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THEMA<br />

BÜRGERWISSENSCHAFT<br />

2.000 Kilometer Nonstop-Flug<br />

Möglicherweise entsteht gerade eine neue Kranichroute entlang der Alpen<br />

bDer Kranichzug gehört zweifellos zu den<br />

spektakulärsten Naturschauspielen, die sich in<br />

Deutschland erleben lassen. Jeden Herbst sammeln<br />

sich Zehntausende Kraniche (Grus grus) zumeist<br />

aus Nord- und Osteuropa an den großen<br />

deutschen Rastplätzen in der Boddenlandschaft<br />

südwestlich von Rügen, dem Linumer Bruch oder<br />

auch der Diepholzer Moorniederung, um sich<br />

neue Fettreserven für den Weiterflug anzufressen.<br />

Die bis zu 130 Zentimeter großen und maximal<br />

sieben Kilogramm schweren Zugvögel – geschützt<br />

durch das Bundesnaturschutzgesetz – legen<br />

im Jahr mehrere Tausend Kilometer zurück,<br />

wenn sie zwischen ihren Sommer- und Winterquartieren<br />

wechseln. Mit einer Flügelspannweite<br />

von etwa 230 Zentimetern können sie bis zu<br />

4.000 Metern hoch und bis zu 2.000 Kilometer<br />

Nonstop fliegen. Normalerweise liegen die Tagesetappen<br />

zwischen zehn und 100 Kilometern.<br />

Der europäische Kranichzug verläuft traditionell<br />

auf zwei gut erforschten Routen:<br />

aaDen baltisch-osteuropäischen Zugweg nutzen<br />

Kraniche vorwiegend aus Finnland, dem<br />

Baltikum, Polen und Westrussland, um die<br />

großen Rastplätze der ungarischen Tiefebene<br />

zu erreichen. Von dort verläuft diese Route<br />

weiter über den Balkan und Sizilien bis nach<br />

Tunesien, während eine alternative Route<br />

Richtung Türkei abzweigt und in Israel endet.<br />

aaAuf dem sogenannten westeuropäischen<br />

Zugweg ziehen Kraniche zumeist aus Mitteleuropa<br />

und Skandinavien in französische<br />

und spanische Winterquartiere. Deutschland<br />

wird auf dieser Route von Nordost nach Südwest<br />

überflogen, wobei Baden-Württemberg<br />

und Bayern bisher im wahrsten Sinne des<br />

Wortes links liegen gelassen wurden.<br />

Allerdings scheint sich das gerade zu ändern.<br />

In Bayern wurden im Jahr 2011 während des gesamten<br />

Herbstzuges kaum 5.000 Kraniche gezählt.<br />

Ein Jahr später wurde dieser Wert plötzlich<br />

innerhalb von sechs Tagen alleine südlich<br />

der Donau erreicht. Und am 1. November 2013<br />

wurden schon mehr als 9.000 Kraniche gemeldet.<br />

Auch in Baden-Württemberg, Österreich und<br />

der Schweiz wurden plötzlich ungewöhnlich viele<br />

Kraniche gesichtet.<br />

Die Gründe für die deutlich gestiegenen<br />

Durchzugszahlen in Süddeutschland sind noch<br />

nicht genau bekannt. Doch viel deutet darauf<br />

hin, dass sich gerade eine neue alternative Zugroute<br />

der Kraniche etabliert, die auf dem baltisch-osteuropäischen<br />

Zugweg unterwegs sind.<br />

Schon seit der Jahrtausendwende werden aus<br />

Norditalien immer mehr westwärts ziehende<br />

Kraniche gemeldet. Im Herbst 2011 kam es dann<br />

erstmals zu einem Massenzug von mehreren<br />

Tausend Kranichen, die den baltisch-osteuropäischen<br />

Zugweg in Ungarn verließen, dann sowohl<br />

nördlich als auch südlich des Alpenhauptkammes<br />

nach Westen flogen und die Überwinterungsgebiete<br />

der auf dem westeuropäischen Zugweg<br />

wandernden Kraniche ansteuerten – und dabei<br />

sozusagen eine Alpentraverse zwischen den<br />

beiden großen europäischen Zugwegen bildeten.<br />

Auslöser dieses Zuges war vermutlich eine anhaltende<br />

Ostwetterlage. Doch auch in den folgenden<br />

Jahren wiederholte sich dieses Phänomen<br />

– ohne entsprechend markante Wetterlagen.<br />

Welche Mechanismen hinter dieser Entwicklung<br />

stehen und ob sich diese neue Route langfristig<br />

etabliert, wird wissenschaftlich untersucht.<br />

Wer diese Untersuchungen mit eigenen Kranichbeobachtungen<br />

unterstützen möchte, kann<br />

auf www.ornitho.de sehr einfach eigene Vogelbeobachtungen<br />

melden. Diese stehen dann für<br />

wissenschaftliche Auswertungen und den Naturschutz<br />

zur Verfügung.c CHRISTOPHER KÖNIG<br />

<br />

DACHVERBAND DEUTSCHER AVIFAUNISTEN<br />

TTDer Dachverband Deutscher Avifaunisten ist ein<br />

Zusammenschluss aller ornithologischen Verbände in<br />

Deutschland und vertritt etwa 10.000 Feldornithologen<br />

und Vogelbeobachter. www.dda-web.de<br />

TTwww.ornitho.de ist ein Portal zur Meldung von Vogelbeobachtungen<br />

für Jedermann, dessen Daten für den<br />

Naturschutz genutzt werden.<br />

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3-2016 NATURFREUNDiN SEITE 11

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