DMG-informiert 3/2016
Spannende und bewegende Missionsberichte aus aller Welt. Unsere Mitarbeiter sind rund um den Globus im Einsatz, damit Menschen Gott begegnen. Thema dieser Ausgabe: Gott sei Dank für meinen muslimischen Nachbarn
Spannende und bewegende Missionsberichte aus aller Welt. Unsere Mitarbeiter sind rund um den Globus im Einsatz, damit Menschen Gott begegnen. Thema dieser Ausgabe: Gott sei Dank für meinen muslimischen Nachbarn
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EUROPA<br />
RUSSLAND<br />
Claudia Wendt<br />
Unfälle und Amokparker<br />
„Jesus ist der Weg, die Wahrheit<br />
und das Leben“ auf Russisch<br />
Nach 26 Jahren Fahrpraxis hatte ich<br />
2015 meinen ersten Unfall; und<br />
das gleich mit dem eben erst erworbenen<br />
Dienstwagen. Auf der Chaussee fuhr mir<br />
ein Kleinbus hinten auf, futsch waren<br />
Kofferraum und Kotflügel. Ich sagte dem<br />
Busfahrer, einem Usbeken, dass ich das<br />
gerade gar nicht brauchen könne, weil ich<br />
einer Freundin Sachen für ihren kranken<br />
Sohn in die Klinik bringen wollte. Stunden<br />
warteten wir gemeinsam auf die Polizei …<br />
Freitagfrüh sollten wir auf der Polizeiwache<br />
zum Protokoll<br />
erscheinen. Der<br />
junge Usbeke bat<br />
um Verschiebung<br />
auf Samstag, weil er<br />
freitags zum Gebet<br />
müsse. Ich bewunderte<br />
die Disziplin<br />
des jungen Muslims,<br />
und erzählte ihm,<br />
dass ich Christin bin. Bei der Protokollaufnahme<br />
versuchte er, sich rauszureden,<br />
doch die Schuldfrage war eindeutig. Gelassen<br />
schrieb der Polizist den Strafzettel<br />
aus. Erst sechs Wochen nach dem Unfall<br />
brachte ich es fertig, dem jungen Mann<br />
eine SMS zu schreiben: Dass alles gut gelaufen<br />
ist, das Auto wie neu aussieht, ich<br />
ihm vergeben habe plus Johannes 20,23<br />
aus der Bibel. Sofort rief er zurück, weil<br />
er sich so freute.<br />
Anfang Oktober passierte mein zweiter<br />
Unfall. Im Dunkeln auf unserem Innenhof<br />
rammte ich ein ungünstig abgestelltes<br />
Auto und hinterließ sichtbare Kratzer. Ich<br />
hatte Schuld, ein unerträgliches Gefühl.<br />
Als ich alles um mein<br />
Auto frei hatte, bekam ich<br />
plötzlich so richtig Lust,<br />
auch um die zwei Autos<br />
meiner Nachbarn herum<br />
Schnee zu schippen.<br />
Sofort schrieb ich einen Zettel, bat um<br />
Vergebung, dazu meine Telefonnummer.<br />
Am nächsten Tag rief eine junge Frau an<br />
und fragte sachlich, wieviel Geld ich geben<br />
würde. Ich erklärte ihr, dass sie Geld<br />
nur über meine Versicherung erhalte.<br />
Dazu müssten wir auf die Polizeiwache<br />
und den Unfall melden. Davon hielt sie<br />
gar nichts. Glücklicherweise konnte ich<br />
die Reparatur noch von der restlichen<br />
Versicherungssumme des ersten Unfalls<br />
bezahlen – das war Gnade.<br />
Anfang Januar brachte<br />
ich hinten an meinem Wagen<br />
die Aufschrift „Jesus<br />
ist der Weg, die Wahrheit<br />
und das Leben“ (Joh 14,6)<br />
an. Ein paar Tage später<br />
begannen zwei Nachbarn,<br />
mir die Ausfahrt zu<br />
versperren. Immer wieder<br />
parkten sie ihre Autos<br />
absichtlich direkt vor meines. Ich war<br />
sauer, schaute mir das eine Woche lang<br />
an, dann machte ich Fotos und ging zur<br />
Polizei. Weil die Rechtslage für Parken in<br />
Innenhöfen schwammig ist und es höchstens<br />
drei Euro Strafe kostet, verzichtete<br />
ich auf eine Anzeige und ging stattdessen<br />
ins Gebet.<br />
Danach schrieb ich beiden Autofahrern<br />
auf ein Kärtchen mit dem Bibelwort „Wie<br />
ihr von den Menschen behandelt werden<br />
möchtet, so behandelt auch sie“ (Matth<br />
7,12) die Kurzmitteilung: „Bitte parken<br />
Sie ihre Autos künftig so, dass ich jederzeit<br />
bequem rausfahren kann. Danke für<br />
ihr Verständnis. MfG, Klawdia (Tel-Nr).“<br />
Als ich die Zettel an ihren Fahrzeugen<br />
angebracht hatte, überkam mich ein Gefühl<br />
der Erleichterung und das dringende<br />
Bedürfnis, Schnee zu räumen.<br />
In diesem Winter hatten wir wirklich<br />
Unmengen Schnee, sodass der Räumdienst<br />
die Innenhöfe oft nicht bewältigte.<br />
Als ich alles um mein Auto frei hatte, bekam<br />
ich plötzlich so richtig Lust, auch um<br />
die zwei Autos meiner Nachbarn Schnee<br />
zu schippen, damit sie am nächsten<br />
Morgen problemlos rausfahren könnten.<br />
Dann schob ich noch Schneemassen weg,<br />
damit ein neuer Stellplatz frei wurde …<br />
Solche Tätigkeiten werden genau von<br />
den Nachbarn beobachtet. Ein Mann,<br />
der im Hauseingang an seiner Zigarette<br />
zog, meinte: „Mädel, wenn du hier<br />
Schnee schippst, ist das für uns Männer<br />
so peinlich, dass keiner sein Auto auf die<br />
freigeschippte Fläche stellen wird.“ Zufrieden<br />
grinste ich in mich hinein. Seit der<br />
Schneeräumaktion habe ich meinen persönlichen<br />
Stellplatz, auf dem kein anderes<br />
Fahrzeug steht. Die beiden Amokparker<br />
grüße ich immer freundlich.<br />
Im April hatte ich den dritten Unfall.<br />
Jemand fuhr mir rückwärts in die Seite<br />
und verbeulte die Tür. Als der Kommissar<br />
das Protokoll aufnahm, kamen mir all die<br />
Erlebnisse in den Sinn und ich begann zu<br />
beten. Dann kramte ich ein Heftchen<br />
„Warum Jesus“ aus der Tasche und fragte<br />
den Unfallverursacher freundlich: „Wie<br />
heißen Sie?“ „Aleksej.“ „Sehr angenehm,<br />
Aleksej, ich habe Ihnen vergeben“. Erleichtert<br />
schaute er mich an und dankte.<br />
Auch der Polizist schmunzelte.<br />
12 <strong>DMG</strong>-<strong>informiert</strong> | 3 | <strong>2016</strong>