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Gender Mainstreaming Beispiele aus den Kommunen zur ...

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<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in Städtebau und ÖPNV<br />

Von Dr. Alexandra-Kathrin Stanislaw-Kemenah und Dr. Ingolf Roßberg<br />

Was ist und wozu dient <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in diesen Gebieten?<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> oder auch „geschlechtersensible Folgenabschätzung“, wie der Begriff<br />

in Dokumenten der Europäischen Union übersetzt wird 5 , befasst sich mit <strong>den</strong> gesellschaftlich<br />

geprägten Rollenvorstellungen von Männern und Frauen und prüft diese auf ihre sachliche<br />

Berechtigung. Entscheidungen in vielen gesellschaftlichen Bereichen betreffen Männer und<br />

Frauen in unterschiedlicher Weise. Dass die Entscheidungstragen<strong>den</strong> sich dies in ihren Prozessen<br />

bewusst machen und beide Geschlechter gleichermaßen berücksichtigen, ist das<br />

eigentliche Anliegen von „<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong>“. Manches an <strong>den</strong> gesellschaftlichen Rollenverteilungen<br />

resultiert unmittelbar <strong>aus</strong> <strong>den</strong> biologischen Unterschie<strong>den</strong> von Frau und<br />

Mann. Davon sind jedoch solche Zuschreibungen zu unterschei<strong>den</strong>, welche <strong>aus</strong> bestimmten<br />

Kulturtraditionen ererbt sind, aber jedweder begründeten Grundlage entbehren. Die Prozesse<br />

des <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> sollen helfen, das eine von dem anderen zu unterschei<strong>den</strong><br />

und nach Ausgleich für Benachteiligungen aufgrund des biologischen Geschlechtes zu suchen.<br />

Es geht dabei gerade nicht um die restlose Auflösung der Unterschiedlichkeit der<br />

Geschlechter, im Gegenteil: Diese Differenz soll als bleibende Gegebenheit in die Betrachtung<br />

aller gesellschaftlichen Prozesse mit einbezogen wer<strong>den</strong>.<br />

Gemäß diesem Ziel von <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> müssen die unterschiedlichen Lebenssituationen<br />

sowie Bedürfnisse von Frauen und Männern auch im Städtebau (Stadtentwicklung, -<br />

planung, -bau) Berücksichtigung fin<strong>den</strong>. Im Jahr 2004 wurde der Abwägungsbelang „Chancengleichheit“<br />

über das seinerzeitige „Europarechtsanpassungsgesetz Bau“ 6 in das<br />

Baugesetzbuch (BauGB) aufgenommen 7 , erhielt mithin rechtsverbindliche Bedeutung. Darüber<br />

hin<strong>aus</strong> verpflichten sich der Bund und die Länder seit 2005 regelmäßig in der<br />

„Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung“ dem Ziel der Verwirklichung der Geschlechtergerechtigkeit<br />

8 . Die Nichtbeachtung des Tatbestandes der Chancengleichheit kann somit<br />

rechtlich als Abwägungsfehler oder -mangel gewertet wer<strong>den</strong>. Darüber hin<strong>aus</strong> sind die unterschiedlichen<br />

Bedürfnisse und Auswirkungen des Städteb<strong>aus</strong> auf Frauen und Männer<br />

gesetzlich im Baugesetzbuch festgeschrieben 9 . Man wird demnach kaum mehr argumentieren<br />

können, dass ein Bauleitplan geschlechtsneutral ist, solange man <strong>den</strong> Beweis schuldig<br />

bleibt. Darüber hin<strong>aus</strong> wurde in zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen und konkreten<br />

Planungsprojekten nachgewiesen, dass sich die Geschlechterverhältnisse in der<br />

Nutzung und Gestaltung der räumlichen Umwelt widerspiegeln 10 . Allerdings zeigen tradierte<br />

Normen und Verfahrensweisen im Städtebau deutlich die Handschrift ihrer überwiegend<br />

männlichen Konstrukteure und Planer. Ein derartig zentrierter Blickwinkel auf <strong>den</strong> Mann in<br />

Vollzeiterwerbstätigkeit vernachlässigt geschlechterdifferenzierte Bedürfnisse hinsichtlich der<br />

5 Lamprecht, Harald: Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen – aber wie? Christen im Streit um „<strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong>“. In: Confessio 2. Dres<strong>den</strong> 2010. S. 10 - 17. hier S. 10<br />

6 Gesetz <strong>zur</strong> Anpassung des Baugesetzbuchs an EU-Richtlinien (Europarechtsanpassungsgesetz Bau – EAG<br />

Bau) vom 24. Juni 2004 (BGBl. I S. 1359)<br />

7 Gemäß § 1 Absatz 6 Nr. 3 BauGB sind bei der Bauleitplanung insbesondere „die unterschiedlichen Auswirkungen<br />

auf Männer und Frauen“ zu berücksichtigen. Vgl. dazu auch Wallraven-Lindl, Marie-Luis: <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> im Bauplanungsrecht. In: Bundesamt für Bauwesen und Raumplanung: ExWoSt-Informationen Nr.<br />

26/3 – 09/2005. <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> im Städtebau – Wem nützt es? S. 17 - 22<br />

8 Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung 2010. Präambel. VII<br />

9 § 1 Absatz 6 Punkt 3 BauGB<br />

10 Vgl. stellvertretend für die Fülle der Literatur: Bauer, Uta; Bock, Stephanie; Meyer, Ulrike; Wohltmann, Heike:<br />

<strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> in der Bauleitplanung. Eine Handreichung mit Checklisten (Difu-Papers). Berlin 2007<br />

sowie Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung (SRL) (Hrsg.): Der andere Blick – <strong>Gender</strong><br />

<strong>Mainstreaming</strong> in der Planung. Heftreihe Planerin Nr. 3/2004 und die zahlreichen Veröffentlichungen des Bundesamtes<br />

für Bauwesen und Raumordnung zu <strong>Gender</strong> <strong>Mainstreaming</strong> im Städtebau.

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