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weiter danach zu fragen. Doch als Mutter fühlte sie sich dazu verpflichtet,<br />
nachzuhaken. »Hat der Andere denn auch was abgekriegt?«<br />
»Keine Ahnung.«<br />
Cora hoffte, dass ihr Sohn nicht angefangen, sich aber so erfolgreich<br />
gewehrt hatte, dass der Verursacher dieser Schramme beim<br />
nächsten Mal einen Bogen um Max machen würde.<br />
»Was ist jetzt mit den Hausaufgaben? Zeig mal, was man da nicht<br />
rechnen kann.«<br />
»Ich glaube, mir ist gerade eingefallen, wie es geht.«<br />
»Soso ... Ist dir sicher beim Schleimkugel-Schleudern eingefallen,<br />
oder?«<br />
»Genau.«<br />
»Sieh zu, dass du deine Sachen erledigst.«<br />
Cora wusste, dass es unklug war, kostbare Energiereserven auf<br />
einem Nebenschauplatz zu vergeuden. Die Hauptschlacht fand in<br />
dem Zimmer statt, aus dem immer noch nervtötende Hip-Hop-<br />
Rhythmen pochten. Nach einem tiefen Atemzug klopfte sie in<br />
einer Lautstärke an die Tür, die geeignet erschien, den penetranten<br />
Bass im Inneren des Raumes zu übertönen. Dann zählte sie langsam<br />
bis drei und betrat die Höhle der pubertierenden Löwin.<br />
Amelie saß auf dem Bett und lackierte ihre Fußnägel. Da die<br />
»spießigste Mutter der Welt« sie bereits mehrfach wegen Nagellackflecken<br />
auf dem Laken ermahnen musste, hatte die folgsame<br />
Tochter vorsorglich ihr Mathebuch zwischen Fuß und Matratze<br />
geschoben. Die scheinbar friedliche Szene konnte jeden Moment<br />
ins Gegenteil umschlagen. Vorsichtig und auf alles gefasst drehte<br />
Cora den Lautstärkeregler auf null.<br />
Sofort hob Amelie den Kopf und richtete einen ersten bitterbösen<br />
Blick auf ihre Mutter, die sich innerlich schon auf massive Protestbekundungen<br />
eingestellt hatte. Doch anstatt den Erwartungen<br />
gerecht zu werden, brach das unberechenbare Wesen in nicht zu<br />
bremsendes Teenagergelächter aus. Irritiert beobachtete Cora, wie<br />
Amelie blitzschnell das Smartphone zückte, um in der nächsten<br />
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