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Santa Ynez Valley und Neverland I

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<strong>Santa</strong> <strong>Ynez</strong> <strong>Valley</strong> – <strong>Neverland</strong> – (Dreamland)<br />

Noch die restlichen Sachen zusammengepackt. Das Michael-<br />

Poster von der Tür gepult <strong>und</strong> dann ging es los.<br />

Zwei Mal rechts <strong>und</strong> dann links unter der Brücke durch auf den<br />

101 Free Way. Die Strecke kennen wir ja schon. Ich mag es<br />

sehr, wenn man einen Weg schon kennt.<br />

Etwas neu zu entdecken hat natürlich auch was, doch etwas<br />

wiederzuerkennen, fühlt sich irgendwie wie Heimat an.<br />

Also geht es die Strecke rüber ins San Fernando <strong>Valley</strong>. Heute<br />

werden wir es allerdings hinter uns lassen <strong>und</strong> einen für mich<br />

gänzlich unbekannten Weg nehmen, den nach <strong>Neverland</strong>!<br />

Das gelobe Land, sozusagen.<br />

Ich freue mich sehr.<br />

Doch zuallererst haben wir noch eine Adresse auf dem Weg<br />

dorthin gef<strong>und</strong>en, die einen Zwischenstopp unabdingbar macht.<br />

Nein, es sind nicht die Universal Studios, die können bis zu<br />

meiner nächsten Reise warten. Amusement hatte ich für meinen<br />

Geschmack zur Genüge.<br />

Unsere Adresse ist ein Café – Dupars.<br />

Dank Andreas umfangreicher Liste, haben wir entschieden,<br />

dass noch Platz für ein 2. Frühstück sein MUSS :)<br />

Ich bin froh, dass wir an der Abzweigung auf die 170 nach<br />

San Fernando diesmal ohne Stau kommen.<br />

Schnell fahren wir ab, zum 12036 Ventura Blvd. Ein<br />

angrenzender Parkplatz bietet uns tatsächlich einen freien<br />

Platz. Ich finde das immer komisch, so als könne es nicht sein,<br />

dass ich da wirklich stehen darf. Vielleicht dürfen wir ja auch<br />

nicht. Dieser Platz gehört zu einem angrenzenden<br />

Gebäudekomplex. Dupars ist ein Nachbar. Wir steigen aus <strong>und</strong><br />

Heike verunsichert meine Bemerkung, dass wir sichtbar all<br />

unseren Besitz im Auto herumkutschieren.<br />

Ich mag das nicht so gerne. Ein leerer Wagen ist definitiv


weniger verführerisch, als einer mit Koffern <strong>und</strong> Taschen. Nun<br />

ja, die Sonne scheint so fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> wir sind NICHT in<br />

Hollywood. Wird schon gut gehen.<br />

Laut Adressenliste weiß die Belegschaft, wenn wir gleich nach<br />

Michael Jacksons Tisch fragen. Wie das so ist, wird einem ja<br />

eigentlich ein freier Platz zugewiesen. Da aber gerade nicht<br />

viel los ist, dürfen wir uns aussuchen wo wir sitzen wollen. Von<br />

Michael Jacksons Tisch weiß die Serviererin jedenfalls nischt.<br />

Gut, wie war das beschrieben – gerade den Gang durch?<br />

Doch welcher Gang ist gemeint, wenn der Eingang in einer<br />

Ecke liegt?<br />

Ich entschiede mich für einen Fensterplatz, denn von Fenster<br />

stand irgendwas in der Adressenliste, die natürlich im Auto<br />

verstaut ist...<br />

Dort am Fenster, bin ich mir sicher, dass dies nicht der richtige<br />

Platz sein kann. Eine weitere Serviererin möchte unserer<br />

Bestellung aufnehmen. Heike 'opfert' sich für den Banana<br />

Cake, den Michael liebte.<br />

Ich wähle eine Lemonade <strong>und</strong> bin so sauer wie eine Lemon.<br />

Ganz SICHER ist dies nicht Michaels Platz. Und auch die<br />

Serviererin schaute bei der Frage danach nur verständnislos.<br />

Jetzt tauscht sie sich mit ihren Kollegen aus, doch ich sehe,<br />

dass niemand Bescheid weiß <strong>und</strong> wir wohl einfach ein wenig<br />

komisch wirken. Heike kommt auf die gute Idee, die<br />

Adressenliste aus dem Auto zu holen.<br />

'MJ seat was in back booth facing the aisle way. Ask the stuff,<br />

they know his exact seat'.<br />

(Nee, die Crew an diesem Tag hat absolut keine Ahnung.)<br />

Also auf zu dieser Nische im genau anderen Teil des Cafés.<br />

Da wir nix zu verlieren haben <strong>und</strong> es uns auch egal ist wie das<br />

so rüber kommen mag, dass wir einfach den Platz wechseln<br />

wollen, folgen wir unserem Herzen <strong>und</strong> nehmen den anderen<br />

Gang.<br />

Die Nischen dort am Ende sind noch frei <strong>und</strong> als wir uns auf


die Sitzbank schieben, WISSEN wir, dass wir richtig sind.<br />

Meine Laune steigt ungemein.<br />

Genüsslich rutschen wir auf dem Polster hin <strong>und</strong> her. Hier hat<br />

Michael gesessen... Einen schönen Anblick bietet die<br />

Einrichtung mit dem dunklen Holz, das die typisch<br />

amerikanischen Sitznischen voneinander trennt. Darüber eine<br />

Reihe üppiger Leuchter, fast wie Kronleuchter bis zum<br />

Ein/Ausgang. Man hat auch einen guten Überblick. Und wenn<br />

eventuell noch ein paar breitschultrige Bodyguar dabei waren,<br />

konnten sie Michael gleichzeitig gut vor allzu neugierigen<br />

Blicken abschirmen.<br />

Zwei Tische weiter ist eine Familie mit Kindern. Ich kann mir<br />

gut vorstellen, wie Michael sich an deren Anblick gefreut hätte.<br />

Dann wird serviert.<br />

Der Banana Cake ist riesig, mit viel frischer Sahne, <strong>und</strong> Heike<br />

die durch ihr Kranksein kaum Appetit hat, stellt sich tapfer der<br />

Herausforderung :)<br />

Wir kosten jedenfalls unsere Zeit dort auf SEINEM Platz in<br />

verschiedener Hinsicht ausgiebig aus. Die Treppe hoch zu den<br />

Toiletten, nehmen wir auch noch. Erstens haben wir eine lange<br />

Fahrt vor uns, <strong>und</strong> zweitens könnte Michael ja auch mal<br />

gemusst haben <strong>und</strong> diese Treppe leichtfüßiger als wir, hinauf<br />

gegangen sein. Wie schon im Chakra, verkneife ich mir brav<br />

'versehentlich' das Männerklo aufzusuchen. Ja, ich gebe zu,<br />

viel hat nicht gefehlt... Irgendwie verlassen einen fast die<br />

Skrupel, wenn man schon eigenmächtig den Platz gewechselt<br />

hat. Da kann man auch noch negativ auffallen, weil man das<br />

Klo 'vertauscht'. Ja ja, Michael Jackson Fans sind ein<br />

durchgeknallter Haufen.<br />

Dann geht es zurück auf die Autobahn.<br />

Auch wenn Calabasas mit Michaels Kids zusammen hängt,<br />

will ich nicht abfahren.<br />

Irgendwie interessiert mich die ohnehin abgeriegelte


Wohngegend, die zuerst nur als Übergang während der<br />

Renovierungsarbeiten in Hayvenhurst gedacht gewesen sein<br />

soll, nicht. Das neue Heim hat nichts mit Michael zu tun. Er hat<br />

den Ort nie gesehen. Es wurde gewählt, weil in dem Haus, das<br />

er nach seinem Geschmack hat umbauen lassen, zu sehr an ihn<br />

erinnert...<br />

Außerdem ist das Tagesziel mit keiner Adresse der Welt zu<br />

toppen.<br />

In ein paar St<strong>und</strong>en werden wir am Tor von NEVERLAND<br />

stehen!!!!<br />

Das Ziel meines jahrelangen Traums.<br />

Zuvor sind jedoch ein paar Meilen zurückzulegen.<br />

Die vielen Meilen im Stau <strong>und</strong> die Fahrten durch die Hollwood<br />

Hills haben mich Zutrauen in meine Fahrkünste bekommen<br />

lassen. Und kaum zu glauben, aber irgendwie auch<br />

angemessen, Heike kramt nun zum ERSTEN Mal eine CD<br />

hervor. Wir sind bisher – glaubt es oder nicht – die ganze Zeit<br />

OHNE Michael MUSIK gefahren. Meine Kapazitäten reichten<br />

nur für den Verkehr UND die sehr wichtige Kommunikation<br />

diesbezüglich, mit meiner allerbesten Beifahrerin. Multitasking<br />

ist vllt das erste Opfer beim Älterwerden :)<br />

Klar, nun drehen wir die Anlage auf. Die Fahrt nach <strong>Neverland</strong><br />

wird michaelig as possible <strong>und</strong> beginnt mit den Jackson5.<br />

Uh-huh huh huhhh<br />

Let me tell ya now<br />

Uh-huh<br />

(Mmhhmmm)<br />

When I had you to myself, I didn't want you aro<strong>und</strong><br />

Those pretty faces always made you stand out in a crowd


Schöne Musik <strong>und</strong> schöne Strecke.<br />

Wirklich. Das San Fernando <strong>Valley</strong> wird erst jetzt richtig<br />

schön. Malerische Hügel. Oben auf, wie Kronen, hier <strong>und</strong> dort<br />

Villen, sonst blanke Natur.<br />

Danach wird es flach <strong>und</strong> zieht sich das Ventura Becken, bis<br />

endlich der blaue Pazifik erreicht ist.<br />

Ein tolles Blau, weil auch der Himmel so unglaublich toll blau<br />

ist.<br />

Der Verkehr fließt zügig dahin. Wir rollen Meile um Meile dem<br />

entgegen, weswegen ich überhaupt in ein Flugzeug gestiegen<br />

bin.<br />

Nach den erlebten Gefühlen vor den verschlossenen Toren in<br />

LA bin ich gespannt, wie es sein wird...<br />

Aber irgendwie bin ich auch nicht gespannt.<br />

Es WIRD schön werden.<br />

Allein die Stadt hinter uns zu lassen, fühlt sich gut an. Ich bin<br />

einfach kein Stadtmensch.<br />

Ventura- ist so lala. Da kann man ruhig durchrauschen. Alles ist<br />

flach <strong>und</strong> die Bebauung bietet dem Auge nichts worauf es<br />

lange ruhen mag.<br />

Aber dann wird es wieder schön.<br />

Ich dachte eigentlich ich merke mir den Song der erklang als<br />

wir parallel zum Meer den one-o-one (Highway 101) entlang<br />

'fliegen'. Wir fliegen natürlich nicht. Doch die<br />

Geschwindigkeitsbegrenzung kann uns nicht daran hindern,<br />

uns zu fühlen als flögen wir.<br />

Weiße Schaumkronen schieben sich unaufhörlich herein. Eine<br />

Landzunge reicht weit ins Meer <strong>und</strong> an ihrer Spitze strecken<br />

sich die typisch langen Palmen in den Himmel. Als die Frau am<br />

Steuer kann ich leider nicht in dieser schönen Aussicht<br />

schwelgen. Doch was ich sehe, ist schön, schön, schön. Wir<br />

sind umgeben von Schönheit, da wird auch die graue Fahrbahn<br />

zu was Besonderem.<br />

<strong>Santa</strong> Barbara (das was wir davon mitbekommen) gefällt mir.


Wobei ich auch dort NICHT in einem der Häuschen direkt am<br />

Free Way wohnen möchte. Davon ab, dass ich es ganz sicher<br />

nicht könnte, weil auch die nicht mal ohne Weiteres<br />

erschwinglich sein werden. Diese Gegend sieht einfach nicht<br />

günstig aus, dazu ist sie zu schön. (Ich denke es ist an der Zeit<br />

zu warnen, dass die Beschreibung 'schön' von nun an oft zu<br />

lesen sein wird :)<br />

Es braucht eine Weile dieses Stadt zu passieren, dann geht es<br />

rechts hoch in die Berge. Heike hatte das ja angekündigt. Aber<br />

es geht wirklich steil hoch. Unser kleiner silberner Toyota<br />

Yarvis muss auf einmal 'ne Menge leisten. Es geht wirklich<br />

stetig bergan. Zum Teil starke Kurven <strong>und</strong> steile Hänge.<br />

Ihr erinnert euch, da war etwas mit schlimmen Regenfällen <strong>und</strong><br />

Erdrutschen in den Nachrichten. Heike meinte, wenn in dieser<br />

Gegend was gerutscht sein sollte, dann würden wir nun dort<br />

vorbei kommen. Ja, hier könnte bei genügend Niederschlag<br />

einiges ins Rutschen gekommen sein... Doch die Straße ist frei<br />

<strong>und</strong> das Wetter herrlich.<br />

Und mit Michael im Ohr, macht die Fahrt wirklich ungemein<br />

Spaß.<br />

Zusammen mit der zunehmenden geografischen Höhe, stellt<br />

sich auch ein innerliches Hochgefühl ein. - Diese Strecke ist<br />

Michael auch einige Male gefahren (worden).<br />

Jeder Meter ist so besonders, weil ich weiß, Michael hat hier<br />

seinen Blick über die Natur schweifen lassen. Verrückt, aber es<br />

ist für mich michaeliger als an den Toren gestanden zu haben,<br />

die er ja auch regelmäßig durchfahren hat. So ein Tor kann es<br />

auf meiner Gefühlsebene eben nicht mit der grandiosen Natur<br />

dieser Gegend aufnehmen.<br />

Die Strecke ist gut ausgebaut <strong>und</strong> der Straßenbelag wesentlich<br />

besser als im Moloch LA. (Sollten meine negativen<br />

Bemerkungen vermuten lassen, ich mag Los Angeles nicht,<br />

stimmt das so nicht. Ich bin nur einfach eher ein Naturmädel.)<br />

'Speechless' erklingt. Und die Aussicht macht wirklich


sprachlos. Dann das schöne Gedicht, gesprochen von Michael.<br />

Ist er etwa nicht nur Interpret sondern auch unser DJ?<br />

Oft bin ich diese Gegend mit Google Earth abgeflogen. Doch<br />

Google hin oder her. Nichts hat mich auf das vorbereitet, was<br />

mir der kleine Toyota ermöglicht.<br />

Planet Earth my home my place<br />

like a capricious anomaly in the sea of space<br />

Your riotous color, your fragrance, your taste<br />

Have thrilled my senses beyond all haste<br />

In your beauty, I've known the how...<br />

Of timeless bliss, this moment of now.<br />

Mit diesem Gedicht erreichen wie den Lake Cachuma.<br />

Jedenfalls behauptet Heike das :)<br />

Auf meiner linken Seite sehe ich nichts, <strong>und</strong> auch Heike muss<br />

aus dem Beifahrerfenster nach jedem kleinen blauen Blitzen<br />

Ausschau halten. Aber es ist ein Aussichtspunkt ausgeschildert.<br />

Wir fahren bis zum Ende durch <strong>und</strong> steigen aus. Ein paar<br />

Schritte, dann können wir auf die Staumauer sehen. Der<br />

Wasserspiegel ist so niedrig, dass man das Wasser mit<br />

Schläuchen hinaus in das Bachbett pumpen muss. Dass<br />

Kalifornien ein massives Wasserproblem hat wissen wir ja<br />

mittlerweile alle; es so krass zu sehen, ist noch mal anders.<br />

Trotz dieses dramatischen Hintergr<strong>und</strong>wissens, ist die Stille in<br />

der der See ruht einfach nur schön. Nachdem das einzige Auto<br />

außer unserem abgefahren ist, sind wir allein. Ich versuche<br />

einen R<strong>und</strong>umfilm mit dem Handy zu machen. Was nicht leicht<br />

ist, weil das Display von der Helligkeit geblendet ist <strong>und</strong> man<br />

ins Nichts filmt. (Es wird nicht die einzige Aufnahme sein, von<br />

deren gelungenem Ergebnis ich erst zurück daheim überrascht<br />

werde.) Wir fahren ein Stück zurück.<br />

Hier ist nichts von der künstlichen Staumauer zu sehen, nur das


Blau des Sees, eingebettet in die Hügel. Die Stille ist herrlich<br />

<strong>und</strong> der Boden zu unseren Füßen steinig <strong>und</strong> trocken.<br />

Hier könnte Michael gestanden haben, denn dies ist definitiv<br />

ein Ort für ein Dankgebet an Gott oder das Universum, so wie<br />

es Gloria Roads Berlin in ihrem Büchlein beschrieben hat.<br />

Ich richte meinen Blick auf den Boden, hoffend ein Steinchen<br />

zu finden, das mich an diesen Moment erinnern wird.<br />

Tatsächlich finde ich einen kleinen rötlichen Stein in Herzform.<br />

Und kaum zu glauben, aber zwischen die trockenen Büsche hat<br />

sich sogar eine Motte verirrt!<br />

Was tut sie hier? Ich frage mich ob sie eine Chance bis ans<br />

Wasser zu kommen oder hier im spärlichen Schatten<br />

vertrockneter Büsche verdursten wird.<br />

Zurück im Auto gibt Heike mir eine Wasserflasche die wir<br />

schon ewig herumfahren. Ich versuche die Motte<br />

wiederzufinden. Leider gelingt mir das nicht. So fülle ich eine<br />

kleine Bodenmulde mit dem Wasser. Wenn sie noch dort ist,<br />

wird sie es hoffentlich wittern.<br />

Dann geht es weiter. Plötzlich tauchen Schilder auf deren<br />

Namen mir das Herz hüpfen lassen. Los Olivos, <strong>Santa</strong> Ynes!<br />

An einem Kreisel im Nichts, biegen wir links ab, lassen <strong>Santa</strong><br />

<strong>Ynez</strong> aber rechts liegen. Unser erstes Ziel ist ein anderes –<br />

Solvang.<br />

Es geht vorbei an einem Gebäudekomplex der ein Casino<br />

werden soll. Heike findet diese Entwicklung nicht schön,<br />

erzählt aber auch den Hintergr<strong>und</strong>. Man habe den Indianern –<br />

Natives – Land zurückgegeben <strong>und</strong> die Erlaubnis dort Geld mit<br />

einem Casino zu erwirtschaften. Wir finden diesen unschönen<br />

Eingriff in die Natur zwar nicht schön <strong>und</strong> den Gedanken damit<br />

Touris anzulocken, denen die Natur wohl eher nur als<br />

Randerscheinung ins Auge fallen wird, fürchterlich; doch die<br />

Ureinwohner haben bis heute definitiv mehr an fürchterlichen<br />

Veränderungen zu beklagen.<br />

Die Genehmigung für eine Casino dürfte ihnen gutes Geld


einbringen, das dennoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein<br />

irgendeiner Wiedergutmachung sein kann.<br />

Dann sind wir angekommen.<br />

„Vor der Ampel dort, rechts in die Einfahrt“, sagt Heike.<br />

In einer grünen Windmühle ist die Anmeldung. Unser Zimmer<br />

liegt ebenerdig, zwei Mal links um die Ecke. Vom Parkplatz bis<br />

zum Bett sind es nur wenige Schritte.<br />

Hier haben wir den Luxus uns in zwei queen size Betten breit<br />

machen zu dürfen. Eine Küche gibt es nicht, nur einen<br />

winzigen Kühlschrank in dem ich versuche Mandelmilch,<br />

Hummus <strong>und</strong> Frischkäse unterzubringen.<br />

Laut Heike gibt es hier den seltenen Luxus eines Frühstücks -<br />

Kaffee <strong>und</strong> Bagel - was nicht selbstverständlich in Amerika ist.<br />

Dazu haben wir am Ortseingang einen Bioladen passiert. Was<br />

will man mehr?<br />

Als erstes wird das Michael Poster aufgehängt, das mir meine<br />

Schwippschwägerin geschenkt hat <strong>und</strong> das schon im Hills<br />

Apartment aufgehängt war. :)<br />

Schon ist es wohnlich.<br />

Dann machen wir eine erste Erk<strong>und</strong>ungstour. Ich w<strong>und</strong>ere<br />

mich nicht schlecht über üppig blühende Hecken. Die große<br />

Trockenheit vermutet man somit nicht.<br />

Gleich auf der anderen Seite des Mission Drive beginnt Down<br />

Town Solvang. Dieser Ort ist ein Dorf das versucht dänische<br />

Lebenskultur zu transportieren-Doch dieser Ort hat was. Ich,<br />

eine von Harz-Touristen Geschädigte, finde ihn tatsächlich auf<br />

Anhieb liebenswert. Die 'dänischen' Häuschen sind so winzig<br />

<strong>und</strong> die Verkaufsräume so herrlich unamerikanisch.<br />

Krimskrams <strong>und</strong> Weihnachtskitsch in Hülle <strong>und</strong> Fülle (wobei<br />

gerade alles für Halloween geschmückt ist). Dazu<br />

Kunsthandwerk aller Art. Und sehr höfliche Verkäuferinnen.<br />

Das ist zwar typisch amerikanisch <strong>und</strong> wird von einigen als<br />

oberflächliche <strong>und</strong> berechnende Fre<strong>und</strong>lichkeit abgetan, ich<br />

empfinde es aber nicht so. Jedenfalls wirkt nicht nur diese Frau


im ersten Geschäft interessiert an unserer Reise.<br />

In einem weiteren Laden wirkt die Kassiererin dagegen recht<br />

vertraut - gestresst <strong>und</strong> wortkarg :)<br />

Als ich mich entscheide einen weiteren Schmetterling zu<br />

kaufen <strong>und</strong> mir dabei ein deutscher Cent unter die<br />

amerikanischen Pennies rutscht, schenke ich in ihr, mit dem<br />

Hinweis, dass er Glück bringen soll. Darüber freut sie sich<br />

jedenfalls sehr amerikanisch :)<br />

Bei allem was dieser Ort für Touristen bereit hält sollte sich<br />

nicht täuschen lassen, zwischen dänischen Bäckereien <strong>und</strong><br />

Spielzeugläden voller Mermaids ala Christian Andersens<br />

'Kleine Meerjungfrau', gibt es Galerien, Antiquitäten <strong>und</strong><br />

Juweliergeschäfte <strong>und</strong> - Kartenleserinnen.<br />

Jetzt steht erst mal was Großartiges an.<br />

Wir steigen ins Auto.<br />

Navi ist unnötig – Heike ist hier zuhause :)<br />

Das tolle Abendlicht <strong>und</strong> den Sonnenuntergang werden wir am<br />

Tor von <strong>Neverland</strong> erleben!<br />

Es an der Ampelkreuzung mit der Tankstelle links raus aus<br />

Solvang. Es folgen ein paar dieser stoppen-Vorfahrt-hat-werzuerst-angehalten-hat-Kreuzungen,<br />

vorbei an weiß<br />

gestrichenen Ranchzäunen <strong>und</strong> Feldern wo man sich einen<br />

orangenen Kürbis aussuchen kann. (Eigentlich schade, dass wir<br />

das nicht getan haben.) Eingebettet in sanfte Hügel, Bäume <strong>und</strong><br />

Büsche, sehr hübsch anzusehen. Nach ein paar Meilen, sagt<br />

Heike an der nächsten stoppen-Vorfahrt-hat-wer-zuerstangehalten-hat-Kreuzung<br />

rechts abbiegen <strong>und</strong> nach wenigen<br />

Metern erneut die Vorfahrt gewähren <strong>und</strong> dann links fahren.<br />

Tja, ab nun geht’s nur noch geradeaus. Man merkt es kaum,<br />

schon befinden wir uns in Los Olivos.<br />

Los Olivos.<br />

L O S O L I V O S.


Die Mitte dieses Örtchens wird durch eine Kreuzung mit<br />

Fahnenmast im Zentrum gebildet. Das Star Spangled Banner<br />

das täglich gehisst wird, wurde damals an dem schrecklichen<br />

Tag im Juni 2009 auf Halbmast gesetzt...<br />

Zur Größe von Los Olivos: Wenn man am Steuer sitzt, muss<br />

man sich beeilen den Kopf nach rechts <strong>und</strong> links zu wenden,<br />

damit man den Ort nicht verpasst :)<br />

Und auch wenn dieser letzte Ort von <strong>Neverland</strong> seit Jahren<br />

durch meinen Kopf geistert, kann er warten.<br />

Wir wollen weiter.<br />

Auf der anderen Seite der154 – dort beginnt die Figueroa<br />

Mountain Road.<br />

Ich würde ja fast behaupten, ich habe den Atem angehalten,<br />

aber das geht auf so viele Meilen nicht. Leider erinnere ich<br />

mich auch nicht welche Songs liefen. Ich meine ja unsere CD<br />

war wieder bei Speechless angelangt. Wenn nicht, wäre es aber<br />

absolut passend gewesen.)<br />

Der Song der gerade läuft, ist die perfekte Untermalung. Ich<br />

öffne das Fenster ein wenig, mag die Luft spüren. Versuche<br />

ALLES ganz bewusst wahrzunehmen.<br />

ICH BIN HIER!<br />

ICH FAHRE DIE FIGUEROA MOUNTAIN ROAD<br />

ENTLANG.<br />

NICHTS KANN DAZWISCHEN KOMMEN.<br />

NICHTS MICH DARAN HINDERN.<br />

Ich bin hier – <strong>und</strong> gleich stehe ich am Tor von NEVERLAND.<br />

Einem weiteren Tor..<br />

Mir kommt aber weder ein Jubel, noch ein Gestammel über die<br />

Lippen, auch kein ungläubiges Flüstern. Michael Musik ist<br />

Untermalung genug.<br />

Und die liebe Heike ist auch so lieb diesen Moment nicht<br />

unnötig zu kommentieren. (Danke dafür).<br />

Die ganze Straße mit ihren Kurven <strong>und</strong> Graden <strong>und</strong>


wechselnden Aussichten, die Flicken der Risse im Asphalt, all<br />

das rauscht vorbei, während ich versuche alles in mich<br />

aufzunehmen <strong>und</strong> gleichzeitig meine Fahrspur einzuhalten.<br />

Und dann, als nach einer (der letzten) langgezogenen Kurve ein<br />

Stück Zaun auftaucht, breche ich das Schweigen <strong>und</strong> sage<br />

irgendwas wie: „Dort beginnt <strong>Neverland</strong>“, oder „Der<br />

<strong>Neverland</strong>zaun!“<br />

Hach, was ein Gefühl. Ein Hochgefühl.<br />

So wie das eben ist, wenn man sich an dem richtigsten Ort der<br />

Welt befindet <strong>und</strong> der Augenblick damit einfach perfekt ist.<br />

Vielleicht stelle ich die Frage wo ich parken darf/soll, ich weiß<br />

es nicht, jedenfalls parke ich im Schatten hinter der großen<br />

Eiche <strong>und</strong> stoppe vom von der Sonne ausgeblichenem<br />

Holzzaun.<br />

Heike steigt aus während ich Michael noch den Song zu ende<br />

singen lassen muss.<br />

Dann verlasse ich auch das Auto, drücke die Tür zu <strong>und</strong> bleibe<br />

auf dem Fleck stehen.<br />

Der Blick auf das Security-Häuschen das in völliger Stille dort<br />

liegt, will genossen werden. Tatsächlich ist es ganz still. Heikes<br />

Schritte verursachen gerade die einzigen Geräusche.<br />

Kein Auto. Keine Menschen außer uns.<br />

Ich drehe mich einmal um mich selbst. Ganz langsam nehme<br />

ich den R<strong>und</strong>umblick in mich auf, während Heike ihren<br />

Augenblick am Tor hat.<br />

Dann drehe ich mich ein zweites Mal, diesmal mit der<br />

Handykamera. Mache ein erstes Foto.<br />

Irgendwie möchte ich diesen Moment nie mehr vergessen. Es<br />

wird sich wohl eine Mischung finden lassen, zwischen<br />

wahrnehmen <strong>und</strong> mit dem Handy aufnehmen.<br />

Nun mache ich erste Schritte. Die kleinen Steinchen unter den<br />

Sohlen machen Geräusche, wie Steinchen das so tun. Ich gehe<br />

auf den Stamm der mächtigen Eiche zu.<br />

Die Rinde wirkt silbern, nicht dunkel wie bei deutschen


Eichen. Sie ist tief zerfurcht <strong>und</strong> voller Löcher!<br />

Meine kleine Fingerkuppe passt in so ein Loch hinein.<br />

Welches Tier macht denn bitteschön solche Löcher?<br />

Dann sehe ich eine Eichel in so einem Loch stecken. Dann<br />

noch eine. Und wie das so ist, wenn man den Blick für etwas<br />

geschärft hat, sieht man plötzlich immer mehr davon. Löcher<br />

mit Eicheln drin! Ich ziehe eine heraus. Sie ist wurmstichig.<br />

Da ich nur unversehrte Eicheln sammeln möchte, stecke ich sie<br />

zurück an ihren Ort.<br />

Etwas schwer vor Begriff denke ich, dass vielleicht Fans im<br />

Herbst die Eicheln mit einem Wunsch belegt in die Rinde<br />

stecken. W<strong>und</strong>ere mich aber, nirgends ein Bäumchen aus der<br />

Rinde wachsen zu sehen. Eigentlich müsste da doch<br />

mindestens eine im Frühjahrsregen keimen? Als ich meinen<br />

Kopf in den Nacken lege <strong>und</strong> sehe, dass dieses Phänomen den<br />

gesamten Stamm <strong>und</strong> seine mächtigen Äste betrifft, kann das<br />

nicht von Menschenhand gemacht worden sein.. Und scheint<br />

auch nicht bis zum Frühjahr anzuhalten.... Komisch noch nie<br />

ein Foto mit dieser löchringen Rinde gesehen zu haben. Oder,<br />

dass jemand von den darin steckenden Eicheln erzählt hätte.<br />

Langsam gehe ich halb um diesen Baum, spüre seine raue<br />

Rinde <strong>und</strong> trete an das Mauerende heran, das mit dem anderen<br />

(linken) Ende den rechten Torflügel hält. Und was sehe ich in<br />

den offenen Ritzen zwischen den Steinen?<br />

Eicheln!<br />

Auch hier werden die also deponiert. Ich ziehe eine heraus,<br />

dann noch eine. Wie es scheint, sind diese Eicheln in der<br />

Mauer wurmlochfrei! Eine solche halbgrüne, lochfreie landet<br />

gleich in meiner Hosentasche :)<br />

Oh, es ist definitiv eine gute Zeit für Eicheln!<br />

Als ich meine R<strong>und</strong>e um den Stamm vollende, finde ich das<br />

leicht wehende Ende eines Paketbandes. Jemand hat es an der<br />

groben Rinde befestigt <strong>und</strong> daran... ?!<br />

Drei Herzen aus braunem Karton hängen an diesem Band,


liebevoll verziert <strong>und</strong> mit folgenden Namen: Martina, Karin,<br />

Heike.<br />

Es sind die restlichen Herzen von Julias liebem Sommer-Gruß<br />

an uns!<br />

Wow, ein tolles Willkommen von dem Baum, dessen Kinder<br />

bei mir zuhause in Tontöpfen wachsen.<br />

Und auch hier wie bei den Eicheln, jetzt wo ich die 3 Herzen<br />

gesehen habe, da findet mein Blick auch gleich ein paar unten<br />

im staubigen Sand. Ich sammle sie auf <strong>und</strong> ziehe sie wieder auf<br />

das Band. (W<strong>und</strong>ersamer weise werde ich noch tagelang immer<br />

mal ein weiteres Herz dort am Stamm finden :)<br />

Heike ist vom Tor zurück <strong>und</strong> freut sich erstaunt über ihren<br />

Namen am Baum. Ein, zwei Worte fallen. Wir reden leise,<br />

wollen die Ruhe die immer noch herrscht nicht stören.<br />

Es liegt wirklich ein Zauber in diesen Minuten, die wir nun<br />

schon dort sind.<br />

Ich schaue hinüber zum Tor.<br />

Irgendwie will ich den Moment hinauszögern. Immerhin ist<br />

dieses Tor das Ziel meiner/unserer Reise. Jetzt wo ich dort bin,<br />

mag ich wohl doch noch nicht ankommen :)<br />

Ist nicht so, dass ich mich dafür 'fürchte' wie es sein wird dort<br />

zu stehen (– <strong>und</strong> was dann?), ich bin tatsächlich innerlich ganz<br />

ruhig. Denn hej, ich habe alle Zeit der Welt. Wozu also eilen?<br />

Lieber, lasse ich diese Perspektive vom Baum aus aufs Tor auf<br />

mich wirken.<br />

Die Natursteinmauer wird in unregelmäßigen Stufen vom<br />

äußeren Rand bis zum Tor immer höher. Dann der Schwung<br />

der niedrigen Mauer, die den Platz der Eiche so malerisch<br />

einfasst. Die schöne Lampe, die das äußere Ende dieser<br />

Einfassung abschließt. Wir alle kennen diese schönen Leuchten<br />

von Fotos. Sie sind größer als ich sie mir vorgestellt habe.<br />

Leibhaftig dort zu sein, verändert die Perspektive ungemein.<br />

Plötzlich ist man nah dran. Sieht die Farben der Steine<br />

unverfälscht. Nimmt die Großartigkeit des Tals mit den sich


erhebenden Bergen wahr. Gleichzeitig ist man ganz nah dran<br />

an den Furchen der Rinde, der Maserung der Steine, <strong>und</strong> hat<br />

diese Weite des Tals <strong>und</strong> des Himmels um sich.<br />

Die Luft in den Lungen...<br />

An den schmiedeeisernen Verzierungen der Lampe haben Fans<br />

zwei Schlösser angebracht. Sie sind mit persönlichen Worten<br />

an Michael graviert. Jemand anderes hat einen länglichen<br />

Anhänger mit roten Schmucksteinen dort befestigt. Ein paar<br />

verwelkte Blumen, erzählen, dass die Grüße nicht sofort<br />

weggeräumt werden, sogar verwittern dürfen. Und es liegen<br />

viele beschriebene Steinchen dort.<br />

Heike ist verblüfft <strong>und</strong> natürlich erfreut ihren eigenen vom<br />

letzten Jahr wiederzufinden!<br />

Mir hat es ein etwas größerer, weißer angetan. Die<br />

Beschriftung ist noch klar lesbar, als läge er noch nicht lange<br />

dort.<br />

'You are the Light of the World – I love you my Soul – Siren'<br />

Ich lese Sirens Blog so gerne <strong>und</strong> finde es total schön diese<br />

Worte von ihr vorzufinden. Denn sie sprechen auch mir aus der<br />

Seele.<br />

Immer noch alle Antennen ausgefahren <strong>und</strong> jeden Schritt<br />

bewusst setzend, gehe ich nun über ein Stück Rasen auf DAS<br />

Tor zu. Durch die Stäbe hindurch sehe ich ein Golfcart auf<br />

mich zufahren. Am Steuer ein Mann <strong>und</strong> neben sich auf dem<br />

Beifahrersitz ein H<strong>und</strong>!<br />

Dieses Pärchen lässt mich lächeln. Und dann ruft mir der Mann<br />

etwas zu.<br />

Er liest den Spruch vor, der in schwarzen Buchstaben auf<br />

meinem roten Shirt steht.<br />

'Wish It -<br />

Dream it –<br />

Believe you can do it'


„Do you know, what that means?“ Diese Frage ruft er mit zu,<br />

während er vom Fahrzeug steigt <strong>und</strong> auf das Tor zukommt.<br />

„Yeah, that's why I am here“, antworte ich lachend. Er sagt das<br />

sei genau sein Lebensmotto <strong>und</strong> fragt ob er ein Foto von dem<br />

Spruch machen dürfe.<br />

Ich finde es sehr amüsant, dass ich von innen durch das Tor<br />

fotografiert werde, ist es doch in der Regel umgekehrt – wir<br />

alle fotografieren durch das Tor hinein.<br />

Mir gefällt dieser 'verkehrte' Ablauf.<br />

Es muss wohl an meinem Akzent liegen, dass die nächste Frage<br />

ist, ob ich aus Germany sei :)))<br />

Er habe mal in der Nähe von München gelebt. Seine Mutter sei<br />

aus Kroatien (?). Deutschland habe das beste Bier. Dass ich<br />

behaupte, aktuell käme das beste Bier der Welt tatsächlich aus<br />

den USA, will er nicht glauben. Er stellt sich vor:. „Miro.“<br />

Ich sage meinen Namen, frage ob er der Gärtner sei.<br />

Er scheint etwas empört. „No. Security.“<br />

Ich stammle irgendwas in denglish. „Sorry, you don't look wie<br />

ein Securtiy in your green Kleidung.“<br />

Er sagt er sei vom Militär (ursprünglich). Es wäre r<strong>und</strong> um die<br />

Uhr jemand hier. Er habe hier Dienst für die nächsten 25 Jahre.<br />

Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass er mich<br />

abcheckt <strong>und</strong> gleichzeitig mit wenigen Worten vermitteln will,<br />

dass es keinen Sinn macht, über den Zaun klettern zu wollen.<br />

Und richtig er sagt, das Problem seien nicht die Fans, die<br />

kämen nicht weit, sondern die Wilderer die den Zaun<br />

überwinden um Tiere zu schießen. Es gäbe neben Rehen auch<br />

Bären <strong>und</strong> Puma. Außerdem müsse man immer nach Bränden<br />

Ausschau halten. Wenn er meine Frage <strong>und</strong> ich seine Antwort<br />

richtig verstanden habe, gibt es immer noch eine Feuerwehr auf<br />

der Ranch.<br />

Das sind ne Menge Infos in wenigen Sätzen.<br />

Ich sage, das klinge für mich nach dem besten Job der Welt.<br />

Er lächelt, bestätigt das <strong>und</strong> schwärmt wie herrlich es sei, die


wilden Tiere in freier Natur beobachten zu können. Heike<br />

kommt dazu. Miro zeigt auf den Berg hinter sich (Mount<br />

Katherine) <strong>und</strong> erklärt, die Ranch sei so weitläufig, dass der<br />

Berg noch zu <strong>Neverland</strong> gehört. (Er ahnt wohl nicht, was wir<br />

alles wissen :) Ich dachte irgendwie essei bekannt, dass wir<br />

verrückten Fans ALLES wissen. Doch ich werde noch<br />

miterleben, dass das nicht der Fall ist).<br />

Er verschwindet dann ins Häuschen. Vielleicht muss er ja von<br />

den 'Vorkommnissen' am Tor in ein Buch schreiben.<br />

'5.15 pm – 2 german woman arrive at the door. I had contact.<br />

They seem ok. But maybe they have the potential to climb over<br />

the fence.'<br />

Wir zwei setzen uns auf die niedrige Mauer die links das Beet<br />

einfasst. Heike sagt, sie findet es schön, dass Miro von<br />

'<strong>Neverland</strong>' gesprochen hat, nicht von der Sycamore <strong>Valley</strong><br />

Ranch.<br />

Wir sind beide ganz angetan von dieser Tatsache <strong>und</strong><br />

unterhalten uns flüsternd über dieses Willkommen <strong>und</strong> das<br />

'Geschenk' tatsächlich hier sein zu.<br />

Die Stille der ersten Minuten ist damit zwar durchbrochen,<br />

doch das ein oder andere Auto ist auch schon vorbeigefahren<br />

(was auf dem groben Straßenbelag noch lauter ist als normal,<br />

<strong>und</strong> den Wechsel zwischen Stille <strong>und</strong> Autogeräusch noch<br />

extremer macht) – <strong>und</strong> wir versuchen sie weitgehend zu<br />

erhalten, indem wir weiter mit gesenkter Stimme sprechen.<br />

Ganz selbstverständlich scheint uns das wohl die angemessen<br />

Lautstärke für diesen Ort zu sein.<br />

Ich bin mir gerade nicht sicher, doch ich meine nicht lange <strong>und</strong><br />

ein Auto fährt vorbei, wendet <strong>und</strong> hält dann. Das Seitenfenster<br />

wird herunter gekurbelt <strong>und</strong> eine Frage an uns gerichtet. Ich<br />

gehe hin <strong>und</strong> werde Zeuge solcher Besucher, die gar nichts<br />

wissen :)<br />

„Ja, dies ist die Einfahrt zur Ranch von Michael Jackson.“


Im Laufe der Tage werden noch einige vorbeikommen, die<br />

diese Frage aus dem Auto stellen, kurz gucken <strong>und</strong><br />

weiterfahren. Nicht wenige wollen wissen, zu welchen<br />

'Öffnungszeiten' man zum Wohnhaus rein könne.<br />

So komisch diese mal anhalten:fragen-kurz guckenweiterfahren-Geschichte<br />

für uns auch ist, so angenehm<br />

empfinden wir es doch alleine zurückbleiben zu dürfen.<br />

Die Stille wird noch kostbarer, <strong>und</strong> das Gefühl bleiben zu<br />

können, noch herrlicher.<br />

Irgendwann geht auch das Tor zum ersten Mal auf.<br />

In dem Wissen noch ein paar Tage hier verbringen zu können,<br />

ist da glücklicherweise nicht der Druck SOFORT aufspringen<br />

zu müssen <strong>und</strong> ein Foto von dem offen Tor zu schießen. (Klar,<br />

tue ich das noch, aber eben nicht so im Paparazzi-Style :)<br />

Da dieser Tag sich schon dem Ende zu neigt, bekommen wir ja<br />

seit Ankunft dieses fantastische Licht geboten, das die Schatten<br />

länger macht <strong>und</strong> die fedrigen Dolden der Ziergräser die<br />

überall gepflanzt sind w<strong>und</strong>erschön aufleuchten lässt.<br />

Und nun mein erster Sonnenuntergang.<br />

Es gibt gerade nichts Wichtigeres als dem Himmel dabei<br />

zuzuschauen, wie er seine Farbe ändert.<br />

Wir machen ein paar Fotos, freuen uns, dass die Sonne die<br />

Steine auf denen wir sitzen für den Abend aufgewärmt hat. Der<br />

Mond ist kurz davor voll zu sein <strong>und</strong> ist dementsprechend<br />

schon ein Stück den Himmel hinaufgeklettert. Malerisch schaut<br />

er durch die Äste der Eiche. Dann lassen wir uns vom Abend<br />

einhüllen <strong>und</strong> entdecken erfreut den ersten Stern. Und dann den<br />

zweiten <strong>und</strong> dritten. Dann werden die Laternen angestellt <strong>und</strong><br />

tauchen den Ort in neuen Zauber.<br />

Auch wenn man die Infrarotkameras an der Eiche <strong>und</strong> im Beet<br />

sehen kann <strong>und</strong> weiß, dass man beobachtet wird, ich fühle<br />

mich dort wirklich willkommen.<br />

Dieses Tor hat nichts mit dem im Carollwood Drive oder


Hayvenhurst gemeinsam. Hier fühle ich mich weder wie ein<br />

ungebetener Stalker noch ausgesperrt – FEELS LIKE HOME.<br />

Doch ist die Sonne erst mal weg, wird es auch zunehmend<br />

kühl. Es ist immerhin die letzte Oktoberwoche. Ich würde da<br />

zwar auch bis zum Zähneklappern ausharren, doch Heike hat ja<br />

schon ihre Kehlkopfentzündung <strong>und</strong> macht alles tapfer ohne<br />

einen Piep mit.<br />

Es heißt also vernünftig sein <strong>und</strong> den Rückweg antreten.<br />

Das ist auch gar nicht schlimm wenn man weiß, man wird noch<br />

einige Male hier her zurück kehren.<br />

Die unbeleuchtete Straße im Kegel der Scheinwerfer<br />

zurückzufahren, habe ich mir für meine Geschichten zwar<br />

schon unzählige Male ausgemalt, es dann wirklich tun zu<br />

können, ist was anderes. Nicht nur weil ich auch diese Fahrt<br />

genießen möchte fahre ich langsam, sondern weil mir bewusst<br />

ist, dass irgendwelche Tiere (Puma) am Straßenrand auftauchen<br />

könnten.<br />

Aber Vorsicht hin oder her. Ich habe auch kurz das Gefühl<br />

nachschauen zu müssen, ob ich mein Handy nicht liegen<br />

gelassen habe. Ein Griff nach hinten zur Tasche, Heike die<br />

fragt ob sie mir helfen kann, da steht am Straßenrand ein<br />

kapitaler Hirsch! Das geht so schnell, <strong>und</strong> das gute Tier springt<br />

aus dem Stand über den Zaun, dass Heike mir nicht glauben<br />

will, dass da irgendwas war. Und ich muss selbst erst mal<br />

verarbeiten was ich da gesehen habe. Hirsch vermute ich mal,<br />

weil das Tier für ein Reh zu groß war. Allerdings war da wenn<br />

überhaupt, nur ein kleines Geweih. Heike zieht mich ein wenig<br />

auf, dass ich wohl Gespenster sehen würde.<br />

Aber ich habe gesehen, was ich gesehen habe :)<br />

Der Rückweg, so ganz ohne Lichter, Reklame <strong>und</strong> was wir aus<br />

LA gewohnt sind, ist schön..<br />

In Los Olivos kommen die nun einladend hübsch beläuchteten


Häuschen an der Hauptstraße gut zur Geltung - die<br />

Vineries/Vineyards, auf deutsch 'Weinstuben'. In diesem<br />

kleinen Ort gibt es irgendwie 'bedenklich' viele davon. So eine<br />

Kneipendichte in einem so kleinen Ort kenne ich als<br />

Norddeutsche aus keinem Dorf.<br />

Man hat also in Los Olivos viel Gelegenheiten gemütlich zu<br />

sitzen <strong>und</strong> Snacks zu den edlen Tropfen der Gegend serviert zu<br />

bekommen. Wir halten aber nicht an. Null-Promille-Grenze<br />

<strong>und</strong> das Verbot Alkohol vom Einkauf bis nachhause außerhalb<br />

des Kofferraumes zu transportieren, lässt mich jedenfalls nicht<br />

mal mit dem Gedanken spielen dort einzukehren.<br />

Und sowieso, wir wissen von keiner Vinerie in der Michael<br />

abgehangen haben soll :) Sollte es da mal eine sicher Quelle<br />

geben, werden wir natürlich auch so eine Weinstube unsicher<br />

machen :)<br />

Für heute gilt, wir haben noch eine angebrochene Flasche Wein<br />

aus LA in unserem Zimmer <strong>und</strong> die 'doggy bags' (Restessen)<br />

aus dem Chakra.<br />

Und morgen – morgen haben wir den ersten GANZEN Tag für<br />

<strong>Neverland</strong> <strong>und</strong> was das hübsche <strong>Valley</strong> sonst noch bietet. Ich<br />

spiele mit dem Gedanken zum Sonnenaufgang beim Tor zu<br />

sein... Der Vorteil so spät im Jahr vor Ort zu sein, ist, der<br />

Sonnenaufgang beginnt nicht schon um halb vier :)<br />

Hach – das Leben ist schön.

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