Programmheft - Schüler-Symphonie-Orchester Stuttgart
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Johann-Sebastian Bach (1685-1750)<br />
Präludium und Fuge Es-Dur BWV 552<br />
Bearbeitet für großes <strong>Orchester</strong> von Arnold Schönberg (1874-1951)<br />
Bach, ein Experte für die Orgel, das<br />
fortschrittlichste Instrument seiner<br />
Zeit, wollte schnelle, kräftige, farbige<br />
Instrumente. »Ich muss vor allem<br />
wissen, ob die Orgel eine gute Lunge<br />
hat«, mit solchen Worten pflegte er<br />
die Orgelbauer zu schrecken, wenn<br />
er sich auf der Orgelbank niederließ,<br />
um ein neues Instrument zu erproben.<br />
Schönberg: »Ich lege nicht so sehr<br />
Gewicht darauf, ein musikalischer<br />
Bauernschreck zu sein, als ein<br />
vielmehr natürlicher Fortsetzer richtig<br />
verstandener, guter, alter Tradition!«<br />
Neben Schönberg haben auch andere renommierte Komponisten und Dirigenten des<br />
frühen 20. Jahrhunderts Bach für den „modernen“ Hörer bearbeitet: Anton Webern,<br />
Gustav Mahler, Leopold Stokowski und Edward Elgar. Stokowski und Elgar verarbeiteten<br />
das Orignal zu einem plüschig-bombastischen Monstrum mit heroisch aufgebäumtem<br />
Thema und knallenden Höhepunkten. Mahlers Bearbeitung zweier <strong>Orchester</strong>suiten ist<br />
zwar zurückhaltender, aber doch gespickt mit Details, die jeden Musikwissenschaftler<br />
erschüttern müssen: Pizzicati, ein voll ausgeschriebener Continuopart des Klaviers, farbige<br />
Bläserverdopplungen.<br />
Als Arnold Schönberg und Anton Webern sich im Oktober 1928 mit Bach beschäftigten,<br />
entwickelten sie gerade die Dodekaphonie. Ihre <strong>Orchester</strong>fassungen sind mehr als nur<br />
Instrumentierungen. Auch wenn das musikalische Material unangetastet blieb, zeigen sie<br />
doch eine tief greifende Identifizierung mit dem barocken Meister und sind das Ergebnis<br />
subjektiven Erlebens. Die hochkomplexe Orchestrierung von Bachs Präludium und Fuge<br />
für Orgel BWV 552 will bei Schönberg das Werk nicht symphonisch romantisieren,<br />
sondern innerhalb eines romantisch weitergedachten Orgelklangs weiterexistieren.<br />
Schönberg hört tief in Bachs Orgelwerk hinein und versucht sehr sensibel nuancierte<br />
Klangschichten ans Tageslicht zu bringen. Oft hört man daher nicht ein romantisches<br />
<strong>Orchester</strong> sondern eine sich ständig wechselnde Kammermusikbesetzung gleichsam<br />
virtuoser Registerwechsel eines romantischen Pfeifenwerks. Die geradlinige Struktur des<br />
Orgelsatzes erweitert sich nun innerhalb eines großen, glanzvollen <strong>Orchester</strong>s und<br />
erschließt mühelos die Weite des modernen Konzertsaales.<br />
Wir erfahren hier weniger über Bach und seine Zeit, sondern hören Bach mit den Ohren<br />
Schönbergs und Weberns.