Mai - PwC
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<strong>Mai</strong> 2012<br />
Einblick<br />
Wie Mario Monti<br />
Juli 2011<br />
in Italien die<br />
Misswirtschaft bekämpft<br />
Mut zur Wahrheit<br />
BayWa-Chef<br />
Durchblick<br />
Klaus Lutz zum Welt-<br />
Wie Unternehmen<br />
ernährungsproblem<br />
ihr geistiges Eigentum<br />
zu Geld machen<br />
Mut zur Klarheit<br />
Warum sich gutes<br />
Ausblick Deutsch für Verwaltun-<br />
Wie gen Facebook und Unternehmen & Co.<br />
Geschäftswerte lohnt schaffen –<br />
oder auch vernichten<br />
Mut zur Nachhaltigkeit<br />
Die Ostseepipeline<br />
setzt neue Maßstäbe für<br />
künftige Großprojekte<br />
next:<br />
Das Magazin für Vorausdenker<br />
www.pwc.de<br />
Das Magazin für Vorausdenker<br />
Weitere Aussichten<br />
Kein Öl, kein Erz, kein Gold.<br />
Deutschland ist ein Land<br />
wechselhaft ohne Bodenschätze. Aber<br />
gerade darin gründet sein<br />
Kaum Hoffnungen für die Weltkonjunktur, aber für<br />
Reichtum. Denn Not macht<br />
das eigene Unternehmen: was<br />
bekanntlich<br />
CEOs weltweit<br />
erfinderisch.<br />
optimistisch<br />
macht und warum deutsche Manager ganz vorne liegen
next: Inhalt<br />
3<br />
3<br />
3<br />
3<br />
Titel<br />
Der CEO Survey 2012:<br />
was die globale Managerelite für die Zukunft erwartet Seite 4<br />
Selbstbewusster Musterschüler: warum die Deutschen so optimistisch sind Seite 6<br />
Go BRIC: welche Regionen der Welt mit den besten Wachstumschancen locken<br />
Interview: wie Bayer-Chef Marijn Dekkers die Personalengpässe<br />
Seite 7<br />
in den Schwellenländern überbrückt Seite 8<br />
Krieg um Köpfe: wo Fachkräftemangel droht Seite 9<br />
How to grow: welche Strategien am meisten Wachstum versprechen<br />
Interview: wie Bahnchef Rüdiger Grube den Schienenkonzern<br />
Seite 10<br />
auf Nachhaltigkeit trimmt Seite 11<br />
Märkte<br />
Zu Wasser, zu Lande und in der Luft: Mit dem beschlossenen Atomausstieg<br />
bricht jetzt die Zeit der Pioniere an. Wie die Unternehmen den Strom von<br />
morgen erzeugen wollen Seite 12<br />
Sagen Sie mal: Wann kommt denn jetzt der VW-Porsche auf den Markt?<br />
Porsche-Vorstand Bernhard <strong>Mai</strong>er über die Weiterentwicklung des Sportwagen-<br />
Mythos,die Vorlieben der Chinesen – und die Zukunft des Elektroautos Seite 16<br />
Trends Seite 21<br />
Lösungen<br />
Der Wert des Sozialen: Netzwerke wie Facebook & Co. können den<br />
Geschäftswert steigern oder auch vernichten. Wie Unternehmen ihre<br />
Social-Media-Performance messen können Seite 22<br />
Brüsseler Spitzen: warum <strong>PwC</strong>-Vorstand Georg Kämpfer die Vorschläge der<br />
EU-Kommission zur Regulierung der Abschlussprüfung für ungeeignet hält Seite 26<br />
Neue Mobilitätskonzepte: wie die Autokonzerne aus Carsharing<br />
ein Geschäftsmodell machen wollen Seite 28<br />
Trends Seite 31<br />
Wissen<br />
Eigentum verpflichtet: wie Unternehmen durch eine clevere<br />
Lizenzierungsstrategie mit ihren Patenten Geld verdienen Seite 32<br />
Mamma mia: Italien ist in der Eurokrise der Dominostein, der nicht<br />
fallen darf. Wie Ministerpräsident Mario Monti die Kehrtwende<br />
in seinem Land schaffen will Seite 36<br />
Trends Seite 41<br />
What’s next: Seite 42<br />
Impressum Seite 43<br />
2 next:
next: Editorial<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
nach den ersten vier Monaten 2012 scheint sich die Prognose vom Herbst vergangenen Jahres zu<br />
bestätigen: Mehr als 1.200 CEOs zeigten sich pessimistisch, was die Entwicklung der Weltwirtschaft<br />
angeht. Die Verunsicherung durch Eurokrise, die Verschuldung des US-Staatshaushalts und<br />
das nachlassende Wachstum in Asien beschäftigen uns noch immer intensiv.<br />
Demgegenüber gibt es bei der Vorlage der Bilanzzahlen und dem Ausblick vieler Unternehmen<br />
häufig zufriedene Gesichter. Auch dies hatten die Manager im Spätherbst kommen sehen. Und weil<br />
aus der Zufriedenheit keine Selbstzufriedenheit wurde, bleiben die Wachstumsaussichten für das<br />
eigene Unternehmen zuversichtlich -die deutschen Firmen an der Spitze. Unser 15. CEO-Survey<br />
sorgte bereits beim World Economic Forum in Davos für reichlich Gesprächsstoff - und ist<br />
mit Aussagen zu den kommenden drei Jahren noch immer aktueller und interessanter Lesestoff.<br />
Welche konkreten Pläne Porsche hat, verrät uns Bernhard <strong>Mai</strong>er, im Vorstand der Sportwagenschmiede<br />
verantwortlich für die Ressorts Vertrieb und Marketing.<br />
Ungewöhnlich für next: ist ein Blick in unsere eigene Branche der Wirtschaftsprüfung. Wir wagen<br />
ihn; weil die Pläne der zuständigen EU-Kommission in Brüssel nicht nur in einen funktionierenden<br />
Prüfermarkt massiv eingreifen, sondern auch die Rolle des Aufsichtsrats deutlich verändern. In<br />
den kommenden Monaten fallen in den EU-Mitgliedsstaaten wichtige Vorentscheidungen, wie die<br />
Vorschläge national umgesetzt werden sollen. Mein Vorstandskollege Georg Kämpfer bringt die<br />
wichtigsten Aspekte einer komplexen Materie auf den Punkt.<br />
In unserer neuen Rubrik „what‘s next:“ stellen wir schließlich unsere neueste Studie vor.<br />
Das Thema betrifft Sie wie uns: Die Zukunft des Euro. Zusammen mit dem HWWI beleuchten wir<br />
vier mögliche Szenarien für die kommenden Monate und welche Optionen sich daraus für Ihr<br />
Unternehmen ergeben.<br />
Ich wünsche Ihnen eine informative und anregende Lektüre, Ihr<br />
Norbert Winkeljohann,<br />
Vorstandssprecher von<br />
<strong>PwC</strong><br />
mai 2012 3
next: Titel<br />
Weitere Aussichten<br />
Globalisierung bedeutet nicht nur Zugang zu neuen Märkten,<br />
sondern betrifft Unternehmen auch bei scheinbar regional begrenzten<br />
Krisen. Auch CEOs aus Asien und Amerika spürten<br />
die Auswirkungen der Schwierigkeiten in der Eurozone.<br />
56 %<br />
€<br />
der CEOs weltweit waren<br />
im Vorjahr von der Eurokrise<br />
finanziell betroffen.<br />
Starinvestor Warren Buffett ist immer wieder für<br />
eine Überraschung gut. Zum Jahresausklang 2011<br />
geht der drittreichste Mann der Welt ausgerechnet<br />
in Europa auf Shopping-Tour. Zu einer Zeit, als die<br />
Ratingagentur Standard & Poor’s Europas Politikern<br />
gerade mit der kollektiven Abstufung droht und die<br />
Aktienmärkte auf Talfahrt schickt.<br />
Zwar hat auch Buffett zu diesem Zeitpunkt „keine<br />
Vorstellung“ vom möglichen Ausgang der Schuldenkrise,<br />
wie er im TV-Interview mit CNBC eingesteht.<br />
Doch das ist für ihn zweitrangig. Es gebe in Europa<br />
„wunderbare Unternehmen“, sagt er, „Aktien, die ich<br />
mag“.<br />
Drei Monate später scheint Buffetts Kalkül aufgegangen<br />
zu sein. Es gibt den Euro immer noch, und die<br />
Aktienindizes sind seit Jahresanfang rasant gestiegen.<br />
Doch zahlt sich das Investment in Europa auch langfristig<br />
aus? Sind die Unternehmen wirklich so immun<br />
gegen die Schuldenkrise?<br />
Die globale Managerelite, die <strong>PwC</strong> jährlich im „CEO<br />
Survey“ befragt, scheint davon relativ überzeugt.<br />
Zwar sehen die Vorstandschefs den Konjunkturhorizont<br />
2012 weiter wolkenverhangen, doch ihre<br />
4 next:
wechselhaft<br />
Trotz Wirtschafts- und Finanzkrise<br />
zeigt sich die globale Managerelite<br />
optimistisch: Wo erwarten die Chefs<br />
die größten Wachstumschancen?<br />
Welche Risiken sehen sie für ihre<br />
Unternehmen? Antworten liefert der<br />
CEO Survey 2012 von <strong>PwC</strong>.<br />
Von Hendrik Roggenkamp<br />
Prognosen für das eigene Unternehmen fallen sehr<br />
viel freundlicher aus. So erwarten von den fast<br />
1.260 befragten Spitzenmanagern zwar fast 50 Prozent<br />
eine Verschlechterung der globalen Konjunktur,<br />
aber mehr als 80 Prozent glauben gleichzeitig<br />
an Umsatzzuwächse für die von ihnen geführten<br />
Konzerne. Selbst im krisengeschüttelten Europa<br />
überwiegt der Optimismus. Zwar ist die Stimmung in<br />
den PIGSStaaten nicht ganz so rosarot gefärbt wie in<br />
Deutschland. Dennoch sind sie von einer Depression<br />
weit entfernt: Von den Topmanagern italienischer<br />
Unternehmen etwa prognostizieren knapp 60 Prozent<br />
Umsatzzuwächse, in Spanien sogar 73 Prozent. Dabei<br />
mag eine Rolle spielen, dass die spanische Regierung<br />
vergleichsweise früh einen strikten Sparkurs eingeschlagen<br />
hat. „Wir haben eine Regierung, die von der<br />
Bevölkerung unterstützt wird und in den kommenden<br />
vier Jahren das Notwendige tun kann“, sagt<br />
Francisco González, Vorstandschef der Banco Bilbao<br />
Vizcaya Argentaria (BBVA).<br />
Trotz Zuversicht für das eigene Unternehmen bleiben<br />
Euro und Finanzkrise natürlich stark im Bewusstsein<br />
der CEOs verankert. Die konjunkturelle Unsicherheit<br />
zählen 80 Prozent der Befragten zu den wichtigsten<br />
Risikofaktoren der kommenden Monate, an zweiter<br />
Stelle steht die Sorge, dass die Regierungen ihre<br />
Haushaltsdefizite nicht in den Griff bekommen.<br />
Zudem hat das Jahr 2011 die CEOs vor allem eines<br />
gelehrt: Unerwartete Ereignisse können jede seriöse<br />
Prognose hinfällig machen – selbst wenn sie sich am<br />
anderen Ende der Welt abspielen. So hat die Atomkatastrophe<br />
von Fukushima nicht nur 70 Prozent der<br />
japanischen Unternehmen wirtschaftlich beeinträchtigt,<br />
sondern auch 55 Prozent der deutschen und<br />
40 Prozent der Firmen aus den USA.<br />
mai 2012 5<br />
§
next: Titel<br />
Selbstbewusster Musterschüler<br />
Warum die deutschen CEOs so optimistisch für die weitere Entwicklung<br />
ihrer Unternehmen sind<br />
Verunsichert über die Konjunkturperspektiven sind<br />
zwar auch die deutschen Vorstandschefs. Doch das<br />
eigene Unternehmen sehen sie davon kaum beeinträchtigt.<br />
Norbert Winkeljohann, Vorstandssprecher<br />
von <strong>PwC</strong> Deutschland: „Gut neun von zehn deutschen<br />
CEOs rechnen für 2012 mit einem Umsatzplus.<br />
Und auch für die mittelfristige Unternehmensentwicklung<br />
zeigen sie sich optimistisch. Auf Sicht der<br />
kommenden drei Jahre rechnen 73 Prozent von<br />
ihnen mit Umsatzzuwächsen. Zuversichtlicher sind<br />
die Topmanager nirgendwo auf der Welt.“<br />
So viel Selbstbewusstsein gab es hierzulande selten.<br />
Doch ist der Optimismus auch mittelfristig berechtigt?<br />
Oder sind die CEOs, berauscht vom Exportboom,<br />
womöglich ein bisschen zu zuversichtlich?<br />
Winkeljohann: „Nach der großen Krise von 2008<br />
haben die deutschen Topmanager ihre Ärmel bereits<br />
mächtig hochgekrempelt. Sie haben ihre Strukturen<br />
flexibilisiert und ihre Prozesse effizienter gestaltet.“<br />
Allein 2011 wurden gut 40 Prozent der Unternehmensfunktionen<br />
ausgelagert. Auch Kernbereiche,<br />
die noch vor wenigen Jahren als sakrosankt galten,<br />
waren davon betroffen. Beim Life-Science-Konzern<br />
Bayer etwa zählten früher vor allem Eigenentwicklungen.<br />
„Das ‚Not Invented Here‘-Syndrom war<br />
stark ausgeprägt. Mittlerweile haben wir uns daran<br />
gewöhnt, Innovationen von dort zu nehmen, wo wir<br />
sie bekommen können“, sagt Bayer-Vorstandschef<br />
Marijn Dekkers. Mit der Neuausrichtung einher ging<br />
ein strenger Konsolidierungskurs. Jeder vierte CEO<br />
hat sich von Randaktivitäten getrennt oder den Rückzug<br />
aus wenig lukrativen Märkten angetreten. Ein<br />
Kostensenkungsprogramm haben bereits drei Viertel<br />
aller deutschen Unternehmen durchlaufen. So wird<br />
verständlich, dass derzeit nur sehr wenige deutsche<br />
Topmanager ihre Unternehmensstrategie grundlegend<br />
ändern wollen. Die meisten Hausaufgaben<br />
haben sie bereits erledigt. Nur vier Prozent wollen<br />
die Weichen in den kommenden Monaten gänzlich<br />
neu stellen. Zum Vergleich: In Italien drängt dagegen<br />
jeder dritte Spitzenmanager auf einen radikalen<br />
Kurswechsel.<br />
„Kooperationen sind<br />
wichtiger geworden.<br />
Früher haben wir gedacht,<br />
wir könnten alles alleine<br />
schaffen. Das glauben<br />
wir heute nicht mehr.“<br />
Jouko Karvinen,<br />
CEO Stora Enso Oyi<br />
73%<br />
+<br />
der deutschen CEOs beurteilen das<br />
Umsatzwachstum ihres Unternehmens<br />
in den nächsten drei Jahren<br />
„sehr zuversichtlich“.<br />
Weltweit sind es 47 %, in Westeuropa sogar nur 42 %.<br />
6 next:
5<br />
Platz<br />
für<br />
Deutschland<br />
Welche Länder aus<br />
Sicht der CEOs für das<br />
Unternehmenswachstum<br />
am wichtigsten<br />
sind, die Top Ten<br />
China<br />
30% 22% 15% 14% 12%<br />
8% 6% 5% 5% 4%<br />
Go BRIC<br />
USA<br />
Russland Großbritannien Frankreich Japan Australien<br />
In welchen Regionen der Welt die globale Managerelite die besten<br />
Wachstumschancen erwartet<br />
Wenn es in der Wirtschaft um Wachstumsperspektiven<br />
geht, beherrscht ein Schlagwort seit Langem<br />
die Diskussion: BRIC – die Abkürzung für Brasilien,<br />
Russland, Indien und China. Und so ist es auch wenig<br />
überraschend, dass diese üblichen Verdächtigen<br />
bei den CEOs auch weiterhin ganz weit oben stehen,<br />
wenn sie über die Chancen für ihre Unternehmen<br />
nachdenken. Die BRIC-Staaten werden als Powerregionen<br />
geschätzt, nicht nur, weil sich in ihnen<br />
günstig produzieren lässt, sondern auch, weil sie<br />
zunehmend als Abnehmerländer erkannt werden.<br />
Wesentlich überraschender ist die Tatsache, dass<br />
die globale Managerelite Deutschland unter den<br />
Wachstumsmärkten der Welt auf Platz 5 nominiert.<br />
Befragte CEOs aus China sehen die Bundesrepublik<br />
sogar auf dem zweiten Rang – gleich hinter den USA.<br />
Ist also der „kranke Mann Europas“, wie der Oxford-<br />
Historiker Timothy Garton Ash Deutschland noch<br />
2005 nannte, plötzlich kerngesund? Oder ist die<br />
hiesige Wirtschaft bloß etwas weniger schwach als<br />
die übrigen Volkswirtschaften Europas?<br />
Aus asiatischer Sicht kommt die zweite Einschätzung<br />
der Realität wohl am nächsten. Pailin Chuchottaworn<br />
etwa, CEO des thailändischen Energiekonzerns<br />
PTT, sieht Deutschland in der Rolle des „last man<br />
standing“. Allerdings, so seine Einschätzung, könne<br />
good old Germany Europas Wirtschaft allein nicht<br />
aus der Misere führen. „Zur Lösung der Krise müss-<br />
Brasilien Indien Deutschland<br />
China<br />
Rückgang<br />
von 39% (2011)<br />
auf 30 %<br />
„Wir erleben einen<br />
historischen Moment.<br />
Die Schwellenländer<br />
sind dem ‚Virtuous Cycle‘<br />
dauerhaften Wachstums<br />
erstmals näher als die<br />
Industriestaaten.“<br />
Laércio José de Lucena<br />
Cosentino, CEO TOTVs<br />
ten die Europäer protektionistische Hürden beseitigen<br />
und China unbegrenzt Investitionen erlauben“,<br />
sagt er.<br />
Noch sind chinesische Kapitalspritzen für europäische<br />
Unternehmen eher die Ausnahme – allen<br />
Warnungen über einen angeblichen „Ausverkauf<br />
Europas“ zum Trotz. Nach Berechnungen des Statistikamts<br />
der Europäischen Union, Eurostat, flossen<br />
2010 aus den EU-Staaten insgesamt 7,1 Milliarden<br />
Euro als Direktinvestitionen nach China, während<br />
von chinesischen Unternehmen und Investoren nur<br />
700 Millionen Euro zurückflossen.<br />
An diesem West-Ost-Gefälle der Kapitalströme dürfte<br />
sich so schnell nichts ändern. Zumindest nehmen die<br />
CEOs aus den etablierten Industriestaaten derzeit<br />
weitaus häufiger Übernahmen im Ausland ins Visier<br />
als andersherum. Fast 40 Prozent der US-Manager<br />
und 35 Prozent der deutschen Vorstandschefs wollen<br />
2012 eine Transaktion jenseits der Landesgrenzen<br />
abschließen, aber nur 23 Prozent der China-CEOs.<br />
mai 2012 7 §
next: Titel<br />
Im Mittelpunkt<br />
steht der Kunde:<br />
Bayer-Chef Marijn<br />
Dekkers orientiert<br />
die Produktentwicklung<br />
an den<br />
jeweiligen Marktbedürfnissen.<br />
„Die einfachen Dinge sind alle<br />
schon erfunden“<br />
Wie Bayer-Chef Marijn Dekkers die Personalengpässe in<br />
Schwellenländern schließt<br />
Welchen Stellenwert haben Innovationen für<br />
Bayer?<br />
Innovationsfähigkeit hat einen wachsenden Einfluss<br />
auf den Business Case, allerdings sind die einfachen<br />
Dinge alle schon erfunden. Am wichtigsten ist es,<br />
dass echte Innovationen einen messbaren Nutzen für<br />
unsere Kunden – Patienten, Landwirte oder Automobilhersteller<br />
– mit sich bringen müssen. Brasilianische<br />
Farmen beispielsweise sind in der Regel tausendmal<br />
größer als Bauernhöfe in China oder Indien. Weil<br />
sich die Bedürfnisse kleinerer landwirtschaftlicher<br />
Betriebe stark von denen der großen unterscheiden,<br />
müssen wir unsere Produktentwicklung entsprechend<br />
anpassen. Es geht darum, genau die Produkte<br />
auf den Markt zu bringen, die Kunden brauchen.<br />
Welche strategische Bedeutung hat die Rekrutierung<br />
von Talenten für Bayer?<br />
Der Wettbewerb um Talente hat für jedes Unternehmen<br />
strategische Priorität. Im Endeffekt ist jedes<br />
Unternehmen nur so gut wie seine Mitarbeiter. Neu<br />
ist allerdings, dass die Anwerbung, Ausbildung und<br />
Bindung von Personal in Schwellen- und Entwicklungsländern<br />
zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor<br />
für die Unternehmen aus den Industriestaaten<br />
geworden ist.<br />
Was heißt das konkret?<br />
In manchen Jahren stellen wir mehr als 1.500 Mitarbeiter<br />
allein in China ein. Wo können wir die<br />
finden? Und wie bilden wir sie aus? Die sind ja alle<br />
sehr jung und unerfahren. Das Durchschnittsalter<br />
unserer Beschäftigten in China liegt bei 31 Jahren, in<br />
den meisten westlichen Ländern hingegen bei etwa<br />
45 Jahren. Das bedeutet einen unglaublich großen<br />
Erfahrungsunterschied. Aber wir arbeiten hart daran,<br />
diese Lücke durch Training und Weiterbildung so<br />
schnell wie möglich zu schließen.<br />
Glauben Sie, mittelfristig über ausreichend<br />
qualifiziertes Personal zur Umsetzung Ihrer Strategien<br />
zu verfügen?<br />
Wir sind stark auf talentierte und innovationsfreudige<br />
Mitarbeiter angewiesen. Das gilt nicht nur für<br />
die Forschung und Entwicklung, sondern auch für<br />
Bereiche wie Marketing, Vertrieb und Verwaltung.<br />
Während wir in Westeuropa und den USA dank<br />
unserer Marke und unseres Unternehmensimages<br />
erfolgreich um Fachkräfte konkurrieren und sie auch<br />
halten können, ist die Lage in den sich entwickelnden<br />
Ländern schwieriger. Benötigt werden dort insbesondere<br />
Führungskräfte im gehobenen Management.<br />
Mussten Sie Ihre Strategie ändern, um die richtigen<br />
Leute zu finden?<br />
Es wird immer Lücken auf der Welt geben, das lässt<br />
sich nicht vermeiden. Aber dort, wo wir die richtigen<br />
Leute nicht vor Ort finden, können wir die<br />
Engpässe in manchen Fällen überbrücken, indem<br />
wir auf unseren Talentpool in Europa oder den USA<br />
zurückgreifen. Wir ermutigen unsere Mitarbeiter,<br />
für drei oder vier Jahre als Expatriates nach Übersee<br />
zu gehen – nicht zuletzt auch wegen der großartigen<br />
Entwicklungsmöglichkeiten für sie selbst, die mit<br />
einem derartigen Schritt verbunden sind.<br />
8 next:
Krieg um Köpfe<br />
In welchen Ländern den Unternehmen die größten Personalengpässe drohen<br />
Ohne die richtigen Leute an Bord nutzt auch die<br />
beste Unternehmensstrategie nichts. Der viel beschworene<br />
Fachkräftemangel trifft die CEOs allerdings<br />
in sehr unterschiedlichem Maße. Während in<br />
Südamerika 64 Prozent der Befragten sagen, es sei<br />
in ihrer Branche schwieriger geworden, Fachkräfte<br />
zu finden, teilen in Westeuropa nur 32 Prozent diese<br />
Ansicht.<br />
Angesichts der ungleichen Entwicklung auf den globalen<br />
Arbeitsmärkten sind diese Unterschiede wenig<br />
überraschend: In Europa waren im Januar 2012 gut<br />
24 Millionen Menschen ohne Job – fast 1,5 Millionen<br />
mehr als noch vor einem Jahr. Und auch die Vereinigten<br />
Staaten sind trotz rückläufiger Arbeitslosenzahlen<br />
mit einer Quote von derzeit gut acht Prozent<br />
noch immer weit von der Vollbeschäftigung entfernt.<br />
Den Zusammenhang von Arbeitsmarktlage und Personalsituation<br />
verdeutlicht am besten ein Vergleich<br />
zwischen Deutschland und Spanien. In Deutschland<br />
liegt die Arbeitslosenquote nach Berechnungen des<br />
Europäischen Statistikamts Eurostat unter sechs<br />
Prozent, in Spanien dagegen über 20 Prozent. Kein<br />
Wunder deshalb, dass sechs von zehn deutschen<br />
CEOs derzeit länger nach Bewerbern suchen müssen,<br />
während sich in Spanien nur 13 Prozent der Vorstände<br />
mit diesem Engpass konfrontiert sehen.<br />
Ist der Fachkräftemangel also nur ein konjunkturelles<br />
Phänomen, das in Boomzeiten entsteht und in der<br />
Rezession wieder verschwindet? Oder herrscht im<br />
47%<br />
„War for Talents“ nur eine vorübergehende Waffenruhe?<br />
Zumindest mit Blick auf die nächsten drei Jahre<br />
halten 85 Prozent der Topmanager weltweit ihren<br />
Personalbedarf für gedeckt. Ob sie das allerdings<br />
auch noch in zehn oder fünfzehn Jahren so sehen,<br />
wenn die demografische Entwicklung in den Industriestaaten<br />
voll durchschlägt, ist eine andere Frage.<br />
Bereits heute haben sich die CEOs jedenfalls darauf<br />
eingestellt, dass bei der Rekrutierung von Spezialisten<br />
neue Kriterien eine immer größere Rolle spielen.<br />
„Die Jungen wollen einen sinnvollen Job, der Spaß<br />
macht und in dem sie etwas bewegen können“, sagt<br />
Keith McLoughlin, Vorstandschef von AB Electrolux.<br />
„Beruf und Familie sollen gleichermaßen Platz in<br />
ihrem Leben finden.“ Mit Geld allein lässt sich die<br />
Managementelite von morgen nicht mehr ködern.<br />
der CEOs sind für das Wachstum ihres Unternehmens<br />
in den nächsten drei Jahren sehr zuversichtlich,<br />
aber nur<br />
30%<br />
„Früher hat man 30<br />
Jahre lang für das<br />
gleiche Unternehmen<br />
gearbeitet, um so viel<br />
Geld wie möglich zu verdienen<br />
und eine Pension<br />
zu bekommen. Für junge<br />
Arbeitnehmer ist dies<br />
keine zufriedenstellende<br />
Perspektive mehr.“<br />
Keith McLoughlin, CEO<br />
AB Electrolux<br />
glauben, dass sie die nötigen<br />
Talente dafür an Bord haben.<br />
mai 2012 9 §
next: Titel<br />
2x<br />
How to grow<br />
Der Anteil der CEOs, die für ihr Unternehmenswachstum<br />
auf Innovationen vertrauen, hat sich<br />
aber nur<br />
+<br />
verdoppelt.<br />
Von welchen Wachstumstreibern sich die CEOs den größten Nutzen versprechen<br />
Auch wenn für amerikanische und westeuropäische<br />
Unternehmen Übernahmen im Ausland weit oben<br />
auf der Agenda stehen: Wirklich Sinn machen solche<br />
Transaktionen nur, wenn sie im Kontext einer übergeordneten<br />
Strategie stehen. Über die Prioritäten<br />
herrscht unter den Topmanagern weitgehend Einigkeit.<br />
Sowohl global als auch in Deutschland wollen<br />
sich die CEOs vorrangig auf die bereits erschlossenen<br />
Märkte konzentrieren. Die weitere Expansion<br />
genießt dagegen nur für 18 Prozent Priorität.<br />
Zweitwichtigster Wachstumstreiber für die Unternehmensentwicklung<br />
ist nach Ansicht der Manager<br />
die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen.<br />
Entsprechend wollen knapp drei von vier<br />
Befragten in den kommenden Monaten ihre F&E-<br />
Kapazitäten aufstocken.<br />
Innovationen allein bringen allerdings noch keinen<br />
Wettbewerbsvorteil auf den Exportmärkten. „Wir<br />
haben unseren Umsatz binnen zehn Jahren von<br />
22 Milliarden auf 37 Milliarden US-Dollar gesteigert“,<br />
sagt etwa Honeywell-CEO David Cote. „Dies<br />
haben wir nicht geschafft, indem wir amerikanische<br />
Produkte einfach irgendwo anders verkauft haben.<br />
Um erfolgreich zu sein, muss man seine Produkte vor<br />
Ort entwickeln, designen und produzieren.“<br />
Auch den deutschen Unternehmenslenkern ist längst<br />
klar, dass sie sich nicht allein auf das Qualitätslabel<br />
„Made in Germany“ verlassen können. Deutsche<br />
Autohersteller beispielsweise unterhalten – zum Teil<br />
„Es geht darum, genau<br />
die Produkte auf den<br />
Markt zu bringen, die<br />
die Kunden brauchen.“<br />
Marijn Dekkers, Vorstandschef<br />
der Bayer AG<br />
schon seit Jahrzehnten – auf ihren wichtigsten Auslandsmärkten<br />
nicht nur eigene Produktionsstätten.<br />
Sie fertigen darüber hinaus auch spezielle Modelle,<br />
die ausschließlich im Ausland zu kaufen sind.<br />
All business is local – dieser Gedanke setzt sich mehr<br />
und mehr auch in anderen Branchen durch. So ist es<br />
für Bayer-Chef Marijn Dekkers (s. auch Interview auf<br />
S. 8) selbstverständlich, dass im Pharmageschäft die<br />
von Land zu Land unterschiedlichen medizinischen<br />
Bedürfnisse berücksichtigt werden müssen. „Für<br />
Länder, die besondere medizinische Anforderungen<br />
stellen, müssen Innovationen angeboten werden, die<br />
speziell auf diese Länder zugeschnitten sind“, sagt er.<br />
Für die Produktion und die Entwicklung vor Ort<br />
sind die Unternehmen allerdings auf einheimische<br />
Fachkräfte angewiesen. Viele Unternehmen, die erst<br />
jetzt damit beginnen, ihre F&E-Kapazitäten jenseits<br />
der Grenzen aufzubauen, sind ziemlich spät dran.<br />
„Im Westen müssen wir nicht um Talente kämpfen“,<br />
sagt Dekkers, „aber in den Schwellenländern ist die<br />
Konkurrenz um die wirklich guten Leute sehr hart.“<br />
Die vollständigen Ergebnisse des 15th Global<br />
CEO Survey von <strong>PwC</strong> finden Sie online unter<br />
www.pwc.com/ceosurvey<br />
10 next:
Sommer- und<br />
Winterfahrplan:<br />
Bahnchef Rüdiger<br />
Grube stellt sich<br />
auf unsichere Zeiten<br />
in 2012 ein.<br />
„Wir wollen ein Unternehmen sein,<br />
das Ökonomie, Soziales und Ökologie<br />
dauerhaft in Einklang bringt.“<br />
Warum Bahnchef Rüdiger Grube die DB weiter auf Nachhaltigkeit ausrichtet<br />
Wie hat die weltweite Konjunkturentwicklung Ihr<br />
Unternehmen beeinträchtigt?<br />
Zunächst einmal müssen wir feststellen, dass die Märkte<br />
seit der Wirtschaftskrise von 2008 und 2009 extrem<br />
volatil sind. Zudem haben politische, wirtschaftliche<br />
und auch regulatorische Entwicklungen der vergangenen<br />
Jahre die Unsicherheit weiter erhöht. Die<br />
Atomkatastrophe von Fukushima und die politischen<br />
Umbrüche in Nordafrika bzw. dem Mittleren Osten<br />
beispielsweise hatten direkte Auswirkungen auf die<br />
globalen Lieferketten. Auch die Euro-Schuldenkrise<br />
hat Spuren in der Realwirtschaft und damit der Transportbranche<br />
hinterlassen. Wichtige Belastungsfaktoren<br />
für die Weltwirtschaft waren zudem der außerordentliche<br />
Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise.<br />
Was erwarten Sie für das laufende Jahr?<br />
Meiner Ansicht nach bleiben Marktschwankungen<br />
und -unsicherheiten auch für 2012 prägend. Wir<br />
sind mit einer Vielzahl von Risiken konfrontiert. Die<br />
Schuldenkrise in Europa wird sich möglicherweise verschärfen,<br />
Sparprogramme der Regierungen könnten<br />
zu geringeren Ausgaben der öffentlichen Hand für den<br />
Transport- und Verkehrssektor führen. Hinzu kommen<br />
die hohe Arbeitslosigkeit in einigen Ländern sowie<br />
mögliche Streiks.<br />
Wie hat sich die Strategie Ihres Unternehmens in<br />
den vergangenen Jahren verändert?<br />
Die Bahnreform von 1994, die den Markt für Wett-<br />
bewerber geöffnet hat, war der Beginn einer neuen<br />
Eisenbahn-Ära in Deutschland. Um ein modernes,<br />
effizientes und kundenorientiertes Unternehmen zu<br />
werden, mussten wir uns neu aufstellen. Entsprechend<br />
haben wir unsere Bemühungen auf die Steigerung von<br />
Produktivität und Profitabilität, den Abbau von Schulden<br />
und den Aufbau unternehmerischer Strukturen<br />
konzentriert. Heute sehen wir uns mit vielfältigen sozialen<br />
und ökologischen Herausforderungen in unserem<br />
Marktumfeld konfrontiert, denen wir im Rahmen einer<br />
neuen, auf Nachhaltigkeit basierenden Strategie begegnen<br />
werden. Unser Ziel ist es, Ökonomie, Soziales<br />
und Ökologie dauerhaft in Einklang zu bringen.<br />
Wie ist Ökologie in Ihrer Strategie konkret<br />
verankert?<br />
Die Eisenbahn ist im Vergleich zu Transportmitteln wie<br />
Auto oder Flugzeug bereits heute deutlich umweltfreundlicher.<br />
Dennoch wollen wir unsere Führungsposition<br />
als umweltbewusstes Unternehmen weiter<br />
festigen. Beispielsweise soll der Anteil erneuerbarer<br />
Energien am Gesamtverbrauch in unserem Schienenverkehr<br />
bis 2020 auf 35 Prozent und bis 2050 auf 100<br />
Prozent steigen. Zudem weiten wir unser Angebot an<br />
„grünen“ Produkten und Dienstleistungen aus und<br />
setzen auf weitere Effizienzsteigerungen beim Ressourceneinsatz.<br />
Wir gehen davon aus, dass sich unsere<br />
ökologische Ausrichtung künftig immer stärker auch<br />
auf der Erlösseite auswirken wird.<br />
Ist die Personalsituation schwieriger geworden?<br />
Als Dienstleistungsunternehmen mit starker technischer<br />
Ausrichtung sind wir in besonderem Maße auf<br />
qualifizierte und hoch motivierte Beschäftigte angewiesen.<br />
Unsere Antwort auf den demographischen<br />
Wandel und den verschärften „Kampf um die besten<br />
Köpfe“ auf vielen unserer Märkte ist ein dreigleisiger<br />
Ansatz: Erstens gehen wir bei der Rekrutierung<br />
breiter vor, d.h. wir zielen auf einen größeren Talent-<br />
Pool ab. Beispielsweise soll der Frauenanteil in der<br />
Gesamtbelegschaft bis 2015 auf 25 Prozent und im<br />
Management auf 20 Prozent steigen. Zweitens setzen<br />
wir auf kontinuierliche Personalentwicklung und die<br />
Förderung individueller Beschäftigungsfähigkeit .<br />
Und drittens wollen wir die Mitarbeiter, die bereits an<br />
Bord sind, durch attraktive Beschäftigungsbedingungen<br />
und eine werteorientierte Unternehmenskultur<br />
dauerhaft an uns binden.<br />
mai 2012 11
next: Märkte<br />
Zu Wasser, zu Lande und<br />
Künstliche Seeschlangen, Algenplantagen,<br />
Drachenkraftwerke: Mit dem Atomausstieg<br />
bricht jetzt die Zeit der Pioniere an.<br />
Forscher arbeiten an völlig neuen Technologien,<br />
um klimafreundlichen Strom<br />
zu erzeugen. Sind sie erfolgreich, werden<br />
Windräder und Solarmodule vielleicht<br />
schon bald zum alten Eisen gehören.<br />
Von Ralph Diermann<br />
Es klingt ein bisschen nach Science-Fiction: Nordafrika<br />
als die Kraftwerkszentrale Europas. Doch<br />
was vor zwei Jahren nur auf dem Papier stand,<br />
nimmt nun tatsächlich Form an. Als erstes Referenzprojekt<br />
will die Planungsgesellschaft Desertec<br />
– ein Konsortium, zu dem unter anderen die<br />
Deutsche Bank, Siemens, Münchner Rück und die<br />
Energiekonzerne E.ON und RWE gehören – noch<br />
im laufenden Jahr mit dem Bau eines Mega-Solarkraftwerks<br />
in der Wüste Marokkos beginnen. Eine<br />
Anlage auf zwölf Quadratkilometern Fläche, die<br />
bis zu 500 Megawatt Strom erzeugen soll – etwa<br />
die Hälfte eines modernen Atomkraftwerks.<br />
Und das ist erst der Anfang. Bis 2050 sollen in<br />
Nordafrika für insgesamt 400 Milliarden Euro so<br />
viele Sonnenkraftwerke entstehen, dass sie nicht<br />
nur den Energiebedarf vor Ort decken, sondern<br />
auch noch rund 15 Prozent des europäischen<br />
Verbrauchs. Neun Millionen Quadratkilometer<br />
12 next:
in der Luft<br />
Wüstenfläche misst die Sahara. Dabei würden<br />
schon 200.000 Quadratkilometer Solarfläche<br />
reichen, um den gesamten Energiehunger der Welt<br />
zu decken. Zugegeben, das klingt visionär. Aber das<br />
war bei anderen Projekten in der Vergangenheit<br />
nicht an ders. Wer hätte Anfang der Achtzigerjahre<br />
etwa gedacht, dass es einmal Windräder geben<br />
könnte, so hoch wie der Kölner Dom? Oder dass<br />
die Erzeugung einer Kilowattstunde Sonnenstrom,<br />
die 1985 noch rund 1,70 Euro kostete, heute für<br />
weniger als 30 Cent zu haben ist?<br />
Binnen weniger Jahrzehnte haben Ingenieure und<br />
Wissenschaftler aus Unternehmen und Hochschulen<br />
die regenerativen Energien effizienter, preiswerter<br />
und zuverlässiger gemacht. Und auch jetzt<br />
ruhen die Hoffnungen erneut auf ihren Schultern<br />
– mit dem beschlossenen Atomausstieg sogar mehr<br />
denn je. Deutschlands Stromkonzerne erproben<br />
Wellen- und Osmosekraftwerke oder züchten Algen<br />
für die Biomasseproduktion. Sie erzeugen Strom<br />
in der Stratosphäre und auch durch die intelligente<br />
Nutzung von Ebbe und Flut. Beides Technologien,<br />
die den etablierten Fotovoltaik- und Windenergieanlagen<br />
etwas Entscheidendes voraushaben: Sie<br />
können kontinuierlich Energie liefern – bei Tag<br />
oder Nacht, bei Sturm oder Flaute.<br />
„Der große Vorteil von Anlagen wie Gezeitenkraftwerken<br />
liegt in ihrer Fähigkeit, Grundlast zu erzeugen“,<br />
sagt Henning Hönsch, verantwortlicher Partner<br />
für den Bereich erneuerbare Energien bei <strong>PwC</strong>.<br />
Das sei notwendig, um die Stromversorgung stabil<br />
zu halten. So bricht mit der Energiewende jetzt die<br />
Zeit der Pioniere an. Noch vermag niemand zu<br />
sagen, aus welchen Quellen sich unser Strom im<br />
Jahr 2050 speisen wird. Aber eines scheint gewiss:<br />
Die Energiegewinnung von morgen wird nichts<br />
mehr gemein haben mit der Welt, in der wir heute<br />
leben.<br />
Tanz auf den Wellen<br />
Die Kraft der Meere: In den Ozeanen lässt sich mehr<br />
Energie gewinnen als in allen Atomkraftwerken der Welt<br />
Eine zweihundert Meter lange, feuerrote Seeschlange namens<br />
Pelamis schwimmt vor den Orkney-Inseln über die Nordsee. Das<br />
Ungetüm besteht aus einzelnen Segmenten, die durch den Seegang<br />
gegeneinander verschoben werden. Dabei treiben sie Hydraulikpumpen<br />
an, die in ihrem Inneren installiert sind. Diese wiederum<br />
setzen einen Generator in Gang, der Strom erzeugt. Mit 750 Kilowatt<br />
liefert das E.ON gehörende Wellenkraftwerk so viel Leistung wie<br />
100 durchschnittliche Solaranlagen auf dem Einfamilienhaus.<br />
Wie Sonne und Wind ist die Kraft der Meere unerschöpflich. Doch<br />
erst langsam entwickeln Unternehmen Technologien, um diese<br />
Energiequelle zu nutzen. Jedes Jahr ließen sich rund 6.000 Terawattstunden<br />
Strom aus den Wellen der Meere gewinnen – mehr als<br />
doppelt so viel, wie alle Atomkraftwerke weltweit derzeit liefern.<br />
Zeigt sich Pelamis robust, will E.ON in den nächsten Jahren testweise<br />
bis zu zwölf weitere Seeschlangen vom Stapel lassen. „Wir sehen<br />
in der Technologie definitiv eine Chance, denn sie verbreitert unser<br />
Portfolio an Erneuerbare-Energien-Anlagen“, sagt Amaan Lafayette,<br />
Marine Development Manager bei E.ON UK. „Zudem hat die Wellenenergie<br />
das Potenzial, die schwankenden Erträge aus anderen<br />
Technologien auszugleichen.“<br />
mai 2012 13<br />
§
next: Märkte<br />
Zwischen Himmel und Erde<br />
Strom über den Wolken: Fliegende Kraftwerke sollen den Wind dort einfangen,<br />
wo er am stärksten bläst<br />
Wer bei einer ordentlichen Brise schon einmal einen<br />
Drachen hat steigen lassen, weiß, mit wie viel Kraft<br />
der Wind dort oben bläst. Findige Unternehmer<br />
wollen die Technologie der Windenergiegewinnung<br />
jetzt auf diese Art revolutionieren: Riesige Lenkdrachen<br />
sollen in vielen Hundert Metern Höhe ihre<br />
Bahnen ziehen und dabei Strom erzeugen. Denn mit<br />
jedem Meter mehr bläst der Wind stärker. Deshalb<br />
schießen auch die konventionellen Windräder in<br />
Ständig unter Strom<br />
Jeder Mensch ist ein Kraftwerk. Laufend geben wir<br />
Energie an unsere Umgebung ab – als Druck, Bewegung<br />
oder Wärme. Schon seit einigen Jahren arbeiten<br />
Unternehmen daran, diese Kraftquelle zu nutzen. Sie<br />
entwickeln Geräte, die mit Magneten oder Spulen<br />
ausgestattet sind und bei Bewegung Strom erzeugen.<br />
Oder tüfteln an Kristallen, die elektrische Ladungen<br />
freisetzen, sobald sie verformt werden – etwa indem<br />
ein Schalter gedrückt wird. Energy Harvesting heißt<br />
diese Technologie. „Die Energie mengen, die wir damit<br />
ernten, sind zwar nicht groß. Sie reichen jedoch aus,<br />
um zum Beispiel einen drahtlosen Sensor zu versorgen“,<br />
sagt Peter Woias, Professor für Mikrosysteme an<br />
den Himmel. Allerdings ist für sie heute bei 150<br />
Metern Nabenhöhe Schluss. Für Lenkdrachen dagegen<br />
gibt es im Prinzip kein Limit. Manche Experten<br />
träumen sogar davon, den Jetstream in fünf bis zehn<br />
Kilometern Höhe anzu zapfen.<br />
Diese Höhenkraftwerke funktionieren ähnlich wie ein<br />
Jo-Jo: An einem langen Seil befestigt, schrauben sich<br />
die Drachen in die Höhe. Mit der Kraft, die durch das<br />
Abwickeln des Seiles entsteht, erzeugt ein Generator<br />
Strom. Hat der Lenkdrachen seine Endposition<br />
erreicht, wird er so gegen den Wind gestellt, dass<br />
er sich mit möglichst wenig Kraft wieder einholen<br />
lässt. Danach beginnt der Vorgang von vorn. Unterm<br />
Strich bleibt ein satter Energiegewinn. Erste Prototypen<br />
haben bereits bewiesen, dass die Technologie<br />
funktioniert. Bei einer Leistung von wenigen Kilowatt<br />
können es die Drachen aber noch nicht mit den Fünf-<br />
Megawatt-Windrädern aufnehmen, die heute vielerorts<br />
Standard sind. Doch ihr Potenzial ist groß. Nicht<br />
zuletzt, weil sie – anders als die Windräder – in vielen<br />
Hundert Metern Höhe quasi unsichtbar bleiben.<br />
Nur im Schlaf ist der Akku leer: Energy Harvesting gewinnt Energie aus der Bewegungslust der Menschen<br />
der Universität Freiburg. Damit könnten beispielsweise<br />
künftig die Fühler in Autoreifen gespeist werden, die den<br />
Druck in den Pneus messen. Was mit der Technologie<br />
prinzipiell alles möglich ist, zeigt ein Versuch in einer<br />
Rotterdamer Diskothek. Mit jedem Tänzer mehr sinkt<br />
dort die Energierechnung. Flexibel gelagerte Bodenplatten<br />
nehmen die Bewegungen auf dem Dancefloor auf,<br />
ein Generator macht daraus Strom. Wenn der Saal tobt,<br />
reicht das immerhin schon aus, um die LED-Lichtanlage<br />
mit Energie zu versorgen. Genauso könnten eines Tages<br />
hoch frequentierte Treppenstufen oder Autobahnen als<br />
Kraftwerke fungieren und den Druck von Passanten und<br />
Fahrzeugen in sauberen Strom verwandeln.<br />
14 next:
Wenn Algen Gas geben<br />
Biomasse lässt sich nur aus <strong>Mai</strong>s oder Raps gewinnen: Algen wachsen sehr viel schneller und<br />
verbrauchen keine Ackerflächen für die Lebensmittelproduktion<br />
Am Anfang war die Alge. Mit einem Alter von drei<br />
Milliarden Jahren sind die Wasserpflanzen eine der<br />
ältesten Lebensformen unseres Planeten. Jetzt stehen<br />
sie womöglich vor einer ganz neuen Karriere. Denn<br />
Forscher wollen die Algen zu Biogas vergären, um<br />
damit in Blockheizkraftwerken Strom und Wärme zu<br />
erzeugen. Auch Biodiesel könnten die schleimigen<br />
Organismen liefern.<br />
Was unter die Haut geht<br />
Nicht unwahrscheinlich, dass wir in zwanzig Jahren mitten<br />
in einem Kraftwerk leben. Hausfassaden, Fensterscheiben<br />
und Autos könnten künftig Strom erzeugen, wenn sie mit<br />
hauchdünnen, unsichtbaren Solarfolien überzogen sind.<br />
Diese „zweite Haut“ enthält elektrisch leitfähige Kohlenstoffmoleküle,<br />
die Energie liefern, sobald Sonnenlicht<br />
auf sie fällt. Weil die Folien extrem leicht, formbar und<br />
transparent sind, eignet sich fast jede beliebige Fläche zur<br />
Energieerzeugung. So hat etwa der Autokonzern Daimler<br />
erst jüngst den Prototypen eines Elektro-Smarts vorgestellt,<br />
dessen Karosserie Strom erzeugen kann. Und dabei muss es<br />
nicht bleiben. Schon in einigen Jahren könnten Hersteller<br />
aus der Bauindustrie komplette Fassadenelemente und<br />
Fensterscheiben mit der Solarhaut überziehen. Thyssen-<br />
Krupp zum Beispiel arbeitet momentan daran, entsprechende<br />
Bauteile aus Stahl zu entwickeln. Allerdings kommt die<br />
Technologie bisher nur auf eine Energieausbeute von zwei<br />
bis drei Prozent. „Ich rechne damit, dass wir bald Produkte<br />
auf dem Markt sehen werden, deren Wirkungsgrad bei acht<br />
bis zehn Prozent liegt“, sagt Konstantinos Fostiropoulos vom<br />
Helmholtz-Zentrum Berlin. Dann kann es die Solarhaut<br />
beim Ertrag auch mit der etablierten Dünnschicht-Fotovoltaik<br />
aufnehmen.<br />
Algen haben gegenüber anderen Pflanzen einen sehr<br />
entscheidenden Vorteil: Sie wachsen extrem schnell.<br />
Unter optimalen Bedingungen bilden sie auf gleicher<br />
Fläche zehnmal mehr Biomasse als <strong>Mai</strong>s oder Raps –<br />
derzeit die beiden wichtigsten Energiepflanzen. Dazu<br />
brauchen sie nicht mehr als Licht, Kohlendioxid und<br />
etwas Wärme. „Einige Einzeller verdoppeln sich alle<br />
sechs bis acht Stunden“, sagt Olaf Kruse, Professor<br />
für Biotechnologie an der Universität Bielefeld. Allerdings<br />
ist es wenig praktikabel, die Algen aus Meeren<br />
und Seen zu fischen. Deshalb arbeiten zurzeit gleich<br />
mehrere deutsche Unternehmen und Forschungsinstitute<br />
daran, solche Organismen auch an Land zu<br />
züchten. RWE zum Beispiel unterhält nahe Köln eine<br />
Algenplantage, die mit Kohlendioxid eines nahe gelegenen<br />
Kohlekraftwerks gedüngt wird. In Dutzenden<br />
durchsichtiger, mit Wasser gefüllten Plastiksäcken<br />
wächst die zähe, grüne Masse heran. Wissenschaftler<br />
untersuchen derzeit, wie sie sich bestmöglich zu<br />
Biogas vergären lässt.<br />
Anders als <strong>Mai</strong>s und Raps entgehen die Algenplantagen<br />
dem sogenannten „Tank statt Teller“-Dilemma:<br />
Die Äcker stehen weiterhin für die Lebensmittelproduktion<br />
zur Verfügung, weil sich die Algen auf Brachland<br />
oder Industrieflächen züchten lassen. Allerdings<br />
sind die Kosten momentan noch immens hoch.<br />
Wo Fläche ist, ist auch Energie: Dünnste Folien auf Häusern und Autos könnten künftig Strom liefern<br />
mai 2012 15
next: Märkte<br />
700.000 Exemplare in 48 Jahren – es gibt Autos, die verkaufen sich häufiger.<br />
Doch es gibt nur ganz wenige, die so berühmt sind wie der 911. Bernhard<br />
<strong>Mai</strong>er, im Vorstand der Porsche AG verantwortlich für die Ressorts Vertrieb<br />
und Marketing, über die Weiterentwicklung des Sportwagen-Mythos, die<br />
Vorlieben der Chinesen – und die Zukunft des Elektroautos.<br />
Von Stefan Schmortte<br />
Wann kommt denn jetzt der VW-Porsche auf den<br />
Markt?<br />
Das wird nicht passieren. Was immer wir auf den<br />
Markt bringen, wird ein echter Porsche sein. Übrigens,<br />
mit dem Cayenne gibt es bereits einen echten<br />
Porsche, der gemeinsam mit VW und Audi entwickelt<br />
wurde und seit 2002 sehr erfolgreich am Markt<br />
verkauft wird.<br />
Im Zuge der geplanten Integration in den VW-Konzern<br />
meinten wir jetzt eigentlich ein anderes Auto.<br />
Eine Neuauflage des legendären VW-Porsche, der<br />
zwischen 1969 und 1975 über die Straßen rollte.<br />
Also einen echten Volks-Porsche, sagen wir mal,<br />
für 30.000 Euro.<br />
Den Einstieg in die exklusive Markenwelt von<br />
Porsche bilden der Boxster und künftig der Macan,<br />
unser urbaner Geländewagen. Ein Porsche für<br />
30.000 Euro passt nicht zu unserer Premium-Marke<br />
und ist in absehbarer Zeit nicht geplant.<br />
Porsche hat gerade das beste Ergebnis seiner Unternehmensgeschichte<br />
vorgelegt und Absatz sowie<br />
operatives Ergebnis um jeweils mehr als 20 Prozent<br />
gesteigert. Kann es 2012 für Sie so erfolgreich<br />
weitergehen?<br />
Unser Ziel für das laufende Geschäftsjahr lautet,<br />
die Werte von 2011 noch einmal zu übertreffen. Im<br />
Vordergrund steht dabei profitables, qualitatives<br />
Wachstum.<br />
Das heißt konkret?<br />
Eine noch genauere Prognose für das Gesamtjahr<br />
können wir momentan nicht abgeben, nicht zuletzt<br />
aufgrund der weiterhin sehr heterogenen wirtschaftlichen<br />
Entwicklung. Zuversichtlich stimmt<br />
uns, dass wir die Kundenauslieferungen im ersten<br />
Quartal weltweit um über zehn Prozent gegenüber<br />
dem Vorjahr steigern konnten.<br />
Wie stark beeinflusst die Euro- und Finanzkrise<br />
Ihr Geschäft?<br />
Wir spüren bisher keine massiven negativen Auswirkungen.<br />
Unser Vorteil ist, dass wir international<br />
sehr gut aufgestellt sind und von den aufstrebenden<br />
Volkswirtschaften in Asien und auch von der<br />
Erholung im Nordamerika-Geschäft profitieren.<br />
Natürlich gibt es im krisengeschüttelten Europa<br />
einige Märkte, die sehr zu kämpfen haben. Hier ist<br />
nach wie vor nicht klar, wie sich die Ergebnisse im<br />
Jahresverlauf entwickeln werden. Unser Heimatmarkt<br />
Deutschland zeigt hingegen eine stabile<br />
Entwicklung.<br />
Der nach Nordamerika zweitwichtigste Absatzmarkt<br />
für Porsche ist China. Dort verkaufen<br />
Sie mittlerweile fast 25.000 Fahrzeuge, knapp<br />
70 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Nun<br />
kappt China aber erstmals seit Jahren seine<br />
Wachstumsprognosen. Rechnen Sie mit einer Eintrübung<br />
des Geschäfts?<br />
Wir rechnen in China auch künftig mit einer sehr<br />
guten Entwicklung. Natürlich kann man den Aufholprozess,<br />
den das Land gerade durchläuft, nicht<br />
in die Ewigkeit fortschreiben. Dennoch sind wir für<br />
China weiterhin sehr optimistisch.<br />
Andere Hersteller gewähren in China bereits<br />
Preisnachlässe, um ihre Marktanteile zu sichern.<br />
Sie nicht?<br />
Porsche gibt grundsätzlich keine herstellerseitigen<br />
Preisnachlässe. Unser Geschäftsmodell lautet<br />
Balanced Demand and Supply: Wir bauen also<br />
immer ein Auto weniger, als der Markt verlangt.<br />
Am erfolgreichsten sind Sie in China derzeit mit<br />
dem Cayenne unterwegs. Gut 13.000 Stück haben<br />
Sie voriges Jahr davon verkauft, vom 911er dagegen<br />
nur 929 Stück. Mögen die Chinesen keine<br />
Sportwagen?<br />
In Summe ist China natürlich eher ein Markt für große<br />
Autos wie den Cayenne oder den Panamera.<br />
16 next:<br />
§
Sagen Sie mal, Herr <strong>Mai</strong>er …<br />
… wann kommt denn jetzt der<br />
VW-Porsche auf den Markt?<br />
mai 2012 17
next: Märkte<br />
Wir erreichen in China aber zugleich auch hervorragende<br />
Segmentanteile bei den Sportwagen. Nur ist<br />
die Segmentgröße momentan noch nicht mit der in<br />
unseren traditionellen Kernmärkten vergleichbar,<br />
wo Sportwagen auch kulturell eine ganz andere<br />
Bedeutung haben. Doch unsere chinesischen Kunden<br />
beginnen sich derzeit massiv für Sportwagen zu<br />
interessieren. Vor diesem Hintergrund sind 1.000 verkaufte<br />
Elfer in China ein absolutes Spitzenergebnis.<br />
Für Boxster und Cayman ist China in 2011 bereits der<br />
zweitstärkste Markt gewesen.<br />
Können Sie sich vorstellen, künftig auch Fahrzeuge<br />
in China zu fertigen?<br />
Porsche steht für Made in Germany. Das ist Teil unserer<br />
Authentizität. Nur wenn es eine rechtliche oder<br />
wirtschaftliche Notwendigkeit dafür gibt, werden<br />
wir einen solchen Schritt prüfen. Also beispielsweise,<br />
wenn wir durch Einfuhrzölle oder Importbeschränkungen<br />
dazu gezwungen würden. Dann wäre eine<br />
CKD-Produktion vor Ort für uns vorstellbar. Aktuell<br />
gibt es jedoch keine Planungen dazu.<br />
Wie wollen Sie den chinesischen Markt weiter<br />
erschließen?<br />
Unser Ziel ist, die Betreuungsqualität für unsere<br />
Kunden vor Ort weiter zu steigern. Deshalb planen<br />
wir, die Zahl unserer Porsche-Zentren in China von<br />
derzeit 41 in den nächsten zwei bis vier Jahren auf<br />
80 bis 100 Standorte in etwa zu verdoppeln.<br />
Die Schattenseiten Ihres Erfolgs, nicht nur in China,<br />
sind lange Lieferzeiten. Wie lange müssen Kunden<br />
derzeit auf einen 911er warten?<br />
Derzeit etwa sechs Monate, was für uns akzeptabel<br />
ist. Denn fast jeder Porsche, der vom Band rollt, ist<br />
vom Kunden spezifiziert – wir bauen nicht auf Vorrat.<br />
Nur Democars werden vorab vom Händler konfiguriert.<br />
Kritisch sind Wartezeiten erst, wenn sie für<br />
unsere Kunden zu ungünstigen Umständen führen.<br />
An eine Ausweitung der Produktionsstandorte<br />
denken Sie deshalb nicht?<br />
Dazu gibt es keine Überlegungen. Im Hinblick auf<br />
die Steigerung der Effizienz hingegen schon. Wir<br />
prüfen permanent unsere Prozesse. Dazu gehören<br />
auch die Fertigungszeiten und damit die Kapazitätsausweitung<br />
unserer bestehenden Werke. Deshalb<br />
investieren wir kräftig in unsere Produktionsstandorte.<br />
Allein in Zuffenhausen haben wir 200 Millionen<br />
Euro für eine neue Lackiererei aufgewendet.<br />
Das ist momentan die umweltfreundlichste Anlage<br />
ihrer Art mit den niedrigsten Emissionswerten weltweit.<br />
Und auch in Leipzig investieren wir bis 2013<br />
rund 500 Millionen Euro, um den Standort für die<br />
Macan-Produktion auszubauen.<br />
Der Macan ist die fünfte Modellreihe Porsches und<br />
ein wichtiger Baustein innerhalb Ihrer Strategie<br />
2018. Sie wollen Ihren Absatz in den nächsten<br />
sechs Jahren auf 200.000 Fahrzeuge verdoppeln.<br />
Wie soll das gelingen?<br />
Die Verdoppelung unserer Absatzzahlen ist kein<br />
maßgebliches Ziel, sondern das Resultat verschiedener<br />
Maßnahmen. Unser strategisches Ziel ist es,<br />
unser Modellportfolio, die weltweite Kundenbasis<br />
und unsere Präsenz auf den Weltmärkten zu verbreitern.<br />
Wir haben ja bereits im Geschäftsjahr 2007/08<br />
ohne den Panamera knapp 100.000 Einheiten verkauft.<br />
Mit dem Panamera kamen dann noch einmal<br />
25.000 Einheiten dazu. Und auch der Macan wird<br />
ab 2014 unsere Absatzzahlen steigern. Wenn Sie alle<br />
diese Maßnahmen in ihrer Konsequenz betrachten,<br />
kommt man auf eine Zahl in dieser Größenordnung.<br />
Außerdem: Wenn der Weltmarkt, wie prognostiziert,<br />
bis Ende des Jahrzehnts von derzeit 65 Millionen<br />
Autos auf dann 100 Millionen Einheiten wächst,<br />
dann werden wir sicher auch davon profitieren. Am<br />
Ende ist für uns entscheidend, dass wir unsere übergeordneten<br />
Ziele erreichen.<br />
18 next:
Die da wären?<br />
Im Zentrum stehen nachhaltiges Wachstum und<br />
die Stärkung unserer Marke. Wir wollen ein einzigartiges<br />
Kauf- und Besitzerlebnis bieten, profitabel<br />
wachsen und ein verlässlicher wirtschaftlicher<br />
Partner und Arbeitgeber sein.<br />
Für den Macan haben Sie ein Absatzziel von<br />
50.000 Einheiten pro Jahr definiert. Wann wollen<br />
Sie das erreichen?<br />
Wir betrachten den Absatz aller unserer Produkte<br />
über den gesamten Lebenszyklus. In diesem Zeitraum<br />
gibt es eine geplante Absatzkurve. 50.000<br />
Einheiten für den Macan sind für uns daher nur eine<br />
erste Indikation.<br />
Wie der Boxster ist auch der Macan eine Art<br />
Einsteigermodell in die Markenwelt von Porsche.<br />
Hat sich Ihre Hoffnung eigentlich bestätigt, dass<br />
Boxster-Kunden danach auch einen 911er kaufen?<br />
Absolut. Mehr als 20 Prozent unserer Kunden, die<br />
in der Vergangenheit einen Boxster gekauft haben,<br />
sind danach auf einen 911er umgestiegen. Beim<br />
Macan erwarten wir im eingeschwungenen Zustand<br />
eine ähnliche Entwicklung.<br />
Parallel zum Macan bringen Sie Ende 2013 den<br />
Supersportler 918 Spyder auf den Markt. Einen<br />
offener Zweisitzer mit Plug-in-Hybrid-Antrieb<br />
für knapp 770.000 Euro. Wie viele Bestellungen<br />
haben Sie bereits vorliegen?<br />
Der Verkauf läuft äußerst vielversprechend. Wir haben<br />
schon jetzt mehr Bestellungen als zum Produktionsstart<br />
des Carrera GT. Der 918 Spyder ist streng<br />
auf 918 Fahrzeuge limitiert. Wer von der angesprochenen<br />
Zielgruppe ein Fahrzeug bestellen möchte,<br />
sollte daher nicht mehr allzu lange warten.<br />
Was ist mit anderen Modellen? Vor einem Jahr<br />
Karriere im Turbo-Konzern<br />
Der Mensch: Bernhard <strong>Mai</strong>er, 52, hat schon sehr lange<br />
Benzin im Blut. Er absolvierte zunächst eine Ausbildung<br />
zum Kfz-Mechaniker und studierte nach seiner Meisterprüfung<br />
Betriebswirtschaft. Nach Stationen bei Nixdorf und<br />
BMW wechselte er 2001 zu Porsche und leitete die Geschäfte<br />
der inländischen Vertriebstochter. Seit April 2010<br />
verantwortet er im Vorstand der Porsche AG die Ressorts<br />
Vertrieb und Marketing.<br />
Das Unternehmen: Obwohl die Integration in den VW-<br />
Konzern sehr viel schleppender vorangeht als ursprünglich<br />
geplant – nach VW-Angaben entgehen dem Konzern<br />
deshalb Synergievorteile von etwa 700 Millionen Euro pro<br />
Jahr – hat Porsche für 2011 das beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte<br />
vorgelegt. Der Umsatz stieg von 9,2 auf<br />
10,9 Milliarden Euro, das operative Ergebnis von 1,7 auf<br />
über zwei Milliarden Euro.<br />
Mit einer Umsatzrendite von 18,7 Prozent zählt Porsche<br />
zu den profitabelsten Autobauern der Welt. Zum Vergleich:<br />
Mercedes schaffte im Vorjahr eine Umsatzrendite von neun,<br />
BMW von 11,8 und Audi von 12,1 Prozent.<br />
wurde in der Fachpresse sehr intensiv darüber<br />
spekuliert, Porsche arbeite neben dem Macan<br />
auch an einem Junior-Panamera.<br />
Natürlich bewerten wir auch die Marktchancen<br />
in anderen Segmenten. Jedes neue Produkt muss<br />
dabei zu unserer Marke passen und profitabel sein.<br />
Es gibt daher viele Ideen, aber keine Entscheidungen.<br />
Wichtig ist nun, die bestehenden und verabschiedeten<br />
Produkte wie den Macan und den<br />
918 Spyder in PorscheQualität zu unseren Kunden<br />
zu bringen.<br />
Wer Porsche sagt, meint den 911er. Der spielt im<br />
Gesamtabsatz aber eine immer geringere Rolle.<br />
Sie verkaufen bereits heute dreimal so viele SUVs<br />
wie Sportwagen. Kommt der Mythos dabei nicht<br />
langfristig unter die Räder?<br />
Überhaupt nicht. Was immer wir bauen, wir bauen<br />
Sportwagen. Die klassischen Heck und Mittelmotorsportwagen<br />
und eben auch die Frontmotorsportwagen.<br />
Wenn Sie einen Cayenne oder einen<br />
Panamera fahren, dann wissen Sie, dass jeder von<br />
denen ein echter Porsche ist. Das Sportwagen<br />
mai 2012 19<br />
§
next: Märkte<br />
gefühl erlebt man auch etwas höher sitzend. Wir<br />
machen also das einzig Richtige: Wir entwickeln<br />
den Mythos konsequent weiter in andere Segmente.<br />
Ein Viertürer von Porsche war früher undenkbar.<br />
Ebenso ein Porsche mit Dieselantrieb. Beides<br />
gibt es heute. Kommt irgendwann auch noch der<br />
911er-Diesel?<br />
Das steht nicht auf der Agenda.<br />
Und als Elektroauto?<br />
Auf reiner E-Basis wohl eher nicht. Aber wir sind<br />
bei dem Thema Hybrid mit dem Panamera und dem<br />
Cayenne sehr gut unterwegs. Bei der Entwicklung<br />
alternativer Antriebskonzepte geht es um etwas, was<br />
Porsche im Kern auszeichnet: Intelligent Performance.<br />
Beispielsweise mit einem Plug-In Hybrid.<br />
Ein E-Antrieb und ein Verbrennungsmotor können<br />
kombiniert in einem Sportwagen sehr gut zusammenpassen.<br />
Das ist für uns kein Widerspruch. Der<br />
918 Spyder als Speerspitze unserer Entwicklung ist<br />
dafür ein geniales Beispiel.<br />
Ihre Kollegen in der Automobilindustrie klingen<br />
da zum Teil sehr viel skeptischer. Volvo-Chef Stefan<br />
Jacoby etwa, ein früherer VW-Manager, sagte<br />
kürzlich, die nur rund 50.000 Elektroautos, die<br />
2011 weltweit zugelassen wurden, seien ziemlich<br />
„ernüchternd“.<br />
Wir bei Porsche sehen das anders. Das Auto ist jetzt<br />
125 Jahre alt und wir müssen auf technologischer<br />
Seite erst einmal die Herausforderungen meistern.<br />
Sicherlich benötigt man einen langen Atem, um das<br />
Elektroauto substanziell am Markt einzuführen.<br />
„Unser Geschäftsmodell lautet Balanced<br />
Demand and Supply: Wir bauen immer ein<br />
Auto weniger, als der Markt verlangt.“<br />
Vom langfristigen Erfolg neuer und zusätzlicher<br />
Technologien sind wir allein aufgrund der aktuellen<br />
Mega- und Metatrends überzeugt.<br />
Wie viele Panamera oder Cayenne verkaufen Sie<br />
denn aktuell als Hybrid-Fahrzeuge?<br />
Das ist regional sehr unterschiedlich. In Summe<br />
haben mehr als fünf Prozent unserer verkauften<br />
Panamera und Cayenne-Modelle einen Hybrid-<br />
Antrieb. In Amerika sind es beispielsweise beim<br />
Cayenne bereits über zehn Prozent.<br />
Andere Hersteller proben darüber hinaus ganz<br />
neue Mobilitätskonzepte für urbane Zentren. Carsharing,<br />
noch vor ein paar Jahren bloß ein Thema<br />
notorischer Autoverweigerer, gibt es mittlerweile<br />
sogar von Mercedes und BMW. Wie beurteilen Sie<br />
diese Entwicklung?<br />
Wir beobachten diese Entwicklung sehr aufmerksam.<br />
Ich glaube, für Volumenhersteller sind diese<br />
Modelle durchaus spannend. Auf Basis der uns<br />
vorliegenden Kundenrückmeldungen sind diese<br />
Modelle für Porsche momentan allerdings nicht<br />
interessant. Wir verkaufen ein Lebensgefühl. Und<br />
auf Stundenbasis kann sich dieses Lebensgefühl<br />
niemals so perfekt herstellen, als wenn Sie morgens<br />
die Garage öffnen und Ihr Porsche Sie anlacht.<br />
20 next:
next: Trends<br />
Kasse machen<br />
Weil fast alle gesetzlichen Krankenkassen finanziell derzeit so<br />
gut dastehen, dass sie im laufenden Jahr ohne Zusatzbeiträge<br />
auskommen, entscheiden 2012 vermehrt kostenlose Extras wie<br />
die professionelle Zahnreinigung über die Wechselbereitschaft<br />
der Versicherten. Grundsätzlich allerdings sind die Kassen auch<br />
künftig gut beraten, wenn sie auf Zusatzbeiträge verzichten. Denn<br />
schon ein vergleichsweise niedriger Obolus von nur fünf Euro monatlich,<br />
so das Ergebnis einer <strong>PwC</strong>-Studie, ist für 40 Prozent der<br />
Versicherten ein potenzieller Wechselgrund. Damit ist der Zusatzbeitrag<br />
der mit Abstand wichtigste Anlass (63 Prozent), der Kasse<br />
den Rücken zu kehren. Die angebotenen Leistungen (40 Prozent)<br />
oder die Servicequalität (27 Prozent) stehen bei den Versicherten<br />
weit weniger im Fokus. Besondere Extras wissen sie zwar zu<br />
schätzen, doch keine der abgefragten Leistungen rechtfertigt<br />
für sie einen Mehrbeitrag von fünf Euro monatlich. „Vor allem jüngere<br />
und damit tendenziell gesündere Versicherte verlassen ihre<br />
Kasse, wenn sie Zusatzbeiträge erhebt“, warnt Nikolaus Schumacher,<br />
<strong>PwC</strong>-Partner im Bereich Gesundheitswesen und Pharma.<br />
„Es gehen also ausgerechnet jene Mitglieder, die für ihre Beiträge<br />
vergleichsweise wenige Leistungen beanspruchen, sodass sich die<br />
Finanzlage der Kasse deutlich verschlechtern kann.“<br />
www.pwc.de/de/gesundheitswesen-und-pharma<br />
Bitte folgen<br />
Facebook-Follower ausgewählter Dax-Konzerne in Tsd.<br />
9.098 6.660 6.521<br />
BMW Adidas Mercedes-<br />
Benz<br />
858 298 119 23 21 19 0<br />
Lufthansa VW SAP BASF Deutsche<br />
Quelle: <strong>PwC</strong><br />
Telekom<br />
Deutsche<br />
Bank<br />
Siemens<br />
Zwei von drei Nutzern steuern die Startseite von Facebook & Co. bereits<br />
häufiger an als die Google-Homepage. Das geht aus einer neuen <strong>PwC</strong>-<br />
Studie hervor. Damit gewinnt das Thema Social Media für Unternehmen<br />
immer stärker an Bedeutung. Denn 70 Prozent der Befragten haben eine<br />
bereits getroffene Kaufentscheidung aufgrund von Bewertungen anderer<br />
Nutzer schon einmal revidiert (siehe auch Seite 22–25). www.pwc.de/<br />
de/technologie-medien-und-telekommunikation/index.jhtml<br />
Auf dem Tablett serviert<br />
Der Run auf Tablet-PCs<br />
geht offenbar nicht zulasten<br />
von E-Book-Readern wie<br />
dem Kindle. 40 Prozent<br />
der Tablet-Nutzer, ergab<br />
eine <strong>PwC</strong>-Befragung auf<br />
der Leipziger Buchmesse,<br />
verfügen gleichzeitig über<br />
ein spezielles Lesegerät für<br />
digitale Bücher.<br />
Auch die Buchbranche<br />
dürfte von den neuen<br />
Technologien profitieren.<br />
Knapp jeder fünfte Befragte<br />
zwischen 16 und 29 Jahren<br />
verbringt mehr Zeit mit<br />
Büchern, seit er ein Tablet<br />
besitzt. Die Nutzer erwarten<br />
Jetzt bewerben<br />
Stahl contra Klima<br />
Die rasant steigende Stahlnachfrage<br />
gefährdet die Klimaschutzziele.<br />
Allein China<br />
dürfte nach Einschätzung<br />
von <strong>PwC</strong>-Experten seinen<br />
jährlichen Stahlverbrauch bis<br />
2025 auf knapp 1,18 Milliarden<br />
Tonnen verdoppeln und<br />
dann 46 Prozent der globalen<br />
aber Preiszuge ständnisse.<br />
60 Prozent der Befragten<br />
wollen ein E-Book nur kaufen,<br />
wenn es günstiger ist<br />
als die gedruckte Ausgabe.<br />
28 Prozent erwarten sogar<br />
einen „wesentlich niedrigeren“<br />
Kaufpreis. www.pwc.<br />
de/de/pressemitteilungen<br />
Der Wettbewerb um den Transparenzpreis 2012 hat<br />
begonnen. Bereits seit 2005 zeichnet <strong>PwC</strong> Organisationen<br />
aus, deren Informationspolitik vorbildlich ist. Bewerben<br />
können sich Organisationen in Deutschland, die anerkannt<br />
gemeinnützig agieren, Einnahmen von mindestens<br />
500.000 Euro in 2011 vorweisen und über das Testat eines<br />
Rechnungs- oder Wirtschaftsprüfers verfügen.<br />
www.pwc.de/de/transparenzpreis<br />
Produktion nachfragen. Um<br />
den CO 2-Ausstoß auf dem<br />
Niveau von 2010 zu halten,<br />
müsste der deutsche Bestwert<br />
von 1,4 Tonnen CO 2 je erzeugter<br />
Tonne Rohstahl weltweit<br />
um 36 Prozent sinken.<br />
„Das ist unrealistisch“, urteilt<br />
Erwin Bronk, <strong>PwC</strong>-Partner im<br />
Be reich Industrielle Produktion.<br />
Selbst durch verstärktes<br />
Recycling von Stahlschrott,<br />
bei dem bis zu 80 Prozent<br />
weniger CO 2 anfallen, sei die<br />
Emissionsbilanz mittelfristig<br />
nicht zu retten. www.pwc.<br />
de/de/industrielle-produktion/index.jhtml<br />
mai 2012 21
next: Lösungen<br />
Der Wert des Sozialen<br />
In ist, wer drin ist: Kaum ein Unternehmen verzichtet auf seine Präsenz<br />
bei Facebook und Co. Doch was bringt der Auftritt eigentlich? Und welche Werte<br />
werden dadurch geschaffen – oder gar vernichtet?<br />
Von Detlef Gürtler<br />
22 next:
Der 9. Januar 2012 war ein besonderer Tag für Ted<br />
Tobiason: Unter der Adresse @TedTobiasonDB veröffentlichte<br />
der Investmentbanker der Deutschen Bank<br />
seinen ersten Tweet im Netzwerk Twitter. Und zwar:<br />
„We’re ready to launch 2012 … looking for over<br />
40 tech IPOs to price this year.“<br />
Das klingt wenig spektakulär, doch für Tobiasons<br />
Arbeitgeber war es trotzdem eine kleine Revolution.<br />
Bevor der in San Francisco stationierte Spezialist für<br />
Investments in der IT-Branche loslegen durfte, musste<br />
er zunächst die Kommunikations-, Rechts- und Compliance-Abteilung<br />
von seinem Vorhaben überzeugen.<br />
Denn bei börsennotierten Unternehmen kann jede<br />
Aussage in Konflikt mit den strengen Publikationsvorschriften<br />
geraten. Erst als eine technische Lösung<br />
gefunden war, um jeden seiner Tweets nach allen Regeln<br />
der Compliance aufzuzeichnen, und – zumindest<br />
in der Startphase – die Kommunikationsabteilung<br />
gegengelesen hatte, durfte Tobiason starten.<br />
Ziemlich viel Aufwand für ein bisschen Geplauder.<br />
Doch der Investmentbanker ist trotzdem davon überzeugt,<br />
dass sich die Mühe lohnt: „Wir zeigen damit,<br />
dass wir dazugehören. Dass wir neue Technologien<br />
nicht nur verstehen, sondern auch verwenden. Wir<br />
Banker sind Evangelisten, keine Söldner.“<br />
Dazugehören. Da ist es wieder. So wie vor 15 Jahren<br />
jedes Unternehmen im Internet irgendwie dazugehören<br />
musste, setzen Hersteller und Dienstleister jetzt<br />
auch in den sozialen Netzwerken auf Präsenz. „Die<br />
Unternehmen können gar nicht mehr über das Ob<br />
entscheiden, sondern nur noch über das Wie“, sagt<br />
Derk Fischer, Social-Media-Experte bei <strong>PwC</strong>.<br />
Spätestens 2010, als Facebook-Gründer Mark Zuckerberg<br />
vom US-Magazin „Time“ zum Mann des Jahres<br />
gekürt wurde, trat das Thema auf die Unternehmensagenda.<br />
Jetzt, zwei Jahre später, geht Facebook an<br />
die Börse, und Mark Zuckerberg spricht vom „Social<br />
Value“, den sein Netzwerk generiert. Es ist deshalb<br />
auch für die Unternehmen höchste Zeit, danach zu<br />
fragen, welche Werte Facebook & Co. denn für sie<br />
selbst generieren – oder gar vernichten könnten.<br />
Die schlechte Nachricht vorneweg: In Euro und Cent<br />
lässt sich das schwer berechnen. „Soziale Medien“,<br />
sagt Peer-Arne Böttcher, Gründer und Geschäftsführer<br />
des Business-Clubs Hamburg, „bauen Beziehungen<br />
auf, ganz unabhängig davon, ob dabei auch Geldströme<br />
fließen.“ Wenn Finanzielles ins Spiel komme,<br />
werde die Beziehung dadurch weder wertvoller<br />
noch wertloser – sondern erst einmal nur anders.<br />
„Den Wert einer Kommunikation“, so der erfahrene<br />
Netzwerker, „kann man in Geldeinheiten nur messen,<br />
wenn es auch zu einer Transaktion kommt.“<br />
Dafür haben die Marketingprofis bereits ein neues<br />
Wort gefunden: F-Commerce, mit F wie Facebook.<br />
Immerhin 15,5 Prozent der Social-Media-Nutzer<br />
in Deutschland, so das Ergebnis einer aktuellen §<br />
Die Macht im<br />
Netz: Richtig<br />
erfolgreich sind<br />
Unternehmen in<br />
sozialen Netzwerken,<br />
wenn ihre<br />
Freunde untereinanderFreundschaft<br />
schließen.<br />
mai 2012 23
next: Lösungen<br />
<strong>PwC</strong>-Studie („The winner takes it all“), geben an, sich<br />
im Netzwerk auch „über Produkte und Dienstleistungen<br />
zu informieren“. Tatsächliche Umsätze werden<br />
dadurch allerdings nur selten generiert. Die ersten<br />
Unternehmen, die auf Facebook einen eigenen Shop<br />
eröffneten, haben ihn schon wieder geschlossen –<br />
unter anderen der Textilhändler Gap.<br />
Könnte es daran liegen, dass F-Commerce an sich<br />
der falsche Ansatz ist? Davon zumindest ist Douglas<br />
Rushkoff überzeugt. „Soziale Netzwerke standen<br />
nie im Dienst von Firmen und werden es auch nie“,<br />
sagt der US-Trendforscher. „Firmen können nur den<br />
Treibstoff für die sozialen Interaktionen liefern. Wer<br />
die Funktionsweise eines Netzwerks richtig versteht,<br />
wird schnell merken: Es geht nicht darum, dass eine<br />
Firma Freunde sammelt, sondern dass die Freunde<br />
einer Firma untereinander Freundschaft schließen.“<br />
Wobei mit Freunden im lockeren Online-Sprachgebrauch<br />
nicht nur die Kunden gemeint sind, sondern<br />
Top und Flop im Web<br />
Ranking der globalen Marken mit der besten und<br />
schlechtesten Social-Media-Performance nach dem<br />
Social-Brand-Value-Ansatz in Punkten*<br />
Google<br />
Disney<br />
Apple<br />
Die besten<br />
Starbucks<br />
BlackBerry<br />
China Mobile<br />
Goldman Sachs<br />
J.P. Morgan Chase<br />
Berkshire Hathaway<br />
Marlboro<br />
Die schlechtesten<br />
585<br />
294<br />
244<br />
238<br />
135<br />
38<br />
33<br />
32<br />
22<br />
17<br />
* Index-Bewertung für die Kriterien Popularity, Receptiveness, Interaction,<br />
Network Reach und Trust Quelle: Sociagility, Dezember 2011<br />
auch die eigenen Mitarbeiter. Sie legen ihre Unternehmenszugehörigkeit<br />
schließlich nicht an der<br />
Garderobe ab, wenn sie sich in den sozialen Netzwerken<br />
einloggen. Jede ihrer Äußerungen kann positiv<br />
wie negativ auf den Arbeitgeber zurückfallen – mit<br />
potenziell globalen Auswirkungen.<br />
So steht für die Unternehmen in den sozialen Netzwerken<br />
also weniger der direkte Verkaufserfolg im<br />
Vordergrund als vielmehr der Aufbau von Imagewerten.<br />
„Social Value“ bedeutet insofern „Social<br />
Brand Value“. Die Indikatoren, um diesen Wert zu<br />
messen, sind allerdings noch heftig umstritten.<br />
Ein erster Indikator ist sicherlich die Zahl der<br />
Follower bei Twitter oder Facebook. So gaben in<br />
der Social-Media-Studie von <strong>PwC</strong> 23,4 Prozent der<br />
Follower an, ein Fan bestimmter Marken oder Unternehmen<br />
zu sein. So weit, so gut. Mit mehr Vorsicht<br />
zu genießen sind Werte, die vorgeben, eine Aktivität<br />
der Nutzer zu messen – etwa die von Facebook<br />
erhobene Zahl jener, die „über eine Marke reden“.<br />
Das australische Ehrenberg-Bass Institute hat diese<br />
Kennziffer für 200 der wichtigsten globalen Marken<br />
untersucht. Ergebnis: Zwei Drittel dieser „Aktivitäten“<br />
beschränken sich auf den Klick „I like it“. Zählt<br />
man als Aktivität dagegen nur den echten Austausch<br />
von Informationen, liegt die Trefferquote bei nur<br />
0,45 Prozent. Eine einzige der 200 untersuchten<br />
Marken überschritt die Ein-Prozent-Hürde.<br />
Kein Wunder, dass die Unternehmen nach anderen<br />
Rankingmethoden suchen. Inzwischen schon fast<br />
ein Klassiker ist der sogenannte Klout-Score, der den<br />
Einfluss in sozialen Netzwerken mit einer Indexzahl<br />
zwischen 1 und 100 ausdrückt. 1 für „Unbedeutend“,<br />
100 für „Wichtiger geht’s nicht“. Lady Gaga liegt<br />
nach diesen Rankings bei 92 Indexpunkten, Facebook<br />
bei 82, Adidas bei 58 und Hochtief bei 25.<br />
Noch deutlich differenzierter ist der 2011 erstmals<br />
erhobene „Social Brand Value“, den die amerikanische<br />
Agentur Sociagility für die weltweit wichtigsten<br />
Marken berechnet. Berücksichtigt werden fünf zentrale<br />
Kriterien: Beliebtheit, Offenheit, Interaktivität,<br />
Vernetzung und Vertrauen. Das daraus entstandene<br />
Rankingsystem, sagt die US-Marketingexpertin<br />
MaryLee Sachs, sei derzeit „einer der besten Indikatoren,<br />
um die Social-Media-Performance zu messen<br />
und zu vergleichen“.<br />
Zählbar im kaufmännischen Sinn ist allerdings auch<br />
dieser Indikator nicht. Eine direkte Verbindung von<br />
Follower-Zahlen oder Eigenschaften wie „Vertrauen“<br />
Bitte folgen<br />
Klout-Scores ausgewählter<br />
Dax-Konzerne<br />
58,4<br />
Adidas<br />
55,8<br />
Lufthansa<br />
50,2<br />
E.ON<br />
50,0<br />
BMW<br />
49,0<br />
Deutsche Telekom<br />
48,3<br />
VW<br />
46,2<br />
BASF<br />
42,1<br />
Deutsche Bank<br />
40,9<br />
Allianz<br />
25,0<br />
Hochtief<br />
Quelle: eigene Recherchen,<br />
Stand: März 2012<br />
24 next:
mit aktuellen oder künftigen Cashflows ist bisher<br />
nicht möglich. Immerhin dürften in den kommenden<br />
Jahren einige Richtwerte aufgestellt werden<br />
– durch höchstrichterliche Entscheidungen. So zum<br />
Beispiel in dem noch anhängigen Rechtsstreit zwischen<br />
dem amerikanischen E-Commerce-Anbieter<br />
Phonedog und dessen Exmitarbeiter Noah Kravitz.<br />
Der hatte nach seinem Ausscheiden den Twitter-<br />
Account seines Arbeitgebers mit 17.000 Followern<br />
kurzerhand zu seinem privaten Account gemacht<br />
und wurde von Phonedog deshalb auf einen Schadenersatz<br />
von 340.000 Dollar verklagt – 20 Dollar<br />
pro Follower.<br />
Bis die ersten Grundsatzurteile über den Wert<br />
so zialer Vernetzung vorliegen, lässt sich dieser<br />
allenfalls über die Einbeziehung in den gesamten<br />
Markenwert quantifizieren. Denn der muss bei jeder<br />
Transaktion von Konzernen, die nach dem Rechnungslegungsstandard<br />
IFRS bilanzieren, gemessen<br />
werden. Sie sind verpflichtet, beim Erwerb von<br />
Unternehmen oder Unternehmensteilen auch die<br />
immateriellen Vermögenswerte zu quantifizieren, die<br />
einen Teil des Goodwills ausmachen.<br />
Social Media Governance<br />
Herr Fischer, Task Force für Social Media,<br />
das klingt nach Notfalleinsatz: Retten Sie Unternehmen,<br />
die gerade in einen Shitstorm geraten<br />
sind?<br />
Von meiner Tätigkeit im Bereich IT-Sicherheit her<br />
sind mir Notfalleinsätze durchaus bekannt. Aber<br />
unsere Arbeit beginnt viel früher, nämlich schon<br />
bei der Frage, welches Ziel ein Unternehmen verfolgt,<br />
das in den sozialen Netzwerken aktiv ist.<br />
Aber viele Firmen sind doch schon lange präsent.<br />
Lange Zeit galt die Formel: „Da müssen wir auch<br />
dabei sein und was machen.“ Inzwischen stellen<br />
sich Unternehmen die Frage, wie sie dieses Thema<br />
strategisch vorantreiben können: Welche Ziele<br />
Was sich hingegen auch künftig jeder praktischen<br />
Messung entziehen wird, ist die Bezifferung des<br />
Schadens, der entsteht, wenn sich das laue Lüftchen<br />
aus „Likes“ und „Followers“ urplötzlich in einen<br />
veritablen Shitstorm verwandelt und ein Unternehmen<br />
zum Feind auserkoren wird. Das kann relativ<br />
harmlos und kurzlebig sein, so wie etwa bei einem<br />
deutschen Nahverkehrsunternehmen, das einen Tag<br />
lang bei Twitter Spießruten lief, weil der Social-Media-Manager<br />
anderen Usern die Verwendung des<br />
Firmennamens als Hashtag (markierendes Stichwort)<br />
verbieten wollte. Oder heftig und gravierend wie bei<br />
der Deutschen Bahn, die im Herbst 2010 eigentlich<br />
nur ein spezielles Ticket auf ihrer Facebook-Seite<br />
anbieten wollte – und sich prompt einem Hagel von<br />
Beschwerden unzufriedener Kunden ausgesetzt sah.<br />
Allerdings zeigt das Beispiel der Deutschen Bahn<br />
auch, wie sich aus Fehlern lernen lässt. Der Account<br />
@DB_Bahn, den das Unternehmen ein Dreivierteljahr<br />
später bei Twitter startete, gilt heute selbst unter Bahn-<br />
Kritikern als Maßstab für vorbildlichen Kundenservice<br />
in sozialen Netzwerken. Und hat mit einem Klout-<br />
Score von 61,4 bereits alle Dax-Konzerne überflügelt.<br />
Derk Fischer, Co-Leiter der <strong>PwC</strong> Task Force für Social Media, über die Chancen<br />
und Gefahren in sozialen Netzwerken<br />
gibt es? Wie können wir die Aktivitäten professionell<br />
strukturieren? Und wie managen wir das<br />
Thema?<br />
Kann man sich die Präsenz in den sozialen<br />
Netzwerken nicht sparen?<br />
Keine Chance. Die Frage heißt nicht mehr ob, sondern<br />
wie? Wie wollen wir unseren Erfolg messen?<br />
Sind unsere vielfältigen Aktivitäten verzahnt? Und<br />
setzen wir die richtige Technologie ein? Häufig<br />
werden auch die Mitarbeiter nicht richtig eingebunden.<br />
Schließlich übernehmen auch sie direkt<br />
oder indirekt eine Kommunikationsaufgabe für ihr<br />
Unternehmen und benötigen Hilfestellung in Form<br />
einer praxisnahen Social-Media-Policy.<br />
mai 2012 25
next: Lösungen<br />
Im Zuge der Finanzkrise hat auch der Ruf der<br />
Wirtschaftsprüfer gelitten. Was ist dagegen<br />
einzuwenden, wenn EU-Binnenmarktkommissar<br />
Michel Barnier die Branche deshalb jetzt<br />
umfassend reformieren will?<br />
Niemand kann etwas dagegen haben, die Qualität<br />
der Abschlussprüfung weiter zu verbessern. Wir<br />
selbst haben sehr konkrete Vorstellungen, wie das<br />
gelingen könnte. Etwa, indem man die Zusammenarbeit<br />
von Prüfern und Aufsichtsräten ausbaut. Von<br />
einer gestärkten Koalition der Kontrolleure könnte<br />
der europäische Markt sehr profitieren. Dahingegen<br />
entpuppen sich die Vorschläge von Herrn Barnier bei<br />
näherer Betrachtung als Versuch, in einen funktionierenden<br />
Prüfermarkt massiv einzugreifen. Er will<br />
die Macht der Big Four brechen und Umverteilungen<br />
im Markt erzwingen. Das ist keine Antwort auf die<br />
Frage, wie sich künftige Finanzkrisen verhindern<br />
lassen.<br />
Ganz konkret schlägt Barnier vor, dass die Prüfer<br />
nach sechs Jahren wechseln sollen. Das hört sich<br />
für den Laien doch eigentlich ganz vernünftig an.<br />
Die Unabhängigkeit von Wirtschaftsprüfern ist zweifelsfrei<br />
ein hohes Gut. Nur kann die Unabhängigkeit<br />
im Handeln immer nur durch Personen erfolgen,<br />
nicht durch die Unternehmen selbst. Nach deutschem<br />
Recht müssen die Unterzeichner des Testats bereits<br />
heute nach sieben Jahren wechseln. Bezogen auf die<br />
Personen, haben wir also bereits eine weitgehende<br />
Rotationsverpflichtung für kapitalmarktorientierte<br />
Unternehmen. Über diese Regelung hinauszugehen,<br />
halten wir für kontraproduktiv und auch gefährlich.<br />
Warum?<br />
Ein global agierendes Unternehmen, mit Zigtausenden<br />
Beschäftigten und Hunderten Beteiligungsunternehmen,<br />
ist ein hochkomplexes Gebilde. Wenn Sie<br />
da alle sechs Jahre von vorne anfangen wollen,<br />
indem Sie das komplette Team auswechseln, ist das,<br />
vorsichtig ausgedrückt, nicht gerade qualitätsfördernd.<br />
Bei einer externen Zwangsrotation wären<br />
enorme Wissensverluste zu verkraften. Außerdem:<br />
Eine solche Regelung würde die Konzentration in der<br />
Branche weiter verstärken. Warum sollten kleinere<br />
Prüfungsgesellschaften plötzlich über das Knowhow<br />
verfügen, den Unternehmen Angebote zu unterbreiten,<br />
die besser sind als die der großen?<br />
Wären kleinere Gesellschaften überhaupt in der<br />
Lage, global agierende Konzerne zu prüfen?<br />
Allenfalls in Kooperation mit einer großen Gesellschaft,<br />
aber als Ersatz: völlig unmöglich. Den Big<br />
Four wird gerne der Vorwurf gemacht, sie seien zu<br />
mächtig. Aber Größe an sich ist doch kein Selbstzweck.<br />
Wir folgen nur der Tendenz, die von den<br />
kapitalmarktorientierten Unternehmen vorgegeben<br />
wird. Um einen Abschluss vor Ort prüfen zu können,<br />
also von Grönland bis Südafrika, müssen sie das dortige<br />
Recht kennen und über ein weltweites Netzwerk<br />
verfügen. Das setzt enorme Investitionen voraus, die<br />
sich kleinere Prüfungsgesellschaften gar nicht leisten<br />
können.<br />
Über die externe Zwangsrotation hinaus will<br />
Barnier das Beratungs- vom Prüfungsgeschäft<br />
trennen. Ebenfalls mit dem Ziel, die Unabhängigkeit<br />
der Prüfer zu stärken. Was ist daran verkehrt?<br />
In seiner schlimmsten Ausprägung – also dem Verbot<br />
jeglicher Beratungstätigkeit, wenn eine Prüfungsgesellschaft<br />
in der EU mehr als 1,5 Milliarden Euro<br />
Prüfungseinnahmen verzeichnet und in einem Land<br />
mehr als ein Drittel seiner Prüfungseinnahmen von<br />
großen kapitalmarktorientierten Unternehmen<br />
stammen – läuft der Kommissionsvorschlag auf eine<br />
Aufspaltung der Big Four hinaus. Dabei sind den<br />
Prüfungsgesellschaften bestimmte Services ohnehin<br />
verboten, etwa die Innenrevision des zu prüfenden<br />
„Das ist ein Angriff auf die<br />
Die EU-Kommission will die Qualität der Abschlussprüfung verbessern.<br />
Ziele und Maßnahmen passen jedoch nicht zusammen, bemängelt <strong>PwC</strong>-Vorstand<br />
Georg Kämpfer. Warum der Schuss nach hinten losgeht.<br />
Von Stefan Schmortte<br />
26 next:
Unternehmens zu übernehmen. Das wurde seinerzeit<br />
als Reaktion auf die Bilanzskandale bei Enron und<br />
Worldcom im sogenannten Sarbanes-Oxley Act für<br />
die USA beschlossen. Diese Verbotsliste haben wir<br />
fast eins zu eins ins deutsche Recht übernommen<br />
als Ergänzung zu einem generellen Selbstprüfungsverbot,<br />
damit niemand in die Verlegenheit kommt,<br />
seine eigenen Leistungen kontrollieren zu müssen.<br />
Alles darüber hinaus wäre ein Rückfall in die Zeit der<br />
Hakelmacher. Dann könnten wir bestimmte Dinge<br />
gar nicht mehr adäquat prüfen.<br />
Zum Beispiel?<br />
Nehmen Sie die Berichterstattung über Risiken und<br />
Chancen im Lagebericht eines Unternehmens. Da<br />
können Sie nicht einfach einen Haken dranmachen.<br />
Da müssen Plausibilitäten gegeneinander abgewogen<br />
werden. Ohne einen tiefen Einblick in die Branche,<br />
für den Beratungserfahrungen unabdingbar sind,<br />
lässt sich so etwas nicht anständig prüfen. Ohnehin<br />
muss der Aufsichtsrat von kapitalmarktorientierten<br />
Unternehmen im Einzelfall ja jedes Mal darüber<br />
entscheiden, ob prüfungsfremde Leistungen, soweit<br />
sie grundsätzlich erlaubt sind, die Unabhängigkeit<br />
gefährden könnten. Das ist eine hochflexible und<br />
effiziente Lösung.<br />
Sie plädieren also dafür, das deutsche Modell zu<br />
exportieren?<br />
Die externe Zwangsrotation und die Trennung von<br />
Beratungs- und Prüfungsgeschäft, wie sie die Kommission<br />
vorschlägt, degradieren den Aufsichtsrat und<br />
entbinden ihn von Teilen seiner Verantwortung. Das<br />
ist ein Angriff auf die bei uns funktionierende Corporate<br />
Governance. Dabei würde dieses Modell, in dem<br />
der Aufsichtsrat die Verantwortung für Prüferwechsel<br />
und Zulässigkeit bestimmter Beratungsleistungen<br />
hat, die Prüfungsqualität in Europa eher verbessern<br />
als die Vorschläge der Kommission.<br />
Kritik an Brüssel: Der Vorschlag der EU-Kommission<br />
zur Regulierung der Abschlussprüfung steht für <strong>PwC</strong>-<br />
Vorstand Georg Kämpfer in weiten Teilen im<br />
glatten Widerspruch zu dem erklärten Regulierungsziel.<br />
Corporate Governance“<br />
mai 2012 27
next: Lösungen<br />
Die Fotografen hatten die Attraktionen auf dem<br />
Genfer Automobilsalon Anfang März mal wieder sehr<br />
schnell im Fokus: etwa den 450 PS-starken Audi RS 5<br />
Cabrio, den wuchtigen Bentley-SUV EXP 9F oder den<br />
als Einzelstück verkauften Lamborghini-Speedster<br />
Aventador J für 2,1 Millionen Euro.<br />
Weitgehend unbeachtet vom Blitzlichtgewitter der<br />
Fotografen, gleich neben dem Stand des kalifornischen<br />
Öko-Sportwagenherstellers Tesla, präsentierte<br />
das Fuldaer Konstruktionsbüro EDAG eine ganz<br />
andere Zukunftsvision. Ein Elektromobil in Leichtbauweise,<br />
optisch zwar eher einer Plexiglasschachtel<br />
Mein Auto –<br />
dein Auto<br />
Gut 125 Jahre nach Erfindung<br />
des Automobils<br />
brechen für die Hersteller<br />
jetzt neue Zeiten<br />
an. Sie werden künftig<br />
nicht nur Autos verkaufen,<br />
sondern komplette<br />
Mobilitätskonzepte.<br />
Von Heiner Sieger<br />
auf Rädern ähnlich, doch als Konzept durchaus richtungsweisend.<br />
Denn es handelt sich dabei nicht etwa<br />
um ein Auto im herkömmlichen Sinne, sondern um<br />
ein Mobilitätskonzept für jedermann. Gedacht für die<br />
kurze Stadtfahrt, buchbar über das Internet.<br />
Carsharing, noch vor wenigen Jahren ein Nischenthema<br />
notorischer Autoverweigerer, ist mittlerweile zum<br />
wichtigen Gesprächsgegenstand in den Vorstandssitzungen<br />
der Herstellerkonzerne geworden. „Das<br />
Teilen von Autos wird sicherlich ein gutes Geschäft<br />
werden“, zeigt sich etwa Daimler-Chef Dieter Zetsche<br />
überzeugt. „In den nächsten 25 Jahren könnte sich<br />
28 next:
unsere Branche stärker verändern als in den 125 Jahren<br />
zuvor. Auf dem Weg zum Auto 2.0 entsteht auch<br />
die Autoindustrie 2.0.“<br />
Weil das Auto als Statussymbol – mit Ausnahme von<br />
Luxusmarken wie Porsche & Co. – immer mehr an<br />
Bedeutung verliert und eine wachsende Zahl junger<br />
Großstädter auf das eigene Fahrzeug gänzlich verzichtet,<br />
reagieren fast alle Hersteller jetzt mit neuen<br />
Mobilitätslösungen. Bei Daimler heißt das Konzept<br />
Car2go, bei BMW DriveNow, bei VW Quicar und<br />
bei Peugeot Mu. Auch die Bahn ist mit dem Projekt<br />
Flinkster vertreten und mit 170.000 registrierten Nutzern<br />
derzeit sogar der größte Anbieter im deutschen<br />
Markt. „Bereits in zehn Jahren“, sagt Branchenexperte<br />
Ferdinand Dudenhöffer vom Institut CAR der Universität<br />
Duisburg-Essen, „könnten wir in Deutschland<br />
auf insgesamt fünf Millionen Kunden kommen.“<br />
Es ist die Bequemlichkeit, die den Weg frei macht.<br />
„Durch die rasante Entwicklung der Informationstechnologie<br />
wird Carsharing inbesondere für die<br />
‚Generation iPad‘ interessant“, sagt Felix Kuhnert,<br />
Partner und Automotive-Experte bei <strong>PwC</strong>. „Innerhalb<br />
von Sekunden kann man über das Smartphone sehen,<br />
wo gerade ein Fahrzeug verfügbar ist. Einfacher<br />
geht es nicht. Ohne an einem Schalter Schlange zu<br />
stehen, kann man das Fahrzeug anmieten, öffnen und<br />
losfahren.“<br />
Feste Stationen gibt es nicht mehr. Das Auto wird<br />
innerhalb des Stadtgebietes einfach dort abgestellt,<br />
wo es der Kunde zuletzt benutzt hat. Bezahlt wird<br />
nach Zeit. Beim Anbieter Car2go etwa kostet die<br />
Fahrminute 24 Cent – Sprit inklusive. Das sieht auf<br />
den ersten Blick zwar nicht gerade preiswert aus.<br />
Doch Berechnungen des ADAC zufolge kostet der<br />
Kilometer mit dem eigenen Pkw – alle Kosten eingerechnet<br />
– mindestens 40 Cent, bei größeren Autos<br />
sogar deutlich mehr.<br />
„Carsharing ist für die Daimler AG ein ergänzendes<br />
Geschäftsmodell. Mit dieser Dienstleistung erweitern<br />
wir die Wertschöpfungskette in einem Markt mit<br />
großen Wachstumschancen,“ sagt Car2go-Geschäftsführer<br />
Andreas Leo. In vier deutschen und zwei US-<br />
Städten kommt der Konzern bereits jetzt auf 65.000<br />
Kunden. Das entspricht in etwa den deutschen Zulassungen<br />
der C-Klasse im vergangenen Jahr – immerhin<br />
das bestverkaufte Modell der Stuttgarter. Bis 2016<br />
will Leo in 40 bis 50 europäischen Städten und in 20<br />
bis 30 nordamerikanischen Metropolen präsent sein.<br />
Noch ambitionierter sind die Pläne von Peugeot. Derzeit<br />
erst in vier deutschen Städten vertreten, wollen<br />
die Franzosen künftig auch jene 160 Standorte in<br />
ihr Konzept einbinden, die bislang nur Werkstattersatzwagen<br />
anbieten. Darüber hinaus verhandelt<br />
Deutschland-Geschäftsführer Thomas Bruch über<br />
eine Kooperation mit der Bahntochter DB Rent.<br />
Teilen in der Businesswelt<br />
Mitarbeiter der Infineon-Konzernzentrale in Neubiberg<br />
dürfen sich jetzt ein wenig wie Pioniere fühlen: Ihr Arbeitgeber<br />
ist eines der ersten Unternehmen, das Carsharing<br />
auch für die Firmenflotte einsetzt. Beim sogenannten<br />
Fleetsharing teilen sich die Mitarbeiter ein Kontingent an<br />
Fahrzeugen, die sowohl geschäftlich als privat genutzt<br />
werden können. Möglich macht den Service eine Softwarelösung<br />
der BMW-Tochter AlphaCity. Das Fahrzeug kann<br />
online vom Büro aus oder mobil gebucht werden, die<br />
Abrechnung erfolgt automatisch über eine Kreditkarte. Für<br />
den Zugang zum Fahrzeug braucht der Nutzer keinen Autoschlüssel<br />
mehr: Wer sich für den Service registriert hat,<br />
erhält ein selbst klebendes Etikett mit einem RFID-Chip für<br />
den Führerschein. Mit dem Chip lassen sich die AlphaCity-<br />
Autos schlüssellos öffnen und starten.<br />
„Unser erklärtes Ziel ist die Präsenz an 100 deutschen<br />
Bahnhöfen“, sagt er.<br />
Carsharing-Kunden können bei Peugeot vom Pkw bis<br />
zum Nutzfahrzeug auf die gesamte Fahrzeugpalette<br />
zugreifen und auch Zubehör ordern – etwa Kindersitze,<br />
Fahrradträger oder Dachboxen. „Wer uns im<br />
lokalen Umfeld als kompetenten Partner schätzen<br />
lernt, wird auch für längere Strecken auf unsere<br />
Marke zurückgreifen“, hofft Bruch. „Denn natürlich<br />
wollen wir mit diesem neuen Geschäftsbereich Geld<br />
verdienen.“<br />
Gut möglich, dass mit den Carsharing-Konzepten<br />
der Autokonzerne auch das Thema e-Mobilität einen<br />
neuen Schub erhält. Denn im städtischen Umfeld<br />
fällt ein entscheidender Nachteil dieser Technologie<br />
„Auf dem Weg zum Auto 2.0 entsteht<br />
auch die Autoindustrie 2.0.“<br />
Daimler-Chef Dieter Zetsche<br />
weg: die bisher noch mangelnde Reichweite. „Carsharing<br />
bietet den Herstellern insofern eine hervorragende<br />
Möglichkeit, ihre Elektromodelle zu testen<br />
und den Kunden einen Eindruck zu vermitteln, wie<br />
sich so ein Elektroauto überhaupt fährt“, sagt Michael<br />
Borgmann, Carsharing-Experte bei <strong>PwC</strong>.<br />
Die Bahn, ohnehin Deutschlands größte Mitfahrzentrale<br />
mit Stromantrieb, hat auch in dieser<br />
Beziehung die Nase vorn. Rund 85 Elektroautos<br />
warten in Berlin, Hamburg, Frankfurt am <strong>Mai</strong>n und<br />
Stuttgart derzeit an der Steckdose auf ihre Kunden.<br />
„Wir wollen unser Angebot noch im laufenden<br />
Jahr auf 250 Fahrzeuge mehr als verdoppeln“, sagt<br />
Rolf Lübke, Geschäftsführer der DB Rent und DB<br />
Fuhrpark.<br />
mai 2012 29<br />
§
next: Lösungen<br />
Dass ausgerechnet die Bahn auf den derzeit größten<br />
Kundenstamm kommt, belegt, dass Carsharing<br />
mehr ist als nur eine Alternative zum eigenen Auto.<br />
„Carsharing ist ein neues intermodulares Verkehrskonzept.<br />
Es geht um den bestmöglichen Einsatz der<br />
verfügbaren Verkehrsträger für die jeweilig zurückzulegende<br />
Strecke“, sagt <strong>PwC</strong>Experte Kuhnert. „Und<br />
es geht darum, zu verstehen, wie sich die Informationstechnologie<br />
auf die Entwicklung der eigenen<br />
Marke auswirkt.“<br />
Das entspricht ziemlich genau der Carsharing<br />
Philosophie von BMW. „Wie verstehen uns nicht nur<br />
als Autohersteller, sondern im weiteren Sinne als<br />
Anbieter von Mobilität“, sagt Bernhard Blättel, Leiter<br />
Mobilitätsdienstleistungen beim Münchner Premiumhersteller.<br />
Für die SmartphoneKundschaft werde bei<br />
DriveNow die apostrophierte „Freude am Fahren“<br />
deshalb auch erst einmal zur Freude am Buchen –<br />
gewährleistet durch mobile Applikationen, mit deren<br />
Hilfe sich die Kunden im Internettempo online registrieren,<br />
verfügbare Fahrzeuge reservieren und sich<br />
sogar virtuell zum Auto leiten lassen können. Aus den<br />
heute rund 16.000 Kunden in München und Berlin<br />
will BMW bis zum Jahr 2020 weltweit eine Million<br />
machen.<br />
Womöglich klappt das allerdings auch schon etwas<br />
früher. Denn mit BMW ist das Thema Carsharing<br />
inzwischen auch in der Businesswelt vorgefahren.<br />
Erste Unternehmen, wie die Infineon AG, nutzen<br />
das System im Rahmen ihres Flottenmanagements.<br />
Dienstleister ist die BMWTochter Alphabet, die<br />
mit ihrem Produkt AlphaCity das erste Corporate<br />
CarsharingProdukt auf Leasingbasis in Deutschland<br />
anbietet.<br />
„Mit dieser Lösung können Unternehmen ihre Mobilitätskosten<br />
weiter optimieren und ihren Beschäftigten<br />
eine interessante Alternative zum Dienstwagen<br />
bieten“, sagt Marco Lessacher, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />
von Alphabet Deutschland.<br />
Die Mitarbeiter müssen sich nicht mehr auf einen<br />
Firmenwagen festlegen, sondern können im Rahmen<br />
der Firmenflotte verschiedene Fahrzeugtypen nutzen.<br />
„Unter der Woche den Smart, im Winter einen SUV<br />
und im Sommer ein Cabrio. Das ist für mich eine<br />
super Strategie für Automobilkonzerne, die attraktive<br />
Flottenlösungen anbieten wollen“, urteilt <strong>PwC</strong>Experte<br />
Kuhnert.<br />
Schon jetzt ist absehbar: Die alten Geschäftsmodelle<br />
der Industrie werden über kurz oder lang auseinanderbrechen.<br />
„Auch im klassischen Flotten und<br />
Vermietersegment könnten sich effiziente Bedienkonzepte<br />
aus dem Carsharing durchsetzen“, sagt Martin<br />
Jahn, Leiter Fleet International bei der Volkswagen<br />
Group, die mit dem Angebot Quicar erst vor wenigen<br />
Monaten im Markt gestartet ist. „Wir gehen davon<br />
aus, dass sich die Geschäftsmodelle mit Verkauf,<br />
Leasing, Finanzierung und Carsharing künftig immer<br />
stärker vermischen werden.“<br />
Wer in diesem Zukunftsmarkt erfolgreich sein will,<br />
muss seine Flotte optimal ausnutzen und über ein effizientes<br />
Fahrzeugmanagement verfügen. Beides Kernkompetenzen,<br />
die sich BMW und Daimler vom Start weg<br />
durch Joint Ventures mit den Autovermietern Sixt und<br />
Europcar ins Haus geholt haben.<br />
Darüber hinaus müssen sich die Anbieter frühzeitig<br />
Platz schaffen – genauer gesagt: Parkplatz. Denn Carsharing<br />
ist nur attraktiv, wenn das nächste Modell gleich<br />
um die Ecke parkt. „Das ist jetzt wie zu den Anfangszeiten<br />
des Internetbooms“, sagt <strong>PwC</strong>Mann Borgmann.<br />
„Damals waren die besten Domains schnell vergeben,<br />
jetzt geht es um die attraktivsten Parkplätze.“<br />
Und darum, was sie kosten. Denn Parkraumlizenzen<br />
in den Innenstädten sind teuer. Ob sich der eine oder<br />
andere Anbieter wohl deshalb schon nach neuen<br />
Einnahmequellen umschaut? Jedenfalls kostet der<br />
HandyAnruf im Servicecenter von Car2go mit<br />
0,42 Euro pro Minute fast doppelt so viel wie die<br />
Autominute selbst. „Ich habe es schon immer geahnt“,<br />
sagt Borgmann, „Autofahren ist gar nicht so teuer.“<br />
In Reih und<br />
Glied: Alle großen<br />
Fahrzeughersteller<br />
starten jetzt mit eigenen<br />
Carsharing-<br />
Angeboten.<br />
30 next:
next: Trends<br />
Bewährte Rezepte<br />
Mit zunehmender Marktdynamik stehen Unternehmen stärker<br />
denn je vor der Herausforderung, sich den verändernden<br />
Rahmenbedingungen schnell anzupassen und ihre Prozesse zu<br />
optimieren. Der praxiserprobte DeliveringValueAnsatz von<br />
<strong>PwC</strong> zeigt deshalb Möglichkeiten auf, wie sich Profitabilität<br />
und Liquidität, Wettbewerbsfähigkeit und Flexibilität effektiv<br />
steigern lassen. Da sich der ganzheitliche Ansatz aus bedarfsorientierten<br />
Modulen zusammensetzt, können die Berater den<br />
Unternehmen ein passgenaues und äußerst individuelles Maßnahmenpaket<br />
liefern. In der Broschüre „Mehr Wert schaffen“<br />
zeigen <strong>PwC</strong>Experten an acht Praxisbeispielen aus unterschiedlichen<br />
Branchen auf, wie sie die Wertschöpfung im Einzelfall<br />
erfolgreich optimiert haben. Etwa, indem sie die Herstellungskosten<br />
nachhaltig senkten, durch neue Organisationsstrukturen<br />
eine reibungslose Projektsteuerung durchsetzten, die<br />
Lieferkette transparenter und flexibler machten oder die Einkaufsorganisation<br />
dabei unterstützten, die Beschaffungspreise<br />
zu senken. So unterschiedlich die Anforderungen der Unternehmen<br />
im Bedarfsfall auch sind: Die Arbeit der <strong>PwC</strong>Experten<br />
reicht stets über einen rein theoretischen Ansatz hinaus. Sind<br />
die Wertschöpfungspotenziale identifiziert und quantifiziert,<br />
begleiten <strong>PwC</strong>Spezialisten das Unternehmen vor Ort bei der<br />
Umsetzung. www.pwc.de/de/deals/index.jhtml<br />
Warten auf Geld<br />
Durchlaufzeiten im<br />
Neugeschäft je Kreditart,<br />
2011 (2008 in Klammern)<br />
privater Baukredit<br />
Konsumentenkredit<br />
Firmenkundenkredit<br />
Quelle: <strong>PwC</strong><br />
5% (0)<br />
52%<br />
(71)<br />
Zu Risiken und Nebenwirkungen<br />
Risikomanagement spielt<br />
im Mittelstand eine sehr<br />
viel größere Rolle als<br />
gedacht. Gut 80 Prozent<br />
der Unternehmen stufen<br />
die Bedeutung des Themas<br />
für sich als „hoch“ bis „sehr<br />
hoch“ ein. Das ist das Ergebnis<br />
einer Umfrage unter<br />
1.021 mit telständischen<br />
Betrieben, die <strong>PwC</strong> gemeinsam<br />
mit dem Bundesverband<br />
der deutschen<br />
Hey Big Spender<br />
Soziales Engagement hat<br />
für deutsche Großunternehmen<br />
zwar einen hohen Stellenwert.<br />
Doch ein strategisches<br />
Ziel verfolgen damit<br />
nur 39 Prozent. Das geht<br />
aus einer <strong>PwC</strong>Studie hervor,<br />
für die 100 Unternehmen<br />
befragt wurden. Viel<br />
zu selten wird evaluiert,<br />
ob die angestrebten Veränderungen<br />
auch realisiert<br />
wurden. Dabei müsse ein<br />
Unternehmen „dauerhafte<br />
Spuren“ hinterlassen, um<br />
als Corporate Citizen anerkannt<br />
zu werden, sagt <strong>PwC</strong><br />
Vorstand Andreas Menke.<br />
Industrie durchgeführt hat.<br />
Allerdings sind bislang nur<br />
28 Prozent der Unternehmen<br />
mit ihrem Risikomanagement<br />
auch zufrieden.<br />
Übergreifende Themen<br />
wie IT, Compliance oder<br />
Nachhaltigkeit, so die Untersuchung,<br />
werden bisher<br />
noch zu selten berücksichtigt.<br />
www.pwc.de/<br />
de/risiko-management/<br />
index.jhtml<br />
Weiteres Problem: Nur bei<br />
14 Prozent der Unternehmen<br />
haben Spenden einen<br />
direkten Zusammenhang<br />
zur Geschäftstätigkeit. Menke:<br />
„Corporate Citizenship<br />
heißt aber, die spezifischen<br />
Stärken des Unternehmens<br />
für die Gesellschaft einzusetzen.“<br />
www.pwc.de/<br />
corporate-citizenship<br />
weniger als 1 Tag 1 bis 5 Tage 5 bis 10 Tage länger als 10 Tage<br />
79%<br />
(59)<br />
Bankkunden müssen heute länger auf ihre Kredite warten als noch vor drei Jahren. Nach einer <strong>PwC</strong>-Studie unter 25 Kreditinstituten<br />
haben sich die Durchlaufzeiten sowohl für Privat- als auch für Firmenkunden verlängert. Warteten 2008 nur<br />
29 Prozent der Kunden auf ihre private Baufinanzierung fünf Tage oder länger, sind es nun schon 43 Prozent. Wurde ein<br />
Firmenkundenkredit 2008 noch in 18 Prozent der Fälle innerhalb von fünf Tagen abschließend bearbeitet, schafft diese Frist<br />
heute keines der befragten Institute mehr. www.pwc.de/de/finanzdienstleistungen/index.jhtml<br />
21%<br />
(32)<br />
38%<br />
(19)<br />
0% (4) 0% (18) 60%<br />
(28)<br />
5% (10)<br />
0% (9) 0% (0)<br />
mai 2012 31<br />
40%<br />
(50)
next: Wissen<br />
Eigentum verpflichtet<br />
Keine Angst vor Ideenklau: Statt sich in kostenträchtige<br />
Patentstreitigkeiten zu stürzen, machen immer mehr Unternehmen<br />
ihr geistiges Eigentum zu Geld. Und verdienen prächtig dabei.<br />
Von Christine Mattauch<br />
32 next:
Apple gegen<br />
Samsung, Yahoo<br />
gegen Facebook:<br />
In der IT-Industrie<br />
tobt derzeit ein<br />
erbitterter Kampf<br />
um Erfindungen<br />
und Patente.<br />
Damit hatte Mark Zuckerberg nicht gerechnet. Kurz<br />
vor dem Börsengang flatterte dem Facebook-Gründer<br />
eine Klage ins Haus, ausgerechnet von Silicon-Valley-<br />
Nachbar Yahoo: Bis zu 20 Patente habe Facebook<br />
verletzt, behauptet der Suchmaschinenpionier und<br />
verlangt jetzt Lizenzgebühren. „Yahoo Goes Trolling“,<br />
titelte das „Wall Street Journal“ – der schwächelnde<br />
Konzern versuche durch Abkassieren, seine Einnahmen<br />
zu erhöhen.<br />
„Trolling“, das ist die bizarre Facette eines weltweiten<br />
Trends: Mit bisher ungekannter Aggressivität<br />
versuchen Unternehmen, aus ihrem geistigem<br />
Eigentum Kapital zu schlagen. „Das Bewusstsein für<br />
die intelligente Nutzung von Wissen ist eindeutig gestiegen“,<br />
sagt Jutta Menninger, Patentspezialistin und<br />
Partnerin bei <strong>PwC</strong>. „Ging es den Unternehmen früher<br />
in erster Linie darum, ihre Erfindungen vor Nachahmung<br />
zu schützen, so entdecken sie ihr Know-how<br />
jetzt als Fundus, der sich monetär verwerten lässt.“<br />
Eine Einkommensquelle 2.0 sozusagen.<br />
Wissen ist der letzte Rohstoff, um den im globalen<br />
Wettbewerb ein erbitterter Verteilungskampf tobt.<br />
Gut 180.000 internationale Patente wurden 2011<br />
weltweit erteilt, ein Plus von knapp elf Prozent gegenüber<br />
dem Vorjahr. Auf Platz eins der Statistik hält<br />
sich zwar noch immer die USA, doch unter den Top-<br />
Ten-Ländern verzeichnet China mit einem Plus von<br />
mehr als 30 Prozent den größten Zuwachs. Und auch<br />
bei den Unternehmen selbst steht mittlerweile ein<br />
Unternehmen aus Fernost an erster Stelle – die ZTE<br />
Corporation aus Shenzhen mit 2.826 internationalen<br />
Patenten. Bestplatziertes deutsches Unternehmen ist<br />
die Robert Bosch GmbH auf Platz 5.<br />
Es ist noch gar nicht so lange her, da war es im ingenieurgeprägten<br />
deutschen Mittelstand undenkbar,<br />
sein Wissen zu teilen. Doch diese Zeiten sind vorbei.<br />
Heute geht es darum, seine Innovationen optimal zu<br />
verwerten. Das kann bedeuten: sofort verkaufen –<br />
oder: schützen und lizenzieren lassen. Oder sogar<br />
frei verteilen, in der Hoffnung, so eine neue Technik<br />
als Standard am Markt zu etablieren. „Geistiges<br />
Eigentum muss als strategische Vermögensposition<br />
angesehen und entsprechend behandelt werden“,<br />
sagt John Palfrey, Intellectual-Property-Spezialist an<br />
der Harvard Law School.<br />
Über die Verwertung wird heute bereits entschieden,<br />
noch ehe ein Innovationsprozess grünes Licht erhält.<br />
„Forschung braucht Richtung“, sagt Klaus Dieterich,<br />
Vorsitzender der Geschäftsleitung Forschung und<br />
Vorausentwicklung bei der Robert Bosch GmbH in<br />
Stuttgart. Der 125 Jahre alte Stiftungskonzern ist mit<br />
15 neuen Patenten pro Arbeitstag Innovationsführer<br />
in Deutschland, dank eines ausgeklügelten Systems<br />
der Ideenentdeckung und -verwertung, zu dem<br />
Innovationsworkshops, Technologie-Roadmaps und<br />
Bewertungsmatrizen gehören.<br />
Nur in den seltensten Fällen entstehen Erfindungen<br />
noch zufällig. Der Tüftler als Daniel Düsentrieb, der<br />
unbehelligt von Vorgaben nach Herzenslust im Labor<br />
werkelt, hat längst ausgedient. Heute stammt die<br />
Idee für ein neues Produkt aus dem Marketing oder<br />
dem Vertrieb, inspiriert durch Trendbeobachtung,<br />
Kundenbefragung und Vor-Ort-Recherche. Bevor ein<br />
Entwicklungsauftrag an die Forscher geht, werden<br />
Absatzchancen, mögliche Kooperationen und Lizenzierungen<br />
überdacht. Nicht nur ein Riese wie Bosch<br />
entwickelt nach solchen professionellen Strukturen,<br />
sondern auch innovative Mittelständler wie etwa die<br />
Komet Group GmbH im schwäbischen Besigheim.<br />
Bei der Werkzeugfirma, die in Deutschland 800 Mitarbeiter<br />
beschäftigt und weltweit 1.700, durchlaufen<br />
neue Produkte sogenannte Quality Gates, mit<br />
präzisen Anforderungen an Realisierbarkeit und §<br />
mai 2012 33
next: Wissen<br />
Rentabilität. Die rund 50 Mitarbeiter in der F&E-<br />
Abteilung erhalten Lasten- und Pflichtenhefte. Wo<br />
eigene Kompetenz fehlt, wird ein Partner gesucht.<br />
Bei einem Wechselkopfbohrer mit Stahlschaft und<br />
Hartmetallspitze beispielsweise, den sich Komet<br />
2009 patentieren ließ, holte Geschäftsführer Christof<br />
Bönsch frühzeitig ein Spezialunternehmen für Hartmetalltechnik<br />
mit ins Boot. Der Partner entwickelte<br />
den Bohrkopf und erhielt dafür eine Lizenz – ein<br />
profitabler Tausch für beide Seiten. „Heute vertreiben<br />
wir das gleiche Produkt unter anderen Markennamen“,<br />
sagt Bönsch.<br />
Auch wenn derzeit vor allem Internet- und Smartphone-Unternehmen<br />
Schlagzeilen mit ihren Schlachten<br />
um Patente und Lizenzierungen machen – Google<br />
gegen Microsoft, Apple gegen Samsung, Nokia gegen<br />
Apple –, sind andere Branchen davon nicht weniger<br />
betroffen. In der Chemie- und Pharmaindustrie<br />
etwa ist der Handel mit Lizenzen weit verbreitet<br />
und insbesondere für viele mittelständische Unternehmen<br />
ein lukratives Nebengeschäft. Der Vertrieb<br />
läuft in der Regel über persönliche Netzwerke, auf<br />
Kongressen und Messen. „Man kennt sich, schätzt<br />
sich und trinkt abends ein Glas Rotwein zusammen“,<br />
sagt einer, der regelmäßig dabei ist. „Und dann<br />
läuft die Buschtrommel: Wer hat ein Patentportfolio<br />
zu diesem oder jenem Problem?“ Die Einzelheiten<br />
handeln spezialisierte Juristen aus; die Preise richten<br />
sich nach Lizenz-Laufzeit und Entwicklungsstand der<br />
Innovation.<br />
Durch eine geschickte Lizenzierungsstrategie lässt<br />
sich zuweilen sogar mehr Geld verdienen als mit<br />
einem Alleingang. Beispiel Komet: Der Werkzeughersteller<br />
hatte 15 Jahre lang versucht, einen<br />
neuartigen Spanner für Bohrer selbst zu vermarkten.<br />
„Mit geringem Erfolg“, wie Bönsch offen einräumt.<br />
Das kleine ABC des Patentrechts<br />
So schützen sich Unternehmen vor unliebsamen Nachahmern<br />
Erzeugnispatent: Bezieht sich auf den<br />
Schutz von Gegenständen, etwa Maschinen<br />
oder ihre Teile, chemische Stoffe oder<br />
elektronische Schaltungen.<br />
Verfahrenspatent: Schützt Arbeitsverfahren,<br />
Herstellungsabläufe und<br />
Produktverwendungen. Durch Modifikationen<br />
ist es vergleichsweise leicht zu<br />
umgehen, Verletzungen sind oft schwer<br />
nachweisbar.<br />
Sowohl beim Erzeugnis- als auch beim<br />
Verfahrenspatent müssen Neuheit,<br />
Dann entschied die Firmenleitung, das Produkt breit<br />
zu lizenzieren – was nicht nur Einnahmen brachte,<br />
sondern den Spanner am Markt erst richtig etablierte<br />
und „zum kommerziellen Durchbruch führte“,<br />
sagt Bönsch. Die Weichenstellung erwies sich auch<br />
langfristig als richtig. Als das Unternehmen voriges<br />
Jahr eine neue Generation des „Komet ABS“ genannten<br />
Werkzeugs auf den Markt brachte, zogen fast alle<br />
Lizenzpartner mit.<br />
Eine andere Kooperationsform sind Patentpools,<br />
an denen sich mehrere Firmen beteiligen – in der<br />
Hoffnung, durch das Wissen der anderen das eigene<br />
Produkt zu optimieren. Dieses Cross-Licensing kann<br />
darüber hinaus eine elegante Lösung für Patentstreitigkeiten<br />
sein. Bereits 1856 endete damit ein verbissener<br />
Rechtsstreit, den sich die Nähmaschinenfabrikanten<br />
Grover, Baker, Singer und Wheeler & Wilson<br />
jahrelang geliefert hatten.<br />
Nicht von ungefähr schlägt der kanadische Informatikprofessor<br />
Timothy Lethbridge deshalb vor, dass<br />
alle bedeutenden Softwarehersteller – von Apple<br />
über Microsoft bis hin zu Google, IBM und Samsung<br />
– ihre Rechte in ein Konsortium einbringen sollten.<br />
„Das würde dem gegenwärtigen Patentkrieg den<br />
Boden entziehen. Die Firmen würden dadurch so viel<br />
Geld sparen, dass sie die Preise für den Endverbraucher<br />
merklich senken könnten“, sagt er.<br />
Um einen Standard zu verankern, drücken Unternehmen<br />
eine neue Technologie manchmal sogar<br />
völlig umsonst in den Markt. So stellte etwa IBM die<br />
Datenbasis der Software „Cloudscape“ kostenlos zur<br />
Verfügung, und Hewlett-Packard gab seinen „Spectrum<br />
Object Model-Linker“ frei. Beides keine Akte<br />
der Nächstenliebe: Die Konzerne hofften vielmehr,<br />
die Open-Source-Community würde so die Verbindung<br />
zu den eigenen Produkten herstellen.<br />
erfinderische Tätigkeit und gewerbliche<br />
Anwendbarkeit nachgewiesen werden.<br />
Der Patentschutz beträgt höchstens zwanzig<br />
Jahre.<br />
Standardpatent: Kurzform für standardrelevantes<br />
Patent. Es bezieht sich<br />
auf eine Technik, ohne die ein Unternehmen<br />
vorgegebene Industriestandards<br />
nicht erfüllen kann. Der Inhaber eines<br />
Standardpatents sollte anderen Unternehmen<br />
Zugang zur Technik gewähren.<br />
Durch überzogene Lizenzierungsbedin-<br />
China holt auf<br />
Anmeldungen* internationaler<br />
Patente<br />
2011 im Länderranking<br />
und Veränderung<br />
zum Vorjahr in Prozent<br />
48.596<br />
+8%<br />
USA<br />
38.888<br />
+21%<br />
Japan<br />
18.568<br />
+6%<br />
Deutschland<br />
16.406<br />
+33%<br />
China<br />
10.447<br />
+8%<br />
Südkorea<br />
7.664<br />
+6%<br />
Frankreich<br />
4.844<br />
–1%<br />
Großbritannien<br />
* erwartet Quelle: Wipo<br />
gungen versuchen manche Unternehmen<br />
allerdings, Wettbewerber auszubooten.<br />
Eine Initiative der Europäischen Union<br />
namens FRAND soll künftig eine faire<br />
Lizenzierung sichern.<br />
Gebrauchsmuster: sozusagen ein<br />
Patent light. Die Erfindung wird im<br />
Gegensatz zum Patent nicht geprüft, die<br />
Eintragung erfolgt umgehend. Eine Überprüfung<br />
erfolgt erst, wenn ein Dritter die<br />
Löschung beantragt. Schutz: maximal<br />
zehn Jahre.<br />
34 next:
Schwaben vorn:<br />
Bosch meldet von<br />
allen deutschen<br />
Unternehmen die<br />
meisten internationalen<br />
Patente an.<br />
Damit stellt sich die Frage, ob sich eine Patentierung<br />
in jedem Fall lohnt. Denn schließlich ist die Anmeldung<br />
aufwendig und teuer. Eine Technik kann in<br />
besonders dynamischen Branchen bereits überholt<br />
sein, wenn das Patent genehmigt ist. Und überhaupt:<br />
Mit jeder Patentierung ist die Preisgabe von Wissen<br />
verbunden. Der Staat schützt eine Innovation nicht,<br />
um das Vermögen des Erfinders zu mehren, sondern<br />
immer auch in der Hoffnung, dass sie die Volkswirtschaft<br />
im Ganzen voranbringt. Wer eine Innovation<br />
patentieren will, muss sie deshalb so beschreiben,<br />
dass andere sie verstehen – gegen Lizenzgebühr<br />
natürlich. Das Problem dabei: Diese Beschreibungen<br />
sind über die Datenbanken der Patentämter zugänglich<br />
und lassen sich zuweilen mit vergleichsweise<br />
geringem Aufwand modifizieren – zum eigenen<br />
Schaden und zur Freude der Konkurrenz.<br />
„So mancher Unternehmer ist gut damit gefahren,<br />
sein Wissen nicht publik zu machen“, sagt <strong>PwC</strong>-<br />
Expertin Menninger. Andere überlegen sich zuvor<br />
sehr genau, welche Umgehungsmöglichkeiten es für<br />
die Konkurrenz geben könnte, und lassen sich diese<br />
gleich mit patentieren, natürlich mit entsprechenden<br />
Kosten.<br />
Die erweisen sich immer dann als kluge Investition,<br />
wenn in der Folge Lizenzeinnahmen fließen. Wie<br />
lukrativ das Geschäft sein kann, zeigen Beispiele aus<br />
Amerika, wo die Vermarktung von geistigem Eigentum<br />
traditionell professioneller gesteuert wird als<br />
in Deutschland. Das Mobilfunkunternehmen Qualcomm<br />
in San Diego etwa nimmt pro Quartal rund<br />
eine Milliarde Dollar Lizenzgebühren ein, heißt es in<br />
der Branche. Bei Texas Instruments in Dallas soll es<br />
immerhin knapp eine Milliarde im Jahr sein.<br />
Kein Wunder deshalb, dass in den USA in den vergangenen<br />
Jahren sogenannte Patentfarmen entstanden<br />
sind, die Patente lizenzieren und als Händler<br />
zwischen Erfindern und Verwertern fungieren. Die<br />
größte dieser Farmen, Intellectual Ventures in Seattle,<br />
eine Gründung des früheren Microsoft-Technikvorstands<br />
Nathan Myhrvold, verwaltet gegenwärtig<br />
ein Portfolio von mehr als 30.000 Patenten und<br />
gehört damit zu den größten US-Anbietern.<br />
Eine lukrative Einnahmequelle stellt das Patentportfolio<br />
auf jeden Fall dar – vorausgesetzt, es wird<br />
auch entsprechend gepflegt. Deshalb kontrolliert bei<br />
Bosch „die Patentabteilung in intensiver Zusammenarbeit<br />
sowohl mit dem Marketing als auch mit der<br />
Entwicklung kontinuierlich den Patentbestand“, sagt<br />
Peter Feldmann, Leiter der Zentralabteilung Markenmanagement<br />
und Marketingkommunikation. „Es<br />
gibt Drehbücher, die kommen zehn Jahre zu früh. So<br />
ähnlich kann das auch mit Innovationen sein“, sagt<br />
Andreas Gorholt, Senior Manager und Innovationsexperte<br />
bei <strong>PwC</strong>. Wenn sich Marktlage, Kundenansprüche<br />
oder Begleittechnik ändern, können ganze<br />
Produktlinien neues Potenzial entfalten. Doch dann<br />
ruht das Patent womöglich vergessen im Archiv.<br />
Selbst einer Prestigefirma wie Apple kann so etwas<br />
passieren. Als unter großer Geheimhaltung der iPod<br />
entwickelt und nach langem Hin und Her endlich der<br />
Name gefunden worden war, erlebten die Manager<br />
eine Überraschung: Eine andere Abteilung hatte<br />
den Begriff bereits ein knappes Jahr zuvor schützen<br />
lassen – für einen Internetkiosk, der nie über das<br />
Projektstadium hinauskam.<br />
Bosch für Deutschland<br />
Anmeldungen internationaler Patente im Unternehmensranking.<br />
Die Top Ten 2011<br />
ZTE (China)<br />
Panasonic (Japan)<br />
Huawei (China)<br />
Sharp (Japan)<br />
Bosch (Deutschland)<br />
Qualcomm (USA)<br />
Toyota (Japan)<br />
LG (Südkorea)<br />
Philips (Niederlande)<br />
Ericsson (Schweden)<br />
2.826<br />
2.463<br />
1.831<br />
1.755<br />
1.518<br />
1.494<br />
1.417<br />
1.336<br />
1.148<br />
1.116<br />
Quelle: World Intellectual Property Organization<br />
mai 2012 35
next: Wissen<br />
Müllchaos in<br />
Neapel, rollende<br />
Händler in Rom:<br />
Nicht alles funktioniert<br />
in Italien so<br />
reibungslos wie<br />
das Geschäft der<br />
Eiscremeverkäufer.<br />
Mamma mia<br />
Klar, ein Haus zu bauen, kann schon in Deutschland<br />
ziemlich anstrengend sein – aber warum mussten<br />
wir es ausgerechnet in Italien versuchen? Meine<br />
Frau ist Italienerin, seit Jahren erwartet uns die liebe<br />
„famiglia“ zu Weihnachten, zu Ostern und natürlich<br />
im Sommer.<br />
Eines Tages erzählte mein Schwager von einer Baugenossenschaft,<br />
die in der Nähe von Rom günstige<br />
Reihenhäuser errichte. Kurz entschlossen unterschrieben<br />
wir. Das war vor zehn Jahren – bis heute<br />
sind wir noch nicht eingezogen.<br />
Erst stießen die Bagger auf antike Scherben, obwohl<br />
das Gelände, wie in Italien vorgeschrieben, von<br />
Archäologen freigegeben worden war. Die Proben ergaben<br />
zwar: Es liegt doch kein zweites Pompeji unter<br />
unserem Platz an der Sonne. Aber die Erleichterung<br />
verflog schnell, als sich unsere Gemeinde von der<br />
Nachbarkommune abspaltete. Wichtige Genehmigungen<br />
wurden kurzerhand annulliert, und wir blieben<br />
stolze Besitzer einer Baugrube.<br />
Kurz darauf brach die Finanzkrise aus und die Baufirma<br />
ging pleite. Vergangenen Herbst trübte dann die<br />
Schuldenkrise unseren Traum im Süden. Angesichts<br />
leerer Kassen weigerten sich Provinz und Kommune,<br />
das Gelände zu erschließen. Dabei hatten wir für die<br />
Kanalisation bereits bezahlt.<br />
Warum ich Ihnen das alles erzähle? Glauben Sie mir,<br />
nicht etwa aus persönlicher Betroffenheit, sondern<br />
weil Italien nach Griechenland der nächste Dominostein<br />
in der Schuldenkrise Europas ist, der nicht<br />
fallen darf. Weil kein Rettungsfonds groß genug ist<br />
für Italien. Weil die Katastrophe da wäre, wenn die<br />
italienische Regierung ihre Rechnungen nicht mehr<br />
begleichen kann. Weil Klüngel und Korruption, Gefälligkeiten<br />
und Abhängigkeiten die unternehme rische<br />
Initiative lähmen. Weil Bella Italia 1.900 Milliarden<br />
Euro Schulden angehäuft hat und außer Griechenland<br />
kein anderer Staat Europas, bezogen auf das<br />
Bruttoinlandsprodukt, noch schlimmer in der Kreide<br />
steht. Und ja, auch weil meine traurige Hausbau<br />
36 next:
Italien ist in der Eurokrise der Dominostein, der nicht fallen darf.<br />
Und Mario Monti vielleicht der erste Ministerpräsident, der das verhindern<br />
könnte. Innenansichten aus einem Land im Umbruch.<br />
von Christian Bieker<br />
geschichte leider typisch ist für dieses ach so wunderschöne<br />
Land.<br />
Seit der Wirtschaftsprofessor Mario Monti, eine Art<br />
„Anti-Berlusconi“, die Geschicke des Landes lenkt,<br />
keimt zwar Hoffnung auf, doch um „Italien aus dem<br />
Schatten herauszuholen und den Notstand zu beenden“,<br />
wie er es in seinem Rechenschaftsbericht nach<br />
100 Tagen nüchtern formuliert, bleibt ihm noch jede<br />
Menge zu tun. Vor allem die allmächtige Bürokratie<br />
treibt die Bürger in den Wahnsinn. Stundenlang<br />
stehen sie in Schlangen vor den Schaltern und Büros<br />
von Rathäusern und Post. Viele Amtsstuben sind nur<br />
wenige Stunden in der Woche geöffnet, gerne auch<br />
nur vormittags. Mancher Beamte lehnt Bescheinigungen<br />
mit der Begründung ab, sie seien mit blauem<br />
Kugelschreiber unterschrieben – man möge doch<br />
bitte schwarze Tinte verwenden.<br />
Wer in Italien ein gebrauchtes Auto kaufen will, muss<br />
ein halbes Dutzend Dokumente und Urkunden registrieren<br />
und notifizieren lassen. Selbst die Unterschrift<br />
der Vertragspartner ist zu beurkunden, weshalb bis<br />
vor Kurzem selbst bei einem schrottreifen Motorroller<br />
noch der Gang zum Notar Pflicht war. Wer bei einem<br />
Behördengang seine Nachweise vergisst, muss sich<br />
am nächsten Tag erneut anstellen. So war es zumindest<br />
bisher. Neuerdings darf man einzelne Bescheinigungen<br />
wie die Steuernummer oder den Wohnsitz<br />
durch eine Selbstauskunft ersetzen – eine kleine<br />
Revolution.<br />
Das gilt allerdings nicht für Betriebe. Biblische Amtsfristen<br />
ersticken jede unternehmerische Initiative.<br />
Selbst ausländische Großinvestoren warten jahrelang<br />
auf eine Genehmigung – und ziehen sich frustriert<br />
zurück. Beispiel IKEA: Die Schweden wollten bereits<br />
2005 in dem Städtchen Vecchiano nahe Pisa einen<br />
Möbelmarkt mit rund 350 Arbeitsplätzen errichten.<br />
Es wäre der zweite in der Toskana gewesen. Nach<br />
sechs Jahren gab IKEA seine Pläne 2011 auf – wegen<br />
der „exzessiven Entscheidungszeiten durch die lokalen<br />
Behörden“, so die Unternehmensauskunft.<br />
mai 2012 37<br />
§
next: Wissen<br />
Warten auf Taxis:<br />
In Italien warten<br />
Reisende auf<br />
Chauffeure – und<br />
nicht umgekehrt.<br />
Dafür sind zumindest<br />
auf dem<br />
Markusplatz in<br />
Venedig (r.) Plätze<br />
frei.<br />
In China hätten dafür acht Monate gereicht, kommentierte<br />
EU-Kommissionspräsident José Manuel<br />
Barroso den Fall.<br />
IKEA ist kein Einzelfall. Die ausländischen Direktinvestitionen<br />
in Italien brachen 2011 um 53 Prozent<br />
ein. In der Rangliste der firmenfreundlichsten Länder<br />
der Weltbank rutschte die achtgrößte Volkswirtschaft<br />
der Erde 2012 um vier Plätze auf Rang 87 ab – hinter<br />
die Mongolei und Sambia. Das italienische Steuersystem<br />
ist danach eines der kompliziertesten der<br />
Welt (Platz 134). Kläger warten durchschnittlich<br />
1.210 Tage, bis ein Urteil gesprochen und vollstreckt<br />
wird. Selbst in dem westafrikanischen Kleinstaat<br />
Togo arbeiten die Gerichte doppelt so schnell.<br />
Wo verkrustete Strukturen die Konkurrenz fernhalten,<br />
teilen sich die Platzhirsche die Märkte auf.<br />
Am deutlichsten zeigt sich der Sauerstoffmangel<br />
im Bank- und Versicherungsgewerbe: Nirgendwo<br />
in Europa sind Finanzdienstleistungen so teuer wie<br />
südlich der Alpen. Eine Autohaftpflichtversicherung<br />
kostet im Schnitt doppelt so viel wie im Rest Europas.<br />
Ein gewöhnliches Girokonto verschlingt in Italien pro<br />
Jahr 400 Euro an Gebühren – 250 Prozent mehr als<br />
im Schnitt der anderen europäischen Länder.<br />
Mein Schwiegervater zahlt bis heute dafür, dass ihm<br />
seine Bank Kontoauszüge zusendet, die ihn nie erreichen.<br />
Die Gemeinde hat die Straße, in der er seit<br />
52 Jahren wohnt, vor einigen Jahren umbenannt.<br />
Während Strom- und Telefonanbieter die neue Adresse<br />
ohne Probleme übernahmen, besteht die Bank<br />
bis heute auf einer schriftlichen Bestätigung der<br />
Stadtverwaltung. Doch der alte Mann weigert sich,<br />
dafür einen halben Tag im Rathaus zu opfern.<br />
Mit solchen Schikanen kommen die Institute bis heute<br />
durch. Denn anders als in Deutschland sind sie die<br />
größten Aktionäre ihrer eigenen Aufsichtsbehörde,<br />
der Zentralbank Banca d’Italia, die seit Jahren schützend<br />
ihre Hand über das Gewerbe hält. Immerhin:<br />
Seit 2007 ist es den Instituten verboten, eine Kontoschließungsgebühr<br />
von mehreren Hundert Euro zu<br />
erheben. Mit der Strafzahlung hatten die Geldhäuser<br />
in der Vergangenheit ihre Marktanteile zementiert.<br />
Ein Dekret der neuen Regierung Monti zwingt die<br />
Institute nun, Kunden, die eine Lebensversicherung<br />
abschließen wollen, mindestens zwei konkurrierende<br />
Produkte anzubieten.<br />
Ähnlich wie die Finanzbranche schotten sich weite<br />
Teile der Wirtschaft gegen lästige Konkurrenz ab.<br />
38 next:
Steckbrief<br />
Italien<br />
Nationalhymne:<br />
Fratelli d’Italia<br />
Pasta-Jahresverbrauch<br />
pro Kopf:<br />
28 kg<br />
(Deutschland: 5,5)<br />
Einwohnerzahl:<br />
60,7 Millionen<br />
Anteil der über<br />
60-Jährigen:<br />
26,6 %<br />
Bruttoinlandsprodukt<br />
2011:<br />
1.617 Mrd. Euro<br />
Durchschnittliche<br />
Bruttoarbeitskosten<br />
in der Produktion:<br />
25,82 Euro<br />
pro Stunde<br />
Durchschnittliche<br />
Dauer von<br />
Wirtschaftsverfahren:<br />
1.210 Tage<br />
(Deutschland:<br />
394 Tage)<br />
Staatsschuldenquote<br />
(in % des<br />
BIP): 120,5<br />
Exporte/Importe<br />
pro Kopf in Euro:<br />
6200/6800<br />
Sozialquote/<br />
Forschungsquote<br />
(in % des BIP):<br />
29,8/0,67<br />
Der Exmonopolist Telecom Italia, das TV-Duopol aus<br />
der staatlichen Rai und Berlusconis Mediaset-Gruppe<br />
oder der Energieriese Eni verteidigen ihre Pfründe<br />
auf Kosten des Allgemeinwohls. Stellen in privaten<br />
und öffentlichen Unternehmen werden meist nur unter<br />
der Hand verteilt. Ohne Vitamin B ist die Arbeitssuche<br />
hoffnungslos.<br />
Nicht umsonst heißt eine der populärsten TV-Shows<br />
„I raccomandati“ – „Die Empfohlenen“. Doch die<br />
Beziehungen fehlen den jungen Menschen: 31 Prozent<br />
der Italiener zwischen 15 und 24 Jahren haben<br />
keine reguläre Arbeit. Viele hangeln sich von einem<br />
befristeten Vertrag zum nächsten. Dass kaum ein<br />
Arbeitgeber neue Vollzeitstellen schafft, liegt vor<br />
allem an dem rigiden Kündigungsschutz des Statuto<br />
dei lavoratori. Wer einmal in einem Job ist, fliegt so<br />
schnell nicht wieder raus. Nur rein kommt man leider<br />
nicht, weshalb Mario Monti nun auch das Arbeitsrecht<br />
umfassend reformieren will.<br />
Auf der Sonnenseite leben in Italien dagegen viele<br />
Freiberufler. Die Standesverbände von Apothekern,<br />
Taxifahrern oder Notaren schützen ihre Klientel wie<br />
die Mama ihre Bambini. Am Hauptbahnhof Roma<br />
Termini oder am <strong>Mai</strong>länder Flughafen Malpensa<br />
warten die Reisenden auf das Taxi – und nicht, wie<br />
im Rest der Welt, umgekehrt. Die Zahl der Lizenzen<br />
ist streng limitiert, was dazu führt, dass Taxikonzessionen<br />
in Großstädten mehr als 150.000 Euro kosten.<br />
Die Zahl der Apotheken ist sogar gesetzlich geregelt:<br />
In Gemeinden bis 4.000 Einwohner durfte es bisher<br />
nur einen einzigen Aspirin-Verkäufer geben. Starb<br />
der Apotheker, ging die Lizenz auf seine Erben über.<br />
Nur vor diesem Hintergrund ist zu verstehen, was<br />
Mario Monti eigentlich damit meint, wenn er davon<br />
spricht, den „Dschungel der Vorschriften“ ausholzen<br />
zu wollen. Sein Vorstoß „Vereinfache Italien“ legt<br />
die Axt an Tausende unnötige Gesetze, Erlasse und<br />
Normen. Sein Dekret, das bis Ende April vom Parlament<br />
bestätigt werden muss, verringert nicht nur das<br />
Einzugsgebiet pro Apotheke auf 3.300 Einwohner. Es<br />
schafft auf einen Schlag auch alle Mindesttarife für<br />
Freiberufler ab, die bisher verhinderten, dass etwa<br />
junge Architekten ihre alteingesessenen Kollegen<br />
preislich unterboten.<br />
„Monti hat nach Jahren des Stillstands schon unglaublich<br />
viel verändert“, sagt Gian Antonio Stella.<br />
Der 59-jährige Journalist aus Treviso enthüllt<br />
regelmäßig für die Tageszeitung „Corriere della Sera“<br />
haarsträubende Fälle von Amtsschimmel und Vetternwirtschaft.<br />
2007 schrieb er mit seinem Kollegen<br />
Sergio Rizzo das Buch „La Casta“, das die Selbstbedienung<br />
der politischen Elite anprangert. „Wir hatten<br />
gehofft, 35.000 Exemplare zu verkaufen“, sagt Stella.<br />
Inzwischen hat das Standardwerk der Protestbürger<br />
eine Auflage von 1,3 Millionen erreicht. Nichts regt in<br />
Zeiten des großen Sparens die Italiener mehr auf als<br />
die absurden Privilegien ihrer gewählten Vertreter.<br />
Mit 952 Mitgliedern in Abgeordnetenhaus und Senat<br />
leistet sich Italien so viele Politiker wie kein anderer<br />
Staat in Europa. Es ist das – nach China – zweitgrößte<br />
und teuerste Parlament der Welt. „Die konservativen<br />
Wähler hatten geglaubt, dass die Selbstbedienung<br />
typisch links sei“, sagt Stella, „bis sich Berlusconi mit<br />
dem Hubschrauber des Zivilschutzes zur Massage<br />
fliegen ließ.“<br />
Kostenlose Krankenversicherung und Zugfahrkarten,<br />
dicke Dienstwagen und goldene Pensionen – die Kaste<br />
des italienischen Politheers, die auf knapp 1,3 Millionen<br />
Menschen taxiert wird, ist fast so gut versorgt<br />
wie das englische Königshaus. Auf 11.238 Euro brutto<br />
kommt der Parlamentarier im Schnitt, plus allerlei<br />
Spesenpauschalen. Zum Vergleich: Die Diäten der<br />
deutschen Bundestagsabgeordneten betragen monatlich<br />
7.668 Euro plus Zulagen.<br />
Monti will die Gehälter jetzt auf den europäischen<br />
Mittelwert drücken, was fast einer Halbierung gleichkommt.<br />
Allerdings geht der Premier selbst mit gutem<br />
Beispiel voran und verzichtet vollständig auf sein<br />
Salär. „Eigentlich wollte ich das Geld spenden“, sagt<br />
er, „aber in Anbetracht der Lage lasse ich es lieber<br />
mai 2012 39<br />
§
next: Wissen<br />
Deutsch-italienische Freundschaft<br />
Größter Handelspartner Italiens ist Deutschland – sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen<br />
Deutschland<br />
Frankreich<br />
* Daten Jan. bis Nov. 2011<br />
337,3 Mrd. Dollar 367,4 Mrd. Dollar<br />
Exporte* Importe*<br />
USA<br />
Schweiz<br />
Spanien<br />
13,3%<br />
11,7%<br />
6,1%<br />
5,5%<br />
5,3%<br />
direkt in der Staatskasse.“ Die Zahl der Dienstwagen<br />
seiner Kollegen hat der 68-Jährige seit Amtsantritt<br />
bereits um zehn Prozent gekürzt.<br />
Die dunklen Limousinen, die in Italien „Auto blu“<br />
heißen, sind längst das Symbol maßloser Selbstbedienung.<br />
Mindestens 64.524 fahren davon auf<br />
Italiens Straßen, ergab eine aktuelle Zählung,<br />
die Mario Monti in Auftrag gab. Die Chauffeure<br />
dürfen nach Herzenslust rasen, weil sie von Straf-<br />
Handgreifliche Politik: Mario Monti (u. l.) ist der erste<br />
Premier Italiens, der große Popularität genießt, obwohl<br />
er seinen Landsleuten harte Opfer abverlangt.<br />
15,5%<br />
8,3%<br />
7,4%<br />
5,2%<br />
4,5%<br />
Frankreich<br />
China<br />
Niederlande<br />
Russland<br />
Deutschland<br />
Quelle: Italienisches Wirtschaftsministerium/Deutsche Botschaft Rom<br />
punkten auf ihren Führerschein befreit sind. Ein<br />
Regionalpräsi dent ließ sich 2011 mit seinen drei<br />
Dienstwagen insgesamt 136.600 Kilometer herumkutschieren<br />
– das sind rechnerisch 374 Kilometer<br />
am Tag. „Wahrscheinlich tagen sämtliche Ausschüsse<br />
auf Autobahnraststätten“, höhnte die Tageszeitung<br />
„Libero“.<br />
Wozu die Abgeordneten ihre Dienstwagen wirklich<br />
nutzen, enthüllt ein früherer Parlamentsmitarbeiter<br />
im Internet unter dem Namen „Spider Truman“.<br />
385.000 Fans zählt seine Facebook-Seite mittlerweile.<br />
Da missbrauchen Politiker die Polizeieskorte<br />
angeblich für die Shopping-Tour der Ehefrauen oder<br />
fallen anderweitig durch pikante Details auf – etwa,<br />
wenn sie sich an eigenen Bankschaltern im Senat<br />
Baufinanzierungen zu einem Viertel des marktüblichen<br />
Zinses besorgen.<br />
Nur wenn es um das eigene Portemonnaie geht,<br />
beweist die Kaste durchaus Kostenbewusstsein.<br />
So speisten die Mitarbeiter im Senats-Restaurant<br />
jahrelang zu Preisen von anno dazumal, bedient von<br />
livrierten Kellnern: Penne all’arrabbiata 1,60 Euro,<br />
Seebarsch-Lamellen an Radicchio und Mandeln<br />
2,76 Euro, Wasser 0,67 Euro. Als „Spider Truman“<br />
die Speisekarte vorigen August im Internet veröffentlichte,<br />
trat er damit eine Welle der Empörung los. Das<br />
Restaurant musste seine Preise verdreifachen, verlor<br />
70 Prozent seiner Kunden – und steht nun vor der<br />
Schließung.<br />
Ist Italien also doch noch zu retten? Bestsellerautor<br />
Stella holt tief Luft: „Ich war wütend, aber unter<br />
Monti fühle ich mich jetzt besser.“ Die Veränderungen<br />
seien unumkehrbar. „Die Berufspolitiker stehen<br />
unter Schock“, beobachtet er. Bisher habe gegolten:<br />
Wer Reformen wagt, verliert die Wahlen. „Monti ist<br />
der erste Premier Italiens, der extrem populär ist,<br />
obwohl er Opfer verlangt.“<br />
Vielleicht haben wir also doch das richtige Land für<br />
unser Haus gewählt.<br />
In der Kreide<br />
Staatsschuldenquote<br />
ausgewählter Länder<br />
in Prozent des BIP<br />
206<br />
Japan<br />
163<br />
Griechenland<br />
120<br />
Italien<br />
101<br />
USA<br />
85<br />
Frankreich<br />
82<br />
Deutschland<br />
70<br />
Spanien<br />
Quelle: EU-Kommission/<br />
OECD 2011<br />
40 next:
next: Trends<br />
<strong>PwC</strong> startet<br />
„Deutschlands Beste“<br />
Unternehmensrankings gibt es viele, doch in der Regel betrachten<br />
sie nur die Performance der vergangenen zwölf<br />
Monate. Dabei beweist sich der nachhaltige Erfolg eines<br />
Unternehmens oft erst sehr viel später. Zum ersten Mal werden<br />
jetzt Unternehmen für die Leistungen in den vergangenen drei<br />
Jahren gewürdigt: <strong>PwC</strong> startet zusammen mit der WELT-Verlagsgruppe<br />
den Wettbewerb „Deutschlands Beste“. Bewerben<br />
können sich Unternehmen mit Sitz in Deutschland und einem<br />
Jahresumsatz von mindestens 50 Millionen Euro. Banken und<br />
Versicherungen sowie die Tochtergesellschaften internationaler<br />
Konzerne bleiben unberücksichtigt. Bewerbungsschluss ist<br />
der 30. Juni.<br />
Mehr Infos unter www.pwc.de/deutschlandsbeste<br />
Windige Zeiten<br />
Bereits in zehn Jahren sollen<br />
europaweit Hochseewindparks<br />
mit einer Gesamtleistung<br />
von 40 Gigawatt<br />
in Betrieb sein. Zu den<br />
Profiteuren in Deutschland<br />
zählen keineswegs nur die<br />
küstennahen Regionen,<br />
bilanziert eine neue <strong>PwC</strong>-<br />
Studie. Bereits heute arbeiten<br />
40 Prozent der Branchenbeschäftigten<br />
in Nordrhein-Westfalen,<br />
Bayern<br />
und Baden-Württemberg.<br />
Wegen ihrer starken Stel-<br />
lung in der Zulieferindustrie<br />
dürften diese Flächenländer<br />
auch künftig überdurchschnittliche<br />
Umsatz- und<br />
Beschäftigungsgewinne für<br />
sich verbuchen.<br />
Der Mittelstand steht auf<br />
jeden Fall auf der Gewinnerseite.<br />
90 Prozent der<br />
Wertschöpfung innerhalb<br />
der Branche entfallen derzeit<br />
auf kleine und mittlere<br />
Unternehmen.<br />
www.pwc.de/de/energiewirtschaft/index.jhtml<br />
Steuern digital<br />
Betriebsprüfer machen immer<br />
häufiger von der Möglichkeit<br />
des elektronischen<br />
Datenzugriffs Gebrauch.<br />
Das zeigt die <strong>PwC</strong>-Studie<br />
„Digitale Steuerprüfung“,<br />
für die 230 Unternehmen<br />
befragt wurden. Danach<br />
berichtet jedes zweite Unternehmen,<br />
dass die Finanzverwaltung<br />
in 75 Prozent der<br />
Fälle den digitalen Zugriff<br />
auf die steuerlichen Daten<br />
verlangt. Die Unternehmen<br />
sollten deshalb bei jeder Veränderung<br />
ihrer IT, insbesondere<br />
bei Verlagerungen ins<br />
Die Macht der Marke<br />
Ausland, darauf achten, dass<br />
sie jederzeit auf ihre Daten<br />
zurückgreifen können“,<br />
rät <strong>PwC</strong>-Fachmann Tobias<br />
Taetzner.<br />
www.pwc.de/de/steuern/<br />
digitale-steuerpruefung<br />
Nach einer Studie, die <strong>PwC</strong> gemeinsam mit der Universität<br />
Hamburg, dem Markenverband und der<br />
GfK erstellt hat, beziffert jedes zweite Unternehmen<br />
den Anteil des Mar kenwerts am gesamten Unterneh-<br />
menswert auf 50 Prozent. „Die Unternehmen haben<br />
vermehrt den Anspruch, den monetären Wert ihrer<br />
Marke zu bestimmen“, sagt <strong>PwC</strong>-Partnerin Jutta<br />
Menninger. Ging es früher vorrangig um die Steuerung<br />
und Kontrolle der Marken, werden die Bewertungen<br />
nun verstärkt mit Blick auf den Finanzmarkt<br />
vorgenommen. www.pwc.de/markenbewertung<br />
Druckfrisch<br />
„Commercial Due Diligence“ und „Qualität<br />
im Reporting“ – diese für Unternehmen zentralen<br />
Themen stehen im Mittelpunkt zweier<br />
Neuerscheinungen, die <strong>PwC</strong>-Experten jetzt<br />
vorlegen.<br />
In ihrem Buch „Commercial Due Diligence“<br />
(Wiley) erläutern Ralph Niederdrenk und<br />
Matthias Müller, mit welchen Methoden sich<br />
in der Praxis quantifizieren lässt, ob eine<br />
Transaktion sinnvoll ist oder nicht.<br />
Die <strong>PwC</strong>-Consultants Klaus Panitz und Carsten<br />
Waschkowitz klären in ihrem Buch „Qualität<br />
im Reporting“ (Schäffer Poschel, erscheint<br />
Ende Juni) praxisnah darüber auf, welche<br />
Strategien am Kapitalmarkt den größten<br />
Erfolg versprechen und wie sich die Qualität im Reporting<br />
langfristig sichern lässt.<br />
mai 2012 41
what’s next:<br />
4Szenarien<br />
...<br />
... wie es mit dem Euro weitergeht und wie sich<br />
Unternehmen darauf vorbereiten können.<br />
Mit dem Schuldenschnitt in Griechenland scheint der<br />
Euro zwar vorerst gerettet, doch beendet ist die Krise<br />
damit noch lange nicht. Vom Entstehen einer Transferunion<br />
bis hin zum Zusammenbruch der Währungsunion<br />
ist derzeit noch alles möglich. Weltweit blicken die<br />
Manager deshalb weiter skeptisch auf Europa. Denn<br />
jede denkbare Entwicklung hat unmittelbare Folgen<br />
für die Wachstumsaussichten ihrer Unternehmen.<br />
In Zusammenarbeit mit dem Hamburger WeltWirtschaftsInstitut<br />
(HWWI) hat <strong>PwC</strong> deshalb jetzt vier<br />
Zukunftsszenarien entworfen, um die Folgen für<br />
Staat, Volkswirtschaft und Unternehmen besser abschätzen<br />
zu können. Diese Szenarien, betont HWWI-<br />
Direktor und Geschäftsführer Thomas Straubhaar,<br />
sind keine Prognosen, sondern „plausible Beschreibungen<br />
denkbarer Entwicklungen“. Sie sollen helfen,<br />
mögliche Abläufe zu verstehen, um im Einzelfall<br />
„klüger reagieren zu können“.<br />
Anders als erhofft, haben sich die beträchtlichen<br />
ökonomischen Unterschiede innerhalb Europas seit<br />
dem Start der Währungsunion nicht verringert, sondern<br />
sogar noch verstärkt. Die Frage ist nun, wie die<br />
Mitgliedsstaaten zur Stabilität zurückfinden können.<br />
Werden sie ihre Verschuldung in den Griff bekommen<br />
und zu den Maastrichtkriterien zurückkehren?<br />
Braucht es eine Fiskal- oder sogar Transferunion?<br />
Oder wird das Jahrhundertprojekt am Ende doch<br />
noch scheitern und die gemeinsame Währung zum<br />
Spaltpilz Europas?<br />
Auf den Worst Case können sich die Unternehmen am<br />
allerwenigsten vorbereiten. Gesamtwirtschaftlich,<br />
so das Fazit der Gemeinschaftsstudie von HWWI und<br />
<strong>PwC</strong>, wäre eine globale Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
zu erwarten, sollte sich die Währungsunion teilweise<br />
oder vollkommen auflösen. Die Folgen wären noch<br />
weit schlimmer als nach der Lehman-Pleite 2008,<br />
42 next:
weil die Staaten kaum noch mit Konjunkturprogrammen<br />
gegensteuern könnten.<br />
Doch selbst in dem aus heutiger Sicht wahrscheinlicheren<br />
Fall eines Fortbestehens der Union müssen<br />
sich die Unternehmen auf eine längere Stagnationsphase<br />
der europäischen Wirtschaft einstellen. Mindestens<br />
über die nächsten fünf Jahre hinweg dürften<br />
die Krisenländer immer wieder Unterstützungsleistungen<br />
benötigen. Die Arbeitslosigkeit dort werde<br />
auf hohem Niveau verharren und der Preissetzungsspielraum<br />
für die Unternehmen entsprechend gering<br />
ausfallen. Auch die Zinsen und Inflations raten bleiben<br />
in diesem Szenario niedrig.<br />
Für die deutsche Volkswirtschaft muss sich diese<br />
Konstellation nicht nachteilig auswirken. Niedrige<br />
Zinsen und allenfalls moderate Lohnsteigerungen in<br />
der Eurozone, so das Ergebnis der Studie, könnten die<br />
Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne auf den<br />
Märkten in Nordamerika und Asien weiter verbessern.<br />
Für ein idealtypisch angenommenes Mittelstandsunternehmen,<br />
einen Betrieb mit zwei Milliarden<br />
Euro Umsatz und 3.500 Mitarbeitern, ergeben<br />
sich in diesem Szenario folgende Handlungs optionen:<br />
• Die Beschaffung und Produktion in den Euro<br />
Krisenstaaten, möglicherweise auch eine Beteiligung<br />
oder Übernahme, sind erwägenswert, weil das Lohnniveau<br />
dort auf absehbare Zeit nicht steigen dürfte.<br />
• Künftiges Wachstum ist in den nächsten Jahren<br />
vor allem außerhalb der Eurozone zu realisieren.<br />
• Die Finanzierungsbedingungen dürften sich trotz<br />
niedrigem Zinsniveau allerdings erschweren. Aufgrund<br />
der unsicheren Gesamtlage werden die Banken<br />
strengere Kreditvergabestandards anlegen.<br />
Unternehmen mit geringem Eigenkapital<br />
werden sich deshalb verstärkt über den<br />
Kapitalmarkt finanzieren müssen.<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
FriedrichEbertAnlage 3537, 60327 Frankfurt am <strong>Mai</strong>n<br />
www.pwc.de<br />
Verantwortlich für den Inhalt (V. i. S. d. P.):<br />
Oliver Heieck (<strong>PwC</strong>)<br />
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die Meinung der Autoren wieder.<br />
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(ein Unternehmen der G+J Wirtschaftsmedien AG & Co. KG)<br />
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Bildnachweis/CopyrightVermerk:<br />
Titelbild: Getty Images / David Madison; Seite 2: Getty Images / Dana<br />
Tezarr, Sustainable Dance Club, Getty Images / Michael Wildsmith,<br />
Stefano Rellandini / Reuters; Seite 3: <strong>PwC</strong>; Seite 4: mauritius images,<br />
Getty Images, plainpicture; Seite 5: Corbis, pepperprint / mauritius<br />
images; Seite 8: Bayer AG; Seite 11: Deutsche Bahn AG; Seite 12/13:<br />
Corbis; Seite 14: TU Delft, Sustainable Dance Club ; Seite15: picturealliance/<br />
dpa, Solarion AG ; Seite 17: Guenter Schiffmann/Bloomberg<br />
via Getty Images; Seite 18: Guenter Schiffmann/Bloomberg via Getty<br />
Images (2); Seite 19: GASPA; Seite 20: Porsche AG; Seite 21: Getty<br />
Images (3); Seite 22: Getty Images; Seite 25: <strong>PwC</strong>; Seite 27: Frank Rumpenhorst<br />
/ <strong>PwC</strong>; Seite 28: Getty Images; Seite 30: Volkswagen AG, BMW<br />
AG, car2go; Seite 31: plainpicture, Getty Images ; Seite 32: Aly Song /<br />
Reuters; Seite 33: picture alliance / dpa; Seite 35: ddp images/AP; Seite<br />
36: STRINGER Italy / Reuters; Seite 37: Getty Images; Seite 38: Max<br />
Rossi / Reuters, Getty Images; Seite 39: Getty Images, STRINGER Italy /<br />
Reuters; Seite 40: ANSA ANSA / Reuters, Stefano Rellandini / Reuters;<br />
Seite 41: Getty Images (3) ; Seite 42: Getty Images/ The Bridgeman Art<br />
Library; Seite 43: Getty Images<br />
Druck:<br />
Druckhaus BerlinMitte GmbH<br />
Schützenstraße 18, 10117 Berlin<br />
Papier aus<br />
verantwortungsvollen<br />
Quellen<br />
next: erscheint dreimal im Jahr in einer Auflage von<br />
10.000 Exemplaren.<br />
© <strong>Mai</strong> 2012. PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten.<br />
„<strong>PwC</strong>“ bezeichnet in diesem Dokument die PricewaterhouseCoopers<br />
Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die eine<br />
Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers International<br />
Limited (<strong>PwC</strong>IL) ist. Jede der Mitgliedsgesellschaften der <strong>PwC</strong>IL ist<br />
eine rechtlich selbstständige Gesellschaft.<br />
mai 2012 43
Erfolgsformeln<br />
( ) (<br />
)<br />
n n!<br />
= =<br />
k k!(n–k)!<br />
49<br />
6<br />
49!<br />
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(49–6)!•6!<br />
= 49!<br />
(43)!•6!<br />
Die Wahrscheinlichkeitsrechnung beziffert nach dieser Formel, wie groß die Chance auf einen<br />
Sechser im Lotto ist. Sie beträgt 1 zu knapp 14 Millionen. Doch die Wirtschaft ist kein Lottospiel.<br />
Wer die Zukunftsaussichten von Weltkonjunktur und Unternehmen bewerten will, kommt mit<br />
mathematischen Formeln nicht zum Ziel. Wie die globale Managerelite die Wachstumsperspektiven<br />
der nächsten Jahre bewertet, lesen Sie ab Seite 4.