GIG-Oktober 2016
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T H E ATE R<br />
Töten, um zu retten?<br />
„Terror“ im Wolfgang Borchert Theater MS<br />
Wer vor 2003 den Kriegsdienst verweigert<br />
hat, weiß, was ein moralisches Dilemma ist.<br />
Ein solches wurde ihm nämlich bei der „Gewissensprüfung“<br />
serviert. In einer ähnlichen<br />
Situation befindet sich der Kampfpilot Lars<br />
Koch in Ferdinand von Schirachs Gerichtsdrama<br />
„Terror“. Er muss sich entscheiden, ob<br />
er eine entführte Lufthansa-Maschine abschießt,<br />
die Kurs auf ein vollbesetztes Fußballstadion<br />
nimmt. 146 Menschen töten, um<br />
Tausende zu retten?<br />
Premieren im <strong>Oktober</strong><br />
Er entscheidet sich dafür,<br />
obwohl es ihm das Gesetz<br />
verbietet. Jetzt wird vor<br />
Gericht über seinen Fall<br />
verhandelt, und die Zuschauer<br />
sind Schöffen, die<br />
am Ende der Vorstellung<br />
entscheiden müssen, ob er<br />
schuldig oder unschuldig<br />
ist. Dass eine derartige Versuchsanordnung<br />
das Publikum<br />
ebenfalls in ein moralisches<br />
Dilemma bringt,<br />
liegt in der Natur der Sache<br />
und ist durchaus beabsichtigt.<br />
Zumal der Autor<br />
alle Argumente pro und<br />
contra durchdekliniert und<br />
dabei neben juristischen auch philosophische<br />
Aspekte einbezieht.<br />
Es geht um Prinzipien und um den Einzelfall,<br />
um die Würde des Menschen und um seine<br />
Instrumentalisierung, um freien Willen und<br />
um Entscheidungen, die zu schwer wiegen,<br />
als dass man sie guten Gewissens treffen könnte.<br />
Und es geht im Endeffekt auch um politische<br />
Strukturen, die so eingerichtet wurden,<br />
dass sich Verantwortliche im Ernstfall aus der<br />
Verantwortung ziehen können.<br />
Die Inszenierung wird nach einer erläuternden<br />
Einführung sehr schnell sehr spannend<br />
und schafft es, diese Spannung bis zum Ende<br />
zu halten. Das verdankt sich Meinhard Zangers<br />
kluger Art, an die Sache heranzugehen.<br />
Der Borchert-Chef inszeniert zurückgenommen,<br />
beinahe minimalistisch, und<br />
steigert damit die Wirkung des Textes und<br />
der darin enthaltenen Problematik. Dasselbe<br />
gilt für die Schauspieler, die sich strikt<br />
an die Gerichtssituation halten und damit<br />
zusätzlich für Authentizität sorgen.<br />
Franz Kolbeck<br />
>> Weitere Vorstellungen am 28./29.10. jew. 20 Uhr<br />
sowie 30.10. um 18 Uhr<br />
>> www.wolfgang-borchert-theater.de<br />
Gerichtsdrama von Ferdinand<br />
von Schirach: „Terror“<br />
Fotos: Klaus Lefebvre<br />
Das dritte Auge der<br />
Westfalen<br />
Vorahnungen, Visionen oder Hexereien:<br />
Jahrhundertelang galten die Bewohner<br />
des Münsterlandes als besonders empfänglich<br />
für übernatürliche Phänomene.<br />
Das Ensemble Freuynde + Gaesdte füllt<br />
eine Auswahl überlieferter Geschichten<br />
und Anekdoten in szenischen Rückblenden<br />
mit neuem Leben und reflektiert sie<br />
zugleich aus historisch-wissenschaftlicher<br />
Perspektive.<br />
>> Premiere am 29.09. um 20 Uhr in den<br />
Kasematten der Bastion Tecklenburg;<br />
weitere Vorstellungen vom 06.-09.10.<br />
u. 12.-14.10. jew. um 20 Uhr im<br />
Stadtmuseum Münster; www.f-und-g.de<br />
Lehmann Brothers.<br />
Aufstieg und Fall einer<br />
Dynastie<br />
1844 migriert der deutsche Jude Heyum<br />
Lehmann nach Amerika, wo er den Vornamen<br />
Henry annimmt und mit einem<br />
Stoffladen sein neues Leben beginnt.<br />
Damit nimmt die Geschichte um jenes<br />
Unternehmen, das 2008 im Mittelpunkt<br />
des Finanzkollapses stand, ihren Lauf. Als<br />
zweite deutsche Bühne zeigt das Wolf-<br />
gang Borchert Theater das Stück von Autor<br />
Stefano Massini.<br />
>> Premiere am 06.10. um 20 Uhr im<br />
Wolfgang Borchert Theater MS;<br />
weitere Vorstellungen am 08.10. um<br />
19 Uhr sowie am 09.10. um 17.30 Uhr;<br />
www.wolfgang-borchert-theater.de<br />
Das Lächeln einer<br />
Sommernacht<br />
Mit seiner jungen Frau Anne und seinem<br />
studierenden Sohn Hendrik wähnt<br />
sich Anwalt Fredrik Egerman im Glück.<br />
Doch der Schein trügt: Die Ehe wurde<br />
noch nicht vollzogen, und Hendrik fühlt<br />
sich mal zum Hausmädchen Petra und<br />
mal zu Anne hingezogen. Und dann treten<br />
auch noch Egermans ehemalige Geliebte<br />
Desirée, ihr Geliebter Graf Malcolm<br />
und dessen<br />
Frau Charlotte auf<br />
den Plan.<br />
>> Premiere am<br />
08.10. um 19.30<br />
Uhr im Theater<br />
am Domhof OS;<br />
weitere<br />
Vorstellungen<br />
am 12., 16.,<br />
19. u. 25.10.<br />
jew. um 19.30<br />
Uhr; www.theater-osnabrueck.de<br />
Romeo und Julia<br />
Auf einem Maskenball begegnen sich<br />
Romeo und Julia, die Kinder zweier<br />
verfeindeter Familien, und verlieben<br />
sich ineinander. Durch ihre heimliche<br />
Heirat hoffen sie, die Familienfehde zu<br />
beenden. Durch eine Aneinanderreihung<br />
unglücklicher Umstände endet<br />
ihre Liebesgeschichte jedoch fatal.<br />
Hans Henning Paar und das TanzTheaterMünster<br />
bringen sie auf die große<br />
Bühne.<br />
>> Premiere am 15.10. um 19.30 Uhr im<br />
Theater Münster (Großes Haus);<br />
weitere Vorstellungen am 19., 22. u.<br />
28.10. jew. um 19.30 Uhr;<br />
www.theater-muenster.com<br />
Am 16.10. in der<br />
Lagerhalle:<br />
„Die Wunderübung“<br />
Die Wunderübung<br />
In seinem neuen Stück schickt Daniel<br />
Glattauer, bekannt geworden u.a. mit „Gut<br />
gegen Nordwind“, seine Protagonisten Joana<br />
und Valentin zur Paartherapie. Beide<br />
befinden sich in einem erbitterten Kampfzustand.<br />
Dabei hatte doch alles so schön<br />
angefangen. Den Therapeuten stellt das<br />
verzankte Duo vor eine echte Prüfung. Er<br />
zieht alle Register seines Könnens. Die Komödie<br />
kann beginnen.<br />
>> 16.10. OS - Lagerhalle, 19 Uhr;<br />
www.thiele-neumann-theater.de<br />
Über meine Leiche<br />
Autor Stefan Hornbach lässt in seinem<br />
Stück zwei Jugendliche aufeinandertreffen:<br />
Friedrich hat Krebs, will aber leben.<br />
Seine frühere Schulkameradin Jana will<br />
irgendwie nichts - außer sterben. Beide<br />
schließen einen Pakt: Sie zeigt ihm, wie<br />
man stirbt, und er zeigt ihr, wie man lebt.<br />
Eine sensible und kraftvolle Erzählung<br />
über zwei Jugendliche, die unterschiedlicher<br />
nicht sein könnten.<br />
>> Premiere am 29.10. um 19.30 Uhr<br />
im emma-theater OS; weitere<br />
Vorstellungen in Planung;<br />
www.theater-osnabrueck.de<br />
Texte: Benedikt Niederschmid