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Montag - 26.10. 15<br />
Heute komme ich früher los. Es ist noch so dunkel, dass die<br />
Sterne zu sehen sind. Wie der Abend versprach, war es eine<br />
klare Nacht – glasklar. So ist die zunehmende Farbveränderung<br />
des Himmels besonders gut zu sehen. Eine ganz andere<br />
Stimmung als gestern morgen, wo es diesig war.<br />
Mein Timing ist perfekt. Dort, wo man das erste Mal die gute<br />
Aussicht auf das Bergmassiv mit dem markanten Grassy Hill<br />
(aka Grass Mountain aka Heikes-Berg :) ) hat, zeigt sich das<br />
satte Blau mit einem zarten helleren Streifen, der schon den<br />
Morgen erahnen lässt. Die Bergspitzen zeichnen sich<br />
scharfkantig wie mit der Schere geschnitten an dieser helleren<br />
Linie ab.<br />
Ein Wagen folgt mir. Als ich parke, passiert er das Tor.<br />
Schichtwechsel bei den Securities. Der nette Miro tritt seinen<br />
Dienst an.<br />
Glasklare Nächte und wunderschöne glasklare<br />
Morgendämmerung bedeuten natürlich auch – es ist bitterkalt.<br />
Laut Handy 8 Grad!<br />
Gut, dass ich eine Decke aus dem Motel ausgeliehen habe.<br />
Kapuze auf und Decke um die Schultern gewickelt, so setzte<br />
ich mich auf die Mauer. Die vorbeifahrenden Autos sind so<br />
merkwürdige Gestalten am Tor von Michael Jackson wohl<br />
gewohnt. Keines hupt. Niemand zeigt mir einen Vogel :)<br />
Nun ja, die Mitarbeiter die heute ihre Arbeitswoche beginnen<br />
tun soetwas eh nicht. Freundlich und mit einem kleinen Scherz<br />
hier und da, werden sie von Miro eingelassen.<br />
„Guten Morgen“, kommt es dann vom Tor auch in meine<br />
Richtung herüber, und das so nett, da muss man sich nicht mal<br />
mit einer Decke um die Schultern verlegen fühlen. Ich grüße<br />
ihn zurück und räume ein, dass ich nicht verrückt bin, es sei<br />
1
zum Sonnenaufgang einfach besonders schön hier.<br />
„Oh yes, I understand that“, erwiderte der nette Typ und man<br />
glaub es ihm gerne. Alles was er sagt, verstärkt das Gefühl,<br />
dass er zumindest ahnt, was unsereins Michael-Liebende<br />
hierher zieht. „How about a coffee?“<br />
Wenn ein Kaffee so richtig gut tut, dann an diesem kalten<br />
Morgen.<br />
Es dauere aber ein wenig. Er koche das Pulver ohne Filter und<br />
ohne Kaffeemaschine auf, nur Wasser und Kaffeepulver.<br />
Umrühren, fertig. 'Cowboy-Kaffee' nenne ich das (wobei der<br />
im Lagerfeuer aufgekocht wird :)<br />
Sein Kollege hatte ihn mit den Worten begrüßt. „Miro, ey<br />
Mann, hast du gar nicht mehr frei?“<br />
Ich frage ihn danach (immerhin hat er übers Wochenende<br />
Dienst gehabt). Es sagt ab morgen habe er 5 freie Tage.<br />
Er geht wieder seiner Arbeit nach, was immer die ist, dort in<br />
dem kleinen Haus am Tor.<br />
Und ich gehe meiner nach, :) sehne, mit einer heißen Tasse in<br />
der Hand die Sonne herbei und versuche die Stimmung auf<br />
Fotos festzuhalten.<br />
Irgendwann kommt Miro zurück an den Zaun. Unsere<br />
Konversation erstreckt sich immer nur auf ein paar Sätze. Er<br />
fragt mich nicht aus und ich nicht ihn. Das ist angenehm. Ich<br />
mag ihn nicht mit unzähligen Fragen 'aushorchen'. Bei seiner<br />
nächsten Stippvisite am Zaun bietet er mir noch einen Kaffee<br />
an. Schon gestern hatte ich nicht gedacht, dass eine Steigerung<br />
möglich sei, doch heute gibt es Tasse zwei sogar mit einem<br />
Löffel Rohrzucker.<br />
Life is sweet :)<br />
„Der Kaffee ist mit Neverland-wasser gebrüht. Es wird 1000<br />
(oder 2000?) Fuß hochgepumpt, das beste Wasser der Gegend.<br />
Hast du eine Wasserflasche, dann fülle ich sie dir auf.“<br />
2
So komme ich zu einer ganzen Gallone frischem Wasser aus<br />
den Tiefen Neverlands.<br />
Der Himmel meint es so gut mit mir und das, bevor die Sonne<br />
es überhaupt über den Berg geschafft hat.<br />
Und es geht weiter. Klarer Morgen, das bedeutet fantastische<br />
Bilder.<br />
Kaum zu glauben, doch schon die ersten Strahlen wärmen<br />
angenehm. In diesem frühen Licht kann ich gar nicht aufhören<br />
3
Aufnahmen zu machen. Der Himmel trägt ein herrliches Blau<br />
und die Farben wirken wie frisch gewaschen. Das Gegenlicht<br />
wirft harte Schatten.<br />
Fotograf müsste man sein.<br />
Jeder Blickwinkel ist ein Foto wert, immer wissend, dass keine<br />
Aufnahme das wirkliche Licht einfangen kann.<br />
Kein Foto kann alle Sinne so zufriedenstellen, wie es dieser<br />
Augenblick tut.<br />
Ich bin nicht nur froh, sondern dankbar, diese stillen Stunden<br />
am Tor genießen zu dürfen. In dieser Abgeschiedenheit kann<br />
man jede Bewegung, jeden einzelnen Vogel, jedes Geräusch<br />
wahrnehmen. Dazu wandelt sich auch der Geruch des Ortes mit<br />
der Erwärmung.<br />
Es ist diese Komposition aus all diesen einzelnen 'Noten', der<br />
ich nicht müde werde zu 'lauschen'. Ohne Frage, wird diese<br />
Zeit hier zu einer meiner schönsten Erinnerung werden. Die<br />
von der Sorte, mit der man sich verbinden kann, wann immer<br />
man in der Stille die Augen schließt.<br />
4
~<br />
Zurück im Motel, hole ich mir gerade noch Frühstück bevor<br />
abgeräumt wird. Ich verputze es im Zimmer und telefoniere mit<br />
Zuhause. Heike kommt mit zwei kühlen Limonaden zurück. Es<br />
geht ihr besser und sie ist unternehmungslustig.<br />
Wir werden unser Glück am Nojoqui-Wasserfall versuchen.<br />
Letztes Jahr war er gesperrt.<br />
Heike hatte ja schon das Glück dort sitzen zu dürfen. Zwar war<br />
das fallende Wasser damals nur ein Rinnsal, aber der Zauber<br />
des Ortes den auch Michael mochte, war wohl zu spüren.<br />
(Wenn ich mich recht erinnere, waren da sogar ein „Sitzplatz'<br />
im Fels. Genau kann Euch das Heike sagen :)<br />
Jedenfalls machen wir uns auf den Weg. Die Fahrt dorthin ist<br />
schön. Die Straße liegt im Schatten von Bäumen, die mich mit<br />
ihrem Behang an Halloween erinnern. Solche wehenden<br />
'Schleier' kennt man speziell aus allen Filmen die in 'Savannah<br />
Georgia' gedreht werden.<br />
Mit Heike an der Seite, ist das Navi überflüssig. Sie findet sich<br />
so zurecht. Wir fahren zwar an dem Park-platz vorbei, doch das<br />
liegt daran, dass dort überhaupt nichts los ist. Im Sommer wird<br />
dieser Ort wohl rege genutzt. Das ist auch kein Wunder. Es ist<br />
ein Park mit viel Platz. Hier können Familien auf der Wiese<br />
sitzen, Picknick veranstalten und Spielen. Wir fahren bist ans<br />
Ende durch, dort wo der Weg zum Wasserfall beginnt.<br />
'Keep Out - Hazardous Conditions' (gefährlicher Zustand).<br />
Wir haben es ja schon geahnt, – immer noch gesperrt.<br />
5
Die ausgeschilderten 10 Minuten Fußweg bis zum Wasserfall,<br />
dehnen sich damit auf unbestimmte Zeit. Vermutlich ist der<br />
ohnehin der momentanen Regenarmmut zum Opfer gefallen.<br />
Das Bachbett ist jedenfalls absolut ausgetrocknet.<br />
Eine weitere Warntafel macht auf Berglöwen aufmerksam,<br />
dessen Lebensraum hier ist. So ein Tier könne ohne<br />
Vorwarnung angreifen. Besonders kleine Kinder seien<br />
gefährdet. Man sollte nicht alleine wandern und diese<br />
Wildkatzen durch viel Lärm fernhalten. Nun ja, wir werden<br />
nicht herausfinden was passiert wenn man die Absperrung<br />
missachtet, genießen den lauschigen Schatten des Ort. Heike<br />
nennt ihn „Michaels Cathedral“.<br />
Passend.<br />
6
Wir beschließen die Lady im 'Weihnachtsladen' zu besuchen.<br />
Als wir das Geschäft betreten, empfängt uns die Dame mit der<br />
Nachricht, dass wir nicht hereinkommen können. Überall stehe<br />
Ware herum, und sollte jemand stolpern, würde die<br />
7
Versicherung nicht zahlen. Sie erkundigt sich ob wir<br />
(Puppen)Sammler (Collectors) sind und erklärt gleich, dass wir<br />
morgen wiederkommen sollen, es lohne sich. Auf so ziemlich<br />
alles würde es 50% geben.<br />
Ich spreche sie an, dass ich gehört habe Michael sei ihr Kunde<br />
gewesen.<br />
„Oh ja!“<br />
Sie habe 3 Mal für ihn Weihnachtsdekoration geliefert, sei<br />
sogar selbst dort gewesen. Sie zeigt auf eine Puppe, einen<br />
Engel. Diese sei identisch mit einer, die er als Weihnachtsengel<br />
bestellt habe. Diese Puppen seien handgefertigte Einzelstücke.<br />
Der Engel der dort stehe sei eine Nachbildung seines<br />
Exemplars. Diese Puppen werden nicht mehr hergestellt.<br />
Früher wurden Teile in Deutschland gefertigt, nun nur noch in<br />
China. Daran habe sie kein Interesse. Sie sagt Michael habe zu<br />
Weihnachten zwei Bäume aufstellen lassen, einen im Haus<br />
und einen im Kino. Beide seien über zwei Etagen hoch<br />
gewesen. Im Kino habe sie kein Foto machen dürfen. KEINER<br />
durfte das. Dabei sei der Baum so schön gewesen.<br />
Im Haus habe sie die Treppen nicht schmücken dürfen.<br />
Michael war so vorsichtig, wollte keine Stolperfallen für seine<br />
Kinder. Ein Mal seien zwei Typen von LA hochgekommen<br />
('two gay guys' Anm.: Vllt Bush und Thompkins?). Sie haben<br />
Elizabeth Taylors Gästehaus ganz in Purple dekoriert. Auf<br />
seinem Piano haben all die Fotos von Prominenten gestanden.<br />
Doch Michael sei ein ganz freundlicher, bodenständiger<br />
Mensch gewesen.<br />
Einmal klingelte es an ihrer Tür und ihre Tochter sagte: „Es ist<br />
Michael, er möchte dich sprechen.“ Sie habe geantwortet: „Ich<br />
kann nicht, bin schon in meinem Pyjama!“ Michael der das<br />
hörte, rief: „Es macht mir nichts aus was sie trägt.“ Er brauchte<br />
ihre Hilfe für irgendwelche Kopien.<br />
8
Jetzt wo so viele Jahre vergangen seien, sprächen die Leute im<br />
Ort zunehmend über seine Wohltätigkeit. Sie freue das. Er habe<br />
so viel im Verborgenen gegeben.<br />
Wir erfahren noch mehr aus ihrem bewegten Leben. Sie habe<br />
so ein Geschäft mal neben einem berühmten Hotel geführt.<br />
Shirley Temple habe sie ein Parfüm geschenkt, das die sehr<br />
mochte. Man habe sie einfach mit dem Aufzug zu ihr<br />
hochfahren lassen. So sei das damals gewesen.<br />
Wir bedanken uns und versprechen morgen wieder zu<br />
kommen.<br />
Also werden wir uns morgen, ala Michaels durch dieses<br />
vollgestopfte Geschäft voller Puppen und Weihnachtsschmuck<br />
wühlen.<br />
~<br />
Also auf nach Los Olivos. Zuerst einmal, betreten wir das 'Post<br />
Office', Michaels Postfach einmal aus der Nähe sehen. Wir<br />
müssen nicht erwähnen, dass man jeden Türknauf und jedes<br />
Eintreten mit dem Gedanken 'Michael hat das auch getan. Das<br />
hat er auch gesehen' tut.<br />
Beim Betreten flutscht ein kleiner Hund zur Tür heraus. Ein<br />
zweiter Hund und eine Frau sind an den rechten Fächern. Ich<br />
sage ihr, dass ihr Hund entwischt ist.<br />
Sie lacht und eilt schnell hinaus. Der kleine Schwarzweiße ist<br />
noch nicht weit, begießt die Büsche. Sie schnappt ihn und<br />
erklärt, dass er ihrer Tochter gehöre. Und wenn einer ausbüxt,<br />
dann dürfe das nur ihrer sein. Sie ist eine fröhliche Person und<br />
sie verstärkt das Gefühl, dass es sich unter solchen Einwohnern<br />
auch für Michael sehr gut angefühlt haben wird.<br />
Also noch mal durch die Tür eintreten. Michaels Fach liegt<br />
irgendwo, da links unten (Heike welche Nummer war das?).<br />
Nächster S(t)hop: Jedlicka's.<br />
9
Beim Eintreten riecht es nach Leder und Lederfett. Cowboy-<br />
Sättel, Cowboy-Stiefel, alles was man zu deren Pflege benötigt<br />
und was sonst noch das Cowboy-Herz (oder der Touris) höher<br />
schlagen lässt, gibt es in diesem dunkel vertäfeltem<br />
Geschäftsraum. (HIER müssen die Cowboys vom Mexikaner<br />
sich eingekleidet haben :))<br />
In der Mitte die Kasse, und gläserne Vitrinen mit<br />
Silberschmuck – für Cowboys und ihre Mädels. Ich spreche<br />
das junge Mädchen an der Kasse an und wundere wie<br />
schüchtern sie ist. Eine Verkäuferin die keinen Blickkontakt<br />
aufnehmen mag, habe ich nicht erwartet.<br />
Wir schauen uns um, weil Michael hier mal ein Geschenk für<br />
(seine) Kinder gekauft hat. Irgendetwas, das wir weder in den<br />
Auslagen vermuten noch entdecken können. Leider ist mir<br />
gerade entfallen, was das gewesen ist. (Ein Tretauto geistert<br />
durch meinen Kopf).<br />
Dann betreten wir auf der gegenüber liegenden Seite eine<br />
kleine Boutique die wirklich sehr liebevoll gestaltet ist. 1000<br />
nette Dinge im Landhausstil. Viel Weiss. Ein wenig wie in<br />
einem Laden für Hochzeitsausstattung :))<br />
10
Ein paar Schritte weiter kommt eine kleine Galerie. Auch hier<br />
soll Michael gestöbert haben. Bei der entspannten Atmosphäre<br />
dieses Ortes, ist es leicht vorstellbar, wie er hin und wieder<br />
unverhofft aufgekreuzt sein mag.<br />
Im Geschäft am Ortsausgang, das eine Mischung aus kleinem<br />
Supermarkt, Weinhandlung, Tabakkiosk und Coffee-Shop ist,<br />
stöbern wir ein wenig. Auf Reisen ist ja alleine das Stöbern<br />
schon so interessant. Und ich suche nach irgendeinem<br />
Nussriegel oder sowas, für Miro. Da ich noch seine Tasse habe<br />
(er war nicht da, als ich fuhr), würde ich sie ihm gerne mit<br />
einer Kleinigkeit zurrückgeben. Obwohl das nicht stimmt. Ich<br />
würde sie gerne behalten und stelle mit seit dem ersten Schluck<br />
aus ihr vor, wie es wäre sie behalten zu dürfen. Sie wäre mir<br />
heilig. Doch man soll Freundlichkeit nicht überstrapazieren,<br />
das wäre schade.<br />
Und dann endlich :)) geht’s die Figueroa Mountain Road hoch.<br />
Diesmal wirklich weit hoch.<br />
Wir passieren das Tor mit der großen Eiche mit einem<br />
sehnsuchtsvollen Blick. Heute wollen wir 'Heikes-Berg' etwas<br />
näher kommen und Heike erzählt, jemand vom Malibu-Fan-<br />
Club hätte geschrieben, von weiter oben könne man den<br />
'Jungen im Mond' (der oberhalb von 'Katherine Station'),<br />
sehen/fotografieren. Wenn das stimmt, dann sollte das Zoom<br />
von Heikes Nikkon uns diesen Blick ermöglichen.<br />
Nach der scharfen Kurve wird die Straße wesentlich schmaler.<br />
Wie ein entgegenkommendes Auto der Marke SUV an uns<br />
vorbei passen soll ist ein Rätsel. Aber es ist ein offizieller Weg,<br />
der letztlich zu einem Camping Platz führen soll, da werden<br />
wir das auch schaffen.<br />
Jede Kurve die einen freien Blick Richtung Neverland<br />
verspricht, steigen wir aus und versuchen durch das Zoom<br />
11
etwas zu erkennen. Es geht ein angenehmer Wind. Wir<br />
kommen schnell höher und dem Grass-Mountain sehr nah. Von<br />
der Höhe her MÜSSEN wir Gebäude auf Neverland sehen,<br />
doch die Luft ist diesig, jedenfalls in Kombination mit der<br />
Entfernung zu diesig. Ich meine ein hellerer Fleck könne das<br />
Bahnhofsgebäude sein. Wir einigen uns darauf, dass es das IST<br />
:)<br />
An dem Punkt wo der Verlauf der Straße immer südlicher<br />
weist, drehen wir um.<br />
Egal aus welcher Richtung, es ist ein schönes Gefühl zum Tor<br />
zu fahren. DAS ist das Ziel unserer Reise.<br />
In der Sonne verbringen wir eine Weile dort. Dann beschließen<br />
wir noch mal in Solvang Station zu machen, bevor wir zum<br />
Sonnenuntergang zurückkehren.<br />
Es steht ja etwas ganz Besonderes an – Vollmond.<br />
Nach diesem klaren Morgen und einem sonnigen Tag, kann<br />
auch der frühe Abend mit der tiefstehenden Sonne nur<br />
malerisch sein. Ich habe meinen Akku am Handy schon<br />
aufgebraucht.<br />
12
Kaum zu glauben, dass ICH kein Foto vom Mondaufgang<br />
schießen werde. :/<br />
Aber gut, Heike hat ihre Nikkon im Anschlag. Und sowieso<br />
würde ich nicht dazu kommen...<br />
Noch ist es aber nicht dunkel.<br />
Miro's Schicht geht dem Ende zu. Ich erzähle ihm, wie hoch<br />
wir gefahren sind, frage ob man von dort die Ranch sieht. Es<br />
sagt, das gehe nur mit Helicopter; Sie läge zu geschützt hinter<br />
den Rolling Hills. Ich gebe ihm die Tasse zurück, die mich nun<br />
seit 2 Tagen begleitet und aus der ich gestern Abend Wein und<br />
heute Morgen Neverlandquellwasser getrunken haben. Ein<br />
Energieriegel aus dem Bio-shop in Solvang und eine paar<br />
Dankeszeilen habe ich hineingesteckt. Er freut sich drüber.<br />
Dann, die Sonne hat sich verabschiedet und das Blau über den<br />
Bergen wird zunehmend kräftiger, nicht mehr lange, dann wird<br />
der Mond sich über eine der Kuppen schieben... da winkt Miro<br />
mich noch einmal ans Tor.<br />
Ab morgen wird er ein paar Tage frei haben, es ist also Zeit<br />
sich zu verabschieden. Wir tauschen e-mail-Adressen aus. Er<br />
schreibt mir mal, wenn ich ihm meine Adresse geben mag,<br />
würde er mir eine DVD von einem Hubschrauberflug von<br />
Santa Barbara über diese Gegend senden. Wahrscheinlich<br />
einfach nur eine nettes Angebot, weil wir ein paar nette Sätze<br />
miteinander gewechselt haben. Er schreibt seine Adresse in<br />
mein Büchlein, ich gebe ihm meine.<br />
Wir geben uns die Hand.<br />
Schade, dass er die nächsten Tage nicht hier sein wird.<br />
Doch kein Grund zum Trübsal blasen, jetzt ist der Augenblick.<br />
Der Mond. Gross und hell geht er auf. Unzählige Male<br />
gesehen, x-mal gefeiert, immer wieder ein tolles Erlebnis.<br />
Diesmal sehr speziell. Heike fotografiert ihn durch die Äste der<br />
'Gentle Guardian Oak'.<br />
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In diesem Moment stoppt Miros Pic-up hinter mir.<br />
„Karin“, ruft er.<br />
Wobei rufen es nicht trifft. Es sagt es leiser als sein Motor<br />
brummt, und ich bin mir nicht mal sicher, dass er es überhaupt<br />
gesagt hat. Ich drehe mich um und er winkt mich heran.<br />
„For you.“ Er greift in die Ablage der Mittelkonsole. In meiner<br />
Hand landen ein paar Eicheln. „From the Giving Tree.“<br />
Ich weiß nicht was ich sage, aber ganz sicher sieht er das<br />
unfassbare Staunen auf meinem Gesicht. Und ich weiß, dass<br />
ich ein „Danke“ über die Lippen bekomme.<br />
„Don't tell on facebook.“<br />
Das wäre nicht gut.<br />
Ich verspreche es. Sage mein engster Kreis umfasse ohnehin<br />
nur 5 Freundinnen.<br />
Weg ist er, der supernette Neverland-Safety Guard, dessen<br />
Nachname so passend 'Tinka' ist.<br />
Heike ist genauso platt wie ich.<br />
Wir fallen uns in die Arme.<br />
Zurück im Motel überlege ich. Die Eicheln sind schon weit<br />
aufgeplatzt.<br />
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Ich glaube nicht ernsthaft daran, dass sie noch keimen können.<br />
Noch grün und ohne Wurmlöcher, so sollten sie sein, damit<br />
überhaupt eine Chance besteht. Aber was soll's, wir MÜSSEn<br />
es versuchen! Also wässern und ab in den Kühlschrank.<br />
Zuhause sehen wir weiter.<br />
Genau 6 Eicheln vom Giving Tree – für jede eine.<br />
Der ganze Abend ist getragen von der Freude über dieses<br />
michaelige Geschenk.<br />
- Magic.<br />
♥♥♥<br />
Anmerkung zum Giving Tree:<br />
Es ist immer noch so, dass jede eine Eichel bekommen soll,<br />
aber...<br />
Ja, aber....<br />
Ich weiß von Heike, dass ihre nicht gekeimt ist :/<br />
Was ist mit Deiner, Doris?<br />
Von den Vieren, die in meinem Kühlschrank waren, sind 3<br />
gekeimt und die Vierte sah auch vielversprechend aus. Es war<br />
Winter mit Minusgraden, kein Zeitpunkt sie auf Reisen zu<br />
schicken, also musste ich versuchen ob sie in meiner<br />
Fensterbank etwas werden.<br />
Bei der Ersten ist der Keimling nach einer Nacht verdorrt :/.<br />
Sie hat aber dann Wurzeln ausgebildet. Habe sie umgetopft, als<br />
3 Wurzeln unten aus dem Loch kamen. Seitdem tut sich nix<br />
mehr – kein Trieb. Vllt sind die Wurzeln verfault oder verdorrt,<br />
noch habe ich nicht nachgesehen und meine Hoffnung lebt<br />
immer noch :)<br />
Zwei weitere Giving-Tree's tragen Blätter. Sind aber klein bzw.<br />
zart geblieben. Der Zweite ganz zart und in Zeitlupe wachsend.<br />
15
Der Dritte klein, aber mit kräftigen Blättern.<br />
Zwei Eicheln von der Eiche am Tor, haben sie schon lange<br />
überholt und sind wesentlich kräftiger. So bin ich immer noch<br />
in Sorge, ob die kleinen Giving-Trees es schaffen werden. Es<br />
ist ohnehin ein Wunder, dass sie so aufgeplatzt und trocken wie<br />
sie waren, noch Leben in sich hatten.<br />
So ist mein erster Gedanke – eine Eichel für jede von uns – im<br />
Keim (lol) stecken geblieben.<br />
Sofort abzugeben: eine Eichel die sehr gelitten hat (die die gar<br />
nicht gekeimt ist, aber lange auf feuchter Erde lag). Eichel-<br />
Eins, die noch im Topf steckt, Wurzeln gebildet hatte und wo<br />
ich nicht weiß was von ihr noch übrig ist. Und eines von 2<br />
zarten Bäumchen, die vllt noch nicht über dem Berg sind.<br />
Keine Ahnung wie wir das aufteilen...<br />
Könnt Euch ja mal Gedanken machen und Daumen drücken,<br />
dass Armin sie gesund über meine Reisezeit bekommt...<br />
Da ich es Miro versprochen habe: Bitte nicht weiter erzählen.<br />
Vllt geben er und andere ab und an Samen weiter. Habe schon<br />
mal wo gelesen, jemand habe Eicheln 'von drinnen'. Aber ich<br />
möchte nicht diejenige sein, die es weiter tratscht, außer in<br />
dieser kleinen vertrauensvollen Runde.