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Anstifter 3, 2014 der Stiftung Liebenau

Der Anstifter ist die Hauszeitschrift der Stiftung Liebenau mit Themen aus den Bereichen Altenhilfe, Behindertenhilfe, Bildung, Gesundheit, Familie und Dienstleistungen.

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Jugendliche auf <strong>der</strong> Spur <strong>der</strong> Erinnerung<br />

Wan<strong>der</strong>ung zum Gedenken an die Opfer <strong>der</strong> Euthanasie<br />

von Stephan Becker<br />

LIEBENAU – Sieben Jugendliche aus dem Fachbereich Kin<strong>der</strong>, Jugend<br />

und Familie <strong>der</strong> St. Gallus-Hilfe gingen gemeinsam mit Mitarbeitern von<br />

Meckenbeuren nach Grafeneck auf <strong>der</strong> Schwäbischen Alb, zur dortigen<br />

Gedenkstätte <strong>der</strong> Euthanasieopfer.<br />

Im Vorfeld hatte die Gruppe über die geschichtliche<br />

Entwicklung und die Entstehung von Mordfabriken<br />

diskutiert. „Das ist unglaublich, dass sowas passiert<br />

ist. Das hätte ja auch mich treffen können, wenn ich<br />

damals gelebt hätte“, äußerte sich ein Jugendlicher<br />

betroffen. Im Sinne einer lebendigen Erinnerungskultur,<br />

zur Verhin<strong>der</strong>ung solcher Verbrechen in <strong>der</strong><br />

Zukunft, wurde die Tour geplant. Im Gepäck hatte<br />

je<strong>der</strong> Teilnehmer ein Bild von Theodor Kynast einem<br />

jungen Mann, <strong>der</strong> in Grafeneck ermordet wurde.<br />

Auf <strong>der</strong> Strecke nach Grafeneck liegen viele Orte, die<br />

Opfer <strong>der</strong> Euthanasie zu beklagen haben: <strong>Liebenau</strong>,<br />

Weissenau, Bad Schussenried, Ingerkingen und Zwiefalten.<br />

Die erste Etappe führte von Bad Schussenried<br />

nach Ingerkingen. Im Kin<strong>der</strong>- und Jugenddorf Ingerkingen<br />

wurde die Gruppe herzlich empfangen und<br />

bestens versorgt. Birgit Janson, Psychologin in<br />

Ingerkingen, zeigte eine Ausstellung, die an die<br />

Opfer erinnert. „Dass sie ermordet wurden, konnten<br />

wir nicht verhin<strong>der</strong>n, dass sie durch unser Vergessen<br />

endgültig sterben, schon!“<br />

Am nächsten Tag ging es weiter mit dem Bus nach<br />

Hayingen, dem Startpunkt <strong>der</strong> zweiten Etappe. Trotz<br />

mü<strong>der</strong> Knochen und wun<strong>der</strong> Füße war sich die Gruppe<br />

einig: „Man muss auch mal über den eigenen<br />

Schatten springen und was durchziehen.“ Unterwegs<br />

war Gelegenheit, eine Tropfsteinhöhle mit <strong>der</strong><br />

Taschenlampe zu erkunden und – für ganz Mutige –<br />

ein Bad in <strong>der</strong> Lauter zu nehmen. Beim Abendessen<br />

in <strong>der</strong> Burg Derneck, dem zweiten Nachtlager, wurde<br />

deutlich: Mit <strong>der</strong> Annäherung an den Ort Grafeneck<br />

tauchen auch Unsicherheiten und Ängste auf. Die<br />

Gruppe diskutierte, wie heute im Zusammenleben<br />

mit Menschen umgegangen wird, die nicht so fit und<br />

leistungsfähig sind – wo das Wort „Spast“ doch zu<br />

einer <strong>der</strong> häufigsten Beleidigungen <strong>der</strong> Jugendsprache<br />

gehört. Wo fängt Ausgrenzung und Vernichtung<br />

an, wo endet sie? Nachdenklich ging <strong>der</strong> Tag zu<br />

Ende.<br />

Mit dem Bus wurde das Ziel erreicht. Franka Rößner<br />

von <strong>der</strong> Gendenkstätte führte die Gruppe mit einem<br />

anschaulichen Vortrag in die Thematik ein. Und die<br />

Jugendlichen fanden ihren Theodor in<br />

<strong>der</strong> Ausstellung und im Namensbuch<br />

<strong>der</strong> Gedenkstätte wie<strong>der</strong>. Der junge<br />

Theodor Kynast wird stellvertretend<br />

für alle an<strong>der</strong>en Opfer im Gedächtnis<br />

<strong>der</strong> Jugendlichen bleiben. Und sicher<br />

auch <strong>der</strong> Stolz darauf, als eine <strong>der</strong><br />

ganz wenigen Gruppen Grafeneck<br />

erwan<strong>der</strong>t, statt als Durchreisende<br />

schnell abgehakt zu haben.<br />

Zu Fuß nach Grafeneck: Eine Wan<strong>der</strong>ung<br />

zur Erinnerung an die Opfer <strong>der</strong><br />

Euthanasie. Foto: privat<br />

26 Menschen mit Behin<strong>der</strong>ung

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