Sie sprechen von „pädago - Landesschulrat Steiermark
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PSYCHOLOGISCH SCHULE<br />
www.dieschule-stmk.com<br />
Das kommt nie wieder?<br />
M it<br />
sehr großem Vergnügen<br />
stöbere ich – als eher<br />
rückwärts gewandte<br />
Person – historische Weis- und<br />
Wahrheiten bzw. Dokumente<br />
über die Schule auf, seien es<br />
<strong>„pädago</strong>gische Aphorismen“<br />
aus dem Jahr 1909, alte Fibeln,<br />
Schulordnungen und Ähnliches.<br />
Eine große Freude bereitete<br />
mir jüngst eine Direktorin,<br />
als sie mir Einblick in ein Klassenbuch<br />
des Jahrgangs 1928/<br />
1929 (4. Schulstufe) gewährte.<br />
Neben etlichen anderen Dingen<br />
war für mich das ganz<br />
Besondere an diesem Katalog ,<br />
dass der Name meines Vater<br />
darin aufschien. Selbstverständlich<br />
war er einer der besten<br />
Schüler. Er war außerdem<br />
eines <strong>von</strong> den zwei Kindern<br />
dieser Klasse mit 31 Schülern,<br />
die bis dato niemals unentschuldigt<br />
dem Unterricht fern<br />
geblieben waren (Streber!). Die<br />
Zahl der entschuldigten und<br />
nicht entschuldigten Schulhalbtage<br />
war für mich äußerst<br />
beeindruckend: Im Durchschnitt<br />
blieben die Schüler dieser<br />
4. Schulstufe im Laufe ihrer<br />
vierjährigen Schulzeit (einige<br />
wenige gab es, die schon mehr<br />
Schuljahre auf dem Buckel<br />
hatten) pro Schuljahr etwa 40<br />
(Knaben) bis fast 50 Schulhalbtage<br />
(Mädchen) fern,<br />
sowohl entschuldigt als auch<br />
nicht entschuldigt. Ein Schüler<br />
dieser Klasse, der mit 14 Jahren<br />
austrat, hat im Laufe seiner<br />
Schulzeit <strong>von</strong> sieben Jahren<br />
und drei Monaten 608 Fehltage<br />
angesammelt, das sind etwa 86<br />
Tage pro Jahr. Wenn mit<br />
„Schulhalbtag“ der halbe Tag,<br />
den Kinder üblicherweise in<br />
der Schule verbringen, gemeint<br />
ist, wäre es heute fast die Hälfte<br />
der Schultage eines Schuljahres.<br />
Kein Wunder also, dass<br />
er dann für vier Schulstufen<br />
fast acht Jahre gebraucht hat!<br />
Bei diesem Ausmaß an Schulabstinenz<br />
hätten wir SchulpsychologInnen<br />
heutzutage einen<br />
Dauergroßeinsatz zu bewerkstelligen<br />
Die Notenskala war vierstufig<br />
– sehr gut, gut, genügend, nicht<br />
genügend. Hatte ein Schüler in<br />
„Sitten“ nur ein „ent<strong>sprechen</strong>d“,<br />
also eine Drei, so wurde<br />
dies begründet: „wegen frechen<br />
Benehmens gegenüber<br />
Erwachsenen“ (dies konnte<br />
sich der Klassenbeste im ersten<br />
Dr. Gabriele Krones ist Leiterin<br />
der Schulpsychologischen<br />
Beratungsstelle Weiz<br />
Semester leisten); aber auch:<br />
„Schwerhörig. Sitten: 3, wegen<br />
immerwährendem Stören des<br />
Unterrichts“. Im Laufe eines<br />
Schuljahres gab<br />
es zwei Termine<br />
für den<br />
Schuleintritt<br />
(eine<br />
Forderung,<br />
die auch heute<br />
immer wieder<br />
erhoben wird) – der 1. November<br />
und der 1. April. Wer zum<br />
jeweiligen Zeitpunkt das sechste<br />
Lebensjahr vollendet hatte,<br />
wurde eingeschult. Die großen<br />
Ferien fielen in die Erntezeit<br />
(September, Oktober), es ist<br />
also absolut nichts Neues, dass<br />
schulische Gegebenheiten an<br />
die Erfordernisse der jeweiligen<br />
Marktwirtschaft angepasst<br />
werden. Ein Austritt aus der<br />
Schule erfolgte für jene beiden<br />
älteren Schüler, die in dieser<br />
Schulstufe noch anzutreffen<br />
waren, exakt mit Vollendung<br />
des 14. Lebensjahres. „Nix wie<br />
weg“ scheint die Devise gewesen<br />
zu sein.<br />
Knaben und Mädchen unterscheiden<br />
sich im Notendurchschnitt<br />
in „Betragen“ nur um<br />
einen Dezimalpunkt (Knaben:<br />
1,3; Mädchen: 1,4) ebenso in<br />
Deutsch (Kn.: 2,5; M.: 2,6).<br />
Deutlichere Unterschiede gibt<br />
es im „Lesen“ (M.: 1,8 ; Kn.: 2,2)<br />
und auch in „Rechnen“ (M.: 2,3;<br />
Kn.: 2,6). Es scheinen also<br />
schon damals die Mädchen<br />
nicht „braver“ gewesen zu sein<br />
und die Buben nicht besser im<br />
Rechnen. Beeindruckend, wie<br />
Vorurteile sich so lange halten<br />
können.<br />
Interessant finde ich auch die<br />
Tatsache, das 13 <strong>von</strong> den 31<br />
Kindern (das sind 42%) nicht in<br />
so genannten Normalfamilien<br />
aufwuchsen, sondern als Waisen<br />
oder Halbwaisen, unehelich<br />
bzw. in Pflegeverhältnissen<br />
großgezogen wurden. Also, in<br />
diesem Mikrokosmos einer 4.<br />
Schulstufe mit 31 SchülerInnen<br />
war das Ideal der heilen Familie<br />
nur bei wenig mehr als der<br />
Hälfte aller Kinder verwirklicht.<br />
Kein einziges Kind kam ins<br />
Gymnasium, was für diesen<br />
Schulstandort damals bedeutet<br />
hätte, dass es in ein Internat<br />
musste. Dies wurde den Kindern<br />
meist erst mit elf, zwölf<br />
Jahren, nach der 5. oder 6.<br />
Schulstufe, zugemutet. Sechs<br />
SchülerInnen, das ist ein Fünftel,<br />
traten nach dieser 4. Klasse<br />
in die Hauptschule über, zwei<br />
stiegen aus, alle anderen<br />
besuchten die Oberstufe der<br />
Volksschule, die übrigens meines<br />
Wissens bis heute noch<br />
nicht wirklich abgeschafft ist<br />
und für deren fakultative Weiterführung<br />
in gewissen Fällen<br />
ich ausdrücklich plädiere.<br />
Soweit einige Daten und<br />
Gedanken zu einem Schulkatalog<br />
aus den Zwanzigerjahren<br />
des vorigen Jahrhunderts. Auf<br />
eine weitere bemerkenswerte<br />
Tatsache stieß ich bei der Lektüre<br />
einer Biographie über<br />
Adalbert Stifter, dessen 200.<br />
Geburtstag heuer gefeiert wird:<br />
Wie wahrscheinlich bekannt<br />
ist, war der große Dichter, der<br />
übrigens als Studienabbrecher<br />
bezeichnet werden kann, auch<br />
als Schulinspektor unterwegs –<br />
eine Aufgabe, die <strong>von</strong> ihm sehr<br />
ernst genommen wurde. Während<br />
seiner Amtszeit wurden<br />
die Landesschulbehörden aufgelöst,<br />
eine Überlegung, die in<br />
Varianten auch in jüngster Zeit<br />
immer wieder zur Diskussion<br />
steht. Die Aufsicht über Schulen<br />
und Lehrer wurde der Kirche<br />
übertragen. Das wäre doch<br />
auch für das 21. Jahrhundert<br />
ein Kosten sparendes Modell:<br />
Die Agenden des LSR f. Stmk.<br />
übernimmt das Benediktinerstift<br />
Admont (ora et labora!).<br />
Bischof Kapellari, als Präsident<br />
des LSR ein feinsinniger<br />
Bürokrat, und Kardinal Schönborn<br />
ist Schul-Minister in Wien<br />
und begnadeter Grabredner für<br />
verblichene Haltungen und<br />
Werte der österreichischen<br />
Schule.<br />
Qualitätsevaluierung<br />
am BG Rein – ein<br />
Nachtrag zu unserer<br />
Good-Practice-Serie.<br />
RENATE OSWALD<br />
I m<br />
6<br />
Nr. 169<br />
AUG./SEPT.<br />
2005<br />
Herbst des vergangenen<br />
Jahres einigten sich Schul-<br />
gemeinschaftsausschuss und<br />
Schulleitung darauf, eine<br />
Befindlichkeitsstudie unter<br />
SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen<br />
durchzuführen mit<br />
dem Ziel, das Schulprogramm<br />
des BG Rein zu evaluieren und<br />
authentische Rückmeldungen<br />
über die Befindlichkeit aller<br />
Schulpartner zu erhalten. Die<br />
Schulpartner hatten sich nämlich<br />
anlässlich der Annahme<br />
des Schulprogramms im Jahre<br />
2001 dazu verpflichtet, das neu<br />
entwickelte Programm und die<br />
damit verbundenen pädagogischen<br />
Maßnahmen in regelmäßigen<br />
Abständen auf ihre Tauglichkeit<br />
zu überprüfen. Außer –<br />
dem sollten durch eine derartige<br />
Befindlichkeitsstudie Probleme<br />
und Schwächen im<br />
Schulgeschehen geortet werden,<br />
um sie nach Möglichkeit<br />
zu verbessern.<br />
Es war ein Glücksfall für uns,<br />
dass sich Gerd Weingrill, selbst<br />
Absolvent des BG Rein und<br />
mittlerweile Statistiker und<br />
Inhaber einer Meinungsforschungsagentur,<br />
anbot, eine<br />
derartige Studie unentgeltlich<br />
zu betreuen. Dem SGA verblieb<br />
jetzt noch die Aufgabe, eine<br />
Arbeitsgruppe zu bilden, welche<br />
die Fragenkataloge, die den<br />
Schulen vom Unterrichtsministerium<br />
als Handreichung<br />
zur Selbstevaluation zur Verfügung<br />
gestellt werden, nach den<br />
eigenen Bedürfnissen umgestalten<br />
sollte. Dieser Arbeitsgruppe<br />
wurde bald klar, dass<br />
man einerseits nicht zu viele<br />
Dinge abfragen dürfe und<br />
andererseits nach Möglichkeit<br />
nur solche Bereiche erfassen<br />
sollte, deren Veränderung in<br />
der Kompetenz der Schule<br />
liegt. Gleichzeitig erschien es<br />
wichtig, allen Befragten neben<br />
konkreten Fragen mit einem<br />
Spektrum <strong>von</strong> vorgegebenen<br />
Antworten auch die Möglichkeit<br />
zu bieten, frei zu formulieren,<br />
was ihnen am Herzen liegt,<br />
die Anonymität der Befragten<br />
zu sichern und die eingegangenen<br />
Daten mit der notwendigen<br />
Diskretion zu handhaben. Um<br />
trotzdem konkrete Aussagen<br />
über Jahrgangsstufen und<br />
Klassenverbände zu erhalten,