortung übernommen, hat er vielleicht die ein oder andere rote Karte, gelbe<br />
Karte, Disziplinlosigkeit? Das sind alles ja Daten, die man erfassen kann, die einem<br />
schon helfen, um zu sagen, der Spieler kommt für einen in Frage oder nicht. Und mit<br />
diesen Daten arbeitet man dann in der täglichen Arbeit, um ihn da vielleicht besser<br />
zu machen oder vielleicht ihn in anderen Bereichen zu fördern.<br />
Autor:<br />
Das ist aber noch nicht alles. Spezielle, weitergehende Persönlichkeitsanalysen<br />
macht ein Expertenteam der Universität Tübingen, das der Sport<strong>wissen</strong>schaftler Prof.<br />
Oliver Höner leitet. Sein Verständnis für die Psychologie auf dem Platz ist tief: Er hat<br />
die A-<strong>Trainer</strong>-Lizenz im Fußball:<br />
Wort-Take 20 - Oliver Höner:<br />
Der eine Bereich ist der klassische Bereich der Motivation, wo es vor allen Dingen<br />
umso Aspekte wie die Zielsetzung geht, der zweite Bereich ist der der Volition, also<br />
von Willenseigenschaften, hier geht es darum, inwiefern Spieler in der Lage sind, ihre<br />
Ziele auch tatsächlich umzusetzen, für den Bereich der Emotion haben wir<br />
wettkampfbezogene Angst erfasst als Disposition, also die Frage, inwiefern Spieler<br />
vor ge<strong>wissen</strong> Wettkämpfen oder auch wichtigen Trainingseinheiten<br />
Angstempfindungen haben und diese ihre Leistung mindert; und des Weiteren haben<br />
wir so genannte Selbstkonzepte erfasst, das heißt also, die Vorstellung darüber, die<br />
ein Spieler von sich selbst bezüglich seiner eigenen Leistungseigenschaften hat.<br />
9
Autor:<br />
Diese Daten helfen einzuschätzen, ob ein Nachwuchstalent im harten Kampf im<br />
Profibereich überhaupt eine Chance hätte. Wer hoch motiviert, willensstark und<br />
relativ angstfrei ist, wird später eher in der Bundesliga spielen.<br />
Wort-Take 21 - Oliver Höner:<br />
Das, was im Moment in der Praxis läuft, ist, dass der DFB über unser<br />
Forschungsinstitut einen Service anbietet, dass einzelne Leistungszentren, also die<br />
Nachwuchsakademien der Proficlubs, diese Diagnostik einsetzen können, und dann<br />
ist es so, dass in den meisten Nachwuchsleistungszentren ausgebildete<br />
Sportpsychologen arbeiten, die dann mit den Diagnoseergebnissen auch<br />
entsprechend etwas anfangen können.<br />
Autor:<br />
Die Vereine setzen mittlerweile stark auf Nachwuchsarbeit, denn sie können nicht<br />
immer zig Millionen für neue Spieler aus anderen Clubs ausgeben. Gute <strong>Trainer</strong><br />
zeichnen sich deshalb auch dadurch aus, dass sie Spieler aus dem eigenen<br />
Nachwuchsbereich ganz nach oben bringen.<br />
Trenner: Pfiff und Abschlag<br />
Wort-Take 22 - Felix Magath:<br />
Ich habe schon an meiner ersten Station, dem HSV, als ich da <strong>Trainer</strong> wurde, sieben<br />
oder acht Spieler aus der Amateurmannschaft in die Bundesliga mitgenommen und<br />
habe auf allen meinen Stationen Wert darauf gelegt, junge Spieler zu haben, aber so<br />
wie hier, jetzt beim FC Schalke, wo es mit den Finanzen nicht so gut steht, ist es<br />
natürlich im Grunde auch ein Muss, auf junge Spieler zu setzen, aber da das auch in<br />
meine Philosophie passt, bin ich halt auch genau richtig da.<br />
Autor:<br />
…sagte Felix Magath 2010, als er noch <strong>Trainer</strong> im Ruhrgebiet war.<br />
Atmo 06: Trainingszentrum<br />
Autor:<br />
Boris Schommers wird gleich den hoffnungsvollen Nachwuchs des 1. FC Köln, die<br />
U19, trainieren. Vielleicht schlummern hier einige Talente, die bald in der 1.<br />
Mannschaft und damit in der Bundesliga spielen werden. Nach einem ganzen Tag im<br />
Büro, mit Videoanalyse, Interview mit einem Journalisten, Besprechung mit allen<br />
<strong>Trainer</strong>n und dem sportlichen Leiter, einer weiteren Besprechung mit seinen Co-<br />
<strong>Trainer</strong>n geht es in Kürze auf den Rasen.<br />
Wort-Take 23 - Boris Schommers:<br />
Was dann heute um 17 Uhr mit einem Athletiktraining und einem differenzierten<br />
Training in zwei Gruppen beginnt, das geht bis 19 Uhr, die Trainingseinheit mit der<br />
Mannschaft und nach 19 Uhr gibt es dann schon die Trainingsnachbereitung und<br />
gleichzeitig die Vorbereitung fürs morgige Training, wo wir im <strong>Trainer</strong>team<br />
besprechen, was wir in groben Zügen morgen machen wollen, damit der grobe<br />
Rahmenplan für morgen schon steht. Ich schätze mal, dass ich heute so um 20.30<br />
Uhr nach Hause fahren werde.<br />
10
Atmo 07: FC Aufwärmen<br />
Autor:<br />
Punkt 18 Uhr kommen die Kölner U19-Kicker in ihren rot-weißen Trikots auf den<br />
Platz. Einige Zuschauer beobachten das Training. Andere sind auf der Jagd nach<br />
Autogrammkarten oder Fotos mit den Spielern. Schommers und seine beiden Co-<br />
<strong>Trainer</strong> tragen schwarze Trainingshosen und lange, warme Jacken. Und<br />
Fußballschuhe. Sie markieren mit Hütchen zwei zehnmal zehn Meter große Felder.<br />
Die Spieler machen sich selbst kurz warm, dann beginnt Cheftrainer Schommers<br />
sofort mit dem Training.<br />
Atmo 08: FC 1. Übung<br />
„Okay, wir machen jetzt im Prinzip drei Vierermannschaften, es ist jetzt ein bisschen<br />
verändert, weil, ihr seht, in jeder Mitte sind zwei Spieler, die stören, ansonsten geht<br />
es darum, im ersten Durchgang in einem Vier gegen Zwei vier Pässe<br />
hinzubekommen, nach dem vierten auf die andere Seite zu verlagern. Ja?“<br />
Atmo 09: FC 1. Übung<br />
„…erster Ball ist frei, und eins, zwei, drei, vier...“<br />
Autor:<br />
Boris Schommers und einer seiner Co-<strong>Trainer</strong> spielen mit, der zweite Co-<strong>Trainer</strong><br />
beobachtet das Training und die Spieler vom Rand aus. Alle zeigen vollen Einsatz,<br />
niemand schont sich. Es wird bis zum letzten um jeden Ball gekämpft. Die Jungs<br />
wollen sich für das nächste Spiel empfehlen. Die <strong>Trainer</strong> geben alles, um ihre Jungs<br />
zu fordern. Die wiederum sind total aufmerksam, kommen sofort zusammen, wenn<br />
der <strong>Trainer</strong> etwas sagen will. Trotz der Disziplin ist die Atmosphäre wohlwollend und<br />
freundlich. Neben allen Kenntnissen über Fitness, Technik, Psychologie, Athletik und<br />
Taktik, sind auch Intuition und Menschenkenntnis wichtig, weiß Prof. Oliver Höner<br />
von der Uni Tübingen.<br />
Wort-Take 24 - Oliver Höner:<br />
Das Bauchgefühl des <strong>Trainer</strong>s ist und bleibt wahrscheinlich das Wichtigste, was ein<br />
<strong>Trainer</strong> hat, weil er immer wieder in Situationen gerät, die so komplex sind, dass man<br />
sie möglicherweise oder mit ziemlicher Sicherheit gar nicht vollends rational<br />
entscheiden kann, d. h., auf Basis aktueller Wissensbestände gar nicht entscheiden<br />
kann. Sie sind nicht nur komplex, sondern oft ist es auch so, dass ein <strong>Trainer</strong><br />
spontan reagieren muss, sei es während eines Spiels oder während eines<br />
Trainingsprozesses in der Kommunikation mit einem Spieler, so dass ich davon<br />
ausgehe, dass das Bauchgefühl nach wie vor das A und O der <strong>Trainer</strong>kompetenz<br />
sein wird.<br />
Autor:<br />
Ein erfolgreicher <strong>Trainer</strong> muss sein Team und jeden einzelnen einschätzen können.<br />
Davon ist auch der Psychologe Werner Mickler überzeugt und nennt ein Beispiel aus<br />
der Weltmeisterschaft 2014.<br />
Wort-Take 25 - Werner Mickler:<br />
Jeder kennt die Fußballnationalmannschaft. Und man hätte ja am Anfang fragen<br />
können, warum hat Joachim Löw Schweinsteiger und Khedira mitgenommen, die<br />
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eide verletzt waren. Weil sie wichtige Funktionen innerhalb der Mannschaft haben<br />
und sie davon überzeugt waren, dass die medizinische Abteilung das hinbekommt,<br />
so dass sie später, wenn sie weiterkommen sollten, dann eine ganz, ganz wichtige<br />
Rolle spielen. Also sehr gut vorausgeplant und vorausgedacht.<br />
Autor:<br />
Joachim Löw hat alles richtig gemacht und muss nicht um seinen Job bangen.<br />
Bundesligatrainer aber schon, glaubt der 80jährige Karl-Heinz Feldkamp, der mit<br />
über 400 Bundesligaspielen als <strong>Trainer</strong> zu den erfahrensten Fußball-Lehrern gehört.<br />
Die Anforderungen an den Beruf und der Druck sind deutlich härter geworden.<br />
Trenner: Pfiff und Abschlag<br />
Wort-Take 26 - Karl-Heinz Feldkamp:<br />
<strong>Trainer</strong> werden sich immer mehr von Tag zu Tag, von Erfolg zu Erfolg oder von<br />
Misserfolg zu Misserfolg neu in Frage stellen müssen, was früher nicht der Fall war,<br />
wenn man mal ein Guter war, dann hatte man eine ge<strong>wissen</strong> Ära und wenn einer<br />
sagte der Rasen ist rot oder grün, dann haben wir das geglaubt. Heute muss man<br />
sich täglich weiterbilden, und die Qualität der <strong>Trainer</strong> wird besser, absolut besser.<br />
Autor:<br />
Viele der neuen <strong>Trainer</strong> haben sogar Sport<strong>wissen</strong>schaften studiert. Alle haben die<br />
Ausbildung beim DFB als Fußball-Lehrer absolviert. Die <strong>Trainer</strong> sind besser<br />
ausgebildet, der Job manchmal ein Schleudersitz, dafür wesentlich bunter als früher,<br />
so hat es der heute 62jährige Felix Magath erlebt.<br />
Wort-Take 27 - Felix Magath:<br />
Natürlich ist Fußball mittlerweile Showgeschäft und natürlich muss man das, was<br />
man macht heute auch verkaufen und da gibt es natürlich auch den ein oder<br />
anderen, dem es halt leichter fällt, seine Vorstellungen zu verkaufen und es gibt auch<br />
den ein oder anderen <strong>Trainer</strong>, der sich schwer tut, das, was er macht, auch<br />
rüberzubringen.<br />
Autor:<br />
Der 36jährige Boris Schommers hingegen macht sich noch keine Gedanken ums<br />
‚Showgeschäft‘ der oberen Ligen.<br />
Wort-Take 28 - Boris Schommers:<br />
Ich beschäftige mich jetzt nicht mit dem Traum, ob ich es irgendwann mal darf,<br />
sondern ich fühle mich sehr wohl, wo ich im Moment bin. Ich habe hier im Verein die<br />
Chance bekommen, die U19, die höchste Jugendmannschaft zu trainieren in der<br />
Bundesliga, das macht mir sehr viel Spaß und ist genau der nächste richtige Schritt<br />
in meiner persönlichen Karriere und da fühle ich mich sehr wohl.<br />
Atmo 10: FC 2. Übung / 2. Durchlauf<br />
„Tief. Und ran. Weiter, weiter … Dario! Einer tief!! Ja, ja.“<br />
Autor:<br />
Bis zur letzten Minute kämpfen die U19-Spieler um jeden Ball. Doch jedes Training<br />
geht zu Ende.<br />
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Atmo 11: FC Ende<br />
„Okay, Männer, Feierabend, das Tor weg, Bälle weg, Hütchen weg, das Tor kann der<br />
Verlierer wegtragen!“<br />
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