Dezember 2011 - Halle liest - Projekte-Verlag Cornelius
Dezember 2011 - Halle liest - Projekte-Verlag Cornelius
Dezember 2011 - Halle liest - Projekte-Verlag Cornelius
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<strong>Halle</strong> <strong>liest</strong><br />
Literatur für und aus <strong>Halle</strong><br />
Kostenfreies Lesermagazin Nr. 20 <strong>Dezember</strong> <strong>2011</strong> Herausgeber: <strong>Projekte</strong>-<strong>Verlag</strong> <strong>Cornelius</strong><br />
Antiquariatstage<br />
Große Pläne in der Steinstraße<br />
Geschichte der Lippertschen<br />
Buchhandlung<br />
Die Tiger School<br />
Porträt Eva-Maria Schön<br />
1
EDITORIAL<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
das Jahr neigt sich dem Ende zu,<br />
der weihnachtliche Kaufrummel<br />
beginnt. Sie haben die nunmehr<br />
20. Ausgabe dieses Literaturmagazins<br />
für die Stadt <strong>Halle</strong> vor<br />
sich. Was halten Sie eigentlich<br />
davon? Schreiben Sie uns doch<br />
einfach einmal einen Leserbrief<br />
oder eine Leser-Email. Haben Sie<br />
Vorschläge oder Wünsche, einen<br />
eigenen Beitrag? Wir würden gern<br />
davon erfahren.<br />
2<br />
In dieser Ausgabe finden Sie zwei<br />
längere Beiträge, von denen sich<br />
der erste mit der Geschichte<br />
der Lippertschen Buchhandlung<br />
beschäftigt. Herzlichen Dank an<br />
dieser Stelle an Herrn Edmund<br />
Baron für den Text. Die „Lippertsche“<br />
hier so ausführlich vorzustellen,<br />
hat für uns noch einen<br />
anderen Grund: Voraussichtlich<br />
ab März nächsten Jahres wird<br />
der <strong>Projekte</strong>-<strong>Verlag</strong> <strong>Cornelius</strong> in<br />
Lesungen & Termine <strong>Dezember</strong> <strong>2011</strong><br />
Donnerstag, 01.12.<strong>2011</strong>,<br />
19:30 Uhr<br />
Freitag, 02.12.<strong>2011</strong>,<br />
19:00 Uhr<br />
Samstag, 03.12.<strong>2011</strong>,<br />
20:00 Uhr<br />
Montag, 05.12.<strong>2011</strong>,<br />
19:00 Uhr<br />
Donnerstag, 08.12.<strong>2011</strong>,<br />
19:00 Uhr<br />
Dienstag, 13.12.<strong>2011</strong>,<br />
19:30 Uhr<br />
Mittwoch, 14.12.<strong>2011</strong>,<br />
19:30 Uhr<br />
Donnerstag, 15.12.<strong>2011</strong>,<br />
19:00 Uhr<br />
Freitag, 16.12.<strong>2011</strong>,<br />
19:30 Uhr<br />
Sonntag, 18.12.<strong>2011</strong>,<br />
19:00 Uhr<br />
den ehemaligen Räumen in der<br />
Steinstraße eine eigene <strong>Verlag</strong>sbuchhandlung<br />
eröffnen - und<br />
nicht nur das. Lesen Sie dazu ab<br />
diesem Monat unseren regelmäßigen<br />
Fortschrittsbericht!<br />
Frohe Weihnachten und ein gesundes<br />
neues Jahr wünscht Ihnen<br />
der <strong>Projekte</strong>-<strong>Verlag</strong> <strong>Cornelius</strong>.<br />
Vortragsreihe im Canstein Bibelzentrum<br />
„Jesus war nie in Bethlehem?“ - Weihnachten zwischen Bildern und historischer<br />
Kritik<br />
Veranstaltungsort: Canstein Bibelzentrum <strong>Halle</strong><br />
<strong>Halle</strong> <strong>liest</strong> <strong>2011</strong><br />
„Anselma Heine - Projektion Sehnsucht“. Dr. Ricarda Lukas.<br />
Veranstaltungsort: Stadtmuseum <strong>Halle</strong> - Christian-Wolff-Haus<br />
Die Feuerzangenbowle<br />
Eine äußerst aromatische Lesung zur Weihnachtszeit mit Hagen Hubert Möckel<br />
Veranstaltungsort: Jazzflag<br />
Leseabend<br />
Der Schauspieler und MDR-Info-Sprecher Michael Mai <strong>liest</strong> wie jeden Monat<br />
aus verscheidenen Werken.<br />
Veranstaltungsort: Evangelische Stadtmission<br />
Lesung<br />
Michael Mai <strong>liest</strong> Friedrich Dürrenmatt: „Der Verdacht“<br />
Veranstaltungsort: Evangelische Stadtmission<br />
Kaminabend<br />
„Biographien von Schriftstellern im geteilten Deutschland“<br />
Veranstaltungsort: Evangelische Gemeinde Mötzlich (Pfarrhaus)<br />
„DAS ANDERE LICHT“<br />
Weihnachten schräg, schwarz, skurril... ein Weihnachtsprogramm der etwas<br />
anderen Art von und mit Thomas Stein, <strong>Halle</strong>/S.<br />
Veranstaltungsort: Villa del Vino<br />
Vortragsreihe Natur(er)leben<br />
Eine Veranstaltung für Interessierte, große und kleine Naturforscher, Wissenschaftler<br />
aber auch (Noch-) Nichtwissenschaftler.<br />
Veranstaltungsort: Martin-Luther-Universität, Institut für Zoologie<br />
(Domplatz 4, Großer Hörsaal, Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen)<br />
Sensationelle Entdeckungen an der Residenz <strong>Halle</strong><br />
Vortrag und Gespräch mit Maurizio Paul, Archäologe, Bauforscher, <strong>Halle</strong>/S.<br />
Veranstaltungsort: Theaterhaus Anna Sophia<br />
Die Feuerzangenbowle<br />
Eine äußerst aromatische Lesung zur Weihnachtszeit mit Hagen Hubert Möckel<br />
Veranstaltungsort: Jazzflag<br />
Quelle: Veranstaltungskalender der Stadt <strong>Halle</strong>, Angaben ohne Gewähr
Antiquariatstage<br />
Der <strong>Projekte</strong>-<strong>Verlag</strong> <strong>Cornelius</strong> öffnet zu den Antiquariatstagen am 2. Adventswochenende<br />
seine Türen in der Thüringer Straße 30 im Handwerkerhof <strong>Halle</strong>:<br />
Freitag, den 02.12.<strong>2011</strong> von 10 bis 18 Uhr<br />
Samstag, den 03.12.<strong>2011</strong> von 10 bis 16 Uhr<br />
Es werden teils antiquariarische, teils neuwertige Bücher, die aus der Preisbindung genommen wurden,<br />
angeboten. Natürlich kann man auch im normalen Angebot des <strong>Verlag</strong>es stöbern.<br />
Das Sortiment erstreckt sich über Restbestände, Musterbücher, antiquariarische Bücher und Remittenden.<br />
Lernen Sie für wenig Geld unbekannte oder neue Autoren kennen. Vielleicht finden Sie ein Geschenk<br />
für Ihre Lieben zum Nikolaus oder zu Weihnachten!<br />
Außerdem stehen Adventsleckereien sowie Heißgetränke zum Aufwärmen für Sie bereit. Weihnachtliche<br />
Musik schafft eine anheimelnde Atmosphäre, die Sie zum Verweilen und Schmökern einlädt.<br />
Fortschrittsbericht<br />
Leere, aber große Räume waren<br />
zunächst alles, was unser Fotograf<br />
in der Steinstraße aufnehmen<br />
konnte. Allerdings dürften sich<br />
<strong>Halle</strong>nser gut an die hier gezeigten<br />
Details der ehemaligen Lippertschen<br />
Buchhandlung erinnern.<br />
Geplant wird hier ein Buch- und<br />
Kunsthaus, in dem auch vielfältige<br />
Veranstaltungen stattfinden sollen.<br />
Neben dem üblichen Buchsortiment<br />
wird man hier auch Kunst<br />
und alles rund ums Buch finden<br />
können.<br />
Oben: unterer Teil, vom Eingang her gesehen; links: die alte Wendeltreppe;<br />
unten: die obere Galerie.<br />
3
Die Lippertsche Buchhandlung in <strong>Halle</strong><br />
In welchem Jahr der Buchhändler<br />
Johann Christian Lippert in <strong>Halle</strong><br />
mit dem Antiquariatsbuchhandel<br />
begonnen hat, ist heute nicht mehr<br />
nachvollziehbar. Da der „Antiquar<br />
Lippert“ jedoch bereits in der<br />
ersten Nummer des „Hallischen<br />
patriotischen Wochenblattes“ vom<br />
5. Oktober 1799 als einer der<br />
Armenväter des dritten Reviers des<br />
Moritzviertels zum „Personal der<br />
Gesellschaft freywilliger Armenfreunde“<br />
gehört, ist belegt, dass er<br />
seine Antiquariatsbuchhandlung<br />
am Alten Markt Nr. 495 (später Alter<br />
Markt 3) schon vor dem Nachweis<br />
im halleschen Adressbuch von 1804<br />
führt. Lippert stirbt am 10. Mai<br />
1823 im Alter von 63 Jahren.<br />
Sein Sohn Johann Friedrich Lippert<br />
führt die Geschäfte weiter. Er hat als<br />
Antiquar und „Auctions-Comissarius“<br />
einen guten Namen, engagiert<br />
sich neben seiner Berufstätigkeit u.<br />
a. als Stadtverordneter, als Mitglied<br />
des Kirchenkollegiums zu St. Moritz<br />
sowie in der „Spargesellschaft für<br />
die ärmeren Klassen“ für seine<br />
Mitbürger und gehört 1849 zu den<br />
Wahlmännern der Stadt <strong>Halle</strong> für<br />
die Wahl zur Zweiten preußischen<br />
Kammer.<br />
Dem Handel mit verlagsneuen<br />
Büchern wendet sich Lippert erst<br />
1839 zu und zeigt am 1. Januar<br />
an, dass er „nach erlangter Regierungs-Concession“<br />
mit seinem<br />
„Antiquar-Geschäft“ eine Sortimentsbuchhandlung<br />
„verbunden<br />
... und eröffnet“ hat. Zehn Jahre<br />
später führt sein Kompagnon H. W.<br />
Schmidt die inzwischen in das Haus<br />
Nr. 497, Ecke Kutschgasse, verlegte<br />
Sortimentsbuchhandlung Lippert<br />
& Schmidt allein weiter, während<br />
Lippert am 2. März 1849 bekannt<br />
gibt, dass er unter seiner „alten<br />
alleinigen Firma eine antiquarische<br />
Buchhandlung“ eröffnet. Die Lippertsche<br />
Sortimentsbuchhandlung<br />
geht in den folgenden Jahren in den<br />
4<br />
Besitz von L. Rühe und später von<br />
Max Keferstein über, von dem sie<br />
am 1. Oktober 1869 Max Niemeyer<br />
(1841–1911) übernimmt und nun<br />
„Lippertsche Buchhandlung (Max<br />
Niemeyer)“ firmiert.<br />
Niemeyer, ein Sohn des 1851 verstorbenen<br />
Direktors der Franckeschen<br />
Stiftungen Hermann Agathon<br />
Niemeyer und Enkel des Universitätskanzlers<br />
August Hermann Niemeyer,<br />
hat den Buchhändlerberuf in der<br />
1698 gegründeten Buchhandlung<br />
des Waisenhauses erlernt und ist<br />
dann als Gehilfe bei C. Klincksieck in<br />
Paris und D. Nutt in London tätig gewesen.<br />
Zunächst scheint der Schritt<br />
in die Selbständigkeit nach Niemeyers<br />
Worten „ein Reinfall erster Güte“<br />
zu werden, da durch den Ausbruch<br />
des deutsch-französischen Krieges<br />
1870/1871 die Kundschaft fehlt. Der<br />
Anregung eines Freundes folgend,<br />
gliedert er deshalb der Buchhandlung<br />
eine Musikalien-Leihanstalt<br />
an, die, wie sich Niemeyer 1910<br />
rückblickend erinnert, alsbald das<br />
Wachsen eines großen Kundenkreis<br />
sichert: „Die Damen kamen, und die<br />
Herren folgten“.<br />
1870 gründet Niemeyer seinen<br />
<strong>Verlag</strong>, den er in wenigen Jahren<br />
zu einem führenden <strong>Verlag</strong> für<br />
deutsche, romanische und englische<br />
Philologie ausbaut. Wenn auch der<br />
<strong>Verlag</strong> zunehmend im Mittelpunkt<br />
seiner Arbeit steht, behält Niemeyer<br />
die Entwicklung der Buchhandlung<br />
stets im Auge. Schon bald verlegt<br />
er seine Geschäfte in die Große<br />
Steinstraße 63 (heute 79), ehe<br />
er das bekannte Architekturbüro<br />
Knoch & Kallmeyer mit dem Neubau<br />
eines Geschäftshauses auf<br />
dem heutigen Grundstück Große<br />
Steinstraße 77/78 beauftragt, in<br />
das Buchhandlung und <strong>Verlag</strong> im<br />
Herbst 1893 einziehen.<br />
Im April 1893 gibt Niemeyer den<br />
Musikalienhandel und die Leihanstalt<br />
auf und verkauft diese<br />
Geschäftsbereiche an seinen Mitarbeiter<br />
Heinrich Hothan. Hothan<br />
verbindet mit seiner seit 1908 in der<br />
Großen Ulrichstraße 38 ansässigen<br />
und bis 1974 bestehenden Musikalienhandlung<br />
einen kleinen Musikverlag<br />
und eine Konzertagentur, die<br />
in den folgenden Jahrzehnten für<br />
das Musikleben in <strong>Halle</strong> von großer<br />
Bedeutung ist.<br />
Mit dem Tod Max Niemeyers am<br />
17. Juni 1911 geht die Leitung<br />
von <strong>Verlag</strong> und Buchhandlung in<br />
die Hände seines Sohnes Hermann<br />
Niemeyer (1883–1964) über. Da<br />
die vorhandenen Räume nicht mehr<br />
ausreichen, modernisiert er das<br />
Wohn- und Geschäftshaus Brüderstraße<br />
6 und errichtet 1914/1915<br />
im Hof einen zweckmäßigen Neubau,<br />
der gleichzeitig die Verbindung
zu der ebenfalls vergrößerten Buchhandlung<br />
herstellt. Der Laden, der<br />
ursprünglich an der zweiten Brücke<br />
der Galerie endet, erhält damals<br />
seine bis 1994 bestehende Größe.<br />
Als nach dem Ersten Weltkrieg und<br />
während der folgenden Inflation<br />
der <strong>Verlag</strong> Hermann Niemeyers<br />
ganze Arbeitskraft beansprucht,<br />
stellt er als Geschäftsführer der<br />
Buchhandlung Dr. Hans Gose und<br />
Hans Marcard (bis Mitte der 1930er<br />
Jahre in der Firma) ein.<br />
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges<br />
führt die politische Entwicklung<br />
in der Sowjetischen Besatzungszone<br />
dazu, dass Hermann<br />
Niemeyer 1949 <strong>Halle</strong> verläßt und<br />
den <strong>Verlag</strong> in Tübingen neu aufbaut.<br />
Die Buchhandlung und der <strong>Verlag</strong><br />
in <strong>Halle</strong> werden treuhänderisch<br />
weitergeführt. Als Dr. Gose 1953<br />
ebenfalls aus <strong>Halle</strong> weggeht, übernimmt<br />
der Volksbuchhandel die<br />
Buchhandlung und betreibt das<br />
Sortiment bis 1958 unter dem Namen<br />
„Universitätsbuchhandlung“.<br />
Mit der Einrichtung von Spezialbuchhandlungen<br />
im Jahr 1958<br />
erhält die bisherige Antiquariats-<br />
Abteilung der Volksbuchhandlung<br />
„Das Gute Buch“ in der Großen<br />
Steinstraße 77/78 unter dem Namen<br />
„<strong>Halle</strong>sches Antiquariat des<br />
Volksbuchhandels“ ein neues Domizil.<br />
Geleitet von den erfahrenen<br />
Antiquaren Johannes Sell (bis 1968)<br />
und Eberhard Wolff (bis 1987), der<br />
sich auch als Dozent bei Fortbildungsveranstaltungen<br />
für Antiquare<br />
große Verdienste erwirbt, wird<br />
das „<strong>Halle</strong>sche Antiquariat“ durch<br />
fachliche Kompetenz und nicht zuletzt<br />
durch seine mit großer Sorgfalt<br />
erarbeiteten 113 Angebotskataloge<br />
weit über <strong>Halle</strong> hinaus bekannt.<br />
Im Zusammenhang mit der Privatisierung<br />
des Volksbuchhandels<br />
durch die Treuhandanstalt Anfang<br />
1991 steht auch das <strong>Halle</strong>sche<br />
Antiquariat zum Verkauf. Jörg<br />
Hebestedt, Geschäftsleiter des<br />
Antiquariats seit 1987, und der<br />
Buchhändler Edmund Baron erhalten<br />
den Zuschlag. Mit freundlicher<br />
Erlaubnis von Dr. Robert Harsch-<br />
Niemeyer, damals Geschäftsführer<br />
des Max Niemeyer <strong>Verlag</strong>es Tübingen,<br />
wird der traditionsreiche<br />
historische Name neu belebt, die<br />
Firma Lippertsche Buchhandlung<br />
& <strong>Halle</strong>sches Antiquariat GmbH<br />
gegründet und das Geschäft am 2.<br />
Mai 1991 eröffnet.<br />
In enger Verbindung mit der<br />
Buchhandlung steht der 1990<br />
gegründete fliegenkopf verlag,<br />
der neben regionalgeschichtlichen<br />
Publikationen – darunter der<br />
Nachdruck von Johann Christoph<br />
von Dreyhaupts „Pagus neletici et<br />
Nudzici oder Ausführliche diplomatisch-historische<br />
Beschreibung des<br />
... Saal-Creyses...“ – Bücher zur<br />
Kunst- und Architekturgeschichte<br />
und Denkmalpflege vor allem in<br />
Sachsen-Anhalt herausgibt.<br />
So waren bis 2004 unter dem alten<br />
Wappen des Börsenvereins der<br />
Deutschen Buchhändler zu Leipzig,<br />
das den Eingang der Buchhandlung<br />
schmückt, und dem Wappenspruch<br />
„Habent sua fata libelli“ (Bücher<br />
haben ihr Schicksal) wieder die drei<br />
historischen Zweige des Buchhandels<br />
– <strong>Verlag</strong>, Sortiment und Antiquariat<br />
– in dem traditionsreichen<br />
Haus vereint.<br />
Die 1994/1995 vom damaligen<br />
Eigentümer des Gebäudes vorgenommenen<br />
tiefgreifenden Umbauten<br />
veränderten das Bild der<br />
Buchhandlung grundlegend. Von<br />
der ursprünglichen Ausstattung<br />
blieb nur die Galerie mit der Wendeltreppe<br />
übrig. Die ohne Berücksichtigung<br />
der von den Architekten<br />
wohldurchdachten ursprünglichen<br />
Gebäudestruktur durchgeführten<br />
Baumassnahmen brachten zwar<br />
eine Vergrößerung der Nutzfläche,<br />
waren jedoch so mangelhaft und<br />
unsachgemäss ausgeführt, dass<br />
sich die für die Lagerung von Büchern<br />
notwendigen Bedingungen<br />
immer mehr verschlechterten und<br />
ein Verbleiben in den Räumen nicht<br />
mehr möglich war.<br />
Seit 1991 gehört die 1698 von August<br />
Hermann Francke gegründete<br />
Buchhandlung des Waisenhauses<br />
als Filiale der Firma Lippertsche<br />
Buchhandlung & <strong>Halle</strong>sches Antiquariat<br />
GmbH. Ursprünglich im<br />
Hauptgebäude der Franckeschen<br />
Stiftungen untergebracht, hatte<br />
sie 1925 neue Geschäftsräume im<br />
Haus Franckeplatz 5/Ecke Steinweg,<br />
zu Franckes Zeiten das Wirtshaus<br />
„Zum Raubschiff“, erhalten und<br />
war nach ihrer Herauslösung aus<br />
dem Stiftungsverband von 1931<br />
bis 1953 schon einmal als Filiale der<br />
Lippertschen Buchhandlung geführt<br />
worden. Sie zählt zu den ältesten<br />
ohne Unterbrechung bestehenden<br />
deutschen Sortimentsbuchhandlungen.<br />
Im Zusammenhang mit der Sanierung<br />
des Eckhauses am Franckeplatz<br />
entstand der Gedanke, an<br />
diesem Standort die bisherigen zwei<br />
Geschäfte zusammenzuführen.<br />
Nach der für das Frühjahr 2012<br />
vorgesehenen Wiedereröffnung<br />
wird der Besucher hier wieder, wie<br />
gewohnt, die Buchhandlung des<br />
Waisenhauses mit breitem, in besonderem<br />
Maße die pädagogische<br />
Fachliteratur berücksichtigendem<br />
Sortiment, erweitert um das Angebot<br />
des <strong>Halle</strong>schen Antiquariats,<br />
vorfinden.<br />
Edmund Baron<br />
5
AUTORENPORTRÄT EVA- MARIA SCHÖN<br />
Eva-Maria Schön (1945) ist in<br />
Lunzenau bei Rochlitz geboren.<br />
Sie studierte Musikpädagogik und<br />
Musikwissenschaft. An der Martin-<br />
Luther-Universität promovierte sie<br />
1978 über das Opernschaffen von<br />
Leoš Janácek. Fast 30 Jahre lang<br />
lehrte sie Musikanalyse, Formenlehre<br />
und Tanz, hielt Vorlesungen<br />
und Seminare. Nach 1989 wirkte<br />
sie an der Neugestaltung der<br />
Studien- und Prüfungsordnungen<br />
für die Sekundarstufen I und II<br />
auf dem Gebiet der Musikpädagogik<br />
mit. Außerdem konzipierte<br />
sie die Studiengänge Diplom-<br />
Gesangspädagogik und Diplom-<br />
Musiktherapie. Lange Zeit lernten<br />
die Studenten nach den von ihr<br />
entwickelten Lehrplänen. Bevor<br />
sie 1993 die Universität verließ,<br />
leitete Eva-Maria Schön die künstlerische<br />
Abteilung des Instituts<br />
für Musikpädagogik. Bis 2000<br />
lehrte sie auch an der Hochschule<br />
für Evangelische Kirchenmusik<br />
und führte Vorlesungen an der<br />
Hochschule für Kunst und Design<br />
Burg Giebichenstein zum Thema<br />
„Musik und Kunst zu Beginn des<br />
20. Jahrhunderts“ durch.<br />
Nach einer längeren Krankheit<br />
wurde sie von ihrer Tochter, die<br />
ein High-School-Jahr in den USA<br />
absolviert hatte, auf die Idee gebracht,<br />
sich mit dem Unterrichten<br />
der englischen Sprache zu beschäftigen.<br />
1997 entschied sie sich, ein<br />
eigenes Konzept zu entwickeln<br />
und zusammen mit ihrer Tochter<br />
umzusetzen. Es ging darum, die<br />
englische Sprache Kindern bereits<br />
im Vorschulalter zu vermitteln.<br />
1999 wurde die „Tiger School“<br />
in <strong>Halle</strong> gegründet. In der Art<br />
ihrer Organisation und eigenen<br />
Konzeption ist sie inzwischen<br />
die größte Kindersprachschule<br />
bundesweit. Zunächst war die<br />
Tiger School nur an Schulen im<br />
ehemaligen Saalkreis tätig. Später<br />
6<br />
Bei einer Aufführung von „Where is Billy‘s Easter Egg?“<br />
wurden die Aktivitäten auf über<br />
130 Grundschulen und mehr als<br />
300 Kindergärten in den drei<br />
südlichen neuen Bundeslän-dern<br />
ausgedehnt. Heute unterrichten<br />
ca. 50 Lehrer mehr als 3700<br />
Schüler nach dem von Eva-Maria<br />
Schön entwickelten Konzept der<br />
Englisch-Früherziehung durch<br />
Musik und Spiel.<br />
Die Idee dahinter beruht darauf,<br />
dass im Alter bis zu zehn Jahren<br />
jedem Menschen ein spezieller<br />
Hirnbereich für die Klang- und<br />
Sprachwahrnehmung zur Verfügung<br />
steht, die sogenannten<br />
„Brocaschen Areale“. Hier bilden<br />
sich im frühen Lebensalter neurologische<br />
Strukturen, welche die Voraussetzung<br />
für das Sprachpotenzial<br />
des gesamten weiteren Lebens<br />
sind. Es ist also wichtig, genau in<br />
diesem Alter mit der sprachlichen<br />
Ausbildung zu beginnen, damit die<br />
Kinder auch eine Fremdsprache<br />
nach dem muttersprachlichen<br />
Prinzip erlernen können – also<br />
durch das Hören und Sprechen.<br />
Die Schüler sind zwischen drei<br />
und zehn Jahren alt. Der Unterricht<br />
findet in Kommunikationsgruppen<br />
mit etwa sieben Kindern auf spielerischer<br />
Basis statt. Jedes Kind<br />
kommt in jeder Unterrichtseinheit<br />
zum Sprechen.<br />
Doch Eva-Maria Schön ist hier<br />
nicht stehen geblieben. Aus den<br />
von ihr entwickelten eigenen Kompositionen<br />
von Liedern, Gedichten<br />
und Spielstücken entstanden bald<br />
zwei völlig neue Dinge: Einerseits<br />
das englischsprachige Kindertheater<br />
„Billy on Stage“ und andererseits<br />
eine inzwischen beachtliche<br />
Reihe von Kinderbüchern.<br />
Das Theaterprojekt bietet Kindern<br />
die Möglichkeit, ihr erlerntes Englisch<br />
darstellerisch und in kreativer<br />
Form anzuwenden. Dadurch ergibt<br />
sich wiederum ein Rücktransport<br />
des im Theater Erlebten und Erlernten<br />
in den Schulunterricht. Das behebt<br />
einen Grundmangel der schulischen<br />
Englischausbildung, welche<br />
in der Regel nach dem Muster von<br />
Frage und Antwort stattfindet und<br />
das freie Gespräch in alltäglichen<br />
Situationen vernachlässigt. Die<br />
Arbeit im Theater kann den Mitwirkenden<br />
helfen, Barrieren zu<br />
überwinden, Englisch zu sprechen,<br />
und das positive Gefühl vermitteln,<br />
verstanden zu werden. So entsteht<br />
Sicherheit im Umgang mit dem<br />
eigenen Wortschatz.<br />
Seit 2008 nehmen Kinder im Alter<br />
von 4 bis 14 Jahren an den heute<br />
oft ausverkauften Aufführungen<br />
in verschiedenen Spielstätten teil.<br />
Premieren fanden z.B. im Thalia
AUTORENPORTRÄT EVA-MARIA SCHÖN<br />
Theater, in der Britus Gemeinde<br />
Trotha, im Volkspark, der Schorre<br />
und der Theatrale statt. Außerdem<br />
trat „Billy on Stage“ mit großem<br />
Erfolg beim Kinderchorfestival in<br />
<strong>Halle</strong> auf. Das Jahresprogramm<br />
<strong>2011</strong> verzeichnete mehrere Auftritte<br />
mit dem Musical „Sightseeing<br />
Through <strong>Halle</strong>“, Darbietungen von<br />
„I want to be an Easter Bunny“<br />
und „Scrambled Egg“ zu Ostern,<br />
sowie entsprechende Auftritte mit<br />
„Santa on a Diet“ und „Mrs Holle“<br />
in der Vorweihnachtszeit.<br />
Parallel zu den Stücken und Unterrichtskonzeptionen<br />
entstand eine<br />
Reihe von außergewöhnlichen Kinderbüchern<br />
in englischer Sprache,<br />
die u.a. von Gitte Gorzitzke und<br />
Hans-Joachim Schramm liebevoll<br />
illustriert wurden. Den bisher 19<br />
Büchern sind CDs mit den Texten in<br />
Hörspielform beigelegt. Außerdem<br />
enthalten sie kopierbare Arbeitsblätter,<br />
so dass Pädagogen wie<br />
auch Eltern sie zum Unterrichten<br />
und Üben verwenden können.<br />
Jedem Buch ist ein Textskript des<br />
entsprechenden Stückes beigefügt,<br />
was eine Aufführung im eigenen<br />
Rahmen erleichtert.<br />
Alle Bücher erschienen im <strong>Projekte</strong>-<strong>Verlag</strong><br />
<strong>Cornelius</strong>.<br />
7
BUCHTIPP DES MONATS<br />
Werner Pollandt: „Wenn<br />
die Druckmaschinen nicht<br />
schweigen“<br />
„Erlauben Sie mir ein letztes Wort<br />
zu Druckmaschinengeräuschen,<br />
wie sie in aller Welt gleich klingen.<br />
Hier dröhnen Antriebe, dort<br />
schmatzen Gummitücher, hier<br />
knallt der Kanalschlag, dort hauen<br />
Falzmesser gnadenlos zu. Im<br />
Keller brummt die Abrollung und<br />
der Bahnriss peitscht durch den<br />
Drucksaal. Oben auf der Galerie<br />
singen Leitwalzen und aus den<br />
Falzapparaten steigt der ratternde<br />
Gesang der Falz-, Messer- und<br />
Sammelzylinder auf. Für einen<br />
Ingenieur, der die technischen<br />
Zusammenhänge kennt und hört,<br />
ist es herrlich.”<br />
Werner Pollandt, Ingenieur für<br />
Maschinenakustik, sammelte in<br />
Hier gibt es <strong>Halle</strong> <strong>liest</strong>:<br />
Ankerhofhotel<br />
Bahnhofsbuchhandlung Ludwig<br />
Buchfabrik <strong>Halle</strong><br />
Buchhandlung am Reileck<br />
Buchhandlung Jacobi & Müller<br />
Buchhandlung Lesebuch im HEP<br />
Buchhandlung Molsberger<br />
Dorint Hotel<br />
Eiscafé Kaufland Südstadt<br />
EKZ „Markt“ Salzmünde<br />
Hotel Am Steintor<br />
Hotel Europa<br />
Künstlerhaus 188<br />
Landesverwaltungsamt<br />
Lührmann<br />
Märkers Restaurant<br />
Marktschlösschen (Stadtinformation)<br />
8<br />
seinem Berufsleben viele amüsante<br />
Geschichten zur lärmerfüllten Welt<br />
grafischer Maschinen, von Leipzig<br />
über Budapest bis nach Singapur<br />
– Anekdoten, Schmunzeleien,<br />
kulturelle Missverständnisse, aber<br />
auch immer wieder Bemerkungen,<br />
wie wichtig unser Hörsinn ist.<br />
Während der Lesungsreihe „Wenn<br />
die Druckmaschinen schweigen“<br />
im Museum für Druckkunst zu<br />
Leipzig, die nichts mit dem Thema<br />
Druck zu tun hatte, fragte er<br />
sich berufsbedingt, ob man die<br />
Maschinen nicht lieber sprechen<br />
lassen sollte, um so eine Lesung<br />
seiner „Geräusch“-Geschichten<br />
zu untermalen. Trotz anfänglicher<br />
Bedenken konnte die Idee in die<br />
Tat umgesetzt und am 28. Oktober<br />
2009 trug Pollandt seine Erzählungen<br />
in passender Maschinen-<br />
Mensa Harz<br />
Mojo<br />
MZ-Shop am Markt<br />
<strong>Projekte</strong>-<strong>Verlag</strong> <strong>Cornelius</strong> GmbH<br />
Rathaus <strong>Halle</strong><br />
Restaurant „Delphi“<br />
Ritterhaus<br />
Sparkasse, Große Steinstraße<br />
Stadtbibliothek Am Hallmarkt<br />
StadtCenter Rolltreppe<br />
Technisches Rathaus Hansering<br />
Thalia am Markt<br />
Thalia im Neustadt-Centrum<br />
Volksbank, W.-Külz-Straße<br />
Weltbild im Neustadt-Centrum<br />
ZGM Neustadt<br />
Kulisse im Drucksaal des Druckkunstmuseums<br />
vor. Daraus wurde<br />
ein voller Erfolg und es wurde viel<br />
gelacht. Es sollte jedoch nicht nur<br />
bei der Lesung bleiben, sondern<br />
auch etwas für die Nachwelt<br />
geschaffen werden. Im November<br />
<strong>2011</strong> kam nun sein kleines Bändchen<br />
„Wenn die Druckmaschinen<br />
nicht schweigen“. Hier können<br />
zwar die Maschinen nicht lärmen,<br />
aber viele Fotos und unveröffentlichte<br />
Geschichten machen dies<br />
wett. Ein kurzweiliges Leseerlebnis<br />
für jedermann.<br />
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<strong>Projekte</strong>-<strong>Verlag</strong> <strong>Cornelius</strong> GmbH<br />
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