aus Roth - Gemeinde Weimar
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Jedes Jahr zur Winterszeit, wenn es draußen<br />
kalt,<br />
fahren sie <strong>aus</strong> nah und fern ins Dörfchen<br />
hinterm Wald<br />
und freuen sich auf manche Stunde<br />
in einer fröhlichen Männerrunde.<br />
Von da und dort, von manchem Amt,<br />
kommt man herbei, ist meist bekannt,<br />
zum Teil seit vielen Jahren schon.<br />
Entsprechend ist der Umgangston:<br />
„Was macht´s Geschäft, Du altes H<strong>aus</strong>?“<br />
Oh - sind Sie schlank, gut schaun Sie <strong>aus</strong>!“<br />
Man freuet und umarmet sich<br />
und jeder sucht 'nen Platz am Tisch.<br />
Aufs Neue Jahr hebt man sein Glas<br />
und mancher hat ´ne rote Nas´.<br />
Wer neu ist, macht sich rasch bekannt.<br />
Teils mit dem Rücken an der Wand<br />
sitzt man beengt, teils vis a vis.<br />
Ein Bier, ein Korn: „Häi easses schie!“<br />
Dann kommt der Wirt, fragt was nun sei?<br />
„Ja, fang schon an, zwar fehlen noch Zwei,<br />
das ist uns aber einerlei.“<br />
„Zehn, Zwanzig oder Dreißig? -<br />
die Köchin heizt schon fleißig!“<br />
„Zunächst 'nen Großen, das wär gut,<br />
weil uns gewaltig hungern tut."<br />
Der Wirt enteilt in Richtung Küche,<br />
die Männer klopfen emsig Sprüche<br />
und Witze, teils in Deutsch, teils in Latein,<br />
und manche sind auch stubenrein.<br />
Die Tür geht auf und selbstbewusst<br />
trägt er das Prachtstück vor der Brust,<br />
dabei muss er sich bücken.<br />
„Aah“ ruft man voll Entzücken.<br />
Gelb, locker, dampfend, zart und weich,<br />
der Konrad ihn serviert;<br />
mit Speck und roter Wurst gar reich<br />
verfeinert und garniert.<br />
Ein winterlicher Genuss<br />
von Karl Krantz<br />
4<br />
„Her mit dem Brot, da ist mein Teller!“<br />
Der Nachbar war ein wenig schneller,<br />
stößt an das volle Glas und schwup,<br />
schon liegt das Licher in der Stub!<br />
Rasch ist die Platte aufgebraucht<br />
die anderen warten, einer raucht<br />
und knurrt: „Heut fängt er oben an,<br />
wo wir doch so viel Hunger ham?"<br />
Doch bald erscheint die Nummer zwei<br />
und gleich darauf die Nummer drei,<br />
„Ich denke, einen packt ihr noch,<br />
er ist schon auf dem Ofenloch?“<br />
„Na klar“ heißt es - doch leiser schon -<br />
die Zeit steht ja nicht still,<br />
auch Bier und Kümmel tun ihr Teil,<br />
gegen das Hungergefühl.<br />
Der nächste Durchgang wird recht schwer,<br />
nur langsam werden die Teller leer.<br />
Heiß wird's und rötlich manch Angesicht,<br />
man öffnet die Kragen und entkleidet sich.<br />
Der Wirt meint grinsend, so nebenbei,<br />
wie es denn wohl mit dem Fünften sei?<br />
„Nein, nein“, ertönt es, „um Gottes Willen,<br />
wir wollen nur unseren Durst noch stillen.<br />
Bringen Sie Kümmel und Gerstensaft,<br />
die letzte Portion hat uns völlig geschafft.<br />
Hervorragend war es wieder und wunderbar,<br />
wir freuen uns jetzt schon auf nächstes<br />
Jahr.“<br />
„Ja - einen solchen Genuss muss man lange<br />
suchen“,<br />
die Rede war vom Weiershäuser<br />
Eierpfannkuchen.<br />
Februar 1997