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Mai - PwC

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<strong>Mai</strong> 2012<br />

Einblick<br />

Wie Mario Monti<br />

Juli 2011<br />

in Italien die<br />

Misswirtschaft bekämpft<br />

Mut zur Wahrheit<br />

BayWa-Chef<br />

Durchblick<br />

Klaus Lutz zum Welt-<br />

Wie Unternehmen<br />

ernährungsproblem<br />

ihr geistiges Eigentum<br />

zu Geld machen<br />

Mut zur Klarheit<br />

Warum sich gutes<br />

Ausblick Deutsch für Verwaltun-<br />

Wie gen Facebook und Unternehmen & Co.<br />

Geschäftswerte lohnt schaffen –<br />

oder auch vernichten<br />

Mut zur Nachhaltigkeit<br />

Die Ostseepipeline<br />

setzt neue Maßstäbe für<br />

künftige Großprojekte<br />

next:<br />

Das Magazin für Vorausdenker<br />

www.pwc.de<br />

Das Magazin für Vorausdenker<br />

Weitere Aussichten<br />

Kein Öl, kein Erz, kein Gold.<br />

Deutschland ist ein Land<br />

wechselhaft ohne Bodenschätze. Aber<br />

gerade darin gründet sein<br />

Kaum Hoffnungen für die Weltkonjunktur, aber für<br />

Reichtum. Denn Not macht<br />

das eigene Unternehmen: was<br />

bekanntlich<br />

CEOs weltweit<br />

erfinderisch.<br />

optimistisch<br />

macht und warum deutsche Manager ganz vorne liegen


next: Inhalt<br />

3<br />

3<br />

3<br />

3<br />

Titel<br />

Der CEO Survey 2012:<br />

was die globale Managerelite für die Zukunft erwartet Seite 4<br />

Selbstbewusster Musterschüler: warum die Deutschen so optimistisch sind Seite 6<br />

Go BRIC: welche Regionen der Welt mit den besten Wachstumschancen locken<br />

Interview: wie Bayer-Chef Marijn Dekkers die Personalengpässe<br />

Seite 7<br />

in den Schwellenländern überbrückt Seite 8<br />

Krieg um Köpfe: wo Fachkräftemangel droht Seite 9<br />

How to grow: welche Strategien am meisten Wachstum versprechen<br />

Interview: wie Bahnchef Rüdiger Grube den Schienenkonzern<br />

Seite 10<br />

auf Nachhaltigkeit trimmt Seite 11<br />

Märkte<br />

Zu Wasser, zu Lande und in der Luft: Mit dem beschlossenen Atomausstieg<br />

bricht jetzt die Zeit der Pioniere an. Wie die Unternehmen den Strom von<br />

morgen erzeugen wollen Seite 12<br />

Sagen Sie mal: Wann kommt denn jetzt der VW-Porsche auf den Markt?<br />

Porsche-Vorstand Bernhard <strong>Mai</strong>er über die Weiterentwicklung des Sportwagen-<br />

Mythos,die Vorlieben der Chinesen – und die Zukunft des Elektroautos Seite 16<br />

Trends Seite 21<br />

Lösungen<br />

Der Wert des Sozialen: Netzwerke wie Facebook & Co. können den<br />

Geschäftswert steigern oder auch vernichten. Wie Unternehmen ihre<br />

Social-Media-Performance messen können Seite 22<br />

Brüsseler Spitzen: warum <strong>PwC</strong>-Vorstand Georg Kämpfer die Vorschläge der<br />

EU-Kommission zur Regulierung der Abschlussprüfung für ungeeignet hält Seite 26<br />

Neue Mobilitätskonzepte: wie die Autokonzerne aus Carsharing<br />

ein Geschäftsmodell machen wollen Seite 28<br />

Trends Seite 31<br />

Wissen<br />

Eigentum verpflichtet: wie Unternehmen durch eine clevere<br />

Lizenzierungsstrategie mit ihren Patenten Geld verdienen Seite 32<br />

Mamma mia: Italien ist in der Eurokrise der Dominostein, der nicht<br />

fallen darf. Wie Ministerpräsident Mario Monti die Kehrtwende<br />

in seinem Land schaffen will Seite 36<br />

Trends Seite 41<br />

What’s next: Seite 42<br />

Impressum Seite 43<br />

2 next:


next: Editorial<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

nach den ersten vier Monaten 2012 scheint sich die Prognose vom Herbst vergangenen Jahres zu<br />

bestätigen: Mehr als 1.200 CEOs zeigten sich pessimistisch, was die Entwicklung der Weltwirtschaft<br />

angeht. Die Verunsicherung durch Eurokrise, die Verschuldung des US-Staatshaushalts und<br />

das nachlassende Wachstum in Asien beschäftigen uns noch immer intensiv.<br />

Demgegenüber gibt es bei der Vorlage der Bilanzzahlen und dem Ausblick vieler Unternehmen<br />

häufig zufriedene Gesichter. Auch dies hatten die Manager im Spätherbst kommen sehen. Und weil<br />

aus der Zufriedenheit keine Selbstzufriedenheit wurde, bleiben die Wachstumsaussichten für das<br />

eigene Unternehmen zuversichtlich -die deutschen Firmen an der Spitze. Unser 15. CEO-Survey<br />

sorgte bereits beim World Economic Forum in Davos für reichlich Gesprächsstoff - und ist<br />

mit Aussagen zu den kommenden drei Jahren noch immer aktueller und interessanter Lesestoff.<br />

Welche konkreten Pläne Porsche hat, verrät uns Bernhard <strong>Mai</strong>er, im Vorstand der Sportwagenschmiede<br />

verantwortlich für die Ressorts Vertrieb und Marketing.<br />

Ungewöhnlich für next: ist ein Blick in unsere eigene Branche der Wirtschaftsprüfung. Wir wagen<br />

ihn; weil die Pläne der zuständigen EU-Kommission in Brüssel nicht nur in einen funktionierenden<br />

Prüfermarkt massiv eingreifen, sondern auch die Rolle des Aufsichtsrats deutlich verändern. In<br />

den kommenden Monaten fallen in den EU-Mitgliedsstaaten wichtige Vorentscheidungen, wie die<br />

Vorschläge national umgesetzt werden sollen. Mein Vorstandskollege Georg Kämpfer bringt die<br />

wichtigsten Aspekte einer komplexen Materie auf den Punkt.<br />

In unserer neuen Rubrik „what‘s next:“ stellen wir schließlich unsere neueste Studie vor.<br />

Das Thema betrifft Sie wie uns: Die Zukunft des Euro. Zusammen mit dem HWWI beleuchten wir<br />

vier mögliche Szenarien für die kommenden Monate und welche Optionen sich daraus für Ihr<br />

Unternehmen ergeben.<br />

Ich wünsche Ihnen eine informative und anregende Lektüre, Ihr<br />

Norbert Winkeljohann,<br />

Vorstandssprecher von<br />

<strong>PwC</strong><br />

mai 2012 3


next: Titel<br />

Weitere Aussichten<br />

Globalisierung bedeutet nicht nur Zugang zu neuen Märkten,<br />

sondern betrifft Unternehmen auch bei scheinbar regional begrenzten<br />

Krisen. Auch CEOs aus Asien und Amerika spürten<br />

die Auswirkungen der Schwierigkeiten in der Eurozone.<br />

56 %<br />

€<br />

der CEOs weltweit waren<br />

im Vorjahr von der Eurokrise<br />

finanziell betroffen.<br />

Starinvestor Warren Buffett ist immer wieder für<br />

eine Überraschung gut. Zum Jahresausklang 2011<br />

geht der drittreichste Mann der Welt ausgerechnet<br />

in Europa auf Shopping-Tour. Zu einer Zeit, als die<br />

Ratingagentur Standard & Poor’s Europas Politikern<br />

gerade mit der kollektiven Abstufung droht und die<br />

Aktienmärkte auf Talfahrt schickt.<br />

Zwar hat auch Buffett zu diesem Zeitpunkt „keine<br />

Vorstellung“ vom möglichen Ausgang der Schuldenkrise,<br />

wie er im TV-Interview mit CNBC eingesteht.<br />

Doch das ist für ihn zweitrangig. Es gebe in Europa<br />

„wunderbare Unternehmen“, sagt er, „Aktien, die ich<br />

mag“.<br />

Drei Monate später scheint Buffetts Kalkül aufgegangen<br />

zu sein. Es gibt den Euro immer noch, und die<br />

Aktienindizes sind seit Jahresanfang rasant gestiegen.<br />

Doch zahlt sich das Investment in Europa auch langfristig<br />

aus? Sind die Unternehmen wirklich so immun<br />

gegen die Schuldenkrise?<br />

Die globale Managerelite, die <strong>PwC</strong> jährlich im „CEO<br />

Survey“ befragt, scheint davon relativ überzeugt.<br />

Zwar sehen die Vorstandschefs den Konjunkturhorizont<br />

2012 weiter wolkenverhangen, doch ihre<br />

4 next:


wechselhaft<br />

Trotz Wirtschafts- und Finanzkrise<br />

zeigt sich die globale Managerelite<br />

optimistisch: Wo erwarten die Chefs<br />

die größten Wachstumschancen?<br />

Welche Risiken sehen sie für ihre<br />

Unternehmen? Antworten liefert der<br />

CEO Survey 2012 von <strong>PwC</strong>.<br />

Von Hendrik Roggenkamp<br />

Prognosen für das eigene Unternehmen fallen sehr<br />

viel freundlicher aus. So erwarten von den fast<br />

1.260 befragten Spitzenmanagern zwar fast 50 Prozent<br />

eine Verschlechterung der globalen Konjunktur,<br />

aber mehr als 80 Prozent glauben gleichzeitig<br />

an Umsatzzuwächse für die von ihnen geführten<br />

Konzerne. Selbst im krisengeschüttelten Europa<br />

überwiegt der Optimismus. Zwar ist die Stimmung in<br />

den PIGS­Staaten nicht ganz so rosarot gefärbt wie in<br />

Deutschland. Dennoch sind sie von einer Depression<br />

weit entfernt: Von den Topmanagern italienischer<br />

Unternehmen etwa prognostizieren knapp 60 Prozent<br />

Umsatzzuwächse, in Spanien sogar 73 Prozent. Dabei<br />

mag eine Rolle spielen, dass die spanische Regierung<br />

vergleichsweise früh einen strikten Sparkurs eingeschlagen<br />

hat. „Wir haben eine Regierung, die von der<br />

Bevölkerung unterstützt wird und in den kommenden<br />

vier Jahren das Notwendige tun kann“, sagt<br />

Francisco González, Vorstandschef der Banco Bilbao<br />

Vizcaya Argentaria (BBVA).<br />

Trotz Zuversicht für das eigene Unternehmen bleiben<br />

Euro­ und Finanzkrise natürlich stark im Bewusstsein<br />

der CEOs verankert. Die konjunkturelle Unsicherheit<br />

zählen 80 Prozent der Befragten zu den wichtigsten<br />

Risikofaktoren der kommenden Monate, an zweiter<br />

Stelle steht die Sorge, dass die Regierungen ihre<br />

Haushaltsdefizite nicht in den Griff bekommen.<br />

Zudem hat das Jahr 2011 die CEOs vor allem eines<br />

gelehrt: Unerwartete Ereignisse können jede seriöse<br />

Prognose hinfällig machen – selbst wenn sie sich am<br />

anderen Ende der Welt abspielen. So hat die Atomkatastrophe<br />

von Fukushima nicht nur 70 Prozent der<br />

japanischen Unternehmen wirtschaftlich beeinträchtigt,<br />

sondern auch 55 Prozent der deutschen und<br />

40 Prozent der Firmen aus den USA.<br />

mai 2012 5<br />

§


next: Titel<br />

Selbstbewusster Musterschüler<br />

Warum die deutschen CEOs so optimistisch für die weitere Entwicklung<br />

ihrer Unternehmen sind<br />

Verunsichert über die Konjunkturperspektiven sind<br />

zwar auch die deutschen Vorstandschefs. Doch das<br />

eigene Unternehmen sehen sie davon kaum beeinträchtigt.<br />

Norbert Winkeljohann, Vorstandssprecher<br />

von <strong>PwC</strong> Deutschland: „Gut neun von zehn deutschen<br />

CEOs rechnen für 2012 mit einem Umsatzplus.<br />

Und auch für die mittelfristige Unternehmensentwicklung<br />

zeigen sie sich optimistisch. Auf Sicht der<br />

kommenden drei Jahre rechnen 73 Prozent von<br />

ihnen mit Umsatzzuwächsen. Zuversichtlicher sind<br />

die Topmanager nirgendwo auf der Welt.“<br />

So viel Selbstbewusstsein gab es hierzulande selten.<br />

Doch ist der Optimismus auch mittelfristig berechtigt?<br />

Oder sind die CEOs, berauscht vom Exportboom,<br />

womöglich ein bisschen zu zuversichtlich?<br />

Winkeljohann: „Nach der großen Krise von 2008<br />

haben die deutschen Topmanager ihre Ärmel bereits<br />

mächtig hochgekrempelt. Sie haben ihre Strukturen<br />

flexibilisiert und ihre Prozesse effizienter gestaltet.“<br />

Allein 2011 wurden gut 40 Prozent der Unternehmensfunktionen<br />

ausgelagert. Auch Kernbereiche,<br />

die noch vor wenigen Jahren als sakrosankt galten,<br />

waren davon betroffen. Beim Life-Science-Konzern<br />

Bayer etwa zählten früher vor allem Eigenentwicklungen.<br />

„Das ‚Not Invented Here‘-Syndrom war<br />

stark ausgeprägt. Mittlerweile haben wir uns daran<br />

gewöhnt, Innovationen von dort zu nehmen, wo wir<br />

sie bekommen können“, sagt Bayer-Vorstandschef<br />

Marijn Dekkers. Mit der Neuausrichtung einher ging<br />

ein strenger Konsolidierungskurs. Jeder vierte CEO<br />

hat sich von Randaktivitäten getrennt oder den Rückzug<br />

aus wenig lukrativen Märkten angetreten. Ein<br />

Kostensenkungsprogramm haben bereits drei Viertel<br />

aller deutschen Unternehmen durchlaufen. So wird<br />

verständlich, dass derzeit nur sehr wenige deutsche<br />

Topmanager ihre Unternehmensstrategie grundlegend<br />

ändern wollen. Die meisten Hausaufgaben<br />

haben sie bereits erledigt. Nur vier Prozent wollen<br />

die Weichen in den kommenden Monaten gänzlich<br />

neu stellen. Zum Vergleich: In Italien drängt dagegen<br />

jeder dritte Spitzenmanager auf einen radikalen<br />

Kurswechsel.<br />

„Kooperationen sind<br />

wichtiger geworden.<br />

Früher haben wir gedacht,<br />

wir könnten alles alleine<br />

schaffen. Das glauben<br />

wir heute nicht mehr.“<br />

Jouko Karvinen,<br />

CEO Stora Enso Oyi<br />

73%<br />

+<br />

der deutschen CEOs beurteilen das<br />

Umsatzwachstum ihres Unternehmens<br />

in den nächsten drei Jahren<br />

„sehr zuversichtlich“.<br />

Weltweit sind es 47 %, in Westeuropa sogar nur 42 %.<br />

6 next:


5<br />

Platz<br />

für<br />

Deutschland<br />

Welche Länder aus<br />

Sicht der CEOs für das<br />

Unternehmenswachstum<br />

am wichtigsten<br />

sind, die Top Ten<br />

China<br />

30% 22% 15% 14% 12%<br />

8% 6% 5% 5% 4%<br />

Go BRIC<br />

USA<br />

Russland Großbritannien Frankreich Japan Australien<br />

In welchen Regionen der Welt die globale Managerelite die besten<br />

Wachstumschancen erwartet<br />

Wenn es in der Wirtschaft um Wachstumsperspektiven<br />

geht, beherrscht ein Schlagwort seit Langem<br />

die Diskussion: BRIC – die Abkürzung für Brasilien,<br />

Russland, Indien und China. Und so ist es auch wenig<br />

überraschend, dass diese üblichen Verdächtigen<br />

bei den CEOs auch weiterhin ganz weit oben stehen,<br />

wenn sie über die Chancen für ihre Unternehmen<br />

nachdenken. Die BRIC-Staaten werden als Powerregionen<br />

geschätzt, nicht nur, weil sich in ihnen<br />

günstig produzieren lässt, sondern auch, weil sie<br />

zunehmend als Abnehmerländer erkannt werden.<br />

Wesentlich überraschender ist die Tatsache, dass<br />

die globale Managerelite Deutschland unter den<br />

Wachstumsmärkten der Welt auf Platz 5 nominiert.<br />

Befragte CEOs aus China sehen die Bundesrepublik<br />

sogar auf dem zweiten Rang – gleich hinter den USA.<br />

Ist also der „kranke Mann Europas“, wie der Oxford-<br />

Historiker Timothy Garton Ash Deutschland noch<br />

2005 nannte, plötzlich kerngesund? Oder ist die<br />

hiesige Wirtschaft bloß etwas weniger schwach als<br />

die übrigen Volkswirtschaften Europas?<br />

Aus asiatischer Sicht kommt die zweite Einschätzung<br />

der Realität wohl am nächsten. Pailin Chuchottaworn<br />

etwa, CEO des thailändischen Energiekonzerns<br />

PTT, sieht Deutschland in der Rolle des „last man<br />

standing“. Allerdings, so seine Einschätzung, könne<br />

good old Germany Europas Wirtschaft allein nicht<br />

aus der Misere führen. „Zur Lösung der Krise müss-<br />

Brasilien Indien Deutschland<br />

China<br />

Rückgang<br />

von 39% (2011)<br />

auf 30 %<br />

„Wir erleben einen<br />

historischen Moment.<br />

Die Schwellenländer<br />

sind dem ‚Virtuous Cycle‘<br />

dauerhaften Wachstums<br />

erstmals näher als die<br />

Industriestaaten.“<br />

Laércio José de Lucena<br />

Cosentino, CEO TOTVs<br />

ten die Europäer protektionistische Hürden beseitigen<br />

und China unbegrenzt Investitionen erlauben“,<br />

sagt er.<br />

Noch sind chinesische Kapitalspritzen für europäische<br />

Unternehmen eher die Ausnahme – allen<br />

Warnungen über einen angeblichen „Ausverkauf<br />

Europas“ zum Trotz. Nach Berechnungen des Statistikamts<br />

der Europäischen Union, Eurostat, flossen<br />

2010 aus den EU-Staaten insgesamt 7,1 Milliarden<br />

Euro als Direktinvestitionen nach China, während<br />

von chinesischen Unternehmen und Investoren nur<br />

700 Millionen Euro zurückflossen.<br />

An diesem West-Ost-Gefälle der Kapitalströme dürfte<br />

sich so schnell nichts ändern. Zumindest nehmen die<br />

CEOs aus den etablierten Industriestaaten derzeit<br />

weitaus häufiger Übernahmen im Ausland ins Visier<br />

als andersherum. Fast 40 Prozent der US-Manager<br />

und 35 Prozent der deutschen Vorstandschefs wollen<br />

2012 eine Transaktion jenseits der Landesgrenzen<br />

abschließen, aber nur 23 Prozent der China-CEOs.<br />

mai 2012 7 §


next: Titel<br />

Im Mittelpunkt<br />

steht der Kunde:<br />

Bayer-Chef Marijn<br />

Dekkers orientiert<br />

die Produktentwicklung<br />

an den<br />

jeweiligen Marktbedürfnissen.<br />

„Die einfachen Dinge sind alle<br />

schon erfunden“<br />

Wie Bayer-Chef Marijn Dekkers die Personalengpässe in<br />

Schwellenländern schließt<br />

Welchen Stellenwert haben Innovationen für<br />

Bayer?<br />

Innovationsfähigkeit hat einen wachsenden Einfluss<br />

auf den Business Case, allerdings sind die einfachen<br />

Dinge alle schon erfunden. Am wichtigsten ist es,<br />

dass echte Innovationen einen messbaren Nutzen für<br />

unsere Kunden – Patienten, Landwirte oder Automobilhersteller<br />

– mit sich bringen müssen. Brasilianische<br />

Farmen beispielsweise sind in der Regel tausendmal<br />

größer als Bauernhöfe in China oder Indien. Weil<br />

sich die Bedürfnisse kleinerer landwirtschaftlicher<br />

Betriebe stark von denen der großen unterscheiden,<br />

müssen wir unsere Produktentwicklung entsprechend<br />

anpassen. Es geht darum, genau die Produkte<br />

auf den Markt zu bringen, die Kunden brauchen.<br />

Welche strategische Bedeutung hat die Rekrutierung<br />

von Talenten für Bayer?<br />

Der Wettbewerb um Talente hat für jedes Unternehmen<br />

strategische Priorität. Im Endeffekt ist jedes<br />

Unternehmen nur so gut wie seine Mitarbeiter. Neu<br />

ist allerdings, dass die Anwerbung, Ausbildung und<br />

Bindung von Personal in Schwellen- und Entwicklungsländern<br />

zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor<br />

für die Unternehmen aus den Industriestaaten<br />

geworden ist.<br />

Was heißt das konkret?<br />

In manchen Jahren stellen wir mehr als 1.500 Mitarbeiter<br />

allein in China ein. Wo können wir die<br />

finden? Und wie bilden wir sie aus? Die sind ja alle<br />

sehr jung und unerfahren. Das Durchschnittsalter<br />

unserer Beschäftigten in China liegt bei 31 Jahren, in<br />

den meisten westlichen Ländern hingegen bei etwa<br />

45 Jahren. Das bedeutet einen unglaublich großen<br />

Erfahrungsunterschied. Aber wir arbeiten hart daran,<br />

diese Lücke durch Training und Weiterbildung so<br />

schnell wie möglich zu schließen.<br />

Glauben Sie, mittelfristig über ausreichend<br />

qualifiziertes Personal zur Umsetzung Ihrer Strategien<br />

zu verfügen?<br />

Wir sind stark auf talentierte und innovationsfreudige<br />

Mitarbeiter angewiesen. Das gilt nicht nur für<br />

die Forschung und Entwicklung, sondern auch für<br />

Bereiche wie Marketing, Vertrieb und Verwaltung.<br />

Während wir in Westeuropa und den USA dank<br />

unserer Marke und unseres Unternehmensimages<br />

erfolgreich um Fachkräfte konkurrieren und sie auch<br />

halten können, ist die Lage in den sich entwickelnden<br />

Ländern schwieriger. Benötigt werden dort insbesondere<br />

Führungskräfte im gehobenen Management.<br />

Mussten Sie Ihre Strategie ändern, um die richtigen<br />

Leute zu finden?<br />

Es wird immer Lücken auf der Welt geben, das lässt<br />

sich nicht vermeiden. Aber dort, wo wir die richtigen<br />

Leute nicht vor Ort finden, können wir die<br />

Engpässe in manchen Fällen überbrücken, indem<br />

wir auf unseren Talentpool in Europa oder den USA<br />

zurückgreifen. Wir ermutigen unsere Mitarbeiter,<br />

für drei oder vier Jahre als Expatriates nach Übersee<br />

zu gehen – nicht zuletzt auch wegen der großartigen<br />

Entwicklungsmöglichkeiten für sie selbst, die mit<br />

einem derartigen Schritt verbunden sind.<br />

8 next:


Krieg um Köpfe<br />

In welchen Ländern den Unternehmen die größten Personalengpässe drohen<br />

Ohne die richtigen Leute an Bord nutzt auch die<br />

beste Unternehmensstrategie nichts. Der viel beschworene<br />

Fachkräftemangel trifft die CEOs allerdings<br />

in sehr unterschiedlichem Maße. Während in<br />

Südamerika 64 Prozent der Befragten sagen, es sei<br />

in ihrer Branche schwieriger geworden, Fachkräfte<br />

zu finden, teilen in Westeuropa nur 32 Prozent diese<br />

Ansicht.<br />

Angesichts der ungleichen Entwicklung auf den globalen<br />

Arbeitsmärkten sind diese Unterschiede wenig<br />

überraschend: In Europa waren im Januar 2012 gut<br />

24 Millionen Menschen ohne Job – fast 1,5 Millionen<br />

mehr als noch vor einem Jahr. Und auch die Vereinigten<br />

Staaten sind trotz rückläufiger Arbeitslosenzahlen<br />

mit einer Quote von derzeit gut acht Prozent<br />

noch immer weit von der Vollbeschäftigung entfernt.<br />

Den Zusammenhang von Arbeitsmarktlage und Personalsituation<br />

verdeutlicht am besten ein Vergleich<br />

zwischen Deutschland und Spanien. In Deutschland<br />

liegt die Arbeitslosenquote nach Berechnungen des<br />

Europäischen Statistikamts Eurostat unter sechs<br />

Prozent, in Spanien dagegen über 20 Prozent. Kein<br />

Wunder deshalb, dass sechs von zehn deutschen<br />

CEOs derzeit länger nach Bewerbern suchen müssen,<br />

während sich in Spanien nur 13 Prozent der Vorstände<br />

mit diesem Engpass konfrontiert sehen.<br />

Ist der Fachkräftemangel also nur ein konjunkturelles<br />

Phänomen, das in Boomzeiten entsteht und in der<br />

Rezession wieder verschwindet? Oder herrscht im<br />

47%<br />

„War for Talents“ nur eine vorübergehende Waffenruhe?<br />

Zumindest mit Blick auf die nächsten drei Jahre<br />

halten 85 Prozent der Topmanager weltweit ihren<br />

Personalbedarf für gedeckt. Ob sie das allerdings<br />

auch noch in zehn oder fünfzehn Jahren so sehen,<br />

wenn die demografische Entwicklung in den Industriestaaten<br />

voll durchschlägt, ist eine andere Frage.<br />

Bereits heute haben sich die CEOs jedenfalls darauf<br />

eingestellt, dass bei der Rekrutierung von Spezialisten<br />

neue Kriterien eine immer größere Rolle spielen.<br />

„Die Jungen wollen einen sinnvollen Job, der Spaß<br />

macht und in dem sie etwas bewegen können“, sagt<br />

Keith McLoughlin, Vorstandschef von AB Electrolux.<br />

„Beruf und Familie sollen gleichermaßen Platz in<br />

ihrem Leben finden.“ Mit Geld allein lässt sich die<br />

Managementelite von morgen nicht mehr ködern.<br />

der CEOs sind für das Wachstum ihres Unternehmens<br />

in den nächsten drei Jahren sehr zuversichtlich,<br />

aber nur<br />

30%<br />

„Früher hat man 30<br />

Jahre lang für das<br />

gleiche Unternehmen<br />

gearbeitet, um so viel<br />

Geld wie möglich zu verdienen<br />

und eine Pension<br />

zu bekommen. Für junge<br />

Arbeitnehmer ist dies<br />

keine zufriedenstellende<br />

Perspektive mehr.“<br />

Keith McLoughlin, CEO<br />

AB Electrolux<br />

glauben, dass sie die nötigen<br />

Talente dafür an Bord haben.<br />

mai 2012 9 §


next: Titel<br />

2x<br />

How to grow<br />

Der Anteil der CEOs, die für ihr Unternehmenswachstum<br />

auf Innovationen vertrauen, hat sich<br />

aber nur<br />

+<br />

verdoppelt.<br />

Von welchen Wachstumstreibern sich die CEOs den größten Nutzen versprechen<br />

Auch wenn für amerikanische und westeuropäische<br />

Unternehmen Übernahmen im Ausland weit oben<br />

auf der Agenda stehen: Wirklich Sinn machen solche<br />

Transaktionen nur, wenn sie im Kontext einer übergeordneten<br />

Strategie stehen. Über die Prioritäten<br />

herrscht unter den Topmanagern weitgehend Einigkeit.<br />

Sowohl global als auch in Deutschland wollen<br />

sich die CEOs vorrangig auf die bereits erschlossenen<br />

Märkte konzentrieren. Die weitere Expansion<br />

genießt dagegen nur für 18 Prozent Priorität.<br />

Zweitwichtigster Wachstumstreiber für die Unternehmensentwicklung<br />

ist nach Ansicht der Manager<br />

die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen.<br />

Entsprechend wollen knapp drei von vier<br />

Befragten in den kommenden Monaten ihre F&E-<br />

Kapazitäten aufstocken.<br />

Innovationen allein bringen allerdings noch keinen<br />

Wettbewerbsvorteil auf den Exportmärkten. „Wir<br />

haben unseren Umsatz binnen zehn Jahren von<br />

22 Milliarden auf 37 Milliarden US-Dollar gesteigert“,<br />

sagt etwa Honeywell-CEO David Cote. „Dies<br />

haben wir nicht geschafft, indem wir amerikanische<br />

Produkte einfach irgendwo anders verkauft haben.<br />

Um erfolgreich zu sein, muss man seine Produkte vor<br />

Ort entwickeln, designen und produzieren.“<br />

Auch den deutschen Unternehmenslenkern ist längst<br />

klar, dass sie sich nicht allein auf das Qualitätslabel<br />

„Made in Germany“ verlassen können. Deutsche<br />

Autohersteller beispielsweise unterhalten – zum Teil<br />

„Es geht darum, genau<br />

die Produkte auf den<br />

Markt zu bringen, die<br />

die Kunden brauchen.“<br />

Marijn Dekkers, Vorstandschef<br />

der Bayer AG<br />

schon seit Jahrzehnten – auf ihren wichtigsten Auslandsmärkten<br />

nicht nur eigene Produktionsstätten.<br />

Sie fertigen darüber hinaus auch spezielle Modelle,<br />

die ausschließlich im Ausland zu kaufen sind.<br />

All business is local – dieser Gedanke setzt sich mehr<br />

und mehr auch in anderen Branchen durch. So ist es<br />

für Bayer-Chef Marijn Dekkers (s. auch Interview auf<br />

S. 8) selbstverständlich, dass im Pharmageschäft die<br />

von Land zu Land unterschiedlichen medizinischen<br />

Bedürfnisse berücksichtigt werden müssen. „Für<br />

Länder, die besondere medizinische Anforderungen<br />

stellen, müssen Innovationen angeboten werden, die<br />

speziell auf diese Länder zugeschnitten sind“, sagt er.<br />

Für die Produktion und die Entwicklung vor Ort<br />

sind die Unternehmen allerdings auf einheimische<br />

Fachkräfte angewiesen. Viele Unternehmen, die erst<br />

jetzt damit beginnen, ihre F&E-Kapazitäten jenseits<br />

der Grenzen aufzubauen, sind ziemlich spät dran.<br />

„Im Westen müssen wir nicht um Talente kämpfen“,<br />

sagt Dekkers, „aber in den Schwellenländern ist die<br />

Konkurrenz um die wirklich guten Leute sehr hart.“<br />

Die vollständigen Ergebnisse des 15th Global<br />

CEO Survey von <strong>PwC</strong> finden Sie online unter<br />

www.pwc.com/ceosurvey<br />

10 next:


Sommer- und<br />

Winterfahrplan:<br />

Bahnchef Rüdiger<br />

Grube stellt sich<br />

auf unsichere Zeiten<br />

in 2012 ein.<br />

„Wir wollen ein Unternehmen sein,<br />

das Ökonomie, Soziales und Ökologie<br />

dauerhaft in Einklang bringt.“<br />

Warum Bahnchef Rüdiger Grube die DB weiter auf Nachhaltigkeit ausrichtet<br />

Wie hat die weltweite Konjunkturentwicklung Ihr<br />

Unternehmen beeinträchtigt?<br />

Zunächst einmal müssen wir feststellen, dass die Märkte<br />

seit der Wirtschaftskrise von 2008 und 2009 extrem<br />

volatil sind. Zudem haben politische, wirtschaftliche<br />

und auch regulatorische Entwicklungen der vergangenen<br />

Jahre die Unsicherheit weiter erhöht. Die<br />

Atomkatastrophe von Fukushima und die politischen<br />

Umbrüche in Nordafrika bzw. dem Mittleren Osten<br />

beispielsweise hatten direkte Auswirkungen auf die<br />

globalen Lieferketten. Auch die Euro-Schuldenkrise<br />

hat Spuren in der Realwirtschaft und damit der Transportbranche<br />

hinterlassen. Wichtige Belastungsfaktoren<br />

für die Weltwirtschaft waren zudem der außerordentliche<br />

Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise.<br />

Was erwarten Sie für das laufende Jahr?<br />

Meiner Ansicht nach bleiben Marktschwankungen<br />

und -unsicherheiten auch für 2012 prägend. Wir<br />

sind mit einer Vielzahl von Risiken konfrontiert. Die<br />

Schuldenkrise in Europa wird sich möglicherweise verschärfen,<br />

Sparprogramme der Regierungen könnten<br />

zu geringeren Ausgaben der öffentlichen Hand für den<br />

Transport- und Verkehrssektor führen. Hinzu kommen<br />

die hohe Arbeitslosigkeit in einigen Ländern sowie<br />

mögliche Streiks.<br />

Wie hat sich die Strategie Ihres Unternehmens in<br />

den vergangenen Jahren verändert?<br />

Die Bahnreform von 1994, die den Markt für Wett-<br />

bewerber geöffnet hat, war der Beginn einer neuen<br />

Eisenbahn-Ära in Deutschland. Um ein modernes,<br />

effizientes und kundenorientiertes Unternehmen zu<br />

werden, mussten wir uns neu aufstellen. Entsprechend<br />

haben wir unsere Bemühungen auf die Steigerung von<br />

Produktivität und Profitabilität, den Abbau von Schulden<br />

und den Aufbau unternehmerischer Strukturen<br />

konzentriert. Heute sehen wir uns mit vielfältigen sozialen<br />

und ökologischen Herausforderungen in unserem<br />

Marktumfeld konfrontiert, denen wir im Rahmen einer<br />

neuen, auf Nachhaltigkeit basierenden Strategie begegnen<br />

werden. Unser Ziel ist es, Ökonomie, Soziales<br />

und Ökologie dauerhaft in Einklang zu bringen.<br />

Wie ist Ökologie in Ihrer Strategie konkret<br />

verankert?<br />

Die Eisenbahn ist im Vergleich zu Transportmitteln wie<br />

Auto oder Flugzeug bereits heute deutlich umweltfreundlicher.<br />

Dennoch wollen wir unsere Führungsposition<br />

als umweltbewusstes Unternehmen weiter<br />

festigen. Beispielsweise soll der Anteil erneuerbarer<br />

Energien am Gesamtverbrauch in unserem Schienenverkehr<br />

bis 2020 auf 35 Prozent und bis 2050 auf 100<br />

Prozent steigen. Zudem weiten wir unser Angebot an<br />

„grünen“ Produkten und Dienstleistungen aus und<br />

setzen auf weitere Effizienzsteigerungen beim Ressourceneinsatz.<br />

Wir gehen davon aus, dass sich unsere<br />

ökologische Ausrichtung künftig immer stärker auch<br />

auf der Erlösseite auswirken wird.<br />

Ist die Personalsituation schwieriger geworden?<br />

Als Dienstleistungsunternehmen mit starker technischer<br />

Ausrichtung sind wir in besonderem Maße auf<br />

qualifizierte und hoch motivierte Beschäftigte angewiesen.<br />

Unsere Antwort auf den demographischen<br />

Wandel und den verschärften „Kampf um die besten<br />

Köpfe“ auf vielen unserer Märkte ist ein dreigleisiger<br />

Ansatz: Erstens gehen wir bei der Rekrutierung<br />

breiter vor, d.h. wir zielen auf einen größeren Talent-<br />

Pool ab. Beispielsweise soll der Frauenanteil in der<br />

Gesamtbelegschaft bis 2015 auf 25 Prozent und im<br />

Management auf 20 Prozent steigen. Zweitens setzen<br />

wir auf kontinuierliche Personalentwicklung und die<br />

Förderung individueller Beschäftigungsfähigkeit .<br />

Und drittens wollen wir die Mitarbeiter, die bereits an<br />

Bord sind, durch attraktive Beschäftigungsbedingungen<br />

und eine werteorientierte Unternehmenskultur<br />

dauerhaft an uns binden.<br />

mai 2012 11


next: Märkte<br />

Zu Wasser, zu Lande und<br />

Künstliche Seeschlangen, Algenplantagen,<br />

Drachenkraftwerke: Mit dem Atomausstieg<br />

bricht jetzt die Zeit der Pioniere an.<br />

Forscher arbeiten an völlig neuen Technologien,<br />

um klimafreundlichen Strom<br />

zu erzeugen. Sind sie erfolgreich, werden<br />

Windräder und Solarmodule vielleicht<br />

schon bald zum alten Eisen gehören.<br />

Von Ralph Diermann<br />

Es klingt ein bisschen nach Science-Fiction: Nordafrika<br />

als die Kraftwerkszentrale Europas. Doch<br />

was vor zwei Jahren nur auf dem Papier stand,<br />

nimmt nun tatsächlich Form an. Als erstes Referenzprojekt<br />

will die Planungsgesellschaft Desertec<br />

– ein Konsortium, zu dem unter anderen die<br />

Deutsche Bank, Siemens, Münchner Rück und die<br />

Energiekonzerne E.ON und RWE gehören – noch<br />

im laufenden Jahr mit dem Bau eines Mega-Solarkraftwerks<br />

in der Wüste Marokkos beginnen. Eine<br />

Anlage auf zwölf Quadratkilometern Fläche, die<br />

bis zu 500 Megawatt Strom erzeugen soll – etwa<br />

die Hälfte eines modernen Atomkraftwerks.<br />

Und das ist erst der Anfang. Bis 2050 sollen in<br />

Nordafrika für insgesamt 400 Milliarden Euro so<br />

viele Sonnenkraftwerke entstehen, dass sie nicht<br />

nur den Energiebedarf vor Ort decken, sondern<br />

auch noch rund 15 Prozent des europäischen<br />

Verbrauchs. Neun Millionen Quadratkilometer<br />

12 next:


in der Luft<br />

Wüstenfläche misst die Sahara. Dabei würden<br />

schon 200.000 Quadratkilometer Solarfläche<br />

reichen, um den gesamten Energiehunger der Welt<br />

zu decken. Zugegeben, das klingt visionär. Aber das<br />

war bei anderen Projekten in der Vergangenheit<br />

nicht an ders. Wer hätte Anfang der Achtzigerjahre<br />

etwa gedacht, dass es einmal Windräder geben<br />

könnte, so hoch wie der Kölner Dom? Oder dass<br />

die Erzeugung einer Kilowattstunde Sonnenstrom,<br />

die 1985 noch rund 1,70 Euro kostete, heute für<br />

weniger als 30 Cent zu haben ist?<br />

Binnen weniger Jahrzehnte haben Ingenieure und<br />

Wissenschaftler aus Unternehmen und Hochschulen<br />

die regenerativen Energien effizienter, preiswerter<br />

und zuverlässiger gemacht. Und auch jetzt<br />

ruhen die Hoffnungen erneut auf ihren Schultern<br />

– mit dem beschlossenen Atomausstieg sogar mehr<br />

denn je. Deutschlands Stromkonzerne erproben<br />

Wellen- und Osmosekraftwerke oder züchten Algen<br />

für die Biomasseproduktion. Sie erzeugen Strom<br />

in der Stratosphäre und auch durch die intelligente<br />

Nutzung von Ebbe und Flut. Beides Technologien,<br />

die den etablierten Fotovoltaik- und Windenergieanlagen<br />

etwas Entscheidendes voraushaben: Sie<br />

können kontinuierlich Energie liefern – bei Tag<br />

oder Nacht, bei Sturm oder Flaute.<br />

„Der große Vorteil von Anlagen wie Gezeitenkraftwerken<br />

liegt in ihrer Fähigkeit, Grundlast zu erzeugen“,<br />

sagt Henning Hönsch, verantwortlicher Partner<br />

für den Bereich erneuerbare Energien bei <strong>PwC</strong>.<br />

Das sei notwendig, um die Stromversorgung stabil<br />

zu halten. So bricht mit der Energiewende jetzt die<br />

Zeit der Pioniere an. Noch vermag niemand zu<br />

sagen, aus welchen Quellen sich unser Strom im<br />

Jahr 2050 speisen wird. Aber eines scheint gewiss:<br />

Die Energiegewinnung von morgen wird nichts<br />

mehr gemein haben mit der Welt, in der wir heute<br />

leben.<br />

Tanz auf den Wellen<br />

Die Kraft der Meere: In den Ozeanen lässt sich mehr<br />

Energie gewinnen als in allen Atomkraftwerken der Welt<br />

Eine zweihundert Meter lange, feuerrote Seeschlange namens<br />

Pelamis schwimmt vor den Orkney-Inseln über die Nordsee. Das<br />

Ungetüm besteht aus einzelnen Segmenten, die durch den Seegang<br />

gegeneinander verschoben werden. Dabei treiben sie Hydraulikpumpen<br />

an, die in ihrem Inneren installiert sind. Diese wiederum<br />

setzen einen Generator in Gang, der Strom erzeugt. Mit 750 Kilowatt<br />

liefert das E.ON gehörende Wellenkraftwerk so viel Leistung wie<br />

100 durchschnittliche Solaranlagen auf dem Einfamilienhaus.<br />

Wie Sonne und Wind ist die Kraft der Meere unerschöpflich. Doch<br />

erst langsam entwickeln Unternehmen Technologien, um diese<br />

Energiequelle zu nutzen. Jedes Jahr ließen sich rund 6.000 Terawattstunden<br />

Strom aus den Wellen der Meere gewinnen – mehr als<br />

doppelt so viel, wie alle Atomkraftwerke weltweit derzeit liefern.<br />

Zeigt sich Pelamis robust, will E.ON in den nächsten Jahren testweise<br />

bis zu zwölf weitere Seeschlangen vom Stapel lassen. „Wir sehen<br />

in der Technologie definitiv eine Chance, denn sie verbreitert unser<br />

Portfolio an Erneuerbare-Energien-Anlagen“, sagt Amaan Lafayette,<br />

Marine Development Manager bei E.ON UK. „Zudem hat die Wellenenergie<br />

das Potenzial, die schwankenden Erträge aus anderen<br />

Technologien auszugleichen.“<br />

mai 2012 13<br />

§


next: Märkte<br />

Zwischen Himmel und Erde<br />

Strom über den Wolken: Fliegende Kraftwerke sollen den Wind dort einfangen,<br />

wo er am stärksten bläst<br />

Wer bei einer ordentlichen Brise schon einmal einen<br />

Drachen hat steigen lassen, weiß, mit wie viel Kraft<br />

der Wind dort oben bläst. Findige Unternehmer<br />

wollen die Technologie der Windenergiegewinnung<br />

jetzt auf diese Art revolutionieren: Riesige Lenkdrachen<br />

sollen in vielen Hundert Metern Höhe ihre<br />

Bahnen ziehen und dabei Strom erzeugen. Denn mit<br />

jedem Meter mehr bläst der Wind stärker. Deshalb<br />

schießen auch die konventionellen Windräder in<br />

Ständig unter Strom<br />

Jeder Mensch ist ein Kraftwerk. Laufend geben wir<br />

Energie an unsere Umgebung ab – als Druck, Bewegung<br />

oder Wärme. Schon seit einigen Jahren arbeiten<br />

Unternehmen daran, diese Kraftquelle zu nutzen. Sie<br />

entwickeln Geräte, die mit Magneten oder Spulen<br />

ausgestattet sind und bei Bewegung Strom erzeugen.<br />

Oder tüfteln an Kristallen, die elektrische Ladungen<br />

freisetzen, sobald sie verformt werden – etwa indem<br />

ein Schalter gedrückt wird. Energy Harvesting heißt<br />

diese Technologie. „Die Energie mengen, die wir damit<br />

ernten, sind zwar nicht groß. Sie reichen jedoch aus,<br />

um zum Beispiel einen drahtlosen Sensor zu versorgen“,<br />

sagt Peter Woias, Professor für Mikrosysteme an<br />

den Himmel. Allerdings ist für sie heute bei 150<br />

Metern Nabenhöhe Schluss. Für Lenkdrachen dagegen<br />

gibt es im Prinzip kein Limit. Manche Experten<br />

träumen sogar davon, den Jetstream in fünf bis zehn<br />

Kilometern Höhe anzu zapfen.<br />

Diese Höhenkraftwerke funktionieren ähnlich wie ein<br />

Jo-Jo: An einem langen Seil befestigt, schrauben sich<br />

die Drachen in die Höhe. Mit der Kraft, die durch das<br />

Abwickeln des Seiles entsteht, erzeugt ein Generator<br />

Strom. Hat der Lenkdrachen seine Endposition<br />

erreicht, wird er so gegen den Wind gestellt, dass<br />

er sich mit möglichst wenig Kraft wieder einholen<br />

lässt. Danach beginnt der Vorgang von vorn. Unterm<br />

Strich bleibt ein satter Energiegewinn. Erste Prototypen<br />

haben bereits bewiesen, dass die Technologie<br />

funktioniert. Bei einer Leistung von wenigen Kilowatt<br />

können es die Drachen aber noch nicht mit den Fünf-<br />

Megawatt-Windrädern aufnehmen, die heute vielerorts<br />

Standard sind. Doch ihr Potenzial ist groß. Nicht<br />

zuletzt, weil sie – anders als die Windräder – in vielen<br />

Hundert Metern Höhe quasi unsichtbar bleiben.<br />

Nur im Schlaf ist der Akku leer: Energy Harvesting gewinnt Energie aus der Bewegungslust der Menschen<br />

der Universität Freiburg. Damit könnten beispielsweise<br />

künftig die Fühler in Autoreifen gespeist werden, die den<br />

Druck in den Pneus messen. Was mit der Technologie<br />

prinzipiell alles möglich ist, zeigt ein Versuch in einer<br />

Rotterdamer Diskothek. Mit jedem Tänzer mehr sinkt<br />

dort die Energierechnung. Flexibel gelagerte Bodenplatten<br />

nehmen die Bewegungen auf dem Dancefloor auf,<br />

ein Generator macht daraus Strom. Wenn der Saal tobt,<br />

reicht das immerhin schon aus, um die LED-Lichtanlage<br />

mit Energie zu versorgen. Genauso könnten eines Tages<br />

hoch frequentierte Treppenstufen oder Autobahnen als<br />

Kraftwerke fungieren und den Druck von Passanten und<br />

Fahrzeugen in sauberen Strom verwandeln.<br />

14 next:


Wenn Algen Gas geben<br />

Biomasse lässt sich nur aus <strong>Mai</strong>s oder Raps gewinnen: Algen wachsen sehr viel schneller und<br />

verbrauchen keine Ackerflächen für die Lebensmittelproduktion<br />

Am Anfang war die Alge. Mit einem Alter von drei<br />

Milliarden Jahren sind die Wasserpflanzen eine der<br />

ältesten Lebensformen unseres Planeten. Jetzt stehen<br />

sie womöglich vor einer ganz neuen Karriere. Denn<br />

Forscher wollen die Algen zu Biogas vergären, um<br />

damit in Blockheizkraftwerken Strom und Wärme zu<br />

erzeugen. Auch Biodiesel könnten die schleimigen<br />

Organismen liefern.<br />

Was unter die Haut geht<br />

Nicht unwahrscheinlich, dass wir in zwanzig Jahren mitten<br />

in einem Kraftwerk leben. Hausfassaden, Fensterscheiben<br />

und Autos könnten künftig Strom erzeugen, wenn sie mit<br />

hauchdünnen, unsichtbaren Solarfolien überzogen sind.<br />

Diese „zweite Haut“ enthält elektrisch leitfähige Kohlenstoffmoleküle,<br />

die Energie liefern, sobald Sonnenlicht<br />

auf sie fällt. Weil die Folien extrem leicht, formbar und<br />

transparent sind, eignet sich fast jede beliebige Fläche zur<br />

Energieerzeugung. So hat etwa der Autokonzern Daimler<br />

erst jüngst den Prototypen eines Elektro-Smarts vorgestellt,<br />

dessen Karosserie Strom erzeugen kann. Und dabei muss es<br />

nicht bleiben. Schon in einigen Jahren könnten Hersteller<br />

aus der Bauindustrie komplette Fassadenelemente und<br />

Fensterscheiben mit der Solarhaut überziehen. Thyssen-<br />

Krupp zum Beispiel arbeitet momentan daran, entsprechende<br />

Bauteile aus Stahl zu entwickeln. Allerdings kommt die<br />

Technologie bisher nur auf eine Energieausbeute von zwei<br />

bis drei Prozent. „Ich rechne damit, dass wir bald Produkte<br />

auf dem Markt sehen werden, deren Wirkungsgrad bei acht<br />

bis zehn Prozent liegt“, sagt Konstantinos Fostiropoulos vom<br />

Helmholtz-Zentrum Berlin. Dann kann es die Solarhaut<br />

beim Ertrag auch mit der etablierten Dünnschicht-Fotovoltaik<br />

aufnehmen.<br />

Algen haben gegenüber anderen Pflanzen einen sehr<br />

entscheidenden Vorteil: Sie wachsen extrem schnell.<br />

Unter optimalen Bedingungen bilden sie auf gleicher<br />

Fläche zehnmal mehr Biomasse als <strong>Mai</strong>s oder Raps –<br />

derzeit die beiden wichtigsten Energiepflanzen. Dazu<br />

brauchen sie nicht mehr als Licht, Kohlendioxid und<br />

etwas Wärme. „Einige Einzeller verdoppeln sich alle<br />

sechs bis acht Stunden“, sagt Olaf Kruse, Professor<br />

für Biotechnologie an der Universität Bielefeld. Allerdings<br />

ist es wenig praktikabel, die Algen aus Meeren<br />

und Seen zu fischen. Deshalb arbeiten zurzeit gleich<br />

mehrere deutsche Unternehmen und Forschungsinstitute<br />

daran, solche Organismen auch an Land zu<br />

züchten. RWE zum Beispiel unterhält nahe Köln eine<br />

Algenplantage, die mit Kohlendioxid eines nahe gelegenen<br />

Kohlekraftwerks gedüngt wird. In Dutzenden<br />

durchsichtiger, mit Wasser gefüllten Plastiksäcken<br />

wächst die zähe, grüne Masse heran. Wissenschaftler<br />

untersuchen derzeit, wie sie sich bestmöglich zu<br />

Biogas vergären lässt.<br />

Anders als <strong>Mai</strong>s und Raps entgehen die Algenplantagen<br />

dem sogenannten „Tank statt Teller“-Dilemma:<br />

Die Äcker stehen weiterhin für die Lebensmittelproduktion<br />

zur Verfügung, weil sich die Algen auf Brachland<br />

oder Industrieflächen züchten lassen. Allerdings<br />

sind die Kosten momentan noch immens hoch.<br />

Wo Fläche ist, ist auch Energie: Dünnste Folien auf Häusern und Autos könnten künftig Strom liefern<br />

mai 2012 15


next: Märkte<br />

700.000 Exemplare in 48 Jahren – es gibt Autos, die verkaufen sich häufiger.<br />

Doch es gibt nur ganz wenige, die so berühmt sind wie der 911. Bernhard<br />

<strong>Mai</strong>er, im Vorstand der Porsche AG verantwortlich für die Ressorts Vertrieb<br />

und Marketing, über die Weiterentwicklung des Sportwagen-Mythos, die<br />

Vorlieben der Chinesen – und die Zukunft des Elektroautos.<br />

Von Stefan Schmortte<br />

Wann kommt denn jetzt der VW-Porsche auf den<br />

Markt?<br />

Das wird nicht passieren. Was immer wir auf den<br />

Markt bringen, wird ein echter Porsche sein. Übrigens,<br />

mit dem Cayenne gibt es bereits einen echten<br />

Porsche, der gemeinsam mit VW und Audi entwickelt<br />

wurde und seit 2002 sehr erfolgreich am Markt<br />

verkauft wird.<br />

Im Zuge der geplanten Integration in den VW-Konzern<br />

meinten wir jetzt eigentlich ein anderes Auto.<br />

Eine Neuauflage des legendären VW-Porsche, der<br />

zwischen 1969 und 1975 über die Straßen rollte.<br />

Also einen echten Volks-Porsche, sagen wir mal,<br />

für 30.000 Euro.<br />

Den Einstieg in die exklusive Markenwelt von<br />

Porsche bilden der Boxster und künftig der Macan,<br />

unser urbaner Geländewagen. Ein Porsche für<br />

30.000 Euro passt nicht zu unserer Premium-Marke<br />

und ist in absehbarer Zeit nicht geplant.<br />

Porsche hat gerade das beste Ergebnis seiner Unternehmensgeschichte<br />

vorgelegt und Absatz sowie<br />

operatives Ergebnis um jeweils mehr als 20 Prozent<br />

gesteigert. Kann es 2012 für Sie so erfolgreich<br />

weitergehen?<br />

Unser Ziel für das laufende Geschäftsjahr lautet,<br />

die Werte von 2011 noch einmal zu übertreffen. Im<br />

Vordergrund steht dabei profitables, qualitatives<br />

Wachstum.<br />

Das heißt konkret?<br />

Eine noch genauere Prognose für das Gesamtjahr<br />

können wir momentan nicht abgeben, nicht zuletzt<br />

aufgrund der weiterhin sehr heterogenen wirtschaftlichen<br />

Entwicklung. Zuversichtlich stimmt<br />

uns, dass wir die Kundenauslieferungen im ersten<br />

Quartal weltweit um über zehn Prozent gegenüber<br />

dem Vorjahr steigern konnten.<br />

Wie stark beeinflusst die Euro- und Finanzkrise<br />

Ihr Geschäft?<br />

Wir spüren bisher keine massiven negativen Auswirkungen.<br />

Unser Vorteil ist, dass wir international<br />

sehr gut aufgestellt sind und von den aufstrebenden<br />

Volkswirtschaften in Asien und auch von der<br />

Erholung im Nordamerika-Geschäft profitieren.<br />

Natürlich gibt es im krisengeschüttelten Europa<br />

einige Märkte, die sehr zu kämpfen haben. Hier ist<br />

nach wie vor nicht klar, wie sich die Ergebnisse im<br />

Jahresverlauf entwickeln werden. Unser Heimatmarkt<br />

Deutschland zeigt hingegen eine stabile<br />

Entwicklung.<br />

Der nach Nordamerika zweitwichtigste Absatzmarkt<br />

für Porsche ist China. Dort verkaufen<br />

Sie mittlerweile fast 25.000 Fahrzeuge, knapp<br />

70 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Nun<br />

kappt China aber erstmals seit Jahren seine<br />

Wachstumsprognosen. Rechnen Sie mit einer Eintrübung<br />

des Geschäfts?<br />

Wir rechnen in China auch künftig mit einer sehr<br />

guten Entwicklung. Natürlich kann man den Aufholprozess,<br />

den das Land gerade durchläuft, nicht<br />

in die Ewigkeit fortschreiben. Dennoch sind wir für<br />

China weiterhin sehr optimistisch.<br />

Andere Hersteller gewähren in China bereits<br />

Preisnachlässe, um ihre Marktanteile zu sichern.<br />

Sie nicht?<br />

Porsche gibt grundsätzlich keine herstellerseitigen<br />

Preisnachlässe. Unser Geschäftsmodell lautet<br />

Balanced Demand and Supply: Wir bauen also<br />

immer ein Auto weniger, als der Markt verlangt.<br />

Am erfolgreichsten sind Sie in China derzeit mit<br />

dem Cayenne unterwegs. Gut 13.000 Stück haben<br />

Sie voriges Jahr davon verkauft, vom 911er dagegen<br />

nur 929 Stück. Mögen die Chinesen keine<br />

Sportwagen?<br />

In Summe ist China natürlich eher ein Markt für große<br />

Autos wie den Cayenne oder den Panamera.<br />

16 next:<br />

§


Sagen Sie mal, Herr <strong>Mai</strong>er …<br />

… wann kommt denn jetzt der<br />

VW-Porsche auf den Markt?<br />

mai 2012 17


next: Märkte<br />

Wir erreichen in China aber zugleich auch hervorragende<br />

Segmentanteile bei den Sportwagen. Nur ist<br />

die Segmentgröße momentan noch nicht mit der in<br />

unseren traditionellen Kernmärkten vergleichbar,<br />

wo Sportwagen auch kulturell eine ganz andere<br />

Bedeutung haben. Doch unsere chinesischen Kunden<br />

beginnen sich derzeit massiv für Sportwagen zu<br />

interessieren. Vor diesem Hintergrund sind 1.000 verkaufte<br />

Elfer in China ein absolutes Spitzenergebnis.<br />

Für Boxster und Cayman ist China in 2011 bereits der<br />

zweitstärkste Markt gewesen.<br />

Können Sie sich vorstellen, künftig auch Fahrzeuge<br />

in China zu fertigen?<br />

Porsche steht für Made in Germany. Das ist Teil unserer<br />

Authentizität. Nur wenn es eine rechtliche oder<br />

wirtschaftliche Notwendigkeit dafür gibt, werden<br />

wir einen solchen Schritt prüfen. Also beispielsweise,<br />

wenn wir durch Einfuhrzölle oder Importbeschränkungen<br />

dazu gezwungen würden. Dann wäre eine<br />

CKD-Produktion vor Ort für uns vorstellbar. Aktuell<br />

gibt es jedoch keine Planungen dazu.<br />

Wie wollen Sie den chinesischen Markt weiter<br />

erschließen?<br />

Unser Ziel ist, die Betreuungsqualität für unsere<br />

Kunden vor Ort weiter zu steigern. Deshalb planen<br />

wir, die Zahl unserer Porsche-Zentren in China von<br />

derzeit 41 in den nächsten zwei bis vier Jahren auf<br />

80 bis 100 Standorte in etwa zu verdoppeln.<br />

Die Schattenseiten Ihres Erfolgs, nicht nur in China,<br />

sind lange Lieferzeiten. Wie lange müssen Kunden<br />

derzeit auf einen 911er warten?<br />

Derzeit etwa sechs Monate, was für uns akzeptabel<br />

ist. Denn fast jeder Porsche, der vom Band rollt, ist<br />

vom Kunden spezifiziert – wir bauen nicht auf Vorrat.<br />

Nur Democars werden vorab vom Händler konfiguriert.<br />

Kritisch sind Wartezeiten erst, wenn sie für<br />

unsere Kunden zu ungünstigen Umständen führen.<br />

An eine Ausweitung der Produktionsstandorte<br />

denken Sie deshalb nicht?<br />

Dazu gibt es keine Überlegungen. Im Hinblick auf<br />

die Steigerung der Effizienz hingegen schon. Wir<br />

prüfen permanent unsere Prozesse. Dazu gehören<br />

auch die Fertigungszeiten und damit die Kapazitätsausweitung<br />

unserer bestehenden Werke. Deshalb<br />

investieren wir kräftig in unsere Produktionsstandorte.<br />

Allein in Zuffenhausen haben wir 200 Millionen<br />

Euro für eine neue Lackiererei aufgewendet.<br />

Das ist momentan die umweltfreundlichste Anlage<br />

ihrer Art mit den niedrigsten Emissionswerten weltweit.<br />

Und auch in Leipzig investieren wir bis 2013<br />

rund 500 Millionen Euro, um den Standort für die<br />

Macan-Produktion auszubauen.<br />

Der Macan ist die fünfte Modellreihe Porsches und<br />

ein wichtiger Baustein innerhalb Ihrer Strategie<br />

2018. Sie wollen Ihren Absatz in den nächsten<br />

sechs Jahren auf 200.000 Fahrzeuge verdoppeln.<br />

Wie soll das gelingen?<br />

Die Verdoppelung unserer Absatzzahlen ist kein<br />

maßgebliches Ziel, sondern das Resultat verschiedener<br />

Maßnahmen. Unser strategisches Ziel ist es,<br />

unser Modellportfolio, die weltweite Kundenbasis<br />

und unsere Präsenz auf den Weltmärkten zu verbreitern.<br />

Wir haben ja bereits im Geschäftsjahr 2007/08<br />

ohne den Panamera knapp 100.000 Einheiten verkauft.<br />

Mit dem Panamera kamen dann noch einmal<br />

25.000 Einheiten dazu. Und auch der Macan wird<br />

ab 2014 unsere Absatzzahlen steigern. Wenn Sie alle<br />

diese Maßnahmen in ihrer Konsequenz betrachten,<br />

kommt man auf eine Zahl in dieser Größenordnung.<br />

Außerdem: Wenn der Weltmarkt, wie prognostiziert,<br />

bis Ende des Jahrzehnts von derzeit 65 Millionen<br />

Autos auf dann 100 Millionen Einheiten wächst,<br />

dann werden wir sicher auch davon profitieren. Am<br />

Ende ist für uns entscheidend, dass wir unsere übergeordneten<br />

Ziele erreichen.<br />

18 next:


Die da wären?<br />

Im Zentrum stehen nachhaltiges Wachstum und<br />

die Stärkung unserer Marke. Wir wollen ein einzigartiges<br />

Kauf- und Besitzerlebnis bieten, profitabel<br />

wachsen und ein verlässlicher wirtschaftlicher<br />

Partner und Arbeitgeber sein.<br />

Für den Macan haben Sie ein Absatzziel von<br />

50.000 Einheiten pro Jahr definiert. Wann wollen<br />

Sie das erreichen?<br />

Wir betrachten den Absatz aller unserer Produkte<br />

über den gesamten Lebenszyklus. In diesem Zeitraum<br />

gibt es eine geplante Absatzkurve. 50.000<br />

Einheiten für den Macan sind für uns daher nur eine<br />

erste Indikation.<br />

Wie der Boxster ist auch der Macan eine Art<br />

Einsteigermodell in die Markenwelt von Porsche.<br />

Hat sich Ihre Hoffnung eigentlich bestätigt, dass<br />

Boxster-Kunden danach auch einen 911er kaufen?<br />

Absolut. Mehr als 20 Prozent unserer Kunden, die<br />

in der Vergangenheit einen Boxster gekauft haben,<br />

sind danach auf einen 911er umgestiegen. Beim<br />

Macan erwarten wir im eingeschwungenen Zustand<br />

eine ähnliche Entwicklung.<br />

Parallel zum Macan bringen Sie Ende 2013 den<br />

Supersportler 918 Spyder auf den Markt. Einen<br />

offener Zweisitzer mit Plug-in-Hybrid-Antrieb<br />

für knapp 770.000 Euro. Wie viele Bestellungen<br />

haben Sie bereits vorliegen?<br />

Der Verkauf läuft äußerst vielversprechend. Wir haben<br />

schon jetzt mehr Bestellungen als zum Produktionsstart<br />

des Carrera GT. Der 918 Spyder ist streng<br />

auf 918 Fahrzeuge limitiert. Wer von der angesprochenen<br />

Zielgruppe ein Fahrzeug bestellen möchte,<br />

sollte daher nicht mehr allzu lange warten.<br />

Was ist mit anderen Modellen? Vor einem Jahr<br />

Karriere im Turbo-Konzern<br />

Der Mensch: Bernhard <strong>Mai</strong>er, 52, hat schon sehr lange<br />

Benzin im Blut. Er absolvierte zunächst eine Ausbildung<br />

zum Kfz-Mechaniker und studierte nach seiner Meisterprüfung<br />

Betriebswirtschaft. Nach Stationen bei Nixdorf und<br />

BMW wechselte er 2001 zu Porsche und leitete die Geschäfte<br />

der inländischen Vertriebstochter. Seit April 2010<br />

verantwortet er im Vorstand der Porsche AG die Ressorts<br />

Vertrieb und Marketing.<br />

Das Unternehmen: Obwohl die Integration in den VW-<br />

Konzern sehr viel schleppender vorangeht als ursprünglich<br />

geplant – nach VW-Angaben entgehen dem Konzern<br />

deshalb Synergievorteile von etwa 700 Millionen Euro pro<br />

Jahr – hat Porsche für 2011 das beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte<br />

vorgelegt. Der Umsatz stieg von 9,2 auf<br />

10,9 Milliarden Euro, das operative Ergebnis von 1,7 auf<br />

über zwei Milliarden Euro.<br />

Mit einer Umsatzrendite von 18,7 Prozent zählt Porsche<br />

zu den profitabelsten Autobauern der Welt. Zum Vergleich:<br />

Mercedes schaffte im Vorjahr eine Umsatzrendite von neun,<br />

BMW von 11,8 und Audi von 12,1 Prozent.<br />

wurde in der Fachpresse sehr intensiv darüber<br />

spekuliert, Porsche arbeite neben dem Macan<br />

auch an einem Junior-Panamera.<br />

Natürlich bewerten wir auch die Marktchancen<br />

in anderen Segmenten. Jedes neue Produkt muss<br />

dabei zu unserer Marke passen und profitabel sein.<br />

Es gibt daher viele Ideen, aber keine Entscheidungen.<br />

Wichtig ist nun, die bestehenden und verabschiedeten<br />

Produkte wie den Macan und den<br />

918 Spyder in Porsche­Qualität zu unseren Kunden<br />

zu bringen.<br />

Wer Porsche sagt, meint den 911er. Der spielt im<br />

Gesamtabsatz aber eine immer geringere Rolle.<br />

Sie verkaufen bereits heute dreimal so viele SUVs<br />

wie Sportwagen. Kommt der Mythos dabei nicht<br />

langfristig unter die Räder?<br />

Überhaupt nicht. Was immer wir bauen, wir bauen<br />

Sportwagen. Die klassischen Heck­ und Mittelmotorsportwagen<br />

und eben auch die Frontmotorsportwagen.<br />

Wenn Sie einen Cayenne oder einen<br />

Panamera fahren, dann wissen Sie, dass jeder von<br />

denen ein echter Porsche ist. Das Sportwagen­<br />

mai 2012 19<br />

§


next: Märkte<br />

gefühl erlebt man auch etwas höher sitzend. Wir<br />

machen also das einzig Richtige: Wir entwickeln<br />

den Mythos konsequent weiter in andere Segmente.<br />

Ein Viertürer von Porsche war früher undenkbar.<br />

Ebenso ein Porsche mit Dieselantrieb. Beides<br />

gibt es heute. Kommt irgendwann auch noch der<br />

911er-Diesel?<br />

Das steht nicht auf der Agenda.<br />

Und als Elektroauto?<br />

Auf reiner E-Basis wohl eher nicht. Aber wir sind<br />

bei dem Thema Hybrid mit dem Panamera und dem<br />

Cayenne sehr gut unterwegs. Bei der Entwicklung<br />

alternativer Antriebskonzepte geht es um etwas, was<br />

Porsche im Kern auszeichnet: Intelligent Performance.<br />

Beispielsweise mit einem Plug-In Hybrid.<br />

Ein E-Antrieb und ein Verbrennungsmotor können<br />

kombiniert in einem Sportwagen sehr gut zusammenpassen.<br />

Das ist für uns kein Widerspruch. Der<br />

918 Spyder als Speerspitze unserer Entwicklung ist<br />

dafür ein geniales Beispiel.<br />

Ihre Kollegen in der Automobilindustrie klingen<br />

da zum Teil sehr viel skeptischer. Volvo-Chef Stefan<br />

Jacoby etwa, ein früherer VW-Manager, sagte<br />

kürzlich, die nur rund 50.000 Elektroautos, die<br />

2011 weltweit zugelassen wurden, seien ziemlich<br />

„ernüchternd“.<br />

Wir bei Porsche sehen das anders. Das Auto ist jetzt<br />

125 Jahre alt und wir müssen auf technologischer<br />

Seite erst einmal die Herausforderungen meistern.<br />

Sicherlich benötigt man einen langen Atem, um das<br />

Elektroauto substanziell am Markt einzuführen.<br />

„Unser Geschäftsmodell lautet Balanced<br />

Demand and Supply: Wir bauen immer ein<br />

Auto weniger, als der Markt verlangt.“<br />

Vom langfristigen Erfolg neuer und zusätzlicher<br />

Technologien sind wir allein aufgrund der aktuellen<br />

Mega- und Metatrends überzeugt.<br />

Wie viele Panamera oder Cayenne verkaufen Sie<br />

denn aktuell als Hybrid-Fahrzeuge?<br />

Das ist regional sehr unterschiedlich. In Summe<br />

haben mehr als fünf Prozent unserer verkauften<br />

Panamera und Cayenne-Modelle einen Hybrid-<br />

Antrieb. In Amerika sind es beispielsweise beim<br />

Cayenne bereits über zehn Prozent.<br />

Andere Hersteller proben darüber hinaus ganz<br />

neue Mobilitätskonzepte für urbane Zentren. Carsharing,<br />

noch vor ein paar Jahren bloß ein Thema<br />

notorischer Autoverweigerer, gibt es mittlerweile<br />

sogar von Mercedes und BMW. Wie beurteilen Sie<br />

diese Entwicklung?<br />

Wir beobachten diese Entwicklung sehr aufmerksam.<br />

Ich glaube, für Volumenhersteller sind diese<br />

Modelle durchaus spannend. Auf Basis der uns<br />

vorliegenden Kundenrückmeldungen sind diese<br />

Modelle für Porsche momentan allerdings nicht<br />

interessant. Wir verkaufen ein Lebensgefühl. Und<br />

auf Stundenbasis kann sich dieses Lebensgefühl<br />

niemals so perfekt herstellen, als wenn Sie morgens<br />

die Garage öffnen und Ihr Porsche Sie anlacht.<br />

20 next:


next: Trends<br />

Kasse machen<br />

Weil fast alle gesetzlichen Krankenkassen finanziell derzeit so<br />

gut dastehen, dass sie im laufenden Jahr ohne Zusatzbeiträge<br />

auskommen, entscheiden 2012 vermehrt kostenlose Extras wie<br />

die professionelle Zahnreinigung über die Wechselbereitschaft<br />

der Versicherten. Grundsätzlich allerdings sind die Kassen auch<br />

künftig gut beraten, wenn sie auf Zusatzbeiträge verzichten. Denn<br />

schon ein vergleichsweise niedriger Obolus von nur fünf Euro monatlich,<br />

so das Ergebnis einer <strong>PwC</strong>-Studie, ist für 40 Prozent der<br />

Versicherten ein potenzieller Wechselgrund. Damit ist der Zusatzbeitrag<br />

der mit Abstand wichtigste Anlass (63 Prozent), der Kasse<br />

den Rücken zu kehren. Die angebotenen Leistungen (40 Prozent)<br />

oder die Servicequalität (27 Prozent) stehen bei den Versicherten<br />

weit weniger im Fokus. Besondere Extras wissen sie zwar zu<br />

schätzen, doch keine der abgefragten Leistungen rechtfertigt<br />

für sie einen Mehrbeitrag von fünf Euro monatlich. „Vor allem jüngere<br />

und damit tendenziell gesündere Versicherte verlassen ihre<br />

Kasse, wenn sie Zusatzbeiträge erhebt“, warnt Nikolaus Schumacher,<br />

<strong>PwC</strong>-Partner im Bereich Gesundheitswesen und Pharma.<br />

„Es gehen also ausgerechnet jene Mitglieder, die für ihre Beiträge<br />

vergleichsweise wenige Leistungen beanspruchen, sodass sich die<br />

Finanzlage der Kasse deutlich verschlechtern kann.“<br />

www.pwc.de/de/gesundheitswesen-und-pharma<br />

Bitte folgen<br />

Facebook-Follower ausgewählter Dax-Konzerne in Tsd.<br />

9.098 6.660 6.521<br />

BMW Adidas Mercedes-<br />

Benz<br />

858 298 119 23 21 19 0<br />

Lufthansa VW SAP BASF Deutsche<br />

Quelle: <strong>PwC</strong><br />

Telekom<br />

Deutsche<br />

Bank<br />

Siemens<br />

Zwei von drei Nutzern steuern die Startseite von Facebook & Co. bereits<br />

häufiger an als die Google-Homepage. Das geht aus einer neuen <strong>PwC</strong>-<br />

Studie hervor. Damit gewinnt das Thema Social Media für Unternehmen<br />

immer stärker an Bedeutung. Denn 70 Prozent der Befragten haben eine<br />

bereits getroffene Kaufentscheidung aufgrund von Bewertungen anderer<br />

Nutzer schon einmal revidiert (siehe auch Seite 22–25). www.pwc.de/<br />

de/technologie-medien-und-telekommunikation/index.jhtml<br />

Auf dem Tablett serviert<br />

Der Run auf Tablet-PCs<br />

geht offenbar nicht zulasten<br />

von E-Book-Readern wie<br />

dem Kindle. 40 Prozent<br />

der Tablet-Nutzer, ergab<br />

eine <strong>PwC</strong>-Befragung auf<br />

der Leipziger Buchmesse,<br />

verfügen gleichzeitig über<br />

ein spezielles Lesegerät für<br />

digitale Bücher.<br />

Auch die Buchbranche<br />

dürfte von den neuen<br />

Technologien profitieren.<br />

Knapp jeder fünfte Befragte<br />

zwischen 16 und 29 Jahren<br />

verbringt mehr Zeit mit<br />

Büchern, seit er ein Tablet<br />

besitzt. Die Nutzer erwarten<br />

Jetzt bewerben<br />

Stahl contra Klima<br />

Die rasant steigende Stahlnachfrage<br />

gefährdet die Klimaschutzziele.<br />

Allein China<br />

dürfte nach Einschätzung<br />

von <strong>PwC</strong>-Experten seinen<br />

jährlichen Stahlverbrauch bis<br />

2025 auf knapp 1,18 Milliarden<br />

Tonnen verdoppeln und<br />

dann 46 Prozent der globalen<br />

aber Preiszuge ständnisse.<br />

60 Prozent der Befragten<br />

wollen ein E-Book nur kaufen,<br />

wenn es günstiger ist<br />

als die gedruckte Ausgabe.<br />

28 Prozent erwarten sogar<br />

einen „wesentlich niedrigeren“<br />

Kaufpreis. www.pwc.<br />

de/de/pressemitteilungen<br />

Der Wettbewerb um den Transparenzpreis 2012 hat<br />

begonnen. Bereits seit 2005 zeichnet <strong>PwC</strong> Organisationen<br />

aus, deren Informationspolitik vorbildlich ist. Bewerben<br />

können sich Organisationen in Deutschland, die anerkannt<br />

gemeinnützig agieren, Einnahmen von mindestens<br />

500.000 Euro in 2011 vorweisen und über das Testat eines<br />

Rechnungs- oder Wirtschaftsprüfers verfügen.<br />

www.pwc.de/de/transparenzpreis<br />

Produktion nachfragen. Um<br />

den CO 2-Ausstoß auf dem<br />

Niveau von 2010 zu halten,<br />

müsste der deutsche Bestwert<br />

von 1,4 Tonnen CO 2 je erzeugter<br />

Tonne Rohstahl weltweit<br />

um 36 Prozent sinken.<br />

„Das ist unrealistisch“, urteilt<br />

Erwin Bronk, <strong>PwC</strong>-Partner im<br />

Be reich Industrielle Produktion.<br />

Selbst durch verstärktes<br />

Recycling von Stahlschrott,<br />

bei dem bis zu 80 Prozent<br />

weniger CO 2 anfallen, sei die<br />

Emissionsbilanz mittelfristig<br />

nicht zu retten. www.pwc.<br />

de/de/industrielle-produktion/index.jhtml<br />

mai 2012 21


next: Lösungen<br />

Der Wert des Sozialen<br />

In ist, wer drin ist: Kaum ein Unternehmen verzichtet auf seine Präsenz<br />

bei Facebook und Co. Doch was bringt der Auftritt eigentlich? Und welche Werte<br />

werden dadurch geschaffen – oder gar vernichtet?<br />

Von Detlef Gürtler<br />

22 next:


Der 9. Januar 2012 war ein besonderer Tag für Ted<br />

Tobiason: Unter der Adresse @TedTobiasonDB veröffentlichte<br />

der Investmentbanker der Deutschen Bank<br />

seinen ersten Tweet im Netzwerk Twitter. Und zwar:<br />

„We’re ready to launch 2012 … looking for over<br />

40 tech IPOs to price this year.“<br />

Das klingt wenig spektakulär, doch für Tobiasons<br />

Arbeitgeber war es trotzdem eine kleine Revolution.<br />

Bevor der in San Francisco stationierte Spezialist für<br />

Investments in der IT-Branche loslegen durfte, musste<br />

er zunächst die Kommunikations-, Rechts- und Compliance-Abteilung<br />

von seinem Vorhaben überzeugen.<br />

Denn bei börsennotierten Unternehmen kann jede<br />

Aussage in Konflikt mit den strengen Publikationsvorschriften<br />

geraten. Erst als eine technische Lösung<br />

gefunden war, um jeden seiner Tweets nach allen Regeln<br />

der Compliance aufzuzeichnen, und – zumindest<br />

in der Startphase – die Kommunikationsabteilung<br />

gegengelesen hatte, durfte Tobiason starten.<br />

Ziemlich viel Aufwand für ein bisschen Geplauder.<br />

Doch der Investmentbanker ist trotzdem davon überzeugt,<br />

dass sich die Mühe lohnt: „Wir zeigen damit,<br />

dass wir dazugehören. Dass wir neue Technologien<br />

nicht nur verstehen, sondern auch verwenden. Wir<br />

Banker sind Evangelisten, keine Söldner.“<br />

Dazugehören. Da ist es wieder. So wie vor 15 Jahren<br />

jedes Unternehmen im Internet irgendwie dazugehören<br />

musste, setzen Hersteller und Dienstleister jetzt<br />

auch in den sozialen Netzwerken auf Präsenz. „Die<br />

Unternehmen können gar nicht mehr über das Ob<br />

entscheiden, sondern nur noch über das Wie“, sagt<br />

Derk Fischer, Social-Media-Experte bei <strong>PwC</strong>.<br />

Spätestens 2010, als Facebook-Gründer Mark Zuckerberg<br />

vom US-Magazin „Time“ zum Mann des Jahres<br />

gekürt wurde, trat das Thema auf die Unternehmensagenda.<br />

Jetzt, zwei Jahre später, geht Facebook an<br />

die Börse, und Mark Zuckerberg spricht vom „Social<br />

Value“, den sein Netzwerk generiert. Es ist deshalb<br />

auch für die Unternehmen höchste Zeit, danach zu<br />

fragen, welche Werte Facebook & Co. denn für sie<br />

selbst generieren – oder gar vernichten könnten.<br />

Die schlechte Nachricht vorneweg: In Euro und Cent<br />

lässt sich das schwer berechnen. „Soziale Medien“,<br />

sagt Peer-Arne Böttcher, Gründer und Geschäftsführer<br />

des Business-Clubs Hamburg, „bauen Beziehungen<br />

auf, ganz unabhängig davon, ob dabei auch Geldströme<br />

fließen.“ Wenn Finanzielles ins Spiel komme,<br />

werde die Beziehung dadurch weder wertvoller<br />

noch wertloser – sondern erst einmal nur anders.<br />

„Den Wert einer Kommunikation“, so der erfahrene<br />

Netzwerker, „kann man in Geldeinheiten nur messen,<br />

wenn es auch zu einer Transaktion kommt.“<br />

Dafür haben die Marketingprofis bereits ein neues<br />

Wort gefunden: F-Commerce, mit F wie Facebook.<br />

Immerhin 15,5 Prozent der Social-Media-Nutzer<br />

in Deutschland, so das Ergebnis einer aktuellen §<br />

Die Macht im<br />

Netz: Richtig<br />

erfolgreich sind<br />

Unternehmen in<br />

sozialen Netzwerken,<br />

wenn ihre<br />

Freunde untereinanderFreundschaft<br />

schließen.<br />

mai 2012 23


next: Lösungen<br />

<strong>PwC</strong>-Studie („The winner takes it all“), geben an, sich<br />

im Netzwerk auch „über Produkte und Dienstleistungen<br />

zu informieren“. Tatsächliche Umsätze werden<br />

dadurch allerdings nur selten generiert. Die ersten<br />

Unternehmen, die auf Facebook einen eigenen Shop<br />

eröffneten, haben ihn schon wieder geschlossen –<br />

unter anderen der Textilhändler Gap.<br />

Könnte es daran liegen, dass F-Commerce an sich<br />

der falsche Ansatz ist? Davon zumindest ist Douglas<br />

Rushkoff überzeugt. „Soziale Netzwerke standen<br />

nie im Dienst von Firmen und werden es auch nie“,<br />

sagt der US-Trendforscher. „Firmen können nur den<br />

Treibstoff für die sozialen Interaktionen liefern. Wer<br />

die Funktionsweise eines Netzwerks richtig versteht,<br />

wird schnell merken: Es geht nicht darum, dass eine<br />

Firma Freunde sammelt, sondern dass die Freunde<br />

einer Firma untereinander Freundschaft schließen.“<br />

Wobei mit Freunden im lockeren Online-Sprachgebrauch<br />

nicht nur die Kunden gemeint sind, sondern<br />

Top und Flop im Web<br />

Ranking der globalen Marken mit der besten und<br />

schlechtesten Social-Media-Performance nach dem<br />

Social-Brand-Value-Ansatz in Punkten*<br />

Google<br />

Disney<br />

Apple<br />

Die besten<br />

Starbucks<br />

BlackBerry<br />

China Mobile<br />

Goldman Sachs<br />

J.P. Morgan Chase<br />

Berkshire Hathaway<br />

Marlboro<br />

Die schlechtesten<br />

585<br />

294<br />

244<br />

238<br />

135<br />

38<br />

33<br />

32<br />

22<br />

17<br />

* Index-Bewertung für die Kriterien Popularity, Receptiveness, Interaction,<br />

Network Reach und Trust Quelle: Sociagility, Dezember 2011<br />

auch die eigenen Mitarbeiter. Sie legen ihre Unternehmenszugehörigkeit<br />

schließlich nicht an der<br />

Garderobe ab, wenn sie sich in den sozialen Netzwerken<br />

einloggen. Jede ihrer Äußerungen kann positiv<br />

wie negativ auf den Arbeitgeber zurückfallen – mit<br />

potenziell globalen Auswirkungen.<br />

So steht für die Unternehmen in den sozialen Netzwerken<br />

also weniger der direkte Verkaufserfolg im<br />

Vordergrund als vielmehr der Aufbau von Imagewerten.<br />

„Social Value“ bedeutet insofern „Social<br />

Brand Value“. Die Indikatoren, um diesen Wert zu<br />

messen, sind allerdings noch heftig umstritten.<br />

Ein erster Indikator ist sicherlich die Zahl der<br />

Follower bei Twitter oder Facebook. So gaben in<br />

der Social-Media-Studie von <strong>PwC</strong> 23,4 Prozent der<br />

Follower an, ein Fan bestimmter Marken oder Unternehmen<br />

zu sein. So weit, so gut. Mit mehr Vorsicht<br />

zu genießen sind Werte, die vorgeben, eine Aktivität<br />

der Nutzer zu messen – etwa die von Facebook<br />

erhobene Zahl jener, die „über eine Marke reden“.<br />

Das australische Ehrenberg-Bass Institute hat diese<br />

Kennziffer für 200 der wichtigsten globalen Marken<br />

untersucht. Ergebnis: Zwei Drittel dieser „Aktivitäten“<br />

beschränken sich auf den Klick „I like it“. Zählt<br />

man als Aktivität dagegen nur den echten Austausch<br />

von Informationen, liegt die Trefferquote bei nur<br />

0,45 Prozent. Eine einzige der 200 untersuchten<br />

Marken überschritt die Ein-Prozent-Hürde.<br />

Kein Wunder, dass die Unternehmen nach anderen<br />

Rankingmethoden suchen. Inzwischen schon fast<br />

ein Klassiker ist der sogenannte Klout-Score, der den<br />

Einfluss in sozialen Netzwerken mit einer Indexzahl<br />

zwischen 1 und 100 ausdrückt. 1 für „Unbedeutend“,<br />

100 für „Wichtiger geht’s nicht“. Lady Gaga liegt<br />

nach diesen Rankings bei 92 Indexpunkten, Facebook<br />

bei 82, Adidas bei 58 und Hochtief bei 25.<br />

Noch deutlich differenzierter ist der 2011 erstmals<br />

erhobene „Social Brand Value“, den die amerikanische<br />

Agentur Sociagility für die weltweit wichtigsten<br />

Marken berechnet. Berücksichtigt werden fünf zentrale<br />

Kriterien: Beliebtheit, Offenheit, Interaktivität,<br />

Vernetzung und Vertrauen. Das daraus entstandene<br />

Rankingsystem, sagt die US-Marketingexpertin<br />

MaryLee Sachs, sei derzeit „einer der besten Indikatoren,<br />

um die Social-Media-Performance zu messen<br />

und zu vergleichen“.<br />

Zählbar im kaufmännischen Sinn ist allerdings auch<br />

dieser Indikator nicht. Eine direkte Verbindung von<br />

Follower-Zahlen oder Eigenschaften wie „Vertrauen“<br />

Bitte folgen<br />

Klout-Scores ausgewählter<br />

Dax-Konzerne<br />

58,4<br />

Adidas<br />

55,8<br />

Lufthansa<br />

50,2<br />

E.ON<br />

50,0<br />

BMW<br />

49,0<br />

Deutsche Telekom<br />

48,3<br />

VW<br />

46,2<br />

BASF<br />

42,1<br />

Deutsche Bank<br />

40,9<br />

Allianz<br />

25,0<br />

Hochtief<br />

Quelle: eigene Recherchen,<br />

Stand: März 2012<br />

24 next:


mit aktuellen oder künftigen Cashflows ist bisher<br />

nicht möglich. Immerhin dürften in den kommenden<br />

Jahren einige Richtwerte aufgestellt werden<br />

– durch höchstrichterliche Entscheidungen. So zum<br />

Beispiel in dem noch anhängigen Rechtsstreit zwischen<br />

dem amerikanischen E-Commerce-Anbieter<br />

Phonedog und dessen Exmitarbeiter Noah Kravitz.<br />

Der hatte nach seinem Ausscheiden den Twitter-<br />

Account seines Arbeitgebers mit 17.000 Followern<br />

kurzerhand zu seinem privaten Account gemacht<br />

und wurde von Phonedog deshalb auf einen Schadenersatz<br />

von 340.000 Dollar verklagt – 20 Dollar<br />

pro Follower.<br />

Bis die ersten Grundsatzurteile über den Wert<br />

so zialer Vernetzung vorliegen, lässt sich dieser<br />

allenfalls über die Einbeziehung in den gesamten<br />

Markenwert quantifizieren. Denn der muss bei jeder<br />

Transaktion von Konzernen, die nach dem Rechnungslegungsstandard<br />

IFRS bilanzieren, gemessen<br />

werden. Sie sind verpflichtet, beim Erwerb von<br />

Unternehmen oder Unternehmensteilen auch die<br />

immateriellen Vermögenswerte zu quantifizieren, die<br />

einen Teil des Goodwills ausmachen.<br />

Social Media Governance<br />

Herr Fischer, Task Force für Social Media,<br />

das klingt nach Notfalleinsatz: Retten Sie Unternehmen,<br />

die gerade in einen Shitstorm geraten<br />

sind?<br />

Von meiner Tätigkeit im Bereich IT-Sicherheit her<br />

sind mir Notfalleinsätze durchaus bekannt. Aber<br />

unsere Arbeit beginnt viel früher, nämlich schon<br />

bei der Frage, welches Ziel ein Unternehmen verfolgt,<br />

das in den sozialen Netzwerken aktiv ist.<br />

Aber viele Firmen sind doch schon lange präsent.<br />

Lange Zeit galt die Formel: „Da müssen wir auch<br />

dabei sein und was machen.“ Inzwischen stellen<br />

sich Unternehmen die Frage, wie sie dieses Thema<br />

strategisch vorantreiben können: Welche Ziele<br />

Was sich hingegen auch künftig jeder praktischen<br />

Messung entziehen wird, ist die Bezifferung des<br />

Schadens, der entsteht, wenn sich das laue Lüftchen<br />

aus „Likes“ und „Followers“ urplötzlich in einen<br />

veritablen Shitstorm verwandelt und ein Unternehmen<br />

zum Feind auserkoren wird. Das kann relativ<br />

harmlos und kurzlebig sein, so wie etwa bei einem<br />

deutschen Nahverkehrsunternehmen, das einen Tag<br />

lang bei Twitter Spießruten lief, weil der Social-Media-Manager<br />

anderen Usern die Verwendung des<br />

Firmennamens als Hashtag (markierendes Stichwort)<br />

verbieten wollte. Oder heftig und gravierend wie bei<br />

der Deutschen Bahn, die im Herbst 2010 eigentlich<br />

nur ein spezielles Ticket auf ihrer Facebook-Seite<br />

anbieten wollte – und sich prompt einem Hagel von<br />

Beschwerden unzufriedener Kunden ausgesetzt sah.<br />

Allerdings zeigt das Beispiel der Deutschen Bahn<br />

auch, wie sich aus Fehlern lernen lässt. Der Account<br />

@DB_Bahn, den das Unternehmen ein Dreivierteljahr<br />

später bei Twitter startete, gilt heute selbst unter Bahn-<br />

Kritikern als Maßstab für vorbildlichen Kundenservice<br />

in sozialen Netzwerken. Und hat mit einem Klout-<br />

Score von 61,4 bereits alle Dax-Konzerne überflügelt.<br />

Derk Fischer, Co-Leiter der <strong>PwC</strong> Task Force für Social Media, über die Chancen<br />

und Gefahren in sozialen Netzwerken<br />

gibt es? Wie können wir die Aktivitäten professionell<br />

strukturieren? Und wie managen wir das<br />

Thema?<br />

Kann man sich die Präsenz in den sozialen<br />

Netzwerken nicht sparen?<br />

Keine Chance. Die Frage heißt nicht mehr ob, sondern<br />

wie? Wie wollen wir unseren Erfolg messen?<br />

Sind unsere vielfältigen Aktivitäten verzahnt? Und<br />

setzen wir die richtige Technologie ein? Häufig<br />

werden auch die Mitarbeiter nicht richtig eingebunden.<br />

Schließlich übernehmen auch sie direkt<br />

oder indirekt eine Kommunikationsaufgabe für ihr<br />

Unternehmen und benötigen Hilfestellung in Form<br />

einer praxisnahen Social-Media-Policy.<br />

mai 2012 25


next: Lösungen<br />

Im Zuge der Finanzkrise hat auch der Ruf der<br />

Wirtschaftsprüfer gelitten. Was ist dagegen<br />

einzuwenden, wenn EU-Binnenmarktkommissar<br />

Michel Barnier die Branche deshalb jetzt<br />

umfassend reformieren will?<br />

Niemand kann etwas dagegen haben, die Qualität<br />

der Abschlussprüfung weiter zu verbessern. Wir<br />

selbst haben sehr konkrete Vorstellungen, wie das<br />

gelingen könnte. Etwa, indem man die Zusammenarbeit<br />

von Prüfern und Aufsichtsräten ausbaut. Von<br />

einer gestärkten Koalition der Kontrolleure könnte<br />

der europäische Markt sehr profitieren. Dahingegen<br />

entpuppen sich die Vorschläge von Herrn Barnier bei<br />

näherer Betrachtung als Versuch, in einen funktionierenden<br />

Prüfermarkt massiv einzugreifen. Er will<br />

die Macht der Big Four brechen und Umverteilungen<br />

im Markt erzwingen. Das ist keine Antwort auf die<br />

Frage, wie sich künftige Finanzkrisen verhindern<br />

lassen.<br />

Ganz konkret schlägt Barnier vor, dass die Prüfer<br />

nach sechs Jahren wechseln sollen. Das hört sich<br />

für den Laien doch eigentlich ganz vernünftig an.<br />

Die Unabhängigkeit von Wirtschaftsprüfern ist zweifelsfrei<br />

ein hohes Gut. Nur kann die Unabhängigkeit<br />

im Handeln immer nur durch Personen erfolgen,<br />

nicht durch die Unternehmen selbst. Nach deutschem<br />

Recht müssen die Unterzeichner des Testats bereits<br />

heute nach sieben Jahren wechseln. Bezogen auf die<br />

Personen, haben wir also bereits eine weitgehende<br />

Rotationsverpflichtung für kapitalmarktorientierte<br />

Unternehmen. Über diese Regelung hinauszugehen,<br />

halten wir für kontraproduktiv und auch gefährlich.<br />

Warum?<br />

Ein global agierendes Unternehmen, mit Zigtausenden<br />

Beschäftigten und Hunderten Beteiligungsunternehmen,<br />

ist ein hochkomplexes Gebilde. Wenn Sie<br />

da alle sechs Jahre von vorne anfangen wollen,<br />

indem Sie das komplette Team auswechseln, ist das,<br />

vorsichtig ausgedrückt, nicht gerade qualitätsfördernd.<br />

Bei einer externen Zwangsrotation wären<br />

enorme Wissensverluste zu verkraften. Außerdem:<br />

Eine solche Regelung würde die Konzentration in der<br />

Branche weiter verstärken. Warum sollten kleinere<br />

Prüfungsgesellschaften plötzlich über das Know­how<br />

verfügen, den Unternehmen Angebote zu unterbreiten,<br />

die besser sind als die der großen?<br />

Wären kleinere Gesellschaften überhaupt in der<br />

Lage, global agierende Konzerne zu prüfen?<br />

Allenfalls in Kooperation mit einer großen Gesellschaft,<br />

aber als Ersatz: völlig unmöglich. Den Big<br />

Four wird gerne der Vorwurf gemacht, sie seien zu<br />

mächtig. Aber Größe an sich ist doch kein Selbstzweck.<br />

Wir folgen nur der Tendenz, die von den<br />

kapitalmarktorientierten Unternehmen vorgegeben<br />

wird. Um einen Abschluss vor Ort prüfen zu können,<br />

also von Grönland bis Südafrika, müssen sie das dortige<br />

Recht kennen und über ein weltweites Netzwerk<br />

verfügen. Das setzt enorme Investitionen voraus, die<br />

sich kleinere Prüfungsgesellschaften gar nicht leisten<br />

können.<br />

Über die externe Zwangsrotation hinaus will<br />

Barnier das Beratungs- vom Prüfungsgeschäft<br />

trennen. Ebenfalls mit dem Ziel, die Unabhängigkeit<br />

der Prüfer zu stärken. Was ist daran verkehrt?<br />

In seiner schlimmsten Ausprägung – also dem Verbot<br />

jeglicher Beratungstätigkeit, wenn eine Prüfungsgesellschaft<br />

in der EU mehr als 1,5 Milliarden Euro<br />

Prüfungseinnahmen verzeichnet und in einem Land<br />

mehr als ein Drittel seiner Prüfungseinnahmen von<br />

großen kapitalmarktorientierten Unternehmen<br />

stammen – läuft der Kommissionsvorschlag auf eine<br />

Aufspaltung der Big Four hinaus. Dabei sind den<br />

Prüfungsgesellschaften bestimmte Services ohnehin<br />

verboten, etwa die Innenrevision des zu prüfenden<br />

„Das ist ein Angriff auf die<br />

Die EU-Kommission will die Qualität der Abschlussprüfung verbessern.<br />

Ziele und Maßnahmen passen jedoch nicht zusammen, bemängelt <strong>PwC</strong>-Vorstand<br />

Georg Kämpfer. Warum der Schuss nach hinten losgeht.<br />

Von Stefan Schmortte<br />

26 next:


Unternehmens zu übernehmen. Das wurde seinerzeit<br />

als Reaktion auf die Bilanzskandale bei Enron und<br />

Worldcom im sogenannten Sarbanes-Oxley Act für<br />

die USA beschlossen. Diese Verbotsliste haben wir<br />

fast eins zu eins ins deutsche Recht übernommen<br />

als Ergänzung zu einem generellen Selbstprüfungsverbot,<br />

damit niemand in die Verlegenheit kommt,<br />

seine eigenen Leistungen kontrollieren zu müssen.<br />

Alles darüber hinaus wäre ein Rückfall in die Zeit der<br />

Hakelmacher. Dann könnten wir bestimmte Dinge<br />

gar nicht mehr adäquat prüfen.<br />

Zum Beispiel?<br />

Nehmen Sie die Berichterstattung über Risiken und<br />

Chancen im Lagebericht eines Unternehmens. Da<br />

können Sie nicht einfach einen Haken dranmachen.<br />

Da müssen Plausibilitäten gegeneinander abgewogen<br />

werden. Ohne einen tiefen Einblick in die Branche,<br />

für den Beratungserfahrungen unabdingbar sind,<br />

lässt sich so etwas nicht anständig prüfen. Ohnehin<br />

muss der Aufsichtsrat von kapitalmarktorientierten<br />

Unternehmen im Einzelfall ja jedes Mal darüber<br />

entscheiden, ob prüfungsfremde Leistungen, soweit<br />

sie grundsätzlich erlaubt sind, die Unabhängigkeit<br />

gefährden könnten. Das ist eine hochflexible und<br />

effiziente Lösung.<br />

Sie plädieren also dafür, das deutsche Modell zu<br />

exportieren?<br />

Die externe Zwangsrotation und die Trennung von<br />

Beratungs- und Prüfungsgeschäft, wie sie die Kommission<br />

vorschlägt, degradieren den Aufsichtsrat und<br />

entbinden ihn von Teilen seiner Verantwortung. Das<br />

ist ein Angriff auf die bei uns funktionierende Corporate<br />

Governance. Dabei würde dieses Modell, in dem<br />

der Aufsichtsrat die Verantwortung für Prüferwechsel<br />

und Zulässigkeit bestimmter Beratungsleistungen<br />

hat, die Prüfungsqualität in Europa eher verbessern<br />

als die Vorschläge der Kommission.<br />

Kritik an Brüssel: Der Vorschlag der EU-Kommission<br />

zur Regulierung der Abschlussprüfung steht für <strong>PwC</strong>-<br />

Vorstand Georg Kämpfer in weiten Teilen im<br />

glatten Widerspruch zu dem erklärten Regulierungsziel.<br />

Corporate Governance“<br />

mai 2012 27


next: Lösungen<br />

Die Fotografen hatten die Attraktionen auf dem<br />

Genfer Automobilsalon Anfang März mal wieder sehr<br />

schnell im Fokus: etwa den 450 PS-starken Audi RS 5<br />

Cabrio, den wuchtigen Bentley-SUV EXP 9F oder den<br />

als Einzelstück verkauften Lamborghini-Speedster<br />

Aventador J für 2,1 Millionen Euro.<br />

Weitgehend unbeachtet vom Blitzlichtgewitter der<br />

Fotografen, gleich neben dem Stand des kalifornischen<br />

Öko-Sportwagenherstellers Tesla, präsentierte<br />

das Fuldaer Konstruktionsbüro EDAG eine ganz<br />

andere Zukunftsvision. Ein Elektromobil in Leichtbauweise,<br />

optisch zwar eher einer Plexiglasschachtel<br />

Mein Auto –<br />

dein Auto<br />

Gut 125 Jahre nach Erfindung<br />

des Automobils<br />

brechen für die Hersteller<br />

jetzt neue Zeiten<br />

an. Sie werden künftig<br />

nicht nur Autos verkaufen,<br />

sondern komplette<br />

Mobilitätskonzepte.<br />

Von Heiner Sieger<br />

auf Rädern ähnlich, doch als Konzept durchaus richtungsweisend.<br />

Denn es handelt sich dabei nicht etwa<br />

um ein Auto im herkömmlichen Sinne, sondern um<br />

ein Mobilitätskonzept für jedermann. Gedacht für die<br />

kurze Stadtfahrt, buchbar über das Internet.<br />

Carsharing, noch vor wenigen Jahren ein Nischenthema<br />

notorischer Autoverweigerer, ist mittlerweile zum<br />

wichtigen Gesprächsgegenstand in den Vorstandssitzungen<br />

der Herstellerkonzerne geworden. „Das<br />

Teilen von Autos wird sicherlich ein gutes Geschäft<br />

werden“, zeigt sich etwa Daimler-Chef Dieter Zetsche<br />

überzeugt. „In den nächsten 25 Jahren könnte sich<br />

28 next:


unsere Branche stärker verändern als in den 125 Jahren<br />

zuvor. Auf dem Weg zum Auto 2.0 entsteht auch<br />

die Autoindustrie 2.0.“<br />

Weil das Auto als Statussymbol – mit Ausnahme von<br />

Luxusmarken wie Porsche & Co. – immer mehr an<br />

Bedeutung verliert und eine wachsende Zahl junger<br />

Großstädter auf das eigene Fahrzeug gänzlich verzichtet,<br />

reagieren fast alle Hersteller jetzt mit neuen<br />

Mobilitätslösungen. Bei Daimler heißt das Konzept<br />

Car2go, bei BMW DriveNow, bei VW Quicar und<br />

bei Peugeot Mu. Auch die Bahn ist mit dem Projekt<br />

Flinkster vertreten und mit 170.000 registrierten Nutzern<br />

derzeit sogar der größte Anbieter im deutschen<br />

Markt. „Bereits in zehn Jahren“, sagt Branchenexperte<br />

Ferdinand Dudenhöffer vom Institut CAR der Universität<br />

Duisburg-Essen, „könnten wir in Deutschland<br />

auf insgesamt fünf Millionen Kunden kommen.“<br />

Es ist die Bequemlichkeit, die den Weg frei macht.<br />

„Durch die rasante Entwicklung der Informationstechnologie<br />

wird Carsharing inbesondere für die<br />

‚Generation iPad‘ interessant“, sagt Felix Kuhnert,<br />

Partner und Automotive-Experte bei <strong>PwC</strong>. „Innerhalb<br />

von Sekunden kann man über das Smartphone sehen,<br />

wo gerade ein Fahrzeug verfügbar ist. Einfacher<br />

geht es nicht. Ohne an einem Schalter Schlange zu<br />

stehen, kann man das Fahrzeug anmieten, öffnen und<br />

losfahren.“<br />

Feste Stationen gibt es nicht mehr. Das Auto wird<br />

innerhalb des Stadtgebietes einfach dort abgestellt,<br />

wo es der Kunde zuletzt benutzt hat. Bezahlt wird<br />

nach Zeit. Beim Anbieter Car2go etwa kostet die<br />

Fahrminute 24 Cent – Sprit inklusive. Das sieht auf<br />

den ersten Blick zwar nicht gerade preiswert aus.<br />

Doch Berechnungen des ADAC zufolge kostet der<br />

Kilometer mit dem eigenen Pkw – alle Kosten eingerechnet<br />

– mindestens 40 Cent, bei größeren Autos<br />

sogar deutlich mehr.<br />

„Carsharing ist für die Daimler AG ein ergänzendes<br />

Geschäftsmodell. Mit dieser Dienstleistung erweitern<br />

wir die Wertschöpfungskette in einem Markt mit<br />

großen Wachstumschancen,“ sagt Car2go-Geschäftsführer<br />

Andreas Leo. In vier deutschen und zwei US-<br />

Städten kommt der Konzern bereits jetzt auf 65.000<br />

Kunden. Das entspricht in etwa den deutschen Zulassungen<br />

der C-Klasse im vergangenen Jahr – immerhin<br />

das bestverkaufte Modell der Stuttgarter. Bis 2016<br />

will Leo in 40 bis 50 europäischen Städten und in 20<br />

bis 30 nordamerikanischen Metropolen präsent sein.<br />

Noch ambitionierter sind die Pläne von Peugeot. Derzeit<br />

erst in vier deutschen Städten vertreten, wollen<br />

die Franzosen künftig auch jene 160 Standorte in<br />

ihr Konzept einbinden, die bislang nur Werkstattersatzwagen<br />

anbieten. Darüber hinaus verhandelt<br />

Deutschland-Geschäftsführer Thomas Bruch über<br />

eine Kooperation mit der Bahntochter DB Rent.<br />

Teilen in der Businesswelt<br />

Mitarbeiter der Infineon-Konzernzentrale in Neubiberg<br />

dürfen sich jetzt ein wenig wie Pioniere fühlen: Ihr Arbeitgeber<br />

ist eines der ersten Unternehmen, das Carsharing<br />

auch für die Firmenflotte einsetzt. Beim sogenannten<br />

Fleetsharing teilen sich die Mitarbeiter ein Kontingent an<br />

Fahrzeugen, die sowohl geschäftlich als privat genutzt<br />

werden können. Möglich macht den Service eine Softwarelösung<br />

der BMW-Tochter AlphaCity. Das Fahrzeug kann<br />

online vom Büro aus oder mobil gebucht werden, die<br />

Abrechnung erfolgt automatisch über eine Kreditkarte. Für<br />

den Zugang zum Fahrzeug braucht der Nutzer keinen Autoschlüssel<br />

mehr: Wer sich für den Service registriert hat,<br />

erhält ein selbst klebendes Etikett mit einem RFID-Chip für<br />

den Führerschein. Mit dem Chip lassen sich die AlphaCity-<br />

Autos schlüssellos öffnen und starten.<br />

„Unser erklärtes Ziel ist die Präsenz an 100 deutschen<br />

Bahnhöfen“, sagt er.<br />

Carsharing-Kunden können bei Peugeot vom Pkw bis<br />

zum Nutzfahrzeug auf die gesamte Fahrzeugpalette<br />

zugreifen und auch Zubehör ordern – etwa Kindersitze,<br />

Fahrradträger oder Dachboxen. „Wer uns im<br />

lokalen Umfeld als kompetenten Partner schätzen<br />

lernt, wird auch für längere Strecken auf unsere<br />

Marke zurückgreifen“, hofft Bruch. „Denn natürlich<br />

wollen wir mit diesem neuen Geschäftsbereich Geld<br />

verdienen.“<br />

Gut möglich, dass mit den Carsharing-Konzepten<br />

der Autokonzerne auch das Thema e-Mobilität einen<br />

neuen Schub erhält. Denn im städtischen Umfeld<br />

fällt ein entscheidender Nachteil dieser Technologie<br />

„Auf dem Weg zum Auto 2.0 entsteht<br />

auch die Autoindustrie 2.0.“<br />

Daimler-Chef Dieter Zetsche<br />

weg: die bisher noch mangelnde Reichweite. „Carsharing<br />

bietet den Herstellern insofern eine hervorragende<br />

Möglichkeit, ihre Elektromodelle zu testen<br />

und den Kunden einen Eindruck zu vermitteln, wie<br />

sich so ein Elektroauto überhaupt fährt“, sagt Michael<br />

Borgmann, Carsharing-Experte bei <strong>PwC</strong>.<br />

Die Bahn, ohnehin Deutschlands größte Mitfahrzentrale<br />

mit Stromantrieb, hat auch in dieser<br />

Beziehung die Nase vorn. Rund 85 Elektroautos<br />

warten in Berlin, Hamburg, Frankfurt am <strong>Mai</strong>n und<br />

Stuttgart derzeit an der Steckdose auf ihre Kunden.<br />

„Wir wollen unser Angebot noch im laufenden<br />

Jahr auf 250 Fahrzeuge mehr als verdoppeln“, sagt<br />

Rolf Lübke, Geschäftsführer der DB Rent und DB<br />

Fuhrpark.<br />

mai 2012 29<br />

§


next: Lösungen<br />

Dass ausgerechnet die Bahn auf den derzeit größten<br />

Kundenstamm kommt, belegt, dass Carsharing<br />

mehr ist als nur eine Alternative zum eigenen Auto.<br />

„Carsharing ist ein neues intermodulares Verkehrskonzept.<br />

Es geht um den bestmöglichen Einsatz der<br />

verfügbaren Verkehrsträger für die jeweilig zurückzulegende<br />

Strecke“, sagt <strong>PwC</strong>­Experte Kuhnert. „Und<br />

es geht darum, zu verstehen, wie sich die Informationstechnologie<br />

auf die Entwicklung der eigenen<br />

Marke auswirkt.“<br />

Das entspricht ziemlich genau der Carsharing­<br />

Philosophie von BMW. „Wie verstehen uns nicht nur<br />

als Autohersteller, sondern im weiteren Sinne als<br />

Anbieter von Mobilität“, sagt Bernhard Blättel, Leiter<br />

Mobilitätsdienstleistungen beim Münchner Premiumhersteller.<br />

Für die Smartphone­Kundschaft werde bei<br />

DriveNow die apostrophierte „Freude am Fahren“<br />

deshalb auch erst einmal zur Freude am Buchen –<br />

gewährleistet durch mobile Applikationen, mit deren<br />

Hilfe sich die Kunden im Internettempo online registrieren,<br />

verfügbare Fahrzeuge reservieren und sich<br />

sogar virtuell zum Auto leiten lassen können. Aus den<br />

heute rund 16.000 Kunden in München und Berlin<br />

will BMW bis zum Jahr 2020 weltweit eine Million<br />

machen.<br />

Womöglich klappt das allerdings auch schon etwas<br />

früher. Denn mit BMW ist das Thema Carsharing<br />

inzwischen auch in der Businesswelt vorgefahren.<br />

Erste Unternehmen, wie die Infineon AG, nutzen<br />

das System im Rahmen ihres Flottenmanagements.<br />

Dienstleister ist die BMW­Tochter Alphabet, die<br />

mit ihrem Produkt AlphaCity das erste Corporate­<br />

Carsharing­Produkt auf Leasingbasis in Deutschland<br />

anbietet.<br />

„Mit dieser Lösung können Unternehmen ihre Mobilitätskosten<br />

weiter optimieren und ihren Beschäftigten<br />

eine interessante Alternative zum Dienstwagen<br />

bieten“, sagt Marco Lessacher, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />

von Alphabet Deutschland.<br />

Die Mitarbeiter müssen sich nicht mehr auf einen<br />

Firmenwagen festlegen, sondern können im Rahmen<br />

der Firmenflotte verschiedene Fahrzeugtypen nutzen.<br />

„Unter der Woche den Smart, im Winter einen SUV<br />

und im Sommer ein Cabrio. Das ist für mich eine<br />

super Strategie für Automobilkonzerne, die attraktive<br />

Flottenlösungen anbieten wollen“, urteilt <strong>PwC</strong>­Experte<br />

Kuhnert.<br />

Schon jetzt ist absehbar: Die alten Geschäftsmodelle<br />

der Industrie werden über kurz oder lang auseinanderbrechen.<br />

„Auch im klassischen Flotten­ und<br />

Vermietersegment könnten sich effiziente Bedienkonzepte<br />

aus dem Carsharing durchsetzen“, sagt Martin<br />

Jahn, Leiter Fleet International bei der Volkswagen<br />

Group, die mit dem Angebot Quicar erst vor wenigen<br />

Monaten im Markt gestartet ist. „Wir gehen davon<br />

aus, dass sich die Geschäftsmodelle mit Verkauf,<br />

Leasing, Finanzierung und Carsharing künftig immer<br />

stärker vermischen werden.“<br />

Wer in diesem Zukunftsmarkt erfolgreich sein will,<br />

muss seine Flotte optimal ausnutzen und über ein effizientes<br />

Fahrzeugmanagement verfügen. Beides Kernkompetenzen,<br />

die sich BMW und Daimler vom Start weg<br />

durch Joint Ventures mit den Autovermietern Sixt und<br />

Europcar ins Haus geholt haben.<br />

Darüber hinaus müssen sich die Anbieter frühzeitig<br />

Platz schaffen – genauer gesagt: Parkplatz. Denn Carsharing<br />

ist nur attraktiv, wenn das nächste Modell gleich<br />

um die Ecke parkt. „Das ist jetzt wie zu den Anfangszeiten<br />

des Internetbooms“, sagt <strong>PwC</strong>­Mann Borgmann.<br />

„Damals waren die besten Domains schnell vergeben,<br />

jetzt geht es um die attraktivsten Parkplätze.“<br />

Und darum, was sie kosten. Denn Parkraumlizenzen<br />

in den Innenstädten sind teuer. Ob sich der eine oder<br />

andere Anbieter wohl deshalb schon nach neuen<br />

Einnahmequellen umschaut? Jedenfalls kostet der<br />

Handy­Anruf im Servicecenter von Car2go mit<br />

0,42 Euro pro Minute fast doppelt so viel wie die<br />

Autominute selbst. „Ich habe es schon immer geahnt“,<br />

sagt Borgmann, „Autofahren ist gar nicht so teuer.“<br />

In Reih und<br />

Glied: Alle großen<br />

Fahrzeughersteller<br />

starten jetzt mit eigenen<br />

Carsharing-<br />

Angeboten.<br />

30 next:


next: Trends<br />

Bewährte Rezepte<br />

Mit zunehmender Marktdynamik stehen Unternehmen stärker<br />

denn je vor der Herausforderung, sich den verändernden<br />

Rahmenbedingungen schnell anzupassen und ihre Prozesse zu<br />

optimieren. Der praxiserprobte Delivering­Value­Ansatz von<br />

<strong>PwC</strong> zeigt deshalb Möglichkeiten auf, wie sich Profitabilität<br />

und Liquidität, Wettbewerbsfähigkeit und Flexibilität effektiv<br />

steigern lassen. Da sich der ganzheitliche Ansatz aus bedarfsorientierten<br />

Modulen zusammensetzt, können die Berater den<br />

Unternehmen ein passgenaues und äußerst individuelles Maßnahmenpaket<br />

liefern. In der Broschüre „Mehr Wert schaffen“<br />

zeigen <strong>PwC</strong>­Experten an acht Praxisbeispielen aus unterschiedlichen<br />

Branchen auf, wie sie die Wertschöpfung im Einzelfall<br />

erfolgreich optimiert haben. Etwa, indem sie die Herstellungskosten<br />

nachhaltig senkten, durch neue Organisationsstrukturen<br />

eine reibungslose Projektsteuerung durchsetzten, die<br />

Lieferkette transparenter und flexibler machten oder die Einkaufsorganisation<br />

dabei unterstützten, die Beschaffungspreise<br />

zu senken. So unterschiedlich die Anforderungen der Unternehmen<br />

im Bedarfsfall auch sind: Die Arbeit der <strong>PwC</strong>­Experten<br />

reicht stets über einen rein theoretischen Ansatz hinaus. Sind<br />

die Wertschöpfungspotenziale identifiziert und quantifiziert,<br />

begleiten <strong>PwC</strong>­Spezialisten das Unternehmen vor Ort bei der<br />

Umsetzung. www.pwc.de/de/deals/index.jhtml<br />

Warten auf Geld<br />

Durchlaufzeiten im<br />

Neugeschäft je Kreditart,<br />

2011 (2008 in Klammern)<br />

privater Baukredit<br />

Konsumentenkredit<br />

Firmenkundenkredit<br />

Quelle: <strong>PwC</strong><br />

5% (0)<br />

52%<br />

(71)<br />

Zu Risiken und Nebenwirkungen<br />

Risikomanagement spielt<br />

im Mittelstand eine sehr<br />

viel größere Rolle als<br />

gedacht. Gut 80 Prozent<br />

der Unternehmen stufen<br />

die Bedeutung des Themas<br />

für sich als „hoch“ bis „sehr<br />

hoch“ ein. Das ist das Ergebnis<br />

einer Umfrage unter<br />

1.021 mit telständischen<br />

Betrieben, die <strong>PwC</strong> gemeinsam<br />

mit dem Bundesverband<br />

der deutschen<br />

Hey Big Spender<br />

Soziales Engagement hat<br />

für deutsche Großunternehmen<br />

zwar einen hohen Stellenwert.<br />

Doch ein strategisches<br />

Ziel verfolgen damit<br />

nur 39 Prozent. Das geht<br />

aus einer <strong>PwC</strong>­Studie hervor,<br />

für die 100 Unternehmen<br />

befragt wurden. Viel<br />

zu selten wird evaluiert,<br />

ob die angestrebten Veränderungen<br />

auch realisiert<br />

wurden. Dabei müsse ein<br />

Unternehmen „dauerhafte<br />

Spuren“ hinterlassen, um<br />

als Corporate Citizen anerkannt<br />

zu werden, sagt <strong>PwC</strong>­<br />

Vorstand Andreas Menke.<br />

Industrie durchgeführt hat.<br />

Allerdings sind bislang nur<br />

28 Prozent der Unternehmen<br />

mit ihrem Risikomanagement<br />

auch zufrieden.<br />

Übergreifende Themen<br />

wie IT, Compliance oder<br />

Nachhaltigkeit, so die Untersuchung,<br />

werden bisher<br />

noch zu selten berücksichtigt.<br />

www.pwc.de/<br />

de/risiko-management/<br />

index.jhtml<br />

Weiteres Problem: Nur bei<br />

14 Prozent der Unternehmen<br />

haben Spenden einen<br />

direkten Zusammenhang<br />

zur Geschäftstätigkeit. Menke:<br />

„Corporate Citizenship<br />

heißt aber, die spezifischen<br />

Stärken des Unternehmens<br />

für die Gesellschaft einzusetzen.“<br />

www.pwc.de/<br />

corporate-citizenship<br />

weniger als 1 Tag 1 bis 5 Tage 5 bis 10 Tage länger als 10 Tage<br />

79%<br />

(59)<br />

Bankkunden müssen heute länger auf ihre Kredite warten als noch vor drei Jahren. Nach einer <strong>PwC</strong>-Studie unter 25 Kreditinstituten<br />

haben sich die Durchlaufzeiten sowohl für Privat- als auch für Firmenkunden verlängert. Warteten 2008 nur<br />

29 Prozent der Kunden auf ihre private Baufinanzierung fünf Tage oder länger, sind es nun schon 43 Prozent. Wurde ein<br />

Firmenkundenkredit 2008 noch in 18 Prozent der Fälle innerhalb von fünf Tagen abschließend bearbeitet, schafft diese Frist<br />

heute keines der befragten Institute mehr. www.pwc.de/de/finanzdienstleistungen/index.jhtml<br />

21%<br />

(32)<br />

38%<br />

(19)<br />

0% (4) 0% (18) 60%<br />

(28)<br />

5% (10)<br />

0% (9) 0% (0)<br />

mai 2012 31<br />

40%<br />

(50)


next: Wissen<br />

Eigentum verpflichtet<br />

Keine Angst vor Ideenklau: Statt sich in kostenträchtige<br />

Patentstreitigkeiten zu stürzen, machen immer mehr Unternehmen<br />

ihr geistiges Eigentum zu Geld. Und verdienen prächtig dabei.<br />

Von Christine Mattauch<br />

32 next:


Apple gegen<br />

Samsung, Yahoo<br />

gegen Facebook:<br />

In der IT-Industrie<br />

tobt derzeit ein<br />

erbitterter Kampf<br />

um Erfindungen<br />

und Patente.<br />

Damit hatte Mark Zuckerberg nicht gerechnet. Kurz<br />

vor dem Börsengang flatterte dem Facebook-Gründer<br />

eine Klage ins Haus, ausgerechnet von Silicon-Valley-<br />

Nachbar Yahoo: Bis zu 20 Patente habe Facebook<br />

verletzt, behauptet der Suchmaschinenpionier und<br />

verlangt jetzt Lizenzgebühren. „Yahoo Goes Trolling“,<br />

titelte das „Wall Street Journal“ – der schwächelnde<br />

Konzern versuche durch Abkassieren, seine Einnahmen<br />

zu erhöhen.<br />

„Trolling“, das ist die bizarre Facette eines weltweiten<br />

Trends: Mit bisher ungekannter Aggressivität<br />

versuchen Unternehmen, aus ihrem geistigem<br />

Eigentum Kapital zu schlagen. „Das Bewusstsein für<br />

die intelligente Nutzung von Wissen ist eindeutig gestiegen“,<br />

sagt Jutta Menninger, Patentspezialistin und<br />

Partnerin bei <strong>PwC</strong>. „Ging es den Unternehmen früher<br />

in erster Linie darum, ihre Erfindungen vor Nachahmung<br />

zu schützen, so entdecken sie ihr Know-how<br />

jetzt als Fundus, der sich monetär verwerten lässt.“<br />

Eine Einkommensquelle 2.0 sozusagen.<br />

Wissen ist der letzte Rohstoff, um den im globalen<br />

Wettbewerb ein erbitterter Verteilungskampf tobt.<br />

Gut 180.000 internationale Patente wurden 2011<br />

weltweit erteilt, ein Plus von knapp elf Prozent gegenüber<br />

dem Vorjahr. Auf Platz eins der Statistik hält<br />

sich zwar noch immer die USA, doch unter den Top-<br />

Ten-Ländern verzeichnet China mit einem Plus von<br />

mehr als 30 Prozent den größten Zuwachs. Und auch<br />

bei den Unternehmen selbst steht mittlerweile ein<br />

Unternehmen aus Fernost an erster Stelle – die ZTE<br />

Corporation aus Shenzhen mit 2.826 internationalen<br />

Patenten. Bestplatziertes deutsches Unternehmen ist<br />

die Robert Bosch GmbH auf Platz 5.<br />

Es ist noch gar nicht so lange her, da war es im ingenieurgeprägten<br />

deutschen Mittelstand undenkbar,<br />

sein Wissen zu teilen. Doch diese Zeiten sind vorbei.<br />

Heute geht es darum, seine Innovationen optimal zu<br />

verwerten. Das kann bedeuten: sofort verkaufen –<br />

oder: schützen und lizenzieren lassen. Oder sogar<br />

frei verteilen, in der Hoffnung, so eine neue Technik<br />

als Standard am Markt zu etablieren. „Geistiges<br />

Eigentum muss als strategische Vermögensposition<br />

angesehen und entsprechend behandelt werden“,<br />

sagt John Palfrey, Intellectual-Property-Spezialist an<br />

der Harvard Law School.<br />

Über die Verwertung wird heute bereits entschieden,<br />

noch ehe ein Innovationsprozess grünes Licht erhält.<br />

„Forschung braucht Richtung“, sagt Klaus Dieterich,<br />

Vorsitzender der Geschäftsleitung Forschung und<br />

Vorausentwicklung bei der Robert Bosch GmbH in<br />

Stuttgart. Der 125 Jahre alte Stiftungskonzern ist mit<br />

15 neuen Patenten pro Arbeitstag Innovationsführer<br />

in Deutschland, dank eines ausgeklügelten Systems<br />

der Ideenentdeckung und -verwertung, zu dem<br />

Innovationsworkshops, Technologie-Roadmaps und<br />

Bewertungsmatrizen gehören.<br />

Nur in den seltensten Fällen entstehen Erfindungen<br />

noch zufällig. Der Tüftler als Daniel Düsentrieb, der<br />

unbehelligt von Vorgaben nach Herzenslust im Labor<br />

werkelt, hat längst ausgedient. Heute stammt die<br />

Idee für ein neues Produkt aus dem Marketing oder<br />

dem Vertrieb, inspiriert durch Trendbeobachtung,<br />

Kundenbefragung und Vor-Ort-Recherche. Bevor ein<br />

Entwicklungsauftrag an die Forscher geht, werden<br />

Absatzchancen, mögliche Kooperationen und Lizenzierungen<br />

überdacht. Nicht nur ein Riese wie Bosch<br />

entwickelt nach solchen professionellen Strukturen,<br />

sondern auch innovative Mittelständler wie etwa die<br />

Komet Group GmbH im schwäbischen Besigheim.<br />

Bei der Werkzeugfirma, die in Deutschland 800 Mitarbeiter<br />

beschäftigt und weltweit 1.700, durchlaufen<br />

neue Produkte sogenannte Quality Gates, mit<br />

präzisen Anforderungen an Realisierbarkeit und §<br />

mai 2012 33


next: Wissen<br />

Rentabilität. Die rund 50 Mitarbeiter in der F&E-<br />

Abteilung erhalten Lasten- und Pflichtenhefte. Wo<br />

eigene Kompetenz fehlt, wird ein Partner gesucht.<br />

Bei einem Wechselkopfbohrer mit Stahlschaft und<br />

Hartmetallspitze beispielsweise, den sich Komet<br />

2009 patentieren ließ, holte Geschäftsführer Christof<br />

Bönsch frühzeitig ein Spezialunternehmen für Hartmetalltechnik<br />

mit ins Boot. Der Partner entwickelte<br />

den Bohrkopf und erhielt dafür eine Lizenz – ein<br />

profitabler Tausch für beide Seiten. „Heute vertreiben<br />

wir das gleiche Produkt unter anderen Markennamen“,<br />

sagt Bönsch.<br />

Auch wenn derzeit vor allem Internet- und Smartphone-Unternehmen<br />

Schlagzeilen mit ihren Schlachten<br />

um Patente und Lizenzierungen machen – Google<br />

gegen Microsoft, Apple gegen Samsung, Nokia gegen<br />

Apple –, sind andere Branchen davon nicht weniger<br />

betroffen. In der Chemie- und Pharmaindustrie<br />

etwa ist der Handel mit Lizenzen weit verbreitet<br />

und insbesondere für viele mittelständische Unternehmen<br />

ein lukratives Nebengeschäft. Der Vertrieb<br />

läuft in der Regel über persönliche Netzwerke, auf<br />

Kongressen und Messen. „Man kennt sich, schätzt<br />

sich und trinkt abends ein Glas Rotwein zusammen“,<br />

sagt einer, der regelmäßig dabei ist. „Und dann<br />

läuft die Buschtrommel: Wer hat ein Patentportfolio<br />

zu diesem oder jenem Problem?“ Die Einzelheiten<br />

handeln spezialisierte Juristen aus; die Preise richten<br />

sich nach Lizenz-Laufzeit und Entwicklungsstand der<br />

Innovation.<br />

Durch eine geschickte Lizenzierungsstrategie lässt<br />

sich zuweilen sogar mehr Geld verdienen als mit<br />

einem Alleingang. Beispiel Komet: Der Werkzeughersteller<br />

hatte 15 Jahre lang versucht, einen<br />

neuartigen Spanner für Bohrer selbst zu vermarkten.<br />

„Mit geringem Erfolg“, wie Bönsch offen einräumt.<br />

Das kleine ABC des Patentrechts<br />

So schützen sich Unternehmen vor unliebsamen Nachahmern<br />

Erzeugnispatent: Bezieht sich auf den<br />

Schutz von Gegenständen, etwa Maschinen<br />

oder ihre Teile, chemische Stoffe oder<br />

elektronische Schaltungen.<br />

Verfahrenspatent: Schützt Arbeitsverfahren,<br />

Herstellungsabläufe und<br />

Produktverwendungen. Durch Modifikationen<br />

ist es vergleichsweise leicht zu<br />

umgehen, Verletzungen sind oft schwer<br />

nachweisbar.<br />

Sowohl beim Erzeugnis- als auch beim<br />

Verfahrenspatent müssen Neuheit,<br />

Dann entschied die Firmenleitung, das Produkt breit<br />

zu lizenzieren – was nicht nur Einnahmen brachte,<br />

sondern den Spanner am Markt erst richtig etablierte<br />

und „zum kommerziellen Durchbruch führte“,<br />

sagt Bönsch. Die Weichenstellung erwies sich auch<br />

langfristig als richtig. Als das Unternehmen voriges<br />

Jahr eine neue Generation des „Komet ABS“ genannten<br />

Werkzeugs auf den Markt brachte, zogen fast alle<br />

Lizenzpartner mit.<br />

Eine andere Kooperationsform sind Patentpools,<br />

an denen sich mehrere Firmen beteiligen – in der<br />

Hoffnung, durch das Wissen der anderen das eigene<br />

Produkt zu optimieren. Dieses Cross-Licensing kann<br />

darüber hinaus eine elegante Lösung für Patentstreitigkeiten<br />

sein. Bereits 1856 endete damit ein verbissener<br />

Rechtsstreit, den sich die Nähmaschinenfabrikanten<br />

Grover, Baker, Singer und Wheeler & Wilson<br />

jahrelang geliefert hatten.<br />

Nicht von ungefähr schlägt der kanadische Informatikprofessor<br />

Timothy Lethbridge deshalb vor, dass<br />

alle bedeutenden Softwarehersteller – von Apple<br />

über Microsoft bis hin zu Google, IBM und Samsung<br />

– ihre Rechte in ein Konsortium einbringen sollten.<br />

„Das würde dem gegenwärtigen Patentkrieg den<br />

Boden entziehen. Die Firmen würden dadurch so viel<br />

Geld sparen, dass sie die Preise für den Endverbraucher<br />

merklich senken könnten“, sagt er.<br />

Um einen Standard zu verankern, drücken Unternehmen<br />

eine neue Technologie manchmal sogar<br />

völlig umsonst in den Markt. So stellte etwa IBM die<br />

Datenbasis der Software „Cloudscape“ kostenlos zur<br />

Verfügung, und Hewlett-Packard gab seinen „Spectrum<br />

Object Model-Linker“ frei. Beides keine Akte<br />

der Nächstenliebe: Die Konzerne hofften vielmehr,<br />

die Open-Source-Community würde so die Verbindung<br />

zu den eigenen Produkten herstellen.<br />

erfinderische Tätigkeit und gewerbliche<br />

Anwendbarkeit nachgewiesen werden.<br />

Der Patentschutz beträgt höchstens zwanzig<br />

Jahre.<br />

Standardpatent: Kurzform für standardrelevantes<br />

Patent. Es bezieht sich<br />

auf eine Technik, ohne die ein Unternehmen<br />

vorgegebene Industriestandards<br />

nicht erfüllen kann. Der Inhaber eines<br />

Standardpatents sollte anderen Unternehmen<br />

Zugang zur Technik gewähren.<br />

Durch überzogene Lizenzierungsbedin-<br />

China holt auf<br />

Anmeldungen* internationaler<br />

Patente<br />

2011 im Länderranking<br />

und Veränderung<br />

zum Vorjahr in Prozent<br />

48.596<br />

+8%<br />

USA<br />

38.888<br />

+21%<br />

Japan<br />

18.568<br />

+6%<br />

Deutschland<br />

16.406<br />

+33%<br />

China<br />

10.447<br />

+8%<br />

Südkorea<br />

7.664<br />

+6%<br />

Frankreich<br />

4.844<br />

–1%<br />

Großbritannien<br />

* erwartet Quelle: Wipo<br />

gungen versuchen manche Unternehmen<br />

allerdings, Wettbewerber auszubooten.<br />

Eine Initiative der Europäischen Union<br />

namens FRAND soll künftig eine faire<br />

Lizenzierung sichern.<br />

Gebrauchsmuster: sozusagen ein<br />

Patent light. Die Erfindung wird im<br />

Gegensatz zum Patent nicht geprüft, die<br />

Eintragung erfolgt umgehend. Eine Überprüfung<br />

erfolgt erst, wenn ein Dritter die<br />

Löschung beantragt. Schutz: maximal<br />

zehn Jahre.<br />

34 next:


Schwaben vorn:<br />

Bosch meldet von<br />

allen deutschen<br />

Unternehmen die<br />

meisten internationalen<br />

Patente an.<br />

Damit stellt sich die Frage, ob sich eine Patentierung<br />

in jedem Fall lohnt. Denn schließlich ist die Anmeldung<br />

aufwendig und teuer. Eine Technik kann in<br />

besonders dynamischen Branchen bereits überholt<br />

sein, wenn das Patent genehmigt ist. Und überhaupt:<br />

Mit jeder Patentierung ist die Preisgabe von Wissen<br />

verbunden. Der Staat schützt eine Innovation nicht,<br />

um das Vermögen des Erfinders zu mehren, sondern<br />

immer auch in der Hoffnung, dass sie die Volkswirtschaft<br />

im Ganzen voranbringt. Wer eine Innovation<br />

patentieren will, muss sie deshalb so beschreiben,<br />

dass andere sie verstehen – gegen Lizenzgebühr<br />

natürlich. Das Problem dabei: Diese Beschreibungen<br />

sind über die Datenbanken der Patentämter zugänglich<br />

und lassen sich zuweilen mit vergleichsweise<br />

geringem Aufwand modifizieren – zum eigenen<br />

Schaden und zur Freude der Konkurrenz.<br />

„So mancher Unternehmer ist gut damit gefahren,<br />

sein Wissen nicht publik zu machen“, sagt <strong>PwC</strong>-<br />

Expertin Menninger. Andere überlegen sich zuvor<br />

sehr genau, welche Umgehungsmöglichkeiten es für<br />

die Konkurrenz geben könnte, und lassen sich diese<br />

gleich mit patentieren, natürlich mit entsprechenden<br />

Kosten.<br />

Die erweisen sich immer dann als kluge Investition,<br />

wenn in der Folge Lizenzeinnahmen fließen. Wie<br />

lukrativ das Geschäft sein kann, zeigen Beispiele aus<br />

Amerika, wo die Vermarktung von geistigem Eigentum<br />

traditionell professioneller gesteuert wird als<br />

in Deutschland. Das Mobilfunkunternehmen Qualcomm<br />

in San Diego etwa nimmt pro Quartal rund<br />

eine Milliarde Dollar Lizenzgebühren ein, heißt es in<br />

der Branche. Bei Texas Instruments in Dallas soll es<br />

immerhin knapp eine Milliarde im Jahr sein.<br />

Kein Wunder deshalb, dass in den USA in den vergangenen<br />

Jahren sogenannte Patentfarmen entstanden<br />

sind, die Patente lizenzieren und als Händler<br />

zwischen Erfindern und Verwertern fungieren. Die<br />

größte dieser Farmen, Intellectual Ventures in Seattle,<br />

eine Gründung des früheren Microsoft-Technikvorstands<br />

Nathan Myhrvold, verwaltet gegenwärtig<br />

ein Portfolio von mehr als 30.000 Patenten und<br />

gehört damit zu den größten US-Anbietern.<br />

Eine lukrative Einnahmequelle stellt das Patentportfolio<br />

auf jeden Fall dar – vorausgesetzt, es wird<br />

auch entsprechend gepflegt. Deshalb kontrolliert bei<br />

Bosch „die Patentabteilung in intensiver Zusammenarbeit<br />

sowohl mit dem Marketing als auch mit der<br />

Entwicklung kontinuierlich den Patentbestand“, sagt<br />

Peter Feldmann, Leiter der Zentralabteilung Markenmanagement<br />

und Marketingkommunikation. „Es<br />

gibt Drehbücher, die kommen zehn Jahre zu früh. So<br />

ähnlich kann das auch mit Innovationen sein“, sagt<br />

Andreas Gorholt, Senior Manager und Innovationsexperte<br />

bei <strong>PwC</strong>. Wenn sich Marktlage, Kundenansprüche<br />

oder Begleittechnik ändern, können ganze<br />

Produktlinien neues Potenzial entfalten. Doch dann<br />

ruht das Patent womöglich vergessen im Archiv.<br />

Selbst einer Prestigefirma wie Apple kann so etwas<br />

passieren. Als unter großer Geheimhaltung der iPod<br />

entwickelt und nach langem Hin und Her endlich der<br />

Name gefunden worden war, erlebten die Manager<br />

eine Überraschung: Eine andere Abteilung hatte<br />

den Begriff bereits ein knappes Jahr zuvor schützen<br />

lassen – für einen Internetkiosk, der nie über das<br />

Projektstadium hinauskam.<br />

Bosch für Deutschland<br />

Anmeldungen internationaler Patente im Unternehmensranking.<br />

Die Top Ten 2011<br />

ZTE (China)<br />

Panasonic (Japan)<br />

Huawei (China)<br />

Sharp (Japan)<br />

Bosch (Deutschland)<br />

Qualcomm (USA)<br />

Toyota (Japan)<br />

LG (Südkorea)<br />

Philips (Niederlande)<br />

Ericsson (Schweden)<br />

2.826<br />

2.463<br />

1.831<br />

1.755<br />

1.518<br />

1.494<br />

1.417<br />

1.336<br />

1.148<br />

1.116<br />

Quelle: World Intellectual Property Organization<br />

mai 2012 35


next: Wissen<br />

Müllchaos in<br />

Neapel, rollende<br />

Händler in Rom:<br />

Nicht alles funktioniert<br />

in Italien so<br />

reibungslos wie<br />

das Geschäft der<br />

Eiscremeverkäufer.<br />

Mamma mia<br />

Klar, ein Haus zu bauen, kann schon in Deutschland<br />

ziemlich anstrengend sein – aber warum mussten<br />

wir es ausgerechnet in Italien versuchen? Meine<br />

Frau ist Italienerin, seit Jahren erwartet uns die liebe<br />

„famiglia“ zu Weihnachten, zu Ostern und natürlich<br />

im Sommer.<br />

Eines Tages erzählte mein Schwager von einer Baugenossenschaft,<br />

die in der Nähe von Rom günstige<br />

Reihenhäuser errichte. Kurz entschlossen unterschrieben<br />

wir. Das war vor zehn Jahren – bis heute<br />

sind wir noch nicht eingezogen.<br />

Erst stießen die Bagger auf antike Scherben, obwohl<br />

das Gelände, wie in Italien vorgeschrieben, von<br />

Archäologen freigegeben worden war. Die Proben ergaben<br />

zwar: Es liegt doch kein zweites Pompeji unter<br />

unserem Platz an der Sonne. Aber die Erleichterung<br />

verflog schnell, als sich unsere Gemeinde von der<br />

Nachbarkommune abspaltete. Wichtige Genehmigungen<br />

wurden kurzerhand annulliert, und wir blieben<br />

stolze Besitzer einer Baugrube.<br />

Kurz darauf brach die Finanzkrise aus und die Baufirma<br />

ging pleite. Vergangenen Herbst trübte dann die<br />

Schuldenkrise unseren Traum im Süden. Angesichts<br />

leerer Kassen weigerten sich Provinz und Kommune,<br />

das Gelände zu erschließen. Dabei hatten wir für die<br />

Kanalisation bereits bezahlt.<br />

Warum ich Ihnen das alles erzähle? Glauben Sie mir,<br />

nicht etwa aus persönlicher Betroffenheit, sondern<br />

weil Italien nach Griechenland der nächste Dominostein<br />

in der Schuldenkrise Europas ist, der nicht<br />

fallen darf. Weil kein Rettungsfonds groß genug ist<br />

für Italien. Weil die Katastrophe da wäre, wenn die<br />

italienische Regierung ihre Rechnungen nicht mehr<br />

begleichen kann. Weil Klüngel und Korruption, Gefälligkeiten<br />

und Abhängigkeiten die unternehme rische<br />

Initiative lähmen. Weil Bella Italia 1.900 Milliarden<br />

Euro Schulden angehäuft hat und außer Griechenland<br />

kein anderer Staat Europas, bezogen auf das<br />

Bruttoinlandsprodukt, noch schlimmer in der Kreide<br />

steht. Und ja, auch weil meine traurige Hausbau­<br />

36 next:


Italien ist in der Eurokrise der Dominostein, der nicht fallen darf.<br />

Und Mario Monti vielleicht der erste Ministerpräsident, der das verhindern<br />

könnte. Innenansichten aus einem Land im Umbruch.<br />

von Christian Bieker<br />

geschichte leider typisch ist für dieses ach so wunderschöne<br />

Land.<br />

Seit der Wirtschaftsprofessor Mario Monti, eine Art<br />

„Anti-Berlusconi“, die Geschicke des Landes lenkt,<br />

keimt zwar Hoffnung auf, doch um „Italien aus dem<br />

Schatten herauszuholen und den Notstand zu beenden“,<br />

wie er es in seinem Rechenschaftsbericht nach<br />

100 Tagen nüchtern formuliert, bleibt ihm noch jede<br />

Menge zu tun. Vor allem die allmächtige Bürokratie<br />

treibt die Bürger in den Wahnsinn. Stundenlang<br />

stehen sie in Schlangen vor den Schaltern und Büros<br />

von Rathäusern und Post. Viele Amtsstuben sind nur<br />

wenige Stunden in der Woche geöffnet, gerne auch<br />

nur vormittags. Mancher Beamte lehnt Bescheinigungen<br />

mit der Begründung ab, sie seien mit blauem<br />

Kugelschreiber unterschrieben – man möge doch<br />

bitte schwarze Tinte verwenden.<br />

Wer in Italien ein gebrauchtes Auto kaufen will, muss<br />

ein halbes Dutzend Dokumente und Urkunden registrieren<br />

und notifizieren lassen. Selbst die Unterschrift<br />

der Vertragspartner ist zu beurkunden, weshalb bis<br />

vor Kurzem selbst bei einem schrottreifen Motorroller<br />

noch der Gang zum Notar Pflicht war. Wer bei einem<br />

Behördengang seine Nachweise vergisst, muss sich<br />

am nächsten Tag erneut anstellen. So war es zumindest<br />

bisher. Neuerdings darf man einzelne Bescheinigungen<br />

wie die Steuernummer oder den Wohnsitz<br />

durch eine Selbstauskunft ersetzen – eine kleine<br />

Revolution.<br />

Das gilt allerdings nicht für Betriebe. Biblische Amtsfristen<br />

ersticken jede unternehmerische Initiative.<br />

Selbst ausländische Großinvestoren warten jahrelang<br />

auf eine Genehmigung – und ziehen sich frustriert<br />

zurück. Beispiel IKEA: Die Schweden wollten bereits<br />

2005 in dem Städtchen Vecchiano nahe Pisa einen<br />

Möbelmarkt mit rund 350 Arbeitsplätzen errichten.<br />

Es wäre der zweite in der Toskana gewesen. Nach<br />

sechs Jahren gab IKEA seine Pläne 2011 auf – wegen<br />

der „exzessiven Entscheidungszeiten durch die lokalen<br />

Behörden“, so die Unternehmensauskunft.<br />

mai 2012 37<br />

§


next: Wissen<br />

Warten auf Taxis:<br />

In Italien warten<br />

Reisende auf<br />

Chauffeure – und<br />

nicht umgekehrt.<br />

Dafür sind zumindest<br />

auf dem<br />

Markusplatz in<br />

Venedig (r.) Plätze<br />

frei.<br />

In China hätten dafür acht Monate gereicht, kommentierte<br />

EU-Kommissionspräsident José Manuel<br />

Barroso den Fall.<br />

IKEA ist kein Einzelfall. Die ausländischen Direktinvestitionen<br />

in Italien brachen 2011 um 53 Prozent<br />

ein. In der Rangliste der firmenfreundlichsten Länder<br />

der Weltbank rutschte die achtgrößte Volkswirtschaft<br />

der Erde 2012 um vier Plätze auf Rang 87 ab – hinter<br />

die Mongolei und Sambia. Das italienische Steuersystem<br />

ist danach eines der kompliziertesten der<br />

Welt (Platz 134). Kläger warten durchschnittlich<br />

1.210 Tage, bis ein Urteil gesprochen und vollstreckt<br />

wird. Selbst in dem westafrikanischen Kleinstaat<br />

Togo arbeiten die Gerichte doppelt so schnell.<br />

Wo verkrustete Strukturen die Konkurrenz fernhalten,<br />

teilen sich die Platzhirsche die Märkte auf.<br />

Am deutlichsten zeigt sich der Sauerstoffmangel<br />

im Bank- und Versicherungsgewerbe: Nirgendwo<br />

in Europa sind Finanzdienstleistungen so teuer wie<br />

südlich der Alpen. Eine Autohaftpflichtversicherung<br />

kostet im Schnitt doppelt so viel wie im Rest Europas.<br />

Ein gewöhnliches Girokonto verschlingt in Italien pro<br />

Jahr 400 Euro an Gebühren – 250 Prozent mehr als<br />

im Schnitt der anderen europäischen Länder.<br />

Mein Schwiegervater zahlt bis heute dafür, dass ihm<br />

seine Bank Kontoauszüge zusendet, die ihn nie erreichen.<br />

Die Gemeinde hat die Straße, in der er seit<br />

52 Jahren wohnt, vor einigen Jahren umbenannt.<br />

Während Strom- und Telefonanbieter die neue Adresse<br />

ohne Probleme übernahmen, besteht die Bank<br />

bis heute auf einer schriftlichen Bestätigung der<br />

Stadtverwaltung. Doch der alte Mann weigert sich,<br />

dafür einen halben Tag im Rathaus zu opfern.<br />

Mit solchen Schikanen kommen die Institute bis heute<br />

durch. Denn anders als in Deutschland sind sie die<br />

größten Aktionäre ihrer eigenen Aufsichtsbehörde,<br />

der Zentralbank Banca d’Italia, die seit Jahren schützend<br />

ihre Hand über das Gewerbe hält. Immerhin:<br />

Seit 2007 ist es den Instituten verboten, eine Kontoschließungsgebühr<br />

von mehreren Hundert Euro zu<br />

erheben. Mit der Strafzahlung hatten die Geldhäuser<br />

in der Vergangenheit ihre Marktanteile zementiert.<br />

Ein Dekret der neuen Regierung Monti zwingt die<br />

Institute nun, Kunden, die eine Lebensversicherung<br />

abschließen wollen, mindestens zwei konkurrierende<br />

Produkte anzubieten.<br />

Ähnlich wie die Finanzbranche schotten sich weite<br />

Teile der Wirtschaft gegen lästige Konkurrenz ab.<br />

38 next:


Steckbrief<br />

Italien<br />

Nationalhymne:<br />

Fratelli d’Italia<br />

Pasta-Jahresverbrauch<br />

pro Kopf:<br />

28 kg<br />

(Deutschland: 5,5)<br />

Einwohnerzahl:<br />

60,7 Millionen<br />

Anteil der über<br />

60-Jährigen:<br />

26,6 %<br />

Bruttoinlandsprodukt<br />

2011:<br />

1.617 Mrd. Euro<br />

Durchschnittliche<br />

Bruttoarbeitskosten<br />

in der Produktion:<br />

25,82 Euro<br />

pro Stunde<br />

Durchschnittliche<br />

Dauer von<br />

Wirtschaftsverfahren:<br />

1.210 Tage<br />

(Deutschland:<br />

394 Tage)<br />

Staatsschuldenquote<br />

(in % des<br />

BIP): 120,5<br />

Exporte/Importe<br />

pro Kopf in Euro:<br />

6200/6800<br />

Sozialquote/<br />

Forschungsquote<br />

(in % des BIP):<br />

29,8/0,67<br />

Der Exmonopolist Telecom Italia, das TV-Duopol aus<br />

der staatlichen Rai und Berlusconis Mediaset-Gruppe<br />

oder der Energieriese Eni verteidigen ihre Pfründe<br />

auf Kosten des Allgemeinwohls. Stellen in privaten<br />

und öffentlichen Unternehmen werden meist nur unter<br />

der Hand verteilt. Ohne Vitamin B ist die Arbeitssuche<br />

hoffnungslos.<br />

Nicht umsonst heißt eine der populärsten TV-Shows<br />

„I raccomandati“ – „Die Empfohlenen“. Doch die<br />

Beziehungen fehlen den jungen Menschen: 31 Prozent<br />

der Italiener zwischen 15 und 24 Jahren haben<br />

keine reguläre Arbeit. Viele hangeln sich von einem<br />

befristeten Vertrag zum nächsten. Dass kaum ein<br />

Arbeitgeber neue Vollzeitstellen schafft, liegt vor<br />

allem an dem rigiden Kündigungsschutz des Statuto<br />

dei lavoratori. Wer einmal in einem Job ist, fliegt so<br />

schnell nicht wieder raus. Nur rein kommt man leider<br />

nicht, weshalb Mario Monti nun auch das Arbeitsrecht<br />

umfassend reformieren will.<br />

Auf der Sonnenseite leben in Italien dagegen viele<br />

Freiberufler. Die Standesverbände von Apothekern,<br />

Taxifahrern oder Notaren schützen ihre Klientel wie<br />

die Mama ihre Bambini. Am Hauptbahnhof Roma<br />

Termini oder am <strong>Mai</strong>länder Flughafen Malpensa<br />

warten die Reisenden auf das Taxi – und nicht, wie<br />

im Rest der Welt, umgekehrt. Die Zahl der Lizenzen<br />

ist streng limitiert, was dazu führt, dass Taxikonzessionen<br />

in Großstädten mehr als 150.000 Euro kosten.<br />

Die Zahl der Apotheken ist sogar gesetzlich geregelt:<br />

In Gemeinden bis 4.000 Einwohner durfte es bisher<br />

nur einen einzigen Aspirin-Verkäufer geben. Starb<br />

der Apotheker, ging die Lizenz auf seine Erben über.<br />

Nur vor diesem Hintergrund ist zu verstehen, was<br />

Mario Monti eigentlich damit meint, wenn er davon<br />

spricht, den „Dschungel der Vorschriften“ ausholzen<br />

zu wollen. Sein Vorstoß „Vereinfache Italien“ legt<br />

die Axt an Tausende unnötige Gesetze, Erlasse und<br />

Normen. Sein Dekret, das bis Ende April vom Parlament<br />

bestätigt werden muss, verringert nicht nur das<br />

Einzugsgebiet pro Apotheke auf 3.300 Einwohner. Es<br />

schafft auf einen Schlag auch alle Mindesttarife für<br />

Freiberufler ab, die bisher verhinderten, dass etwa<br />

junge Architekten ihre alteingesessenen Kollegen<br />

preislich unterboten.<br />

„Monti hat nach Jahren des Stillstands schon unglaublich<br />

viel verändert“, sagt Gian Antonio Stella.<br />

Der 59-jährige Journalist aus Treviso enthüllt<br />

regelmäßig für die Tageszeitung „Corriere della Sera“<br />

haarsträubende Fälle von Amtsschimmel und Vetternwirtschaft.<br />

2007 schrieb er mit seinem Kollegen<br />

Sergio Rizzo das Buch „La Casta“, das die Selbstbedienung<br />

der politischen Elite anprangert. „Wir hatten<br />

gehofft, 35.000 Exemplare zu verkaufen“, sagt Stella.<br />

Inzwischen hat das Standardwerk der Protestbürger<br />

eine Auflage von 1,3 Millionen erreicht. Nichts regt in<br />

Zeiten des großen Sparens die Italiener mehr auf als<br />

die absurden Privilegien ihrer gewählten Vertreter.<br />

Mit 952 Mitgliedern in Abgeordnetenhaus und Senat<br />

leistet sich Italien so viele Politiker wie kein anderer<br />

Staat in Europa. Es ist das – nach China – zweitgrößte<br />

und teuerste Parlament der Welt. „Die konservativen<br />

Wähler hatten geglaubt, dass die Selbstbedienung<br />

typisch links sei“, sagt Stella, „bis sich Berlusconi mit<br />

dem Hubschrauber des Zivilschutzes zur Massage<br />

fliegen ließ.“<br />

Kostenlose Krankenversicherung und Zugfahrkarten,<br />

dicke Dienstwagen und goldene Pensionen – die Kaste<br />

des italienischen Politheers, die auf knapp 1,3 Millionen<br />

Menschen taxiert wird, ist fast so gut versorgt<br />

wie das englische Königshaus. Auf 11.238 Euro brutto<br />

kommt der Parlamentarier im Schnitt, plus allerlei<br />

Spesenpauschalen. Zum Vergleich: Die Diäten der<br />

deutschen Bundestagsabgeordneten betragen monatlich<br />

7.668 Euro plus Zulagen.<br />

Monti will die Gehälter jetzt auf den europäischen<br />

Mittelwert drücken, was fast einer Halbierung gleichkommt.<br />

Allerdings geht der Premier selbst mit gutem<br />

Beispiel voran und verzichtet vollständig auf sein<br />

Salär. „Eigentlich wollte ich das Geld spenden“, sagt<br />

er, „aber in Anbetracht der Lage lasse ich es lieber<br />

mai 2012 39<br />

§


next: Wissen<br />

Deutsch-italienische Freundschaft<br />

Größter Handelspartner Italiens ist Deutschland – sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen<br />

Deutschland<br />

Frankreich<br />

* Daten Jan. bis Nov. 2011<br />

337,3 Mrd. Dollar 367,4 Mrd. Dollar<br />

Exporte* Importe*<br />

USA<br />

Schweiz<br />

Spanien<br />

13,3%<br />

11,7%<br />

6,1%<br />

5,5%<br />

5,3%<br />

direkt in der Staatskasse.“ Die Zahl der Dienstwagen<br />

seiner Kollegen hat der 68-Jährige seit Amtsantritt<br />

bereits um zehn Prozent gekürzt.<br />

Die dunklen Limousinen, die in Italien „Auto blu“<br />

heißen, sind längst das Symbol maßloser Selbstbedienung.<br />

Mindestens 64.524 fahren davon auf<br />

Italiens Straßen, ergab eine aktuelle Zählung,<br />

die Mario Monti in Auftrag gab. Die Chauffeure<br />

dürfen nach Herzenslust rasen, weil sie von Straf-<br />

Handgreifliche Politik: Mario Monti (u. l.) ist der erste<br />

Premier Italiens, der große Popularität genießt, obwohl<br />

er seinen Landsleuten harte Opfer abverlangt.<br />

15,5%<br />

8,3%<br />

7,4%<br />

5,2%<br />

4,5%<br />

Frankreich<br />

China<br />

Niederlande<br />

Russland<br />

Deutschland<br />

Quelle: Italienisches Wirtschaftsministerium/Deutsche Botschaft Rom<br />

punkten auf ihren Führerschein befreit sind. Ein<br />

Regionalpräsi dent ließ sich 2011 mit seinen drei<br />

Dienstwagen insgesamt 136.600 Kilometer herumkutschieren<br />

– das sind rechnerisch 374 Kilometer<br />

am Tag. „Wahrscheinlich tagen sämtliche Ausschüsse<br />

auf Autobahnraststätten“, höhnte die Tageszeitung<br />

„Libero“.<br />

Wozu die Abgeordneten ihre Dienstwagen wirklich<br />

nutzen, enthüllt ein früherer Parlamentsmitarbeiter<br />

im Internet unter dem Namen „Spider Truman“.<br />

385.000 Fans zählt seine Facebook-Seite mittlerweile.<br />

Da missbrauchen Politiker die Polizeieskorte<br />

angeblich für die Shopping-Tour der Ehefrauen oder<br />

fallen anderweitig durch pikante Details auf – etwa,<br />

wenn sie sich an eigenen Bankschaltern im Senat<br />

Baufinanzierungen zu einem Viertel des marktüblichen<br />

Zinses besorgen.<br />

Nur wenn es um das eigene Portemonnaie geht,<br />

beweist die Kaste durchaus Kostenbewusstsein.<br />

So speisten die Mitarbeiter im Senats-Restaurant<br />

jahrelang zu Preisen von anno dazumal, bedient von<br />

livrierten Kellnern: Penne all’arrabbiata 1,60 Euro,<br />

Seebarsch-Lamellen an Radicchio und Mandeln<br />

2,76 Euro, Wasser 0,67 Euro. Als „Spider Truman“<br />

die Speisekarte vorigen August im Internet veröffentlichte,<br />

trat er damit eine Welle der Empörung los. Das<br />

Restaurant musste seine Preise verdreifachen, verlor<br />

70 Prozent seiner Kunden – und steht nun vor der<br />

Schließung.<br />

Ist Italien also doch noch zu retten? Bestsellerautor<br />

Stella holt tief Luft: „Ich war wütend, aber unter<br />

Monti fühle ich mich jetzt besser.“ Die Veränderungen<br />

seien unumkehrbar. „Die Berufspolitiker stehen<br />

unter Schock“, beobachtet er. Bisher habe gegolten:<br />

Wer Reformen wagt, verliert die Wahlen. „Monti ist<br />

der erste Premier Italiens, der extrem populär ist,<br />

obwohl er Opfer verlangt.“<br />

Vielleicht haben wir also doch das richtige Land für<br />

unser Haus gewählt.<br />

In der Kreide<br />

Staatsschuldenquote<br />

ausgewählter Länder<br />

in Prozent des BIP<br />

206<br />

Japan<br />

163<br />

Griechenland<br />

120<br />

Italien<br />

101<br />

USA<br />

85<br />

Frankreich<br />

82<br />

Deutschland<br />

70<br />

Spanien<br />

Quelle: EU-Kommission/<br />

OECD 2011<br />

40 next:


next: Trends<br />

<strong>PwC</strong> startet<br />

„Deutschlands Beste“<br />

Unternehmensrankings gibt es viele, doch in der Regel betrachten<br />

sie nur die Performance der vergangenen zwölf<br />

Monate. Dabei beweist sich der nachhaltige Erfolg eines<br />

Unternehmens oft erst sehr viel später. Zum ersten Mal werden<br />

jetzt Unternehmen für die Leistungen in den vergangenen drei<br />

Jahren gewürdigt: <strong>PwC</strong> startet zusammen mit der WELT-Verlagsgruppe<br />

den Wettbewerb „Deutschlands Beste“. Bewerben<br />

können sich Unternehmen mit Sitz in Deutschland und einem<br />

Jahresumsatz von mindestens 50 Millionen Euro. Banken und<br />

Versicherungen sowie die Tochtergesellschaften internationaler<br />

Konzerne bleiben unberücksichtigt. Bewerbungsschluss ist<br />

der 30. Juni.<br />

Mehr Infos unter www.pwc.de/deutschlandsbeste<br />

Windige Zeiten<br />

Bereits in zehn Jahren sollen<br />

europaweit Hochseewindparks<br />

mit einer Gesamtleistung<br />

von 40 Gigawatt<br />

in Betrieb sein. Zu den<br />

Profiteuren in Deutschland<br />

zählen keineswegs nur die<br />

küstennahen Regionen,<br />

bilanziert eine neue <strong>PwC</strong>-<br />

Studie. Bereits heute arbeiten<br />

40 Prozent der Branchenbeschäftigten<br />

in Nordrhein-Westfalen,<br />

Bayern<br />

und Baden-Württemberg.<br />

Wegen ihrer starken Stel-<br />

lung in der Zulieferindustrie<br />

dürften diese Flächenländer<br />

auch künftig überdurchschnittliche<br />

Umsatz- und<br />

Beschäftigungsgewinne für<br />

sich verbuchen.<br />

Der Mittelstand steht auf<br />

jeden Fall auf der Gewinnerseite.<br />

90 Prozent der<br />

Wertschöpfung innerhalb<br />

der Branche entfallen derzeit<br />

auf kleine und mittlere<br />

Unternehmen.<br />

www.pwc.de/de/energiewirtschaft/index.jhtml<br />

Steuern digital<br />

Betriebsprüfer machen immer<br />

häufiger von der Möglichkeit<br />

des elektronischen<br />

Datenzugriffs Gebrauch.<br />

Das zeigt die <strong>PwC</strong>-Studie<br />

„Digitale Steuerprüfung“,<br />

für die 230 Unternehmen<br />

befragt wurden. Danach<br />

berichtet jedes zweite Unternehmen,<br />

dass die Finanzverwaltung<br />

in 75 Prozent der<br />

Fälle den digitalen Zugriff<br />

auf die steuerlichen Daten<br />

verlangt. Die Unternehmen<br />

sollten deshalb bei jeder Veränderung<br />

ihrer IT, insbesondere<br />

bei Verlagerungen ins<br />

Die Macht der Marke<br />

Ausland, darauf achten, dass<br />

sie jederzeit auf ihre Daten<br />

zurückgreifen können“,<br />

rät <strong>PwC</strong>-Fachmann Tobias<br />

Taetzner.<br />

www.pwc.de/de/steuern/<br />

digitale-steuerpruefung<br />

Nach einer Studie, die <strong>PwC</strong> gemeinsam mit der Universität<br />

Hamburg, dem Markenverband und der<br />

GfK erstellt hat, beziffert jedes zweite Unternehmen<br />

den Anteil des Mar kenwerts am gesamten Unterneh-<br />

menswert auf 50 Prozent. „Die Unternehmen haben<br />

vermehrt den Anspruch, den monetären Wert ihrer<br />

Marke zu bestimmen“, sagt <strong>PwC</strong>-Partnerin Jutta<br />

Menninger. Ging es früher vorrangig um die Steuerung<br />

und Kontrolle der Marken, werden die Bewertungen<br />

nun verstärkt mit Blick auf den Finanzmarkt<br />

vorgenommen. www.pwc.de/markenbewertung<br />

Druckfrisch<br />

„Commercial Due Diligence“ und „Qualität<br />

im Reporting“ – diese für Unternehmen zentralen<br />

Themen stehen im Mittelpunkt zweier<br />

Neuerscheinungen, die <strong>PwC</strong>-Experten jetzt<br />

vorlegen.<br />

In ihrem Buch „Commercial Due Diligence“<br />

(Wiley) erläutern Ralph Niederdrenk und<br />

Matthias Müller, mit welchen Methoden sich<br />

in der Praxis quantifizieren lässt, ob eine<br />

Transaktion sinnvoll ist oder nicht.<br />

Die <strong>PwC</strong>-Consultants Klaus Panitz und Carsten<br />

Waschkowitz klären in ihrem Buch „Qualität<br />

im Reporting“ (Schäffer Poschel, erscheint<br />

Ende Juni) praxisnah darüber auf, welche<br />

Strategien am Kapitalmarkt den größten<br />

Erfolg versprechen und wie sich die Qualität im Reporting<br />

langfristig sichern lässt.<br />

mai 2012 41


what’s next:<br />

4Szenarien<br />

...<br />

... wie es mit dem Euro weitergeht und wie sich<br />

Unternehmen darauf vorbereiten können.<br />

Mit dem Schuldenschnitt in Griechenland scheint der<br />

Euro zwar vorerst gerettet, doch beendet ist die Krise<br />

damit noch lange nicht. Vom Entstehen einer Transferunion<br />

bis hin zum Zusammenbruch der Währungsunion<br />

ist derzeit noch alles möglich. Weltweit blicken die<br />

Manager deshalb weiter skeptisch auf Europa. Denn<br />

jede denkbare Entwicklung hat unmittelbare Folgen<br />

für die Wachstumsaussichten ihrer Unternehmen.<br />

In Zusammenarbeit mit dem Hamburger WeltWirtschaftsInstitut<br />

(HWWI) hat <strong>PwC</strong> deshalb jetzt vier<br />

Zukunftsszenarien entworfen, um die Folgen für<br />

Staat, Volkswirtschaft und Unternehmen besser abschätzen<br />

zu können. Diese Szenarien, betont HWWI-<br />

Direktor und Geschäftsführer Thomas Straubhaar,<br />

sind keine Prognosen, sondern „plausible Beschreibungen<br />

denkbarer Entwicklungen“. Sie sollen helfen,<br />

mögliche Abläufe zu verstehen, um im Einzelfall<br />

„klüger reagieren zu können“.<br />

Anders als erhofft, haben sich die beträchtlichen<br />

ökonomischen Unterschiede innerhalb Europas seit<br />

dem Start der Währungsunion nicht verringert, sondern<br />

sogar noch verstärkt. Die Frage ist nun, wie die<br />

Mitgliedsstaaten zur Stabilität zurückfinden können.<br />

Werden sie ihre Verschuldung in den Griff bekommen<br />

und zu den Maastrichtkriterien zurückkehren?<br />

Braucht es eine Fiskal- oder sogar Transferunion?<br />

Oder wird das Jahrhundertprojekt am Ende doch<br />

noch scheitern und die gemeinsame Währung zum<br />

Spaltpilz Europas?<br />

Auf den Worst Case können sich die Unternehmen am<br />

allerwenigsten vorbereiten. Gesamtwirtschaftlich,<br />

so das Fazit der Gemeinschaftsstudie von HWWI und<br />

<strong>PwC</strong>, wäre eine globale Finanz- und Wirtschaftskrise<br />

zu erwarten, sollte sich die Währungsunion teilweise<br />

oder vollkommen auflösen. Die Folgen wären noch<br />

weit schlimmer als nach der Lehman-Pleite 2008,<br />

42 next:


weil die Staaten kaum noch mit Konjunkturprogrammen<br />

gegensteuern könnten.<br />

Doch selbst in dem aus heutiger Sicht wahrscheinlicheren<br />

Fall eines Fortbestehens der Union müssen<br />

sich die Unternehmen auf eine längere Stagnationsphase<br />

der europäischen Wirtschaft einstellen. Mindestens<br />

über die nächsten fünf Jahre hinweg dürften<br />

die Krisenländer immer wieder Unterstützungsleistungen<br />

benötigen. Die Arbeitslosigkeit dort werde<br />

auf hohem Niveau verharren und der Preissetzungsspielraum<br />

für die Unternehmen entsprechend gering<br />

ausfallen. Auch die Zinsen und Inflations raten bleiben<br />

in diesem Szenario niedrig.<br />

Für die deutsche Volkswirtschaft muss sich diese<br />

Konstellation nicht nachteilig auswirken. Niedrige<br />

Zinsen und allenfalls moderate Lohnsteigerungen in<br />

der Eurozone, so das Ergebnis der Studie, könnten die<br />

Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne auf den<br />

Märkten in Nordamerika und Asien weiter verbessern.<br />

Für ein idealtypisch angenommenes Mittelstandsunternehmen,<br />

einen Betrieb mit zwei Milliarden<br />

Euro Umsatz und 3.500 Mitarbeitern, ergeben<br />

sich in diesem Szenario folgende Handlungs optionen:<br />

• Die Beschaffung und Produktion in den Euro­<br />

Krisenstaaten, möglicherweise auch eine Beteiligung<br />

oder Übernahme, sind erwägenswert, weil das Lohnniveau<br />

dort auf absehbare Zeit nicht steigen dürfte.<br />

• Künftiges Wachstum ist in den nächsten Jahren<br />

vor allem außerhalb der Eurozone zu realisieren.<br />

• Die Finanzierungsbedingungen dürften sich trotz<br />

niedrigem Zinsniveau allerdings erschweren. Aufgrund<br />

der unsicheren Gesamtlage werden die Banken<br />

strengere Kreditvergabestandards anlegen.<br />

Unternehmen mit geringem Eigenkapital<br />

werden sich deshalb verstärkt über den<br />

Kapitalmarkt finanzieren müssen.<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

Friedrich­Ebert­Anlage 35­37, 60327 Frankfurt am <strong>Mai</strong>n<br />

www.pwc.de<br />

Verantwortlich für den Inhalt (V. i. S. d. P.):<br />

Oliver Heieck (<strong>PwC</strong>)<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />

die Meinung der Autoren wieder.<br />

Chefredaktion:<br />

Oliver Heieck (<strong>PwC</strong>)<br />

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E­<strong>Mai</strong>l an die Redaktion: pwc_magazin@de.pwc.com<br />

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Lektorat: Helmut Hillger<br />

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Verlagsleitung: Karsten Krämer<br />

Verlag:<br />

Facts & Figures GmbH<br />

(ein Unternehmen der G+J Wirtschaftsmedien AG & Co. KG)<br />

Am Baumwall 11, 20459 Hamburg<br />

Tel.: 040 3703­8622, E­<strong>Mai</strong>l: cp@guj.de<br />

Bildnachweis/Copyright­Vermerk:<br />

Titelbild: Getty Images / David Madison; Seite 2: Getty Images / Dana<br />

Tezarr, Sustainable Dance Club, Getty Images / Michael Wildsmith,<br />

Stefano Rellandini / Reuters; Seite 3: <strong>PwC</strong>; Seite 4: mauritius images,<br />

Getty Images, plainpicture; Seite 5: Corbis, pepperprint / mauritius<br />

images; Seite 8: Bayer AG; Seite 11: Deutsche Bahn AG; Seite 12/13:<br />

Corbis; Seite 14: TU Delft, Sustainable Dance Club ; Seite15: picturealliance/<br />

dpa, Solarion AG ; Seite 17: Guenter Schiffmann/Bloomberg<br />

via Getty Images; Seite 18: Guenter Schiffmann/Bloomberg via Getty<br />

Images (2); Seite 19: GASPA; Seite 20: Porsche AG; Seite 21: Getty<br />

Images (3); Seite 22: Getty Images; Seite 25: <strong>PwC</strong>; Seite 27: Frank Rumpenhorst<br />

/ <strong>PwC</strong>; Seite 28: Getty Images; Seite 30: Volkswagen AG, BMW<br />

AG, car2go; Seite 31: plainpicture, Getty Images ; Seite 32: Aly Song /<br />

Reuters; Seite 33: picture alliance / dpa; Seite 35: ddp images/AP; Seite<br />

36: STRINGER Italy / Reuters; Seite 37: Getty Images; Seite 38: Max<br />

Rossi / Reuters, Getty Images; Seite 39: Getty Images, STRINGER Italy /<br />

Reuters; Seite 40: ANSA ANSA / Reuters, Stefano Rellandini / Reuters;<br />

Seite 41: Getty Images (3) ; Seite 42: Getty Images/ The Bridgeman Art<br />

Library; Seite 43: Getty Images<br />

Druck:<br />

Druckhaus Berlin­Mitte GmbH<br />

Schützenstraße 18, 10117 Berlin<br />

Papier aus<br />

verantwortungsvollen<br />

Quellen<br />

next: erscheint dreimal im Jahr in einer Auflage von<br />

10.000 Exemplaren.<br />

© <strong>Mai</strong> 2012. PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft<br />

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten.<br />

„<strong>PwC</strong>“ bezeichnet in diesem Dokument die PricewaterhouseCoopers<br />

Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die eine<br />

Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers International<br />

Limited (<strong>PwC</strong>IL) ist. Jede der Mitgliedsgesellschaften der <strong>PwC</strong>IL ist<br />

eine rechtlich selbstständige Gesellschaft.<br />

mai 2012 43


Erfolgsformeln<br />

( ) (<br />

)<br />

n n!<br />

= =<br />

k k!(n–k)!<br />

49<br />

6<br />

49!<br />

=<br />

(49–6)!•6!<br />

= 49!<br />

(43)!•6!<br />

Die Wahrscheinlichkeitsrechnung beziffert nach dieser Formel, wie groß die Chance auf einen<br />

Sechser im Lotto ist. Sie beträgt 1 zu knapp 14 Millionen. Doch die Wirtschaft ist kein Lottospiel.<br />

Wer die Zukunftsaussichten von Weltkonjunktur und Unternehmen bewerten will, kommt mit<br />

mathematischen Formeln nicht zum Ziel. Wie die globale Managerelite die Wachstumsperspektiven<br />

der nächsten Jahre bewertet, lesen Sie ab Seite 4.

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