FREIWILLIG
naturfreundin_3-16
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TITEL<br />
ENGAGIERTE STADT<br />
Die „Flohkiste“ in „Uns Huus“<br />
Wie die Arbeiterwohlfahrt bürgerschaftliches Engagement in Ahrensburg organisiert<br />
bDie „Mutter“ der Arbeiterwohlfahrt (AWO)<br />
heißt Marie Juchacz. Im ersten Weltkrieg war<br />
die sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete<br />
Mitglied der sogenannten „Lebensmittelkommission“,<br />
die Anbauverträge mit örtlichen Bauern<br />
schloss, um den Hunger in der Rheinprovinz<br />
zu lindern. Nach Kriegsende gründete sie 1919<br />
die AWO.<br />
Um Hunger geht es heute nicht mehr. Ein<br />
gutes Beispiel, wie sich aus diesem Wohlfahrtsverband<br />
ein „Netzwerk für bürgerschaftliches<br />
Engagement“ entwickelte, bietet die<br />
AWO im schleswig-holsteinischen Ahrensburg:<br />
Die Kleinstadt mit ihren gut 30.000 Einwohnern<br />
ist gerade zur „Engagierten Stadt“ geworden<br />
– auf Initiative der AWO. Damit ist<br />
Ahrensburg eine von 55 Kommunen, die<br />
vom Bundesfamilienministerium<br />
und fünf<br />
Stiftungen<br />
FUSSBALLTRAINER<br />
Erik Wellnitz (50), Berlin<br />
zur Förderung kommunaler Bürgerbeteiligung<br />
unterstützt werden.<br />
Etwa 250 Freiwillige aus allen möglichen Berufen<br />
sind für die verschiedenen AWO-Projekte<br />
in Ahrensburg aktiv. Besonders engagiert ist<br />
dabei die Altersgruppe der über 55-Jährigen.<br />
Zwei Häuser vor Ort bieten Treffpunkte: „Uns<br />
Huus“, das beinahe einmal der Spitzhacke geopfert<br />
worden wäre, dann aber saniert und der<br />
„Ich war in meiner Jugend selbst Leistungssportler. Unglaublich gute Trainer haben<br />
mir damals den Spaß am Sport vermittelt. Ich habe mir gesagt: Das musst du weitergeben,<br />
schon aus Dankbarkeit.“<br />
Erik Wellnitz trainiert die Junioren und die 2. Männermannschaft des TSC Berlin.<br />
Nach Dienstschluss steht der Maschinenbauingenieur sechs Tage in der Woche<br />
auf dem Platz. „Drei bis vier Stunden mindestens“, sagt der 50-Jährige. „Der beste<br />
Trainer, den ich bislang hatte“, sagt Jonathan Reichel, 18, der gerade den Sprung in<br />
die Männermannschaft geschafft hat. Wellnitz lebt als Single: „In einer Beziehung<br />
wäre es kaum möglich, so viel Zeit auf dem Fußballplatz zu verbringen.“<br />
„Ich wünschte mir, dass der Deutsche Fußballbund mehr Mittel für den Breitensport<br />
zur Verfügung stellt.“ Schließlich sei der DFB der größte Sportverband der<br />
Welt, „da muss es doch möglich sein, eine akzeptable Ausstattung der Vereine zu<br />
gewährleisten!“c<br />
NICK REIMER<br />
www.berlinertsc.de/fussball<br />
AWO von einem sozial engagierten Ehepaar geschenkt<br />
wurde. Hier gibt es Räume für selbst organisierte<br />
Gruppen, etwa die Ahrensburger NaturFreunde,<br />
die Alzheimer-Gesellschaft, den Sozialverband,<br />
den Mieterbund, dazu noch eine<br />
eigene AWO-Schuldnerberatung. Außerdem gibt<br />
es eine „Flohkiste“, in der die Kleinsten erste Erfahrungen<br />
in der Gruppe sammeln können sowie<br />
eine „Kinderkiste“ für Second-Hand-Kinderbekleidung.<br />
Auch ein ehrenamtlich betreuter<br />
Buchladen ist dabei.<br />
Ergänzt wird „Uns Huus“ vom Peter-Rantzau-Haus,<br />
dass die Stadt als Träger pachtete.<br />
In diesem Bürgerhaus werden Angebote für alle<br />
Altersgruppen organisiert, zum Beispiel Gesprächskreise,<br />
Spiele-Nachmittage, PC-Kurse, Lesungen,<br />
Gedächtnistrainings oder Laienspiele.<br />
Ein preiswerter Mittagstisch ist beliebter Treffpunkt<br />
vor allem für Senioren. Das gilt auch für<br />
das Programm-Café.<br />
Ganz neu: die „Fundgrube mit Herz“<br />
Sowohl die Erfahrung als auch die Sozialforschung<br />
haben die AWO gelehrt, dass freiwillig<br />
Engagierte heute eher für die Mitarbeit in<br />
Projekten als für die Mitgliedschaft in Verbänden<br />
zu gewinnen sind. Viele solcher<br />
Projekte sind erfolgreich angeleiert worden<br />
und haben ihre Engagierten gefunden.<br />
Zuletzt wurde eine „Fundgrube mit<br />
Herz“ eingerichtet, die Kleidung und<br />
Haushaltsbedarf als Sachspenden sammelt<br />
und gegen einen kleinen Obolus<br />
an Flüchtlinge und andere Bedürftige verkauft.<br />
Gemeinsam mit einem Verein Flüchtlingshilfe<br />
wurde auch eine Fahrradwerkstatt<br />
eingerichtet, um Mobilität für Flüchtlinge<br />
und andere Bedürftige zu ermöglichen.<br />
Auch dort engagieren sich viele Freiwillige.<br />
Ahrensburgs AWO-Vorsitzender<br />
und NaturFreund Jürgen Eckert<br />
wirbt für die „Engagierte Stadt“:<br />
„Wir wollen ein Netzwerk von<br />
gemeinnützigen Organisationen<br />
und kompetenten Ehrenamtlichen<br />
aufbauen, das alle<br />
erforderlichen Hilfen für<br />
Menschen in schwierigen<br />
oder unsicheren Lebenslagen<br />
anbietet. Dabei setzen wir<br />
auf Engagement und die Bereitschaft,<br />
nicht alles alleine<br />
machen zu wollen.“c<br />
<br />
ECKART KUHLWEIN<br />
TTwww.awo-ahrensburg.de<br />
SEITE 8 NATURFREUNDiN 3-2016