gfwmTHEMEN11_Sep2016
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eine Fachpublikation der Gesellschaft für Wissensmanagement e.V.<br />
U. Schmidt, S. Floeth: Verschwendungsfaktoren in der Wissensarbeit Ausgabe 11 – September 2016<br />
Eigennutz<br />
Definition: Aktives Verbergen wissensrelevanter Ressourcen<br />
zur Erlangung eines individuellen Vorteils.<br />
Zu den ausdrücklichen Zielen, die nahezu jede Geschäftsleitung<br />
in Verbindung mit Wissensmanagement vorgibt, gehört<br />
es, das in der Gesamtheit der Organisation vorhandene Wissen<br />
zu kumulieren und es möglichst effektiv zugänglich zu<br />
machen. In der Realität stellt sich dieser Anspruch jedoch als<br />
äußerst ambitioniert dar. Neben den rein organisatorischen<br />
Herausforderungen der Erfassung und Vernetzung des vorhandenen<br />
Wissens setzt dessen Übermittlung – aufgrund seiner<br />
immateriellen Natur – immer die Bereitschaft und den Einsatz<br />
des Wissensträgers voraus. Sollte dieser sich jedoch einen<br />
persönlichen Vorteil durch die Exklusivität seines Wissens<br />
versprechen und keine Motivation zur Weitergabe verspüren,<br />
kann er vom Teilen seines Wissens absehen – ohne dass dieses<br />
„Zurückhalten“ in der Regel bemerkt wird. Charakterisieren<br />
lässt sich die Verschwendungsart des Eigennutzes also<br />
insbesondere durch egoistisches, den Unternehmenszielen<br />
zuwiderlaufendes Verhalten. In der Praxis geht die Durchsetzung<br />
eigener Interessen zu Lasten Dritter oft mit Mut- und Böswilligkeit<br />
einher.<br />
Natürlich widerspricht ein solches von Eigeninteresse geleitetes<br />
Handeln dem Leitbild einer dem Gesamterfolg verpflichteten<br />
Organisation. So kann Eigennützigkeit beispielsweise die<br />
Erzielung von Skaleneffekten torpedieren, die als eines der<br />
Hauptargumente für Unternehmenswachstum gelten. Ihre<br />
Folgen reichen von Doppelarbeit über den Verlust wissensrelevanter<br />
Ressourcen bzw. die Unwissenheit über diese Ressourcen<br />
bis hin zu suboptimalen Ergebnissen. Hinzu kommt eine<br />
Schwächung des Gemeinschaftsgefühls, was wiederum die<br />
Bindung an übergeordnete Ziele und Visionen unterwandert.<br />
Das drückt sich häufig in einer Art „Silodenken“ aus: Abteilungen,<br />
die keine Wechselwirkungen zu anderen Abteilungen beachten<br />
oder sogar in Konkurrenz zueinander treten. Letzteres<br />
kann z. B. dann der Fall sein, wenn Manager um eine anstehende<br />
Beförderung konkurrieren und im Sinne von „Effekthascherei“<br />
die eigenen Kennzahlen über die unternehmensweit<br />
vorrangigen Ziele priorisieren. Hier gilt es – neben einer kulturellen<br />
und normativen Herausstellung des Miteinanders und<br />
der gemeinsamen Zielsetzungen – Anreize für entsprechend<br />
kooperatives Verhalten zu setzen und ganzheitliche Betrachtungsweisen<br />
aus übergeordneter Perspektive zu schulen und<br />
zu fördern.<br />
Fazit<br />
Eine effiziente und effektive Nutzung der Ressource „Wissen“<br />
gilt als eine der großen unternehmerischen Herausforderungen<br />
und entsprechende Verbesserungen können einen entscheidenden<br />
Wettbewerbsvorteil darstellen. Insbesondere in<br />
der industriellen Produktion ist die Identifizierung von „Verschwendung“<br />
bereits eine weitverbreitete Herangehensweise<br />
zur Aufdeckung von Optimierungspotenzialen. Ausgehend von<br />
den Verschwendungsfaktoren dieser materiellen Welt wird im<br />
vorliegenden Beitrag beschrieben, wie sich diese in die immaterielle<br />
Welt der Wissensarbeit übertragen lassen.<br />
Verschwendung im Kontext von Wissensarbeit umfasst dabei<br />
die Missachtung von Verbesserungspotenzialen, die sich<br />
entlang der Generierung, Sicherung, Verteilung und Nutzung<br />
von Wissen auftun. Optimierungsansätze zielen insbesondere<br />
ab auf eine Reduktion von Aufgabenbeständen, eine angemessene<br />
Auslastung im Sinne des Aufgabenflusses und des<br />
Just-in-time-Prinzips, die Fehlererkennung und Vermeidung<br />
von Nach- und Doppelarbeit durch prozessuale Unterstützung<br />
und Orientierungshilfe. Hinzu kommt die Definition und Weiterentwicklung<br />
von Standards im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses<br />
unter Einbeziehung der Ausführenden.<br />
Insbesondere Letzteres setzt voraus, dass zum einen dem<br />
Mitarbeiter Freiräume zur eigenständigen Organisation seiner<br />
Aufgaben gewährt werden. Zum anderen müssen die Wissensarbeiter<br />
sich ihre intrinsische Motivation und Eigeninitiative<br />
bewahren sowie bei ihren Entscheidungen immer auch deren<br />
Auswirkungen auf den Gesamterfolg des Unternehmens im<br />
Blick behalten. Hierzu gilt es aus Sicht der Unternehmensfüh-<br />
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