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„Pflege muss für alle finanzierbar sein“ Thomas Greiner, Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Pflege und Vorstandsvorsitzender der <strong>Dussmann</strong>-Gruppe, zum steigenden Bedarf an Pflegeleistungen und zu „Wahrnehmungslücken“ der Politik. Das Thema Pflege gehört – außer für die direkt Betroffenen – nicht zu den wichtigsten gesellschaftspolitischen Themen ... ... stopp – das stimmt so nicht mehr. Da hat sich in der Öffentlichkeit einiges getan. Immerhin gibt es in Deutschland derzeit rund 2,3 Millionen Pflegebedürftige; 2050 werden es mehr als 4,8 Millionen 20 I Das Interview sein. Der Anteil der hilfe- und pflegebedürftigen Menschen an der Gesamtbevölkerung wächst. Um sie zu versorgen, arbeiten schon heute 800.000 Beschäftigte. So viele? Ja, das sind mehr als in der deutschen Automobilindustrie. Ich will nicht vergleichen, aber eines ist sicher: Pflege verdient einen zentralen Platz in unserer Gesellschaft. Sie haben einmal gesagt, Sie wollen die Pflege fit für die Zukunft machen. Was heißt das? Die Pflege ist eine entscheidende Säule unseres Sozialstaates. Der steigende Bedarf an Pflegeleistungen muss gedeckt werden. Deren Finan-
zierung muss nachhaltig gesichert sein, denn wir können uns keinen Pflegenotstand leisten. Im Mittelpunkt steht die ehrliche Diskussion darüber, was uns Pflege wert ist. Vor einem Jahr haben Sie gemeinsam mit den anderen großen privaten Pflegeunternehmen den „Arbeitgeberverband Pflege“ gegründet. Weil sich die privaten Träger zu wenig beachtet fühlten? Ja – das auch. Der Ausgangspunkt zur Verbandsgründung war die ursprüngliche Absicht der Politik, die Kommission, die sich mit dem Thema Mindestlohn befassen sollte, ohne die Stimme der Privaten einzusetzen. Welch eine Wahrnehmungslücke! Man kann doch ein Marktsegment, das 60 Prozent des ambulanten und fast 40 Prozent des stationären Pflegemarktes verantwortet, nicht einfach übergehen. Immerhin: Wir werden inzwischen wahrgenommen. Das ist aber nicht Ihr einziges Ziel. Nein, aber es bleibt ein nach wie vor wichtiges. Denn für die Politik hat die Altenpflege ganz offenkundig noch keine kritische Größe erreicht. Unser Ziel dagegen ist klar: Wir müssen den Rahmen schaffen, der Pflegekräfte stärkt und Pflege für alle finanzierbar macht. Mehr Attraktivität für Pflegeberufe? Ja – und dazu gehört natürlich auch eine angemessene Vergütung für Pflegekräfte. Im März hat sich die von der Bundesregierung eingesetzte Pflegekommission auf einen Min- destlohn in der Pflege geeinigt – und zwar einstimmig. Er soll ab Juli 2010 gelten. Das war ein bedeutender Tag für die deutsche Sozialwirtschaft. Die Einführung des Mindestlohns bestätigt den Tarifvertrag zwischen den Tarifparteien aus dem Sommer 2009. Dabei haben alle Beteiligten an einem Strang gezogen. Wie sieht ansonsten die Zusammenarbeit mit den anderen Trägern der Pflege – also den nicht-privaten – aus? Es stehen in den nächsten Jahren wichtige Weichenstellungen an: Wir alle brauchen mehr Personal – allein in den nächsten zehn Jahren werden zusätzlich 77.000 Pflegefachkräfte benötigt. Wir stehen vor einer gemeinsamen Aufgabe, die wir auch gemeinsam lösen müssen. Wir müssen eine nachhaltige Finanzierung der Pflege hinbekommen. Ich sage das ganz deutlich: Da sind alle Träger und Betreiber gefordert, um dieses Ziel erreichen zu können. In diesen Grundfragen haben wir mehr Gemeinsames als Trennendes. Gemeinsam muss die Pflege zukunftsfähig gemacht und in die Mitte der Gesellschaft geholt werden. Und das in Zeiten der Sparwelle im Gesundheitswesen? Der Kostendruck im Gesundheitswesen darf nicht zu Personaleinsparungen in der Pflege führen. Nur wenn wir engagiertes und gut ausgebildetes Personal haben, können wir den wachsenden Bedarf in der Pflege aktiv gestalten. Zur Person: Thomas Greiner Thomas Greiner steht als Vorstandsvorsitzender an der Spitze der <strong>Dussmann</strong>- Gruppe, zu der auch Kursana gehört. Der 54-jährige Politologe und diplomierte Wirtschaftsförderer aus Rottweil in Schwaben ist verheiratet. Der Arbeitgeberverband Pflege Die acht größten privaten Pflegeunternehmen in Deutschland und der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) haben sich im Juni 2009 zum Arbeitgeberverband Pflege zusammengeschlossen. Inzwischen sind es elf Unternehmen, darunter Kursana als führender privater Dienstleister in der Seniorenpflege und -betreuung. Der Verband vertritt die sozialen, wirtschaftlichen und tariflichen Interessen der Branche und setzt sich für eine zukunftsfähige Gestaltung der Pflege ein. Gemeinsam mit den Unternehmen im bpa repräsentiert er rund 200.000 Mitarbeiter. Geschäftsführer ist Dr. Helmut Braun, langjähriger Vorstandsvorsitzender des KWA - Kuratorium Wohnen im Alter. 21
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