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Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong><br />

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EDWIN ERNST WEBER<br />

Die Jungnauer Gemarkungskarte<br />

von 1731/ 1812<br />

Zur Bedeutung und historischem Kontext<br />

einer restaurierten Zimelie<br />

(.Fortsetzung und Schluss)<br />

Die innerdörflichen Verhältnisse<br />

Wie sehen nun aber die innerdörflichen Verhältnisse in Jungnau<br />

vor 250 Jahren aus? Das entlang der Laudiert um die beiden Burgen<br />

Schiltau und Jungnau gebaute Haufendorf zählt 1712 462 und<br />

1777 sodann 553 Einwohner und ist damit in der Herrschaft Jungnau<br />

nach Inneringen der bevölkerungsreichste Untertanenort.<br />

Wie allenthalben in der ländlichen Welt in Südwestdeutschland vor<br />

der Industrialisierung ist auch in Jungnau die dörfliche Gesellschaft<br />

zweigeteilt in etwa ein Drittel Grundbesitzender und vielfach<br />

wohlhabender Bauern und eine wachsende Mehrheit landarmer<br />

Kleinbesitzer und Habenichtse, die durch zusätzliche handwerkliche<br />

Betätigungen und Taglohnarbeiten ihre Familien durchzubringen<br />

versuchen. Allerdings scheinen in Jungnau auch die Dorfarmen<br />

dank eines verhältnismäßig umfangreichen Eigenanteils am<br />

dörflichen Grundbesitz sowie der erwähnten Landgarbfelder und<br />

Stockäcker im Unterschied zu anderen Gebieten Hohenzollerns<br />

und Oberschwabens immerhin eine bescheidene Bodenausstattung<br />

zu besitzen. Gleichwohl liegen auch im dörflichen Prestige<br />

und Ansehen Welten zwischen einem Großbauer wie Alois Danner<br />

(sein Hof und seine Felder sind in Karte und Steuerbuch mit „A"<br />

gekennzeichnet) mit drei Lehensgütern, Eigenbesitz, Landgarbund<br />

Stockfeldern von zusammen 86 Jauchert einerseits und einem<br />

Taglöhner wie Johann Georg Müller mit gerade einmal 9 Jauchert<br />

und der Buchstabenkennung „t" andererseits.<br />

Die soziale Differenzierung zwischen „oben" und „unten" im Dorf<br />

wird nicht nur an der Größe der Anwesen, der Spannfähigkeit und<br />

dem sog. „Viehausschlag", also der für die kommunalen Weiden<br />

zugelassenen Viehbestände, deutlich, sondern auch am Beholzungsrecht,<br />

d.h. dem Anrecht auf Brennholzbezug aus den herrschaftlichen<br />

Waldungen: Den 1786 insgesamt 26 Vollbauern im Ort<br />

gebühren dabei jährlich jeweils 7 Klafter, während die sieben<br />

Halbbauern nur 4,5 und die 63 Taglöhner gar nur 3,5 Klafter und<br />

damit gerade einmal die Hälfte des bäuerlichen Quantums beanspruchen<br />

können. Dörflicher Wohlstand äußert sich damit im Winter<br />

auch in einer wärmeren Stube.<br />

Nahezu die Hälfte der Jungnauer Familienväter vor 250 Jahren geht<br />

einer gewerblich-handwerklichen Haupt- oder Nebenbeschäftigung<br />

nach. Bei einer Erhebung durch die fürstenbergischen<br />

Behörden 1777 werden insgesamt 97 Familienväter im Dorf ermittelt:<br />

28 Bauern, 6 Halbbauern, 11 Viertelbauern und 52 Taglöhner.<br />

Gleichzeitig werden 48 Handwerker gezählt - nahezu ausschließlich<br />

Viertelsbauern und Taglöhner, die, wie erwähnt, zur<br />

Ernährung ihrer Familien einen Zusatzverdienst neben ihren landwirtschaftlichen<br />

Kleinstellen benötigen. Zumindest zeitweise bietet<br />

die Bohnerzgewinnung in Jungnau gewisse Verdienstmöglichkeiten,<br />

wobei allerdings der Absatz auf die fürstenbergische Hammerschmiede<br />

in Thiergarten und keineswegs an die „ausländische"<br />

Konkurrenz im hohenzollerischen Laucherthal festgelegt war. Das<br />

2<br />

Steuerbuch von 1786 führt eine „Erzwasch" in einem herrschaftlichen<br />

Garten unter dem „Bildhäusle", wohl an der Laudiert gelegen,<br />

auf.<br />

Ungeachtet aller obrigkeitlichen Reglementiersucht gerade auch<br />

im 18. Jahrhundert organisieren die südwestdeutschen Dorfgemeinden<br />

ihre inneren Angelegenheiten in einer noch immer weit<br />

reichenden Autonomie und mit eigenen Gremien und Amtsträgern.<br />

Die Bandbreite der kommunalen Zuständigkeit reicht von der genossenschaftlichen<br />

Organisation der Landwirtschaft und zumal der<br />

Viehhaltung über die Unterhaltung von Straßen und Brücken, den<br />

Hochwasser- und Feuerschutz bis zur Mitwirkung auf schulischem,<br />

sozialem und kirchlich-kultischem Gebiet. An der Spitze der Gemeinde<br />

steht mit einer in Südwestdeutschland weithin üblichen<br />

Doppelfunktion als herrschaftlicher Unterbeamter und zugleich<br />

kommunaler Repräsentant der Schultheiß. 1786 bekleidet dieses<br />

Spitzenamt der Bauer Joseph Grom, dessen Anwesen von immerhin<br />

90 Jauchert offenbart, dass politischer Einfluss in der „alten<br />

Zeit" stets etwas mit Besitz und Ansehen zu tun hatte. Wie das Steuerbuch<br />

von 1786 andeutet, dürfte sich die „Gemeindeverwaltung"<br />

vor 250 Jahren noch weitgehend nach Feierabend in den Wohnhäusern<br />

der Amtsträger oder auch im Wirtshaus abgespielt haben.<br />

Als einziger Gebäudebesitz der Gemeinde Jungnau wird 1786 ein<br />

Feuerspritzenhäusle vermerkt. Der weitere kommunale Besitz besteht<br />

in Äckern und Wiesen, Trieb- und Stockfeldern von zusammen<br />

immerhin 105 Jauchert, die allerdings zu einem großen Teil<br />

unter die Ortsbürger zur Nutzung verteilt sind.<br />

Geringfügig überarbeiteter Vortrag zur Eröffnung einer Ausstellung<br />

mit der restaurierten Karte am 26. November 2004 im Rathaus Sigmaringen-Jungnau.<br />

Quellen und Literatur:<br />

Jungnauer Gemarkungskarte von 1731/1812 (Gemeindearchiv<br />

Sigmaringen-Jungnau)<br />

„Charte von dem Ort Jungnau" o.D. (um 1810/30) (Gemeindear-<br />

chiv Sigmaringen-Jungnau)<br />

Steuerbuch von Jungnau von 1786, 3 Bände (Gemeindearchiv Sigmaringen-Jungnau)<br />

Archivpflegeakten Sigmaringen-Jungnau 2003/04 (Kreiskulturund<br />

Archivamt Sigmaringen, Dienstregistratur, Az. 044.30/Sigmaringen)<br />

Protokoll des Interviews mit Maria Kramer und Hermann Weck,<br />

Jungnau, v. 25.11. 2004 (Kreisarchiv Sigmaringen, Dienstregistratur,<br />

Az. 044.30/Sigmaringen)<br />

Thea Lahn: Studien zur Bevölkerungsgeschichte der Herrschaft Jungnau<br />

in fürstenbergischerZeit. In: ZHG Bd. 13 (1977), S. 9 - 78.<br />

Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen<br />

und Gemeinden. Bd. 7, Regierungsbezirk Tübingen. Hg. v. d.<br />

Landesarchivdirektion Baden-Württemberg. Stuttgart 1978.<br />

Elisabeth Rothmund: Zur Geschichte der Herrschaft Jungnau. Wiss.<br />

Zulassungsarbeit zur 1. Dienstprüfung für das Lehramt an Volksschulen.<br />

(PH Weingarten) 1965 (masch.-schr.).


Mitteilungen<br />

aus dem<br />

<strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

<strong>Geschichtsverein</strong><br />

Veranstaltungen im 2. Quartal 2006<br />

I. Mitgliederversammlung<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder des <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

<strong>Geschichtsverein</strong>s!<br />

Ich lade Sie hiermit recht herzlich zur Mitgliederversammlung<br />

am Dienstag, 23. Mai 2006, um 18.30 Uhr im Konstantin-Saal<br />

des „Museums" in Hechingen ein.<br />

Tagesordnung:<br />

1. Begrüßung, Nachrufe<br />

2. Tätigkeitsbericht des Vorsitzenden<br />

3. Tätigkeitsbericht des Schatzmeisters<br />

4. Rechnungsprüfungsbericht zum 31.12. 2005<br />

5. Anträge und Verschiedenes<br />

Anträge sind bis spätestens 16. Mai 2006 dem Sekretariat, Karlstraße<br />

3, 72488 Sigmaringen (Tel. 07571/101-580 oder 559)<br />

mitzuteilen.<br />

Im Anschluss an die Mitgliederversammlung findet um 20.15<br />

Uhr am gleichen Ort ein öffentlicher Vortrag statt. Es spricht<br />

DR. CASIMIR BUMILLER, BOLLSCHWEIL<br />

Historienmalerei als Feld der politischen Auseinandersetzung<br />

zwischen Württemberg und Hohenzollern.<br />

II. Führungen<br />

DR. OTTO H. BECKER, SIGMARINGEN<br />

Die Badewanne der Fürstin Amalie Zephyrine? Führung<br />

durch den Prinzenbau<br />

Dienstag, 11. April, um 18.30 Uhr. Treffpunkt am Haupteingang<br />

des Staatsarchivs Sigmaringen<br />

Teilnahme frei, Anmeldung nicht erforderlich<br />

Veranstaltung des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s mit<br />

dem Kulturforum des Landkreises Sigmaringen<br />

DR. CASIMIR BUMILLER, BOLLSCHWEIL<br />

Führung durch die Ausstellung „Adel im Wandel" im Prinzenbau<br />

(Staatsarchiv) und im Landeshaus in Sigmaringen (hierzu<br />

s. auch unten VI)<br />

Samstag, 13. Mai, um 15 Uhr, Treffpunkt Haupteingang des<br />

Prinzenbaus in Sigmaringen<br />

Eintritt 3 EUR pro Person über 14 Jahre, Anmeldung beim Sekretariat<br />

(Tel. 07571/580 oder 559) wegen beschränkter Teilnehmerzahl<br />

unbedingt erforderlich; Eintrittsgeld wird unmittelbar<br />

vor der Führung eingesammelt.<br />

DR. OTTO H. BECKER, SIGMARINGEN<br />

Sigmaringen und seine Fürstendenkmäler<br />

Mittwoch, 28. Juni, um 19 Uhr, Treffpunkt Landeshausplatz in<br />

Sigmaringen gegenüber dem Landeshaus<br />

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Teilnahme frei, Anmeldung nicht erforderlich<br />

Veranstaltung des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s mit<br />

dem Kulturforum des Landkreises Sigmaringen<br />

III. Vorträge<br />

UWE A. OSTER M.A., HECHINGEN<br />

Die Villa Eugenia und ihre Bewohner. Geschichte und Restaurierung<br />

einer fürstlichen Residenz<br />

Dienstag, 11.Juli, um 20.00 Uhr im <strong>Hohenzollerische</strong>n Landesmuseum<br />

in Hechingen<br />

s. auch oben I. öffentlicher Vortrag von Dr. Casimir Bumiller<br />

im Anschluss an die Mitgliederversammlung<br />

IV. In eigener Sache<br />

Bei der im Februar 2006 erfolgten Umstellung auf ein neues<br />

Vereins-Verwaltungsprogramm haben sich vereinzelt Schwierigkeiten<br />

ergeben. Sollten Sie Fehler in Ihrer Anschrift feststellen,<br />

bitten wir um eine entsprechende Mitteilung (07571/101-<br />

580 oder 559).<br />

V. Hinweise auf Ausstellungen in Hohenzollern<br />

1) Die Gesellschaft Oberschwaben für Geschichte und Kultur zeigt<br />

in der Zeit vom 13. Mai bis 29. Oktober im Prinzenbau (Staatsarchiv)<br />

und im Landeshaus in Sigmaringen die Ausstellung<br />

Adel im Wandel. 200Jahre Mediatisierung in Oberschwaben.<br />

Im Zeitalter Napoleons verloren bis auf Württemberg, Baden<br />

und Hohenzollern alle Adelshäuser im Südwesten ihre Souveränität.<br />

Die „Landesherren" wurden zu „Standesherren"<br />

zurückgestuft. Fortan waren sie nur noch eine Art privilegierter<br />

Staatsbürger. In der Sigmaringer Ausstellung werden die<br />

Folgen der napoleonischen Neuordnung im Südwesten für die<br />

verschiedenen Adelshäuser erstmals systematisch aufgearbeitet.<br />

Namhafte Familien stellen Exponate zur Verfügung, die vielfach<br />

zum ersten Mal öffentlich gezeigt werden. Die Schau geht<br />

dabei von der Situation des Adels im 18. Jahrhundert aus und<br />

zeigt, wie die einzelnen Familien auf die Herausforderung des<br />

Herrschaftsverlusts 1806, der Revolution 1848/49 und<br />

schließlich auf das Ende der Monarchie reagierten. Sie dokumentiert<br />

Selbstverständnis und Selbstbehauptung des oberschwäbischen<br />

Adels und der Fürsten von Hohenzollern in einer<br />

fortschreitenden bürgerlichen Welt und sucht Antworten<br />

auf die Frage, was das Leben adliger Familien bis heute prägt.<br />

Die Präsentation knüpft an die Säkularisierungsausstellung<br />

von Bad Schussenried im Jahr 2003 an.


Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag jeweils von<br />

10.00 - 17.00 Uhr, Donnerstag 10.00 - 20.00 Uhr.<br />

Eintritt: Eintrittskarte 5.- EUR, Lehrlinge/Schüler/Studenten<br />

3.50 EUR, Familienkarte 10.- EUR, Kinder bis 14 Jahre frei<br />

Gruppen ab 10 Personen 3 - EUR pro Person<br />

Regelmäßige Führungen: Donnerstag 18.00 Uhr, Sams-<br />

tag/Sonntag 11.00 Uhr und 15-00 Uhr; Sonderführungen (maximal<br />

25 Personen) 30 EUR, Kombi-Führungen Ausstellung<br />

und Fürst. Schloss 60 EUR.<br />

Katalog: 2 Bände, 25 EUR (Ausstellungspreis)<br />

Information: Staatsarchiv Sigmaringen (Prinzenbau), Karlstraße<br />

1/3, Landeshaus, Antonstraße 11, 72488 Sigmaringen;<br />

Tel.: 07571/101-564, Fax: 07571/101-552<br />

Info: adehmwandel.de<br />

www. adelimwandel. de<br />

2) Aus Anlass des 250-jährigen Jubiläums der Eröffnung der<br />

Kayserlichen Reichsposthalterey in Hechingen zeigen die Briefmarkenfreunde<br />

Hechingen unter der Schirmherrschaft von<br />

Herrn Bürgermeister Jürgen Weber im <strong>Hohenzollerische</strong>n Landesmuseum<br />

in Hechingen eine Ausstellung mit hochwertigen<br />

postgeschichtlichen Exponaten aus Hohenzollern.<br />

FRANZ-SEVERIN GÄßLER<br />

Die Allee in Sigmaringen -<br />

barocke Landschaftsinszenierung<br />

und fürstliches Herrschaftssymbol<br />

(Fortsetzung und Schluss)<br />

In welchem Jahr die Allee entstand, die in Sigmaringen<br />

als einzige ohne Beinamen blieb 18 , kann bislang nicht<br />

nachgewiesen werden. Doch läßt sich ihre Entstehung<br />

zeitlich eingrenzen. Auf dem mehrfach publizierten Ölbild<br />

des 18. Jahrhunderts, das die Stadt von Süden her,<br />

vom Josephsberg aus, zeigt, ist sie noch nicht zu erkennen".<br />

Diese Stadtansicht entstand nicht vor 1733, diejenige<br />

des Gegenstücks, die Sigmaringen vom Mühlberg<br />

aus, also von Norden her zeigt und auf der die Allee<br />

ebenfalls noch nicht dargestellt ist, nicht vor 1736;<br />

beide Bilder wurden jedoch vor 1844 auf die Leinwand<br />

gebracht 2 ". Das älteste überlieferte und bekannte Abbild<br />

der Allee finden wir in der Haigerlocher Schloßkirche.<br />

Auf der Nordseite des Langhauses steht oben, auf der<br />

Gebälkzone eines die Wand schmückenden Pilasters,<br />

die Figur des Fürsten Joseph Friedrich von Hohenzol-<br />

Abb. 10:<br />

Haigerlocher Schloßkirche, Sigmaringer Stadtansicht<br />

vom Josephsberg aus (um 1750); rechter Teil, der die<br />

zwischen Friedhof und Donau gelegene, mit jungen<br />

Bäumen bestandene Allee zeigt.<br />

Foto: F.-S. Gäßler, 2000.<br />

4<br />

Die Ausstellung ist vom 14. Mai bis 28. Mai 2006 im <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

Landesmuseum in Hechingen jeweils Dienstag bis<br />

Samstag 14.00 - 17.00 Uhr und sonntags von 10.00 - 17.00<br />

Uhr geöffnet.<br />

In Zusammenarbeit mit der Österreichischen Postverwaltung<br />

wird eine Briefmarke mit der Burg Hohenzollern aufgelegt.<br />

Weitere Informationen: Uwe Decker, Im Brühl 4, 72406 Bisingen,<br />

www.hohenzollern-ausstellung.de<br />

3) Die Abt. Staatsarchiv Sigmaringen des Landesarchivs Baden-<br />

Württemberg zeigt in der Zeit vom 25- März bis 18. Juni 2006<br />

im <strong>Hohenzollerische</strong>n Landesmuseum in Hechingen die Ausstellung<br />

Alte Pläne neu im Blick. Hohenzollern<br />

Plänen des 19• und 20. Jahrhunderts.<br />

in historischen<br />

Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 14.00 - 17.00 Uhr,<br />

Sonntag 10.00 - 17.00 Uhr.<br />

www.hzl-museum.de<br />

Info-Tel.: 07471/62 18 47<br />

gez. Dr. Otto Becker<br />

Vorsitzender


lern-Sigmaringen als Renovator der Haigerlocher Schloßkirche<br />

vor der Sigmaringer Stadtansicht. Diese gibt den Blick vom Jose-<br />

phsberg aus wieder und ist weitestgehend identisch mit dem oben<br />

genannten Ölbild (Abb. 10) 21 . Das Innere der Schloßkirche ließ<br />

Fürst Joseph Friedrich 1748-1752 umfassend umgestalten. Stuck,<br />

Fresken, Ölbilder und Nebenaltäre zeigen seither den Formenkanon<br />

des Rokoko 22 . Spätestens seit jener Zeit dürfte folglich die Allee<br />

existiert haben.<br />

Wie schon Schnell vermutete, wird die Allee also unter Fürst Joseph<br />

Friedrich entstanden sein, jenem Fürsten, der nicht nur Haigerloch<br />

zu einem barocken Kleinod werden ließ, sondern durch seinen<br />

Einfluß auch das barocke Gesicht der Stadt Sigmaringen prägte. In<br />

seiner Regierungszeit entstanden zahlreiche glanzvolle Projekte. In<br />

Sigmaringen soll unter ihm 1717 das untergegangene Jagdschlößchen<br />

Josephslust errichtet worden sein; 1724 ließ er dort den<br />

fürstlichen Marstall bauen und 1733 in Imnau den sogenannten<br />

Fürstenbau, um den Kurort zu stärken. Gleichsam wie in einem<br />

Rausch werden innerhalb der folgenden 25 Jahre ins Werk gesetzt:<br />

der westliche Teü des Sigmaringer Schlosses, der sogenannten<br />

Fürst-Josephs-Bau als Umbau (1736), ebenfalls dort die Josephskapelle<br />

als Umbau und mit neuer Ausstattung (1739), das Jagdschloß<br />

in Thalheim (1740), das Kaplanei-Haus in Haigerloch<br />

(1746), Bau und Ausstattung der Marienkapelle der Hedinger Kirche<br />

(1746-47), die 1840 abgetragene Friedhofskapelle in Sigmaringen<br />

(vor 1750) und ebenda die Neugestaltung des Schloßhofes<br />

(vor 1750); von 1748 bis 1752 verliert die Haigerlocher<br />

Schloßkirche ihren spätgotischen Raumeindruck und erfährt eine<br />

umfassende, glänzende Umgestaltung des Innenraums mit spannungsreichem<br />

Gegensatz von barocker Struktur und Rokoko-Ornament,<br />

logisch klarem Aufbau der Architekturglieder und den<br />

gleichsam tanzenden, sprühenden Rocaillen und geschweiften Architekturelementen.<br />

Zur selben Zeit soll dort auch das Haag-<br />

Schlößchen entstanden sein. Direkt im Anschluß an die Umgestaltung<br />

der Schloßkirche finanzierte Fürst Joseph Friedrich die Wallfahrtskirche<br />

St. Anna in Haigerloch, die herausragendste Raumschöpfung<br />

des 18. Jahrhunderts in Hohenzollern, die 1752 bis<br />

1755 nach Abbruch der spätgotischen Kapelle neu gebaut wird.<br />

Die Sigmaringer Stadtpfarrkirche, die in den beiden darauffolgenden<br />

Jahren entsteht, schließt diese bedeutende Periode ab 23 .<br />

Auf den Schmitt'schen Karten von Südwestdeutschland aus dem<br />

Jahr 1797 ist die von Sigmaringen nach Hedingen führende Allee<br />

neben der sich von Krauchenwies gegen den Tiergarten Josephslust<br />

erstreckende Allee und den beiden sich vom Brielhof gegen die<br />

Stadt und zur Fasanerie ziehenden Alleen in Hechingen, die einzige<br />

in Hohenzollern 24 . Auch außerhalb Hohenzollerns sind auf diesen<br />

Karten nur wenige Chausseen als Alleen wiedergegeben, wie beispielsweise<br />

die sich von Scheer nach Ennetach erstreckende, diejenigen<br />

in der Umgebung von Altshausen oder Buchau und die<br />

beim Kloster Salem. Die genannten Alleen stehen immer im räumlichen<br />

Zusammenhang mit den herrschaftlichen Residenzen oder,<br />

wie in Altshausen, mit dem Sitz des Landkomturs und in Salem mit<br />

der Abtei. Die Landschaft nicht nur durch Alleen, sondern durch<br />

Achsen kraftvoll zu gliedern, blieb im südwestdeutschen Raum<br />

weitestgehend auf die großen Residenzen Rastatt, Mannheim,<br />

Bruchsal und Luwigsburg und den mit diesen verbundenen Schlossanlagen<br />

beschränkt. Allein Hechingen mit dem Jagdschloß Lindich<br />

und der von diesem ausgehenden Achse zum Hohenzoller<br />

zeigt das axiale Verbinden zweier Bauanlagen miteinander 25 ; für<br />

Altshausen zeigt die Schmitt'sche Karte nur eine axial gerichtete Allee,<br />

die von der Schloßanlage aus gen Süden führt.<br />

5<br />

Zwar erstreckt sich die Sigmaringer Allee bis auf den südlichen Bereich<br />

schnurgerade in die Landschaft. Doch fehlt der axiale Bezug<br />

wie er bei Lindich, in Altshausen oder den großen Residenzen zu<br />

finden ist. Warum in Sigmaringen die Allee nicht auf einer der<br />

wichtigen Chausseen entsteht, von denen auch eine durch die Au,<br />

also durch fürstlichen Grundbesitz führt, sondern auf einem Feldweg,<br />

wurde nicht festgehalten. Doch könnten dafür mehrere<br />

Gründe ausschlaggebend gewesen sein: Ein Grund mag zunächst<br />

der fürstliche Grundbesitz in der Au gewesen sein, ein weiterer Hedingen<br />

mit dem Kloster und der Marienkapelle als geistlichem Anziehungspunkt.<br />

Zudem lag mit der Allee ein Weg von beträchtlicher<br />

Länge, beinahe eben gelegen und bequem zu beschreiten da, und<br />

nicht zuletzt stand die Allee im Talraum schon von weitem einsehbar<br />

und dominant vor weitestgehend baumlosem Hintergrund. Ob<br />

die Atlanten tatsächlich, wie auf der Aquatinta zu sehen, aufeinander<br />

ausgerichtet waren, oder, was die Schwellensituation als Zugang<br />

stärker hervorheben dürfte, dem Eintretenden gegenüber gestellt<br />

waren, bleibt ebenso offen wie die Frage ob und welche Rolle<br />

der mythologische Aspekt spielte.<br />

War vor der Pflanzung der Allee der Weg durch die Au nach Hedingen<br />

einer von vielen in der Umgebung des Zwergstädtchens, so<br />

wurde erstmals ein Weg nahe der Residenzstadt weithin erkennbar<br />

in der Vertikalen akzentuiert. In einer Landschaft, der es zu Beginn<br />

des 18. Jahrhunderts immer mehr an Bäumen mangelte, dürften<br />

die gereihten Bäume als Inszenierung gesehen werden. Zugleich<br />

aber wird deutlich, wer allein diese Inszenierung zu leisten vermochte:<br />

der Fürst. Mit der Allee wird nicht nur die Landschaft als<br />

regelmäßiges Element in typisch barocker Weise als domestizierte<br />

Natur inszeniert, sondern auch die Herrschaft über das Land in der<br />

Vertikalen ausgedrückt. Die Obelisken, getragen von den Atlanten,<br />

betonen Anfang und Ende der Allee, rahmen damit das landschaftliche<br />

Element und verstärken es. Und zugleich heben sie als vertikal<br />

gerichtete Elemente den Übergang hervor als Eingang in jenen<br />

herrschaftlichen Bereich, der zur damaligen Zeit als einziger in der<br />

Hitze des Sommers schattenspendende Kühle versprach und zum<br />

Lustwandeln einlud. Am Ende der Allee stehend besiegelten die Atlanten<br />

damit das Ende einer kultivierten Welt und zugleich das<br />

Ende des herrschaftlichen Bereichs. Die Allee ist damit nicht nur<br />

als barocke Landschaftsinszenierung zu verstehen, sondern symbolisiert<br />

auch Macht und Anspruch der fürstlichen Herrschaft.<br />

Anmerkungen<br />

18 Im Unterschied zu den übrigen Alleen in Sigmaringen, der<br />

Laizer oder der Jungnauer Allee beispielsweise, ist ihr Name<br />

auch in den Katasterplänen fixiert und zwar von Anbeginn an.<br />

Auf dem von Schnell um 1810 gefertigten „Occular-Grundriß<br />

der Residenzstadt Sigmaringen" wird die Allee dagegen als<br />

Hedinger Allee bezeichnet.<br />

19 Abb. bei Max Schefold (Hrsg.): Hohenzollern in alten Ansichten,<br />

Konstanz, Lindau, Stuttgart 1963, Abb. 83 und 84, S. 70f.,<br />

sowie bei Maren Kuhn-Refus, Werner Kuhn: Sigmaringen in<br />

alten Ansichten, Sigmaringen 1995, Abb. 17 und 18, S. 35f.<br />

20 Die Datierung der beiden Ölgemälde kann anhand von Gebäuden<br />

vorgenommen werden und relativ präzise auf den<br />

Zeitraum zwischen 1736 und 1744 eingegrenzt werden; aufgrund<br />

des Umfangs wird die Darlegung jedoch an anderer<br />

Stelle erfolgen.<br />

21 Vermutlich diente das Ölbild als Vorlage, doch zeigt das Haigerlocher<br />

Bildnis die Stadtansicht nicht nur im Bereich der Au<br />

mit der Allee, sondern auch in anderen Bereichen aktuali-


siert, wie z. B. dem Schloßhof, dem Friedhof und neu errichteten<br />

fürstlichen Wirtschaftsgebäuden in der Au.<br />

22 Darüber, wer die Stadtansichten und die Skulpturen der beiden<br />

Fürsten schuf, schweigt sich die Literatur bislang aus.<br />

23 Die Daten nach Walther Genzmer (Hrsg.), Die Kunstdenkmäler<br />

Hohenzollerns, Band 1, Kreis Hechingen, Hechingen<br />

1939, Band 2, Kreis Sigmaringen, Stuttgart 1948.<br />

OTTO H. BECKER<br />

Eine altehrwürdige<br />

Verwaltungseinrichtung im Wandel:<br />

Die Fürstliche Hofkammer<br />

Mit Wirkung zum 18. Januar 2006 wurde die Fürstlich Hohenzollernsche<br />

Hofkammer in Unternehmensgruppe Fürst von Hohenzollern<br />

umfirmiert. Die Verwaltungseinrichtung verlor somit ihre Bezeichnung,<br />

die sie seit ihrer Gründung vor mehr als 170 Jahren getragen<br />

hat. Dieser Umstand mag es rechtfertigen, die Geschichte dieser<br />

altehrwürdigen Institution hier in Kürze einmal aufzuzeigen.<br />

Gebildet wurde die Hofkammer mit Erlass vom 10. September mit<br />

Wirkung zum 1. November 1832 zur Verwaltung „sämtlicher Kammer-und<br />

Domänensachen", die zuvor von der Fürstlichen Landesregierung<br />

wahrgenommen wurde. Ihre Errichtung stand in einem<br />

engen Zusammenhang mit der am 11. Juli 1833 verkündeten Verfassung<br />

für das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen. Sie war<br />

eine Mittelbehörde und unterstand der 2. Abteilung der Geheimen<br />

Konferenz, die 1840 von der Obersten Domänendirektion abgelöst<br />

wurde. An die Stelle der Domänendirektion trat nach der Abtretung<br />

der Fürstentümer Hohenzollern 1850 die Geheime Kanzlei.<br />

Nach deren Aufhebung 1867 wurde die Hofkammer zur obersten<br />

und nur dem jeweiligen Fürsten von Hohenzollern (-Sigmaringen)<br />

unterstellte Behörde zur Verwaltung des Fürstlichen Domanialund<br />

Forstbesitzes eingesetzt.<br />

Im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen besaß die Hofkammer<br />

den Charakter einer öffentlichen Behörde. Nach der Abtretung der<br />

Souveränität an Preußen verlor die Hofkammer, der seit 1850 auch<br />

die Verwaltung des ehemaligen hohenzollern-hechingischen Hausfideikommisses<br />

oblag, den Behördenstatus. Mit Allerhöchstem Erlass<br />

vom 14. August 1852 wurde der Fürstlichen Hofkammer in<br />

den nunmehrigen Hohenzollernschen Landen und auch den Fürstlichen<br />

Behörden, welche das dortige Fürstliche Stammvermögen<br />

verwalteten, der Charakter öffentlicher Behörden im gleichen<br />

Maße zugesprochen wie der Hofkammer der Königlich Preußischen<br />

Familiengüter und deren Unterbehörden, eine Stellung, die<br />

mit Allerhöchstem Erlass vom 2. August 1875 auf den Bereich der<br />

gesamten preußischen Monarchie ausgedehnt wurde.<br />

Sitz der Fürstlichen Hofkammer war mit Ausnahme der Jahre von<br />

1931 bis 1935, in denen sie als Generalverwaltung des Fürsten von<br />

Hohenzollern in München tätig war, stets Sigmaringen, Daran hatte<br />

weder die Abwesenheit des Fürsten Karl Anton in der Zeit von 1850<br />

bis 1871 noch die Verlagerung des Schwerpunktes des Fürstlichen<br />

Besitzes nach Norddeutschland infolge der Erwerbungen in den<br />

preußischen Provinzen Brandenburg, Schlesien, Hinterpommern,<br />

Posen und Bayern in der 2. Hälfte des 19- Jahrhunderts etwas<br />

zu ändern vermocht.<br />

6<br />

24 Die von Schnell erwähnte Allee von Haigerloch zum Seehof ist<br />

auf der Schmitt'schen Karte nicht zu sehen.<br />

25 Zur axialen Gliederung der Landschaft im deutschen Südwesten<br />

vgl. Klaus Mertens: Die Residenzen, in: Volker Himmelein<br />

u.a.: Barock in Baden-Württemberg. Stuttgart 1981, S. 17-92,<br />

besonders S. 19, das Hechinger Beispiel betreffend.<br />

Die Hofkammer war freilich nicht für die Verwaltung des Fürstlichen<br />

Gesamtbesitzes insgesamt zuständig, sondern befand sich<br />

hierbei in Konkurrenz mit den Hofbehörden, denen vornehmlich<br />

die Verwaltung der Fürstlichen Schlösser, Palais, Landhäuser,<br />

Park- und Gartenanlagen in Sigmaringen und außerhalb sowie des<br />

Theater- und Museumsgebäudes und einzelner Immobilien in Sigmaringen<br />

samt deren Bauverwaltung unterstand. Auch die Fürstliche<br />

Bibliothek und Sammlungen sowie der Marstall unterstanden<br />

den jeweiligen Hofbehörden.<br />

Unbestritten zuständig war die Fürstliche Hofkammer hingegen für<br />

die Verwaltung des Fürstlichen Domänen- und Forstbesitzes mit<br />

Ausnahme der Verwaltung des Tiergartens (Wildpark Josefslust),<br />

die bis 1850 der Hofverwaltung unterstand. Die Hofkammer war<br />

vorgesetzte Behörde der Hofkammerkasse, des Revisorats, des Katasteramtes<br />

und des Haus-und Domänenarchivs, Institutionen, die<br />

als Attribute der Hofkammer bezeichnet wurden, und der Verwaltung<br />

der Domänen und Forste geschaffenen mittleren und unteren<br />

Verwaltungsbehörden in und außerhalb Hohenzollerns, deren<br />

Struktur und Zahl im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts starken<br />

Veränderungen unterlagen, sowie der Fürstlichen Unternehmen,<br />

einschließlich der Hüttenverwaltung Laucherthal.<br />

Wie wir aus den Dienstinstruktionen für die Domänendirektionen,<br />

Forstinspektionen, Rentämter und Forstverwaltungen (Forstämter,<br />

Oberförstereien, Revierverwaltungen) entnehmen können, wurden<br />

die nachgeordneten Behörden von der Hofkammer an sehr<br />

kurzen Zügeln geführt. Hierzu muss freilich bemerkt werden, dass<br />

die Stellung auf dem Willen des jeweiligen Fideikommissinhabers<br />

beruhte, der diese jederzeit verändern und auch widerrufen<br />

konnte. Den jeweiligen Chefs des Fürstlichen Hauses Hohenzollern<br />

stand und steht es frei, Angelegenheiten der Domanialverwaltung<br />

an sich zu nehmen und der Hofkammer und nunmehr auch der<br />

Unternehmensgruppe entsprechende Weisungen zu erteilen.<br />

Der Wegfall der Privilegien des Adels, die allgemeine wirtschaftliche<br />

Lage und die durch die Landreform in der Tschechoslowakei<br />

erzwungene Güterabtretungen nach dem Ersten Weltkrieg machten<br />

eine Straffung der sehr aufwändigen Verwaltung dringend notwendig.<br />

Das Reformwerk, das Fürst Friedrich von Hohenzollern in den<br />

Jahren 1928/29 durchführte, bestand vor allem in einer drastischen<br />

Reduzierung der Hofverwaltung zugunsten der Hofkammer.<br />

Letzterer wurde die gesamte Verwaltung der Fürstlichen Schlösser,<br />

der Landhäuser und der Hofjagden tibertragen. Andererseits<br />

wurde die Verwaltung der Unternehmen (Hüttenwerk Laucherthal)<br />

aus der Hofkammerverwaltung herausgelöst und als dritte Verwaltungseinheit<br />

innerhalb des Gesamtvermögens geschaffen.<br />

Der Verlust der noch verbliebenen Güter in Hinterpommern,<br />

Schlesien und in Brandenburg sowie in der Tschechoslowakei<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg führte zu einer weiteren Konzentration<br />

und Vereinfachung der Hofkammerverwaltung. So wurden<br />

1955 das Rentamt Sigmaringen, das in der Karlstraße 34 seinen


Sitz hatte, und das Revisorat aufgehoben und als Abteilungen der<br />

Hofkammer angegliedert. Bereits nach dem Kriegsende war die<br />

Hofkammer von ihren Dienstsitz im Gebäude Karlstraße 17, in dem<br />

heute das Amtsgericht untergebracht ist, in den Wilhelmsbau des<br />

Schlosses verlegt worden.<br />

1966 wurde die Hofverwaltung aufgelöst und ihre noch verbliebenen<br />

Kompetenzen als Schlossverwaltung der Fürstlichen Hofkammer<br />

unterstellt. Der Hofkammer unterstand ferner die Arbersesselbahn<br />

bzw. die Arberbergbahn in Bayerisch Eisenstein. Nach der<br />

Überführung des Fürstlichen Hüttenwerks Laucherthal in eine<br />

GmbH und Co. KG 1989 wurde die im alleinigen Besitz des Fürsten<br />

von Hohenzollern verbliebene Elektrozentrale der Hofkammer zugeordnet.<br />

1978 unterstellte die Fürstliche Verwaltung das Hausund<br />

Domänenarchiv unter Eigentumsvorbehalt der Verwaltung des<br />

Staatsarchivs. Die Archivalien wurden 1991 aus dem Fürstlichen<br />

Archivgebäude Karlstraße 32 in den damals bereits renovierten<br />

und sanierten Gebäudeteil Karlstraße 1 des Prinzenbaus verlagert.<br />

Die Hofkammer hatte zunächst eine kollegialische Verfassung. Das<br />

Kollegium bestand aus einem Präsidenten und aus fünf bis maximal<br />

zehn Hofkammerräten, von denen u.a. einer Justiziar, einer<br />

forsttechnischer Referent und einer Baureferent war. 1855 wurde<br />

neben der kollegialischen konkurrierend die büromäßige Geschäftsverteilung<br />

eingeführt. Der Präsident hatte seine Dienstwohnung<br />

im Hofkammergebäude; Dienstwohnungen für die Hofkammerräte<br />

befanden sich im Gebäude Karlstraße 36. Nach dem Ersten<br />

Weltkrieg erfolgte dann die Einführung der rein bürokratischen<br />

Verfassung. Der Präsident, der zuvor primus inter pares war,<br />

wurde allein verantwortlicher Vertreter der Hofkammer, dem die<br />

Hofkammerräte als Referenten und Zuarbeiter unterstanden. Damals<br />

verlor die Hofkammer endgültig auch ihren Behördencharakter.<br />

Die Zahl der Hofkammerräte ging analog zur Schrumpfung der<br />

Verwaltung insgesamt kontinuierlich zurück. In den 1950-er Jahren<br />

gab es nur noch den Justiziar und den Forstreferenten. Infolge<br />

der Ernennung von Dr. jur. Hansjörg Krezdorn zum Hofkammerpräsidenten<br />

am 1. Januar 1971 blieb der Leiter der Forstabteilung<br />

übrig. Nach der Pensionierung von Dr. Krezdorn 1987 wurde auch<br />

die Stelle des Hofkammerpräsidenten abgeschafft. Die Leitung der<br />

Hofkammer übernahm nunmehr der Generalbevollmächtigte Erb-<br />

HANS-DIETER LEHMANN<br />

Vermutungen über Anfang und Bedeutung<br />

der Wüstung Altendickingen<br />

Schon vor dem Bau der Schweizerstraße im 18. Jahrhundert lief im<br />

Albvorland eine wichtige Fernverbindung; sie ist aus alten Karten<br />

belegt. 1 Zwischen Ofterdingen und Bodelshausen lag daran beim<br />

heutigen Burgstallhof ein Weiler Altendickingen, der in den Urkunden<br />

auch als Altensickingen erscheint. 2 Wegen des Wechsels in<br />

der Namenform wurde diese im frühen 17. Jahrhundert wüstgefallene<br />

Siedlung mit Sickingen bei Hechingen in Verbindung gebracht.<br />

Neuerdings wurde sogar von einer alamannischen Vorläufersiedlung<br />

für Sickingen hier bei einer römischen Straßenstation<br />

gefaselt.'Jürgen Meyer hat aus dem Flurnamen „auf dem Stein" im<br />

Bereich des Burgstallhofes auf verschwundene römische Überreste<br />

7<br />

prinz Karl Friedrich von Hohenzollern, dem ein Leitender Forstdirektor<br />

und ein Verwaltungsdirektor zur Seite standen. Die Stellen<br />

des Verwaltungsdirektors und des Oberforstdirektors wurden in<br />

den Jahren 2001 und 2004 jedoch eingespart.<br />

Die Umbenennung der Hofkammer in „Unternehmensgruppe Fürst<br />

von Hohenzollern" ist infolge der Verschlankung dieser Verwaltung<br />

und dem Abbau untergeordneter Dienststellen, vor allem der<br />

Fürstlichen Forstämter Hechingen, Wald und Bayerisch Eisenstein<br />

verständlich. Die Bezeichnung „Hofkammer" suggerierte überdies<br />

einen Behördencharakter, den diese Verwaltung jedoch schon<br />

nach dem Ersten Weltkrieg verloren hatte. Von der ehemaligen<br />

Hofkammer wird in Zukunft jedoch mehr als nur ein Hauch Nostalgie<br />

übrig bleiben; man denke hier vor allem auch an den Bestand<br />

„Fürstlich Hohenzollernsche Hofkammer" im Depositum Fürstlich<br />

Hohenzollernsches Haus-und Domänenarchiv mit seinem bedeutenden<br />

Dokumentationsgut zur Geschichte des Fürsthchen Hauses<br />

und seines Besitzes in und außerhalb des Hohenzollernlandes.<br />

" 3wt • >0<br />

Verabschiedung von Hoßammerpräsident Dr. Rudolf Leven im<br />

Dezember 1970. In der Mitte Fürst Friedrich Wilhelm von Hohenzollern,<br />

rechts Dr. Leven und links Dr. Krezdorn<br />

Foto: Staatsarchiv Sigmaringen<br />

geschlossen unter Bezug auf Wolfgang Wille, der die Ofterdinger<br />

Flurnamen „auf dem Stein" und „Steinmäuerle" für sehr alt gehalten<br />

hat, wenn sie römische Ruinen bezeichnen sollten."<br />

Dies ist tatsächlich häufig der Fall, aber nicht immer läßt sich<br />

von n auf n+1 schließen. Den Konjunktiv und die Einschränkung<br />

bei Wille hat Meyer genauso übersehen wie die Tatsache, daß für<br />

den Fernweg im Albvorland im Bereich zwischen Steinlach und<br />

Starzel eine Römerstraße auszuschließen ist: sie wäre an Sumelocenna/Rottenburg,<br />

dem Vorort im Raum in römischer Zeit vorbeigegangen.<br />

5<br />

Mit dem Niedergang von Altendickingen hat sich Petra Garski-Hoffmann<br />

intensiv an Hand des Urkundenmaterials befasst. 6 Es geht<br />

zurück bis auf 1317: Damals trat bei einem Verkauf ein „Hainrich<br />

von Altendick, der zu Stein sitzt" als Bürge auf. Da sich diese Angabe<br />

wohl auf Altendickingen bezieht, bietet dessen Lage an einem<br />

mittelalterlichen Fernweg eine Begründung für den „ Stein", die


zur Erklärung keine Römer bemühen muß. Da ältere Quellenangaben<br />

als 1317 fehlen, hat sich Garski-Hoffmann nicht über die<br />

Anfänge von Altendickingen geäußert. Über diese und über die<br />

Bedeutung der Siedlung können somit nur Vermutungen angestellt<br />

werden, die sich aber von den oben erwähnten deutlich unterscheiden.<br />

Die Landesforschung hat heute akzeptiert, dass der Fernweg im<br />

Albvorland eine mittelalterliche Reichsstraße war - das Ofterdinger<br />

placitum vor 1133 und der Zusammentritt eines Gerichts „an des<br />

Reiches Straße" bei Hechingen. 1342 sind dafür klare Belege/Wie<br />

andernorts auch war das Regal des Geleits vom Herrscher an<br />

Große in diesem Raum verliehen worden: In klar abgegrenzten Abschnitten<br />

sicherten sie die Reisenden auf dieser Königsstraße und<br />

kassierten für diesen Schutz einen Zoll - eine gute Einnahmequelle.<br />

Ursprünglich dürfte das Geleitrecht auf dieser Straße an die Grafen<br />

von Tübingen und die von Zollern vergeben worden sein. 8 Diese<br />

beauftragten ihre Dienstmannen oder ihnen nahe stehenden Adel<br />

mit den zu erfüllenden Aufgaben. Hier kommen in späterer Zeit in<br />

Frage für Tübingen die Herter von Dußlingen und für Zollern-Hohenberg<br />

die in Bodelshausen ansässigen Freien von Ow. Nach Wilfried<br />

Schöntag hatten die Grafen von Hohenberg bei ihrer Abschichtung<br />

von ihren auf Hohenzollern sitzenden Verwandten um<br />

1179 alle vom Reich zu Lehen gehenden Rechte an sich gebracht,<br />

d.h. auch das nirgends erwähnte Geleitrecht. 9 Dieser Verlust der<br />

Einkünfte aus der unter ihrer Burg vorbeiführenden Straße dürfte<br />

eine der Ursachen für die erbitterten Auseinandersetzungen zwischen<br />

Zollern und Hohenberg im 13. Jahrhundert gewesen sein.<br />

Wo aber könnte die Grenze des Geleitrechts zwischen Tübingen<br />

und Hohenberg gelegen haben? Karl Weller hat gezeigt, daß diese<br />

Abgrenzungen exakt definiert waren - beispielsweise durch zu querende<br />

Wasserläufe oder durch Geleit-Steine. 10 Unter anderen führt<br />

er Geleitsteine bei Herrlingen auf der Ostalb auf, die dort mitten in<br />

der Lauter standen und das Ulmer vom Württembergischen Geleit<br />

schieden. Diese Kombination von Wasser und Stein legt die Vermutung<br />

nahe, daß auch bei Altendickingen eine frühe Geleitschutzgrenze<br />

bestanden haben könnte, und daß hier der Hohenbergische<br />

Beauftragte seines Amtes gewaltet hat. Der Burgstall -<br />

Rest einer im Albvorland eher ungewöhnlichen Wasserburg - liegt<br />

unmittelbar am Beuerbach, dem Oberlauf des Katzenbaches. Die<br />

Flurnamen „in Grenntzwiese" und „Grenntzäcker" auf einst Altendickinger,<br />

heute zu Bodelshausen gehörender Markung sind<br />

von der Gemarkungsgrenze allein kaum ableitbar." Der Flurnamen<br />

„auf dem Stein" ist bei Altendickingen sowohl auf Ofterdinger als<br />

auch auf Bodelshauser Boden belegt. 12<br />

1342 hatte Württemberg die Herrschaft Tübingen mit allen ihren<br />

Rechten gekauft und 1403 die Herrschaft Zollern-Schalksburg. Zuvor<br />

war 1381 die Grafschaft Hohenberg an Österreich gekommen.<br />

Württemberg war an sicheren Verbindungen zwischen seinen Neuerwerbungen<br />

im Steinlach- und Eyachtal über die zollerischen Territorien<br />

hinweg interessiert. Die einst in Hohenberger Diensten<br />

aufgetretenen Freien von Ow hatten 1409 Bodelshausen dem Grafen<br />

Eberhard von Württemberg zu Lehen aufgetragen, weil sie von<br />

Friedrich von Zollern, genannt der Öttinger, bedrängt wurden. Im<br />

15. Jahrhundert entfiel die Aufgabe von Altendickingen als Geleitschutz-Grenzstelle<br />

- spätestens als 1423 die Reichsstädte und Württemberg<br />

dem Treiben des Öttingers ein Ende gesetzt und die Burg<br />

Hohenzollern zerstört hatten. Dennoch wird noch viel später - an-<br />

8<br />

lässlich der Feststellung der Zugehörigkeit zum Gericht Mössingen<br />

im Lagerbuch der Kellerei Tübingen von 1558 - bei der Auflistung<br />

des Zubehörs von Alten Sickingen „das Geleit" an erster Stelle ge-<br />

nannt. 13<br />

Unter der Voraussetzung, daß die hier zur Diskussion gestellte Vermutung<br />

über die einstige Funktion von Altendickingen zutrifft,<br />

wäre für die Ansiedlung eine Entstehung im frühen 12. Jahrhundert<br />

anzusetzen. Eine Benennung seiner Bewohner nach einer Person<br />

durch Beifügung der Endsilbe -ingen wäre um diese Zeit wohl noch<br />

denkbar. Wenn 1369 ein „Belmblin von Altendiggingen" des „Siggins<br />

Hof" dort baute und sieben Jahre später eine „Adelheid von<br />

Siggingen" zu Unrecht Ansprüche darauf erhoben hat, werden die<br />

Art der Benennung und der Konsonantenwechsel im Namen verständlich.<br />

14 Mit Sicherheit aber ist Altendickingen/Altensickingen<br />

keine frühmittelalterliche Alamannensiedlung bei römischer<br />

Ruine.<br />

Anmerkungen<br />

1. Wolfgang Sannwald (Hrsg.): Schönbuch, Neckar, enge Gassen. Ortspläne<br />

und Landkarten aus vier Jahrhunderten. Gomaringen 1996.<br />

2. Petra Garski-Hoffinann: Die Wüstung Altenmdickingen. In: 850 Jahre Ofterdingen<br />

im Steinlachtal. Gerd Kittelberger (Hrsg.), Ofterdingen 2000, S..<br />

101 -104.<br />

3. Jürgen Meyer: Wer gründete Altensickingen? In: Im Schatten der Vergangenheit.<br />

Sagenumwobene Stätten zwischen Neckar und Alb. Reutlingen<br />

2004, S.. 99- 105, bes. S. 102.<br />

4. Wolfgang Wille: Siedlungen, Markung und Flurnamen (mit Flurnamenkatalog)<br />

. In: 850 Jahre Ofterdingen (wie Anm.2) S.29 - 78, bes. S.72f.<br />

5. Hans-Dieter Lehmann: Eine vergessene Reichsstraße Tübingen - Rottweil<br />

- Schaffhausen. ZHG 29 (1993) 11-70, bes. S. 17 mit älterer Literatur.<br />

Vgl. Die Geschichte von Bodelshausen Bd. 1, Wolfgang Sannwald (Hrsg.)<br />

2000, S. 17; selbst wenn Nachbarschaftsverbindungen zwischen römerzeitlichen<br />

Ansiedlungen schwer nachweisbar sind, ist von einer Römerstraße<br />

bei Altendickingen nichts vermerkt.<br />

6. wie Anm.2.<br />

7. Wolfgang Sannwald: „in placito quod erat Oftirdingen" - die Ersterwähnung<br />

des Ortsnamens. In: 850 Jahre Ofterdingen (wie Anm.2) S .79-83<br />

Friedrich Haug, Johann Adam Kraus (Hrsg): Urkunden des Dominikanerinnenklosters<br />

Stetten im Gnadental. Hohenzoll. Jahreshefte 15 (1955)<br />

Beilage S. 40.<br />

8. Auch die Grafen von Urach müßten nach gängiger Lehre hier genannt werden:<br />

Wilfried Schöntag (wie Anm. 9, S. 194 ff) hat für den Raum Hechingen<br />

uraltes Uracher Erbe angenommen, welches an die Zollern durch die<br />

Heirat der Tochter Udelhild des Grafen Egino II von Urach mit Friedrich I<br />

von Zollern gekommen sein soll. Gerhard Kittelberger hat diese Annahme<br />

auf das obere Steinlachtal ausdehnen wollen in: 850 Jahre Ofterdingen<br />

(wie Anm.2, S.87). Nach anderer Auffassung stammt die Erbschaft der<br />

Udelhild von ihrer Mutter Kunigunde, die aus einem bereits 1056 im<br />

Mannesstamm erloschenen Haus kam, auf welches auch die Gründung<br />

der Burg Hohonzollern zurückging. Vgl. Hans-Dieter Lehmann: Cuno dux<br />

Bauwarorum - als Zollernvorfahre in cognatischer Linie Vorbild für den<br />

obskuren „Herzog Tassilo von Zollern"? Zu den Herkunftsfabeln der Zollern:<br />

Jahrbuch für fränkische Landesforschung 62 (2002) 65-92.<br />

9. Wilfried Schöntag: Die Herrschaftsbildungen der Grafen von Zollern vom<br />

12. bis zur Mitte des lö.Jahrhunderts. ZIG 118 (1996), 167 -228, bes. 175<br />

und 189 f.<br />

10. Karl Weller: Die Reichsstraßen des Mittelalters im heutigen Württemberg.<br />

Württ. Vierteljahrshefte für Landesgeschichte 33 (1927), 1-43 bes. S.l4f.<br />

11. Garski-Hoffmann, wie Anm.2, S. 103.<br />

12. Wie Anm.4 und Ulrich Mehlhose: Bodelshausen im Wandel der Zeit II. Die<br />

Herren vom Burghof. Bodelshausen 1987, S. 161 ff.<br />

13. Die Geschichte von Bodelshausen Bd. 1, wie Anm. 5, S. 219.<br />

14. Ebenda, S. 216.


EDMUND BAUER<br />

Biographische Daten der Seelsorger<br />

von Hausen im Killertal<br />

(Fortsetzung)<br />

Die biographischen Daten der Pfarrer und Vikare werden in alphabetischer<br />

Reihenfolge veröffentlicht, wobei jeweils auf die beiden Listen<br />

hingewiesen wird. Die Liste der Pfarrer wurde in HH3/2005 S.<br />

46f. veröffentlicht, die Liste der Vikare in HH 4/2005 S. 58.<br />

Die Abkürzungen bedeuten: * = geboren, o. = ordiniert bzw. geweiht,<br />

+ = gestorben. In Klammern stehen die Quellennachweise<br />

in abgekürzter Form; deren Bedeutung wird im Anschluss dieser<br />

Fortsetzung erläutert.<br />

Ballach, Helmut [Liste Vikare Nr.35]<br />

aus Schorndorf, o. 7.6.64, + 27.12.2002<br />

Hausen i.K. 30.6. - 2.8.1964, Vikar in Urloffen - 4.4.1967,<br />

Schwetzingen 5.4.1967 - 9 1.1969, Heidelberg St. Raphael<br />

10.1.1969 - 23.9.1969, Heidelberg St. Vitus ab 4.9.1969, Kappel<br />

am Rhein bis 22.5.1971, Kappel / Dreisamtal 23.5.1971 - 1989,<br />

Mannheim - Sandhofen, St. Bartholomäus 1989 - 2002.<br />

(ABEF, PA 135, Vermerk in der Pfarrchronik)<br />

Barth, Karl [Liste Pfarrer Nr. 49]<br />

*27.10.1870 Meldungen, 0. 4.7.1895, + 18.5.1934 Bittelbronn<br />

Studium Eichstätt und Freiburg, Vikar Sigmaringen ab August -<br />

25.9.1895 und Hechingen ab 26.9.1895 - 22.12.1896, Jungingen<br />

23.12.1896 - 7.7.1897, Bisingen 8.7.1897 - 30.5.1899, Grosselfingen<br />

31.5. 1899 - 18.5.1900, Hausen i.K. 19.5.1900 -<br />

15.4.1910, Bittelbronn 16.4.1910- 1934.<br />

(PA, 1, 2/8028, 3/53, 6 /Bittelbronn 632, 10/97, 12, 13,/76f„<br />

16/I78f, HH 74/55, FDA 36/39, ABEF)<br />

Bayer, Fridolin [Liste Vikare Nr. 33]<br />

*26.1.1894 Ostrach, 0.18.6.1922, +15.4.1971 Habsthal<br />

Hausen i.K. 10.8.-Mitte September 1922, danach Vikar in Emmingen<br />

ab Egg bis 11.12.1922, Krankheitsurlaub bis 30.7.1923, Bettmaringen<br />

31.7.1923-19.10.1923, Krankheitsurlaub 20.10.1923-<br />

14.5.1924, Feldhausen 28.4.1924-25.2.1925, Hechingen<br />

26.2.1925-7.5.1928, Bad Imnau (Hausgeistlicher) 8.5.1928-<br />

13.7.1928, Lörrach 14.7.1928-24.4.1929, St. Trudpert (Spiritual<br />

im Kloster) 25.4.1929-11.3.1931, Pfarrer in Habsthal 12.3.1931-<br />

16.8.1934, St. Trudpert (Spiritual, dann Superior) 16.8.1934 -<br />

Anfang 1946, krank, Schloß Hohenstein bei Dietingen 24.12.1946-<br />

30.9.1947, Ruhestand in Ostrach, seit 1964 in Habsthal<br />

(FDA 77/403, PA 135)<br />

Bieger, Wendelin [Liste Pfarrer Nr.46]<br />

*4.7.1830 Hart, 0. 29.5.1858, + 2.4.1892<br />

Benzingen (Kaplaneiverweser) 31.1.1867 - 25.8.1869, Steinhilben<br />

ab 26.8.1869, Hausen i.K. 15.5.1875 - 1888, Bietenhausen<br />

1888 - 1892. (PA 1, 2/8088, 6/Bietenhausen 628, 16/144, FDA<br />

1900/244, ABEF)<br />

Birkle, Paul [Liste Vikare Nr. 29]<br />

*29.11.1888 Ostrach, 0. 5.7.1911, +13.10.1956 Ebnet<br />

Hausen i.K. August - November 1911, Vikar in Gruol November<br />

1911 - 19.7.1914, Sigmaringen 20.7.1914-18.10.1915, Kriegsdienst<br />

1914, Freiburg (Herz Jesu), 19.10.1915-1.8.1917, Kaplaneiverweser<br />

Benzingen 2.8.1917-15.11.1920, Straßberg<br />

16.11.1920-28.2.1925, Bisingen 1.3.1925-16.3.1937, Langenens-<br />

9<br />

lingen 17.3.1937-1940, Nazi-Haft 1940, Ordinariat Freiburg 1943,<br />

später Aushelfer in Freiburg (St. Urban), Ebnet 18.10.1946-<br />

13.10.1956. (2/8147,10/97, EDA 62/413, ABEF, PA 135)<br />

Blank, Leopold [Liste Vikare Nr. 11]<br />

aus Henggenbach (Neupriester der Diözese Rottenburg) 0.1859<br />

Hausen i.K. ab August 1859- (PA 135)<br />

Bölzlin, Valentin [Liste Pfarrer Nr. 17]<br />

von Ehingen, + 1637 oder 38 in Burladingen<br />

Kettenacker 1624-1626, Hausen i.K. 1626 - 1631, Burladingen<br />

1632 -1637/38. (1,4/Kettenacker 19,9/24, HH 77/43ff., PA 220)<br />

Brändle, Josef [Liste Vikare Nr. 24]<br />

*7.1.1880 Empfingen, 0. 5.7.1904, +8.10.1950 Rottenmünster<br />

zuvor Dettingen bei Haigerloch bis 20.10.1904, Stein bei Hechingen<br />

21.10.1904 - 26.7.1905, Trochtelfingen 27.7.1905 -<br />

I.5.1906, Hausen i.K. 2.5. -18.11.1906, Burladingen 19.11.1906<br />

- 10.5.1908, Kaplaneiverweser in Benzingen 11.5.1908 -<br />

25.7.1912, Sibratsweiler 26.7.1912 - 1945, Ruhestand ab 1945.<br />

(2/8191, FDA 51/256, PA 135)<br />

Bröchin, Josef Anton [Liste Pfarrer Nr. 35]<br />

*l685 Rheinfelden (Schweiz), + 14.10.1763 Owingen<br />

zuvor Minsein, Hausen i.K. 27.2.1737 - 1742, Owingen 1742-<br />

14.10.1763. (1/dort geschrieben Bröchlin, Joseph Anton, 8,<br />

16/84, HH 77/58, HH 97/llf., PA 220)<br />

Buolach, Matthäus [Liste Vikare Nr. 1 ]<br />

Aus Schlatt (Hohenzollern), 0. 21.12.1771<br />

Hausen i.K. 1771 (17/152, dort geschrieben Bulach, PA 220)<br />

Burkart, Viktor [Liste Vikare Nr. 28]<br />

*7.2.1984 Sigmaringen, 0. 6.7.1910, +29.12.1965 Sigmaringen<br />

Hausen i.K. 4.8. - 8.11.1910, Vikar in Gruol 9-11.1910 - November<br />

1911, Dettingen November 1911 - 25.3.1912, Vüsingen ab<br />

26.3.1912, Dettingen bis 12.10.1914, Inneringen ab 13.10.1914,<br />

Sigmaringendorf 8.8.1916 - 22.5.1917, Dettingen 23.5.1917 -<br />

14.5.1918, Haigerloch (Kaplanei) 15.5.1918 - 25.9.1920. Stein<br />

26.9.1920 - 23.5.1926, Einhart 24.5.1926 - 31.10.1956, Ruhestand<br />

in Sigmaringen . (2/8256, 6/Haigerloch 569, 6/Dettingen<br />

652,15/288, FDA 69/568, ABEF, PA 135)<br />

Bürkle, Theodor [Liste Vikare Nr. 32]<br />

*9.11.1888 Höfendorf, 0. 7.7.1914+ 29.1.1964 Tübingen<br />

Vikar Klosterwald bis 3-8.1915, Sigmaringendorf ab 4.8.1915, Dietershofen<br />

bis 2.5.1916, Hausen i.K. ab 3-5.1916, Bietingen bei<br />

Meßkirch bis 24.10.1916, Oberwinden 25-10.1916-17.10.1920,<br />

Oberhausen Dekanat Philippsburg 18.10.1920 - 11.8.1925, Bingen/Hohenzollern<br />

(Kaplaneiverweser) 12.8.1925 - 27.11.1926,<br />

Veringenstadt 28.11.1926 - 14.8.1938, Heiligenzimmern<br />

15.8.1938 - 31.3.1959, Ruhestand 1.4.1959<br />

(2/8258- 8259, EDA 69/544, PA 135)<br />

Diewald, Max [Liste Pfarrer Nr. 52]<br />

*1.1.1907 Schönau, 0.15.3.1931, + 13.5.1989 Bühl<br />

Vikar Rickenbach 15.4.1931-31.5.1933, Istein 1.6.1933-<br />

13.9.1933, Gaggenau 14.9.1933-21.4.1937, Neustadt 22.4.1937-<br />

II.4.1939, Freiburg (Hl. Familie) 12.4.1939-14.5.1940, Hausen<br />

i.K. 15.5.1940 - 21.11.1951, Önsbach 22.11.1951-18.11.1961,<br />

Liel 19.11.1961 - 9.2.1962, Heiligenzell 10.2.1962-5.12.1973,<br />

Ruhestand. (PA, 1, FDA 91/350, ABEF)<br />

Ehris, Johannes [Liste Pfarrer Nr. 13]<br />

Hausen i.K. 1602. (1)


Elsässer bzw. Elsesser, Sebastian [Liste Pfarrer Nr. 23]<br />

Aus Sigmaringen, o. 8.4.1651<br />

Melchingen ab 24.8.1652, Hausen i.K. 18.9.1653 - 1657<br />

(1,3/23,13/92,17/149 (dortjoh. Sebastian), HH 74/55, PA220)<br />

Ettern bzw. Etterlin, Oetterle, vonJohann Andreas Eberhard Josef<br />

[Liste Pfarrer Nr. 34] Hausen i.K. 26.1.1730 - Februar 1737.<br />

(1, PA 220)<br />

Faider, Alexius [Liste Pfarrer Nr. 7]<br />

Hausen i.K. 1559f. (1)<br />

Faiß, Paul Franz [Liste Pfarrer Nr. 48]<br />

•28.9.1863Rottenburg,0.21.6.1887,+ 1.1.1946 HausenamAndelsbach.<br />

Vikar in Göggingen ab 30.6.1887, Sigmaringen ab<br />

19.12.1888, Empfingen 13.11.1890 - 16.3.1891, Hausen i.K.<br />

17.3.1891 - 18.5.1900, Hausen am Andelsbach 1900-1.1.1946<br />

(PA, 1, 2/8422,6/Empfingen 693, FDA 51/193, ABEF)<br />

Fecht, Franz Xaver [Liste Vikare Nr. 19 und Liste Pfarrer Nr. 45]<br />

»21.10.1842 Krauchenwies, o. 1869, + 23.4.1909<br />

Veringenstadt September 1869 - 18.5.1870, Langenenslingen<br />

19.5.-31.8.1870, Hausen i.K. (Vikar) 1.9.-14.12.1870, Weilheim<br />

15.12.1870 - 4.9.1872, Hausen i.K. (Pfarrer) 5-9.1872 -<br />

26.3.1875, Steinhilben ab 27-3-1875, Jungnau ab 1875-1884,<br />

Strassberg 1884-1886, Mindersdorf 1886-188, Owingen 1888-<br />

1905, Dekan des Landkapitels Hechingen, Inneringen 1905 -<br />

1909- (PA, 1, 2/8442, 8, HH77/58 (dort * am 11.10.), HH 78/61,<br />

HH 83/47, HH 97/1 lf., FDA f 1/46, ABEF)<br />

Ferber, Hieronymus [Liste Pfarrer Nr. 38]<br />

*5-9-1742, aus Hechingen, 0.17.12.1768<br />

Wilflingen, Hausen i.K. 26.11.1790 -Januar 1802<br />

(1,17/152 (dort Hieronymus Viktor), 18/278)<br />

Fischer, Johann Martin [Liste Pfarrer Nr. 32]<br />

Hausen i.K. 9-3-1703 - Juli 1708, Stadtpfarrer von Hechingen<br />

15-8.1708 - 20.7.1740, Dekan und Kanoniker.<br />

(1,2/6377,11, PA 220)<br />

Fischer, Otto [Liste Vikare Nr. 13]<br />

*13-9-1839 Iserlohn, 0.9-8.1863 in Mainz, + 7.8.1889 Fischingen<br />

Hausen i.K. 1863, Hechingen (Kooperator) November 1863 -<br />

23.8.1865, Weilheim 24.8.1865 -6.9.1867, Dettingen/Hohenzollern<br />

7.9-1867 - Juni 1869, Jungingen Juli 1869 - Sept. 1886,<br />

Fischingen 1886 - 1889.<br />

(1, 2/8464, 3/46, 6/Dettingen 652,6/Fischingen 699,16/140, HH<br />

74/55, HH 83/46f. (dort Jungingen 1868 und Sterbejahr 1898),<br />

FDA 1900/229, ABEF)<br />

Frank, von (Fürstenwerth), Otto [Liste Vikare Nr. 15]<br />

*11.10.1837 Hechingen, + 14.1.1922 Zizers (Schweiz)<br />

Hausen i.K. ab Oktober 1864, Trochtelfingen bis 20.6.1865, Haigerloch<br />

(Oberstadtkaplaneiverweser) 21.6.-23.8.1865, Bisingen<br />

ab 24.8.1865 -1867, Bietenhausen 1870-1886, Straßberg 1886<br />

- 30.9.1915, Zizers bei Chur (Schweiz) 1915 - 30.9.1817, Ruhestand.<br />

(2/8485-86, 6/Haigerloch 568, 6/Bietenhausen 628,<br />

10/97,15/288, FDA 26/22, ABEF) (Fortsetzung folgt)<br />

Erläuterung der Quellennachweise, die am Ende der jeweiligen<br />

Biographie in Klammern aufgeführt sind:<br />

PA: Pfarrarchiv (Pfarrchronik und gesammelte Unterlagen). Die<br />

Nummer gibt den Aktenband an.<br />

10<br />

Ziffern der Sekundärliteratur<br />

Die Ziffer 1 im Quellennachweis verweist auf den Titel 1 von Johann<br />

Adam Kraus und die Seitenzahl der Fundstelle, die 2 auf die<br />

Bibliographie der <strong>Hohenzollerische</strong>n Geschichte von Bernhardt<br />

und Seigel und die Nummer der Publikation, die 3 auf das <strong>Heimat</strong>buch<br />

Jungingen und die Seitenzahl der Fundstelle, etc.<br />

1 Johann Adam Kraus, Die Seelsorger von Hausen i.K., <strong>Hohenzollerische</strong><br />

Zeitung 1966 Nr. 261.<br />

2 Bernhardt, Walter und Seigel, Rudolf, Bibliographie der <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

Geschichte, Arbeiten zur Landeskunde Hohenzollern<br />

Band 12, herausgegeben von der Landeskundlichen<br />

Forschungsstelle Hohenzollern der Kommission für geschichtliche<br />

Landeskunde in Baden-Württemberg, Jan Thorbecke<br />

Verlag Sigmaringen 1975.<br />

3 <strong>Heimat</strong>buch Jungingen, herausgegeben zur 900-Jahr-Feier im<br />

Jahr 1976 von der Gemeinde Jungingen, dort S. 157-161.<br />

4 Burkarth, Herbert, Geschichte der Herrschaft Gammertingen<br />

- Hettingen, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, dort S.<br />

185-196. Bei der Quellenangabe folgt nach der 4 der Ort und<br />

die Seitenzahl.<br />

5 1200 Jahre Rangendingen - <strong>Heimat</strong>buch herausgegeben von<br />

der Gemeinde Rangendingen anläßlich der 1200-Jahr-Feier im<br />

Jahr 1995, dort S. 381f.<br />

6 Franz Xaver Hodler, Geschichte des Oberamts Haigerloch, im<br />

Auftrag des Kreisausschusses Hechingen herausgegeben von<br />

Dr. Nikolaus Müller im Selbstverlag des Kreisausschusses Hechingen<br />

1928, Reprintausgabe 1985 im Eigenverlag des Zollernalbkreises<br />

und der Stadt Haigerloch, bei den Namen verzeichnet<br />

als Nr. 6 (+ Ort + Seite)<br />

7 900 Jahre Gruol, herausgegeben von der Ortschaftsverwaltung<br />

Gruol 1994.<br />

8 Owingen, Geschichte und Geschichten unserer Gemeinde,<br />

herausgegeben von der Gemeinde Owingen zur 900-Jahr-Feier<br />

1993, dort S.180f.<br />

9 Speidel, August, Burladinger <strong>Heimat</strong>buch, herausgegeben von<br />

der Gemeinde Burladingen 1958, dortS. 150-155.<br />

10 <strong>Heimat</strong>buch der Gemeinde Bisingen - Steinhofen, herausgegeben<br />

vom <strong>Heimat</strong>verein Bisingen - Steinhofen 1953, Unveränderter<br />

Nachdruck 1986.<br />

11 Egler, Ludwig, Chronik der Stadt Hechingen Band I, im Selbstverlag<br />

der Stadt Hechingen 1980, dort S. 349/50.<br />

12 Grosselfingen, Ein Rundgang durch die Geschichte der Gemeinde,<br />

1296 - 1996, herausgegeben von der Gemeindeverwaltung<br />

Grosselfingen 1996, dort S. 311.<br />

13 1200 Jahre Melchingen, Melchinger <strong>Heimat</strong>buch, im Auftrag<br />

der Gemeinde Melchingen anläßlich ihrer 1200-Jahrfeier herausgegeben<br />

von Egon Viesel, Engelbert Hipp und Thomas Faigle<br />

1972.<br />

14 Hiegl, P. Notker, Unterm Schutz der Mutter vom Guten Rath,<br />

Chronicon der Pfarrei Berenthal, herausgegeben von P. Notker<br />

Hiegl OSB, Erzabtei Beuron, ohne Jahr, frühestens 1987, Pfarrei<br />

Bärenthal.<br />

15 Steim, Karl Werner, Haigerloch in preußischer Zeit, herausgegeben<br />

von der Stadt Haigerloch 1994, dort S. 286-288.<br />

16 Das Totengedenkbuch des Landkapitels Haigerloch 1384 -<br />

1961, herausgegeben von Andreas Zekorn, Documenta Suevica<br />

Quellen zur Regionalgeschichte zwischen Schwarzwald,<br />

Alb und Bodensee Band 3, Edition Isele 2004.<br />

17 Kraus, Johann Adam, <strong>Hohenzollerische</strong> Neupriester aus den<br />

Konstanzer Weihelisten 1601 - 1656 und 1726 - 1777, <strong>Hohenzollerische</strong><br />

Jahreshefte 1958 S. 144 - 152.<br />

18 Bumiller, Casimir, Wilflingen Ein Geschichts- und <strong>Heimat</strong>buch,<br />

Geiger-Verlag Horb am Neckar 1994.


HH: <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>, herausgegeben vom <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

<strong>Geschichtsverein</strong>. Aufgeführt sind hier sämtliche mir<br />

vorüegende Aufstellungen, die Angabe erfolgt bei den jeweiligen<br />

Namen mit HH (+ Jahr/Seitenzahl) - derzeitiges Ende<br />

bei Heft 4/2005. Diese Aufstellungen in der HH stammen alle<br />

von Johann Adam Kraus: Die Seelsorger von Jungingen (Junginger<br />

Pfarrliste), 1974, S. 55<br />

Die Seelsorger von Boll (Zell) am Zoller, 1976, S. 19/20<br />

Die Seelsorger von Kettenacker, 1977, S. 43-45<br />

Die Seelsorger von Owingen, 1977, S. 55-58<br />

Die Seelsorger von Thanheim, 1. Teil 1978, S. 32<br />

Die Seelsorger von Thanheim, 2. Teil, 1978, S. 47/48<br />

Die Seelsorger von Inneringen, 1978, S. 60/61<br />

Die Seelsorger von Weilheim (b. Hech.), 1. Teil, 1983, S. 29<br />

- ohne Namen<br />

Rangendinger Seelsorger (Fortsetzung), 1983, S. 29/30<br />

Die Seelsorger von Weilheim (b. Hech.), 2. Teil, 1983, S. 45-47<br />

Aus den Visitationsakten des ehemaligen Kapitels Trochtelfingen<br />

1574 - 1709, 1994, S. 45/46 und S. 60/62, 1995,<br />

S. 13/15, S. 47, S. 58/59,1996, S. 30/31, S. 46/47, S. 61/62,<br />

1997, S. 12/13<br />

Die Seelsorger von Owingen, 1. Teil, 1996, S. 60/61<br />

Die Seelsorger von Owingen, 2. Teil, 1997 S. U/12<br />

Die Seelsorger von Harthausen a. d. Scher, 1998, S. 49/50 -<br />

Fehlanzeige<br />

FDA: Freiburger Diözesan-Archiv, Zeitschrift des Kirchengeschichtlichen<br />

Vereins für Geschichte, christliche Kunst, Altertums-<br />

und Literaturkunde des Erzbistums Freiburg mit<br />

Berücksichtigung der angrenzenden Bistümer, Verlag Herder<br />

Freiburg, die Angabe erfolgt bei den jeweiligen Namen mit<br />

FDA (+ Jahr/Seitenzahl). Aus dem FDA wurden ausgewertet:<br />

Necrologium Friburgense, Verzeichnis der verstorbenen<br />

Priester der Erzdiözese Freiburg 1883 - 2003<br />

Kraus, Johann Adam, Aus den Visitationsakten des ehemaligen<br />

Kapitels Trochtelfingen 1574 -1709,1954, S. 145 -181<br />

Die Annaten-Register des Bistums Konstanz aus dem 15.<br />

Jahrhundert, bearbeitet von Manfred Krebs, 1956, S. 1 - 467<br />

Krebs, Manfred, Die Investiturprotokolle der Diözese Konstanz<br />

aus dem 15. Jahrhundert, 1938 Anhang S. 1 - 104,<br />

1940 Anhang S. 105 - 264,1941 Anhang S. 265 - 424,1950<br />

Anhang S. 425 - 546, 1951 Anhang S. 547 - 642,1952 Anhang<br />

643 - 786,1953 Anhang S. 787 - 1047,1954 Anhang<br />

S. 1 - 160 Verzeichnis der Orts- und Personennamen (Angabe<br />

erfolgt mit dem Zusatz A bei der Seitenzahl)<br />

ABEF: Anzeigeblatt/Amtsblatt für die Erzdiözese Freiburg laut gesonderter<br />

Aufstellung; hier wurden Daten erhoben, soweit<br />

sich diese nicht aus dem Necrologium Friburgense (siehe<br />

oben) feststellen ließen.<br />

PS: Personalschematismus der Erzdiözese Freiburg 2002,<br />

Angabe mit PS 2002<br />

Register 2005<br />

Bande, Franz Xaver, eine persönliche Erinnerung S. 6l<br />

Beuron, Zur Örtlichkeit des ersten Klosters Beuron<br />

Bisingen, Vor 60 Jahren - Zeitzeugen erinnern sich.<br />

Der 22. Februar 1945 - Ein grausamer unvergesslicher<br />

S. 25<br />

Tag in der Geschichte Bisingens<br />

Bücheler, Heinrich, Ein „homme de lettre":<br />

S. 7<br />

Zum Tod von Heinrich Bücheler S. 52<br />

Grünewald, Cyriakus, Dem Andenken an Cyriakus Grunewald S. 28<br />

11<br />

Haigerloch, Die letzten Kriegstage im Haigerlocher Raum<br />

April/Mai 1945 S. 1<br />

Haigerloch, Die letzten Kriegstage in weiteren<br />

Ortschaften im Umkreis von Haigerloch S. 41<br />

Hausen im Killertal, Die Seelsorger von Hausen<br />

im Killertal ab 1488 S. 46<br />

Hausen im Killertal, Die Liste der Vikare in Hausen<br />

im Killertal S. 58<br />

Hechingen, 25 Jahre „Initiative Hechinger Synagoge e.V.,<br />

Teil 2 und Schluss S. 13<br />

Hechingen, Der Besitz des Reichsklosters<br />

Sankt Gallen in Hechingen, Teil 1 S. 29<br />

Hechingen, Der Besitz des Reichsklosters Sankt Gallen in<br />

Hechingen, Teil 2 und Schluss S. 37<br />

<strong>Hohenzollerische</strong>r <strong>Geschichtsverein</strong>,<br />

Mitgliederversammlung S. 18<br />

Jungnau, Die Jungnauer Gemarkungskarte von 1731/1812.<br />

Zur Bedeutung und historischem Kontext einer restaurierten<br />

Zimelie, Teil 1 S. 49<br />

Lehmann, Michael, ein vergessener Kulturschaffender und<br />

Kulturkämpfer Hohenzollerns, Teil 1 S. 59<br />

Lutz, Anton, Ein Mann mit Eigensinn: Zum Tod des Pädagogen,<br />

Politikers und <strong>Heimat</strong>forschers Anton Lutz S. 26<br />

Neufra, Zur Hochbergkapelle in Neufra: Bauzeit<br />

- Einweihung - Altäre S. 22<br />

Owingen, Die Romanische Weiler Kirche von Owingen,<br />

Teil 1 S. 17<br />

Owingen, Die Romanische Weiler Kirche von Owingen,<br />

Teil 2 S. 44<br />

Trochtelfingen, Steinzeitjäger in Trochtelfingen S. 20<br />

Sigmaringen, Das Kriegsende in Sigmaringen 1945 S. 11<br />

Sigmaringen, Das kurze Gastspiel der Reiterstaffel.<br />

Erinnerungen an die letzten Kriegsmonate S. 12<br />

Sigmaringen, Die Allee in Sigmaringen - barocke Landschaftsinszenierung<br />

und fürstliches Herrschaftssymbol, Teil 1 S. 33<br />

Sigmaringen, Die Allee in Sigmaringen - barocke Landschaftsinszenierung<br />

undfürstliches Herrschaftssymbol, Teil 2 S. 54<br />

Sigmaringen, Als über dem Prinzenbau<br />

die rote Fahne wehte S. 56<br />

Ziegler, Jerg, Der Rottenburger Maler Jerg Ziegler S. 40<br />

Buchbesprechungen<br />

Baukunst im deutschen Südwesten S. 47<br />

Damals im schwäbischen Killertal S. 62<br />

Das besondere Liederbuch S. 32<br />

Das Vespertäschle S. 31<br />

Der Heilige Fidelis, in: Helvetia Franciscana Bd. 34 H 1 S. 63<br />

Fidelis von Sigmaringen S. 15<br />

<strong>Heimat</strong>freund S. 14<br />

"Hennadäpper" - jetzt auch als Hörbuch<br />

Herbertingen, <strong>Heimat</strong>buch Herbertingen,<br />

S. 31<br />

Geschichte, Landschaft, Menschen S. 47<br />

Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott S. 31<br />

Isingen 1950 - ein schwäbisches Dorf S. 62<br />

Mit der Reichsbahn ins Blaue<br />

Napf, Karl, Quergedacht. Vordersinniges<br />

S. 48<br />

hintersinnig betrachtet S. 31<br />

Owingen, Die romanische Weiler Kirche von Owingen S. 15<br />

Reutlinger und Uracher Alb S. 47<br />

Schlösserreise Baden-Württemberg S. 63


ANNALIES KELLER/ PAUL BOSSENMAIER<br />

Die romanische Weiler Kirche<br />

von Owingen<br />

(Fortsetzung und Schluss)<br />

1. Der Innenraum<br />

Leider wird immer wieder fälschlich behauptet, der Kirchen-Patron<br />

der Weiler Kirche sei das Heilige Kreuz. Dagegen geht aus alten<br />

Urkunden einwandfrei hervor, dass der Titel des Heiligen Kreuzes<br />

einst einer kleinen Kapelle in Unterowingen, dem heutigen<br />

Owingen, zukam. Diese war aber um 1660 schon abgegangen und<br />

die Einkünfte naturgemäß mit der Heiligenpflege der damaligen<br />

Pfarrkirche im Weiler, später Oberowingen, vereinigt.<br />

Die Weiler Kirche selbst ist ohne Zweifel zu allen Zeiten dem heiligen<br />

Ritter Georg geweiht. Noch das zollerische Lagerbuch von<br />

Berthold Hagen 1544 nennt St. Georg als den Patron der Pfarrkirche,<br />

dagegen das Heilige Kreuz erwähnt es zu Unterowingen. Herr<br />

Pfarrer Josef Riegger, von 1919 -1960 Pfarrer zu Owingen, hat aus<br />

dem Taufbuch von 1790 folgende Erklärung entnommen: Beachte,<br />

dass in der oberen Kirche im Weiler, jetzt Filialkirche, vorher aber<br />

Pfarrkirche, folgende geweihte Altäre bestehen: höchster Patron ist<br />

der heilige Märtyrer Georg. Die Kirchweih wird am Sonntag nach<br />

Georgenfest gefeiert. Der Hochaltar ist geweiht zur Ehre der seligsten<br />

Jungfrau Maria und dem heiligen Georg, Johannes Evangelist<br />

und Konrad, der rechte Seitenaltar zur Ehre des heiligen Kreuzes<br />

und der heiligen Sebastian und Barbara. Der linke Seitenaltar ist<br />

konsekriert zur Ehre der heiligen Katharina, Joseph und Antonius<br />

von Padua. Im Laufe der Jahrhunderte erlebt die Innengestaltung<br />

mehrere Veränderungen. Die sehr eindrucksvolle Gestaltung des<br />

Chores mit Hochaltar und den beiden Seitenaltären um 1950 musste<br />

nach einem Diebstahl umgestaltet werden.<br />

Bild 1: Innengestaltung um 1950. Foto: Paul Bossenmaier, Owingen.<br />

Entwendet wurden die Statuen Madonna und Johannes unter dem<br />

Kreuz über dem Hochaltar, die Pieta neben dem linken Seitenaltar<br />

und sämtliche holzgeschnitzten Kerzenhalter. Die wertvollen Holzplastiken,<br />

Gruppe der weinenden Frauen und kreuztragender Jesus<br />

(Mitte 15 . Jahrhundert von einem Rottenburger Meister) wurden<br />

aus Sicherheitsgründen in die Neue Owinger Pfarrkirche gebracht.<br />

Nach dem Entscheid des Denkmalamtes wurde der Innenraum,<br />

wie er sich jetzt darstellt, folgendermaßen gestaltet: Das<br />

fünfteilige Altarbild, das einzige sakrale Werk des Malers Edmund<br />

Stierle, Stuttgart, 1924 - 1925, das er selbst „Das Erlösungswerk"<br />

bezeichnete, wurde über dem Hochaltar angebracht.<br />

Bild 2: Innengestaltung2004. Foto: Paul Bossenmaier, Owingen.<br />

Der Maler zeigt im Bild über der Kreuzigung Jesu den Entschluss<br />

Gottvaters, das Erlösungswerk zu vollziehen. Links vom Kreuzigungsbild<br />

bringt Gottvater seinen Sohn auf die Erde. Die Kreuzigung<br />

stellt Jesus als Sieger und als den gekrönten König dar. Die<br />

Auferstehung rechts lässt Jesus aus dem Grab in die Herrlichkeit<br />

des Vaters entschweben. Das Bild unterhalb der Kreuzigung zeigt<br />

die Ausgießung des heiligen Geistes über das Volk. Wenn das Altarbild<br />

auch nicht die denkbar beste Lösung ist, so ist es doch in keiner<br />

Weise störend, sondern passt in der theologischen Aussage<br />

auch in eine romanische Kirche. Die Maria Immaculata auf dem<br />

rechten Seitenaltar schuf der Bildhauer Florian Sickinger, gestorben<br />

1876, letzter Vertreter der Bildhauerfamilie Sickinger als sein<br />

letztes Werk.<br />

Sobald man in den Kirchenraum eintritt, wird der Bück eingefangen<br />

von dem wuchtigen Triumpfbogen, der beim Hinsturz des Turmes<br />

1830 unversehrt im Original erhalten blieb. Seine monumentale<br />

Wirkung wird unterstützt durch die beidseitigen Achtecksäulen,<br />

die mit dem nach innen abgesetzten Bogen die Weite des Triumpfbogens<br />

betonen. Die Säulen besitzen keine Basis, aber abgeschrägte<br />

Kapitelle, mit denselben kerbschnittartigen Kreuzzeichen<br />

wie an den Säulen des Portals und am lympanon. Der Chorbogen<br />

hat auf allen 3 Seiten eine gleichartige Bemalung in 36 rosettenartigen<br />

Feldern mit sorgfältig geformten Blattornamenten in den Farben<br />

blau und rot. Angeblich stammt die Bemalung aus dem Jahr<br />

1598, sowie die über dem Chorbogen angebrachten Initialen M....<br />

R = Martin Rauch (Pfarrer, der 1598 die Kirche renovieren ließ)<br />

und den beiden Hohenzollern-Wappen. Zu dieser Zeit und von da<br />

an ist die Weiler Kirche mit Owingen hohenzollerisch.<br />

Seit 1706 hat Owingen inmitten des Dorfes eine neu erbaute Kirche,<br />

die dem heiligen Jakobus geweiht ist. Um die Weiler Kirche<br />

befanden sich aber immer Gräber und der Pfarrer selbst wohnte<br />

noch lange Zeit im Weiler. Nach seinem Umzug in das Pfarrhaus in<br />

Owingen wollte er die Weiler Kirche abreißen lassen, da die Baulast<br />

auf dem Kirchenvermögen lag. Doch die Gemeinde widersetzte<br />

sich und übernahm, die Kirche zu besorgen. So ist der Apostelfries<br />

rechts und links am Kirchenschiff ein Dokument für die Treue und<br />

Liebe der Gemeinde zur Weiler Kirche. Weit über 500 Jahre war sie<br />

ihre Kirche. Bis auf den heutigen Tag werden ihre Toten um die<br />

Weiler Kirche beerdigt und im Sommerhalbjahr die Seelenämter<br />

vor der Beerdigung, Rosenkranz-Andachten sowie Mai-Andachten<br />

in der Weiler Kirche abgehalten.<br />

Aus den Inschriften unter den Apostelfriesen ist zu entnehmen,<br />

dass der Maler Dominikus Furr 1740 die Apostel al fresco gemalt<br />

hat und Bürger der Gemeinde, der Vogt, der Amtsbürgermeister<br />

„dißes gemählt lassen machen". Die Gestalten sind 195 cm groß,


zum Teil mit weit fallenden Gewändern. Einige tragen ihre Attribute<br />

in der Hand. Sie stehen barfuss auf halbrund bebilderter Erde, auf<br />

der Blätter und Gräser wachsen. Die Friese haben kräftige Farben,<br />

die gut erhalten sind. Die renovierte Holzdecke stammt wahrscheinlich<br />

aus dem 18. Jahrhundert, ebenso die Empore.<br />

Bild3'- Detail-Vergrößerung Chorbogen.<br />

Foto: Paul Bossenmaier, Owingen.<br />

Der Dachstuhl<br />

Bild 4: Mit Fisheye-Linse an einem sonnigen Tag ohne Kunstlichtfotografiert,<br />

(entspricht 180 Grad) - dadurch kommt es zu<br />

der unnatürlichen Wölbung. Foto: Paul Bossenmaier, Owingen.<br />

Die Treppe hochkommend, bietet der Dachstuhl einen überraschenden<br />

Anblick. Er hat die Form eines Gewölbes und erinnert an<br />

den Rumpf eines weitbauchigen Normannenschiffes. Seine ganze<br />

Last ruht auf den Außenwänden. Er hat Ähnlichkeit mit dem ebenfalls<br />

offenen Dachstuhl der Kirche von Mittelzell auf der Insel Reichenau.<br />

Der Dachstuhl besteht an seiner Basis aus Binderbalken,<br />

die von einer Mauer auf die gegenüberhegende gelegt sind. Über<br />

den Binder- und Sattelbalken erheben sich die Sparren, die im First<br />

miteinander verbunden sind. Sie werden durch einen waagrechten<br />

Buchbesprechungen<br />

Haug Gunter - Die Schicksalsfiirstin<br />

Gunter Haug: Die Schicksalsfürstin. Amalie Zephyrine, die Retterin<br />

von Hohenzollern. Historischer Roman. Leinfelden-Echterdingen:<br />

DRW-Verlag Weinbrenner 2005. 265 S.<br />

Es soll ein historischer Tatsachenroman sein, was Gunter Haug geschrieben<br />

hat und der Echterdinger Weinbrenner-Verlag verlegt.<br />

13<br />

Kehlbalken abgestützt. Zusätzlich stützen noch Kreuzstreben die<br />

Sparren. Zwischen Sparren und Sattelbalken steht nahezu lotrecht<br />

eine Fußstrebe, die sowohl mit dem Sattelbalken als auch mit den<br />

Sparren verblattet ist. Das in die Aussparung passende, mit einem<br />

Holznagel gesicherte Blatt büdet eine stabile Verbindung, da Drehbewegungen<br />

nicht möglich sind. Dieselbe gerade Verblattung finden<br />

wir in der Verbindung des oberen Teils der Fußstrebe mit dem<br />

Sparren. Die ca. 50 Grad steilen Sparrenpaare sind am First ebenfalls<br />

miteinander verblattet und mit Holznägeln gesichert. Im oberen<br />

Drittelpunkt der Sparrenpaare ist ein Kehlbalken ausgeblattet,<br />

der die Sparren gegenüber einer Durchbiegung abstützt.<br />

Von der Mitte eines Sparrens geht eine Strebe an den gegenüberhegenden<br />

Sparren. Diese mit den Sparren ebenfalls verblatteten<br />

Streben überkreuzen zunächst den Kehlbalken und außerdem in<br />

der Mitte auch noch sich selbst. Der ganze Dachstuhl ruht auf je 2<br />

Mauerlatten, denen die Binder- und Sattelbalken überkämmt sind.<br />

Diese Balken bilden zusammen mit den dazu gehörigen Sparren<br />

die Gebinde, ca. 25 an der Zahl ca. 80 cm voneinander entfernt.<br />

Sowohl die Binder-Sattelbalken und auch die Mauerlatten haben<br />

Einkerbungen, die ineinander greifen, so dass sich die Balken<br />

nicht gegeneinander verschieben können. Auf dem unteren Ende<br />

der Sparren hegt ein Aufschiebling, damit das Dacht weit genug<br />

über den Maueraufbau nach außen herausragen kann.<br />

Unter den Binderbalken ist ein Bretterboden angebracht, der auf<br />

weiteren, wohl im 19. Jahrhundert in die Mauer eingelassenen Binderbalken<br />

ruht. An der Unterseite dieser Balken ist die Kassettendecke<br />

angebracht.<br />

In der gotischen Zeit (wohl 14. Jahrhundert) wurde der ursprünglich<br />

flache Dachstuhl, der nicht viel über das kreisrunde Giebelfenster<br />

hinausragte in den heutigen steileren Dachstuhl erhöht. Das Hauptgesims<br />

des Langhauses, aus Kehle, Rundstab und Platte bestehend, ist<br />

ursprünglich. An den Langseiten wurde es erhöht. Dafür spricht das<br />

Ergebnis der dendrochronologischen Untersuchung, die dankenswerter<br />

Weise im Jahr 2002 vom Landesdenkmalamt durchgeführt<br />

wurde. Die untersuchten Tannen- und Fichtenstämme ergaben ein<br />

Fälldatum 1370/1371. Erläuterungen und Zeichnungen zum<br />

Dachstuhl sind im Anhang des Büchleins zu finden.<br />

Im Turm der Weiler Kirche hingen zwei Glocken, die dem 2. Weltkrieg<br />

zum Opfer gefallen sind. Jetzt hängt dort eine neue Glocke.<br />

Das Bild über der Inschrift stellt den heihgen Josef mit dem Jesuskind<br />

und einen Zimmermannswinkel dar.<br />

Mit lobenswertem Engagement bemüht sich die Gemeinde Owingen<br />

um die Erhaltung ihres Wahrzeichens, „die romanische Weiler<br />

Kirche" und um die Instandhaltung des sie umgebenden Friedhofes.<br />

Ein herzliches Dankeschön gilt allen Spendern und Erwerbern<br />

des Büchleins „Die romanische Weiler Kirche von Owingen", dessen<br />

Erlös ausschließlich als finanzieller Grundstock zur Bestreitung<br />

der anstehenden Außenrenovationen dient.<br />

Ausgebreitet wird das Leben einer Schicksalsfürstin - so der Titel<br />

des belletristischen Gehversuchs. Gemeint ist Amalie Zephyrine<br />

von Hohenzollern-Sigmaringen, für Haug die Retterin von Hohenzollern.<br />

Sie führte ihr Leben ausschweifend und dennoch geschickt durch<br />

die Wirren der Revolutionszeit um 1800 und böte damit wirklich<br />

viel für Phantasie und Roman. Aber wer sich von Gunter Haug<br />

durch die Welt der geborenen Prinzessin von Salm-Kyrburg führen<br />

lässt, wird schwer enttäuscht.<br />

Schon bei den Tatsachen fängt das an, wenn beispielsweise der


Fortbestand der beiden hohenzollerischen Fürstentümer Sigmarin-<br />

gen und Hechingen im Kahlschlag der Mediatisierung mit dem<br />

Wunsch der Franzosen erklärt wird, zwischen die größeren Staa-<br />

ten Bayern und Württemberg den ungeliebte[n] Zwerg Hohenzollern<br />

zu schieben. Bayern? Ja. Als Puffer zwischen den beiden unsicheren<br />

Kantonisten, als die Napoleon Bayern und Württemberg ja<br />

immer anzusehen hatte, bekräftigt Haug sogar (S. 251f.).<br />

Wer bis zu dieser Stelle gekommen ist, hat den Roman schon<br />

durch. Hinten durchschreitet Haug die Jahre der französischen Revolution<br />

und des Empires im Sauseschritt. Die Schicksalsjahre, die<br />

dem Roman sogar zum Titel verhelfen, werden schnell abgehakt.<br />

Keine Episoden, keine Personen, keine direkte Rede. Dafür eine<br />

ungelenke Nacherzählung aus einem Geschichtsbuch. Die Rettung<br />

Hohenzollerns beschreibt Gunter Haug gar nicht.<br />

Der Roman spielt hauptsächlich in den Jahren 1781 bis 1789 in<br />

Paris. Die junge Amalie zeichnet Haug als Zicke, wie er sie sich<br />

schümmer nicht vorstellen kann. Er lässt sie auf Hohenzollern<br />

schimpfen in den plumpesten Vorurteilen, die ihm bisher begegnet<br />

sind. Warum er Amalie in dieser Charakterisierung für eine Identifikationsfigur<br />

hält, zu der der Leser Sympathie entwickelt, bleibt<br />

sein Geheimnis. Haugs Amalie langweilt.<br />

Dazu kommen die sprachlichen Unzulänglichkeiten. Das ganze<br />

Buch ist ein opulentes Füllwortfestival, das ein geschickter Lektor<br />

gut und gerne auf die Hälfte kürzen könnte, ohne dem Inhalt irgendeine<br />

Kleinigkeit zu nehmen. Der ewige Wechsel zwischen<br />

Plusquamperfekt und Perfekt, Haugs Lieblings-Zeiten, macht das<br />

Lesevergnügen zu einem holprigen Kampf von Zeile zu Zeile.<br />

Sprachgefühl ist ebenso wenig im Spiel. Eine Hinrichtung sieht<br />

Haug als herzzerreißendes Schauspiel (S. 233), eine Nachricht<br />

geistert durch die Straßen bis zu Amalie (S. 227). Dein Wort in<br />

Gottes Gehörgang, lässt Haug ihren Bruder Friedrich den Sprichwortschatz<br />

strapazieren (S. 231), und der alternden Fürstin Hingt<br />

ein Echo der weit entfernten Laute in ihrem Gehörgang (S. 261).<br />

Das schöne Ohr fehlt in Gunter Haugs Repertoire.<br />

Trotzdem ist der Mann einer der renommierten Schriftsteller Baden-Württembergs.<br />

Er ist 50 Jahre alt und bekannt geworden mit<br />

Kriminalromanen. Höllenfahrt hat ihm der Südwestrundfunk so<br />

übel genommen, dass es eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung<br />

gab. Im Weinbrenner-Verlag hat Haug zudem mehrere historische<br />

Romane veröffentlicht. Den jüngsten hätte er besser in der<br />

Schublade gelassen. Rolf Vogt<br />

Der Schwarzwald<br />

Text von Martin Blümcke<br />

Fünf Millionen Besucher kommen jährlich in den Schwarzwald,<br />

darunter auch ein beträchtlicher Teü aus dem Ausland. So sind die<br />

Texte zu den einzelnen Bildern dieses prachtvoll ausgestatteten<br />

Bildbandes außer in deutsch, in englisch, französisch und spanisch<br />

verfasst. Die über 200 farbigen Aufnahmen spiegeln natürlich<br />

auch die bekannten Postkarten- und Kalendermotive vom<br />

Schwarzwald wieder, aber von den Fotographen in Perspektiven<br />

abgebildet, die sich vom Gewohnten abheben. Als Beispiele seien<br />

erwähnt Bilder aus der Vogelperspektive vom verschneiten Herrenalb,<br />

vom einsamen Langlaufskifahrer, vom Baden-Badener Rosengarten,<br />

von der Himbeerernte im Renchtal, vom riesigen PKW-<br />

Auslieferungslager bei Lahr, von der Tälerstadt Schramberg. Die<br />

„Sauschwänzlebahn" darf auch nicht fehlen wie noch viele sehr<br />

stimmungsvolle, die pure Natur wiedergebenden Aufnahmen.<br />

Martin Blümcke bringt in seinem an die Büder anschließenden<br />

14<br />

Text viel Wissenswertes über den Schwarzwald, einem „Sehnsuchtsland<br />

mit vielen touristischen Möglichkeiten". Er beschreibt<br />

die Ausdehnung, die Entstehung und Geologie dieses Mittelgebirges,<br />

die Besiedlungsgeschichte - untrennbar verbunden mit den<br />

vielen Klöstern und den Herzögen von Zähringen. Erwähnung findet<br />

die Industrie und es folgt schließlich die Vorstellung der größeren<br />

und auch kleineren Städte bzw. Städtchen des Schwarzwaldes.<br />

Der Schwarzwald. Fotos von A. Beck, W. Buck, W. Dieterich, R. Fieselmann.<br />

M. Grohe, R. Guter, Chr. Hodum, P. Sandbiller, und E.<br />

Tomschi. Text von Martin Blümcke. Deutsch, englisch, französisch,<br />

spanisch. 176 Seiten, 208 Farbaufnahmen, Großformat, 32,90<br />

Euro, Silberburg-Verlag, Tübingen, ISBN 3-87407-630-X. (rfr)<br />

Klöster im Landkreis Sigmaringen<br />

Im Säkularisations-Gedenkjahr 2003 wurde im Kreis Sigmaringen<br />

mit einer Reihe hochkarätiger Veranstaltungen auf das vielfältige<br />

klösterliche Leben in der Region während der zurückhegenden<br />

Jahrhunderte aufmerksam gemacht. Diese verdienstvolle Kulturund<br />

Geschichtsarbeit wurde weitergeführt und mündete ein in den<br />

624seitigen Band „Klöster im Landkreis Sigmaringen in Geschichte<br />

und Gegenwart", erschienen im Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg,<br />

herausgegeben im Auftrag des Landkreises Sigmaringen von<br />

Kreisarchivar Dr. Edwin Ernst Weber (<strong>Heimat</strong>kundliche Schriftenreihe<br />

des Landkreises Sigmaringen, Band 9). 17 Autoren schufen<br />

einen „Klosterführer", der aufschlussreiche Einblicke in das Werden,<br />

Wachsen und Vergehen der 17 ehemaligen Ordensniederlassungen<br />

im Kreis Sigmaringen gibt und auch das Entstehen und Leben<br />

der derzeit bestehenden vier Klöster Beuron, Habsthal, Sießen<br />

und Wald skizziert.<br />

Landrat Dirk Gaerte schreibt in seinem Vorwort: „Die Veröffentlichung<br />

macht deutlich, in welch prägender Weise Klöster das wirtschaftliche<br />

und politische Leben, vor allem aber die geistige und<br />

kulturelle Entwicklung unserer Landschaft mit gestaltet haben und<br />

welch bedeutsamem Erbe wir mit den auf uns überkommenen Klosteranlagen<br />

und den daraus hervorgegangenen Kulturschätzen verpflichtet<br />

sind". 170 vorwiegend farbige Abbüdungen ergänzen den<br />

Band, in dessen Inhalt Kreisarchivar Dr. Weber mit einem Beitrag<br />

zur Entstehung der Klosterlandschaft im nordwestlichen Oberschwaben<br />

in neun Jahrhunderten einführt.<br />

Die Beiträge der verschiedenen Autoren zur Geschichte der einzelnen<br />

Klöster in der Region sind eine ergiebige und spannende Lektüre,<br />

denn es geht keineswegs „nur" um trockene Fakten, Jahreszahlen<br />

und andere Daten, sondern vor allem um oft unglaubliche<br />

Entwicklungen, um menschliche Größe und Schwächen, um<br />

Schicksale, um das „dralle" Leben in oft unseligen Zeitepochen. So<br />

erfährt der Leser beispielsweise von der Kunst- und Musikpflege in<br />

Beuron und anderen Klöstern oder vom Alchemisten-Labor im<br />

ehemaligen Kloster Ennetach, in dem eine ehrgeizige Priorin Gold<br />

herstellen lassen wollte, um die Verschuldung ihrer Niederlassung<br />

aufzuhalten. Nicht weniger spannend sind die Schilderungen über<br />

die Ansprüche und Streitigkeiten zwischen weltlichen und kirchlichen<br />

Kontrahenten, über die Bau- und Besitzwut mancher Ordensleute<br />

oder über die Verweltlichung und den sittlichen Verfall einiger<br />

Klostergemeinschaften. Dieser „Kloster- und Geschichtsführer"<br />

ist wahrlich eine gehaltvolle Fundgrube für den Leser.<br />

„Klöster im Landkreis Sigmaringen", Format 17 x 23,5 cm, Kunstverlag<br />

Josef Fink, Lindenberg, 25 Euro, ISBN 3-89870-190-5. (ba)


Botho Walldorf- Gammertingen in alten und neueren Ansichten<br />

Sisyphusarbeit betreibt der Gammertinger Botho Walldorf seit vielen<br />

Jahren, indem er zielstrebig und unbeirrt forscht und fotographiert,<br />

zuhört und aufnimmt, nachfragt und bohrt, sammelt und<br />

aufschreibt, dokumentiert und archiviert: <strong>Heimat</strong>geschichthches<br />

aus zurückliegenden Jahrzehnten und heimatgeschichtlich Aktuelles.<br />

Auch wenn er deswegen manchmal belächelt worden ist und<br />

wird: Seine Leidenschaft ist für die <strong>Heimat</strong>kunde von unschätzbarem<br />

Wert, die Walldorf-Sammlungen dürften für die Nachfahren<br />

aufschlussreiche Geschichtsquellen sein. Bewundernswert ist auch<br />

der finanzielle Aufwand, den Walldorf betreibt, um vieles Erforschte<br />

in reich bebilderte Bücher einfließen zu lassen. So hat er<br />

auch, unterstützt von der Volksbank Hohenzollern, im Selbstverlag<br />

den 322seitigen Bildband „Gammertingen in alten und neueren<br />

Ansichten, Band 4" (Auflage: 500 Stück, ISBN: 3-00-015957-6,<br />

hergestellt in der Gammertinger Druckerei Acker GmbH) herausgegeben.<br />

Er enthält über 200 Schwarz-Weiß-Fotos aus dem Zeit-<br />

HERBERT RÄDLE<br />

Die Sigmaringer Heimsuchungstafel - Einflüsse<br />

Hans Baidung Griens auf das Werk<br />

des Meisters von Meßkirch<br />

Die Sigmaringer Heimsuchungstafel, einstmals Teil eines Flügelaltars,<br />

dessen Schrein verloren ist, befindet sich in der Gemäldegalerie<br />

des Sigmaringer Schlosses, im rechten Seitenkabinett. Sie ist,<br />

ebenso wie ihr Pendant, eine Verkündigung, am blauen Himmel als<br />

Außentafel des besagten - verlorenen - Flügelaltars zu erkennen.<br />

Die entsprechenden Innentafeln mit den Themen Geburt und Anbetung<br />

sind ebenfalls erhalten und im selben Raum ausgestellt. Alle<br />

vier Tafelgemälde sind unstrittig dem Meister von Meßkirch zugewiesen.<br />

Sie werden als Frühwerke auf die Zeit um 1520 bis 1523<br />

datiert. Die Gestalten sind fast lebensgroß und stehen frei in Raum<br />

und Landschaft.<br />

Zum Motiv Mariae Heimsuchung<br />

Das Motiv der Heimsuchung Mariens (lat. visitatio Mariae) hat zum<br />

Thema den Besuch, den die schwangere Maria, die Mutter Jesu, ihrer<br />

Base Elisabeth abstattet, welche ebenfalls, und zwar mit Johannes<br />

dem Täufer, schwanger geht.<br />

In der büdenden Kunst wird die Begegnung der beiden Frauen bereits<br />

seit dem 6. Jahrhundert n. Chr. in Zyklen des Neuen Testamentes<br />

gestaltet, und zwar besonders gern - wie auch in unserem Fall -<br />

als Pendant zur Verkündigung. Seit dem späten Mittelalter wird die<br />

Szene ein Hauptereignis des Marienlebens, und so hat auch Dürer<br />

sie in sein "Marienleben" übernommen 1 . Zweifellos hat der Meister<br />

von Meßkirch den Dürer-Holzschnitt gekannt und sich im Aufbau<br />

seiner Heimsuchungstafel grob daran orientiert.<br />

An der Zugehörigkeit der genannten Sigmaringer Tafel (n) zum<br />

Werk des Meisters von Meßkirch bestehen keinerlei Zweifel. Dafür<br />

sprechen (abgesehen von stilistischen Merkmalen und Merkmalen<br />

der Farbigkeit) sowohl die geziert-adelige Bewegung der Personen<br />

als auch Requisiten wie im Falle der Heimsuchungstafel der Hermelinbesatz<br />

am Gewand der Elisabeth (vgl. Abb. 1, rechte Figur).<br />

Alles deutet auf einen Meister hin, der im Dienste des Adels stand.<br />

Der Meister von Meßkirch aber stand im Dienste der Freiherren<br />

bzw. später (seit 1538) Grafen von Zimmern in Meßkirch, wo er<br />

15<br />

raum zwischen 1890 und 2003- Sie geben interessante Einblicke in<br />

die Verhältnisse in Gammertingen und der Umgebung. Der Betrachter<br />

sieht alte Stadtansichten, Gebäude im einstigen Urzustand,<br />

Bauten, die längst nicht mehr bestehen, Innenräume und<br />

Raumausstattungen, Landschaftsbilder, Menschen in ihrer Freizeit,<br />

bei Festen und bei der Arbeit. Dazu gibt es kurze Bildtexte, gelegentliche<br />

nähere Erläuterungen, die weiteren Aufschluss geben,<br />

und im Anschluss an die Fotos auf den Seiten 219 bis 290 nochmalige<br />

Ergänzungstexte. Zum Textteil gehören auch Erinnerungen von<br />

Verena Maria Sauter („Das Leben damals") sowie informative<br />

Beiträge zu den Migranten in Gammertingen, zur Eingliederung<br />

der <strong>Heimat</strong>vertriebenen in Gammertingen, zu den <strong>Heimat</strong>vertriebenen<br />

und Heimarbeiterinnen in Neufra sowie zur Geschichte<br />

der türkischen und muslimischen Gemeinde Gammertingen<br />

von 1977 an. Ergänzt wird der letztgenannte Artikel mit der<br />

Skizzierung der Geschichte einer türkischen Familie von 1963 an.<br />

(ba)<br />

den Hochaltar der St. Martinskirche und den Wildensteiner Altar<br />

eigenhändig, anderes unter Mitwirkung seiner "Gesellen", malte.<br />

Einflüsse Hans Baidung Griens auf den Meister von Meßkirch<br />

Nun ist schon oft darauf hingewiesen worden, daß der Meister von<br />

Meßkirch sich sowohl in seinen szenischen Entwürfen als auch in<br />

der Gestaltung seiner Figuren vielfach am druckgraphischen Werk<br />

Dürers orientierte - so wie das übrigens auch unzählige andere<br />

zeitgenössische Maler und Bildhauer taten. Hatte doch Albrecht<br />

Dürer seine Druckgraphik in großen Auflagen unters Volk gebracht.<br />

Weniger bekannt ist hingegen der Einfluß eines zweiten<br />

ganz großen Meisters, nämlich Hans Baidung Griens, auf das Werk<br />

des Meisters von Meßkirch.<br />

Bei einem Besuch der Ausstellung "Fasziantion Meisterwerk", die<br />

im Mai 2005 im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg stattfand<br />

und in deren Zentrum neben Werken von Dürer auch solche<br />

von Hans Baidung Grien standen, kam mir beim Betrachten von<br />

Baidungs Gemälde "Ruhe auf der Flucht" vom Jahre 1511 (=hier<br />

Abb. 2) die Hintergrundgestaltung irgendwie bekannt vor. Und es<br />

fiel mir in der Tat später ein, wo ich Derartiges schon gesehen<br />

hatte: Auf der Sigmaringer Heimsuchungstafel! (Vgl. Abb. 1 mit<br />

Abb. 2).<br />

Die zu beobachtende Ähnlichkeit ist für jeden, der die beigefügten<br />

Abb. 1 und 2 miteinander vergleicht, leicht nachvollziehbar. Ganz<br />

neu ist die Erkenntnis von Baldung-Anklängen in Werken des Meisters<br />

von Meßkirch freilich nicht. Auf Kenntnis des Werkes von Baidung<br />

seitens unseres Meisters sowie auf Übernahmen daraus hat<br />

insbesondere Claus Grimm wiederholt hingewiesen. So ist nach<br />

Grimms Beobachtung etwa der Kopf des Josef auf der obenerwähnten<br />

Sigmaringer Geburtstafel ebenfalls dem Baidungwerk entnommen<br />

2 .<br />

Anmerkungen<br />

1 Vgl. A. Dürer, Das gesamte graphische Werk in 2 Bänden,<br />

Band 2, S. 1566, Verlag Rogner und Bernhard (bei Zweitausendeins).<br />

Auch: Panofsky 304, Meder 196, Knappe 234<br />

2 Vgl. Claus Grimm und Bernd Konrad, Die Fürstenberg-Sammlungen<br />

Donaueschingen, Altdeutsche und schweizerische Maleriei<br />

des 15- und 16. Jahrhunderts, München 1990, S. 77, mit Abb.)


Verlag: <strong>Hohenzollerische</strong>r <strong>Geschichtsverein</strong><br />

Karlstraße 3, 72488 Sigmaringen<br />

E 3828<br />

PVSt, DPAG, »Entgelt bezahlt«<br />

Abb. 1: Meister von Meßkirch, Sigmaringer Heimsuchungstafel,<br />

um 1520-23, Schloß Sigmaringen, Fürstlich Hohenzollernsches<br />

Museum. Bildnachweis: Das Fürstlich Hohenzollemsche Mu-<br />

seum in Sigmaringen, Text von Walter Kaufhold, Schnell-Stei-<br />

ner-Kunstführer Nr. 1269, München 1981, S. 13<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

herausgegeben vom <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

<strong>Geschichtsverein</strong>, Postfach 1638,<br />

72486 Sigmaringen<br />

ISSN 0018-3253<br />

Erscheint vierteljährlich.<br />

Die Zeitschrift »<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>« ist<br />

eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />

die Bevölkerung im alten Land Hohenzollern<br />

und den angrenzenden Landesteilen mit der<br />

Geschichte ihrer <strong>Heimat</strong> vertraut machen. Sie<br />

bringt neben fachhistorischen auch populär gehaltene<br />

Beiträge.<br />

Bezugspreis:<br />

Für Mitglieder des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />

ist der Bezugspreis im Beitrag<br />

enthalten. Bezugspreis für Nichtmitglieder<br />

€ 7,-. Abonnements und Einzelnummern können<br />

beim <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />

(s. o.) bestellt werden.<br />

Die Autoren dieser Nummer<br />

Gerd Bantle<br />

Hedinger Straße 5, 72488 Sigmaringen<br />

A A "7 A<br />

Abb. 2: Hans Baidung, gen. Grien, Ruhe auf der Flucht nach<br />

Ägypten, 1511, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Bild-<br />

nachweis: Postkarte Kunstbuchhandlung des Germanischen<br />

Nationalmuseums<br />

Edmund Bauer<br />

Ebinger Str. 79, 72393 Burladingen-Hausen i.K.<br />

Dr. OttoH. Becker<br />

Hedinger Straße 17, 72488 Sigmaringen<br />

Paul Bossenmaier<br />

Rathausstraße 14, 72401 Haigerloch-Owingen<br />

Robert<br />

Fliederstraße<br />

Frank<br />

8, 72401 Haigerloch-Weildorf<br />

Franz-Severin Gäßler<br />

Jakobsplatz 28 b, 86152Augsburg<br />

Annalies Keller<br />

Hauptstraße 58, 72401 Haigerloch-Owingen<br />

Dr. Hans-Dieter Lehmann<br />

In der Ganswies 2, 72406Bisingen-Zimmern<br />

Dr. Herbert Rädle<br />

Veit-Jung-Straße 13 a, 92318 Neumarkt<br />

Rolf Vogt<br />

Marktplatz 6, 72379 Hechingen<br />

Dr. Edwin Ernst Weber<br />

Leopoldstraße 4, 72488 Sigmaringen<br />

16<br />

Gesamtherstellung:<br />

Druckerei Acker GmbH,<br />

Mittelberg 6, 72501 Gammertingen<br />

Telefon (07574) 9301-0, Fax9301-30<br />

info@druckerei-acker.de<br />

www.druckerei-acker.de<br />

Schriftleitung:<br />

Robert Frank<br />

Fliederstraße 8, 72401 Haigerloch-Weildorf<br />

Tel.: (07474) 2l6l<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge verantwortlich.<br />

Mitteilungen der Schriftleitung sind<br />

als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare werden<br />

an die Adresse des Schriftleiters erbeten,<br />

Wir bitten unsere Leser, die »<strong>Hohenzollerische</strong><br />

<strong>Heimat</strong>« weiterzuempfehlen.


<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong><br />

Herausgegeben vom ^^H <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />

56. Jahrgang ^ ^ Nr. 2-Juni 2006 E 3828<br />

Das Holzmodell zum Ausbau des fürstlichen Residenzschlosses in Sigmaringen, das nach dem Entwurf des<br />

Kgl. Hofbaurats Albert Geyer im Jahr 1900 in Berlin gefertigt wurde, mit der Perspektive aus westlicher Richtung.<br />

FRANZ-SEVERIN GÄßLER<br />

Albert Geyer und der Ausbau<br />

des Residenzschlosses der Hohenzollern<br />

in Sigmaringen 1893-1908<br />

Im April 1893 ging der Fürstenbau des Sigmaringer Hohenzollernschlosses<br />

in Flammen auf. Die Sicherung der angrenzenden<br />

Schloßteile, die Aufräumungsarbeiten und die Wiederaufbaupla-<br />

Foto: Franz-Severin Gäßler, 2005.<br />

nungen zogen sich über mehr als zwei Jahre hin. Im Juli 1895 ließ<br />

Fürst Leopold (1837-1905) schließlich den Aufbau des Fürstenbaus,<br />

des heutigen Fürst-Leopold-Baus nach den Plänen seines<br />

Hofkammerbaurats Johannes de Pay (1840-1899) beginnen. Vollendet<br />

wurden die Baumaßnahmen, die mit dem eng begrenzten<br />

Aufbau begannen und in einem weitläufigen Um- und Ausbau des<br />

Schlosses endeten, jedoch erst im Jahr 1908 unter dem Fürsten<br />

Wilhelm (1863-1927) durch den Münchner Architekten Prof.<br />

Emanuel von Seidl (1860-1919) [1] •<br />

Unbeachtet bheb bislang in der Literatur, dass der zu jener Zeit für


die Potsdamer Schlösser zuständige Königliche Hofbaurat Albert<br />

Geyer (17. Mai 1846-14. September 1938) spätestens seit Beginn<br />

des Jahres 1898 und bis zum Juni 1900 in die Planungen involviert<br />

war[21. Nach seinem Entwurf vervielfältigte Pläne - Grundrisse,<br />

Schnitte und Fassadenaufrisse - sind noch vorhanden und<br />

ebenso ein Schloßmodell aus massivem Holz, das bis auf wenige<br />

Details fast vollständig im Original erhalten ist[3]. Die Zeichnungen<br />

und das Modell sind im Maßstab 1:200 gefertigt. Weit mehr als<br />

die Zeichnungen mag das Modell für den Laien veranschaulichen,<br />

mit welchem Anspruch während der Aufbauphase um die Wende<br />

zum 20. Jahrhundert Bauherr und Fürstliche Verwaltung konfrontiert<br />

wurden, was den zeitgemäßen Ausbau des Schlosses und die<br />

Fürstliche Repräsentation betraf. In aller Kürze gilt es daher drei<br />

Aspekte zu beleuchten: Erstens, die Frage nach der Funktion, - danach<br />

nämlich, welchen Anforderungen an zeitgemäßem Komfort<br />

und repräsentativer Nutzung das Residenzschloss zu entsprechen<br />

hatte. Zweitens, die Frage nach der Gestalt, - danach, wie sich das<br />

Fürstenhaus in einer differenzierter gewordenen sozialen Welt mit<br />

dem Schloss darstellen konnte. Und drittens, die Frage nach der<br />

Kontinuität dieser Planung, - danach, ob und gegebenenfalls wie<br />

sie den weiteren Ausbau des Schlosses beeinflusste.<br />

Die Zeichnungen dokumentieren zwei unterschiedliche Varianten<br />

zum Ausbau des Schlosses: eine kleine und eine große [4]. Das<br />

Modell, das nach monatelanger Arbeit schließlich im Mai 1900 fertig<br />

gestellt war, gibt die große Ausbauvariante wieder[5]. Und es<br />

zeigt uns, ebenso wie die entsprechenden Fassadenaufrisse [6], jedoch<br />

mit leichten Abänderungen jenen Zustand des Fürstenbaus,<br />

wie ihn de Pay 1895-1897 entworfen hatte und wie er bis zur Veränderung<br />

durch Emanuel von Seidl im Jahr 1903 bestand. Pläne<br />

und Modell lassen weit über den Fürstenbau hinausgehende Veränderungen<br />

in Grundriss, Gebäudeform und Dachlandschaft erkennen,<br />

die bis zu den Türmen der Bastion im Westen reichen. Die<br />

große Ausbauvariante, die den gesamten Schlosskomplex bis zum<br />

Schlosstor im Westen umfasste, gliederte Geyer in sechs Bauabschnitte<br />

und ermittelte dafür überschlägig die Kosten (Abb. 1).<br />

Die funktionalen Anforderungen betrafen dabei zwei Bereiche. Erstens<br />

die zeitgemäßen Standards im Bereich der Hauswirtschaft,<br />

der Beleuchtung und Beheizung sowie der sanitären Einrichtungen<br />

und zweitens die repräsentative Nutzung des Schlosses, was insbesondere<br />

die Gestaltung festlicher Anlässe betraf. Geyers Planung<br />

sah vor, Küchen-, Vorrats- und Heizungsräume entsprechend ihrer<br />

Funktionen neu zu ordnen und klar von einander zu trennen. Über<br />

die Stockwerke hinweg sollte eine bessere Anbindung des Küchenbereichs<br />

an die Anrichte und den Speisesaal erfolgen. Die jeweiligen<br />

Wohnbereiche, gleichgültig ob für die fürstlichen Herrschaften,<br />

für das Personal oder die Gäste, sind in den Geyerschen Plänen<br />

mit Sanitäranlagen ausgestattet. Für festliche Anlässe plante<br />

Geyer einen neuen Galeriebau auf der Schlossterrasse und ein Geschoss<br />

tiefer einen Festsaal östlich des Cavalierbaus über Bibliotheksräumen<br />

(Abb. 2) [7]. Den beiden Sälen ordnete er Ökonomiebereiche<br />

in unmittelbarer Nähe zu. Von der Eingangshalle aus<br />

sollte eine lange einläufige Treppe zum Festsaal hinunter führen<br />

und auf dem Weg dorthin große Fenster den Blick in die Natur freigeben<br />

- über die Donau hinweg auf den Mühlberg. Wesenthch<br />

breiter und höher als die Galerie plante Geyer den Festsaal, der am<br />

östlichen Ende eine Empore für die Musikanten zeigt. Um den Zugang<br />

zum Schloss bequemer zu gestalten und die Verbindung zwischen<br />

den Geschossen zu erleichtern, sah Geyer Personen- und<br />

Ökonomieaufzüge vor. Mit diesen Maßnahmen sollte es gehngen,<br />

den Komfort zu heben und den funktionalen Ansprüchen zu genügen.<br />

Geyer beabsichtigte beim Schloss die Baumasse und insbesondere<br />

die Höhe einzelner Baukörper erheblich zu steigern und das Erscheinungsbild<br />

durch Freilegungen, Aufstockungen und Erweiterungen<br />

einschneidend zu verändern (Abb. 3): Jene kleineren Bauten,<br />

die noch im südöstlichen Bereich des Schlosses standen, sollten<br />

entfernt werden. Der Cavalierbau zeigt nun Satteldach, je drei<br />

5-CHW** ?iGMAFJN(M • Pl'ANVNö^l/MFANG l/NP GEPMNTE AE^CHNiTIf m l/M- l/NP Al/^Al/f NACH<br />

DFM PNTWI/R.F AlrWRT VOM MÄF\Z -1416 ^ t-/zoo?<br />

H0CH*CH'K)F* toOO.OOOMAFsK<br />

i M'miKmtt 400.000M<br />

? VORPFR*CHK)** W.OOOM<br />

4- GAI^MFfrAl/ 500.000M<br />

5 FE^AAU >70.000 M<br />


Mitteilungen<br />

aus dem<br />

<strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

<strong>Geschichtsverein</strong><br />

Veranstaltungen im 3. Quartal 2006<br />

1. Vortrag<br />

UWE A. OSTER M.A., HECHINGEN<br />

Die Villa Eugenia und ihre Bewohner. Geschichte und Restaurierung<br />

einer herrschaftlichen Residenz.<br />

Dienstag, 11. Juli, um 2o Uhr im <strong>Hohenzollerische</strong>n Landesmuseum<br />

in Hechingen<br />

2. Hinweise auf Ausstellungen in Hohenzollern<br />

a) Die Gesellschaft Oberschwaben zeigt in der Zeit vom 13.<br />

Mai bis 29. Oktober im Prinzenbau und im Landeshaus in<br />

Sigmaringen die Ausstellung<br />

Adel im Wandel. 200Jahre Mediatisierung in Oberschwaben.<br />

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag jeweils<br />

von 19.00 - 17.00 Uhr, Donnerstag 10.00 - 20.00 Uhr.<br />

Zwerchgiebel zu den Längsseiten und einen geschweiften Giebel<br />

zur Stadt hin sowie einen mächtigen Treppenturm an der südöstlichen<br />

Gebäudekante. Der Festsaal/Bibliotheksbau, ein dreigeschossiger<br />

Neubau mit hohen Räumen, übertrifft sogar noch die Traufhöhe<br />

des Cavalierbaus und schließt nach Osten hin ebenfalls mit<br />

Giebel und Treppenturm ab. Der eingeschossige Galeriebau auf<br />

der Schlossterrasse, ein Neubau von annähernd sechzig Meter<br />

Länge, schließt mit flachem Dach und umlaufender Balustrade ab<br />

(Abb. 4). Sein südwestliches Ende begrenzt der hohe, schlanke<br />

Turm für den Personenaufzug. Der sog. Verbindungsbau zwischen<br />

Französischem Salon und Ahnensaal sollte zum Schlosshof hin<br />

durch eine Loggia erweitert werden und zur Donau hin durch einen<br />

runden Treppenturm und einen großen Vorbau für die Anrichte.<br />

Völlig neu gestaltet zeigt sich auch der Römerturm, dessen<br />

Schaft und Spitze nun weit über die Dachlandschaft des Schlosses<br />

hinausragt.<br />

Nicht am Modell, sondern nur auf den Zeichnungen Geyers ist die<br />

Art der Wandgestaltung zu sehen [8]: Eckquader vermitteln bei den<br />

Gebäudekanten von Römerturm, Cavalierbau und Festsaal/Bibliothekbau<br />

den Eindruck von Stabilität und Wehrhaftigkeit; die Bandrustika,<br />

die im Erdgeschoss des Verbindungsbaus und über der<br />

Kämpferzone des Festsaalbaus zu erkennen ist, bindet die Elemente<br />

des jeweiligen Geschosses zusammen; Säulen bereichern<br />

zum Schlosshof hin die Fassaden von Galeriebau und den Eingang<br />

in den Fürstenbau, Pflaster die beiden oberen Geschosszonen des<br />

Verbindungsbaus.<br />

Die Fenster unterscheiden sich nicht nur in der Proportion, sondern<br />

auch in der Ausbildung des Sturzes. Dieses Unterscheidungsmerkmal<br />

dürfte bewusst eingesetzt worden sein, um die jeweiligen<br />

Bereiche voneinander abzugrenzen und hervorzuheben. So ist bei-<br />

19<br />

Weitere Information in <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong> 56/1<br />

(2006) S. 4.<br />

b) Der <strong>Heimat</strong>verein Sigmaringen e.V. veranstaltet vom 10.<br />

Mai bis 1. Oktober im <strong>Heimat</strong>museum „Runden Turm" in<br />

Sigmaringen die Ausstellung<br />

Victor Arnaud 1890 -1958<br />

Graphik und Gemälde.<br />

Öffnungszeiten: Mittwoch, Samstag und feiertags jeweils von<br />

14.00 - 17.00 Uhr.<br />

Kontaktadresse: <strong>Heimat</strong>verein Sigmaringen e.V., 1. Vorsitzender<br />

August Dannegger, (Tel. 07571/74310).<br />

gez. Dr. Otto Becker<br />

Vorsitzender<br />

spielsweise der Segmentbogen bei den Fenstern des Galeriebaus<br />

zur Stadt hin zu sehen und der Rundbogen bei den Fenstern des<br />

Festsaalbaus; der Korbbogen überspannt beim Verbindungsbau die<br />

Öffnungen, dagegen verringern bei den Fenstern des Bibliothekbereichs<br />

Fensterkreuze die Spannweite des Sturzes und bei den Treppentürmen<br />

folgt die Schräge des Fenstersturzes dem Treppenlauf.<br />

Insbesondere die Art der Fenster ist den unterschiedlichen Stilepochen<br />

entlehnt. Damit wird zugleich der Eindruck einer über<br />

Jahrhunderte hinweg gewachsenen, aus einer Burg hervorgegangenen<br />

Schlossanlage vermittelt.<br />

Geyer beabsichtigte den einzelnen Flügeln der Schlossanlage klare<br />

Umrisse zu geben und mit einer differenzierten Formensprache Eigenständigkeit.<br />

Zugleich zeigt die Gesamtanlage ein ausgewogenes<br />

Verhältnis von horizontaler Erstreckung bei den einzelnen Gebäudeflügeln<br />

und den Architekturgliedern und von vertikaler Erhebung<br />

bei den zahlreichen Türmen und Giebeln. Die Türme betonen<br />

insbesondere das Ende des jeweiligen Gebäudeflügels und in<br />

ihrem zahlreichen Auftreten die Bedeutung des Schlosses. Dabei ist<br />

der Römerturm der Dreh- und Angelpunkt der vielgliedrigen<br />

Schlossanlage, der die Gebäudeteile, die sich in unterschiedliche<br />

Himmelsrichtungen erstrecken, zusammenzubinden vermag. Kein<br />

Bürger im weiteren Umkreis und kaum eine der anderen Familien<br />

aus dem schwäbischen Adel hätten mit ihrem Schloss Dimension,<br />

Architekturqualität und Alter dieser Schlossanlage erreichen können.<br />

Gesellschaftlicher Rang und Anspruch des Fürsten konnten<br />

damit unverkennbar ausgedrückt werden.<br />

Welchen Einfluss hatte nun die Geyersche Planung auf den weiteren<br />

Um- und Ausbau des Schlosses? Hier gilt es zu unterscheiden<br />

zwischen der kleinen und der großen Variante. Die Planungen der<br />

kleinen Variante, die insbesondere die Änderungen an zahlreichen


Räumen und der Haupttreppe des unter de Pay errichteten Fürst-<br />

Leopld-Baus vorsahen sowie die Erweiterung des Verbindungsbaus<br />

mit Ökonomieturm zum Schlosshof und zur Donau hin betrafen<br />

und ebenso den Neubau der Portugiesischen Galerie mit Personenaufzug,<br />

wurden von Emanuel von Seidl schließlich ohne weitergehende<br />

Eingriffe in die Grundrisse, jedoch mit Änderungen in<br />

der Formensprache umgesetzt. Für die Neugestaltung des Römerturms<br />

und Cavalierbaus sowie den Neubau des Bibliothekgebäudes<br />

dürfte die Geyersche Planung mit Sicherheit den Anstoß gegeben<br />

haben, auch wenn sie schließlich gestalterisch in völlig anderer<br />

Form und Dimension ausgeführt wurden. Damit kommt dem Kgl.<br />

Hofbaurat Albert Geyer wesentlicher und präzise bestimmbarer<br />

Anteil an den gewaltigen Um- und Ausbaumaßnahmen zu, die in<br />

den Jahren 1893-1908 das Antlitz des Sigmaringer Hohenzollernschlosses<br />

einschneidend veränderten.<br />

Abb. 3:<br />

Das Geyersche Holzmodell mit der Perspektive von Nordosten:<br />

links der Cavalierbau, in der Mitte der geplante Neubau für die<br />

Bibliothek und den Festsaal und rechts der Fürstenbau, der später<br />

Fürst-Leopold-Bau genannt wurde. Foto: Franz-Severin<br />

Gäßler, 2005.<br />

Abb. 4:<br />

Ausschnitt aus dem Geyerschen Holzmodell mit der Perspektive<br />

von Südosten: vorne rechts der Cavalierbau, links davon die<br />

Galerie über der Waffenhalle und rechts der Fest saalbau. Hinten<br />

rechts der Fürstenbau mit seinen Giebeln, die 1903 verändert<br />

wurden. Foto: Franz-Severin Gäßler, 2005.<br />

20<br />

Anmerkungen<br />

[1] Mit Vertrag vom 31. August 1900 zwischen dem Hofmarschallamt<br />

des Fürsten von Hohenzollern und Architekt Seidl<br />

ging die Planung und Bauoberleitung des Schlossumbaus an<br />

den Letzteren über; vgl. StAS, Dep. 39, NVA 13617.<br />

[2] Der Beitrag ist der ausgearbeitete Teil des am 8. Dezember<br />

2005 auf Einladung des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />

gehaltenen Vortrags. Mit Datum vom 5. Juni 1900 stellte<br />

Geyer für seine Leistungen am Schlossbau - Entwurf, Kostenberechnung,<br />

Anfertigen von Zeichnungen zur Herstellung<br />

des Schlossmodells, Überwachung der Ausführung und<br />

sieben Reisen nach Sigmaringen - die Rechnung; vgl. StAS,<br />

Dep. 39, NVA 13606. Ulrich Feldhahn: Schlösserreise Baden-<br />

Württemberg. Ein Führer zu Burgen und Schlössern in Privatbesitz.<br />

Petersberg 2005, vermerkt zwar S. 104, dass „Fürst<br />

Leopold den Wiederaufbau nach Plänen seines Hofbaurats<br />

Johannes de Pay und des Berliner Architekten Albert Geyer<br />

anordnete" und „im Jahre 1900 (...) Emanuel von Seidl hinzugezogen<br />

wurde, der den Verlauf der Wiederherstellungsarbeiten<br />

fortan bestimmen sollte". Diese Aussage bedarf jedoch<br />

der Präzisierung und der Korrektur hinsichtlich des<br />

Anteiles der drei Architekten und des Zeitraumes ihrer Tätigkeit.<br />

Vgl. dazu den Überbück bei Franz-Severin Gäßler: Das<br />

Sigmaringer Hohenzollernschloß. Aufbau, Umbau und Erweiterung<br />

1893-1908. O.O. 2006.<br />

[3] Das Modell überdauerte die Zeitläufe im Dachraum des<br />

Fürstlichen Marstalls in Sigmaringen.<br />

[4] Von der kleinen Variante, die in der Fürstl. Hohenz. Hofkammer<br />

deponiert sind und auf die der Verfasser dankenswerterweise<br />

von Frau Dr. Kuehl, Inzigkofen, aufmerksam gemacht<br />

wurde, existieren nur Grundrisse als autographische<br />

Drucke, von Geyer signiert und datiert mit März 1898. Von<br />

der großen Variante sind neben den Grundrissen auch die<br />

Aufrisse der Fassaden und die Schnitte erhalten (StAS, Dep.<br />

39, P 516 und P 674. Die Grundrisse sind ebenfalls datiert<br />

mit März 1898; die Nordwestfassade (P 674/1) ist jedoch datiert<br />

mit März 1899. Geyer signierte fast alle Pläne.<br />

[5] Geyer berichtete am 18. Mai 1900, dass das Schlossmodell<br />

fertig sei und verpackt werde und dass er für die Weiterführung<br />

der Arbeiten einen geeigneten Regierungsbaumeister<br />

gefunden habe, der jedoch nur dann eingesetzt werden<br />

könne, wenn er als perußischer Beamter die Oberleitung behalte;<br />

vgl. StAS, Dep. 39 NVA 13606.<br />

[6] StAS, Dep. 39, Pläne, P 674 Nr. 3, 5,9,11,14.<br />

[7] Ein provisorischer Speisesaal auf der Schlossterrasse war<br />

bereits anlässlich der Goldenen Hochzeit des Fürstenpaares<br />

Karl Anton und Josephine 1882 errichtet worden, um die<br />

große Anzahl von Festgästen aufnehmen zu können. Dessen<br />

Mittelteil fand bis zu seiner Beseitigung 2004 Verwendung<br />

am Alten Schloss in Krauchenwies. Die Hochzeit Ferdinands,<br />

des rumänischen Thronfolgers und Zweitältesten Sohns des<br />

Fürsten Leopold, mit Maria von Großbritannien im Januar<br />

1893 erforderte wiederum einen Terrassensaal, nunmehr<br />

aus Stahl und Glas konstruiert, weil der Französische Salon<br />

die große Zahl der Gäste nicht aufzunehmen vermochte.<br />

[8] Vgl. die unter Anm. 6 genannten Pläne


HOF^<br />

1 &IN&AN&*HAH^<br />

2 KAPFH-F-<br />

3 TFRRA^N^AA^<br />

GAI^WF<br />

f ÖKONOMi&KÄl/MF<br />

5 OARPFRO^F<br />

(? PPW. AI/FZl/G ^<br />

7 AUPHAAF ^<br />

VC<br />

^CHl'Off flöMAKiNO^N<br />

fcNTWl/RF m KGL HOF^Al/^AT^ A.GI^K VOM MÄKZ W<br />

IN H rn fCHK)**<br />

öRl/NDKl^ IN HOHF PFR WAFFE-N<br />

6 FP-^TfAAL-<br />

^ ANWCHTFKAl/M<br />

-10 TF.FPPF ZI/K FINeAN^HAFFF<br />

41 WAFFFNHAFFF<br />

PFf^-ONFNAl/FZl/ö<br />

H014F<br />

14- ftÖMFKTl/RM<br />

21<br />

/lW. 2:<br />

E-^. ÖA^UP-Ps -12/2009<br />

Grundrisse für den Um- und Ausbau des fürstlichen Residenz-<br />

schlosses in Sigmaringen in Höhe des Schlosshofes und in Höhe<br />

des Festsaales. Umzeichnung nach dem Entwurf des Kgl. Hofbaurats<br />

Albert Geyer. Foto: Franz-Severin Gäßler, 2005.


OTTO H. BECKER<br />

Die Mitgliederversammlung<br />

des <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />

Die diesjährige Mitgliederversammlung des <strong>Hohenzollerische</strong>n Ge-<br />

schichtsvereins fand am 23. Mai 2006 im Konstantinsaal des „Museums"<br />

in Hechingen statt. Nach der Begrüßung der recht zahlreich<br />

erschienen Mitglieder und dem Verlesen der Totentafel berichtete<br />

der Vorsitzende Dr. Otto H. Becker über die Aktivitäten des<br />

<strong>Geschichtsverein</strong>s seit der Mitgliederversammlung des Vorjahres in<br />

Sigmaringen. Einen Schwerpunkt bildeten danach 8 Fachvorträge,<br />

die im Rahmen des Jubiläums „750 Jahre Stadt Hechingen" in Zusammenarbeit<br />

mit dem Stadtarchiv angeboten wurden. Der dabei<br />

gehaltene Vortrag über die Römer in Hohenzollern wurde am 10.<br />

Oktober in Sigmaringen wiederholt.<br />

Die Veranstaltungen in Sigmaringen waren im vergangenen Jahr<br />

vornehmlich dem Andenken des vor 100 Jahren verstorbenen Fürsten<br />

Leopold gewidmet; im laufenden Jahr wurden Aspekte zu dem<br />

Themenbereich „Adel im Wandel" behandelt. Im Berichtszeitraum<br />

hat der <strong>Geschichtsverein</strong> alleine oder in Zusammenarbeit mit anderen<br />

Kultureinrichtungen insgesamt 11 Vorträge, 4 Führungen<br />

und 1 Exkursion angeboten. Die Veranstaltungen waren allesamt<br />

gut bis sehr gut besucht. Die Fahrt nach Karlsruhe war sogar unmittelbar<br />

nach ihrer Ankündigung bereits ausgebucht.<br />

Im Mittelpunkt der Vereinsarbeit des Vorsitzenden wie auch des<br />

Mitschriftleiters Dr. Andreas Zekorn stand die Vorbereitung der<br />

Herausgabe der Zeitschrift für <strong>Hohenzollerische</strong> Geschichte 41<br />

(2005), die dieser Tage an die Mitglieder und Abonnenten verschickt<br />

werden konnte. - Die Herausgabe der Quartalschrift <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

<strong>Heimat</strong> erfolgte stets fristgerecht. Der Bericht des<br />

Vorsitzenden endete mit einer kurzen Ausschau auf das Vereinsprogramm<br />

der kommenden Monate.<br />

Der im Vorjahr neu gewählte Schatzmeister Wolfgang Wenzel legte<br />

anschließend einen positiven Bericht über die Finanzen des Vereins<br />

vor. Anschließend bescheinigten die Rechnungsprüfer Hans<br />

WILLY BEYER<br />

Michael Lehmann - ein vergessener<br />

Kulturschaffender und Kulturkämpfer<br />

Hohenzollerns<br />

Betrachtungen über einen Verdrängungsprozess und der<br />

Versuch einer Erklärung<br />

(Fortsetzung)<br />

Wie es scheint, hatte Lehmann den Unmut der Mächtigen auf sich<br />

gezogen. Aber sollte er wirklich vom Chefredakteur der Zeitung abgeschrieben<br />

haben, bei der er als freier Mitarbeiter tätig war: der<br />

Germania in BerÜn? Als alter Kulturkämpfer und Zentrumsmann in<br />

Hohenzollern muss er gewusst haben, welch einflussreiche Person<br />

Adolf Franz war.<br />

Was es mit dem angeblichen Plagiat auf sich hat, darauf soll später<br />

eingegangen werden. Zunächst sollen die weiteren Vorgänge in Hohenzollern<br />

beschrieben sowie das Verhältnis zwischen Lehmann<br />

und Ludwig Egler beleuchtet werden. Dabei wird auch die Person<br />

Eglers etwas genauer vorgestellt.<br />

22<br />

Joachim Dopfer und Gebhard Füßler dem Schatzmeister für 2005<br />

eine korrekte Rechnungsführung. Daraufhin wurde diesem auch<br />

einstimmig die Entlastung erteilt. Es folgte die Entlastung des Vorstandes<br />

insgesamt.<br />

Die Entlastungen nahm der Vorsitzende zum Anlass, dem stellvertretenden<br />

Vorsitzenden Otto Werner, Schatzmeister Wolfgang<br />

Wenzel und Schriftführer Helmut Göggel für ihre im Ehrenamt geleistete<br />

Vereinsarbeit zu danken. Sein Dank galt ferner dem Mitschriftleiter<br />

der Zeitschrift für <strong>Hohenzollerische</strong> Geschichte, Herrn<br />

Dr. Zekorn, dem Schriftleiter der <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Heimat</strong>,<br />

Herrn Robert Frank, den Rechnungsprüfern sowie den Mitgliedern<br />

des Beirates.<br />

Im Anschluss an die Mitgliederversammlung fand ein öffentlicher<br />

Vortrag statt, zu dem der Vorsitzende viele neue Teilnehmer begrüßen<br />

konnte. Es sprach Vereinsmitglied Dr. Casimir Bumiller,<br />

Bollschweil, über das Thema „Polemik al fresco.- Die Historienmalerei<br />

als Feld der politischen Auseinandersetzung zwischen<br />

Württemberg und Hohenzollern". Nachdem Württemberg 1806 auf<br />

Druck Napoleons sein Vorhaben, sich Hohenzollern einzuverleiben,<br />

aufgeben musste, wurde, wie der Referent ausführte, die Polemik<br />

in Stuttgart auf dem Felde der Historienmalerei fortgesetzt.<br />

So malte der württembergische Hofmaler Joseph Anton Gegenbaur<br />

(1800 - 1876) im Neuen Schloss einen Historienzyklus, in<br />

dem auch das Motiv „Henriette von Mömpelgard besiegt Friedrich<br />

von Zollern" aufgenommen wurde, das den Triumph Württembergs<br />

über Hohenzollern im Jahr 1423 thematisierte.<br />

Bei dem 1867 abgeschlossenen dritten Bau der Zollerburg blieb<br />

Preußen Württemberg die Antwort hierauf nicht schuldig. Im Bilderzyklus<br />

der Bibliothek setzte der Historienmaler Wilhelm Peters<br />

dem Bild Gegenbaurs das Gemälde „Die Wiedererrichtung der<br />

Burg Hohenzollern 1454", das heißt den Triumph Hohenzollerns<br />

über Württemberg, entgegen. Ein weiterer Triumph hatte es 1866<br />

gegeben, als Württemberg nach der Schlacht von Königgrätz ruhmlos<br />

die Burg und das Land Hohenzollern wieder hatte verlassen<br />

müssen. - An den Vortrag schloss sich eine rege Diskussion an.<br />

Zwei Tage, nachdem Ludwig Egler in den Hohenzollernschen Blättern<br />

den Plagiatvorwurf gegen Lehmann erhoben hatte, findet sich<br />

dessen prompte Stellungnahme und scharfzüngige Gegenattacke<br />

im Zoller. Da sich die beiden großen katholischen Zeitungen Germania<br />

und Kölnische Volkszeitung nicht weiter mit der Angelegenheit<br />

befassten, ist es Lehmanns einzige Stellungnahme zu den Vorwürfen.<br />

Seine Anzeige vom 7. September 1880 im Zoller soll daher<br />

im Wortlaut wiedergegeben werden:<br />

Erklärung.<br />

Ich sehe mich zur Veröffentlichung folgender Erklärung veranlasst:<br />

Dr. Franz hielt vor etwa drei Jahren im Piussaale zu Köln einen Vortrag<br />

über die Kirchenpohtik Friedrich II. von Preußen. Der im<br />

Druck erschienene Vortrag enthält so durchschlagende Gedanken,<br />

dass ich mich entschloß, denselben zu popularisiren und für irgend<br />

eine Broschürensammlung für das katholische Volk verwendbar<br />

zu machen. Ohne mein Wissen und Zuthun erschien<br />

meine Arbeit, in der ich mich allerdings streng an den Gedankengang<br />

des Dr. Franz'schen Vortrages anlehnte, in dem bekannten<br />

,Compaß für das katholische Volk'. Ich wollte einfach eine populäre<br />

Brochüre schreiben; das war meine Absicht. Dr. Franz


scheint aber anderer Meinung zu sein und macht mir in der Germania'<br />

und .Kölnischen Volkszeitung' den Vorwurf, als hätte ich<br />

eine fremde Arbeit unter meinem Namen herausgegeben. Es ist kein<br />

leichter Vorwurf, der da gegen mich erhoben wird. Ich muthe<br />

natürlich Niemanden zu, mir oder Dr. Franz auf's Wort zu glauben.<br />

Wer sich ein unparteiisches Urtheil bilden will, der vergleiche den<br />

Vortrag von Dr. Franz mit meiner Arbeit: beide hegen im Druck vor.<br />

Ich hätte eigentlich die Sache mit Stillschweigen übergangen, wenn<br />

die ,H. Bl.' sich nicht in einen Handel gemischt hätten, der sie von<br />

Haut und Haar rein Nichts angeht. Sie drucken nemÜch einen Passus<br />

aus der .Germania' ab, um meinen Schriftstellernamen zu beflecken<br />

und meine Person in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.<br />

Wollte ich Gleiches mit Gleichem vergelten, so müßte ich<br />

Herrn L. Egler daran erinnern, wer denn einstmals den Corrector<br />

machte und die Manuscripte vom Unrath säuberte, als ein gewisser<br />

Verseschmied Sonette und Sagen fabricierte und veröffentlichte, die<br />

dann derselbe Dichterling an regierende Häupter und adelige Familien<br />

schickte - natürlich aus purer ,Uneigennützigkeit', obgleich<br />

er den .Freiheitskittel' noch nicht ausgezogen hatte.<br />

Ludwig Egler, Reproduktion Willy Beyer<br />

So Etwas ist mir freilich noch nicht passirt. Herr L. Egler plappert<br />

nun der .Germania' nach, ich hätte eine fremde Arbeit unter meinem<br />

Namen publicirt. Darauf kann ich mit gerechtem Stolz erwidern:<br />

ein Mann, der seit beinahe einem halben Menschenalter 50<br />

Erzählungen, Novellen und Romane geschrieben hat, von denen<br />

bereits viele in neuere Auflage erschienen sind und über die mitunter<br />

wirklich glänzende Recensionen vorliegen, der vielen Gelegenheitsarbeiten<br />

in Zeitungen und Zeitschriften nicht zu gedenken,<br />

der darf füglich kalt bleiben, wenn ein Buschklopfer Geräusche<br />

macht. Herr L. Egler mag ruhig sein: man wird meinen Schriftstellernamen,<br />

den ich mir mit Schweiß und mit saurer Arbeit durch<br />

Selbstbildung erworben, nicht beflecken können - ich stehe fest<br />

im katholischen Volke. Ich bin erstarkt und gewachsen ohne hohe<br />

Protectionen und fürstliche Geschenke; aber mein Widerpart ist<br />

ein Zwerg gebheben.<br />

Hechingen den 5. Sept. 1880.<br />

M. Lehmann<br />

23<br />

Das wollte sich Ludwig Egler nicht gefallen lassen. Er reagierte mit<br />

einem Artikel auf der Titelseite seiner Zeitung, in dem er noch einmal<br />

die wesentlichen Vorwürfe der beiden überregionalen Zeitungen<br />

zitiert, die er ironisch „hervorragende katholische Blätter"<br />

nennt, und sich dann darüber beschwert, dass sich Lehmann gegen<br />

ihn im Zoller auslässt, „statt sich zur ehrenhaften Rechtfertigung an<br />

die Redaktionen der .Germania' und der ,Kölner Volkszeitung'<br />

oder an Dr. Franz selbst zu wenden". Danach zitiert Egler mit leicht<br />

höhnischer Zwischenbemerkung Lehmanns gesamte Erklärung im<br />

Wortlaut und fügt an: „Gegen diesen Schmutz mich zu vertheidigen<br />

finde ich für unwürdig und meine Zeit zu kostbar. Ich beschränke<br />

mich nur darauf zu erklären, daß die Behauptung des Herrn Lehmann,<br />

der allerdings s. Z. sich an der Revision der Druckbogen<br />

betheiligte, als hätte er meine Manuscripte von Unrath gesäubert,<br />

eine grobe wissentliche Unwahrheit ist."<br />

Fünf Tage später meldet sich der Schriftleiter der Hohenzollernschen<br />

Blätter noch mal recht süffisant mit einem Artikel, in dem er<br />

sich öffentlich über Lehmann lustig macht. Eglers Anzeige erscheint<br />

großformatig auf einer halben Zeitungsseite am 16. September<br />

1880:<br />

Der Riese Michael<br />

Eine Gerichtsverhandlung<br />

bunal in 1 Akt.<br />

Personen:<br />

vor dem kritisch-literarischen Tri-<br />

Der Unparteiische.<br />

Michael, Riese und literarische Größe I. Ranges, Exredakteur<br />

des „Zoller" und viereckiger & Correspondent der<br />

Germania, Agentin von Lourder Wasser und Marpinger Schwindel.<br />

Dr. Franz,Schriftsteller.<br />

Leo W o e r 1, Verlagsbuchhändler.<br />

Der Unpart.: Treten Sie näher, Angeklagter Michael. Die anwesenden<br />

Zeugen, Frl. Germania und die H.H. Franz und Woerl,<br />

behaupten, dass Sie sich mit fremden Federn geschmückt hätten.<br />

Angekl., ist das wahr?<br />

Der Riese M i c h a e 1: Ich bin ein Mann, der im Schweiße<br />

seines Angesichtes 50 Romane verübt hat, ich bin erstarkt und gewachsen,<br />

mit einem Wort: ein geistiger Riese!<br />

Der Unpart.: Antworten Sie mir auf meine Frage: Haben Sie die Arbeit<br />

des mitanwesenden Zeugen, Dr. Franz, als die Ihrige ausgegeben?<br />

Der Riese Michael: Ha, Egler ist ein armer Zwerg, ein<br />

Dichterling, ich aber, meine Herren, stehe im katholischen Volke!?<br />

Der U n p a r t.: Sie stehen vor diesem Tribunal, hören Sie doch,<br />

und sollen erklären, wie es kommt, daß Ihre Arbeit eine so unheimliche<br />

Aehnlichkeit mit der des Zeugen Franz hat!<br />

Der Riese Michael: Ganz richtig, Egler ist ein Verseschmied,<br />

ein Buschklopfer, ein...<br />

Der Unpart.: So hören Sie doch endlich, Sie Michael! haben<br />

Sie abgeschrieben oder nicht? Antworten Sie mit Ja" oder „Nein"!<br />

Der Riese M i c h a e 1: Ich bin der größte Mann, nicht nur<br />

der Firstgasse, sondern auch des Jahrhunderts. Mein Ruhm reicht<br />

vom „Sonnen"-Aufgang bis zum Niedergang. Vom Sternbild des<br />

„Löwen", der Casinopeja, bis zur Lisula lauscht man meiner<br />

Stimme Schall. Ich, meine Herren, habe noch nie einen so großen<br />

Mann gesehen! (Beifall im Zentrum.)<br />

Der U n p a r t.: Da Sie keine Antwort auf meine Frage geben, so<br />

werde ich zur Zeugenvernehmung schreiten. Was haben die Zeugen<br />

zu bekunden?<br />

Germania<br />

Dr. Franz } Der Michael hat abgeschrieben!<br />

Leo Woerl


Der Unpart.: Ruhe! Erst muß ich die gewöhnlichen Vorfragen<br />

an Euch richten: Seid Ihr mit dem Angekl. Michael verwandt, verschwägert<br />

oder habt Ihr von ihm Versprechungen oder Geschenke<br />

erhalten, um zu seinen Gunsten Zeugenschaft abzulegen?<br />

Germania<br />

Dr. Franz } Nein!<br />

Leo Woerl<br />

Der Riese Michael: Wie, Ihr Zeugen, bin ich Euch nicht<br />

geistig verwandt, bin ich nicht kathol. Volksmann, Schriftsteller für<br />

Wahrheit, Freiheit, Recht und Honorar? Ist mein kleiner „Zoller"<br />

nicht ein würdiger Sprosse der „Germania"?<br />

Der Unpart.: Nun, was habt Ihr zu erwidern?<br />

Germania<br />

D r. F r a n z } (Schweigen).<br />

Leo Woerl<br />

Der U n p a r t: Da Ihr mir alle Vier von der gleichen Couleur zu<br />

sein scheint, so kann ich Euch nicht vereidigen. Aber der Riese<br />

Michael wird hiermit verurtheilt, den Tenor des Erkenntnisses<br />

zweimal in den „Hohenzollernschen Blättern" zu veröffentlichen*).<br />

V. R. W.<br />

*)Geschehen in No. 135 und 137 der „Höh. Bl." Anm. des Setzers.<br />

Verantwortlicher Redakteur: L. E g 1 e r<br />

Die Polemik geht weiter<br />

Auf Eglers satirisches Tribunal antwortet Lehmann in der Folgezeit<br />

nicht mehr öffentlich. Auch Egler scheint mit der Angelegenheit abgeschlossen<br />

zu haben. Doch noch im selben Monat entbrennt die<br />

alte Pressefehde wegen anderer Themen wieder in aller Heftigkeit,<br />

so dass sich die beiden Streithähne erneut in bewährter Manier<br />

persönhch in schärfster Form angreifen.<br />

Jetzt warfen die Hohenzollernschen Blätter Lehmann vor, den Richter-<br />

und Beamtenstand Hohenzollerns angegriffen zu haben, weshalb<br />

sie ihn wohl auch bei der Kirchenbehörde denunzierten. Daraufhin<br />

erklärt Lehmann selbstsicher, einen Gerichtsprozess zu riskieren,<br />

in dem er dann - mit Anspielung auf Eglers Vergangenheit<br />

- „mit den Leuten von gesundem Menschenverstand über verhätschelte<br />

Dichterlinge und ver- Poeten lachen" würde. Im Gegenzug<br />

lästert Egler im Streit um die „liberalisirten Schulen" über den Ex-<br />

Lehrer Lehmann, früher ein mittelmäßiger, wenn nicht schlechter<br />

Schulmeister gewesen zu sein.<br />

So wurde die Polemik immer wieder neu entfacht und ging auf politischer<br />

Ebene in die nächste, wie so oft üble Phase. Das wiederholte<br />

sich ständig und ging ähnlich auch nach dem Tod der beiden<br />

„Erzfeinde" weiter. Die gegenseitige Polemik hielt praktisch über<br />

die gesamte Zeit des Zoller an, so dass dieser 63-jährige Pressekleinkrieg<br />

genauso gut als die „große <strong>Hohenzollerische</strong> Pressefehde"<br />

bezeichnet werden könnte.<br />

Zieht man Lehmanns „Erklärung" im Zoller zur Beurteilung der<br />

Beziehung zwischen ihm und Egler heran, dann geht daraus hervor,<br />

dass Lehmann so etwas wie ein Lektor von Eglers Frühwerken<br />

war, und dass es einstmals eine Freundschaft unter den beiden<br />

Männern gegeben haben muss. Schließlich half auch Ludwig Egler<br />

dem etwa gleichaltrigen Lehmann. Am gleichen Tag, an dem Egler<br />

etwas schwammig zugab, dass Lehmann sich an der Revision seiner<br />

Druckbogen beteiligt habe, veröffentlichte ein anonymer Autor,<br />

der sich als „Von der Starzel" vorstellt, in den Hohenzollernschen<br />

Blättern einen Artikel, in dem er angibt, dass die „gedankenschö-<br />

24<br />

nen Gedichte" in Lehmanns „Tyroler Anneri" (1857) und im<br />

„Wolfrath von Vehringen" (1856) von Ludwig Egler stammen. Der<br />

Unbekannte scheint so etwas wie ein Trittbrettfahrer zu sein, der<br />

sich an der Hetze gegen Lehmann beteiligt, in dem er zwei weiteren<br />

Lehmann-Werken eine große Ähnlichkeit mit Büchern anderer<br />

Schriftsteller bescheinigt: „Wenn es kleine Kinder wären würde<br />

man meinen, sie haben den gleichen Vater."<br />

Schaut man sich die drei Gedichte an, dann fällt der ästhetisierende,<br />

heutzutage etwas schwülstig wirkende Stil auf, mit dem die<br />

Zeilen geschickt in die Handlungen der Bücher eingefügt sind. Ein<br />

Stil, den auch Lehmann in seinen frühen Prosawerken verwendete<br />

und der sich ebenso in dem Werk wieder findet, bei dem Lehmann<br />

- wie auch immer - geholfen hat: Der „Sonettenkranz", 1857 als<br />

Erstlingswerk von Louis Egler in Hechingen herausgegeben. „Der<br />

Sonettenkranz", schreibt in Eglers Todesjahr 1889 sein Freund August<br />

Holder in der Zeitschrift „Schwabenland", „war ein Akt dankbarer<br />

Huldigung an seine hochherzige Gönnerin Fürstin Eugenie<br />

...". [•]<br />

Protektionen, Märzverein und Vaterlandsliebe- <strong>Heimat</strong>dichter<br />

wird instrumentalisiert<br />

Im „Sonettenkranz" huldigt der <strong>Heimat</strong>dichter mit insgesamt 38<br />

Gedichten dem Adel und der „Mutter der Armen", Fürstin Eugenie.<br />

Anerkennung für seinen „Sonettenkranz" erhielt Egler in Form einer<br />

goldenen Medaille aus Preußen und von Josephine, der Königin<br />

von Schweden und Schwester der Fürstin Eugenie. Außerdem<br />

von Fürst Karl Anton die goldene Medaille „Benemerenti" für seine<br />

wissenschaftlichen Leistungen. „Mein Rufname Louis", zitiert Holder<br />

aus der unvollendeten Lebensbeschreibung Eglers, „ist alles,<br />

was an mir französisch ist". Er fügt an: „Doch scheint er sich im<br />

neuen Reiche, wie auf den Buchtiteln seit 1871 zu ersehen ist, ausnahmslos<br />

Ludwig geschrieben zu haben." Eglers Wandlung nach<br />

dem deutsch-französischen Krieg zeigt sich auch in seiner einzigen<br />

pohtischen Dichtung, „den patriotisch durchglühten dramatischen<br />

Bildern von .Deutschlands Ehrenkampf 1870/71'". Nach dem<br />

Krieg wurde Egler auch das Kreuz für Nichtkombattanten verliehen.<br />

Dabei freute sich der junge Louis Egler in seiner Autobiographie,<br />

im Revolutionsjahr 1848 durch Losentscheid nicht zum Militär<br />

eingezogen worden zu sein. Er kam kurz darauf in die Hechinger<br />

Bürgerwehr, die nach dem „Franzosenlärm", Gerüchten<br />

über marodierende französische Soldaten, gegründet wurde, und<br />

musste exerzieren, „was ich nicht ungerne that", wie er vermerkt.<br />

Für den jungen Bürgerwehrmann war die Errichtung eines einigen<br />

Deutschen Reiches der schönste Traum. Von der damaligen Freiheitsbegeisterung<br />

erfasst, trat Egler in den „Märzverein" ein, hatte<br />

also den „Freiheitskittel" angezogen, wie Lehmann meinte. Die Hohenzollernschen<br />

Blätter meinten später, dass es die Liebe zum<br />

deutschen Vaterlande war, die Egler zur Politik und Publizistik<br />

führten, und charakterisieren ihren früheren Chefredakteur entsprechend:<br />

„Ueberzeugungstreuer Katholik, in schwärmerischer<br />

Verehrung dem deutschen Vaterland zugetan, das er im Kaiserreich<br />

Bismarck' scher Prägung verkörpert sah, huldigte er ebenso den<br />

liberal-fortschrittlichen Gedankengängen seiner Zeit." Ein anderes<br />

Mal feierte das Blatt, das im nationalsozialistischen Deutschland<br />

Parteiorgan war, den <strong>Heimat</strong>dichter enthusiastisch, als Ortsgruppenleiter<br />

Weidle und andere regionale NS-Größen 1935 einen<br />

Kranz auf Eglers Grab niederlegten. Die Widmung auf der Kranzschleife<br />

lautete: „Das nationalsozialistische Deutschland ehrt seine<br />

schwäbischen Dichter." So wurde der feinsinnige Poet Ludwig Egler<br />

schließlich noch post mortem ganz im Sinne des nationalsozialistischen<br />

Gedankenguts instrumentalisiert.


Seifensieder, Dichter und Stadtchronist<br />

Wie schon Michael Lehmann wurde auch Egler nachgesagt, mit sei-<br />

nen Talenten gewuchert zu haben. Ludwig Egler (24.8.1828 -<br />

2.8.1898) war und ist in der Bevölkerung im Raum Hechingen<br />

hoch angesehen, was vor allem auf seine Verdienste als erster <strong>Heimat</strong>forscher<br />

und Volkskundler zurück zu führen ist. Egler war gelernter<br />

Seifensieder wider Willen. Er übernahm den väterlichen<br />

Handwerkbetriebs 1854 und hatte darüber hinaus stets zusätzliche<br />

Einnahmequellen, etwa als Waschmittelverkäufer, Versicherungsund<br />

Auswanderungsagent sowie später als Zeitungsredakteur. Ludwig<br />

Egler ist der Historiograph der Stadt Hechingen und war Dichter,<br />

Schriftsteller, Kommunalpolitiker, Märchen- und Sagensammler<br />

sowie Geschichtsforscher. Er war Mitglied im Verwaltungsrat<br />

der höheren Töchterschule und der Frauenarbeitsschule sowie im<br />

Kuratorium der königlichen Realschule, um nur einige zu nennen.<br />

Zudem war Egler Mitglied und zum Teil Vorstandsmitglied vieler<br />

Vereine, etwa dem Landwirtschaftlichen Verein, dem Gewerbeverein,<br />

dem Abendverein und dem Verschönerungsverein. Er war im<br />

<strong>Hohenzollerische</strong>n Altertums- und <strong>Geschichtsverein</strong> ebenso wie im<br />

Musikverein über Jahrzehnte Mitglied oder im Vorstand tätig.<br />

Freunde ...<br />

Dass sich Ludwig Egler und Michael Lehmann in der rund 2500<br />

Einwohnern zählenden Kleinstadt Hechingen kennen lernen mussten,<br />

hegt auf der Hand. Beide wurden als Gesellschafter beschrieben<br />

und waren Autodidakten mit gleichen Interessensgebieten,<br />

wie Geschichte, Geographie, Literatur und auch Musik (Ludwig<br />

Egler hatte im sogenannten „Orpheischen Hechingen" als begeisterter<br />

Sänger an Oratorienaufführungen teilgenommen). Im Sommer<br />

1851 hatte Egler seine Wanderjahre beendet und kam endgültig<br />

in seine <strong>Heimat</strong>stadt zurück. Der junge Lehrer Michael Lehmann<br />

kam im November 1853 an die Hechinger Stadtschule und<br />

konnte bereits auf Erfahrungen als Redaktionsleiter (Magazin für<br />

Pädagogik) und Verfasser von Aufsätzen zurückweisen. Sein Debüt<br />

als Schriftsteller datiert mit „Ein Vielgeprüfter" auf das Jahr 1854.<br />

Als Egler 1857 sein Erstlingswerk veröffentlichte, war Lehmann mit<br />

acht Büchern, teils in zweiter Auflage, schon ein recht erfolgreicher<br />

Autor. Es ist vorstellbar, das der um ein Jahr ältere Lehmann<br />

der Freund Eglers war und sich beide gegenseitig ergänzten.<br />

Ein weiterer Hinweis auf ein zumindest freundschaftliches Verhältnis<br />

ist die Tatsache, dass beide lange Jahre und zu gleicher Zeit die<br />

Geschicke des Musikvereins in leitender Funktion beeinflusst haben.<br />

Michael Lehmann wurde bereits 1853 Beigeordneter, bis er<br />

1855 zur Schriftführerfunktion wechselte und dann 1856 die musikalische<br />

Leitung übernahm. In einer Zeit, als der Musikverein<br />

„den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens in der Stadt Hechingen"<br />

darstellte, wie die Hohenzolleraschen Blätter 1911 angeben.<br />

Er blieb bis 1874 Dirigent. Ludwig Egler war von 1855 bis<br />

1856 zunächst Beigeordneter, dann von 1856 bis 1859 und von<br />

1862 bis 1870 Schriftführer, 1860 und 1872 noch mal Beigeordneter<br />

im Vorstand und schlussendlich von 1873 bis 1883 Vereinsvorsteher.<br />

Vorgänger von Lehmann als Dirigent des Musikvereins<br />

waren für jeweils einige Jahre Ruff, Wichtl jun., Seifriz/Klotz, Täglichsbeck<br />

und Wichtl. Mit Max Seifriz war Egler in jungen Jahren<br />

befreundet. Seifriz arbeitete nach der Märzrevolution mit Richard<br />

Wagner in dessen Züricher Exil zusammen und wurde von ihm beeinflusst.<br />

Das hatte später Auswirkungen auf das Orchesters des<br />

abgedankten Fürsten Friedrich Wilhelm Constantin von Hohenzollern-Hechingen<br />

im schlesischen Löwenberg. Seifriz hatte sich nämlich<br />

zum Avantgardisten gewandelt und wurde Nachfolger von Tho-<br />

25<br />

mas Täglichsbeck als Kapellmeister in Löwenberg. Wenige Jahre<br />

später erwarb sich das Orchester den Ruf, das beste in ganz<br />

Deutschland zu sein, und Löwenberg wurde zum Zentrum der sogenannten<br />

„Neudeutschen Schule".<br />

August Evelt, Reproduktion Willy Beyer<br />

Einige Jahre nach dem Weggang der Hechinger Hofkapelle nach<br />

Löwenberg wurde in Hechingen der Musikverein mit den noch vorhandenen<br />

Musikkräften neuorganisiert. Etwa zur gleichen Zeit, als<br />

Seifriz Kapellmeister in Löwenberg wurde, übernahm Michael Lehmann<br />

die Leitung des Musikvereins, den er in den folgenden Jahren<br />

- auf Hechingen bezogen - ebenfalls in eine glanzvolle Epoche<br />

führte. 18 Jahre lang war er Dirigent (Männerchor, gemischter<br />

Chor und Orchester) und damit auch bis 1873 dem Sänger Ludwig<br />

Egler vorgesetzt, der dann, als Vereinsvorsitzender zum Chef von<br />

Michael Lehmann wurde. Die Polemik zwischen den beiden hohenzollerischen<br />

Zeitungen lief zu diesem Zeitpunkt bereits an und<br />

hatte 1874 ihren Höhepunkt. So ist nachvollziehbar, warum Lehmann<br />

1874 als Dirigent des Musikvereins ausschied und es zum<br />

endgültigen Bruch mit Egler kam. Ob ein vereinsinternes Zerwürfnis<br />

eine Rolle spielte ist unklar. Anzumerken ist jedoch, das auch<br />

Lehmanns größter politischer Gegner einst Mitglied im Musikverein<br />

war: August Evelt, ein Jahr jünger als Lehmann, und von 1864<br />

bis 1866 ebenfalls im Vorstand. Er war wohl in 1874 aktives Mitglied,<br />

als er bereits liberaler Abgeordneter im preußischen Landtag<br />

und Reichstag, Direktor des Kreisgerichts Hechingen und nebenbei<br />

freier Mitarbeiter der Hohenzollernschen Blätter war. Und<br />

gerade in diesem Jahr, der heißen Phase des Kulturkampfs, ergingen<br />

etliche Verurteilungen gegen Michael Lehmann, auch zu Gefängnisstrafen.<br />

Somit war der Dirigent des Musikvereins 1874 ein<br />

Vorbestrafter.<br />

Für die einstigen Freunde, die ihre letzte Ruhestätte auf dem Hechinger<br />

Heiligkreuzfriedhof fanden, soll im Frühling 2006 Ludwig<br />

Eglers Gedicht als später Gruß verstanden werden:


Der Gottesacker im Frühling.<br />

0 Friedhof Du, o Gottesgarten,<br />

Zu Dir auch kam er schon herab<br />

Der Frühling, Deiner treu zu warten,<br />

Zu schmücken lieblich Grab um Grab.<br />

Da sind schon Blumen viel entsprossen.<br />

Wie schön ist's ihren Kranz zu sehn!<br />

Die Tränen , die da sind geflossen,<br />

Sie feierten ihr Auf ersteht.<br />

Die fielen nicht zur Erde nieder,<br />

Wie Tau, der dann versiegen muß,<br />

Als Blumen kamen sie Dir wieder,<br />

Als der Geschiednen Frühlingsgruß.<br />

*Auszug aus dem „Sonettenkranz":<br />

Die ihr geschmückt seid mit den Herrscherkronen,<br />

Ihr Fürsten auf dem weiten Erdenrunde,<br />

Soll Liebe blüh'n in eurem Völkerbunde,<br />

Streut ihren Samen aus von euren Thronen!<br />

Die Frucht der Liebe reift in allen Zonen,<br />

Wächst mit der Dankbarkeit auf gleichem Grunde;<br />

Und wo ein Volk sie trägt in Herz und Munde:<br />

0 glücklich Land, wie gut ist's da zu wohnen! -<br />

Eugenie, die auf uns niederblickte<br />

Mit Ihrem Muttersegen, Ihrer Liebe,<br />

Sie lebt, ob Sie der Tod uns auch entrückte.<br />

Sie lebt in uns, und wird gehebt noch werden<br />

In später Zukunft mit dem gleichen Triebe: -<br />

Ihr steht ein ewig Monument auf Erden.<br />

Quellennachweise:<br />

- Der Zoller, Nr. 104,109,111 (1880)<br />

- Hohenzollernsche Blätter Nr. 135,137.140, (1880)<br />

- 100 Jahre Hohenzollernsche Blätter - Hechinger Tagblatt/Anzeigeblatt<br />

für Hohenzollern - 1829-1929, Jubiläumsausgabe<br />

vom 3. Oktober 1929 in: Hohenzollernsche Blätter<br />

CHRISTIAN H. FREITAG/ RICHARD HAIDLAUF<br />

Die Kalkofer Steige - ein frühes Großprojekt<br />

des Straßenbaus in Hohenzollern<br />

Die Strecke Pfullendorf - Stockach ist eine alte Verkehrsachse, die den<br />

nordwestlichen Bodenseeraum mit dem oberschwäbischen Hinterland<br />

verbindet. Wo immer möglich folgt sie dem Landschaftsprofil: in<br />

der Regel entlang der eiszeitlichen Moränenzüge bis nach Stockach,<br />

dem „Tor zum Bodensee". An dieser natürlichen Trassenvorgabe orientierte<br />

sich wohl auch der Verlauf einer Römerstraße, deren mutmaßlichen<br />

Spuren die Wegebauer späterer Jahrhunderte und auch<br />

die Postkursstrecke Ulm -Stockach folgten.<br />

Bei Schernegg - Kalkofen im Hohenfelser Land triff die Straßenführung<br />

hart an einen Seitenausläufer des auf Stockach zulaufenden<br />

Aachtals heran. Dort - allerdings um abschreckend-hinderliche<br />

einhundert Höhenmeter tiefer - verläuft die Talstraße von<br />

Owingen nach Winterspüren und Stockach, eine vergleichsweise<br />

bequeme, im wesentlichen ebene Strecke. Dass im Rasthaus<br />

Schernegg, der seit Jahrhunderten bekannten „Weintaverne und<br />

26<br />

- Lehmann, Michael: „fyroler Annerl", Augsburg und Leipzig<br />

1856 und 1857 bzw. Regensburg 1875<br />

- Lehmann, Michael: „Wolfrath von Vehringen", Augsburg 1856<br />

- Holder, August: Zum Gedächtnis Ludwig Egler's. Geschrieben<br />

am siebzigsten Jahrestag seiner Geburt. In: Schwabenland, Illustrierte<br />

Halbmonatsschrift, Stuttgart, Nr. 17 S.257-259- (1898)<br />

- Egler, Ludwig: Deutschlands Ehrenkampf 1870/71. Dramatische<br />

Bilder von Ludwig Egler, Sigmaringen 1873<br />

- Aus der Autobiographie Ludwig Eglers, In: Ludwig Egler. Ausgewählte<br />

Schriften und Gedichte, Hechingen 1998<br />

- Egler, Louis: Sonetten-Kranz zur Erinnerung an das Leben und<br />

den Tod Ihrer Durchlaucht, der höchstseligen Fürstin Eugenie<br />

von Hohenzollern-Hechingen geb. Prinzessin von Leuchtenberg,<br />

Hechingen 1857<br />

- Ludwig Egler - der erste Albvereinler, Hohenzollernsche Blätter<br />

vom 5.6.1953<br />

- Ein Kranz auf dem Grabe Ludwig Eglers. Der Ehrentag der<br />

schwäbischen Dichter in Hechingen. In: Hohenzollernsche<br />

Blätter Nr.35 vom 11.02.1935<br />

- Ludwig Egler. Zu seinem hundertsten Geburstag, Hohenzollernsche<br />

Blätter vom 24.08.1928<br />

- Ludwig Egler. Zu seinem 40. Todestag am 2. August, Wochenendbeilage<br />

vom 30./31.1938 in: Hohenzollernsche Blätter<br />

- Kommunalpolitiker und Märchenforscher in einem. Ausstellungseröffnung<br />

am 25. November, Schwarzwälder Bote vom<br />

18.11.1998<br />

- Gelernter Seifensieder wider Willen. Fortsetzungsreihe über<br />

Ludwig Egler in: Schwarzwälder Bote vom 24.12., 29. und<br />

30.12.1998, 2.01., 5.01., 7.01. und 8.01.1999<br />

- Zum 75jährigen Jubiläum des Musikvereins Hechingen. Fortsetzungsreihe<br />

in: Hohenzollernsche Blätter Nr.: 231, 232, 234,<br />

235, 236,237, 238 (1911)<br />

- Clytus Gottwald: Max Seifriz. Beiträge zu Lebenslauf und Werk,<br />

Rottweil 2003<br />

- <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>bücherei Hechingen, Bestände: UB<br />

74, P.21, UB 448<br />

(Fortsetzungfolgt)<br />

Herberge an der Landstraße" (Zingeler, S. 2260 mancher Reisende<br />

und Fuhrmann mit dem Gedanken gespielt hat, hier die Abkürzung<br />

in Richtung Stockach bzw. Überlingen zu nehmen, darf man wohl<br />

als sicher annehmen - zumal angesichts der auf dem traditionellen<br />

Höhenweg noch anstehenden, gefürchteten Steigen bei Deutwang<br />

und Ursaul!<br />

Gleichwohl gab es ja eine Verbindung von Schernegg - Kalkofen<br />

hinunter ins Tal, allerdings nur in Gestalt eines halsbrecherisch<br />

steilen, z. T. durch einen Bach verlaufenden „Mühlwegs". Dieser<br />

Vicinalweg musste von den Hohenfelser Bauern - ob sie wollten<br />

oder nicht - benutzt werden, um die im Tal gelegene herrschaftliche<br />

Bannmühle („Neumühle") zu erreichen.<br />

Von einem auch für den Normalverkehr tauglichen Anschluss an<br />

die in greifbarer Nähe hegende Talstraße werden also viele geträumt<br />

haben, all dies lange jedoch Illusion mit Blick auf die topographischen<br />

und die technischen Schwierigkeiten - ganz zu<br />

schweigen von den Kosten eines solchen Großprojekts.<br />

Anfang des 19. Jahrhunderts, in der Zeit nach den Befreiungskriegen,<br />

kam es, wenn auch nur mählich und mit Rückschlägen, zu ei-


nem wirtschaftlichen Aufschwung und einem wachsenden Han-<br />

delsaustausch im deutschen Südwesten. Namentlich der Getreide-,<br />

Holz- und Fruchthandel zwischen dem Bodenseeraum und seinem<br />

Hinterland prosperierte, gefördert u.a. durch den Beitritt Hohenzollerns<br />

und Badens zum Zollverein und den Ausbau des Bodenseehafens<br />

bei Sernatingen, der 1826 als „Ludwigshafen" dem Verkehr<br />

übergeben wurde. Im Zuge der steigenden Verkehrsnachfrage<br />

zog der Hafen bedeutenden Groß- und Speditionshandel an<br />

sich. Auch in Hohenzollern führte diese Entwicklung zu einer deutlichen<br />

Zunahme des Verkehrsaufkommens, namentlich auf der<br />

hier besprochenen Strecke Krauchenwies -Pfullendorf - Schernegg<br />

- Stockach.<br />

Die <strong>Hohenzollerische</strong> Regierung in Sigmaringen bemühte sich<br />

demgemäß, das nach den Kriegsjahren der napoleonischen Zeit<br />

weiter heruntergekommene Straßenbauwesen neu zu ordnen. Ein<br />

Dekret aus dem Jahre 1821 bestimmte, dass die „Herstellung und<br />

Erhaltung der Landstraßen... nicht mehr den (oft überforderten -<br />

Vf.) Ämtern und Gemeinden überlassen, sondern von nun an als<br />

Landessachen auf Rechnung der Hauptkasse unter Aufsicht und<br />

Leitung der Ober-Straßen-Inspektion besorgt" werden solle.<br />

Gleichzeitig machte man allerdings auch deutlich, dass Teile der<br />

Straßenbauleistungen nach wie vor durch „Hand- und Fuhrfrohnen"<br />

der Anlieger zu erbringen seien - gleichwohl „mit Rücksicht<br />

auf die Feldgeschäfte" der betreffenden Bauern, wie es recht vage<br />

hieß. (Gesetze Sigmaringen, 1821, S. 120<br />

Eines der ersten großen Straßenbauprojekte dieser Zeit war eine<br />

völlig neu trassierte Serpentinenstraße, die vom hohenzollerischen<br />

Schernegg - Kalkofen hinunter ins badische Mahlspüren i. Tal<br />

führte, um so, wie es 1827 in einem Memorandum der Sigmaringer<br />

Straßenbehörde hieß, „dem Frachtführwesen im Lande Erleichterung<br />

(zu) verschaffen".<br />

Es wäre allerdings falsch anzunehmen, dass in diesen Jahren allgemein<br />

nach besseren Straßenverhältnissen gerufen wurde. Wie<br />

der Verkehrshistoriker Anton Heimes in seiner Studie über das 19.<br />

Jahrhundert feststellt, wurden „gelegentlich... schlechte Wege<br />

auch als Vorteil für die ansässige Bevölkerung angesehen, weil die<br />

Wagen sehr langsam vorankamen und damit den Gastwirten und<br />

einschlägigen Handwerkern größere Verdienstmöglichkeiten entstanden.<br />

Das örtliche Interesse an einer durchgreifenden Verbesserung<br />

der Verkehrswege war deshalb begrenzt. Es war es auch<br />

deshalb, weil die Bevölkerung zur kostenlosen Straßenarbeit im<br />

Rahmen der Hand- und Spanndienste herangezogen wurde." (Heimes,<br />

S.24)<br />

Zudem gab es auch solche Landesherren, „denen wenig daran<br />

(lag), ihre Strassen zu bessern, denn dadurch hätten sie nur erreicht,<br />

dass die fremde Ware aus ihrem Gebiet schnell wieder verschwand.<br />

Auch hielt man Strassen für gefährlich, weil sie den<br />

Durchzug fremder Truppen begünstigten." (Heimes, S.24)<br />

Die im folgenden geschilderten Vorgänge um den Bau der neuen<br />

Schernegger Serpentine - oder der „Kalkofer Steige", wie sie heute<br />

auch genannt wird - stehen in eben diesem Spannungsfeld widerstreitender<br />

Interessen. Straßenbau, ein damals wie heute kontroverser,<br />

hochpolitischer Vorgang!<br />

Planung<br />

Jahrhundertelang hatte das Obervogteiamt Hohenfels (mit den Orten<br />

Kalkofen, Liggersdorf, Deutwang, Mindersdorf, Selgetsweüer<br />

und Oberndorf) zum Deutschen Orden gehört. 1806 kam es im<br />

Rahmen der napoleonischen Neuordnung im deutschen Südwe-<br />

27<br />

sten zum Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen. 1823 verlor Hohenfels<br />

seinen Status als eigenständige Verwaltungseinheit und<br />

wurde dem Oberamt Wald unterstellt. Nicht unbedingt zum Nachteil:<br />

im Dezember 1826 legte der dortige Oberamtmann von Sallwürk<br />

ein Memorandum vor, in dem er die „Hochfürstliche Hochpreisliche<br />

Regierung" unter Bezug auf zunehmende Klagen aus der<br />

Bevölkerung auf die „unzulänglichen Wegeverhältnisse" im Hohenfelsischen<br />

aufmerksam machte:<br />

„Der Fahrweg von Kalkofen nach Mahlspüren befindet sich in einem<br />

Zustande, welcher jeden Verkehr dieser Orte mit Fuhrwerk<br />

unmöghch macht. Es ist die Straße, auf welcher die Mahlkunden<br />

von Liggersdorf und Kalkofen ihre Fruchten in die Neumühle, wohin<br />

sie gebannt sind, bringen und das Mehl zurückführen sollten.<br />

Der bisherige Lauf des Weges ist schon von der Art, dass ihn die für<br />

die Vicinalwege bestehenden Vorschriften verwerfen, da er nirgends<br />

fahrbar hergestellt werden kann. Er zieht nämlich größtenteils<br />

in dem Bette eines Baches fort, welche heftige Regengüsse öfters<br />

nötigen, seine Ufer zu übertreten, und die Winterkälte zwingt,<br />

Eislagen übereinander anzusetzen, die für das Fuhrwerk und das<br />

Vieh äußerst beschwerlich und gefährlich werden."<br />

Durch eine neue Straßenführung ergäben sich - so das „Hochfürstlich<br />

Hochlöbliche Oberamt Wald" - auch überörtliche Vorteile:<br />

„Man will es hier nicht unberührt lassen, dass der eine halbe<br />

Stunde lange, zu zwei Drittheilen auf Sigmaringenschem und zu einem<br />

auf Badenschem Boden hinziehende Weg sich bei Mahlspüren<br />

in die neugebaute Landstraße nach Salem mündet und auf dieser<br />

Stockach mit Vermeidung der Hügel zwischen Schernegg und<br />

Deutwang, so wie der bedeutenden Steige bei Deutwang selbst,<br />

eben und bälder erreicht werden könnte. Die Frage, ob es nicht<br />

ratlicher sei, eine neue Landstraße eine kleine halbe Stunde lang<br />

(Wegstrecken wurden damals gerne in Reisezeiten ausgedrückt -<br />

Vf.) zu bauen, um die Kosten einer bereits bestehenden durch 1<br />

1/2 Stunden für immerwährende Zeiten zu ersetzen, verdient wenigstens<br />

einer näheren Prüfung und Untersuchung durch Sachverständige,<br />

in einem Zeitpunkte, wo der Ludwigshafen zu einem besonders<br />

besuchten Handels und Stapelplatze erhoben werden zu<br />

wollen scheint." Zudem „entständen für die Herrschaft (Hohenfels)<br />

besondere Vorteile durch die bequeme Verbindung nach<br />

Stockach und Überlingen, auch günstig für die Frucht- und Holzverkäufer".<br />

Durch den Bau der neuen Straße entfiele schließlich<br />

auch der recht aufwendige Unterhalt einer Reihe von kleineren Vicinalstraßen<br />

und Nebenwegen.<br />

Ein offenbar überzeugender Vorschlag. Bereits wenige Tage später<br />

erging seitens der Regierung der Auftrag an die Ober-Straßen-Inspektion<br />

und an das für Hohenfels zuständige Amt in Wald, detaillierte<br />

technische und finanzielle Pläne für diese neue Straßenverbindung<br />

nach Baden auszuarbeiten. Zudem sei umgehend Kontakt<br />

mit der zuständigen badischen Behörde, dem Bezirksamt Überlingen,<br />

aufzunehmen, wo man sich umgehend kooperativ und sehr<br />

interessiert an dieser grenzüberschreitenden Verkehrsverbindung<br />

zeigte.<br />

Schon im März 1827 standen die planerischen Eckpunkte dieses,<br />

wie sich zeigen sollte, Großprojekts fest: nicht Bau eines „bloßen<br />

Vicinalweges", sondern Ausführung „in der Eigenschaft als Landstraße".<br />

Die Strecke sollte in einer Breite von 25 Fuß (= ca. 7,5 m)<br />

mit Drainagegräben und Wasserdurchlässen (Dohlen), einem maximalen<br />

Gefälle von 5 bis ausnahmsweise 7 Prozent und einer Kiesschüttung<br />

von 10 bis 12 Zoll (= ca. 25 cm) ausgeführt werden. Mit


Blick auf ein wohl wachsendes Verkehrsaufkommen in diesem<br />

Raum wollte man offenbar nicht kleckern, sondern klotzen.<br />

Finanzierung<br />

Bereits im September 1827 lag ein von einem Geometer ausgearbeiteter<br />

Plan für eine Serpentinenstraße mit 11 Windungen vor.<br />

Vom Grundsatz her war zunächst die <strong>Hohenzollerische</strong> Staatskasse<br />

baukosten- und unterhaltspflichtig, wobei allerdings, wie es gleich<br />

einschränkend hieß, die Hohenfelser Gemeinden auch „ins Mitleid<br />

zu ziehen", d.h. an Bau und Finanzierung zu beteiligen seien. Die<br />

Gesamtkosten einschließlich der Entschädigung für die benötigten<br />

Flächen schätzte man auf 4500 Gulden.<br />

Dass die nächsten Anlieger, die Gemeinden Kalkofen/ Schernegg<br />

und Liggersdorf, sich zugunsten der neuen Trasse aussprachen,<br />

dagegen die durch die neue Straßenführung ins Abseits geratenden<br />

Gemeinden Deutwang, Mindersdorf und Oberndorf vehement opponierten,<br />

konnte nicht überraschen - spätestens als der Finanzierungsplan<br />

dann im einzelnen bekannt wurde. Demnach sollte die<br />

„Hochfürstlich Sigmaringische Hauptlandeskasse" 2000 Gulden,<br />

die von den Hohenfelser Gemeinden unterhaltene Landschaftskasse<br />

1500 Gulden aufbringen. Die Gemeinde Kalkofen, als Hauptnutznießerin,<br />

sicherte zudem 500 Gulden als „freiwilliges Präzipium"<br />

zu. Die Geländearbeiten, Kieszuführen, Drainagen etc. sollten teÜs<br />

durch (nicht zu berechnende) Frohnpflichten der Gemeindemitglieder,<br />

teils durch „Arbeiten im Lohn" (d.h. durch „Hand- und Spanndienste<br />

im Akkord") bewerkstelligt werden. Ein zunächst geplanter<br />

Weganschluss hinauf zu dem in fürstlichem Privatbesitz befindlichen<br />

Schloss Hohenfels wurde aus der Planung herausgenommen, da die<br />

erhoffte finanzielle Beteiligung des Fürsten ausblieb.<br />

Baubeginn<br />

Trotz aller Proteste wurden schließlich auch die opponierenden<br />

Gemeinden „durch Entscheid (aus Sigmaringen - Vf.) verurteilt",<br />

sich an den Bauarbeiten zu beteiligen. Nach Aussteckung und Vermessung<br />

der Trasse wurden im Herbst 1829 die von den einzelnen<br />

Gemeinden zu übernehmenden Streckenabschnitte per Losverfahren<br />

verteilt - die Bauarbeiten, fürs erste unter Aufsicht des Straßenmeisters<br />

Ströble, begannen.<br />

Abb 1:1803: die raumpragende alte Landstraße Kalkofen-Deutwang-Stockach (aus Charte von Schwaben, Blatt 40,1803)<br />

28


Zunächst waren umfangreiche Niveauausgleichungen und Planierungsarbeiten<br />

vorzunehmen, wobei sich bald in dem feuchten, zu<br />

Hangrutschungen neigenden Gelände die Drainage und der Einbau<br />

von 7 Dohlen als vorrangig erwies. Namentlich der Übergang über<br />

den oft Hochwasser führenden Feigenbach (auch heute in der Bevölkerung<br />

noch die „Große Dohle" genannt) machte weit über den<br />

geplanten Rahmen hinaus Schwierigkeiten - und trieb Arbeitsaufwand<br />

und Baukosten schnell in die Höhe. Zudem wurden die Arbeiten<br />

immer wieder durch widrige Witterung, die Winterzeit und<br />

die saisonal anstehende Feldarbeit unterbrochen.<br />

Baustopp<br />

Im März 1831 verweigerten schließlich die bekanntlich ja nur widerwillig<br />

mitarbeitenden Gemeinden Deutwang, Mindersdorf und<br />

Oberndorf offen weitere Arbeitsleistangen. Sie machten geltend,<br />

dass „sie schon mehr geleistet, als ihnen vertragsweise oblegen"<br />

ANDREAS ZEKORN<br />

Die Herrschaft Schalksburg<br />

zwischen Zollern und Württemberg 111<br />

Aus Anlass der 500jährigen Wiederkehr des Tags der Uebergabe<br />

des Oberamtsbezirks Balingen an Württemberg beschloss die<br />

Amtsversammlung des Oberamts Bahngen im August 1903, König<br />

Wilhelm n. von Württemberg eine Huldigungs-Adresse zu überreichen,<br />

die von dem Kunstmaler Karl Caspar, Stattgart, dem späteren<br />

Ehemann von Maria Caspar-Füser, entworfen werden sollte. Diese<br />

Adresse bestand aus einer Mappe mit reich verzierten Blättern,<br />

unter anderem mit dem württembergischen Wappen und einer Gesamtansicht<br />

der Stadt Balingen mit Umgebung inklusive Balinger<br />

Berge und Schalksburg. In Stadt und Amt Bahngen wurde dem Jubiläum<br />

große Bedeutung beigemessen. Es gab einen Festakt am 3-<br />

Dezember 1903 in Bahngen und nochmals eine Feierlichkeit in<br />

Burgfelden. Bleibend erwuchs aus dem Jubüäum eine Festschrift,<br />

die aber in wesentlichen Teilen überholt ist, vor allem durch die<br />

fundierte Kreisbeschreibung Bahngen von 1960/61. 121<br />

Insgesamt, so darf man resümieren, stammt die Forschungsliteratar<br />

zur Herrschaft Schalksburg und zum Geschlecht Zollern-<br />

Schalksburg zu einem großen Teil aus dem 19. Jahrhundert; jüngere<br />

Ausarbeitungen zum Thema sind eher rar. 131 Deshalb erschien<br />

es bei dem skizzierten Kenntnisstand angemessen, den 600. Jahrestag<br />

des Übergangs der Herrschaft Schalksburg an Württemberg<br />

zum Anlass zu nehmen, dem Thema Schalksburg eine wissenschaftliche<br />

Vortragsveranstaltang und eine anschließende Publikation<br />

zu widmen. Im Oktober 2003 fanden ein Festakt in Bahngen<br />

und eine Vortragsveranstaltang in Albstadt-Lautlingen statt, woraus<br />

die Publikation „Die Herrschaft Schalksburg zwischen Zollern und<br />

Württemberg" erwuchs, deren Inhalt im Folgenden näher dargestellt<br />

werden soll. Die Leitfrage, welche die Menschen schon früher<br />

beschäftigte und die auch in diesem Buch eine zentrale Frage darstellt,<br />

ist folgende: Warum verkaufte Graf Miilli von Zollern-<br />

Schalksburg im Jahre 1403 seine Herrschaft an Württemberg und<br />

nicht an seine zollerischen Vettern?<br />

Professor Dr. Dieter Mertens, mittlerweüe emeritiert und früher<br />

Inhaber des Lehrstahls für Mittelalterliche Geschichte in Freiburg,<br />

befasst sich im ersten Beitrag mit der „erzählerischen Verarbeitung<br />

des Übergangs der Herrschaft Schalksburg an Württemberg." Er<br />

analysiert dabei zunächst die im 19. Jahrhundert niedergeschriebenen<br />

Sagenversionen dieses Vorgangs. Am bekanntesten ist wohl<br />

die „Sage vom Hirschgulden", die Wilhelm Hauff (1802 - 1827)<br />

nach 1825 niederschrieb. In dieser Version geschah der Verkauf<br />

29<br />

habe. Im Juni 1831 berichtet der inzwischen mit der örtlichen Bauleitung<br />

beauftrage Stabhalter Menner aus Kalkofen nach Sigmaringen,<br />

dass die „drei streitigen Gemeinden zur Frohnleistang oder<br />

nur zu erscheinen" nicht mehr zu bewegen sein, und dass „die drei<br />

besseren Gemeinden Kalkofen, Liggersdorf und Selgetsweiler... an<br />

der Hartnäckigkeit ersterer drei Gemeinden wankelmütig" zu werden<br />

drohten, ja „solang nichts mehr anrühren (wollen), bis selbe<br />

von ihrem bösen Willen abstehen, und sich dem obrigheitlichen<br />

Befehl unterziehen" würden.<br />

Spätestens im Herbst 1831 wurde wohl endgültig deutlich, dass die<br />

ursprünglich vorgesehenen Baukosten weit überschritten werden<br />

wurden. Die Bauarbeiten kamen ins Stocken, dann des einsetzenden<br />

Winterwetters wegen ganz zum Stillstand.<br />

(Wie es weiterging, lesen Sie in der Fortsetzung.)<br />

der Herrschaft Hirschberg (!) mit Balingen um einen elenden Hirschgulden,<br />

also zu einem keineswegs angemessenen Preis. Derartige<br />

Hirschgulden wurden als Inflationsgeld jedoch nur in den Jahren<br />

1622/23 geprägt, folglich muss diese Währung erst nach 1623 in<br />

die Erzählung eingeflossen sein.<br />

Auf der Suche nach früheren Sagenversionen legt Mertens dar, dass<br />

der Ursprung der mündlichen Erzählung bzw. der Sage vom Verkauf<br />

der Herrschaft Schalksburg vermutlich in der spätmittelalterlichen<br />

Adelsgesellschaft des 15. Jahrhunderts zu suchen ist, denn<br />

es galt, die Umstände des Herrschaftswechsels von 1403 zu erklären,<br />

als Graf Miilli von Zollern-Schalksburg seine Herrschaft um<br />

28.000 Gulden an Württemberg und nicht an die zollerischen Vettern<br />

verkaufte. Diese Veräußerung geschah zwar damals mit Wissen<br />

der zollerischen Verwandtschaft, die jedoch den Wert der<br />

Herrschaft alsbald anders einschätzte und danach strebte, den Verkauf<br />

rückgängig zu machen. Sie klagte sogar vor dem Hofgericht<br />

Rottweil, allerdings vergeblich. Die Zollern argumentierten, dass<br />

die - wie sich bald nach der Transaktion herausstellte - recht ertragreiche<br />

Herrschaft um einen viel zu niedrigen Preis verkauft<br />

worden sei. Tatsächlich ist die von Württemberg entrichtete<br />

Kaufsumme, im Vergleich mit dem Verkaufswert anderer Herrschaften<br />

in der damaligen Zeit, als durchaus adäquat einzustufen.<br />

Den Zollern war jedoch daran gelegen, dass ihre Sichtweise Verbreitung<br />

fand. So sind aus dem 16. Jahrhundert die ersten schriftlichen<br />

Versionen der bis dahin wahrscheinlich nur mündlichen Erzählungen<br />

über den Verkauf in der Zimmerischen Chronik und in<br />

der zollerischen Hauschronik überliefert. Auf letztere stützte sich<br />

um 1598 der Bahnger Lateinschullehrer und Dichter Jakob Frischlin,<br />

als er im Auftrag der Zollern das in Reimen geschriebene<br />

Werk „<strong>Hohenzollerische</strong> Hochzeit" abfasste und darin auch auf die<br />

Schalksburgveräußerung einging. Im Sinne der Auftraggeber übernahm<br />

Frischlin die zollerische Sichtweise und wurde damit zum<br />

geschickten Propagandisten der Erzählung vom allzu niedrigen<br />

Verkaufspreis. Kurze Zeit später sollte er eine zollernfeindliche<br />

Version der Geschichte hefern.<br />

Reichspolitisch bedeutsam könnte die Sage geworden sein, als die<br />

Zollern 1623 in den Reichsfürstenstand erhoben wurden. In der<br />

zollerischen Hauschronik des 16. Jahrhunderts hatte es bereits geheißen,<br />

dass die Zollern königlichem und fürstlichem Geschlecht<br />

entstammten, aber den fürstlichen Titel verloren hätten, weil ihr<br />

territorialer Besitz geschwunden sei, womit auch die Herrschaft<br />

Schalksburg gemeint war. 1623 erhielten die Zollern also - aus ihrer<br />

Sicht - nur den alten Rang zurück. In diesem Zusammenhang<br />

könnte die Schalksburg-Erzählung neu aufgegriffen worden sein.<br />

Auf jeden Fall kam just nach 1623 der elende Hirschgulden in die


Sage. Damit wurde der Gegensatz zwischen der hohen dynastiegeschichtlichen<br />

Bedeutung des Verkaufs und der - vermeintlichen<br />

Geringfügigkeit des Verkaufspreises bis ins Extreme gedehnt. Der<br />

Urheber dieser neuen Version ist bisher unbekannt.<br />

Die Schalksburg und die Veräußerung der Schalksburgherrschaft<br />

interessierten die Menschen in der Region also weiterhin und gaben<br />

Anlass, zu immer neuen Varianten der Erzählung. In der im 19.<br />

Jahrhundert von Wilhelm Hauff poetisch ausgestalteten Version des<br />

Verkaufs ist die Sache nochmals dahingehend zugespitzt, dass der<br />

Hirschgulden über Nacht völlig entwertet wurde, so dass die geprellten<br />

zollerischen Vettern nicht einmal mehr ihre Zeche für den<br />

Wein bezahlen konnten, in dem sie ihren Kummer ertränkten.<br />

Nach diesem Beitrag über die Erzähltradition des Verkaufs werden<br />

in den folgenden Aufsätzen die historischen Hintergründe aufgearbeitet:<br />

Der Beitrag von Professor Dr. Wilfried Schöntag, früherer<br />

Präsident des Landesarchivs Baden-Württemberg, befasst sich mit<br />

der „Herrschaft Schalksburg im Spannungsfeld zwischen Hohenzollern<br />

und Hohenberg im 13. Jahrhundert". Um 1179 hatten sich<br />

die Linien Hohenberg und Zollern getrennt, der Besitz wurde aufgeteÜt.<br />

Obendrein finden sich die Verwandten nach der Linientrennung<br />

in unterschiedlichen politischen Lagern wieder: Die Hohenberger<br />

zählten nach dem Tode des Stauferkaisers Friedrichs II. im<br />

Jahre 1250 zur Klientel der Habsburger, wogegen sich die Zollern<br />

mit Württemberg verbündeten. Die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen<br />

Parteiungen führte zu kriegerischen Auseinandersetzungen<br />

zwischen Zollern und Hohenbergern in einem Zeitraum, der mit<br />

den Jahren 1267 und 1286 markiert werden kann. Zudem kam es<br />

um 1267 zu einer weiteren Besitzauseinandersetzung zwischen<br />

den beiden Linien. Andererseits verloren die Zollern damals nicht<br />

nur Gebiete aufgrund von Teilungen, sondern sie konnten auch Zugewinne<br />

verbuchen, wie die Herrschaft Mühlheim in der ersten<br />

Hälfte des 13- Jahrhunderts. Fortan trachteten die Zollern offenbar<br />

danach, den Bereich zwischen der alten Grafschaft Zollern und der<br />

Herrschaft Mühlheim an sich zu bringen, um eine möglichst<br />

großflächige Herrschaft zu errichten: Wahrscheinlich erwarb man<br />

Bahngen 1255 von den Erben der Grafen von Urach, danach die<br />

Schalksburg und die alte Herrschaft Burgfelden von den Grafen<br />

von Veringen. Als im Jahre 1288 die Linie Zollern-Zollern eingerichtet<br />

und von der neuen Linie Zollern-Schalksburg getrennt<br />

wurde, erhielt die neue Linie genau diese frisch erworbenen Gebiete:<br />

die Herrschaft Mühlheim und die neu konstruierte Herrschaft<br />

Schalksburg, deren Zentrum Bahngen werden sollte. Die Besitzteilung<br />

und Linienbildung erfolgte im Rahmen einer gängigen<br />

Teilung innerhalb einer Adelsfamilie und nicht aufgrund politischen<br />

Drucks, etwa um einen „Pufferstaat" zwischen den verfeindeten<br />

Hohenbergern und Zollern zu büden, wie dies in älteren Forschungsarbeiten<br />

zum Teil angenommen wurde. Obwohl der Streit<br />

zwischen Zollern und Hohenbergern auf Reichsebene verlagert<br />

worden war, als die Zollern auf der Seite Württembergs gegen König<br />

Rudolf von Habsburg und die mit ihm verbundenen Hohenberger<br />

gestanden waren, nahm der König die Zollern 1286 doch wieder<br />

in seine Huld auf, und die Linienbildung blieb von diesem Zwist<br />

unbeeinflusst.<br />

Eigens hingewiesen sei auf das Forschungsresultat Schöntags, dass<br />

sich im Randbereich der aneinandergrenzenden Herrschaftsgebiete<br />

der Hohenberger, Zollern und Württemberger der dort ansässige<br />

Ortsadel teilweise von der Herrschaft emanzipieren und im<br />

15. Jahrhundert den Weg in die Reichsritterschaft finden konnte.<br />

Als Beispiele seien die ritterschafthchen Herrschaften in Geislingen,<br />

Roßwangen-Dotternhausen oder Lautlingen genannt.<br />

Dr. Casimir Bumiller, Historiker und Publizist, befasst sich mit<br />

dem „schalksburgischen Jahrhundert" in der hohenzollerischen<br />

30<br />

Geschichte, also mit der Linie Zollern-Schalksburg und den näheren<br />

Umständen des Verkaufs der Herrschaft Schalksburg 1403.<br />

Sein Beitrag unterstreicht nochmals, dass die Besitzteilung von<br />

1288 als ein üblicher Vorgang innerhalb von Hochadelshäusern<br />

und nicht als fremdbestimmter Eingriff anzusehen ist. Die Linie<br />

Schalksburg dürfte dabei mit den Herrschaften Schalksburg und<br />

Mühlheim den bedeutenderen Besitz erhalten haben. Die Teilung<br />

der Linien 1288 brachte zwar einen Machtverlust für die Zollern<br />

mit sich, konnte andererseits aber theoretisch zum Erhalt der Familie<br />

beitragen. Die Linie Zollern-Schalksburg erlosch allerdings<br />

bereits nach 120 Jahren als im Jahre 1408 Graf Mülli starb. Die Linie<br />

existierte also vornehmlich im 14. Jahrhundert. Dieses Jahrhundert<br />

war von wirtschaftlichen und demographischen Krisen gekennzeichnet:<br />

Unter anderem erlebte die adlige Herrschaft des Rittertums<br />

einen Einbruch, der an den militärischen Niederlagen von<br />

Ritterheeren deutlich wird. Die Pestwellen führten zu einem Rückgang<br />

der Bevölkerung.<br />

Auch die Schalksburger waren offenbar von den Krisen betroffen,<br />

denn sie sahen sich zu Besitzveräußerungen gezwungen. Hierbei<br />

mag auch die Notwendigkeit, Aussteuern für Familienmitglieder<br />

aufzubringen, eine Rolle gespielt haben. Die Ministerialität, die Gefolgschaft<br />

der Grafen, dünnte ebenfalls im Laufe des 14. Jahrhunderts<br />

aus; vor allem konnten die Schalksburger keinen Hof mehr<br />

als gesellschaftlichen Mittelpunkt - gerade für die adhgen Ministerialen<br />

- entwickeln, über die Bumiller einen Überblick gibt. Die<br />

Grafen von Schalksburg standen ihrerseits in Bündnissystemen<br />

und in Fürstendiensten. Je nach politischer Konstellation und Interessenlage<br />

finden sie sich sowohl auf Seiten Habsburgs als auch<br />

Württembergs.<br />

Schließlich beleuchtet Bumiller die konkreten Umstände zur Zeit<br />

des Verkaufs der Herrschaft Schalksburg: Graf Mülli befand sich<br />

damals in einer deprimierenden Lage, denn bereits 1377 war der<br />

Bruder in der Schlacht bei Reutlingen gefallen und der einzige<br />

Sohn verstarb just im Jahre 1403- Obendrein dürfte die wirtschaftliche<br />

Lage des Grafen nicht rosig gewesen sein, so mussten unter<br />

anderem sieben Geschwister Mitgiften erhalten. Aus der wirtschaftlichen<br />

Notlage heraus hatte er schon 1391 die Herrschaft<br />

Mühlheim veräußert. Wegen seiner vermutlichen Schulden und<br />

weil er kinderlos war, sah sich Graf Mülli offenbar dazu gezwungen,<br />

auch die Herrschaft Schalksburg zu verkaufen. Eine Veräußerung<br />

an die zollerischen Vettern schloss sich dabei wohl aus, denn<br />

diese befanden sich selbst in einer desolaten familiären und wirtschaftlichen<br />

Lage, so dass sie die Mittel für einen Erwerb der Herrschaft<br />

nicht aufbringen konnten. Jedenfalls geschah der Verkauf<br />

der Schalksburgherrschaft mit Wissen, wenn nicht gar Zustimmung<br />

zumindest eines Teils der zollerischen Verwandschaft. So besiegelte<br />

Graf Friedrich Ostertag als Vogt Verena von Kyburgs, die als Ehefrau<br />

Graf Mülhs Mitverkäuferin der Schalksburgherrschaft war, die Verkaufsurkunde.<br />

Bereits die Veräußerung Mühlheims war offenbar mit<br />

„rat" der zollerischen Verwandtschaft geschehen. Dass die Herrschaft<br />

Schalksburg gerade an Württemberg ging, lag nahe, denn diesem<br />

Hause war Graf Mülli verbunden. Damit dürfte Bumiller die historischen<br />

Umstände des Verkaufs erfasst haben, die sich anders<br />

darstellen als in der späteren mündlichen Erzähltradition.<br />

Dr. Volker Trugenberger, Leiter der Abteilung Staatsarchiv Sigmaringen<br />

des Landesarchivs Baden-Württemberg, untersucht im Anschluss<br />

den „Erwerb der Herrschaft Schalksburg im Kontext der<br />

württembergischen Territorialpolitik". Württemberg war bestrebt,<br />

sein Territorium gegen den Konkurrenten Habsburg auszudehnen.<br />

Verschiedentlich konnte es im Raum zwischen Schwarzwald und<br />

Schwäbischer Alb bzw. zwischen Neckar und Donau im 14. Jahrhundert<br />

Gebiete erwerben, in den Jahren 1306/17 beispielsweise


die Stadt Rosenfeld und weiteren Besitz der Herzöge von Teck oder<br />

aus der hohenbergischen Besitzmasse Ebingen, die untere Stadt<br />

Haigerloch (1367) und den Ort Winterlingen. Habsburg gelang es<br />

im Gegenzug 1381 die Herrschaft Hohenberg um 66.000 Goldgulden<br />

an sich zu bringen. 1403 war wiederum Württemberg an der<br />

Reihe, als es die Herrschaft Schalksburg für 28.000 Goldgulden erstand<br />

und das Gebiet arrondierte, indem es Tieringen, Hossingen<br />

und Meßstetten von Konrad von Holnstein kaufte.<br />

In der ersten Hälfte des 15- Jahrhunderts bildete Württemberg das<br />

Amt Balingen. Innerhalb dieses Amtes kam der Stadt Balingen eine<br />

herausgehobene Stellung zu: hier war der Sitz von Vogt und Keller,<br />

hier war der Gerichtsort. Zudem kam die Stadt in den Genuss besonderer<br />

Fördermaßnahmen, um Neubürger anzulocken, von denen<br />

die wichtigste wohl diejenige von 1469 war, als die Stadt auf<br />

ewige Zeiten von der Schätzung befreit wurde, was begreiflicherweise<br />

den Unmut der Dörfer weckte, die weiterhin steuerpflichtig<br />

blieben. Zu den Förderungen sind ferner die Stiftungen im kirchlich-karitativen<br />

Bereich zu rechnen.<br />

Bald nach dem Kauf erwies es sich, dass Stadt und Amt Bahngen recht<br />

finanzkräftig waren. Wie etwa im Falle der Herrschaft Hohenberg die<br />

dortigen Untertanen von Habsburg zur Finanzierung des Kaufes herangezogen<br />

wurden, so bat vermutlich auch Württemberg die Balinger Untertanen<br />

für den gleichen Zweck zur Kasse: Da Graf Eberhard III. den<br />

Kaufpreis nicht aufzubringen vermochte, verpfändete er zunächst die<br />

neu erworbene Herrschaft. Kurz darauf, im Jahre 1410, mussten die Untertanen<br />

wohl selbst zu ihrer Auslösung beitragen, weshalb Balingen bereits<br />

zu diesem Zeitpunkt auf 20 Jahre von der Schätzung befreit<br />

wurde. Dennoch trug die Stadt im Jahre 1425 mit 800 Gulden zur Schätzung<br />

bei. Damals stand das Amt Bahngen mit einer Steuersumme von<br />

6.943 Gulden (inklusive des Bahnger Beitrags) an sechster Stelle der<br />

württembergischen Ämter. Beim durchschnittlichen Vermögen nahm<br />

Bahngen einen Spitzenplatz unter den württembergischen Ämtern ein.<br />

Auch bei der Erhebung der wehrfähigen Mannschaft um 1430 ergab<br />

sich ein ähnliches Bild von der Qualität des Amtes wie bei der Steuerschatzung:<br />

Balingen lag mit 698 Mann an elfter Stelle in Württemberg<br />

und brachte damit doppelt soviel wie das Amt Rosenfeld auf (zum Vergleich:<br />

das Amt Urach stand mit 1.755 Mann an der Spitze).<br />

Graf Eitelfriedrich von Zollern erkannte infolge dieser Schätzung<br />

von 1425 den Wert der Herrschaft Schalksburg und focht den Verkauf<br />

von 1403 vergebhch vor dem kaiserlichen Hofgericht in Rottweil<br />

an. Er argumentierte, dass die Herrschaft nicht 28.000 Gulden<br />

sondern, wenn man die Schätzung zugrunde legte und hochrechnete,<br />

150.000 Gulden wert sei. Der Verkaufspreis wäre folglich zu<br />

gering gewesen. Allerdings hatte er mit dieser Argumentation vor<br />

Gericht keinen Erfolg. Die Zollern mussten im Gegenteil bald froh<br />

sein, dass ihr Herrschaftsgebiet im 15. Jahrhundert nicht selbst von<br />

Württemberg vereinnahmt wurde, als die Familie auszusterben<br />

drohte. Erst ein relativ später Kindersegen und die Anlehnung der<br />

Zollern an Habsburg brachten eine gewisse Sicherheit für den Fortbestand<br />

ihres Hauses.<br />

Anmerkungen<br />

1 Vortrag anlässlich der Buchvorstellung am 3. November 2005 im<br />

Landratsamt Zollernalbkreis. Die genauen Belege finden sich in<br />

dem am Ende im bibliographischen Hinweis angegebenen Buch.<br />

2 Vgl. dazu auch im Folgenden die Quellenangaben in: Die Herrschaft<br />

Schalksburg zwischen Zollern und Württemberg, S. 9f-<br />

3 Zur Forschungslage: ebd. S. lOff.<br />

Bibliographische Angaben:<br />

Die Herrschaft Schalksburg zwischen Zollern und Württemberg.<br />

Herausgegeben von Andreas Zekorn, Peter Thaddäus Lang und<br />

Hans Schimpf-Reinhardt im Auftrag des Zollernalbkreises und der<br />

Städte Albstadt und Balingen, bibliotheca academica Verlag: EpfendorfrNeckar<br />

2005. Festeinband, 254 Seiten, 45 z. T. farbige Abbildungen,<br />

ISBN 3-928471-56-2. Ladenpreis 29 Euro.<br />

31<br />

[In der Fortsetzung referiert Andreas Zekorn die Beiträge von Stefan<br />

Uhl mit „die Burgen der Grafen von Zollern in der Herrschaft<br />

Schalksburg" und von Otto H. Becker mit „ die Herrschaft<br />

Schalksburg: Fortwirken einer Tradition im 19. und 20. Jahrhundert"<br />

] die Schriftleitung<br />

Buchbesprechungen<br />

Wolfgang W. Meyer - Jakobswege<br />

Die Zahl der Pilger und Wanderer, die sich etappenweise auf einen<br />

der Wege in Richtung des spanischen Wallfahrtsorts Santiago de<br />

Compostela begeben, wächst und wächst, ebenso wie das Wegenetz<br />

in unseren Regionen. Der Tübinger Silberburg-Verlag hat dann<br />

nun schon die vierte Auflage seines Wanderführers, Jakobswege"<br />

vorgelegt: überarbeitet und wesentlich erweitert. Gegenüber einer<br />

früheren Ausgabe hat das neue Buch rund 60 Seiten mehr, ist auch<br />

mit einer Übersichtskarte versehen und verweist auf erweiterte und<br />

neue Wegstrecken zwischen Rottenburg und Straßburg sowie<br />

Würzburg und Ulm. Der peinliche Fehler in der Überschrift der alten<br />

Ausgabe, in der der Strecke Mindersdorf - Konstanz fälschlicherweise<br />

sieben Etappen zugeordnet worden waren, ist behoben:<br />

Es sind zwei Etappen. Der Pilgerführer für die Gebiete Württemberg,<br />

Baden, Franken und Schweiz (bis Einsiedeln) ist informativ,<br />

handlich und übersichtlich, weist auf viele Jakobs-Spuren und<br />

auch lohnende Abstecher neben den offiziellen Wegen hin, ist mit<br />

111 farbigen Fotos und Karten versehen und enthält wertvolle<br />

Tipps für Wanderer wie Pilger. Dass es auch Jakobswege durch Gebiete<br />

im Zollernalbkreis und Kreis Sigmaringen gibt, zeigt lediglich<br />

die Übersichtskarte. In die nächste Neuauflage sollten auch sie detailliert<br />

aufgenommen werden. Das Buch , Jakobswege" ist 240<br />

Seiten stark, kostet 16,90 Euro und hat die ISBN-Nummer<br />

3-87407-6444. (ha)<br />

Dieter Buck - Spazier-Ziele auf der westlichen Alb<br />

Nicht jeder Wanderer und Naturhebhaber kann und möchte Gewalttouren<br />

unternehmen, zumal man beim gemächlichen Spazierengehen<br />

weitaus mehr zu entdecken vermag, und das kann man<br />

in unseren Breiten bei den vielen Sehenswürdigkeiten und Schönheiten<br />

zur Genüge. Der Wanderbuchautor Dieter Buck hat dem<br />

Rechnung getragen und verweist in seinem im Tübinger Silberburg-Verlag<br />

erschienenen neuen Band „Spazier-Ziele auf der<br />

Schwäbischen Alb" auf 60 lohnende Wegstrecken und Stadtrundgänge,<br />

die in der Regel zwischen einer Stunde und drei Stunden bewältigt<br />

werden können Viele Seniorengruppen beispielsweise werden<br />

ihm dafür dankbar sein, zumal jeweils längere und kürzere<br />

Tourenvorschläge gemacht werden. Außerdem gibt es zahlreiche<br />

Hinweise auf Rast-, Grill- und Einkehrmöglichkeiten, auf<br />

Museen, Kirchen, Naturschutzgebiete, Denkmale und viele andere<br />

lohnende Ziele. In der hohenzollerischen Region wird unter anderem<br />

auf Strecken im Donautal, in und um lnzigkofen, im Lauchertund<br />

Fehlatal, bei Trochtelfingen oder auf die Burg Hohenzollern<br />

verwiesen. Der Band mit seinen 168 Seiten (ISBN 3-87407-687-3,<br />

14,90 Euro) ist mit 102 Abbildungen und farbigen Karten versehen.<br />

- In der selben Ausstattung und Aufmachung ist von Dieter<br />

Buck auch der Band „Spazier-Ziele auf der östlichen Alb" (60<br />

Rundgänge zwischen Blautopf und lpf) erschienen.<br />

(ba)<br />

Bernhard Zeller: Schwäbischer Parnass<br />

Unter dem mutigen Titel „Schwäbischer Parnass" hat Professor Dr.


Verlag: <strong>Hohenzollerische</strong>r <strong>Geschichtsverein</strong><br />

Karlstraße 3, 72488 Sigmaringen<br />

E 3828<br />

PVSt, DPAG, »Entgelt bezahlt«<br />

Bernhard Zeller, einstiger Direktor des Schiller-Nationalmuseums<br />

und des Deutschen Literaturarchivs in Marbach am Neckar, im Tübinger<br />

Silberburg-Verlag ein 84seitiges Büchlein (ISBN 3-87407-<br />

667-9) herausgegeben, einen, wie es im Untertitel heißt, „Streifzug<br />

durch die Literaturgeschichte Württembergs". Parnass ist der griechische<br />

Götterberg, auf dem der Sage nach Apoll und auch die Göttinnen<br />

der Künste und Wissenschaften beheimatet sind. Der<br />

Parnass wurde damit zum Symbol der Dichtkunst. Seine Formulierung<br />

„Schwäbischer Parnass" rechtfertigt der Autor mit dem Hinweis,<br />

kein deutsches Land und kein deutscher Stamm habe innerhalb<br />

weniger Jahrzehnte so viele Dichter von Bedeutung hervorgebracht<br />

wie das alte Württemberg im letzten Drittel des 18. und der<br />

ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auf kurzweilige Art erinnert er<br />

dann an eine Fülle von Dichtern und Denkern, von denen etliche<br />

fast schon in Vergessenheit geraten sind. Beim Streifzug durch die<br />

württembergische Literaturlandschaft bringt Dr. Zeller nicht nur<br />

Namen und Werke in Erinnerung, er berichtet vor allem auch über<br />

das damalige kulturelle Leben und seine Triebkräfte, über Freundesbünde<br />

und Familienbande und die Kulturentwicklung in die<br />

bürgerliche Gesellschaft hinein. Das Buch kostet 9,90 Euro und ist<br />

mit 37 Abbildungen versehen. (ba)<br />

Roland Single - Schwäbische Dorfgeschichten<br />

Im SP-Verlag Albstadt erschien von dem Winterhnger Autor Roland<br />

Single das I24seitige Buch „Unterm Kirschbaum - Schwäbische<br />

Dorfgeschichten" (ISBN 3-9809409-6-9). Ein Gedicht, 16 Erzählungen<br />

des Autors, ein paar Zeichnungen des Albstädters Ulli Keinath<br />

und ein Vorwort des „Nachbarn" Manfred Mai machen das<br />

Bändchen zu einem Werk, das man schmunzelnd hest, weil es<br />

locker und humorvoll geschrieben ist und zudem Erinnerungen an<br />

Ereignisse und Schwabenstreiche aufkommen lässt, die mancher<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

herausgegeben vom <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

<strong>Geschichtsverein</strong>, Postfach 1638,<br />

72486 Sigmaringen<br />

ISSN 0018-3253<br />

Erscheint vierteljährlich.<br />

Die Zeitschrift »<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>« ist<br />

eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />

die Bevölkerung im alten Land Hohenzollern<br />

und den angrenzenden Landesteilen mit der<br />

Geschichte ihrer <strong>Heimat</strong> vertraut machen. Sie<br />

bringt neben fachhistorischen auch populär gehaltene<br />

Beiträge.<br />

Bezugspreis:<br />

Für Mitglieder des <strong>Hohenzollerische</strong>n Ge-<br />

schichtsvereins ist der Bezugspreis im Beitrag<br />

enthalten. Bezugspreis für Nichtmitglieder<br />

€ 7,-. Abonnements und Einzelnummern können<br />

beim <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />

(s. o.) bestellt werden.<br />

Die Autoren dieser Nummer<br />

Gerd Bantle<br />

Hedinger Straße 5, 72488 Sigmaringen<br />

Dr. Otto H.Becker<br />

Hedinger Straße 17, 72488 Sigmaringer,<br />

Kaufhausstraße<br />

Willy Beyer<br />

5, 72379 Hechingen<br />

Dr. Christian H. Freitag<br />

Mühlweg 15, 78355 Hohenfels<br />

Franz-Severin Gäßter<br />

Jakobsplatz 28 b, 86152Augsburg<br />

Richard Haidlauf<br />

Stockacher Straße 21, 78355 Hohenfels<br />

Dr. Andreas Zekorn<br />

Landratsamt Balingen, Hirschbergstraße 29,<br />

72334 Balingen<br />

32<br />

Einheimische vor Jahrzehnten so oder ähnlich erlebt haben dürfte.<br />

An Etliches erinnert man sich auch auf Grund von Erzählungen, die<br />

sich in der Region verbreitet haben, so etwa an die Geschichten von<br />

der Schulrat-Visite und vom Wallfahren mit gekochten Erbsen in<br />

den Schuhen. Roland Single hat diese und andere Anekdoten neu<br />

oder erneut aufgeschrieben. Dabei hat er, wie er selbst gesteht,<br />

„ein wenig übertrieben" - manchmal etwas zuviel. Der Freude am<br />

Lesen tut dies kaum Abbruch, denn trotz der Karikierung geben die<br />

Erzählungen ein Stück weit Einblick in die Mentalität der Menschen<br />

auf der Alb vor fünf und mehr Jahrzehnten. (ba)<br />

650 Jahre Kloster - 700 Jahre lnzigkofen<br />

Für die Sigmaringer Kreisgemeinde lnzigkofen ist 2006 ein Jubiläumsjahr<br />

mit vielen Veranstaltungen, die Bezug nehmen<br />

auf die 650-jährige Klostergeschichte und die erste bekannte Erwähnung<br />

lnzigkofens vor 700 Jahren. In diesem Zusammenhang<br />

ließ die Gemeinde auch eine stattliche, reich bebilderte Festschrift<br />

(108 Seiten) erstellen (ISBN 3-00-018427-9). Sie enthält nach<br />

Gruß- und Geleitworten eine Vorstellung der heutigen, 1415 Einwohner<br />

zählenden Gemeinde durch Bürgermeister Bernd Gombold<br />

sowie der heutigen Filialkirchengemeinde „St. Johannes, der<br />

Täufer" durch Pfarrer Christoph Neubrand. Kreisarchivar Dr. Edwin<br />

Ernst Weber schüdert die spannende 650-jährige Geschichte<br />

des ehemaligen Klosters sowie die Entwicklung des Dorfs lnzigkofen<br />

in den sieben Jahrhunderten seines Bestehens. Dabei wird<br />

deutlich, wie sehr die Kommune abhängig war von Kloster und<br />

fürstlicher Herrschaft. Der derzeitige Heimleiter Bernd Joachim<br />

Eck schließlich bereichert die Jubiläums-Broschüre durch die<br />

Darstellung der Erfolgs-Geschichte des Volkshochschulheims lnzigkofen<br />

von 1948 bis heute. (ba)<br />

Gesamtherstellung:<br />

Druckerei Acker GmbH,<br />

Mittelberg 6, 72501 Gammertingen<br />

Telefon (07574) 9301-0, Fax 9301-30<br />

info@ druckerei-acker. de<br />

www.druckerei-acker.de<br />

Schriftleitung:<br />

Robert Frank<br />

Fliederstraße 8, 72401 Haigerloch-Weüdorf<br />

Tel.: (07474) 2161, robertgfrank@web.de<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge verantwortlich.<br />

Mitteüungen der Schriftleitung sind<br />

als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare werden<br />

an die Adresse des Schriftleiters erbeten,<br />

Wir bitten unsere Leser, die »<strong>Hohenzollerische</strong><br />

<strong>Heimat</strong>« weiterzuempfehlen.


<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong><br />

Herausgegeben vom ^^H <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />

56. Jahrgang Nr. 3 - September 2006 E 3828<br />

Schülerinnen und Schüler des Sigmaringer Hohenzollern-Gymnasiums entzündeten für jeden der 90 Ermordeten<br />

eine Kerze und stellten sie auf den Gedenkstein. Foto: Karlheinz Fahlbusch<br />

VON EDWIN ERNST WEBER<br />

Gedenkstein für 90 ermordete Patienten<br />

des Sigmaringer Landeskrankenhauses<br />

Am 12. Dezember 1940 und am 14. März 1941 wurden 90 geistig<br />

behinderte und psychisch kranke Patienten des damaligen Fürst-<br />

Carl-Landeskrankenhauses Sigmaringen unter der Gewalt- und Unrechtsherrschaft<br />

des Nationalsozialismus deportiert und anschließend<br />

in den Tötungsanstalten Grafeneck und Hadamar als „lebensunwert"<br />

ermordet. Die Frauen und Männer im Alter zwischen<br />

19 und 83 Jahren aus insgesamt 44 Orten in Hohenzollern und der<br />

Nachbarschaft verschwanden ohne alle Spuren, selbst ihre Krankenakten<br />

wurden größtenteÜs beseitigt, ihren Angehörigen blieb<br />

keine Stätte der Trauer und der Erinnerung.<br />

65 Jahre nach diesem furchtbaren Geschehen haben der Landkreis<br />

Sigmaringen, in dessen Eigentum das Gelände des früheren Landeskrankenhauses<br />

gelangt ist, das Kreiskrankenhaus Sigmaringen,<br />

auf das die Gesundheitsversorgung vom ehemaligen Landeskrankenhaus<br />

übergegangen ist, sowie die Stadt Sigmaringen als Wohnort<br />

der Ermordeten gemeinsam an die Opfer dieses Verbrechens<br />

erinnert und eine Stätte der Trauer und der Mahnung zur Humanität<br />

in Gegenwart und Zukunft geschaffen. Bei einer zahlreich besuchten<br />

öffentlichen Feier wurde am 15. Dezember 2005 auf dem<br />

Gelände des früheren Landeskrankenhauses, auf der Grünfläche<br />

unterhalb der heutigen Rot-Kreuz-Rettungsleitstelle, in Sigmaringen<br />

der vom Büdhauer Christoph Carl Stauß gestaltete Gedenkstein<br />

„Rausbrechen - Zerbrechen - Verbrechen" eingeweiht.


Der Gedenkstein soll nach den Worten des Sigmaringer Landrats<br />

Dirk Gaerte die besondere Verpflichtung von Politik und Öffentlichkeit<br />

unterstreichen, allen Ausgrenzungen und Stigmatisierungen<br />

von Menschen zu wehren und niemals mehr eine Scheidung in<br />

nützliches und unnützes Leben zu dulden. Jedes Leben habe seinen<br />

Wert und seine Würde, sei von Gott gegeben und stehe nicht in der<br />

Verfügung des Menschen. Hartmut Masanek, der Geschäftsführer<br />

der Kliniken Landkreis Sigmaringen GmbH, betonte in seiner Ansprache,<br />

dass jedes Leben, ob gesund oder krank, seinen Sinn und<br />

seine Wichtigkeit habe für die menschliche Gemeinschaft. Nach<br />

den Worten von Kreisarchivar Dr. Edwin Ernst Weber erweist sich<br />

die Menschlichkeit einer Gesellschaft gerade im Umgang mit ihren<br />

Schwachen, Kleinen und Schwierigen. Die Erinnerungsfeier und<br />

der Gedenkstein sollen den vor 65 Jahren in einen grausamen Tod<br />

entrissenen Menschen ihr Gesicht, ihren Namen und auch ihre<br />

Würde wiedergeben. Die Gedenkfeier wurde mitgestaltet von den<br />

Stadtpfarrern Karl-Heinz Berger und Helmut Müller mit einer ökumenischen<br />

Segnung des Gedenksteins, der Schola der Pfarrkirche<br />

St. Johann Sigmaringen sowie Schülern der Klasse 10a des Hohenzollern-Gymnasiums<br />

Sigmaringen, die die Namen, das Alter und<br />

die Herkunftsorte aller Ermordeten verlasen und für jeden einzelnen<br />

von ihnen eine Kerze entzündeten.<br />

Am 14. März 2006, am Jahrestag der zweiten Deportation, fand in<br />

der Kapelle des Kreiskrankenhauses Sigmaringen ein ökumenischer<br />

Gedenkgottesdienst für die ermordeten Patienten statt, der<br />

von Pfarrer Edwin Müller, Pfarrerin Gudrun Berner und Pastoralreferent<br />

Hermann Brodmann gestaltet und von Bezirkskantor<br />

Klaus Krämer und dem Saxophonisten Wolfgang Fischer musikalisch<br />

umrahmt wurde. Die Feier endete mit einem Lichtergang zur<br />

Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen Landeskrankenhauses.<br />

Das Anliegen des Gedenksteins wird auf einer daneben verankerten<br />

Metallplakette mit folgender Inschrift erläutert: „Zum ehrenden<br />

Gedenken an 90 kranke und behinderte Patienten des Fürst-<br />

Carl-Landeskrankenhauses Sigmaringen, die unter der Gewaltund<br />

Unrechtsherrschaft des Nationalsozialismus in den Jahren<br />

1940 und 1941 als „lebensunwert" ermordet wurden. Gedenktafel<br />

errichtet 65 Jahre nach dem Verbrechen als Aufruf zur Humanität<br />

in Gegenwart und Zukunft". Die Erinnerung gilt folgenden Menschen<br />

aus Hohenzollern und der Nachbarschaft, die hier mit Name,<br />

Lebensdaten und Herkunftsort genannt werden:<br />

Thomas Abt (1866 - 1940)<br />

Inneringen<br />

JosefBauer (1889-1940)<br />

Dettingen<br />

Valentin Baum (1876 - 1940)<br />

Stetten b. Hechingen<br />

Victoria Beck (1864- 1940)<br />

Beuren<br />

Valeria Bender (1876 - 1941) Haigerloch<br />

Anna Biedermann (1869 - 1940) Haigerloch<br />

Josef Birkhofer (1904 - 1941) Tafertsweiler<br />

Theresia Bisinger (1888 - 1940) Weilheim<br />

Josef Blatter (1889 -1940)<br />

Inneringen<br />

Maria Burth (1888-1940)<br />

Tafertsweiler<br />

Norbert Bossenmaier (1871- 1941) Fischingen<br />

Christian Daikeler (1901 - 1940) Neufra<br />

Victoria Daikeler (1900-1940) Neufra<br />

Maria Magdalena Dangel (1873 - 1940) Neufra<br />

Clemens Detthng (1914 - 1940) Dehlingen<br />

Franz Xaver Dieringer (1902 - 1940) Rangendingen<br />

Karl Dillenz (1897 - 1940)<br />

Strassberg<br />

Anton Eger (1884 - 1940)<br />

Haigerloch<br />

34<br />

Karl Eger (1887 - 1940) Sigmaringen<br />

Ernst Eble (1873 - 1941) Haigerloch<br />

Konrad Endress (1867 - 1940) Grosselfingen<br />

Libor Endreß (1882 - 1941) Burladingen<br />

Rosa Faller (1890 - 1940) Sigmaringen<br />

Maria Fetscher (1887 - 1940) Sigmaringen<br />

Theresia Fischer (1889 - 1940) Laucherthal<br />

Klara Flatt (1892 -1941) Sigmaringen<br />

Rosa Glaser (1885 - 1941) Hitzkofen<br />

Barbara Göckel (1880 - 1940) Gammertingen<br />

Franz Göckel (1921 -1940) Laiz<br />

Walter Göttlicher (1913 - 1941) Ostrach<br />

Emma Grösser (1888 - 1940) Wilhelmsdorf<br />

Elisabeth Grotkop (1914 - 1940) Hechingen<br />

Karl Guide (1913 - 1940) Steinhofen<br />

Ernst Hanner (1863 - 1940) Sigmaringen<br />

Johann Hospach (1873 - 1940) Burladingen<br />

Johann Jauch (1908 -1940) Burladingen<br />

Johannette Juckel (1891-1940) Laucherthal<br />

Flora Katz (1887 - 1940) Haigerloch<br />

Wilhelm Keller (1906 - 1941) Saulgau<br />

Anna Maria Knecht 1889 - 1940) Benzingen<br />

Berta Knecht (1900 - 1940) Strassberg<br />

Genovefa König (1902 - 1940) Hechingen<br />

Karl Kornmeier (1884 - 1940) Rengetsweiler<br />

Rosa Kramer (1890 - 1940) Jungnau<br />

Anton Kugler (1911 - 1941) Krauchenwies<br />

Martina Lacher (1900 - 1940) Steinhofen<br />

Josef Lämmle (1892 - 1940) Bisingen<br />

Alfred Levi (1903 - 1940) Haigerloch<br />

Rosa Maichle (1895 - 1940) Salmendingen<br />

August Maier (1885 -1940) Diessen<br />

Karoline Maier (1878 - 1940) Gammertingen<br />

Peter Maier (1887 -1940) Diessen<br />

Walburga Maier (1868 - 1940) Hechingen<br />

Daniel Mayer (1873 -1940) Gauselfingen<br />

Engelbert Mayer (1901 - 1940) Hermentingen<br />

Gottheb Mayer (1902 - 1941) Gauselfingen<br />

Katharina Mayer (1896 - 1940) Hermentingen<br />

Johann Armin Müller (1914 - 1940) Bregenz<br />

Konrad Oesterle (1905 - 1941) Hechingen<br />

Barbara Ott (1868-1941) Boll<br />

Hugo Ott (1885 - 1941) Boll<br />

Thomas Ott (1870 - 1940) Bisingen<br />

Eduard Pfänder (1872 -1940) Scheer<br />

Anna Pfister (1907 - 1940) Burladingen<br />

Amalie Pflumm (1879 - 1940) Hechingen<br />

Konstantin Pflumm (1876 - 1941) Hechingen<br />

Theresia Pflumm (1905 - 1940) Grosselfingen<br />

Anna Rebholz (1881 - 1940) Sigmaringen<br />

Paul Reuther (1905- 1940) Spöck<br />

Julius Ritter (1891 - 1940) Hechingen<br />

Josef Schäfer (1900 - 1941) Königseggwald<br />

Josef Schellhammer (1913 - 1941) Fischingen<br />

Anna Scheu (1884 - 1940) Burladingen<br />

Johann Baptist Schmid (1901 - 1940) Eggersdorf<br />

Franz Schnell (1870 - 1940) Kalkofen<br />

Anna Schwind (1914 - 1940) Glatt<br />

Josefine Sieber (1902 - 1940) Krauchenwies<br />

Johann Sigg (1892 - 1941) Einhart<br />

Stefan Sigrist (1885 - 1940) Gnadenweiler


Mitteilungen<br />

aus dem<br />

<strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

<strong>Geschichtsverein</strong><br />

Veranstaltungen im 4. Quartal 2006<br />

I. Vorträge<br />

ROLF VOGT M.A., HECHINGEN<br />

Der Fall Otto Nerz - ein sporthistorisches Märchen.<br />

Deutschlands erster Nationaltrainer: das Wunder von Neapel,<br />

das Debakel von Berlin und die Gleichschaltung im Sport<br />

Dienstag, 24. Okt., um 20.00 Uhr im <strong>Hohenzollerische</strong>n Landesmuseum<br />

in Hechingen<br />

DR. CASIMIR BUMILLER, BOLLSCHWEIL<br />

Napoleon und der oberschwäbische Adel<br />

Dienstag, 14. Nov., um 19-30 Uhr im Prinzenbau (Staatsarchiv)<br />

in Sigmaringen<br />

Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Kulturforum des<br />

Landkreises Sigmaringen und dem Staatsarchiv Sigmaringen -<br />

Eintritt: 2, 50 Euro<br />

Der genaue Termin der Wiederholung des Vortrags von Herrn<br />

Dr. Bumiller in Hechingen stand bei Redaktionsschluss noch<br />

nicht fest; dieser wird rechtzeitig in der Presse veröffentlicht.<br />

II. Führungen<br />

DR. OTTO H. BECKER, SIGMARINGEN<br />

Ein unerschlossenes Geschichtsbuch: Der Hedinger Friedhof<br />

in Sigmaringen<br />

Samstag, 14. Okt., um 15 Uhr<br />

Samstag. 18. Nov., um 14 Uhr (Wiederholung)<br />

Treffpunkt jeweils am oberen Eingang des Hedinger Friedhofs<br />

III. Hinweise<br />

1. Die Ausstellung Adel im Wandel wird noch bis 29- Okt. 2006<br />

im Prinzenbau und im Landeshaus in Sigmaringen gezeigt.<br />

Öffnungszeiten: Dienstag bis Mittwoch: 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr<br />

Donnerstag: 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr<br />

Freitag bis Sonntag: 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr<br />

Öffentliche Führungen finden jeweils statt:<br />

Mechthilde Staiert (1913 -1940)<br />

Josef Steinhardt (1857 - 1940)<br />

Maria Anna Steinhart (1892 - 1940)<br />

Martha Steinte (1885 - 1940)<br />

Benedikt Traub (1919 - 1940)<br />

Josefina Türk (1879- 1941)<br />

Magdalene Wannenmacher (1889 - 1940)<br />

Mathilde Weiss (1896 - 1940)<br />

Fanny Welser (1896- 1940)<br />

Margareth Wiest (1883 - 1940)<br />

Maria Zeiler (1897-1940)<br />

Dettingen<br />

Harthausen / Feldhausen<br />

Hettingen<br />

Hettingen<br />

Beuron<br />

Neufra<br />

Owingen<br />

Langenenslingen<br />

Hechingen<br />

Rangendingen<br />

Steinhilben<br />

35<br />

Donnerstags um 18.00 Uhr sowie samstags und sonntags um<br />

11.00 Uhr und um 15.00 Uhr<br />

2. Archivnachrichten<br />

Die Archivnachrichten, herausgegeben vom Landesarchiv Baden-Württemberg,<br />

berichten über Neues aus allen Tätigkeitsbereichen<br />

des Landesarchivs. Sie erscheinen zweimal jährlich<br />

und werden kostenlos abgegeben. In der Regel enthalten sie<br />

dazu die Beilage Quellenmaterial für den Unterricht. Auch ältere<br />

Exemplare ab Nr. 12 (Mai 1996) sind noch erhältlich und<br />

werden auf Anfrage gerne zugesandt. Wer Interesse an den Archivnachrichten<br />

hat, kann sich in den Verteiler aufnehmen lassen:<br />

Landesarchiv Baden-Württemberg, Eugenstr. 7, 70182<br />

Stuttgart, Telefax 0711/212-4283, E-Mail: landesarchiv@labw.de.<br />

3. Ausstellung Gruß vom Zollerberg. Die Burg Hohenzollern<br />

im Spiegel historischer Ansichtskarten und<br />

Souvenirs<br />

vom 14. Oktober bis 26. November 2006 in der Vorhalle der<br />

Burgschenke auf der Burg Hohenzollern.<br />

Dass die Burg Hohenzollern bereits seit der zweiten Hälfte<br />

des 19- Jahrhunderts zu den behebtesten Ausflugszielen des<br />

Landes zählt, belegt nicht zuletzt eine erstaunliche Vielfalt an<br />

Postkarten, die schon damals in großer Zahl hergestellt und<br />

verschickt wurden.<br />

In der Ausstellung werden über 100 historische Ansichtskarten<br />

aus dem Hausarchiv und weiteren Privatsammlungen gezeigt,<br />

in denen sich ein deutlicher Wandel der Gestaltung und Techniken<br />

erkennen lässt. Eine Auswahl an Reiseandenken illustriert<br />

zudem die frühe Popularität dieses architektonischen<br />

Wahrzeichens als Motiv auf Souvenirs.<br />

Öffnungszeiten: Täglich von 10 bis 17 Uhr. Weitere Informationen<br />

unter Tel.-Nr. 07471/2428<br />

ULRICH FELDHAHN<br />

gez. Dr. Otto H. Becker<br />

Vorsitzender<br />

Das Wappen des Burggrafen Friedrich V.<br />

auf der Burg Hohenzollern<br />

An der durchfensterten Balkontür der so genannten Dienerschaftshalle<br />

der Burg Hohenzollern befindet sich ein bemerkenswertes,<br />

wenngleich bislang wenig beachtetes Glasgemälde (Abb. 1). Die<br />

53,5 x 92 cm große Darstellung zeigt einen gevierten Wappenschild,<br />

in dessen erstem und vierten (heraldisch, d.h. vom Schildträger<br />

aus gesehen, rechts oben und links unten, für den Betrach-


ter umgekehrt) sich der schwarze Löwe der Burggrafschaft Nürn-<br />

berg auf Gold (Gelb) von einem schwarz-rot gestücktem Bord umgeben,<br />

im zweiten und dritten Feld das silber-schwarz quadrierte<br />

Zollernwappen befinden. Darüber erscheint ein blau-grauer Topfhelm,<br />

der von einem goldenen Brackenhaupt mit rotem Behang<br />

(Ohren) und roter Zunge bekrönt wird. Das Wappen und sein dunkelblauer<br />

Hintergrund mit Rankenwerk sind in eine gotisierende<br />

Scheinarchitektur eingestellt, die aus einer grauen Fensterumrahmung<br />

und schlanken Säulen in Violett- und Goldtönen besteht.<br />

Es handelt sich hierbei um die Kopie eines von Burggraf Friedrich<br />

V. von Nürnberg (reg. 1357-1397, gest. 1398) gestifteten Fensters<br />

in der Kirche St. Kilian im mittelfränkischen Markt Erlbach (Landkreis<br />

Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim), einem Gebiet, das die<br />

zollerischen Burggrafen 1282 als Reichslehen erhalten hatten<br />

(Abb. 2).[1] Obwohl die genauen Umstände dieser Stiftung nicht<br />

überliefert sind, dürfte sie im Zusammenhang mit der Verwüstung<br />

der Kirche im Städtekrieg 1388 und dem daraufhin erfolgten Neubau<br />

des Chores stehen. Ursprünglich befand sich das Wappen in<br />

der zentralen Chorachsenbahn, seit einer Neuordnung der Fenster<br />

im späten 19- Jahrhundert ist es im südöstlichen Chorfenster eingesetzt.<br />

Die auf der Burg Hohenzollern befindliche Nachbildung wurde von<br />

dem an deren Ausgestaltung maßgeblich beteiligten Grafen Rudolf<br />

Abb. 1:<br />

Glasgemälde an der durchfensterten Balkontür der sogenann-<br />

ten Dienerschaftshalle der Burg Hohenzollern, 1871 angefertigt.<br />

Foto: Feldhahn<br />

v. Stülfried-Alcäntara (1804-1882) [2] in Auftrag gegeben und von<br />

Georg Eberlein (1819-1884) im Jahre 1871 ausgeführt. [3] Dieser<br />

vielseitige, aus dem Markt Erlbach benachbarten Linden stam-<br />

mende Künstler erfuhr seine Ausbildung in Nürnberg, war dort<br />

später selbst als Professor für gotische Kunst an der Kunstgewerbeschule<br />

und u.a. auch als Dekorationsmaler auf der Burg Hohenzollern<br />

tätig. Eberleins Kopie gibt das Markt Erlbacher Wappen seitenverkehrt<br />

wider, was in der heraldisch unüblichen Linkswendung<br />

des Originals und der oftmals zur „Berichtigung" neigenden<br />

Kunstauffassung des Historismus begründet hegen mag. Bei den<br />

sonstigen Abweichungen bleibt zu bedenken, dass Eberlein die<br />

Vorlage noch vor ihrer 1898 durch die Werkstatt des Münchener<br />

Hofglasmalers Franz Xaver Zettler (1841-1916) durchgeführten<br />

Restaurierung und partiellen Ergänzung kennen gelernt hat.<br />

Abb. 2:<br />

Von Burggraf Friedrich V. von Nürnberg (reg. 1357-1397, gest.<br />

1398) gestiftetes Fenster in der Kirche St. Kilian im Mittelfränkischen<br />

Markt Erlbach. Foto: Feldhahn


Stillfried beabsichtigte zunächst, das Glasgemälde neben der aus<br />

dem Kloster Stetten bei Hechingen stammenden ältesten bekannten<br />

Darstellung des Zollernwappens im Vorraum der St. Michaelskapelle<br />

anzubringen. Nach dem Eintreffen der Kopie wurde jedoch<br />

festgestellt, dass die beiden Glasgemälde optisch nicht nebeneinander<br />

harmonierten, weshalb noch im selben Jahr der jetzige Anbringungsort<br />

in Betracht gezogen wurde, während sich das Stettener<br />

Wappen heute im Nordfenster vor dem Chorraum der Kapelle<br />

befindet.<br />

Das Wappen Friedrichs V. war für Stillfried insofern von Interesse,<br />

als dass es nicht nur die von ihm erforschte Bedeutung der Zollern<br />

im Mittelalter unterstrich, sondern zugleich als eines der frühesten<br />

Beispiele der 1317 käuflich erworbenen Verwendung des<br />

Brackenhauptes gelten kann. [4] Diese fortan vom fränkischen<br />

Zweig der Dynastie geführte Helmzier erfuhr im Lauf der Jahrhunderte<br />

Veränderungen, blieb aber Bestandteil des königlich-preußischen<br />

Wappens und wurde - in süber-schwarz quadrierter Form -<br />

sogar von den schwäbischen Hohenzollern übernommen. Beim<br />

Wiederaufbau des Hohenzollern fanden Köpfe dieser Hunderasse<br />

u.a. als Konsolen in der Stammbaumhalle und Wasserspeier an<br />

dem heute nicht mehr bestehenden Brunnen im Burggarten Verwendung.<br />

Stillfried spielte zeitweilig sogar mit dem Gedanken, den<br />

OTTO H. BECKER<br />

„Die letzten Tage der französischen<br />

Regierung von Sigmaringen"<br />

nach Francis Bout de l'An<br />

Teil I<br />

Nach einer Führung durch den Prinzenbau und den Stadtkern von<br />

Sigmaringen übersandte Herr Renaud Bout de l'An mit Schreiben<br />

vom 14. Juh 2003 ein maschinenschriftliches Manuskript seines<br />

Vaters Francis Bout de l'An mit dem Originaltitel „Les derniers<br />

jours du gouvernement frangais de Sigmaringen". Nach dem Anschreiben<br />

war der Text 19-50 in Bozen/Südtirol in der italienischen<br />

Zeitschrift „Illustrato" erschienen. Francis Bout de l'An wurde danach<br />

1910 geboren und starb 1977 in Bozen. Er war 1944 als Generalsekretär<br />

(secretaire general) der Miliz nach Sigmaringen<br />

gekommen. Nach seiner Ernennung zum Staatssekretär des Innern<br />

für die Aufrechterhaltung der Ordnung (secretaire dlitat ä f Interieur<br />

Charge du maintien l'ordre) soll Joseph Darnand am 8.<br />

März 1945 seine Funktion als Chef der Mihz Francis Bout de l'An<br />

übertragen haben. Nach einer Notiz in der Zeitschrift „La France"<br />

Nr. 1 vom 26. Oktober 1944 befand sich das Generalsekretariat der<br />

Mihz übrigens in der Karlstraße 3 und damit im Neuen Prinzenbau<br />

im Sigmaringen.<br />

Inhaltlich bietet der Beitrag von Bout de l'An wichtige Informationen<br />

über die Episode „Vichy-Regierung in Sigmaringen", die unsere bisher<br />

aus den Aufzeichnungen von Maximilian Schaitel und Alphonse<br />

Stoffels sowie aus der Zeitung „La France" und verschiedenen archivalische<br />

Quellen im Staatsarchiv gewonnenen Erkenntnisse ergänzen<br />

und erweitern. Der übersandte Text, der insgesamt fast sechs<br />

eng beschriebene Schreibmaschinenseiten umfasst, ist in fünf Kapitel<br />

gegliedert. Die ersten beiden Abschnitte, die den Aufenthalt der<br />

französischen Regierung und der mit Ihnen nach Sigmaringen gelangten<br />

Landsleute beinhalten, sollen hier als Teü I verkürzt wiedergeben<br />

werden. Wichtige Passagen werden unmittelbar aus der<br />

französischen Vorlage ins Deutsche übertragen.<br />

37<br />

Torturm der Burg analog zu der im württembergischen Schloss<br />

Lichtenstein eingerichteten „Hirschstube" in „Brackenturm" umzubenennen,<br />

was jedoch letztlich nicht verwirklicht wurde. [5]<br />

Anmerkungen<br />

[ 1 ] Harmut Scholz: Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken<br />

und Nürnberg extra muros. Berlin 2002 (Corpus Vitrearum<br />

Meu Aevi, Deutschland Bd. X), S. 283ff. (dort auch ältere<br />

Literatur).<br />

[2] Vgl. Rolf Bothe: Burg Hohenzollern. Von der mittelalterlichen<br />

Burg zum national-dynastischen Denkmal im 19- Jahrhundert.<br />

Berlin 1979, sowie Ulrich Feldhahn: Rudolf v. Stillfried,<br />

Kloster Heilsbronn und die Burg Hohenzollern, in: Zeitschrift<br />

für <strong>Hohenzollerische</strong> Geschichte 126. (2005), S. 27-46.<br />

[3] Vgl. die hierzu erhaltene Korrespondenz zwischen Stillfried,<br />

Eberlein und dem Kastellan Heydemann, Geheimes Staatsarchiv-Preußischer<br />

Kulturbesitz (GStA-PK), Nachlass Stillfried-<br />

Alcäntara, Nr. 11.<br />

[4] Karl Theodor Zingeler: Der Bracke im Wappen der Hohenzollern.<br />

Görlitz 1898, S. 6ff.<br />

[5] GStA-PK, Nachlass Stillfried-Alcäntara, Nr. 4.<br />

Im ersten Kapitel mit der Überschrift „Die weiße Frau" (La dame<br />

blanche) werden wir in den letzten Tag des Aufenthalts der Regierungskommission<br />

für die Verteidigung der nationalen Interessen<br />

vor ihrem Auszug mit „vagem Ziel in den Alpen" in der Nacht vom<br />

18. auf den 19. April 1945 versetzt. Francis Bout de l'An schildert<br />

uns zunächst Zustände am Vormittag des 18. April: Im Schloss begannen<br />

die Bediensteten damit, die Zimmer der Minister und ihrer<br />

Begleitung wieder in Ordnung zu bringen. Am Fuße der Pfarrkirche<br />

St. Johann warteten einige zurückgebliebene Franzosen mit<br />

Resten ihres Gepäcks inmitten von flüchtenden Soldaten der<br />

Wehrmacht auf Transportmittel. Ein Oberst der SS verkündete,<br />

dass die französischen Truppen auf der Straße von Tuttlingen her<br />

anrücken. Eine amerikanische Kolonne bedrohe das Lager Heuberg.<br />

Die Stadt Sigmaringen würde am Abend eingenommen werden.<br />

Bout de FAn hielt unterdessen Ausschau nach einem guten Auto<br />

und nach Benzin, zog die Regierungskommission doch mit halb<br />

leeren Tanks davon. Der Autor hatte Glück. Sein Chauffeur, der die<br />

Nachtwache mit einem Unteroffizier des Flugplatzes Mengen verbracht<br />

hatte, organisierte 200 Liter Benzin um den Preis eines<br />

Fordkabrioletts und 50 Paketen Tabak. Der Gewährsmann fuhr<br />

wörtlich fort: „Der zweite Auszug der französischen Regierung begann<br />

ohne organisierte Etappen und fast ohne Verpflegung in Richtung<br />

Südosten, in das geheimnisvolle Rückzugsgebiet der österreichischen<br />

Alpen, wo die SS einen letzten Widerstand gegen die<br />

Eindringlinge aufbauen sollte".<br />

In dem Bericht folgen interessante Details, nämlich: „Die französische<br />

Fahne, das gewaltige Banner des Schlachtschiffes Straßburg,<br />

wehte noch auf dem Schloss der Hohenzollern an der Fahnenstange<br />

unterhalb der Kaiserkrone. Die Einwohner von Sigmaringen<br />

hatten sich an den Anblick unserer Trikolore gewöhnt. Sie schrieben<br />

die Tatsache, niemals bombardiert worden zu sein, vor allem<br />

unserem Nationalemblem am Gipfel des deutschen Schlosses zu".<br />

Danach stammte die Trikolore, die täglich morgens am Mast über<br />

dem Eingangportal des Sigmaringer Schlosses hoch gezogen und<br />

abends wieder herunter gelassen wurde, von dem Schlachtschiff


Straßburg, das 1940 bei Oran in Nordafrika der Vernichtung der<br />

französischen Flotte durch die Briten entkommen konnte, dann<br />

aber auf der Reede vor Toulon versenkt worden war. Die geäußerte<br />

Meinung, die Anwesenheit der Franzosen habe Sigmaringen vor<br />

Bombardierung bewahrt, könnte zutreffend sein. Schließlich kann<br />

man an Toten keine Rache mehr üben. Die Sigmaringer schrieben<br />

ihre Rettung selbst jedoch wohl in erster Linie dem Wirken ihres<br />

Stadtpatrons Sankt Fidelis zu.<br />

Im Manuskript lesen wir anschließend die folgende Textpassage:<br />

„Ich (Francis Bout de l'An) verbrachte den letzten Abend in Gesellschaft<br />

eines Professor, eines Vertrauten des Ministers Deat, der<br />

ein Experte auf dem Gebiet der Rechts und des Spiritismus war. Er<br />

hatte mir geraten, im Verlauf der Nacht sehr aufmerksam zu sein.<br />

"Sie haben die Gelegenheit, das Gespenst (fantöme) der Hohenzollern,<br />

die weiße Frau sehen. Wenn Sie das Appartement des Fürsten<br />

belegen, kann sie sich offenbaren . Ich hatte die weiße Frau nicht<br />

gesehen, die gemäß Legende im Augenbhck großer Katastrophen<br />

erscheint, sondern statt dessen die Zimmerfrau, eine Agentin der<br />

Gestapo, die gewöhnlich gewissenhaft meine Schubladen durchwühlte.<br />

Sie fragte mich ohne Ironie, ob ich die folgende Nacht bleiben<br />

würde".<br />

Im zweiten Abschnitt, überschrieben mit „Acht Monate Auseinandersetzungen"<br />

(Huit mois de disputes), verschafft uns der Autor<br />

eindrückliche Einblicke in die Absichten der nach Sigmaringen gekommenen<br />

Franzosen und deren Beziehungen untereinander. Wie<br />

der Autor ausführt, hatte selbst die drohende Gefahr keine Einigkeit<br />

unter den einzelnen Mitgliedern der französischen Regierung,<br />

auch den Flüchthngen gegenüber, geführt. Die Uneinigkeit war, wie<br />

der Gewährsmann schrieb, Ende August (im Text: September)<br />

1944 entstanden, als in Beifort Ministerpräsident Laval ebenso wie<br />

die Mehrheit der Minister ihr Ämter niederlegten, nämlich Abel<br />

Bonnard, Bichelonne, Gabolde und Paul Marion. Letztere nannte<br />

man die „passiven Minister" im Unterschied zu den „aktiven Ministern",<br />

den fünf Mitgliedern der neuen Regierungskommission für<br />

die Verteidigung der nationalen Interessen Marcel Deat (zuständig<br />

für Arbeit), General Bridoux (zuständig für die Kriegsgefangenen),<br />

Joseph Darnand (zuständig für die Miliz und die Organisation der<br />

Streitkräfte an der Ostfront) und dem Journalisten Jean Luchaire<br />

(zuständig für Propaganda) unter dem Vorsitz des Botschafters<br />

Fernand de Brinon. Nach Bout de fAn bildete die Regierungskommission<br />

keine Einheit, deren Grund vermutlich in der Mitgliedschaft<br />

der beiden Parteivorsitzenden Marcel Deat und Joseph<br />

Darnand beruhte; die de Brinon abwechselnd unterstützte.<br />

Es gab somit zwei Regierungen, nämhch die alte und die neue, die<br />

in gefährlicher Nachbarschaft im Sigmaringer Schloss wohnten,<br />

wobei die passiven Minister, da sie früher angekommen waren, die<br />

besseren Appartements bewohnten. Laval, dem das von Petain abgelehnte<br />

Appartement Kaiser Wilhelms II. zur Verfügung gestellt<br />

worden war, enthielt sich jeglicher politischer Betätigung. Er erlernte<br />

vielmehr die deutsche Sprache, sah den Milizionären beim<br />

Angeln in der Donau zu und unterrichtete sich über die Ernährung<br />

der Rinder in Württemberg. Dennoch erhielt er nach Auffassung<br />

gewisser aktiver Minister zu viele Besuche. Laval wurde zu seiner<br />

großen Befriedigung schließlich im Schloss Wilflingen in Verbannung<br />

geschickt, obwohl seine Garde in diesem isolierten Dorf einen<br />

Angriff von Fallschirmjägern befürchtete.<br />

Der Weggang Lavais bedeutete keine Ruhe für Sigmaringen. Die<br />

Regierungskommission war nämhch keine wahre Regierung. Sie<br />

38<br />

war weder eine Repräsentation ihres Landes noch ein fähiger Organismus,<br />

der militärisch und politisch Deutschland in seinem<br />

Kampf beistehen konnte. Sie bemühte sich lediglich um die Verteidigung<br />

der französischen Interessen. Daraus entstand nach der<br />

Meinung des Autors eine Reihe von Intrigen, die dann zu offenen<br />

Auseinandersetzungen führten. Am 6. Januar 1945 errichtete Jacques<br />

Doriot mit Unterstützung der meisten deutschen Stellen sein<br />

„Komitee für die Befreiung Frankreichs". Er bekam seinen Rundfunksender<br />

, seine Zeitung „Le Petit Parisien", die im Gegensatz<br />

zur Zeitung „La France" von Jean Luchaire stand. Doriot beabsichtigte,<br />

die Kommission in Sigmaringen aufzuzehren.<br />

De Brinon unterstützte Doriot nach Geheimverhandlungen auf der<br />

Insel Mainau, dem Hauptquartier des Befreiungskomitees. Deat<br />

und Darnand wandten sich mit der Unterstützung des in Ungnade<br />

gefallenen deutschen Botschafters Abetz gegen den so genannten<br />

"Verrat von de Brinon". Im großen Salon der zweiten Etage des Sigmaringer<br />

Schlössen fanden, wie Bout de l'An berichtet, „stürmische<br />

Sitzungen" statt. Die Schlacht leitete Deat. Im Beisein des<br />

neuen deutschen Botschafters Reinebeck soll er gesagt haben:<br />

„Wir haben kein Verrauen zu Herrn de Brinon und wir erkennen<br />

weder seine Vereinbarung mit Doriot noch seine Autorität an".<br />

Doch auch der Tod Doriots [am 22. Februar 1945] durch Beschuss<br />

eines alliierten Flugzeugs bei Sigmaringen vermochte die<br />

Streitereien nicht zu beenden. Es gab nämhch weiterhin zwei Rivalen<br />

[Deat und Darnand], die sich gegenseitig verhöhnten. Jede<br />

deutsche Stelle, wie z, B. die Wehrmacht, die SS, das Auswärtige<br />

Amt, unterstützte die eine oder andere französische Partei.<br />

Der malerischste unter den Proteges war, wie Bout de l'An weiter<br />

ausführt, General [Besson-Rapp], Chef der Gruppe der freiwilligen<br />

Franzosen (groupe des volontiers frangais), der eine aufwändige<br />

Uniform, vergleichbar mit der Görings, trug. Die Fahne der Gruppe<br />

bestand aus der Trikolore, versehen mit dem Kreuz des Heiligen<br />

Ludwig und dem Monogram Karls des Großen. Die Anhänger sollen<br />

sich dazu verpflichtet haben, fünf Jahre in Ehelosigkeit zu leben.<br />

Dennoch soll die Gruppe keine Rekrutierungsschwierigkeiten<br />

gehabt haben. Am Sitz des Kommandanten im Westen der Stadt Sigmaringen<br />

befand sich nach der Vorlage ein großer Anschlag, der<br />

einen am Hinrichtungspfahl hängenden Erschossenen zeigt und<br />

die Legende trug: „Du, der du hierher kommst, um uns zu verraten,<br />

schaue, was du erwartest".<br />

Nach den weiteren Ausführungen des Autors ignorierte Marschall<br />

Petain die französische Kolonie von Sigmaringen, Er betrachtete<br />

sich als Gefangener und empfing niemand (Le Marechal ignorait la<br />

colonie frangaise de Sigmaringen. Ii se considerait comme prisonnier<br />

et ne recevait personne). Man sah ihn lediglich sonntags bei<br />

der Messe um 10 Uhr in der [fürsthehren] Loge der Pfarrkirche St,<br />

Johann. Jeder aber soll sich auf seine Machtbefugnis berufen haben;<br />

sein Name kehrte ohne Unterlass in den schrillen Auseinandersetzungen<br />

unter den Exilanten wieder, waren es Streitereien<br />

um Nahrung, Wohnung oder um die polische Orientierung. Die<br />

Soldtaten verachteten die Arbeiter. Die Arbeiter verachteten die<br />

Funktionsträger im Schloss. Die Bewohner der Flüchtlingslager betrachteten<br />

sich allmählich wie Ausgestoßene. Hinzu kamen die<br />

ehrgeizigen Ziele der Parteichefs sowie die Ungeduld und der Groll<br />

der Militanten. Die deutsch-französische Kollaboration erlitt in<br />

diesen acht Monaten des Elends und der schwindenden Hoffnungen<br />

einen empfindlichen Rückschritt.<br />

(Fortsetzungfolgt)


CHRISTIAN H. FREITAG/ RICHARD HAIDLAUF<br />

Die Kalkofer Steige - ein frühes<br />

Großprojekt des Straßenbaues in<br />

Hohenzollern<br />

(Fortsetzung)<br />

Widerstände<br />

Die drei, nun ja offen aufsässigen Gemeinden suchten sich in Person<br />

des Sigmaringer Advokaten Wurth Rechtsbeistand, um so ihre<br />

Interessen gegen den zunehmenden Druck seitens der, wie sie tituliert<br />

wurde, „Hochfürstlichen Hochpreislichen Regierung" vertreten<br />

zu lassen. Würth wies in einer Eingabe vom 20. Januar 1832<br />

darauf hin, dass die durch ihn vertretenen Gemeinden der Straße<br />

„immer entgegen getreten" und „der so betitelten Übereinkunft<br />

(die Frohnleistung betreffend - Vf.) niemals beigetreten" seien. Im<br />

übrigen hätten diese Gemeinden „schon mehr als den zugesicherten<br />

Beitrag an Frohnen geleistet, obgleich die Straße kaum zu einem<br />

Drittel vollendet" sei, „woraus sich die Folgerung ergibt, dass<br />

der noch bevorstehende Aufwand die Kräfte der Contribuzenten jedenfalls<br />

übersteigende Summe von 10000 fl belaufen wird,<br />

während die Straßenbauinspektion", so des Rechtsanwalts gekonnter<br />

Seitenhieb, „den Betrag sämtlicher Kosten auf 4500 fl zu<br />

berechnen beliebte". Peinlich für die obere Landesbehörde, aber<br />

wahr!<br />

Wie zu erwarten gab es in der Folge zunächst einmal viel juristisches<br />

Hin und Her und Schuldzuweisungen zwischen den Ämtern.<br />

Der Frühling, der Sommer und der Herbst gingen durchs Land -<br />

die Baustelle an der Steige lag still. Im Dezember 1832 hatte man<br />

ry^Z. fr i.<br />

K-n.J<br />

£ p Y


Bezirks Hohenfels", denen allerdings gleich eingangs eröffnet<br />

wurde, dass seitens der Sigmaringer Regierung „auf der Frohnlei-<br />

stung unnachsichtig bestanden werde und nur die bisher für den<br />

Straßenbau ungeeignete Witterung den Vollzug der ... Höchsten<br />

Entschließung verzögert habe". Erwartungsgemäß zeigt sich Kalkofen<br />

„unbedingt" bereit, die Arbeiten wiederaufzunehmen, Liggersdorf<br />

und Selgetsweiler spielten auf Zeit, meldeten Beratungsbedarf<br />

„mit der Bürgerschaft" an, um dann zu erklären, wieder<br />

mitarbeiten zu wollen, wenn auch die anderen Gemeinden die Arbeit<br />

wieder aufnähmen. Mindersdorf; Deutwang und Oberndorf<br />

beharrten indes auf ihrem ablehnenden Standpunkt und verlangten<br />

„eine unparteüsche Einschätzung" der bereits geleisteten und<br />

noch zu leistenden Arbeiten.<br />

Auch Advokat Würth legte nach: in einem Plädoyer vom 4. Februar<br />

1833 verurteüte er den „rechtsverhöhnenden Beschluss" der an-<br />

gedrohten Militäraküon gegen seine Mandaten. Im übrigen sei die<br />

„projektierte Straße mehr das Werk einer besonderen Liebhaberei,<br />

als das Gebot der Notwendigkeit", ja man könne eigentlich<br />

in dieser Straße eigenthch „nur einen Bequemlichkeitsweg erkennen,<br />

der wenigstens" - so Würths neue Hochrechnung -<br />

„15000 fl kosten" werde.<br />

Finale<br />

Wahrscheinlich beeindruckt von den harten Fronten und überdies<br />

wohl auch politisch nicht willens zu rigorosem Durchgreifen entschloss<br />

man sich in Sigmaringen dazu, ab April 1833 die noch ausstehenden<br />

Leistungen, namentlich die An- und Abfuhr von Baumaterial<br />

sowie die Handwerksarbeiten „zu verakkordieren", d.h. öffentlich<br />

zu vergeben, um so die Arbeiten an der Straße wieder in<br />

Gang zu bringen.<br />

Abb. 3:1848: die neue Kalkofer Steige - prägnant im Kartenbild von Nord nach Süd (aus: Topogr. Karte über das Großherzogtum Baden, 1848)<br />

40


Zu diesem Zweck wurden Kreditmittel bei der Landeskasse aufgenommen.<br />

Die Fleißigsten am Bau waren - aus den bekannten Gründen<br />

- wieder die Kalkofer. Ende Mai 1833 stellte das Oberamt Wald<br />

fest, „dass der größere Teil der Bürger von Kalkofen die zugeteilten<br />

Wegstrecken in zwei Tagen vollendeten und jene, welche die<br />

größten und schwierigsten Stellen enthielten, damit in 4 Tagen<br />

ohne besondere Anstrengung, und ohne fremde Hilfe, fertig wurden!".<br />

Hieraus ergebe sich „augenfällig, wie absurd und gänzüch<br />

aus der Luft gegriffen die Behauptung der die Frohn verweigernden<br />

Orte: Mindersdorf, Deutwang und Oberndorf, deren Beispiel auch<br />

Liggersdorf und Selgetsweiler nach sich zog, gewesen sei" , nämhch<br />

die Behauptung, „dass dieser Straßenbau ihre Kräfte übersteige,<br />

und als eine Zumutung betrachtet werden müsse". Der Bericht<br />

zusammenfassend: „Es ist wirklich schade für das viele Geld,<br />

welches dem Eigensinn und der Starrköpfigkeit dieser Leute statt<br />

Frohnen geopfert werden muss.<br />

Von April bis Ende November 1833 wurden weitere 5206 Gulden<br />

verbaut. Der Kalkofer Stabhalter Menner, den man mit der Bauleitung<br />

und Rechnungsführung vor Ort betraut hatte, bekam bald den<br />

(jetzt oft unterschwelligen) Unmut auf der Baustelle zu spüren. In<br />

mehreren Schreiben an die Fürstliche Regierung beklagte sich<br />

Menner über stockende oder gänzlich ausbleibende Zahlungen<br />

aus Sigmaringen: „Ich habe nicht nur für alle meine unzähligen<br />

Gänge und Schreiberei in dieser Angelegenheit bis jetzt noch keinen<br />

Heller als Gebühr angesetzt, sondern überdies für Maurer,<br />

Ziegler, Steinbrecher, Tagelöhner p.p. ohne hierfür einen Kreuzer<br />

Zinsen zu verlangen, ausgelegt." Darüber hinaus „wurden mir statt<br />

des wohlverdienten Dankes von den Untertanen der Herrschaft Hohenfels<br />

nur Flüche und Schmähworte zuteil". Kurz: der Kalkofer<br />

Diener bekam die Prügel, die eigentlich den Sigmaringer Herren<br />

galten...<br />

Nachspiel<br />

Im Frühjahr 1836 schließlich, nach über 7 Jahren Bau und Streit,<br />

war die Straße endhch nutzbar. Die Gesamtkosten summierten sich<br />

schließlich auf 16376 Gulden, d.h. das Dreieinhalbfache der ursprünglich<br />

veranschlagten Mittel - eine selbst nach heutigen Maßstäben<br />

stattliche Kostenüberschreitung, die von der Landeskasse zu<br />

tragen waren.<br />

Angesichts dieser Umstände wurde von der fürstlichen Regierung<br />

eine Untersuchung eingeleitet, um gegebenenfalls die Straßen-<br />

Ober-Inspektion „zur Verantwortung zu ziehen". Ein Jahr später<br />

lag der Prüfungsbericht vor: in der Tat habe man sich seitens der<br />

Straßen-Inspektion zum einen bei den Kosten der Frohnarbeit verschätzt<br />

(„... nicht in der Lage, zu beurteilen ob diese Preise den<br />

örtlichen Verhältnissen entsprechend seien oder nicht"). Zum anderen<br />

seien durch die ursprünglich ja nicht vorgesehene „Akkordarbeit"<br />

bedeutend höhere Kosten angefallen. Auch die Aufwendungen<br />

für die Entschädigungszahlungen beim Grundstückserwerb<br />

hätten sich als fast dreimal so hoch wie veranschlagt erwiesen.<br />

Zur Rechtfertigung verwies man abschließend - durchaus<br />

behebt bei Behörden - auf mangelnde Personalausstattung: „In einem<br />

größeren Amte... würde ein solcher Fall nicht möglich sein".<br />

Die Untersuchung, wer nun schlussendlich für das finanzielle Debakel<br />

verantwortlich sei, zog sich noch über Jahre hin. Im Oktober<br />

1839 kam das innerbehördliche Verfahren endlich zu einem auch<br />

für heutige Leser kaum überraschenden Abschlussurteil:<br />

„Obwohl die Fürstl. Ober-Straßen-Inspektion nicht vollkommen<br />

gerechtfertigt erscheine, so sei doch bei der damaligen Lage der<br />

41<br />

Dinge von einer Strafverfügung Umgang zu nehmen". Die Kosten<br />

übernahm die Staatskasse.<br />

Menner<br />

Nachhaltiger trafen die finanziellen Nachwehen des Straßenbaus,<br />

wie schon erwähnt, den Kalkofer Stabhalter. Sicherhch war Jakob<br />

Menner das eine oder andere Mal von der Behörde ob seines Engagements<br />

gelobt worden. Man bescheinigte ihm, dass er „sich wesentliche<br />

Verdienste um die Ausführung dieses Bauwesens durch<br />

sein Beispiel, durch unermüdliche und uneigennützige Tätigkeit<br />

erworben" habe und dass er durchaus „als ein sehr rechtschaffender<br />

zuverlässiger Mann" gelten könne.<br />

In der Tat hatte Menner während des Baus auch eigene Mittel für<br />

Rechnungen und Löhne verauslagt, die ihm allerdings entweder<br />

überhaupt nicht oder nur nach langwierigem Gezerre mit den Sigmaringer<br />

Behörden rückerstattet wurden. Resignierend bemerkte<br />

er in einem seiner vielen Bittgesuche um Rückzahlung: „Ich würde<br />

in Zukunft kein solches Geschäft mehr annehmen, auch wenn man<br />

mir 1000 £1 gebe".<br />

Anlässlich des 100jährigen Bestehens der Kalkofer Steige charakterisierte<br />

der Liggersdorfer Pfarrer Reiber Stabhalter Menner wie<br />

folgt: „Er war vermögend und ein freigebiger Mann. Den Arbeitern<br />

am Straßenbau hat er oft einen Trunk gespendet. Aber da er selbst<br />

den Trunk hebte, ist er arm gestorben." (Reiber 1935) Nun, ganz<br />

so simpel war's wohl nicht, Herr Pfarrer!<br />

Ausblick<br />

Seit nunmehr 170 Jahren, eingewachsen in die Hohenfelser Landschaft,<br />

dient die Kalkofer Steige dem Nah- und Fernverkehr im Bodenseehinterland.<br />

Während dieser Zeit ist sie mit hohem Aulwand<br />

unterhalten, erweitert und modernisiert worden. Vor allem zwischen<br />

1988 und 1995 ist die heute als L194 geführte Straße durch<br />

umfangreiche Ausbauten - wie die Erweiterung von Kurven, Hangsicherungen,<br />

den Einbau von Leitplanken, das Anlegen eines Radwegs<br />

und anderes mehr - in den Stand gesetzt worden, auch das<br />

Verkehrsaufkommen unserer Tage zu bewältigen.<br />

In diesem Sinne: „Ad multos annos, alte Mennersteige!"<br />

Quellen und Literatur<br />

- Staatsarchiv Sigmaringen, Ho 86, T 1, Nr.436 u. 508<br />

Anm.: Alle nicht anderweitig gekennzeichneten Zitate im Text<br />

sind o.a. Aktenbestand entnommen.<br />

- Sammlung der Gesetze und Verordnungen für das Fürstentum<br />

Hohenzollern Sigmaringen von den Jahren 1821 bis 1826. Sigmaringen<br />

1827<br />

- Karl Theodor Zingeler/ Wilhelm Friedrich Laur: Die Bau- und<br />

Kunst-Denkmäler in den Hohenzollern'schen Landen. Stuttgart<br />

1896<br />

- Der Landkreis Konstanz. Amtliche Kreisbeschreibung, Band IV.<br />

Sigmaringen 1984<br />

- August Reiber: „100 Jahre Kalkofener Staig", in: <strong>Heimat</strong>klänge<br />

1/1935<br />

- Anton Heimes: Vom Saumpferd zur Transportindustrie. Weg und<br />

Bedeutung des Straßengüterverkehrs in der Geschichte. Bonn<br />

1978<br />

- Eberhard Gönner: Die Revolution von 1848/49 in den hohenzollerischen<br />

Fürstentümern und deren Anschluss an Preußen.<br />

Hechingen 1952


HANS-DIETER LEHMANN<br />

Zur Römerstraße im oberen Starzeltal<br />

und Straßenstationen daran<br />

Westlich vom Kastell Burladingen-Hausen wurde vor einigen Jahren<br />

ein römisches Gebäude aufgedeckt und untersucht, weil es<br />

durch die neue Trasse der Bundesstraße B 32 partiell zerstört<br />

wurde. Der Ausgräber hat in dem Bau eine Straßenstation (Mansio)<br />

erkannt: der Grundriß passe weder für einen Gutshof noch für<br />

eine Badeanlage in römischer Zeit. [1] Auch die Lage über dem Killertal<br />

- vor der Wasserscheide zwischen Starzel und Vehla mit<br />

dem Kastell und der östlich anschließenden Zivilsiedlung (Vicus) -<br />

dürfte bei dieser Interpretation des Befundes eine Rolle gespielt<br />

haben.<br />

Eine Straßenstation setzt natürlich eine Straße dabei voraus. Eine<br />

in römischer Technik ausgebaute Straße von Burladingen durch<br />

das Killertal ins Albvorland hinunter ist bis heute im Gelände nirgends<br />

nachgewiesen. [2] Diese schon 1912 von E. Nägele getroffene<br />

Feststellung wurde 1990 von H. Reim als zuständigem Archäologen<br />

bestätigt. [3] Nägele hatte dafür auch schon die Erklärung:<br />

der bequeme Albaufstieg entlang der oberen Starzel war<br />

schon in vorrömischer Zeit und selbstverständlich auch von den<br />

Römern für den zivüen Verkehr genutzt worden, für das römische<br />

Heer war er aber bei der Okkupation des Raumes nicht von Interesse,<br />

weil die Straßen im Albvorland erst angelegt wurden, als das<br />

Burladinger Kastell seine Bedeutung verlor. [4]<br />

Die Grabungen in Burladingen haben auf der Wasserscheide und<br />

östlich davon mit Kalkschotter befestigte Strafen ans Tageslicht gebracht:<br />

die quer über den Paß kreuzende Alblimesstraße und auch<br />

eine nach Osten ins Vehlatal laufende Verbindung zur Donau. [5]<br />

Eine in gleicher Weise befestigte Straße nach Westen konnte nicht<br />

beobachtet werden; es sind auch keine älteren Beobachtungen<br />

dazu aus der Zeit des Baues der Eisenbahn und der Straße daneben<br />

bekannt. Ein nicht speziell in römischer Technik befestigter<br />

Weg wäre sicherlich auch kaum von der neuzeitlichen Verbindung<br />

zu unterscheiden gewesen, die vor dem Ausbau der Straße im<br />

19Jahrhundert bestanden hatte. Die Archäologen vermuten heute<br />

für die römische Trasse eine Führung, die vom Ost- zum Westtor<br />

durch das Kastell hindurch und südlich an der Mansio vorbei ins<br />

Tal hinabgeführt haben soll. [6] Eine Führung durch das Lager hindurch<br />

ist nur nach dessen Auflassung denkbar; außerdem steht<br />

sein Westtor unmittelbar über der Hangkante des von Süden kommenden<br />

Seitentälchen, in welchem die Straße von 1881 eine Kehre<br />

um den „Neubronnen" gemacht hatte. Da auch in der Kastellzeit<br />

eine Verbindung ins Tal hinab existiert haben muß, kann sie nur<br />

nördlich von Kastell und Mansio gelaufen sein im Zug der späteren<br />

und der heutigen Straße. Sie muß recht steü gewesen sein, wenn<br />

zur Minderung der Steilheit 1881 extra eine Kehre angelegt wurde.<br />

Auch die Eisenbahn gewinnt diese letzte Steigung vor der Paßhöhe<br />

nur in einem tiefen Einschnitt.<br />

Straßenstationen an römischen Fernstraßen wurden im Abstand<br />

von etwa 25 Meilen (37 km) und vorzugsweise am Rand größerer<br />

Siedlungen angelegt. [7] Für den schnellen Verkehr in der Ebene<br />

entsprach diese Distanz etwa einer Tagesleistung; für den Schwerlastverkehr<br />

auf zweispännigen Ochsenkarren ist als Tagesleistung<br />

allenfalls eine Entfernung von 10 -15 Meilen (15 - 22 km) anzusetzen.<br />

[8] An starken Steigungen dürfte Bedarf für Vorspann bestanden<br />

haben.<br />

42<br />

Die Entfernung von Rottenburg nach Burladingen - zuerst auf der<br />

Straße nach Rottweil und ab Rangendingen dann entlang der Starzel<br />

- beträgt etwa 30 km und hätte somit allenfalls für Ochsenkarren<br />

eine Zwischenstation erfordert. Für eine gewerblich betriebene<br />

Straßenstation hätte sich Rangendingen an der Abzweigung wegen<br />

des höheren Verkehrsaufkommens eher angeboten als das an der<br />

Nebenstrecke im Starzeltal 4 km abseits gelegene Hechingen-Stein.<br />

Die wirtschaftliche Basis dieser großen Gutsanlage bei Stein im<br />

Durchbruch der Starzel durch die Keuperschichten im Albvorland<br />

kann somit dort eine vermutete Straßenstation wohl kaum gewesen<br />

sein. [9] Auch Vorspann für Schwerlastverkehr - sofern hier auf die<br />

Alb hinauf überhaupt diskutabel - wäre erst südlich von Hechingen<br />

im Killertal notwendig gewesen.<br />

Die Aufteilung Südwestdeutschlands in römischer Zeit legt für die<br />

Befunde bei Burladingen eine Funktion an einer Binnengrenze<br />

nahe. Das Kastell war in spätvespasianischer Zeit wie die anderen<br />

Lager im Umfeld von Rottweil zur Sicherung des Raumes am oberen<br />

Neckar angelegt worden. [ 10] Mit der Vorverlegung der Reichsgrenzen<br />

an den mittleren Neckar am Ende des ersten Jahrhunderts<br />

waren diese Kastelle bedeutungslos geworden; aus Burladingen<br />

wurden die Truppen zu Beginn des zweiten Jahrhunderts abgezogenen]<br />

Der Bereich des obergermanischen Heeres im Neckarland<br />

wurde der Germania Superior zugeschlagen; die Albhochfläche<br />

gehörte weiterhin zu Rätien. In späterer Zeit waren diese beiden<br />

Provinzen einerseits zugehörig zum Reichsteil Gallien und andererseits<br />

zu Italien. An der Grenze zwischen diesen beiden Reichsteilen<br />

wurde ein Zoll erhoben in Höhe von 2,5 % des Warenwertes.<br />

[12] Unter der Voraussetzung, daß dieser Zoll auch schon im 2.<br />

und 3- Jahrhundert zugunsten des römischen Fiskus eingezogen<br />

wurde, bot sich das in Burladingen aufgelassene Kastell mit der ihm<br />

vorgelagerten Straßenstation als Zollstelle geradezu an: auf rätischem<br />

Boden kamen drei Straßen hier zusammen, der Verkehr im<br />

Killertal war von der Paßhähe aus leicht zu überwachen. Gespanne<br />

oder Lasttiere waren am Neubronnen zu versorgen, ihre Herren<br />

konnten in der Mansio darüber auf ihre Abfertigung warten.<br />

Parallelen zu einer solchen Zollstelle sind auch in der näheren<br />

Umgebung denkbar: im Raum Ebingen - Lautlingen müßte eine<br />

entsprechende Einrichtung für den Verkehr auf der ausgebauten<br />

Straße über die Wasserscheide zwischen Eyach und Schmiecha<br />

und weiter zur Donau bei Laiz existiert haben, weniger bedeutend<br />

könnte eine Zollstelle bei Willmandingen gewesen sein. Hierher<br />

kam von Rottenburg her ein Albaufstieg durch das obere Steinlachtal,<br />

der jenseits vom Sattel ,Jux" (von jugum) die Lauchertquelle<br />

erreichte. Grabungen wurden bei Willmandingen noch nicht<br />

gemacht: römische Funde sind bekannt von der „Bettburg", ein Lesefund<br />

stammt aus Flur „Steinmäuerle" westlich vom Oberdorf am<br />

Lauchertursprung.<br />

Ein Glanzstück der Ausstellung „Die Römer in Hohenzollern" im<br />

Herbst 2005 im <strong>Hohenzollerische</strong>n Landesmuseum in Hechingen<br />

ist eine römische Gemme aus Burladingen. [13] Sie zeigt eine<br />

Truhe [?] mit einem Adler darauf, der im Schnabel einen Kranz<br />

hält. Wer könnte einst der Besitzer des Ringes gewesen sein, zu<br />

welchem diese Gemme gehört hatte - der Zahlmeister der Burladinger<br />

Garnison oder später ein Zolleinnehmer dort ?<br />

Anmerkungen<br />

[ 1 ] Jörg Heiligmann: Ausgrabungen in der römischen Siedlung bei<br />

Burladingen, Zollernalbkreis. Archäologische Ausgrabungen<br />

in Baden-Württemberg (AAiBW) 1984,96-101 bes. S. 100.


[2] Hartmann Reim: Grabungen im Randbereich der römischen<br />

Zivilsiedlung bei Burladingen, Zollernalbkreis. AAiBW 1990,<br />

137-139 bes. S.138.<br />

[3] Eugen Nägele: Römisches Kastell bei Burladingen. Bl.d.<br />

Schwäb.Albver. 24(1912) Sp. 137 - 140, bes. Sp. 138.<br />

[4] Ebenda, vgl. Jörg Heiligmann: Die Albkastelle im Rahmen der<br />

römischen Besetzungsgeschichte Südwestdeutschlands in<br />

flavisch-trajanischer Zeit. Forschungen und Berichte zur Vor-<br />

und Frühgeschichte in Badenwürttemberg 35 (1990) bes.<br />

S.197.<br />

[5] Hartmann Reim: Zum Abschluß der Ausgrabungen im Gewerbegebiet<br />

„Kleineschle" bei Burladingen, Zollernalbkreis.<br />

AAiBW 1997, 55 -58, bes. Abb.30.<br />

[6] ebenda sowie Heiligmann (wie Anm.l)Abb.80.<br />

[7] Helmut Bender: Römischer Straßen- und Reiseverkehr. In:<br />

Römer zwischen Alpen und Nordmeer. L.Wamser (Hg.)<br />

2000. Katalog-Handbuch zur Landesausstellung Rosenheim.<br />

S. 255 - 263 bes. S.262.<br />

[8] Dietwulf Baatz: Das Leben im Grenzland des Römerreichs.<br />

HERBERT RÄDLE<br />

Der heilige Jakobus als Pilger - Ein<br />

Tafelgemälde des Meisters von Meßkirch<br />

Die bildhafte Vorstellung vom "Leben als einer Pilgerfahrt" ist im<br />

christlichen Abendland bereits seit dem Mittelalter verbreitet. Auch<br />

in verschiedenen Kirchenliedern hat sich diese Vorstellung niedergeschlagen,<br />

so etwa in dem Lied: "O heilige Seelenspeise auf dieser<br />

Pilgerreise, o Manna, Himmelsbrot"...<br />

Bekannte Wallfahrtsorte, also Pilgerziele, waren im Mittelalter Aachen,<br />

Rom, Jerusalem oder Santiago de Compostela. Auf dem Jakobsweg<br />

nach Santiago de Compostela im Nordwesten Spaniens<br />

wanderten seit dem 10. Jh, Pilgerscharen aus allen Ländern Europas,<br />

darunter auch aus Böhmen, Österreich, Polen und dem Ostseegebiet.<br />

Die meisten waren zu Fuß unterwegs, doch aus den Hansestädten<br />

des Ostseeraums fuhr man meist auf dem Seeweg nach<br />

Santiago. In einem Bericht über eine Schiffsreise von Stralsund<br />

nach Santiago erfahren wir das makabre Detail, daß ein Pilger von<br />

zweien seiner Mitpilger erstochen wurde. Es gibt aber auch Nachrichten<br />

etwa von pommernschen Pilgern, die von Pommern aus<br />

den gesamten Weg zu Fuß zurücklegten.<br />

Im späten Mittelalter bildete sich in manchen deutschen Adelsfamilien<br />

sogar eine Art Pilgertradition heraus. So folgte 1462 der<br />

Nürnberger Patrizier Sebald Rieter den Spuren seines Vaters Peter,<br />

der bereits 1428 nach Santiago gepilgert war. Sebald Rieter reiste<br />

nicht allein, sondern eine Gruppe von zehn Gleichgesinnten zog<br />

mit ihm von Adelshof zu Adelshof durch Frankreich und Spanien.<br />

Aus Rieters Bericht erfahren wir, daß edle Herren ihre Wappen im<br />

Chor der Kathedrale von Santiago de Compostela aufzuhängen<br />

pflegten. Die geschilderte Fahrt Sebald Rieters war wohl nur bedingt<br />

aus religiösen Gründen unternommen worden. Es war im 15.<br />

Jh. gewissermaßen schick geworden, nach Santiago zu pilgern. [ 1 ]<br />

Auch Sankt Sebaldus, der Stadtheilige Nürnbergs, war einst Pilger<br />

gewesen, und als solchen hat ihn 1518 Albrecht Dürer dargestellt<br />

(Abb. 1). Sebaldus war nach Nürnberger Legenden ein dänischer<br />

43<br />

In: Die Römer in Hessen. D. Baatz, F.-R .Herrmann (Hg.)<br />

1982 S.84 - 156 bes. S.97.<br />

[9] Stefan Schmidt-Lawrenz: Die römische Gutsanlage von Hechingen-Stein.<br />

Führer zu archäologischen Denkmälern in<br />

Baden-Württemberg 21 (1999) S.57.<br />

[10] Heiligmann (wieAnm.4) S.191ff.<br />

[11] Ebenda S.197.<br />

[12] Baatz (wie Anm.8) S. 92.<br />

[13] Die Burladinger Adlergemme wurde 1974 bei Arbeiten an<br />

der B 32 im Aushub gefunden und ist in Privatbesitz. Der eingravierte<br />

Adler ist von halbrechts vorn gezeigt und sitzt auf einer<br />

breit-rechteckigen Basis mit Profilen oben und unten<br />

(Truhe ? Altar ?). Das erhobene und rückwärts gewandte<br />

Haupt hält im Schnabel einen Kranz mit Binden. Am linken<br />

Rand des Steines ist ein Palmzweig, am rechten eine Ähre<br />

eingraviert. Ähnliche Gemmen sind aus Ungarn und England<br />

bekannt. Das Adlersymbol kann für Jupiter oder aber für den<br />

römischen Kaiser und das Reich stehen. Der Siegeskranz<br />

spricht eher für einen militärischen Sinngehalt.<br />

Königssohn, der seine Verlobung mit einer französischen Prinzessin<br />

löste, um eine Pilgerfahrt zu unternehmen. Die Legende erzählt,<br />

daß ihm auf dem Rückweg Engel eine Brotspeise reichten, mit der<br />

er unterwegs auch die Heiligen Willibald und Wunibald nährte.<br />

Nach mancherlei Wundertaten soll er sich in der Nähe von Nürnberg<br />

als Einsiedler niedergelassen haben.<br />

Abb. 1:<br />

Albrecht Dürer, Der heilige Sebaldus, 1518,<br />

171 x 127 mm, Bildnachweis: Panofsky 389; Knappe 310


Nach seinem Tod spannten sich, wie es heißt, Ochsen von selbst an<br />

den Wagen, um seinen Leichnam in das Nürnberger Peterskirchlein<br />

zu bringen, an dessen Stelle später die Sebalduskirche errichtet<br />

wurde (Ein Modell von ihr trägt der Heihge auf unserer Graphik:<br />

vgl. Abb. 1).<br />

Für den in der Nürnberger Sebalduskirche aufbewahrten Sarkophag<br />

mit den Reliquien des Gottesmannes wurde genau um die<br />

Entstehungszeit unseres Dürerblattes (nämlich um 1518) in der<br />

Vischer-Werkstatt das monumentale Bronzefreigrab geschaffen,<br />

das heute noch in der Kirche zu sehen ist.<br />

Der "Hl. Jakobus als Pilger" -<br />

Vergleich mit dem Dürerholzschnitt von 1518<br />

Das Dürerblatt von 1518 war natürhch auch dem Meister von<br />

Meßkirch bekannt: war doch die Dürer'sehe Druckgraphik in<br />

großen Auflagen unters Volk gebracht worden, und zahlreiche Ma-<br />

Abb. 2: Meister von Meßkirch, Hl. Jakobus d. Ä. als Pilger, um<br />

1536-1538, Linke Innenansicht eines ehemaligen Flügelaltars,<br />

Fichte, 51 x 29 cm, Goldgrund, Heiligenschein vergoldet mit ein-<br />

gravierten Strahlen, Herkunft: wohl von einem "Hl. Jakob und<br />

Dionysius"-Altar aus St. Martin, Meßkirch. Das Pendant, die Dar-<br />

stellung des Hl. Dionysius, befand sich früherauf Schloß Lichten-<br />

stein bei Urach, heute als Leihgabe in der Staatsgalerie Stuttgart.<br />

Bildnachweis: C. Grimm undB. Konrad, wieAnm. 2, S. 239<br />

44<br />

ler und Bildhauer des 16. Jahrhunderts haben sich daraus Anregungen<br />

für eigene Arbeiten geholt. Und so hat sich offensichtlich<br />

auch der Meister von Meßkirch mit seinem Jakobus-Bild von dem<br />

in Abb. 1 gezeigten Dürerblatt anregen lassen. [2]<br />

Ähnlichkeiten in der Darstellung der auf den beiden Bildern dargestellten<br />

Heiligen sind nicht zu übersehen, wie im Folgenden<br />

näher ausgeführt werden soll (vgl. Abb 1 mit Abb. 2).<br />

Beide Figuren sind zunächst, vom Umriß her gesehen, außergewöhnlich<br />

breit, sie wirken untersetzt. Ähnlich ist auch die Haltung<br />

der mit Beinkleidern bekleideten Beine, wobei der Hl. Jakobus<br />

(als solcher erkennbar auch an den am Gewand applizierten Jakobsmuscheln)<br />

barfuß geht, während Sebaldus Schuhe trägt. Daß<br />

das Beinkleid des Jakobus am rechten Knie zerrissen ist und daß<br />

er barfuß geht, scheint darauf hinzuweisen, daß er nach der Vorstellung<br />

des Malers unter die Räuber gefallen ist, so wie das vielen<br />

Pilgern damals geschah. [3]<br />

Beide haben einen Heiligenschein, sie tragen einen Pilgerhut auf<br />

dem Kopf und in der Hand einen Rosenkranz, der auf frommes Beten<br />

weist. Beide bheken aus ihren bärtigen Gesichtern finster<br />

drein, wobei der Blick des Meßkircher Jakobus entschlossen auf<br />

den noch vor ihm hegenden Weg gerichtet ist, den er, in einer<br />

Linkswendung des Körpers und mit energischem Griff der Rechten<br />

nach dem mächtigen Wanderstab, gerade wieder aufzunehmen<br />

scheint.<br />

Abb. 3: Meister von Meßkirch, Die HU. Sebastian und Rochus<br />

mit Engel, kurz vor 1536 (nach Feurstein), Rechter Standflügel<br />

des Falkensteiner Altars, Tanne, 51 x 31 cm, Goldgrund. Bildnachweis:<br />

C. Grimm undB. Konrad, wieAnm. 2, S. 217


Diese Köperdrehung, durch die die Gestalt des Meßkircher Jakobus<br />

unten in Vorder- und oben fast schon in Seitenansicht, also im<br />

Profil, erscheint, ist die markanteste Abweichung vom Dürer'schen<br />

"Vorbild" und verdient (abgesehen von der großartigen Farbigkeit<br />

natürlich!) besondere Beachtung. Sie ist, wie sich zeigen läßt, ein<br />

Stilmittel, das der Meßkircher des öfteren verwendet.<br />

Eine noch viel stärkere Verwindung des Körpers als unser Jakobus<br />

weist beispielsweise der (insgesamt sehr ähnliche) Christopherus<br />

aus dem Falkensteiner Altar auf, den wir früher einmal in dieser<br />

Zeitschrift besprochen haben. [4]<br />

Ein weiteres Beispiel dafür ist ferner auch das Bild "Hl. Sebastian<br />

und Rochus mit Engel", das wir in Abb. 3 zeigen. Die Körperverwindung<br />

in der dortigen Figur des heiligen Sebastian (der an dem<br />

Pfeil in seiner Brust zu erkennen ist) besteht darin, daß seine<br />

Beine fast in Seitenansicht nach rechts, der Oberkörper in Vorderansicht<br />

und der Kopf fast im Profil nach links gezeigt wird. Nicht so<br />

stark ist die Körperdrehung beim heiligen Rochus, stärker hingegen<br />

wiederum beim Engel, der unter starker Wendung des Kopfes<br />

den Betrachter anblickt.<br />

Diese seltsamen Verdrehungen im Körper der Figuren sind offenbar<br />

ein wesentliches Stilmerkmal unsreres Meisters, der mit Recht<br />

zu den Manieristen gezählt wird. Doch sind es gerade diese Manierismen<br />

in seinem Stil, die den besten seiner Bilder ihre fast unvergleichliche<br />

Expressivität verleihen.<br />

ANDREAS ZEKORN<br />

Die Herrschaft Schalksburg zwischen<br />

Zollern und Württemberg<br />

(Fortsetzung)<br />

Dr. Stefan Uhl, Inhaber eines Büros für historische Bauforschung,<br />

untersucht die Burgen in der Herrschaft Schalksburg und deren<br />

Bezüge zu den Grafen von Zollern. Zunächst befasst er sich mit der<br />

vermuteten Burg Hirschberg in der Nähe von Bahngen,<br />

deren Existenz in der Literatur zum Teil bestritten wurde. Anhand<br />

der Bodenbefunde nimmt er an, dass sich dort eine Burgstelle befand,<br />

die sich in Hauptburg, Vorburg und Zwingeranlage gliederte.<br />

Außer diesem Befund gibt es lediglich Keramikfunde aus der ersten<br />

Hälfte des 13. Jahrhunderts, aber keine schriftlichen Quellen,<br />

die eine Burg Hirschberg erwähnen. Die Burg, so vermerkt Uhl,<br />

war spätestens in der Mitte des 13. Jahrhunderts abgegangen.<br />

Nachweisbare Verbindungen zu den Zollern gibt es keine, wohl<br />

aber zu den Herren von Schalksburg, die in dieser Gegend noch im<br />

14. Jahrhundert Grundbesitz hatten.<br />

Die zweite Burg, die Schalksburg, war zeitweilig eine bedeutende<br />

militärische Anlage. Die erste nachweisbare Burg entstand<br />

vermutlich an der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert, wie<br />

aus Keramikfunden zu schheßen ist. In der ersten Hälfte des 13.<br />

Jahrhunderts existierte eine großflächige Burganlage. Vor dem<br />

Jahr 1266 erwarben dann die Zollern die Schalksburg. Uhl untersucht<br />

den genauen Baubestand und verweist insbesondere auf die<br />

Größe der Anlage, die knapp 3 ha umfasste und auf der, einer<br />

Quelle aus dem Jahre 1458 zufolge, eine Besatzung von 100 Mann<br />

stationiert sein sollte. Eine entsprechende Infrastruktur muss also<br />

vorhanden gewesen sein. So gab es nachweishch Brunnen, Zisterne,<br />

Mühle und wohl auch eine Bäckerei sowie eine Hofkapelle.<br />

45<br />

Anmerkungen:<br />

[ 1 ] K. Herbers, Deutsche Pilgerfahrten nach Santiago de Compostela<br />

und Spuren des Jakobskultes in Deutschland, in: Paolo<br />

Caucci von Saucken (Hrsg.), Santiago de Compostela, Pilgerwege,<br />

Augsburg (Weltbüd Verlag) 1995, S. 297-331<br />

[2] Was die Herkunft des Jakobus-Büdes (Abb. 2) betrifft, das<br />

sich heute in den Fürstenberg-Sammlungen Donaueschingen<br />

befindet, so stammt es ursprünglich von einem Altar der<br />

Meßkircher St.-Martinskirche: von einem der zahlreichen<br />

Seitenaltäre des in den Jahren 1535 bis 1538 vom Meister<br />

von Meßkirch mit Altären ausgestatteten Gotteshauses Vgl.<br />

Claus Grimm und Bernd Konrad, Die Fürstenberg-Sammlungen<br />

Donaueschingen, Altdeutsche und schweizerische Maleriei<br />

des 15. und 16. Jahrhunderts, München 1990, S. 239<br />

[3] Besonders seit der Mitte des 15- Jh. war eine Pilgerreise vielfach<br />

zu einem lebensgefährlichen Unterfangen geworden. In<br />

Südfrankreich zumal stellten damals Räuber, Diebe, Banditen<br />

und Landstreicher eine ständige Bedrohung der Püger<br />

dar. Welches Ausmaß diese Bedrohungen allmählich annahmen,<br />

belegt ein Erlaß König Ferdinands des Katholischen von<br />

1478, in welchem der König anordnet, gegen jedwede Form<br />

von Wegelagerei mit aller Härte vorzugehen, weil sonst die<br />

Pilger aus Angst nicht mehr nach Santiago kämen.<br />

[4] Vgl. HH 42. Jg., Juni 1993, S. 28-30.<br />

Die Burg befand sich bis zum Verkauf der Herrschaft Schalksburg<br />

1403 in zollerischem Besitz. Württemberg vergab sie 1458 als<br />

Pfand an Ulrich von Rechberg. So konnte es geschehen, dass ein<br />

Zollergraf im Auftrag Württembergs die Burg 1464 während einer<br />

Fehde zerstörte. Später war die Schalksburg nochmals von 1511<br />

bis 15 54 als Pfand in zollerischer Hand, geriet aber in Verfall. Nach<br />

1557, als die Burg erneut in württembergischem Besitz war, brach<br />

man die baufälligen Burg-Gebäude ab. Auch die Schalksburg erweist<br />

sich damit nicht als eigentliche Zollernburg, sondern war<br />

wohl schon in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts errichtet worden.<br />

Schließlich befasst sich Uhl mit dem früheren Baiinger Zoller<br />

n s c h 1 o s s, das in den 1930er-Jahren abgetragen und unter<br />

teilweiser Verwendung alten Gebälks wieder aufgebaut wurde.<br />

Dendrochronologische Untersuchungen ergaben als Fälldatum des<br />

Bauholzes die Jahre 1371/72. Der Hauptbau des Zollernschlosses<br />

entstand folglich in der Zeit der Grafen von Zollern-Schalksburg.<br />

Er wurde damit nicht, wie bisher angenommen, als Sitz der württembergischen<br />

Obervögte errichtet, sondern als Stadtburg der Zollern.<br />

Allein das Zollernschloss in Bahngen ist von den drei untersuchten<br />

Burgen also tatsächlich eine Burg der Zollern.<br />

Der letzte Beitrag von Dr. Otto H. Becker, Oberarchivrat an der Abteilung<br />

Staatsarchiv Sigmaringen des Landesarchivs Baden-Württemberg<br />

und Vorsitzender des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s,<br />

befasst sich mit den Spätfolgen des Verkaufs von 1403. Er<br />

zeigt das „Fortwirken einer Tradition im 19. und 20. Jahrhundert"<br />

auf und macht damit eindrucksvoll deutlich, wie die Wirkungen eines<br />

historischen Ereignisses bis in die jüngste Vergangenheit verfolgt<br />

werden können. Im 19. und 20. Jahrhundert bekam der Verkauf<br />

überregionale Bedeutung. Die Hohenzollern hatten den Verlust<br />

der Schalksburgherrschaft nie verschmerzt, und nach den ver-


geblichen Bemühungen, den Verkauf auf dem Rechtsweg rückgängig<br />

zu machen oder die Schalksburg als Pfand wieder an sich zu<br />

bringen, gab man auch im 18. Jahrhundert den Gedanken an eine<br />

Rückgewinnung nicht auf. In der ersten Hälfte des 19- Jahrhunderts<br />

befasste sich die süddeutsche, hohenzollerische Geschichtsforschung<br />

mit der Veräußerng, konnte sich aber nur wenig von der<br />

Sage um den Verlust der Schalksburgherrschaft lösen. Auch die<br />

preußische Historiographie kümmerte sich um dieses Ereignis: Im<br />

Rahmen des dynastischen Geschichtsschreibung rückte die Geschichte<br />

von den Ursprüngen der Zollern, aus deren Stamm die<br />

preußischen Könige und später das deutsche Kaiserhaus hervorging,<br />

in das Blickfeld und damit auch die Geschichte der Herrschaft<br />

Schalksburg. Die Herrschaft wurde von den preußischen<br />

Geschichtsschreibern Rudolf Graf von Stillfried-Alcantara und<br />

Traugott Maercker als zollerisches Stammesgebiet bezeichnet, ihr<br />

Verkauf galt als verhängnisvoller Schritt. Die Geschichtsschreiber<br />

vermittelten den preußischen Königen eine antiwürttembergische<br />

Haltung, so dass König Wilhelm I. nach Beendigung des Deutschen<br />

Krieges 1866 mit dem Gedanken spielte, das Amt Balingen als<br />

Kriegsentschädigung von Württemberg zurückzufordern. Bismarck,<br />

der Württemberg als Bundesgenossen gewinnen wollte,<br />

konnte dies jedoch verhindern.<br />

Kurz darauf änderten sich die Verhältnisse grundlegend: Württemberg<br />

bejahte die nationale Führungsrolle Preußens. So konnte bei<br />

den Jubiläumsfeierlichkeiten im Jahre 1903 in Bahngen anlässlich<br />

des Verkaufs der Herrschaft Schalksburg die Bindung des Amtes<br />

Bahngen sowohl an Württemberg als auch an das Haupt des neuen<br />

deutschen Reiches, den Kaiser zollerischer Abstammung, betont<br />

werden. Zollerische und württembergische Tradition flössen hier<br />

zusammen. Ähnlich besannen sich Ende des 19- und Anfang des<br />

Buchbesprechungen<br />

Martin Schleker - Der Schneckenfanger<br />

Nach seinen Kindheitserinnerungen „Das Vespertäschle" hat der<br />

Hayinger Theatermacher Martin Schleker nun im Tübinger Silberburg-Verlag<br />

abermals ein Buch vorgelegt Es hat den Titel „Der<br />

Schneckenfänger'" - Oder: Wie ein Älbler doch noch Schauspieler<br />

wurde". In 26 Geschichten lässt er seine Jugendzeit in den 50-er<br />

Jahren Revue passieren, eine Zeit, die geprägt war von vielen<br />

Jobs": in der Fabrik, „aufm Bau", in der Landwirtschaft und bei<br />

vielen Gelegenheiten zum Geldverdienen, die es laut Schleker damals<br />

zur Genüge gab. Davon leben konnte man allerdings kaum.<br />

Der Autor erzählt in klarem, anschaulichem Stil und zeichnet damit<br />

ein Zeitbild, das bei denen, die jene Jahre miterlebt haben,<br />

viele persönliche Erinnerungen wachruft. Mancher jüngere Leser<br />

dagegen dürfte staunend fragen: „Kann das sein?" Doch, es war so.<br />

Martin Schleker übertreibt nicht, wenn er etwa die Tuberkulose erwähnt,<br />

die in den Nachkriegszeiten manchen Armen in ihren todbringenden<br />

Klauen hatte, oder wenn er schreibt, wie es zuging<br />

beim „Briez schneiden", beim „Buchele" sammeln, beim Zement<br />

anrühren und Eimer schleppen, beim Zubereiten von Bratkartoffel-Schnecken...<br />

- Schlekers Aufzeichnungen sind oft humorvolle,<br />

tragisch-komische oder bitter ernste Episoden. Er berichtet von<br />

Stammtischerlebnissen, von Jägerlatein, Bauernschläue, Vetterleswirtschaft,<br />

Geschäftemacherei und Studentenerfahrungen auf dem<br />

46<br />

20. Jahrhunderts Sänger und Turner aus Bahngen, Ebingen und<br />

Hechingen auf friedliche Weise ihrer gemeinsamen Wurzeln und<br />

schlössen sich zu Gauen zusammen, welche die Schalksburg im<br />

Namen führten. 1924 wurden beim Zusammenschluss des Hohenzollern-Sängerbundes<br />

mit dem Schalksburg-Gau zum Hohenzollern-Schalksburg-Gau<br />

die Begriffe „Zollern-Schalksburg-Gau" und<br />

Zollernalb, soweit feststellbar, erstmals als gleichbedeutend gebraucht.<br />

Schon vor der Bildung des Zollernalbkreises im Jahre<br />

1973 aus den Landkreisen Balingen und Hechingen gab es also<br />

zahlreiche Verbindungen zwischen beiden Kreisen, und auch der<br />

Name „Zollern-Alb" wurde bereits vor der Kreisreform in Zusammenhang<br />

mit einer kreisübergreifenden Vereinigung verwendet.<br />

Insgesamt werden in dem Buch zahlreiche Aspekte der zollerischhohenbergisch-württembergischen<br />

Geschichte unserer Region im<br />

Mittelalter, der Geschichte der Herrschaft Schalksburg unter ihren<br />

zollerischen und württembergischen Inhabern, inklusive der Spätfolgen<br />

des Übergangs, behandelt und zahlreiche neue Erkenntnisse<br />

gewonnen. Nicht zuletzt möge die Publikation dazu beitragen, dass<br />

sich die Bevölkerung des Zollernalbkreises ihrer gemeinsamen historischen<br />

Wurzeln besinnt, die mit dem Namen Zollern und<br />

Schalksburg verbunden sind.<br />

Bibliographische Angaben:<br />

Die Herrschaft Schalksburg zwischen Zollern und Württemberg.<br />

Herausgegeben von Andreas Zekorn, Peter Thaddäus Lang und<br />

Hans Schimpf-Reinhardt im Auftrag des Zollernalbkreises und der<br />

Städte Albstadt und Bahngen. bibhotheca academica Verlag: EpfendorfTNeckar<br />

2005. Festeinband, 254 Seiten, 45 z. T. farbige Abbildungen<br />

ISBN 3-928471-56-2. Ladenpreis 29 Euro.<br />

Weg zum Lebensziel „Schauspielerei". Kapitel für Kapitel in dem<br />

128 seitigen Buch (ISBN 3-87407-683-0) hest man mit Genuß.<br />

(ba)<br />

Franz Kistler - Stocklandzeit<br />

In seinem Erinnerungsbuch „Stocklandzeit" schildert der Oberschwabe<br />

Dr. phü. Franz Kistler seine Jugendzeit in einem Dorf zwischen<br />

Riss und Iiier, wo er im Waldstück „Stockland" miterlebte,<br />

wie der „Stock", der Stumpf gefällter Bäume, mühselig und<br />

kraftaufwendig entwurzelt, aus dem Erdreich gehievt und zu<br />

Brennstoff zurechtgespalten wurde. Er beschreibt eindrucksvoll<br />

das mühselige Leben zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg,<br />

die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse, Sitten und<br />

Gebräuche, religiöses, erzieherisches und politisches Denken. Den<br />

größten Teü seiner Erinnerungen widmet er dann aber den Zeiten<br />

der Verführung und Verblendung im Nationalsozialismus-Unrechtsstaat,<br />

der Zeit im Internat, der Zeit im Krieg an der Ostfront<br />

und dem Neubeginn danach. Vielleicht gab der Autor seinem Buch<br />

den Titel „Stocklandzeit" deswegen, weil auch jene Jahre Zeiten<br />

der Entwurzelung waren. Ms „blauäugiger" Jugendlicher wurde er<br />

herausgerissen aus dem vertrauten Umfeld, nach nationalsozialistischer<br />

Ideologie zurechtgestutzt und geformt. Erst als er mit der<br />

Realität des Krieges, den Gräueln und der Entmenschhchung hautnah<br />

konfrontiert wurde, setzte der Prozess des Umdenkens ein. Es<br />

ist ein lehrreiches, dazu hin packend und stilistisch hervorragend<br />

geschriebenes Buch, das zum Nachdenken anregt und auch jenen


Generationen empfohlen werden kann, die die geschilderten Zeiten<br />

nicht mehr erlebt haben.<br />

Franz Kisüer: Stocklandzeit - Erinnerungen eines Oberschwaben.<br />

Silberburg-Verlag, Tübingen, 288 Seiten, 15 Abbildungen. ISBN:<br />

3-87407-673-3,19,90 Euro. (ba)<br />

Gudrun Mangold - Im Schwarzwald<br />

Dieses Buch stellt einen sehr gelungenen Überbhck über den<br />

Schwarzwald dar, wo auf den 150 Seiten alles notwendige Wissen<br />

über das uns benachbarte Mittelgebirge gut lesbar und informativ,<br />

mit passenden Abbildungen versehen, ausgebreitet wird. Der<br />

Schwarzwald, im Jahre 868 als „Svarzwald" in einer St. Galler Urkunde<br />

erstmals erwähnt, war im Gegensatz zur besiedelten Umgebung<br />

noch bis zum 10. Jh. Urwald, „ein einziger, dichter Gebirgswald,<br />

Baum an Baum, ohne jegliche Rodungsinseln, ohne Wiesen<br />

und Felder." Heimisch waren darin neben Rotwild und Wildschweinen<br />

auch Luchse, Wölfe und Bären. Zu durchqueren war<br />

der Schwarzwald in Ost-West-Richtung, vor allem entlang der Kinzig,<br />

was schon die Römer taten, um eine Verbindung zwischen<br />

ihren Provinzen an Rhein, Neckar und Donau herzustellen. Die erste<br />

Besiedlung erfolgte durch die Klöster, aber erst mit den Zähringern<br />

(ausgestorben 1218) wurde innerhalb von 200 Jahren der<br />

Schwarzwald zu einem besiedelten Raum.<br />

Der Holzreichtum des Schwarzwaldes ließ Waldgewerbe aufkommen,<br />

wie Glashütten, Köhler und Flößerei, wobei letztere zum<br />

wichtigsten Gewerbe zählte. Das Holz wurde bis nach Holland in<br />

bis zu 400 Meter langen, 80 Meter breiten und fünf Meter mächtigen<br />

Rheinflößen geschifft. Holland war Ende des 17. Jhs. Welthandelsmacht<br />

geworden, mit dem entsprechenden Bedarf an Holz für<br />

den Schiffsbau. Wäre Napoleon nicht gewesen, wäre der Schwarzwald<br />

vermuthch ganz abgeholzt worden. Der französische Kaiser<br />

untersagte 1806 „das schädliche Abholzen der Forsten", die man<br />

als „unantastbaren Schatz" zu behandeln habe.<br />

Die Autorin schildert die kleineren Waldgewerbe wie den Harzer,<br />

den Schindelmacher, den Schnefelwarenhersteller (Löffel, Gabeln,<br />

Rechen, Kübel), den Bürstenmacher und die Strohflechter. Ganz<br />

groß entwickelte sich das Uhrmacherhandwerk im Schwarzwald,<br />

wovon leider nicht mehr viel übrig gebheben ist.<br />

Der Wasserreichtum und die Heilbäder, die Klöster und Höfe, die<br />

Fasnet, die Schwarzwälder Rinder - und Pferderassen und die<br />

verkehrstechnische Erschließung des Waldgebirges bilden weitere<br />

Kapitel. Als kulinarischer Abschluss folgen Originalrezepte aus dieser<br />

wunderschönen Landschaft.<br />

Gudrun Mangold: Im Schwarzwald. Köhler, Kirsch und Kuckucksuhren.<br />

Mit Originalrezepten. 152 Seiten, 110 Abbildungen, Silberburg-Verlag,<br />

Tübingen 2005, ISBN 3-87407-621-0,19,90 Euro.<br />

(rfi)<br />

Dieter Buck - Wanderziel Westliche Alb<br />

Im Gebiet zwischen Neuffen im Norden und Mühlheim an der Donau,<br />

zwischen dem höchsten Berg der Schwäbischen Alb, dem<br />

1015 Meter hohen Lemberg bei Deilingen, und dem Lautertal im<br />

Osten hat der Stuttgarter Wanderbuchautor Dieter Buck 35 attraktive<br />

Wanderziele ausfindig gemacht. Er stellt sie im l68seitigen<br />

Buch „Wanderziel Westliche Alb" vor (Silberburg-Verlag in Tübingen,<br />

ISBN 3-87407-692-2, 14,90 Euro). Es handelt sich um Touren<br />

unterschiedlichen Schwierigkeitsgrads, die in zweieinhalb bis<br />

fünf Stunden zu bewältigen sind. Ergänzt werden die Routenbeschreibungen<br />

mit 117 Farbfotos und farbigen Karten, mit einer<br />

Kurz-Charakterisierung der Schwäbischen Alb, mit nützlichen<br />

47<br />

Adressen und Hinweisen auf Rast-, Grill- und Einkehrmöglichkeiten.<br />

(ba)<br />

Wilfried Setzier, Benigna Schönhagen, Hans-Otto Binder -<br />

Kleine Tübinger Stadtgeschichte<br />

Zum ersten Mal überhaupt umfassend wird die Geschichte Tübingens<br />

von der alemannischen Besiedlung des 5. und 6. Jahrhunderts<br />

bis zur Gegenwart beschrieben, dabei sehr verständlich,<br />

prägnant und mit 123, meist farbigen Abbildungen versehen. Man<br />

liest dieses Buch mit Vergnügen und großem Erkenntnisgewinn,<br />

zumal es sich bei Tübingen um „unsere" Universitätsstadt (seit<br />

1477) handelt. Viele meinen sogar, dass Tübingen die „andere"<br />

Stadt, die „heimliche Hauptstadt Württembergs" gewesen sei, wie<br />

ein umfangreiches Kapitel dieses Buches auch umschrieben ist.<br />

„Als geistiges Zentrum des Landes besaß Tübingen über Jahrhunderte<br />

den Rang einer zweiten Hauptstadt" (S. 6). Die Stadt, die<br />

erstmals 1078 schriftlich Erwähnung fand, war seit dieser Zeit bis<br />

1342 im Besitz der Grafen bzw. späteren Pfalzgrafen von Tübingen,<br />

einer im Schwarzwald, am mittleren Neckar, auf der Schwäbischen<br />

Alb und im Donauraum reich begüterten und angesehensten Hochadelsfamilien<br />

Schwabens. Vor allem durch ErbteÜungen wurde der<br />

Niedergang der Pfalzgrafen eingeläutet, was schließlich am 5. Dezember<br />

1342 zum Verkauf der Pfalzgrafschaft an Graf Ulrich von<br />

Württemberg und dessen Söhne Eberhard und Ulrich mündete.<br />

„Die Geschichte der Stadt Tübingen ist von 1342 an fest eingebettet<br />

in die Geschichte Württembergs und wird von dieser, bis heute,<br />

geprägt und bestimmt" (S. 34). Das wichtigste Ereignis für die<br />

Stadt Tübingen und ihre Bewohner war nach dem Erwerb durch<br />

Württemberg die Gründung der Universität 1477, die „ein Eckpfeiler,<br />

ja, die Basis der weiteren Geschichte der Stadt" wurde. „'Tübingen<br />

hat keine Universität, Tübingen ist eine"', so beschreibt<br />

eine Bonmot der Nachfolgezeit diese Bedeutung (S. 37). Eine<br />

berühmte Einrichtung wurde das 1547 errichtete Evangelische<br />

Stift, das insbesondere den Pfarrernachwuchs sichern sollte. Es<br />

brachte nicht nur große Theologen hervor, sondern auch Johannes<br />

Kepler, Eduard Mörike, die Dichter und Philosophen Hegel,<br />

Hölderlin und Schelling. „Am meisten zu Tübingens Ruhm beigetragen<br />

hat jedoch Ludwig Uhland (1787-1862) zu seinen Lebzeiten.<br />

Er [...] war im 19- Jahrhundert der populärste deutsche<br />

Dichter" (S. 120). Ausführlich wird die Geschichte der Stadt in der<br />

Weimarer Repubhk, in der NS-Zeit und nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

bis heute beschrieben. Insgesamt eine sehr gelungene Tübinger<br />

Stadtgeschichte, die von der Oberen und Unteren Stadt, von<br />

„Provinznest, Universitätsdorf und Weltstadt" (S. 216) erzählt.<br />

Wilfried Setzier, Benigna Schönhagen, Hans Otto Binder: Kleine Tübinger<br />

Stadtgeschichte. 232 Seiten, ISBN 3-87407-666-0, Silberburg-Verlag<br />

Tübingen 2006,19,90 Euro. (rfr)<br />

Akademie Ländlicher Raum Baden-Württemberg/Staatsanzeiger<br />

für Baden-Württemberg (Hrsg.) - Das Dorf. Neue<br />

Geschichten aus Baden-Württemberg<br />

Die Herausgeber hatten einen Literaturwettbewerb „Das Dorf" ausgeschrieben,<br />

und 250 Autoren schickten ihre Arbeiten ein, von denen<br />

in diesem Band die Arbeiten der drei Preisträger und eine<br />

Auswahl der besten eingereichten Geschichten veröffentlicht wurden.<br />

Helmut Engisch zum Beispiel beschreibt in „<strong>Heimat</strong> deine Sterne"<br />

das nach dem Kriege nicht ohne Spannungen gebliebene Verhält-


Verlag: <strong>Hohenzollerische</strong>r <strong>Geschichtsverein</strong><br />

Karlstraße 3,72488 Sigmaringen<br />

E 3828<br />

PVSt, DPAG, »Entgelt bezahlt«<br />

nis zwischen denen, „die schon immer da gewesen waren", und<br />

denen, „die nicht schon immer da gewesen waren", den Höhepunkt<br />

erreichend beim Lastenausgleichsverfahren, wo die Ländereien<br />

der Letzteren „mit jedem neuen Lastenausgleichsantrag noch<br />

um ein paar Dutzend Morgen größer wurden", so die Meinung der<br />

Ersteren. Bei den Kindern ließ der vom Autor in originellen Bildern<br />

beschriebene Dorfalltag die Denkweisen der Erwachsenen gar<br />

nicht aufkommen. Wendelinus Wurth schildert in seinem Mundartbeitrag<br />

„Zwei alti Hase" die Probleme eines alten Bauern mit<br />

der auch ins Dorf einziehenden Technisierung der Landwirtschaft.<br />

Früher sei in der manuellen Arbeit noch „Musik drin" gewesen,<br />

während Motorsäge oder Traktor die Arbeit nur noch laut machen,<br />

„dosch doch ke Musik meh drin". In einem Dorf nahe Ludwigsburg<br />

spielt „Höllthor oder der Umfangswinkel" von Matthias Ulrich.<br />

Der Autor hatte mit anderen Gemeindearbeitern den Auftrag<br />

bekommen, das schon lange geschlossene Schuhgeschäft des aus<br />

Böhmen geflüchteten Schusters Höllthor auszuräumen. Dabei wird<br />

die Geschichte dieses Geschäfts und auch Dorfgeschichte wieder<br />

lebendig.<br />

Maria Beig bringt dem unbedarften Laien in „Das Dorf" das Landleben<br />

und vor allem die Viehzucht verständlich nahe, die Lebensgrundlage<br />

der bäuerlichen Landwirtschaft. Der Lauf der Zeit brach<br />

die über die Jahrhunderte gewachsenen Strukturen des Dorfes auf.<br />

Äußerhch wurde das Dorf natürlich schöner, aber der Zusammenhalt<br />

litt stark: Jeder Bewohner im Dorf, jeder auf seine Art, ist zum<br />

Überlebenskämpfer geworden".<br />

„Wurzeln, die immer wieder treiben", stecken im Beitrag von Gitta<br />

Benasseni, genauer sind es vier Wurzeln in vier Dörfern. Das erste<br />

Dorf ist ein sieben Seiten umfassendes Bilderbuch mit dem Titel<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

herausgegeben vom <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

<strong>Geschichtsverein</strong>, Postfach 1638,<br />

72486 Sigmaringen<br />

ISSN 0018-3253<br />

Erscheint vierteljährlich.<br />

Die Zeitschrift »<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>« ist<br />

eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />

die Bevölkerung im alten Land Hohenzollern<br />

und den angrenzenden Landesteilen mit der<br />

Geschichte ihrer <strong>Heimat</strong> vertraut machen. Sie<br />

bringt neben fachhistorischen auch populär gehaltene<br />

Beiträge.<br />

Bezugspreis:<br />

Für Mitglieder des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />

ist der Bezugspreis im Beitrag<br />

enthalten. Bezugspreis für Nichtmitglieder<br />

€ 7,-. Abonnements und Einzelnummern können<br />

beim <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />

(s. o.) bestellt werden.<br />

Die Autoren dieser Nummer<br />

Gerd Bantle<br />

Hedinger Straße 5, 72488 Sigmaringen<br />

Dr. Otto H.Becker<br />

Hedinger Straße 17, 72488 Sigmaringen<br />

Ulrich Feldhahn<br />

Klausenerplatz 22,14059 Berlin<br />

Robert Fliederstraße Frank 8, 72401 Haigerhch-Weildorf<br />

Dr. Christian H. Freitag<br />

Mühlweg 15, 78355 Hohenfels<br />

Richard Haidlauf<br />

Stockacher Straße 21, 78355 Hohenfels<br />

Dr. Hans-Dieter Lehmann<br />

In der Ganswies 2, 72406Bisingen-Zimmern<br />

Dr. Herbert Rädle<br />

Veit-Jung-Straße 13 a, 92318 Neumarkt<br />

Dr. Edwin Emst Weber<br />

Leopoldstraße 4, 72488 Sigmaringen<br />

Dr. Andreas Zekorn<br />

Landratsamt Balingen, Hirschbergstraße 29,<br />

72334 Balingen<br />

27<br />

„Das Dorf". Das zweite Dorf befindet sich während des Zweiten<br />

Weltkrieges in Stuttgart gegenüber der Wohnung, in einen Hügelgarten<br />

mit Gartenhaus projiziert, „ähnlich meinem Dorf im Bilderbuch".<br />

Das dritte Dorf ist das erste richtige Dorf Wittlensweiler bei<br />

Freudenstadt, wohin die Autorin mit anderen Stuttgartern Kindern<br />

nach den Bombenangriffen evakuiert wurde. Und schließlich zog<br />

das Kind Gitta mit den Eltern wieder in ein „richtiges Dorf", nämlich<br />

Hofen bei Stuttgart, das das vierte Dorf werden sollte.<br />

„Mikado - eine schwäbisch-japanische Dorferzählung" - die Bedeutung<br />

des Titels des Beitrages von Tanja Jeschke löste sich erst<br />

im dramatischen Schluss auf. Als Theodor Klunipp mit seiner japanischen<br />

Frau Futsimo und deren Cousin von einer Erhebung aus<br />

die verheerenden Folgen des Orkans von Weihnachten 1999 betrachteten,<br />

verglich der Cousin dieses mit Mikado: „Alles Mikado.<br />

Eine falsche Bewegung und alles ist aus". Theodor war darüber<br />

sehr erbost. Am nächsten Tag kam er bei der Sturmholzaufbereitung<br />

ums Leben. Futsimo ging wieder nach Japan zurück. Zuvor erfuhr<br />

der Leser den gegenseitig nicht unproblematischen Umgang<br />

der Bewohner und dieser doch exotischen Frau, die in der Wirtschaft<br />

und Pension der Schwiegereltern mitarbeitete.<br />

Auch die weiteren Beiträge „erschließen uns das Dorf mit überraschenden<br />

Einblicken in den Lebenssinn, die Lebensart und die Lebensfreude<br />

dörflichen Lebens" (Vorwort).<br />

Akademie Ländlicher Raum Baden-Württemberg/Staatsanzeiger<br />

für Baden-Württemberg (Hrsg.): Das Dorf. Neue Geschichten aus<br />

Baden-Württemberg. 112 Seiten, 11 Farbfotos, Silberburg-Verlag<br />

Tübingen, ISBN 3-87407-392-0,12,90 Euro.<br />

(rfr)<br />

Gesamtherstellung:<br />

Druckerei Acker GmbH,<br />

Mittelberg 6, 72501 Gammertingen<br />

Telefon (07574) 9301-0,Fax9301-30<br />

info@druckerei-acker.de<br />

www.druckerei-acker.de<br />

Schriftleitung:<br />

Robert Frank<br />

Fliederstraße 8, 72401 Haigerloch-Weüdorf<br />

Tel.: (07474) 2161, robertgfrank@web.de<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge verantwortlich.<br />

Mitteilungen der Schriftleitung sind<br />

als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare werden<br />

an die Adresse des Schriftleiters erbeten,<br />

Wir bitten unsere Leser, die »<strong>Hohenzollerische</strong><br />

<strong>Heimat</strong>« weiterzuempfehlen.


<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong><br />

Staatsarchiv Sigmaringen Karte I Hai 4, Foto: Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Diese Karte stammt wohl aus den beiden letzten<br />

Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts. In der rechten oberen Hälfte sehen wir die Unterstadt und rechts daneben (eigentlich<br />

darüber) das Haigerlocher Schloss. Rechts in der Mitte sind die Brücke über die Eyach beim heutigen Gasthaus „Schlössle"<br />

und dahinter, links an der Straße nach Stetten gelegen, die ehemalige St. Leonhards-Kapelle zu erkennen. Von dieser<br />

Brücke gehen wir zurück und in einer scharfen Linkskurve führt die Straße die Oberstadt hoch, endend beim Oberen Tor<br />

mit dem Römerturm links. Hinter dem Römerturm befindet sich die St.Anna-Kirche, links davon, etwas entfernt die Gebäude<br />

der ehemaligen städtischen Ziegelhütte. Ganz unten ist das „Haag" abgebildet mit den wenigen damals vorhandenen<br />

Baulichkeiten, darunter mit quadratischem Grundriss das „Schlössle" im „Haag". Braun eingefärbt ist in der linken Kartenhälfte<br />

die neue Straßentrasse, das heißt, die heutige Hohenbergstraße, früher die „Alte Weildorfer Straße" genannt.<br />

Die Pfeile zeigen die Fließrichtung der Eyach.<br />

HEINZ E. HENNIGE<br />

Schlössle und Zufahrt ins „Haag" - ehemalige<br />

jüdische Siedlung in Haigerloch<br />

Anmerkungen zum Buch „Erinnerungen<br />

an die Haigerlocher Juden- Ein Mosaik" *<br />

Hier finden sich im Aufsatz von M. Hermann "zur Entstehung des<br />

Haags als jüdische Siedlung" Bemerkungen, die m. E. unzutreffend<br />

sind. Zum besseren Verständnis seien ausführliche Zitate erlaubt.<br />

A) Das Haaggut<br />

"Südöstlich der Haigerlocher Oberstadt zieht sich zur Eyach ein<br />

leicht abfallender Gleithang hin der am nordöstlichen Rand mit<br />

einem langgezogenen Steilabbruch endet. Dieser Steilabbruch,<br />

der wohl früher mit Hecken überwuchert war, wurde bis in 19.<br />

Jahrhundert als Haag bezeichnet 1 Die Wiesen unterhalb zur


Eyach hin wurden Haagwasen oder Haaggärten genannt. Oberhalb<br />

dieses Haag befand sich vor den Toren der Oberstadt das<br />

"Haag-gueth" (ue istZwie- nicht Umlaut), ein seitdem 13. Jahrhundert<br />

nachgewiesener Freihof.2<br />

Es umfasste im l6.Jhdt. den Bereich vom Haagtor beim Römerturm<br />

über den Almendweg (der noch nicht dem 1815 angelegten<br />

heutigen Weg durchs Haag entsprach, sondern möglicherweise<br />

vom Oberen Tor über das Haag ins Tal führte) zur Eyach und den<br />

alten Mühlgraben zur Stadtmauer hin wieder bis zum Haagtor.<br />

Gemeint ist also offensichtlich der Bereich des heutigen Haag<br />

und der Haaggärten am Mühlkanal zwischen der Oberstadt und<br />

der heutigen Landesstraße"<br />

Über dieses Haaggut wissen wir ziemlich wenig, Lediglich ein Ölgemälde<br />

um 1700 im Schloss Sigmaringen zeigt ein freistehendes<br />

Gebäude etwa an der Stelle des heutigen Haagschlössles, bei<br />

dem es sich um das Haaggut handeln dürfte.. Eine Verlegung des<br />

Haagguts vom Oberen Tor an die Stelle des heutigen Haags, wie<br />

Hodler sie vermutet, ist durch dieses Bildfreilich widerlegt....."<br />

Diese Beschreibung kommt mir etwas konfus vor, zunächst wird<br />

behauptet das Haaggut habe vor dem Oberen Tor gelegen, dann<br />

wieder wird das Haag und das Haaggut ins heutige Haag verlegt,<br />

Ich möchte im folgenden darauf eingehen.<br />

Die Hochzahl 1 lässt eine Lagebeschreibung oder ein als solche<br />

verwendbares Zitat vermuten. Die Nachprüfung ergab jedoch: bei<br />

der angegebenen Signatur STAS Dep. 39 DS 3, Rubrik 76 Nr. 2 handelt<br />

es sich um den Vertrag über den 1815 erfolgten "Verkauf der<br />

im Haag befindlichen fürstlichen Gebäude an die Judenschaft bzw.<br />

das unter Nr. 40 erwähnte Zitat über den Bau eines "neuen" Weges<br />

durchs Haag. (s. u.) Es findet sich dort jedoch kein Beleg dafür,<br />

dass der "nordöstliche Steilabfall'' (ich vermute, dass der Felshang<br />

gemeint ist auf dem die stadtabwärts gesehen rechte Häuserzeile<br />

der Oberstadt und unteren Pfleghofstraße errichtet ist) als<br />

"Haag" bezeichnet wurde. In den Urkunden vom 15. bis ins 18.<br />

Jahrhundert ist zwar von Häusern die Rede die am "Hagdorn" hegen,<br />

doch darf man diese Bezeichnung nicht einfach mit dem<br />

Stadtviertel Haag vermischen.<br />

Die Gleichsetzung von Haag und Oberstadt bzw. Pfleghofstraße,<br />

bzw. Oberem Tor (beim „Römerturm") und Haagtor stammt aus<br />

F.X. Hodlers "Geschichte des Oberamts Haigerloch", wobei auch<br />

der Zusammenhang aus dem diese Behauptung stammt, berücksichtigt<br />

werden muss. Es geht darin um die Frage, welche der Ansiedlungen<br />

in Haigerloch, Ober- oder Unterstadt die ältere sei.<br />

Hodler entschied sich für die Unterstadt und gibt Belege an, die eigentlich<br />

für das Gegenteil sprechen: sie sei die Marktstadt gewesen,<br />

und hier habe auch der für Haigerloch erstmals genannte Pfarrer<br />

seinen Sitz gehabt. Bezeichnet man aber, um auf Hodler zurückzukommen,<br />

die Unterstadt als ältere Siedlung, so muss eben die<br />

Oberstadt die jüngere sein und hierfür wiederum dient Hodler der<br />

Hinweis im Freibrief für das Haaggut, dieses sei "in der neuen Stadt<br />

in dem Haage" errichtet worden.<br />

Den Widerspruch zwischen dem offensichtlich im eigenthchen<br />

Haag befindlichen ehemaligen Freihof, und später an dessen Stehe<br />

errichteten Haagschlössle, und dem Hinweis als die "neue Stadt im<br />

Haage" sei die Oberstadt, sprich Pfleghofstraße, anzusehen, versucht<br />

"der Hodler" damit zu lösen, es habe eben zwei "Haagschlössle"<br />

gegeben. Dabei wird, wie so oft eine konkrete Zeitangabe,<br />

wann denn dann das Gut im Haag entstanden sein soll, vermieden.<br />

Dem Hinweis Hermanns, das Haagschlössle habe vor dem Oberen<br />

50<br />

Tor gestanden, widerspricht zum einen die Urkunde von 1298, wonach<br />

der Freihof in der Stadt erbaut wurde, zum andern aber die<br />

Nutzung als Witwensitz für die Gräfin Katharina, Ehefrau des Grafen<br />

Christoph von Hohenzollern- Haigerloch und ihre Schwiegertöchter<br />

Anfang des 17ten Jahrhunderts.<br />

Diese Damen dürfen sich wohl kaum mit einem Wohnsitz in der<br />

Nähe des Richtplatzes, der ebenfalls vor dem Oberen Tor lag, abgefunden<br />

haben.<br />

Auch innerhalb der Stadt lässt sich in der Umgebung des Römerturmes<br />

kein einigermaßen repräsentativer Bau erkennen. Wie die<br />

von Hermann erwähnte Stadtansicht aus der ersten Hälfte des 18.<br />

Jahrhunderts zeigt, sind dort um den "Römerturm" nur verhältnismäßig<br />

kleine Gebäude zu sehen, während im "Haag" ein ansehnlicher<br />

Bau steht. Die Angabe bei Hodler, das 1298 errichtete Haaggut<br />

habe beim Römerturm gestanden, muss demnach in Frage gestellt<br />

werden.<br />

Das Haaggut gehörte zu Beginn des 18. Jahrhunderts dem aus Haigerloch<br />

stammenden Pfarrer Johann Balthasar Volkh, gest. 6. April<br />

1721, dessen Grabstein in der Unterstadtkirche erhalten ist.Später<br />

besaß dieses der ebenfalls aus Haigerloch stammende geadelte<br />

Zweig der Familie Lenz. Im Mai 1743 lebten von dieser Familie<br />

noch die vier Waisen Maria Theresia, Augustin, Simon und Fidelis.<br />

Da deren Großmutter Frau von Erathsberg nun ebenfalls verstorben<br />

war, verkaufte im Auftrag des zum Pfleger bestellten Herr von<br />

Josephi in Ulm, der vom Oberamt anstelle des bisher tätigen Jo.<br />

Baptist Garb zum Vermögensverwalter bestellte Christian Henle in<br />

Haigerloch, den gesamten diesen Waisen gehörigen Haigerlocher<br />

Besitz dem Johann Bapist Garb und seinen Erben. Darunter auch<br />

"das Hauß oder Schlössle Scheyren, Stallung, Keller Hofraithin und<br />

waß die Maur allda umfanget".<br />

Mit Vertrag vom 7. Juh 1749 verkaufte Garb die genannten Gebäude<br />

nebst weiteren von ihm aus dem Lenzischen Erbe erworbenen,<br />

im Haag gelegenen Grundstücken, an den regierenden Fürsten<br />

Joseph Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen, Herrn zu<br />

Haigerloch.<br />

Auf diesen Grundstücken lasteten laut Kaufbrief Zehntabgaben und<br />

bürgerliche Beschwerden (= Belastungen); dagegen erhob der<br />

Fürst bzw. das fürstliche Rentamt Einspruch. Tatsächlich war das<br />

Haag-Gut bei seinem Bau im Jahre 1298 vom damaligen Haigerlocher<br />

Stadtherrn Graf Albrecht II von Hohenberg von eben diesen<br />

Lasten für frei erklärt worden.<br />

Wie die in den Haigerlocher Kaufprotokollen enthaltenen Verträge<br />

aussagen, waren die "bürgerlichen Beschwerden" nicht an Personen,<br />

sondern an Grundstücke gebunden, gleichgültig ob der<br />

Besitzer das Bürgerrecht besaß oder nicht (Hintersassen, Schutzjuden).<br />

Anzumerken ist, dass vor 1815 die Juden keinen Grundbesitz<br />

im Haag besessen hatten, vielmehr handelte es sich bei den<br />

dort gelegenen, von Bürgern umgetriebenen Grundstücke zum Teil<br />

um städtische Allmand, deren Vergabe an das Bürgerrecht gebunden<br />

war.<br />

Interessant ist, dass bereits vor den Baumaßnahmen des Fürsten<br />

Josef Friedrich das Wohngebäude im Haag "Schlössle" genannt<br />

wurde, Auch dies ein Hinweis, dass sich der Witwensitz der Haigerlocher<br />

Gräfinnen zu Beginn des 17ten Jahrhunderts im Haag<br />

und nicht beim Römerturm befand.<br />

B) Zufahrt ins Haag.<br />

Wieder zunächst ein Zitat, bzw. dasjenige aus dem Kaufvertrag von<br />

1815, mit dem Hermann belegen will, das Haag sei ursprünglich<br />

nur von Südosten, nicht aber von der Stadt her zugänglich gewesen.


Mitteilungen<br />

aus dem<br />

<strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

<strong>Geschichtsverein</strong><br />

Veranstaltungen im 1. Quartal 2007<br />

1. Vorträge im 1. Quartal 2007<br />

DR. CASIMIR BUMILLER, BOLLSCHWEIL<br />

Napoleon und der oberschwäbische Adel<br />

Dienstag, 6. März, um 20 Uhr im <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

Landesmuseum in Hechingen.<br />

In dem Vortrag wird auch auf das Verhältnis Napoleons<br />

zu den beiden hohenzollernschen Fürsten und zum Haus<br />

Fürstenberg eingegangen.<br />

DR. OTTO H. BECKER, SIGMARINGEN<br />

Die Schenken von Stauffenberg<br />

Montag, 26. März, um 20 Uhr im Prinzenbau (Staatsarchiv)<br />

in Sigmaringen.<br />

2. <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong><br />

Vorstand und Beirat des <strong>Geschichtsverein</strong>s haben auf ihrer<br />

gemeinsamen Sitzung am 8. Nov. 2006 in Gammertingen<br />

beschlossen, die vierteljährlich erscheinende <strong>Hohenzollerische</strong><br />

<strong>Heimat</strong> von derzeit 16 Seiten im kommenden Jahr auf<br />

jeweils 24 Seiten aufzustocken. Mit diesem Beschluss kamen<br />

die Gremien dem vermehrten Angebot an Beiträgen entgegen.<br />

Die Zeitschrift soll damit aber auch eine Aufwertung<br />

erfahren. Als Folge dieser Steigerung des Umfangs der Zeit-<br />

"Dabei erging [1815] als Auflage, "dass längs dem Hage ein öffentlicher<br />

Weg von 20 Schuh breit angelegt und beständig freigehalten<br />

werde." Damit ist der Weg gemeint, der heute das Haag<br />

mit der Pfleghofgasse verbindet. Bis dahin erfolgte der Zugang<br />

ins Haag durch einen Weg im Bereich des Kälblgartens, der sich<br />

wohl südlich oder südöstlich des Haagschlössle befand. Die Erschließung<br />

aus dem Tal herauf macht deutlich, dass das Haag bis<br />

1815 noch sehr viel stärker von der Stadt getrennt war, zumal die<br />

Oberstadt noch mit Mauer und Graben befestigt war....."<br />

Aus der Anordnung "dass längs dem Hage ein öffentlicher Weg von<br />

20 Schuh (etwa 5,7 m) Breite angelegt und beständig freigehalten<br />

werde, schließt M. Hermann, dass der Weg, der die Pfleghofstraße<br />

mit dem Haag verbindet und durch dieses ins Tal führt, bisher<br />

nicht bestanden habe, es vielmehr eine Verbindung zwischen<br />

Oberem Tor und Haag gegeben haben müsse.<br />

Außerdem nimmt er an, dass der Hauptzugang zum Haag von Südosten<br />

her, das heißt aus dem Tal herauf erfolgt sei.<br />

Ich möchte zunächst auf letzteres eingehen. Ein Zugang vom Tal<br />

herauf setzt voraus, dass dort eine Straße verlaufen ist, die, berücksichtigt<br />

man die Tatsache, dass sich im Haag in Haigerloch im 18.<br />

Jahrhundert für mehr als zwei Jahrzehnte die Residenz des Für-<br />

'JHhojtfck.<br />

51<br />

schrift um 50 % wird lt. Beschluss von Vorstand und Beirat<br />

das Jahresabonnement für Bezieher der <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

<strong>Heimat</strong>, die nicht Mitglieder des <strong>Geschichtsverein</strong>s sind,<br />

von 7 Euro auf 11 Euro erhöht. Für Mitglieder des Vereins,<br />

die die <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong> ebenfalls erhalten, ändert<br />

sich dagegen nichts. Der Mitgliedsbeitrag einschließlich<br />

Bezugsgeld für die <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong> bleibt für Mitglieder<br />

somit konstant.<br />

3. Ausstellung in Hohenzollern<br />

Die Sonderausstellung<br />

Kirchenschätze aus Hohenzollern<br />

ist noch bis 28. Jan. 2007 im <strong>Hohenzollerische</strong>n Landesmuseum<br />

in Hechingen zu sehen. Gezeigt werden wertvolle<br />

liturgische Geräte und Gewänder aus hohenzollerischen<br />

Kirchen. Unter anderem ist die schöne Trochtelfinger<br />

Monstranz aus dem Jahr 1618 oder ein Reliquienschrein<br />

aus dem Jahr 1520 zu sehen.<br />

Öffnungszeiten:<br />

Dienstag bis Samstag jeweils 14.00 - 17.00 Uhr,<br />

Sonntag, jeweils 10.00 - 17.00 Uhr<br />

Eintritt: 2,50 Euro pro Person,<br />

Gruppen ab 10 Personen 2,00 Euro pro Person<br />

gez. Dr. Otto Becker<br />

Vorsitzender<br />

stentums Hohenzollern-Sigmaringen befand, eine Anbindung an<br />

den überörtlichen Verkehr ermöglicht.<br />

Eine solche Verbindung gab es vor dem Jahre 1861 in dem die heutige<br />

Landesstraße gebaut wurde jedoch nicht. Weder in einer Karte<br />

aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts [siehe dazu das Titelbild]<br />

noch in der Flurkarte von 1841 ist eine solche Verbindung zu erkennen.<br />

Die Eyach quert unterhalb des ehemaligen Eisweihers,<br />

vom Prallhang gegenüber dem Haag kommend, die Talaue und<br />

fließt an Stelle der heutigen Straße "Am Mühlgraben" auf die Mühle<br />

zu.<br />

Eine Verbindung vom Stadttor beim "Schlössle" (ehem.<br />

Schloßbräu) zum Haag hätte folgenden Verlauf nehmen und dabei<br />

zwei Mal die Eyach überqueren müssen: über die "Schlösslesbrücke",<br />

von dort auf das Niveau der Eyach , in Höhe des Eisweihers<br />

nochmals über die Eyach um dann zum Weg zu kommen der<br />

vom Haag herunter zu den dort befindlichen Almandgrundstücken<br />

und durch eine heute noch erkennbare Furt zu den "Nonnenwiesen"<br />

führt.<br />

Es ist zwar zu erkennen, dass auf der früheren Karte [Titelbild] die<br />

heutige Verbindung zwischen unterer Pfleghofstraße und Haag<br />

fehlt und dafür nur ein Weg von der oberen Pfleghofstraße ins


Haag eingezeichnet ist, es fehlt aber auch der bereits im 16. Jahrhundert<br />

beschriebene Weg durchs Haag ins Tal. Überdies dient<br />

diese Karte dem Zweck, den Verlauf einer neu projektierten Straße<br />

von der Seesteige durch die Stadt Haigerloch über Weildorf, Empfingen,<br />

Fischingen nach Sulz darzustellen. Die Stadt Haigerloch<br />

mit Ihrer markanten Lage ist zwar erkennbar, aber nicht in allen<br />

Details korrekt dargestellt.<br />

Theorien darf man zugute halten, dass sie meist keine Rücksicht zu<br />

nehmen brauchen auf Logik oder beschwerhche Kraftanstrengungen<br />

von Mensch und Tier. Der Annahme eines Zugangs ausschließlich<br />

vom Tal herauf widerspricht der tatsächliche Sachverhalt<br />

in vielfältiger Hinsicht.<br />

Haag = jüdische Siedlung = hermetisch abgeriegeltes Getto.<br />

Diese Gleichung drängt sich mir bei Herrmanns Darlegung unwillkürlich<br />

auf. Aber, auch wenn das Haag seine heutige Gestalt der Ansiedlung<br />

der jüdischen Bevölkerung in diesem Bereich verdankt,<br />

es war in den Jahrhunderten zuvor nicht an eine solch ausschließliche<br />

Nutzung gedacht und so kann auch nicht ein dazu passender<br />

Sachverhalt konstruiert werden.<br />

Auch zwischen 1780 und 1942 war das Haag zum größten Teil aber<br />

eben nicht ausschließlich jüdisches Wohngebiet. Die Häuser Im<br />

Haag 22 und Klausengässle 11 sind laut den Haigerlocher Kontraktenprotokollen<br />

bereits im 18. Jahrhundert nachgewiesen, und<br />

- eine wenn auch kleine Landwirtschaft trieb früher fast jeder Haigerlocher<br />

um - mit Fuhrwerken nur durch das Haag zu erreichen.<br />

Fürstliche Residenz von 1747 bis 1769 und Witwensitz der<br />

Gräfinnen-Witwen zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Auch ein Hinweis,<br />

gerade die Nutzung als solche würden eine Abriegelung gegen<br />

die Stadt geradezu fordern, ist nicht stichhaltig. Gerade der<br />

Hinweis auf die fürstliche Residenz widerlegt bei genauerer<br />

Berücksichtigung der Verhältnisse die Behauptung eines Zugangs<br />

vom Tal herauf: Talauen waren meist versumpft und eine Straße<br />

darin anzulegen wurde wegen der Hochwasser im Sommer und<br />

drohendem Eisgang im Winter möglichst vermieden. In solchen<br />

Fällen wäre die Fürstliche Residenz, auch unfreiwillig, von der<br />

Außenwelt abgeschnitten gewesen. Der Fürst wäre darin gefangen<br />

gewesen und hätte auch keine Besucher empfangen können.<br />

Übrigens wurde, wie die Haigerlocher Kontraktenprotokolle ausweisen,<br />

auch während dieser Zeit das Haag - und nicht nur der<br />

Haagwasen im Tal - von den Haigerlocher Bürgern als Kraut- und<br />

Grasgartenland genutzt. Der doch wohl sehr distinguierte Fürst Joseph<br />

Friedrich erwarb von den Besitzern nur so viel Grund als er<br />

für seine Bauten benötigte.<br />

Um 1700 wird der Haagmaier = Verwalter der zum Haaggut<br />

gehörigen Landwirtschaft genannt. Es ist festzustellen, dass hierzu<br />

auch umfangreiche außerhalb des Haag bei Weildorf gelegene<br />

landwirtschaftliche Flächen gehörten. Um diese zu erreichen hätte<br />

der Fuhrwerksverkehr aus dem Haag zu Äckern folgenden Verlauf<br />

nehmen müssen: von der erhöht hegenden Lage des Haaggutes<br />

ins Tal, dort zweimal über die Eyach (s. o.) dann durch das<br />

Tor beim Schlössle die steüe Oberstadtstraße hoch zum Oberen<br />

Tor. Mit einfachen Ochsen- oder Pferdegespannen war das kaum<br />

zu bewältigen.<br />

Freibrief von 1298 Die Bezeichnung „Neue Stadt in dem Haage"<br />

lässt eher den Schluss zu, dass bereits damals an eine Ausdehnung<br />

der Stadt ins Haag gedacht war, wegen der Südlage vielleicht mit<br />

weiteren Adelsansitzen. Dass es dazu nicht gekommen ist, lag<br />

nicht bei den „Stadtplanern", sondern am weiteren Verlauf der Ge-<br />

52<br />

schichte: Niedergang des Hauses Hohenberg, Verkauf von Stadt<br />

und Herrschaft Haigerloch an Österreich und Verpfändungen<br />

durch hundert Jahre.<br />

Anstatt des erwarteten Bevölkerungszuwachses musste die Stadt einen<br />

erheblichen Rückgang hinnehmen.<br />

Mittelalterliche „Haagmühle" Diese soll beim heutigen Judenfriedhof<br />

gestanden haben. Wäre dies tatsächlich ein so verkehrsgünstiger<br />

Standort gewesen, sprich, hätte es eine Anbindung auch<br />

nur zur nächsten außerörtlichen Straße gegeben, so wäre die Verlegung<br />

zum „Schlössle" hin wohl nicht erforderlich gewesen.<br />

Dies alles, gerade auch die günstigste Verbindung mit den in der<br />

Talaue hegenden Almandteilen und „Nonnenwiesen" setzt voraus,<br />

dass es von der Oberstadt durch das Haag einen von Fuhrwerken<br />

benutzbaren Weg gegeben haben muss. Die heute bekannten Verbindungen<br />

zwischen der oberen Pfleghofstraße und dem Haag erfüllen<br />

diese Voraussetzung nicht. Das "Klausengässle" besteht im<br />

oberen Teil aus einer langen Treppe, und die ehemalige Feuergasse,<br />

die vom Haag kommend beim evangelischen Pfarrhaus in<br />

die obere Pfleghofstraße mündet, ist für Fuhrwerke zu steil und zu<br />

schmal. Die für eine Verbindung mit Fuhrwerken logischste Verbindung<br />

ist die heute von der unteren Pfleghofstraße ins Haag<br />

führende, die bereits zu Mang des 18. Jhdt. bestanden haben<br />

dürfte 2 .<br />

Kommen wir zurück auf das eingangs genannte Dekret wonach ein<br />

Weg 20 Schuh breit angelegt und beständig freigehalten werden<br />

solle. Die Frage welcher Schuh gemeint ist - der württembergische<br />

wurde im Fürstentum Hohenzollern erst 1828 eingeführt -<br />

gibt ein ganz neues Thema und soll anderweitig erörtert werden.<br />

Um 1815 wird eine 13schühige Feldmesser-Rute erwähnt, Da eine<br />

Rute etwa 3,7 m entsprach', ergibt sich für den Schuh eine Länge<br />

von 28,46 cm. In diesem Falle wären 20 Schuh = 5,7 m, eine<br />

Breite, die im Bereich des Übergangs von der Pfleghofstraße ins<br />

Haag d. h. zwischen den Häusern Haag 1 - 3 und den gegenüberhegenden<br />

Gartenmauern nicht erreicht wird. Ich deute die Verordnung<br />

so, dass im Haag selbst der Weg auf 20 Schuh verbreitert<br />

werden solle und dann nicht anderweitig genutzt oder zugebaut<br />

werden dürfe 4 .<br />

Anmerkungen<br />

[1] Klausengässle 3 wurde erst 1868 erbaut. Nach dem Feuersocietätskataster<br />

von 1855 wurde das Gebäude Nr. 37 (in der<br />

Unterstadt) im Jahre 1867 abgebrochen, 1868 neu gebaut<br />

und mit Nr. 246 = Klausengässle 1 vereinigt.<br />

[ 2 ] Stadtarchiv Haigerloch, Bestand Amtsbücher (Kontraktenprotokolle)<br />

Nr. 37: Am 21. Januar 1712 verkaufte Catharina<br />

Henle, Witwe des Hirschwirts Christoff Henger, an ihren<br />

"freindlich hben Vötter" (freind = Verwandter, "Vötter" (Vetter)<br />

= cousin = auch allgemein männlicher Blutsverwandter)<br />

Philipp Henle den Hirsch (heute Postamt) mit aller Zubehör,<br />

unter anderem "ein Stück Krautgarten in dem Haggässle,<br />

den unteren Teil, der obere Teil an der Pfleg verbleibt<br />

der Wittib" Dieser Garten, und damit das "Haaggässle", lässt<br />

sich möglicherweise lokalisieren = gegenüber Haus Haag 1<br />

auf einer Terrasse. Beim der Suche nach den Besitzern stellte<br />

sich heraus, dass gegenüber dem Primärkataster bzw. Urkarte<br />

und späteren Karten/Katasterblättern eine Änderung der Flurstücks-Nr.<br />

vorgenommen wurde, die zu Unstimmigkeiten hinsichtlich<br />

der Besitzer führen kann.<br />

3) Auf der im Aufgang des Haigerlocher Bürgerhauses ausgestellten<br />

Flurkarte von 1798 - erstellt als Beilage zur Ermitt-


lung der Grenzen der Gemarkung der Stadt Haigerloch - ist<br />

die zugrunde gelegte Maßeinheit mit abgebildet: „Länge eines<br />

Haigerlocher Dezimalschuh nach welchem die Bann aufgemessen<br />

worden". Beim Nachmessen ergeben sich 37 cm.<br />

„Dezimalschuh" ist wohl als der zehnte Teü einer Feldmesser-<br />

Rute zu verstehen, so dass für die Rute eine Länge von 3,70<br />

cm gerechnet werden muss.<br />

Legt man ein, wenn auch nur hypothetisches Duodezimalsystem<br />

(1 Rute = 12 Schuh) zugrunde, so ergibt sich für den<br />

alten Haigerlocher Schuh eine Länge von 30,7 cm. Das<br />

kommt nicht nur dem englischen Fuß = 30,48 cm nahe sondern<br />

auch der Berechnung, die der Haigerlocher Herrschaftliche<br />

Maurermeister Konrad Bauz, der im Jahre 1782 für die<br />

Seitenlänge des „Römerturms" 35 Schuh angab, was bei<br />

10,75 m wieder 30,7 cm ergibt. Die Einteilung der Feldmesser-Rute<br />

in 13 Schuh halte ich für eine behördliche Maß-<br />

MANFRED TEUFEL<br />

Sigmaringen als Standort badischer<br />

und württembergischer Polizeieinheiten<br />

Dass das hohenzollerische Sigmaringen schon im Kaiserreich Garnisonstadt<br />

war, ist heute noch eher geläufig als das Wissen der<br />

Nachkommen darüber, dass es in der Weimarer Zeit auch als Standort<br />

außerpreußischer kasernierter Polizeieinheiten von ziemlicher<br />

Bedeutung war. Mit der Verlegung der Unteroffiziersschule<br />

von Neu-Breisach in die Kaserne Nonnenhof im Jahre 1910 wurde<br />

Sigmaringen (wieder) bis zum Ende des 1.Weltkriegs Garnisonstadt.<br />

Als infolge der Auswirkungen des Friedensvertrags von 1919 die<br />

Reichswehr stärkemäßig abgebaut und aus der neutralen Zone öst-<br />

Korporalschaft der Polizeischulabteilung Sigmaringen (1928), Bild: Ingo Löhken<br />

53<br />

nahme um eine irgendwie geartete Gleichsetzung mit anderen<br />

Maßsystemen zu erreichen.<br />

4) Verständhch wird dies, wenn man aus Streitfällen erfährt,<br />

dass das Überbauen öffentlichen Grundes durchaus kein Einzelfall<br />

war. Wegen der engen Bebauung innerhalb der Stadt<br />

standen vor allem Dunglegen oft auf öffentlichem Grund. Hier<br />

war dann jährlich eine geringe Gebühr fähig, mit der der Nutzer<br />

anerkannte, dass der Grund nicht sein Eigentum war, sondern<br />

der Stadt gehörte. Das war auch bei der bis 1955 vor<br />

meinem Wohnhaus gelegenen „Miste" der Fall. Im Jahr 1957<br />

hat mein Vater die Hoffläche vor dem Haus von der Stadt gekauft.<br />

* Utz Jeggle (Hg.), Erinnerungen an die Haigerlocher Juden.<br />

Ein Mosaik, Tübingen: Tübinger Vereinigung für Volkskunde,<br />

2000.<br />

lich des Rheins fortgebracht werden musste, war das Land Baden<br />

von jeder straff zusammengefassten Truppe entblößt. Die Regierung<br />

musste daher an die Aufstellung einer kasernierten Polizeimacht<br />

denken. Der ehem. badische Innenminister Adam Remmele<br />

schreibt in seinen Erinnerungen (Karlsruhe 1925), dass es die<br />

französische Militärmacht selbst war, die durch wiederholte Drohungen,<br />

die neutrale Zone mit militärischen Polizeitruppen zu besetzen,<br />

die Erwägung dieses Gedankens in Fluss gebracht hätte. Auf<br />

der anderen Seite darf nicht unterschlagen werden, dass die Alliierten<br />

in dem Bestreben, das Verteidigungspotential Deutschlands<br />

möglichst niedrig zu halten, nicht nur die Freikorps und Selbstschutzorganisationen<br />

mit Misstrauen beobachteten und ihre Auflösung<br />

betrieben, sondern auch die Truppenpolizei als eine militärischen<br />

Zwecken dienende Einrichtung verdächtigten.<br />

Am 1. Dezember 1919 begann das Land Baden daher mit der Auf-


Stellung einer Bereitschaftspolizei, die dort den Namen „Gruppenpolizei"<br />

führte. Zunächst übernahm man von der bisherigen<br />

Volkswehr die für den Polizeidienst geeigneten Leute. Für die<br />

zweckmäßige Unterbringung der für das ganze Land vorgesehenen<br />

Polizeibereitschaften fehlten allerdings geeignete Unterkünfte.<br />

In Verhandlungen mit dem preußischen Innenministerium und<br />

dem Regierungspräsidenten von Sigmaringen erreichte man 1920,<br />

dass auf Grund einer stets kündbaren Vereinbarung eine Hundertschaft<br />

der Gruppenpolizei in das außerhalb der 50 km-Zone hegende<br />

Sigmaringen gelegt werden konnte. Hier stand das Areal der<br />

ehemaligen Unteroffiziersschule des Heeres zur Verfügung. Sigmaringen<br />

hatte den besonderen Vorzug, dass nunmehr bei Unruhen<br />

u.ä. auch stärkere kasernierte Polizeikräfte für die südbadischen<br />

Landkreise am Bodensee und im Schwarzwald bereitgestellt werden<br />

konnten. In Villingen, Donaueschingen und Konstanz gab es<br />

wegen der Belegung mit Reichswehrtruppen keine Unterbringungsmöghchkeiten.<br />

Im November 1923 zog man die Einheit, der<br />

niemals eine örtliche Zuständigkeit für den Regierungsbezirk Sigmaringen<br />

zur Seite stand, von hier ab und verlegte sie nach Pforzheim.<br />

Die jungen, 19 - 22-jährigen Polizeivorschüler verteilte man<br />

zunächst auf die Einsatzbereitschaften in Freiburg und Heidelberg,<br />

bevor sie dann nach Waldshut und Pforzheim überwiesen werden<br />

konnten, um später die Wachtmeisterprüfung abzulegen. Diese<br />

war für die Verwendung im polizeilichen Einzeldienst unabdingbar.<br />

Die Polizeivorschüler trugen selbstverständlich Dienstuniform:<br />

Bluse, Kragen, Mütze, Besatzstreifen, Hose waren nach dem „Farbschema<br />

nach 1918" jeweils dunkelblau, während die Vorstöße in<br />

kakblau gehalten wurden. Zu den Dienstgradabzeichen sei festgehalten,<br />

dass Polizeimänner die Kragen ohne jedes Abzeichen, die<br />

Streifenmeister jedoch an der vorderen Kante des Kragens je eine<br />

5 mm breite, senkrechte, kaliblaue Borte tragen durften, Rottenmeister<br />

dagegen zwei Borte mit einem Abstand von 3 mm. Polizeiwachtmeister<br />

trugen je einen 5 mm breiten Streifen aus Goldborte<br />

am Kragen. Goldgestickte fünfzackige Sterne am Kragen waren für<br />

die Offiziere vorgesehen.<br />

Im Volksstaat Württemberg kam es nach der Staatsumwälzung<br />

auch zu einer grundlegenden Neustrukturierung der staatlichen<br />

Polizei, die spätestens am 30. April 1926 als vorläufig abgeschlossen<br />

galt; darin hatten die Pohzeischulabteilungen in Ellwangen und<br />

Sigmaringen ihren festen Platz. Auch Württemberg war aus verschiedenen<br />

politischen und polizeistrategischen Gründen schon<br />

vorher an der Unterbringung einer Polizeischulabteilung in sofort<br />

verfügbaren und logistisch geeigneten Unterkunftsräumen in Sigmaringen<br />

interessiert. Die württembergische Polizeischulabteilung<br />

in Sigmaringen unterstand ebenso wie die in Ellwangen dislozierte<br />

gleichartige Organisationseinheit dem Innenministerium in Stuttgart<br />

unmittelbar. Die Schulabteilungen hatten die jungen Poli-<br />

OTTO H. BECKER<br />

Der Fidelistag in Hohenzollern<br />

Der Heilige Fidelis von Sigmaringen wurde in einer Anordnung<br />

der Fürstlichen Regierung vom 12. April 1814 im Zusammenhang<br />

mit den Feierhchkeiten aus Anlass des nach dem Sturz Napoleons<br />

erfolgten Friedenschlusses erstmals als Landespatron des Fürstentums<br />

Hohenzollern-Sigmaringen bezeichnet. Vor 80 Jahren, am 11.<br />

August 1926, erhob Papst Pius XI. den Erstlingsmärtyrer des Kapuzinerordens<br />

schließlich zum Landespatron des 1852 aus den ehe-<br />

54<br />

zeischüler im Waffendienst und Sport für eine Verwendung bei den<br />

Polizeibereitschaften in Stuttgart, Eßlingen, Friedrichshafen, Heilbronn,<br />

Reutlingen, Tübingen und Ulm sowie in Ravensburg (Stand:<br />

1928) auszubilden. Diese Ausbildung in Sigmaringen dauerte in<br />

der Regel 12 - 14 Monate. Daran schloss sich der vierjährige<br />

praktische Dienst bei den Bereitschaften an. Erst nach dieser insgesamt<br />

etwa fünf- bis sechsjährigen hauptsächlich praktischen<br />

Ausbildung erfolgte eine gründliche Durchbildung in einem Lehrgang<br />

an der „Württ. Polizeifachschule" in Stuttgart, dessen Bestehen<br />

für die Einzeldienstverwendung bei der Schutzpolizei oder<br />

Landjägerei Voraussetzung war.<br />

Die Polizeischulabteilung Sigmaringen stand unter dem Kommando<br />

eines Polizeimajors, dem 3 Oberleutnante und Leutnante<br />

nachgeordnet waren. Die Verwaltungsaufgaben besorgten ein Polizeiobersekretär<br />

(auf gehobener Stellung) und ein Kanzleisekretär.<br />

Zeitweise wurden etwa 115 - 120 Polizeioberwachtmeister und<br />

Wachtmeister in Sigmaringen auf ihren späteren Polizeidienst vorbereitet.<br />

Die Angehörigen der Pohzeischulabteilungen trugen damals<br />

die sonst übhche dunkelgrüne Dienstkleidung nur als Ausgehanzug.<br />

Im Ausbildungsdienst wurde eine feldgraue Bekleidung<br />

getragen, die der Uniformierung der Vorgängerorganisation,<br />

der württembergischen Polizeiwehr in vielen Teilen glich. Die zum<br />

Stammpersonal der Polizeischule versetzten Polizeiwachtmeister<br />

trugen an den Blusen und Mänteln der feldgrauen und der dunkelgrünen<br />

Dienstkleidung am hnken Ärmel ein Metallschild aus<br />

Nickel mit den Buchstaben „PS" (Polizeischulabteilung).<br />

Von den Alüierten war den Bereitschaftspolizeien reichsweit zugestanden:<br />

- für jeden Beamten eine blanke Waffe (Seitengewehr oder Degen),<br />

eine Pistole und eine Handgranate,<br />

- für je drei Beamte ein Gewehr oder Karabiner,<br />

- für je 20 Beamte eine Maschinenpistole,<br />

für je tausend Beamte ein Panzerwagen mit zwei schweren<br />

Maschinengewehren.<br />

Nach dem die Alliierten Ende der Zwanziger Jahre eine zahlenmäßige<br />

Verringerung der Polizei, insbesondere der kasernierten,<br />

forderten, verlegte man am 1. März 1928 die Polizeischulabteilung<br />

Sigmaringen insgesamt nach Weingarten. 1934 erfolgte die Überführung<br />

der Schulabteilung Weingarten in die neue NS- Landespolizei-Inspektion<br />

Süd mit dem Sitz in Stuttgart. Nach Wiederherstellung<br />

der Wehrhoheit ging die Landespolizei in der neuen Wehrmacht<br />

auf. Eine Bereitschaftspolizei gab es dann nicht mehr. Sigmaringen<br />

war - wie ich immer wieder konstatieren konnte- für<br />

eine Generation badischer und württembergischer Gendarmen,<br />

Landjäger und Schutzpolizisten eine wichtige Periode ihrer späteren<br />

beruflichen Laufbahn.<br />

maligen Fürstentümern Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen<br />

gebildeten Hohenzollernlandes. Der Namenstag<br />

von Sankt Fidehs am 24. April wird seitdem in der Messliturgie der<br />

hohenzollerischen Pfarreien der Erzdiözese Freiburg als Festtag<br />

begangen.<br />

Das Zentrum der Fidelisverehrung blieb jedoch weiterhin Sigmaringen.<br />

Dort wurde seit der Zeit der Sehgsprechung des Kapuzinerpaters<br />

1729 der 24. April feierlich begangen. Selbst in der Zeit<br />

der kirchlichen Aufklärung in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts<br />

und in den ersten vier Dekaden des 19- Jahrhunderts konnte die-


ser Brauch unter dem Schutzmantel des Fürstenhauses Hohenzollern-Sigmaringen<br />

weiterleben. Infolge der kirchlichen Erneuerung,<br />

vor allem auch des Wirkens von Pfarrer Thomas Geiselhart<br />

erfuhr die Fidehsverehrung in der 2. Hälfte des 19- Jahrhunderts<br />

mächtigen Auftrieb. Der Fidehstag bheb bis in die Zeit des Dritten<br />

Reiches ein offizieller Feiertag in Sigmaringen. Erst 1938 wurde<br />

dem Fidehstag wie anderen kirchlichen Feiertagen der öffentliche<br />

Schutz entzogen und das generelle Arbeitsverbot aufgehoben.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlangte der Fidehstag seinen früheren<br />

Rang als kirchlicher Feiertag wieder zurück. Im Gesetz über<br />

die Sonntage und Feiertage des Landes Württemberg-Hohenzollern<br />

vom 11. Januar 1949 wurde im § 2 der Fidehstag in der Stadt Sigmaringen<br />

denn auch ausdrücklich in den Kanon der kirchlichen<br />

Feiertage aufgenommen und unter staatlichen Schutz gestellt.<br />

In dem 1952 neu gebildeten Bundesland Baden-Württemberg<br />

konnte der Fidehstag seinen Rang als staatlich anerkannter kirchlicher<br />

Feiertag jedoch nicht mehr behaupten. So wird dem badenwürttembergischen<br />

Gesetz über die Sonntage und Feiertage vom<br />

12. Dezember 1954 der 24. April als staatlich geschützter Feiertag<br />

nicht mehr aufgeführt. Eine Initiative des Vorsitzenden des <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

Landeskommunalverbandes und CDU-Abgeordneten<br />

im Stuttgarter Landtag, Franz Gog, den Fidelistag nachträglich wie-<br />

HORST MIELITZ<br />

Runder Turm<br />

<strong>Heimat</strong>museum Sigmaringen e.V.<br />

Vom 10. Mai bis l.Oktober 2006 veranstaltete der Sigmaringer<br />

<strong>Heimat</strong>verein im Runden Turm eine erste Wechselausstellung unter<br />

dem Motto „Pflege der <strong>Heimat</strong> und Geschichte". Diese Gedenkausstellung<br />

wurde anlässhch der Neugestaltung des Gebäudekomplexes<br />

Drogerie ARNAUD, einem Familienmitglied gewidmet und<br />

mit Victor Arnaud 1890 - 1958, Graphik und Gemälde, eine Persönlichkeit<br />

aus der Sigmaringer Bürgerschaft gewürdigt. In vierter<br />

Generation erblickte Victor als echter Sigmaringer in der damaligen<br />

„Bauernstube", ehemals Weinstube mit Weinhandlung seines<br />

Vaters, in der Schwabstraße das Licht der Welt.<br />

Seine Ausbildung zum Maler und Graphiker und sein außerordentliches,<br />

zeichnerisches Talent machten ihn in der Berliner<br />

Künstlerszene während der sogenannten Wilden Nachkriegsjahre<br />

allseits bekannt. Die sich sehr schnell fortentwickelnde Werbebranche<br />

für Reklameplakate und Reklame aller Art der 20er Jahre<br />

schaffte ein völlig neues Betätigungsfeld und Berufsbild für Maler<br />

und Graphiker.<br />

Aus dieser Schaffenszeit Victor Arnauds präsentierte die Ausstellung<br />

im Runden T\irm eine umfangreiche Auswahl der neuen grafischen<br />

Formgebung seiner Zeit. Völlig zu Recht kann gesagt werden,<br />

dass mit VA ein Sigmaringer richtungsweisend die darstellende<br />

Kunst in seinem Sinne beeinflußte und prägte. Die beeindruckende<br />

Filmplakatesammlung versetzte den Ausstellungsbesucher<br />

in die Zeit der ersten Tonfilme. Als Neunjähriger hörte der Betrachter<br />

aus dem Holzschränkchen mit zwei Türen, die den Grammophontrichter<br />

freigaben, von der Schellackplatte „Der Postillon<br />

von Lonjumeau" und sah hier erstmals das dazugehörige, von VA<br />

großartig gemalte Kinoplakat. Aus der Serie „Familien-Magazin"<br />

befanden sich zahlreiche Titelgestaltungen in den Vitrinen, die in<br />

ihren malerisch, grafischen Abbildungen historische Zeitdokumente<br />

darstellen. Eine Mercedes-Werbung z.B., erstes Maiheft,<br />

55<br />

der als offiziellen Feiertag anzuerkennen, fand im Dezember 1955<br />

keine parlamentarische Mehrheit.<br />

Auch in den Neufassungen des Gesetzes über die Sonntage und Feiertage<br />

vom 25. Juli 1962 und vom 28. November 1970 bheb der Fidehstag<br />

unberücksichtigt. Dessen ungeachtet, behielt der 24.<br />

April in Sigmaringen mit Billigung des Landratsamtes und des<br />

Bürgermeisteramtes auch weiterhin den Charakter eines lokalen<br />

kirchlichen Feiertages mit Feiertagsruhe. Zum offenen Bruch kam<br />

es dann im Jahr 1968. Das Fidehsfest wurde „angesichts der veränderten<br />

allgemeinen Lebens-und Arbeitsverhältnisse unserer<br />

Zeit", wie es hieß, auf den auf den 24. April nächstfolgenden Sonntag<br />

verlegt. Der Fidehstag war somit zu einem normalen Arbeitstag<br />

zurück gestuft.<br />

Die Verschiebung der seit Generationen stets am Namenstag des<br />

Stadtpatrons begangenen Feier stieß bei den Gläubigen auf keine<br />

Akzeptanz. Seit 1971 wird das Fidehsfest wieder am 24. April, jedoch<br />

erst abends nach der Arbeit gefeiert. Eine Ausnahme bildete<br />

das Fidehsfest im Jahr 2006. Aus Termingründen des Zelebranten<br />

Karl Kardinal Lehmann wurde das Fest bereits am Sonntag, 23-<br />

April, mit einem Pontifikalamt und einer Lichterprozession feierlich<br />

begangen.<br />

Jahrgang 1938, zeigt einen leeren Autobahnabschnitt, von dem in<br />

unserer Zeit täglich und regelmäßig über die Verkehrssender Staumeldungen<br />

bekanntgegeben werden.<br />

Victor Arnaud 1890 -1958<br />

»


Victor Arnaud hat durch seine beispielhaft, grafische und ideenrei-<br />

che Ausdrucksweise einen wesentlichen Beitrag zur Bildung der<br />

neuen Berufsgruppe vom Gebrauchsgrafiker bis zur aktuellen Berufsbezeichnung<br />

des Gafik-Designers geleistet. Wie viele seiner<br />

Malerkollegen bleibt auch er und sein Name mit der Werbebranche<br />

verbunden, die in der globalen Markenartikel-Industrie überall<br />

den Verbraucher, den Konsumenten zu beeinflussen sucht.<br />

Heute steuern Ergebnisse von präzise durchgeführten Marktuntersuchungen<br />

Marketingstrategien über das grafische Erscheinungsbild<br />

eines Produktes bis zum erfolgreichen Verkaufsabschluss.<br />

Auch dieser Werdegang war, freilich mit einiger Fantasie des Ausstellungsbesuchers,<br />

durch eine vielfältige Präsentation von Entwürfen,<br />

grafischen Zeichnungen und Druckmustern durchaus erkennbar.<br />

Arnaud formulierte sehr charakteristisch das Berufsbild und die<br />

Zukunftsaussichten bereits vor 80 Jahren wie folgt:<br />

„Was man von einem Gebrauchsgrafiker der Zukunft erwartet, ist<br />

CHRISTOPH MORRISSEY/ ANDREAS ZEKORN<br />

Hünengräber und Knöpflemesser - Die<br />

Alamannen im Zollernalbkreis [1!<br />

Als man um 1880 bei Fischingen ein immerhin etwa 1300 Jahre altes<br />

alamannisches Grab mit einem Sax (Kurzschwert) fand, wurde<br />

jenes kurzerhand geschliffen und diente - mit einem Griff versehen<br />

- alsdann in der Küche des Wehrsteiner Hofes als Knöpflemesser.<br />

Wie man sieht, hat also die Arbeit der Altvorderen olfenbar nicht<br />

nur für wissensdurstige Wissenschaftler sondern bisweilen auch<br />

für die Bevölkerung vor Ort einen ganz praktischen Nutzen gehabt.<br />

Weniger an Hobby-Köche als an historisch und heimatkundlich Interessierte<br />

richtet sich jedoch die nun vorhegende, freilich ungedruckte<br />

Arbeit von Georg Schmitt mit dem Titel „Die Alamannen im<br />

Zollernalbkreis". Sie wurde 1988 als Dissertation an der Universität<br />

Mainz abgeschlossen, 2004 inhaltlich überarbeitet und aktualisiert<br />

und 2005 dort an der zuständigen Fakultät eingereicht. Die<br />

Veröffentlichung der Doktorarbeit ist vorgesehen in der Reihe<br />

„Materialhefte zur Archäologie in Baden-Württemberg", die vom<br />

Landesamt für Denkmalpflege (ehemals Landesdenkmalamt) herausgegeben<br />

wird. Wann eine Drucklegung stattfindet, ist aufgrund<br />

knapper Haushaltsmittel derzeit nicht absehbar. Um diese für den<br />

Zollernalbkreis wichtige Arbeit für Recherchen und Nachfragen<br />

jetzt schon zugänglich zu machen, hegt sie - ohne redaktionelle<br />

Überarbeitung und einige notwendige Korrektoren - als Ausdruck<br />

im Kreisarchiv des Zollernalbkreises sowie als Datei im allgemein<br />

lesbaren PDF-Format vor.<br />

1931 erschien die Arbeit von Walther Veeck über „Die Alamannen<br />

in Württemberg", 1970 der Beitrag von Friedrich Garscha über<br />

„Die Alamannen in Südbaden". Zwischen den ehemals württembergischen<br />

und südbadischen Landesteilen klafft bis heute hinsichtlich<br />

der Publikation frühmittelalterlicher (alamannischer)<br />

Funden eine größere Lücke: Auf der archäologischen Karte war<br />

das hohenzollerische Gebiet ein weitgehend weißer Fleck. Die erste<br />

Zusammenstellung der Fundstellen in Hohenzollern von Karl<br />

Theodor Zingeler aus den Jahren 1893/94 bzw. 1896 ist heute begreiflicherweise<br />

nicht mehr aktuell ebenso wie die Darstellung von<br />

Eduard Peters und Oscar Paret von 1948. 121 Das Landesdenkmalamt<br />

beabsichtigte schon 1960/61 diese Lücke zu schließen,<br />

56<br />

das Verwachsensein mit den aktuellen Verkaufs- und Werbeproblemen.<br />

Dann erst ist er ein wirklich brauchbarer, eben ein Gebrauchsgrafiker;<br />

dann gehört ihm die Zukunft".<br />

Dass Victor Arnaud als Zeichenlehrer sich der Jugend und damit<br />

dem potentiellen Werbenachwuchs widmete, zuletzt am Sigmaringer<br />

Gymnasium, war ebenso Bestandteil der ausführlichen Dokumentation,<br />

als auch vieler zeichnerischer Wiedergaben aus Natur<br />

und Umgebung seiner <strong>Heimat</strong>stadt, wie verschiedene Schlossansichten,<br />

natürlich mit urspünglicher Donauflußführung, für Grußpostkarten.<br />

Die Titelwerbung auf dem Austeilungskatalog, von dem noch einige<br />

wenige Exemplare zu erwerben sind, zeigt eine typische VA-Werbedarstellung<br />

mit einer Textaussage, die meines Erachtens und sicher<br />

auch vieler Besucher, sowohl auf die Austeilung, als auch auf den<br />

Maler und Grafiker, so recht passen will -<br />

VICTOR ARNAUD - surprise<br />

konnte das Vorhaben seinerzeit aber aus verschiedenen Gründen<br />

nicht vollenden.<br />

1983 wurde die Bearbeitung der Fundstellen im Altkreis Hechingen<br />

schließlich Georg Schmitt im Rahmen einer Dissertation übertragen.<br />

Die Durchsicht des Fundmaterials und der Fundstellen sowie<br />

ein Blick auf die naturräumliche Gliederung des Altkreises Hechingen<br />

ließen eine Ausweitung des Untersuchungsgebietes auf<br />

den Altkreis Bahngen geraten erscheinen, womit sich das Bearbeitungsgebiet<br />

weitgehend mit dem heutigen Zollernalbkreis deckt.<br />

Lediglich der südöstliche Teil des Landkreises mit den Orten Benzingen,<br />

Harthausen, Kaiseringen, Straßberg und Winterhngen blieb<br />

aus unterschiedlichen Gründen ebenso ausgespart wie das bis<br />

1938 zum Oberamt Spaichingen gehörende Nusplingen. Das Bearbeitungsgebiet<br />

umfasst somit 24 Städte und Gemeinden innerhalb<br />

des Zollernalbkreises sowie die Ortsteile von drei weiteren Städten<br />

außerhalb des Kreises (Horb, Sulz a. N., Trochtelfingen). Insgesamt<br />

wurden 97, bis zur Kreisreform meist selbstständige Ortschaften<br />

in die Untersuchung einbezogen.<br />

Im Jahr 1988 abgeschlossen konnte in der Dissertation später erschienene<br />

Literatur nur bei grundlegender Bedeutung nachgetragen<br />

werden. Wichtige Neufunde sind - allerdings nur sofern schon<br />

anderweitig veröffentlicht - als Anhang zum Katalog aufgenommen.<br />

Ziel der Arbeit ist vorrangig die Erfassung und Wiedergabe von<br />

sämtlichen überlieferten Befunden und Funden aus der Zeit zwischen<br />

dem Fall des Limes um 259/60 und dem endgültigen Verlust<br />

der politischen Selbstständigkeit der Alamannen im Jahre 746. Neben<br />

etwa 115 Grabfunden und Friedhöfen - früher bisweilen auch<br />

als Hünengräber bezeichnet - sind dies Siedlungs-, Einzel- und Depotfunde.<br />

Aufgearbeitet sind beispielsweise die bedeutenden Bestattungsplätze<br />

bei Bahngen, Bisingen, Burladingen, Ebingen oder<br />

Truchtelfingen, ein Depotfund bei Lauthngen mit Hinterlassenschaften<br />

eines Schmiedes, völkerwanderungszeitliche Funde bei<br />

Dotternhausen und auf dem Lochenstein sowie eine frühkarolingische<br />

Lanzenspitze bei Bitz. Weitere Themen der Arbeit sind Bestattungssitten,<br />

Grabbauten, Tracht, Schmuck und Bewaffnung der Bevölkerung<br />

ebenso wie Gräberfelder und Hofgrablegen, aber auch<br />

aussagefähige Flurnamen und anderes mehr.<br />

Fast 20 Jahre sind seit dem Abschluss der Dissertation vergangen<br />

und die archäologische Forschung hat zwischenzeitlich neue Er-


gebnisse erbracht. Jahr um Jahr werden durch Ausgrabungen und<br />

Neufunde neue Quellen erschlossen, manches erscheint nun in anderem<br />

Licht. Dies konnte und sollte in der Arbeit nicht nachgearbeitet<br />

werden, man beschränkte sich auf Aktualisierungen und das<br />

Nachtragen neu erschienener Literatur. Der nicht zuletzt deshalb<br />

gegenüber der ursprünglichen Fassung stark gekürzte und knapp<br />

gehaltene auswertende Text wird allerdings durch einen umfangreichen<br />

Katalog aller Fundstellen ergänzt. Um die Arbeit, und dabei<br />

insbesondere den Katalog mit den Fundorten, auch für den archäologischen<br />

Nichtfachmann wie etwa den Historiker, den Landeskundler,<br />

den Archivar und Museologen, zu einem nützlichen<br />

Hilfsmittel zu gestalten, folgt im Katalog auf jede Fundstelle eine<br />

knappe Auswertung. Dabei wird das Gräberfeld - darum handelt<br />

es sich in der Regel - hinsichtlich der Gründungs- und Belegungszeit,<br />

des Umfanges und der Sozialstruktur behandelt. Ferner wird<br />

unter Heranziehung der historisch-geografischen Quellen auf<br />

Lage, Name, Alter, Größe und Struktur sowie auf den späteren Werdegang<br />

der zugehörigen Siedlung eingegangen. Den Abschluss büdet<br />

ein Rekonstruktionsversuch der mittelalterlichen Geschichte<br />

des jeweiligen Ortes und der Besiedlungsgeschichte seiner Gemarkung.<br />

So stellt denn der ansonsten nur für Nachschlagezwecke gedachte<br />

Katalog den Kern und die eigenthche Auswertung der vorhegenden<br />

Arbeit dar.<br />

Mit dieser ungedruckten, aber nun wenigstens begrenzt zugänglichen<br />

Arbeit erhält der Zollernalbkreis einen wichtigen Beitrag zur<br />

regionalen Geschichtsforschung. Mit der Darstellung der bislang<br />

vielfach noch unpubhzierten oder nur in knappen Fundmeldungen<br />

erwähnten Funde und Befunde sowie den siedlungsgeschichtlichen<br />

Überlegungen des Autors wird der interessierten Bevölkerung eine<br />

fundierte Grundlage geboten, um dem Alter und der Entstehungsgeschichte<br />

des jeweihgen Ortes, der Gemeinde oder Stadt nachgehen<br />

zu können. Deuthch werden dabei Vielfalt und Reichtum der<br />

archäologischen Zeugnisse aus alamannischer Zeit, in welcher die<br />

Ursprünge vieler Orte und Gemeinden des heutigen Zollernalbkreises<br />

hegen.<br />

Durch die Arbeit wird die zögerliche Erschließung unseres Raums<br />

in der nachrömischen Zeit, der Völkerwanderungszeit (spätes 3.<br />

bis 5. Jahrhundert n. Chr.), erkennbar: bislang sind nur kleine<br />

Siedlungsplätze bei Dotternhausen und im Talgrund westhch von<br />

Albstadt-Ebingen nachgewiesen, während von Lochenstein und der<br />

Schalksburg nur einzelne Funde vorhegen. Auch Hüttengrundrisse<br />

beim römischen Gutshof von Hechingen-Stein könnten in das 3oder<br />

4. Jahrhundert datieren.<br />

Die weiten Albtäler von Starzel und Fehla, von Eyach und<br />

Schmiecha wie auch Bära gehören zu den im frühen Mittelalter,<br />

seit dem 6. Jahrhundert, am frühesten besiedelten Gebieten des<br />

Zollernalbkreises. Mehrere größere Bestattungsplätze, die auf entsprechende<br />

Siedlungen hinweisen, wurden bei Burladingen, Albstadt-Ebingen<br />

und -Truchtelfingen gefunden, einzelne Gräber datieren<br />

hier bereits in die Zeit um 500 n. Chr. Weitere Grabstätten bei<br />

Albstadt-Lautlingen, -Pfeffingen und -Tailfingen aber auch bei<br />

Straßberg und Nusplingen (im Bäratal) unterstreichen die frühe<br />

Erschließung der naturräumlich und insbesondere auch verkehrsgeographisch<br />

günstigen Talräume.<br />

Erst im frühen 6. Jahrhundert beginnt die flächige Besiedlung des<br />

Albvorlandes. Die naturräumlich günstigeren Bereiche sind schon<br />

in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts auf Dauer erschlossen,<br />

nachgewiesen durch ausgedehnte Reihengräberfelder etwa im Um-<br />

57<br />

kreis der Stadt Balingen sowie bei Bisingen, Geislingen und Haigerloch-Owingen.<br />

Es bestätigt sich, dass die Siedlungen, die einen<br />

Ortsnamen mit der Endung -ingen besitzen, in der Regel die ältesten<br />

sind. Mit ethchen Ausnahmen - siehe oben - hegen sie an<br />

verkehrsgünstigen und naturräumlich bevorzugten Plätze.<br />

Ältere Ausbausiedlungen des 7. Jahrhunderts sind dann oft unter<br />

den -heim, -dorf, -hausen und -stetten-Orten zu finden. Zum ersten<br />

Mal wird durch die Dissertation jetzt deuthch erkennbar, dass<br />

die alamannische Besiedlung der Albhochfläche erst im 7. Jahrhundert<br />

erfolgte, wobei angesichts der bislang gefundenen, lediglich<br />

kleineren Gräberfelder bei Bitz, Winterhngen, Benzingen,<br />

Meßstetten und Hossingen von einer anfangs eher lockeren Erschließung<br />

des Raums in Form kleinerer Hofgruppen auszugehen<br />

ist.<br />

Es bleibt die Hoffnung, dass diese informative und wichtige Arbeit<br />

in absehbarer Zeit gedruckt wird. Wenn es dazu hin noch gelänge,<br />

interessante und teils umfangreiche Neufunde der letzten Jahre insbesondere<br />

aus dem Ebinger Raum und auf dem Kleinen Heuberg<br />

zumindest informell mit einarbeiten zu können, wäre dies sicher<br />

ein besonders gelungener Abschluss jahrzehntelanger Bemühungen<br />

der staatlichen Denkmalpflege, beteiligter Wissenschaftler und<br />

engagierter Laien um dieses Thema.<br />

Eingeflossen sind die Ergebnisse im Übrigen bereits zum Teil in<br />

den im Jahre 2003 erschienenen Führer zu den archäologischen<br />

Denkmälern im Zollernalbkreis (Zollernalb-Profile Reihe B, Bd. 2,<br />

herausgegeben vom Zollernalbkreis).<br />

Nähere Informationen unter folgender E-Mail-Adresse:<br />

kreisarchiv@zollernalbkreis.de<br />

Bibliographie: Georg Schmitt, Die Alamannen im Zollernalbkreis,<br />

Pirna 2005, 217 und 113 S. (Dissertation, maschinenschriftlich<br />

und auf CD-ROM)<br />

Anmerkungen<br />

[ 1J Die Schreibweise „Alamannen" folgt in diesem Beitrag der in<br />

der vorgestellten Dissertation gebrauchten Schreibweise, die<br />

von Archäologen verwendet wird und die bedeutungsgleich ist<br />

mit der Schreibweise „Alemannen", die bei Historikern üb-<br />

lich ist.<br />

[2] Karl Thedor Zingeler, Die vor- und frühgeschichtliche For-<br />

schung in Hohenzollern, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte<br />

und Altertumskunde in Hohenzollern 27 (1893/94,<br />

S. 1 - 115. Separat: Sigmaringen 1894. - Ders. und Wilhelm<br />

Friedrich Laur, Die Bau- und Kunstdenkmäler in den Hohenzollern'schen<br />

Landen, Stuttgart 1896. Vgl. auch: Eduard Peters<br />

und Oscar Paret, Die vor- und frühgeschichtlichen Kunstund<br />

Kulturdenkmäler in Hohenzollern, in: Walther Genzmer,<br />

Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns, Zweiter Band: Kreis Sigmaringen,<br />

Stuttgart 1948, S. 475 - 495.


EDMUND BAUER<br />

Biographische Daten der Seelsorger von<br />

Hausen im Killertal<br />

(Fortsetzung von Heft 1/2006)<br />

Die Abkürzungen bedeuten: * =geboren, o. = ordiniert bzw. geweiht,<br />

+ = gestorben. In Klammern stehen die Quellennachweise<br />

in abgekürzter Form, deren Bedeutung in Heft 1/2006 auf S. 10 f.<br />

erläutert wurde.<br />

Görgen, Friedrich [Liste Vikare Nr. 17]<br />

*18.9.1839 Ehrenbreitstein, + 16.7.1914 Ensen am Rhein<br />

Stetten bei Haigerloch September 1867 - 29.4.1868, Hausen i.K.<br />

30.4.1868 - 16.6.1869, Inneringen (Kaplaneiverweser) 17.6. -<br />

29-9.1869, Wiblingen 30.9.1869 - 13-12.1871, Rothenfels<br />

14.12.1871 - 10.1.1872, Muggensturm 11.1.- 6.10.1872, Sandhausen<br />

ab 7.10.1872, Klostergeisthcher in Offenburg 1873, Richen<br />

1875, Flehingen und Erbach (Benefiziumsverweser) 1879, Dallau<br />

ab 12.10.1881 und zusätzhch Bickesheim (Benefiziumsverweser)<br />

ab 1310.1881 und zusätzhch Steinbach bei Bühl (Benefiziumsverweser)<br />

ab 24.1.1885 - 8.9-1886, Steinbach bei Mudau (Dekanat<br />

Walldürn) ab 9-9-1886, St. Roman 17.9-1887 - 8.10.1890,<br />

Moosbrunn 9-10.1890 - 2.11.1899, Völkersbach unter Mitverwaltung<br />

der Pfarrei Moosbronn 3.11. - Dezember 1899, Thiergarten,<br />

Dekanat Ottersweier ab Dezember 1899, resigniert 1901, Ruhestand<br />

in Ehrenbreitstein und Unkel am Rhein.<br />

(2/8576,18/278, FDA 16/45, ABEF)<br />

Haid, Johann Anton [Liste Vikare Nr. 6 und Liste Pfarrer Nr. 39]<br />

*21.1.1764 Hechingen, o. 16.2.1788, + 13.4.1822<br />

Vikar in Rangendingen, Hausen i.K. (Vikar) 1792 - 1794, Inhaber<br />

eines Benefiziums in Zimmern 1795, Hausen i.K. (Pfarrer)<br />

28.1.1802 - 25-11-1821, Owingen 26.11.1821-22.<br />

(1, 8, HH 77/58, HH 97/1 lf., PA 220)<br />

Haitz, L. [Liste Vikare Nr. 8]<br />

Hausen i.K. bis 1848 (1)<br />

Han, Wolfgang [Liste Pfarrer Nr. 3]<br />

von Rottenburg Hausen i.K. 1510 - 1527, Kaplan Heiligkreuz bei<br />

Hechingen 24.11.1526, nahm 1527 Absenz für ein Jahr.<br />

(1, HH 83/46)<br />

Heckle, Gustav [Liste Pfarrer Nr. 53]<br />

*12.3.1914 Staufen, o. 17.12.1939, +15.3.2004 Hegne<br />

Zunächst Vikar in Neuthard, danach 1940 Vikar in Lauf, Vikar in<br />

Seelbach 8.5.1946 -<br />

19.8.1946, Vikar in<br />

Mannheim - Rheinau<br />

20.8.1946 - 13.9-1949,<br />

Vikar in Pforzheim St.<br />

Franziskus 14.9-1949 -<br />

20.11.1951, Hausen i.K.<br />

21.11.1951 - 3-9-1958,<br />

Pfarrkurat und Spiritual<br />

in Hegne 4-9-1958 -<br />

31-8.1980, Ruhestand ab<br />

1.9.1980. (PA, 1, PS<br />

2002, ABEF)<br />

58<br />

Henle, Anton [Liste Vikare Nr. 23]<br />

*29.10.1876 Bittelbronn, 0. 4.7.1901, + 11.3.1947 Horb<br />

Stein ab August 1901, Mindersdorf bis 3.8.1903, Hausen i.K. 4.8.-<br />

24.11.1903, Sigmaringen 25.11.1903 - 25.7.1904, Sigmaringendorf<br />

26.7.1904- 14.11.1905, Salmendingen 15.11.1905- 1927,<br />

Benzingen 1927 - 1941, Ruhestand Gruol.<br />

(2/8709,16/188, FDA 51/207, ABEF, PA 135)<br />

Hiller, Karl [Liste Vikare Nr. 26]<br />

*25-2.1881 Inzigkofen, 0. 4.7.1906, +5.7.1964 Horb<br />

Straßberg August 1906 - 31.7.1907, Hausen i.K. 1.8.1907 -<br />

5.9.1907, Eggersdorf 6.9.1907 - 8.11.1907, Dettingen 9-11.1907<br />

- 10.5.1908, Burladingen 11.5. - Oktober 1908, Dettingen Oktober<br />

1908 - 3.6.1909, Pfarrer Veringendorf 4.6.1909 - 2.7.1913,<br />

Langenenslingen (Kaplanei) 3-7.1913 - 5.6.1915, Dettensee<br />

6.6.1915 - 27.8.1927, Betra 28.8.1927-30.6.1958, Ruhestand in<br />

Ahldorf bei Horb. (2/8739, 6/Betra 17, 6/Dettensee 642, FDA<br />

69)/550f.,ABEF,PA135)<br />

Hone, Markus [Liste Pfarrer Nr. 57]<br />

*5-5-1955<br />

Bonn, 0.15.5.1983<br />

Haigerloch Hl. Dreifaltigkeit<br />

bis 31-8.1986, Hausen i.K.<br />

1.9.1986 - 24.8.1997, Karlsruhe<br />

- Beiertheim, St.<br />

Michael und Karlsruhe - Bulach,<br />

St. Cyriakus 25.8.1997<br />

- heute.<br />

(ABEF, PA PS 2002)<br />

Hospach, Karl [Liste Pfarrer Nr. 56]<br />

* 24.2.1940 Inneringen, 0. 5.6.1966<br />

Immendingen 1966 - 18.1.1967, Überlingen a. S. 19-1-1967 -<br />

11.2.1970, Neustadt/Schwarzwald 12.2.1970 - 15.4.1970, Lörrach<br />

- Stetten 16.4.1970 -<br />

8.12.1970, Markdorf<br />

9.12.1970 - 7.5.1973,<br />

Bruchhausen, Dekanat Ettlingen<br />

8.5.1973<br />

19.6.1983, Hausen i.K.<br />

20.6.1983 - 20.6.1986,<br />

Gottmadingen 24.6.1986 -<br />

5-2.1994, Gundelfingen ab<br />

6.2.1994, zusätzhch Freiburg<br />

- Zähringen St. Blasius<br />

ab 1.5.1999.<br />

(ABEF, PA, PS 2002)<br />

Hospach, Stephan [Liste Vikare Nr. 31]<br />

*22.12.1887 Benzingen, 0. 2.7.1912, + 6.1.1964 Sigmaringen<br />

Wald August 1912 - 28.9.1914, Hausen i.K. 29-9 1914 -<br />

22.10.1915, Frohnstetten 23-10.1915 -11.4.1916, Burladingen ab<br />

12.4.1916, Magenbuch bis 3-12.1919, Gammertingen (Kaplaneiverweser)<br />

4.12.1919- 22.8.1925, Pfarrer in Bärenthal 23.8.1925<br />

- 14.3.1931, Vilsingen 15.3.1931-25-12.1946, Storzingen<br />

26.12.1946-30.4.1958, Ruhestand in Zell am Andelsbach.<br />

(2/8022,14/76-81 u. 85, FDA 69/551f., ABEF, PA 135, Sterbebild)


Kaufmann, Melchior [Liste Pfarrer Nr. 16]<br />

Aus Vertagen, 0.19-9.1615, + 1634<br />

Hausen i.K. ab 28.1.1621 - 1626, Gammertingen 1630-1634.<br />

(1, 4/Hettingen nicht aufgeführt, 4/Gammertingen 26,17/147, PA<br />

220)<br />

Kayser, Matthias [Liste Pfarrer Nr. 25]<br />

+ 16.1.1663<br />

Hausen i.K. 23.2.1660- 16.1.1663<br />

(1, PA 220)<br />

Kern, Johannes [Liste Pfarrer Nr. 2]<br />

Hausen i.K. 2.10.1492 -1510, ging 1510 nach Killer.<br />

(1, FDA 56/352, FDA 41/357 A)<br />

Klotz, Antonius [Liste Pfarrer Nr. 36]<br />

*1710 Weilheim, + Januar 1761<br />

Hausen i.K. 1.12.1742 -Januar 1761<br />

(1,17/150, PA 220)<br />

Kreidler, Karl [Liste Pfarrer Nr. 51]<br />

*2.6.1889 Dießen, o. 2.7.1913, + 18.5.1962 Schwenningen am<br />

Neckar. Studierte in Freiburg im Breisgau, Vikar Rangendingen Juli<br />

1913 - 12.7.1914, Sigmaringendorf 13.7. - 17.12.1914, Hechingen<br />

18.12.1914 - 1.7.1918, Kirrlach 2.7.1918 - 29.1.1919, Neudingen<br />

30.1.1919 - 4.7.1921, Seelbach bei Lahr 5.7.1921 -<br />

1.3.1922, Säckingen 2.3.1922 - 18.11.1924, Pfarrer Bad Imnau<br />

19.11.1924 - 17.8.1925, Gammertingen (Kaplanei) 18.8.1925-<br />

15.11.1926, Hausen i.K. 16.11.1926 - 14.5.1940, Walbertsweiler<br />

15.5.1940- 1962.<br />

(PA, 1, 2/8974, HH 83/29, FDA 69/481f., ABEF)<br />

Kromer, Franz Xaver [Liste Vikare Nr. 9]<br />

*28.8.1828 Harthausen/Scher, 0. 1856, +19-2.1898 Harthausen<br />

/Scher<br />

Hausen i.K. 1856, Sigmaringen bis 12.8.1858, Thanheim<br />

13.8.1858-23.2.1859, Steinhüben 24.2.1859- 15.11.1865, Ablach<br />

16.11.1865 - 1897, danach privat.<br />

(1, 2/8976, HH 78/47 (dort * 22.8. und + 10.2.), FDA 1900/292,<br />

ABEF)<br />

Krupp, Paul [Liste Vikare Nr. 12]<br />

*27.6.1836 Wilflingen, 0. 6.8.1861, +9-6.1862<br />

Hausen i.K. ab August 1861 bis 9.6.1862.<br />

(1, 2/8977,18/199, FDA 1885/56, ABEF)<br />

Kumer, Jakob [Liste Pfarrer Nr. 18]<br />

Aus Hechingen, 0. 21,12,1630<br />

Hausen i.K. 1633.<br />

(1,17/148, PA 220)<br />

Lauer, Josef [Liste Pfarrer Nr. 43]<br />

*5-2.1801 Rulfingen, + 13-9-1882 Oberndorf<br />

Bärenthal 31-1.1826 -30.1.1829, Billingen (Kaplaneiverweser)<br />

ohne genaue Datierung, Dießen 1837, Dettingen /Hohenzollern<br />

1845, Fischingen 1845 - 1849, Höfendorf 1850, Tischtitulant in<br />

Haigerloch, Ablach ab 31.1.1860, Hausen i.K. 4.10.1862 - Juli<br />

1863, Wilflingen bis 29-9-1869, Inneringen (Kaplanei) 30.9.1860<br />

- 1871, Tischtitalant in Rottweil.<br />

(1, 2/9008, 6/Dettingen 652, 6/Diessen 679, 6/Fischingen 699,<br />

6/Höfendorf 771,14/1 lf. u. 84,18/278, HH 78,61, FDA 1889/19,<br />

ABEF)<br />

59<br />

Leimbach, Johann Wilhelm [Liste Pfarrer Nr. 19]<br />

+1638<br />

Hausen i.K. 1635 - 1638.<br />

(1, PA 220)<br />

Lenz, Johann Georg [Liste Pfarrer Nr. 29]<br />

*1643 Horb<br />

Hausen i.K. 8.10.1690 -1698, Haigerloch Vikar 1703 f.<br />

(1,6/Haigerloch 567, FDA 53/178, PA 220)<br />

Lerch, Jakob [Liste Pfarrer Nr. 9]<br />

Hausen i.K. 18.10.1571 - 1572 (1)<br />

Maier (Mayer), Rudolf [Liste Vikare Nr. 10]<br />

*17.4.1833 Hechingen, +18.5.1905 Hechingen<br />

Hausen i.K. bis 23-2.1859, Hausen im Donautal (Dekanat<br />

Meßkirch) 24.2.-15.10.1859, Salmendingen ab 16.10.1859, Kettenacker<br />

1860-1861, Kaplan Inneringen 1861 und 1867 - 1868,<br />

Stein bei Hechingen 1862 - 1864, Langenenshngen 1864 - 1865,<br />

Benzingen 1865 - 1867, Einhart 1868 - 1870, Tischtitulant in<br />

Rom 1870 -1904.<br />

(2/9165 (dort geschrieben Mayer), 4/Kettenacker 45, HH<br />

77/43ff., HH 78/60f., FDA 06/69, ABEF)<br />

Mall, Albert [Liste Vikare N. 34]<br />

aus Steina. K., 0.18.5.1958<br />

Forst bis 22.1.1959, Vilhngen St. Fidelis 22.1. - 8.4.1959, Otigheim<br />

8.4.1959 - 31.8.1960, Hausen i.K. 1.9.1960 - 18.4.1961,<br />

Grünsfeld 19.4.1961 - 21.1.1964, Lohrbach 22.1.1964 -<br />

14.11.1964, Zimmern b. L. 15.11.1964 - 30.6.1990, Ruhestand<br />

ab 1.7.1990. (ABEF, PA 135, Vermerk der Pfarrchronik für 1961)<br />

Mayer (Maier), Friedrich 0oseph) [Liste Vikare Nr. 16]<br />

*7.5.184l Hechingen, 0.1867, + 7.1.1890 Rangendingen<br />

Ostrach September -17.10.1867, Hausen (Dekanat Sigmartagen)<br />

ab 17.10.1867, Hausen i.K. bis 29.4.1868, Stetten bei Haigerloch<br />

ab 30.4.1868, Bingen bis 14.12.1870, Steinhofen 15.12.1870 -<br />

1873, Boll 1873 - 1887, Rangendingen 1887 - 1890, Kammerer<br />

des Landkapitels Hechingen. (1, 2/9151-9152, 5, 10/103, HH<br />

76/19f-, HH 83/29, FDA 1900/236, ABEF)<br />

Mayer, Simon [Liste Pfarrer Nr. 15]<br />

von Veringenstadt, + Dez. 1633<br />

Inneringen 14.5.1599, Kettenacker 1608, Hausen i.K. 1609 -<br />

1620, Meldungen 1624 - 1627, Geislingen bis Dez. 1633-<br />

(1, 13/92, 16/50, HH 78/60, HH 94/61, FDA 53/151u. 153, PA<br />

220)<br />

Merk, Josef [liste Vikare Nr. 30]<br />

*24.6.1890 Seewangen, 0. 2.7.1913, +24.1.1933 Überlingen<br />

Studium in Freiburg im Breisgau und Innsbruck, Hausen i.K. 8.8.<br />

- 28.10.1913, Hechingen 29.10.1913 - 17.12.1914, Karlsruhe<br />

(Liebfrauenpfarrei) ab 18.12.1914, erkrankte schwer 1915,<br />

Vöhrenbach ab 20.11.1916 - April 1917, St. Blasien (Kankenhausgeisthcher)<br />

1917, Hödingen ab 10.10.1918 infolge Erkrankung<br />

nicht angetreten), Hausgeistlicher in Überlingen 1918 -<br />

1933. (2/9200, FDA 36/36, ABEF, Konradsblatt Jan. 1983 „Der<br />

Ruhrkinderkaplan", PA 135)<br />

Mesner (Mössner), Johann [Liste Pfarrer Nr. 20]<br />

Hausen i.K. 1638-April 1646<br />

(1, 3/20, HH 74/55 (dort Johann Mösner), PA 220)<br />

2


Mößmer, Eugen Johann [Liste Vikare Nr. 22]<br />

*25-9-1877 Colmar, +27.10.1938 Hechingen<br />

Hausen i.K. 1.8.1901 - 20.3.1902, Veringendorf 21.3.1902 -<br />

5.10.1904, Zimmern bei Hechingen 6.10.1904 - 14.9.1920, Mindersdorf<br />

ab 15.9.1920 -30.4.1932, ab 1.5.1932 Ruhestand.<br />

(2/9255, FDA 41/26, ABEF, PA 135)<br />

Moser, Friedrich Andreas [Liste Pfarrer Nr. 30]<br />

Hausen i.K. 16.4.1698 - November 1700<br />

(1, PA 220)<br />

Motter (Molitor), Johannes [Liste Pfarrer Nr. 21]<br />

Hausen i.K. 1647 und 1649 + 1651<br />

Gruol 1642 - 1646, Hausen i.K. 1647 und 1649, Weilheim 1647 -<br />

1648, Heiligenzimmern 1651.<br />

(FDA 53/170,6/Gruol 736 (dort Molitor, Johann Martin), 7/Heiligenzimmern<br />

765 (dort ebenso), HH 83/46 (dort Hans Martin Molitor),<br />

PA 220)<br />

Müller, Florian, Dr. [Liste Pfarrer Nr. 54]<br />

*3.11.1910 Ferdinand in Rumänien, 0. 24.6.1934, +7.3.2000<br />

Donzdorf<br />

Vikar in Bukarest (St. Josef) und Studienpräfekt Priesterseminar<br />

1934-1937, Studium Münster / Westfalen 1937-1939, Promotion<br />

November 1939, Pädagogikstudium Wien 1939 -1940, Dozent für<br />

Liturgik an der Kath. Akademie Bukarest 1940 - 1942, Pfarrverweser<br />

Bukarest (St. Theresia) 1942-1945, Religionsprofessor am<br />

Lyzeum der Englischen Fräulein und Rektor der deutschen Kirche<br />

St. Maria Bukarest 1945-1948, Ausweisung aus Rumänien<br />

7.1.1949, Flüchthngsseelsorger Salzburg 1949-1953, Flüchtlingsseelsorger<br />

der Rumänen in Deutschland 1953-1955, Auslandsseelsorger<br />

in Athen und Brüssel 1955-1958, Vikar Villingen (St. Fidelis)<br />

1.8.-2.9.1958, Hausen i.K. 3.9-1958- 18.4.1961, Durbach<br />

19.4.1961-30.9.1975, Ruhestand. (PA, 1, FDA 2002/251f., ABEF)<br />

Nessler (Nessel), Johann Christoph [Liste Pfarrer Nr. 26]<br />

aus Bludenz, Diözese Chur, * um 1615, + 30.3-1675<br />

studierte in Innsbruck, Dettingen /Hohenzollern 1654, Hausen i.K.<br />

17.2.1663- 1673.<br />

(1,6/Dettingen 652, FDA 53/176f., PA 220)<br />

Orth, Carle [Liste Pfarrer Nr. 10]<br />

von Sigmaringen<br />

Hausen i.K. 1572 - 1592, ging nach Hechingen ans Kollegiatstift,<br />

dort 1616 genannt. (1,11, HH 94/45f., FDA 53/l47f.)<br />

Buchbesprechungen<br />

Fritz Siefert - Flakhelfer Jakob<br />

Der Böblinger Sachbuchautor und einstige Verlagslektor Dr. Fritz<br />

Siefert verbrachte Kindheit und Jugendzeit in Tiengen am Hochrhein,<br />

bei den Großeltern in Dinghngen, im nahen Lahr und<br />

schließlich in Karlsruhe. Mehr und mehr wird er mit der Realität<br />

der Erwachsenenwelt konfrontiert, mit Zeiten des Umbruchs und<br />

der Verführung. Er schildert die Auswirkungen des Nationalsozialismus<br />

und des naherückenden Kriegs auf seine Familie und wird<br />

bald selbst mit in die „Maschinerie" hineingezogen. Mit 15 Jahren<br />

Flakhelfer wird er erschüttert durch die Zerstörung von Karlsruhe,<br />

nach Konstanz befohlen und Schweinfurt und schließlich zum<br />

60<br />

Pfefferlin, Ludovicus [Liste Pfarrer Nr. 5]<br />

von Gammertingen<br />

Feldhausen 1522 und Ende 1547, Hausen i.K. 1533 - 1535 .<br />

(1, 4/Feldhausen 8 und Kettenacker 11)<br />

Pfister, Johann Hippolyt [Liste Pfarrer Nr. 28]<br />

aus Rottweil, Magister, *l639<br />

Hausen i.K. 8.6.1682-1690<br />

(1, FDA 53/178, PA 220)<br />

Pfister, Joseph [Liste Vikare Nr. 21 und Liste Pfarrer Nr. 47]<br />

*29.3.1843 Gruol, 0. 18.7.1871, + 15.7.1929 Gruol<br />

Studium in Maria Einsiedeln, Würzburg, München Freiburg, zuvor<br />

Höfendorf 1872, Höfendorf bis 4.9.1872, Hausen i.K. (Vikar)<br />

5.9.1872 - 25.2.1873, Trillfingen ab 26.2.1873, Empfingen, Wiblingen<br />

24.10.1873 - 15.5.1875, Stetten bei Engen, dann in der<br />

Diözese St. Gallen, anschließend Schloß Weißenstein (Württemberg)<br />

bis 1880, Gutenstein 1880 - 1881, Winterspüren 1881 bis<br />

16.9.1882, Raithaslach ab 17.9-1882 - 1884, Neufra 1884- 1886,<br />

Salmendingen 1886 - 1888, Stein bei Hechingen bis 12.9.1888,<br />

Hausen i.K. (Pfarrer) 13.9 1888-16.3.1891, Fischingen ab 17.3.<br />

- 3.8.1891, Rangendingen 4.8.1891 - 1902, Detthngen 1902 -<br />

1910, Ruhestand.<br />

(PA, 1, 2/9362, 4/Neufra 47, 5, 6/Dettlingen 659, 6/Fischingen<br />

699, 6/Höfendorf 771, 7/565f., l6/175f., 187199ff-, 18/278, HH<br />

83/29 (dort * 21.3-), FDA 31/20, ABEF)<br />

Roßknecht, Michael [Liste Vikare Nr. 36]<br />

*7.10.1955 Sigmaringen, 0.11.5.1986<br />

Hausen i.K. 21.6. - 31.8.1986, Heitersheim St. Bartholomäus<br />

1.9.1986 - 14.8.1988, Mihtärpfarrer in Walldürn ab 15.8.1988,<br />

Hohenfels-Liggersdorf seit 23.1.1994 - 5.12.2000, Seelsorgeeinheit<br />

Hohenfels 6.12.2000 - 24.10.2001, Seelsorgeeinheit Vertagen<br />

ab 25.10.2001. (ABEF, PA, PS 2002)<br />

Rudolph, Johann Baptist [Liste Vikare Nr. 3]<br />

* 16.6.1752 Feldhausen, + 21.8.1797<br />

Hausen i.K. 1780 - 1781, Kettenacker 1792 - 21.8.1797<br />

(4/Kettenacker 37, HH 77/44, PA 220)<br />

Saile, Friedrich [Liste Pfarrer Nr. 42]<br />

*22.10.1820 Beuren, 0.19.8.1847, +6.6.1900<br />

Burladingen 1847, Rangendingen 1852 - 1856, Ablach 1856 bis<br />

30.1.1860, Tafertsweiler ab 31.1.1860, Hausen i.K. bis 3-10.1862,<br />

Straßberg (Kaplanei) August 1860 - 6.6.1900.<br />

(1, 2/9625, 5, HH 83/29, FDA 1906/11, ABEF)<br />

(Fortsetzung folgt)<br />

Reichsarbeitsdienst in Brün. Das Kriegsende erlebt er als Panzergrenadier<br />

in Oberschwaben. Er wird verwundet, landet im Lazarett<br />

in Sigmaringen, gerät in französische Kriegsgefangenschaft und<br />

muss Arbeitsdienst im Elsass leisten, bevor er 1947 nach Hause<br />

entlassen wird. Dr. Siefert beschreibt diesen Lebenslehrweg seiner<br />

Jugend zwischen Träumen, Hoffnungen, Enttäuschungen, Gängelei,<br />

Verrat und Mißbrauch in 60 kurzen Kapiteln, prägnant und<br />

einfühlsam. Der Krieg hat ihm viel genommen. Der Autor schrieb<br />

dieses lesenswerte Buch, damit auch die Nachkommenden Lehren<br />

daraus ziehen können: Nie wieder.<br />

Flakhelfer Jakob - Eine Jugend in Baden. Von Dr. Fritz Siefert. 144<br />

Seiten, elf Schwarz-Weiß-Abbildungen. Buchverlag G. Braun, Karlsruhe.<br />

12,90 Euro. ISBN 3-7650-8341-0. (ba)


Auf den Spuren von Dichtern durch Baden-Württemberg<br />

Das Land Baden-Württemberg hat viele bedeutende Persönlichkeiten<br />

hervorgebracht, darunter namhafte Dichter und Poeten. Die<br />

Kulturjournalistin Irene Ferchl und der Landesgeschichtler Wilfried<br />

Setzier haben nun unter dem Titel „Landpartien in die Romantik"<br />

ein 240-seitiges, im Silberburg-Verlag, Tübingen, erschienenes<br />

Buch herausgegeben, in dem sie an 18 verschiedene Orte<br />

führen, in denen Dichterinnen und Dichter der Romantik gewirkt<br />

und Spuren hinterlassen haben: Eduard Mörike, Justinus Kerner,<br />

Victor Scheffel, Gustav Schwab und Annette von Droste-Hülshoff<br />

beispielsweise. Die Autoren führen zum Heidelberger Schloss und<br />

Lichtenstein, zur Wurmlinger Kapelle und nach Meersburg, zur<br />

„Weibertreu" und an viele weitere Stätten, animieren die Leser<br />

dazu, auf Entdeckungsreise zu gehen. Ferchl und Setzier tun dies<br />

nicht nur mit der Schilderung von Örtlichkeiten, sondern sie lassen<br />

in ihre kurzweiligen Beiträge immer wieder poetische Texte<br />

von Romantikern einfließen. Ergänzt wird der Band (19-90 Euro,<br />

ISBN 3-87407-690-3) durch 147 meist farbige historische Abbildungen<br />

und Karten. (ba)<br />

Günter Künkele: Naturerbe Truppenübungsplatz<br />

Unter Naturfreunden und -Schützern ist Günter Künkele auch in<br />

Hohenzollern bekannt und geachtet, hat er doch durch seinen unermüdlichen<br />

Einsatz Beachtliches für den Erhalt und die Pflege<br />

unserer schwäbischen <strong>Heimat</strong> geleistet. Als begabter Foto-<br />

Otto H. Becker<br />

Wohl dem, der seiner Väter gern<br />

gedenkt...<br />

Zum Abschied von Herrn Dr. med.<br />

Herbert Burkarth<br />

Mit Herrn Dr. Burkarth, der am 24. Oktober 2006 nach kurzer,<br />

schwerer Krankheit in seinem 83- Lebensjahr verstorben ist, hat<br />

der <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Geschichtsverein</strong> eine Persönlichkeit verloren,<br />

die sich wie kaum eine andere um die Erforschung der Geschichte<br />

der Stadt Gammertingen, ihres Umlandes und seiner Bewohner<br />

sowie um die Verbreitung historischen Wissens in Hohenzollern<br />

verdient gemacht hat. Diese Leistung ist umso bemerkenswerter,<br />

als der Verstorbene seine vielfältigen kulturellen Aktivitäten<br />

neben seiner verantwortungsvollen und aufreibenden beruflichen<br />

Tätigkeit als Arzt für Allgemeinmedizin entfaltet hat.<br />

Der Schlüssel zu den historischen Ambitionen von Herrn Dr. Burkarth<br />

findet sich in einem Aufsatz seines Vaters Dr. Erwin Burkarth<br />

„Was Großvaters Wanderbuch erzählt" aus dem Jahre 1955. Darin<br />

schließt der Autor seinen Beitrag über die Wanderschaft seines<br />

Vorfahren, des Zimmermannsgesellen Balthasar Burkarth, in den<br />

Jahren 1845 bis 1850 mit dem aufschlussreichen Zitat aus Goethes<br />

„Iphigenie" (1.3):<br />

Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt,<br />

Der froh von ihren Taten, ihrer Größe<br />

Den Hörer unterhält und still sich freuend<br />

Ans Ende dieser schönen Reihe sich<br />

geschlossen sieht!...<br />

61<br />

graf und begeisterungsfähiger Naturkundler versteht er es auch in<br />

seinem Buch „Naturerbe Truppenübungsplatz - Das Münsinger<br />

Hardt: Bilder einer einzigartigen Landschaft" wertvolle Einblicke in<br />

ein Naturreservat zu geben, das der Öffentlichkeit in den vergangenen<br />

Jahrzehnten verschlossen war. Künkele gehört zu den Glücklichen,<br />

die über lange Zeit hinweg den Ende 2004 aufgelösten Truppenübungsplatz,<br />

ein 67 Quadratkilometer großes Areal, betreten<br />

durfte. Was er dort viele Jahre beobachtet, fotografiert und dokumentiert<br />

hat, ist groß- und einzigartig zugleich. Offenbart wird in<br />

dem Buch ein wahres Juwel, ein faszinierender Reichtum an seltenen<br />

Tieren und Pflanzen. Der geschützte Wegerichbär (ein Nachtfalter),<br />

der schwarzfleckige Ameisenbläuling und die Heidelerche<br />

gehören dazu, die weiße Sommerwurz, die Prachtnelke und die<br />

Teufelskralle beispielsweise. Die prächtigen Bilder (Das Buch enthält<br />

143 Farbaufnahmen) lassen das Herz eines Naturliebhabers<br />

höher schlagen, die verständlich geschriebenen Texte zu den geologischen,<br />

botanischen und historischen Besonderheiten der beschriebenen<br />

Alblandschaft sind fundiert und aufschlussreich. Der<br />

I36seitige Band (Silberburg-Verlag, Tübingen, 19,90 Euro, ISBN-<br />

13:978-87407-713-2) ist gleichzeitig ein wertvoller Beitrag zur<br />

Unterstützung der Bemühungen von Politikern und Naturfreunden,<br />

das ehemalige Truppenübungsplatz-Gelände zum Kern eines Biosphärengebiets<br />

„Schwäbische Alb" zu machen, das vom Albtrauf<br />

über die Albhochfläche bis zur Donau reichen soll. (ba)<br />

Das historische Interesse der Familie Burkarth, die seit dem 16.<br />

Jahrhundert in Gammertingen ansässig ist, hat demnach Tradition.<br />

Bereits der Großvater des Verstorbenenen, Medizinalrat Dr. Joseph<br />

Burkarth, trat 1888 dem damals noch jungen Verein für Geschichte<br />

und Altertumskunde in Hohenzollern, dem heutigen <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

<strong>Geschichtsverein</strong>, als Mitglied bei. Auch dessen Sohn, Dr. Erwin<br />

Burkarth, wurde seit 1950 in den Mitgliederlisten des damals<br />

wiedergegriindeten <strong>Geschichtsverein</strong>s geführt.<br />

In der geistigen Atmosphäre, die in der Arztfamilie Dr. Burkarth in<br />

Gammertingen herrschte, konnte es nicht ausbleiben, dass sich<br />

auch der heranwachsende Sohn Herbert mit der Geschichte seiner<br />

<strong>Heimat</strong> zu beschäftigen begann. Gefördert wurden diese Interessen<br />

an vergangene Zeiten und Zustände nicht zuletzt auch durch Oberlehrer<br />

Josef Wiest an der dortigen Volksschule, der sich als erster<br />

intensiv mit der Geschichte der Stadt Gammertingen, auch in ihren<br />

Wechselwirkungen mit den Geschicken der Speth'schen Herrschaften<br />

Hettingen und Gammertingen, auseinandergesetzt und bereits<br />

1928 seine Forschungsergebnisse darüber in einer Monografie<br />

niedergelegt hatte.<br />

Die humanistische Schulbildung, die Dr. Burkarth am Gymnasium<br />

Sigmaringen, dann im Internat in St. Blasien und nach dessen<br />

Schließung wiederum am Sigmaringer Gymnasium genoss, hat<br />

seine geschichtlichen Interessen weiter vertieft. Diese sind auch,<br />

nachdem der Abiturient Burkarth nach dem Vorbild seines Vaters<br />

und Großvaters das Studium der Medizin aufgenommen hatte, keineswegs<br />

in den Hintergrund getreten. Der Jungmediziner schloss<br />

seine Studien vielmehr mit einer Dissertation über ein Thema zur<br />

Medizingeschichte ab.<br />

Nach dem Universitätsstudium erweiterte der junge Dr. med. Her-


ert Burkarth seine medizinischen Kenntnisse u.a. am Fürst-Carl-<br />

Landeskrankenhaus in Sigmaringen und am Kreiskrankenhaus<br />

Ehingen. 1955 schließlich trat er in die Arztpraxis seines Vaters Dr.<br />

Erwin Burkarth in Gammertingen ein, die er dann nach dessen Tod<br />

bis 1992 weitergeführt hat.<br />

In seine <strong>Heimat</strong>stadt zurückgekehrt, trat Dr. Herbert Burkarth<br />

ebenfalls nach dem Vorbild seines Vaters und Großvaters 1957<br />

dem <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong> bei und wurde bald mit<br />

den dort anfallenden landes- und heimatkundlichen Frage- und<br />

Problemstellungen vertraut. Umgekehrt brachte Dr. Burkarth in<br />

die Arbeit des <strong>Geschichtsverein</strong>s, der damals vornehmlich von der<br />

hohenzollerischen Geistlichkeit, allen voran der Gammertinger<br />

Stadtpfarrer und Dekan Nikolaus Maier (1891 - 1977) und Pfarrer<br />

Johann Adam Kraus (1904 - 1992), der Lehrerschaft und von den<br />

wissenschaftlichen Archivaren an den Sigmaringer Archiven geprägt<br />

und bestimmt wurde, seine Kenntnisse als Medizinhistoriker<br />

und seine Vertrautheit mit der Landeskunde Hohenzollerns und<br />

seiner Bewohner ein.<br />

Vor allem aber wusste Dr. Burkarth infolge seines täglichen Umgangs<br />

mit Patienten aus allen Schichten in seiner Praxis und dann<br />

auch im Kreisaltersheim in Gammertingen und in den Mariaberger<br />

Heimen, was die Menschen bewegt und was sie erwarten. Dieses<br />

Wissen hat die Forschungen von Dr. Burkarth stark beeinflusst und<br />

auch seine Tätigkeit als Vermittler historischer Erkenntnisse geprägt.<br />

Seine einsetzende Pubhkationstätigkeit und seine Mitarbeit im Verein<br />

fand Anerkennung. 1969 wurde Dr. Burkarth in den Vorstand<br />

des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s gewählt, einem Gremium,<br />

dem er bis 2005 angehört hat. Welch hohes Ansehen Dr.<br />

Burkarth schon damals im Vorstand genoss und welches Vertrauen<br />

man ihm entgegenbrachte, zeigte sich vor allem darin, dass ihm<br />

das Leitungsorgan des Vereins 1970 die Schriftleitung der Zeitschrift<br />

„<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>" anvertraute, deren weiteres Erscheinen<br />

damals ernsthaft gefährdet war.<br />

Mit der Unterstützung des Sigmaringer Verlegers Georg Bensch ist<br />

es dem neuen Schriftleiter dann auch gelungen, die <strong>Hohenzollerische</strong><br />

<strong>Heimat</strong> aus der Krise zu führen und ihr regelmäßiges Erscheinen<br />

sicherzustellen. Bis 1979 stand Dr. Burkarth ein Redaktionsausschuss<br />

zur Seite, der aus dem Journalisten Walter Frick<br />

aus Sigmaringen und (bis 1978) dem Hechinger Konrektor Hubert<br />

Deck bestand. Von 1980 bis 2002 besorgte Dr. Burkarth die<br />

Schriftleitung der <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Heimat</strong> selbst und in eigener<br />

Verantwortung.<br />

In den folgenden Jahren hat Dr. Burkarth die <strong>Hohenzollerische</strong><br />

<strong>Heimat</strong> mit einer Aullage von 1100 Exemplaren zu einem beachteten<br />

landeskundlichen Periodikum im deutschen Südwesten gemacht,<br />

das sich vor allem durch die Vielfalt der behandelten Themen<br />

und die ausgewogene Mischung von wissenschaftlichen und<br />

auch populär gehaltenen Beiträgen auszeichnet, die auch für den<br />

interessierten Laien noch lesbar und verständlich sind. Großen<br />

Wert legte der Schriftleiter stets auch auf eine gute Illustration der<br />

Zeitschrift, wozu er nicht selten eigene Fotografien und Reproduktionen<br />

beisteuerte.<br />

Die Leistung, die Dr. Burkarth in den dreiunddreißig Jahren seiner<br />

Tätigkeit als Schriftleiter der <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Heimat</strong> erbracht<br />

hat, kann nicht zu hoch eingeschätzt werden, wenn man bedenkt,<br />

dass jeweils zu Quartalsende ein Heft vorzulegen war. Hierfür mussten<br />

Autoren gewonnen werden, was sich bei den begrenzten Res-<br />

62<br />

sourcen Hohenzollerns in der Vergangenheit nicht selten als recht<br />

schwierig erwiesen hat. Die eingegangenen Beiträge mussten dann<br />

durchgearbeitet und oft sachlich und auch stilistisch überarbeitet<br />

und in eine druckfähige Vorlage übergeführt werden.<br />

Neben der Kärrnerarbeit mit der Schriftleitung der Zeitschrift <strong>Hohenzollerische</strong><br />

<strong>Heimat</strong> hat sich das Ehrenmitglied des <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />

vor allem auch als Landes- und <strong>Heimat</strong>forscher einen Namen<br />

gemacht. Auf seinem Konto sind Publikationen verbucht, die<br />

zumeist in der <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Heimat</strong>, einzelne auch in der<br />

Schwäbischen Zeitung erschienen sind. Aufgrund des Werkverzeichnisses<br />

lassen sich, grob gesehen, zwei Forschungsschwerpunkte<br />

feststellen: Es sind dies einmal Themen zur allgemeinen<br />

Landeskunde Hohenzollerns und angrenzender Gebiete und zum<br />

andern Aspekte zur Geschichte und <strong>Heimat</strong>kunde der Stadt Gammertingen<br />

und der Raumschaft an der oberen Laudiert.<br />

Zum ersten Themenbereich gehören Arbeiten wie z.B.: „Hohenzollern<br />

und die angrenzenden Gebiete" (1983), „Der Meister von<br />

Meßkirch hieß Jerg Ziegler" (1989), „Vorstellung der Hohenzollernstraße"<br />

(1991), „Die Hohenzollern in Franken" (1992) und<br />

„Thalheim - ein Sigmaringer Dorf im Ausland" (1992). In dem<br />

Beitrag „Dr. Heyfelders Sanitätsberichte über das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen<br />

1833/34" aus dem Jahr 1974 wird das ureigene<br />

Interesse des Medizinhistorikers Dr. Burkarth offenbar.<br />

Die Vertrautheit von Dr. Burkarth mit der Geschichte und Landeskunde<br />

tritt vor allem auch in den vielen Besprechungen zutage, die<br />

er über einzelne neu erschienene Werke zur Landesgeschichte Hohenzollerns<br />

verfasst hat. Zu erwähnen ist hier vor allem seine Rezension<br />

über die Dissertation von Maren Kuhn-Rehfus über das<br />

Kloster Wald (1972).<br />

In diesem Zusammenhang sei auch auf die zahlreichen Nachrufe<br />

hingewiesen, die der Autor auf einzelne Persönhchkeiten Hohenzollerns<br />

geschrieben hat, wie z.B. auf Pfarrer Johann Adam Kraus,<br />

Erzbisch. Archivar i.R., den Nestor der hohenzollerischen Landesgeschichte,<br />

wie er einmal tituliert worden ist (1992), den Verleger<br />

Georg Bensch (1991) und Monsignore Dr. Walter Kaufhold, ehemals<br />

Direktor der Fürsthch Hohenzollernschen Hofbibbothek in<br />

Sigmaringen (1993).<br />

Für die Sonderbeilage „125 Jahre <strong>Hohenzollerische</strong>r <strong>Geschichtsverein</strong>"<br />

der Schwäbischen Zeitung vom 23. Mai 1992 schließlich<br />

verfasste der Autor Porträts von Dr. med. Ernst Senn (1884 -<br />

1962), der als Schriftleiter der <strong>Hohenzollerische</strong>n Jahreshefte, der<br />

heutigen Zeitschrift für <strong>Hohenzollerische</strong> Geschichte, und als Obmann<br />

des wissenschaftlichen Ausschusses des <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />

die Landeskunde Hohenzollerns in den 30-er Jahren nachhaltig geprägt<br />

hat, und von dem Gammertinger Stadtpfarrer und Dekan Nikolaus<br />

Maier (1891 -1977), der an der Wiedergründung des <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

<strong>Geschichtsverein</strong>s maßgeblich beteiligt und von<br />

1948 bis 1951 auch dessen Vorsitzender war. Für solche biografischen<br />

Arbeiten war und ist Dr. Burkarth als gebürtiger Hohenzoller<br />

und aufgrund seiner Beziehungen und seiner langjährigen<br />

Tätigkeit im <strong>Geschichtsverein</strong> geradezu prädestiniert.<br />

Das Hauptinteresse von Dr. Burkarth galt und gilt jedoch zweifelsfrei<br />

der Geschichte seiner engeren <strong>Heimat</strong>, dem Land an der oberen<br />

Laudiert, und seinen Menschen. Der Erforschung der Vergangenheit<br />

dieses Landstrichs hat er denn auch mit Abstand die meisten<br />

und auch die umfangreichsten Veröffentlichungen gewidmet.<br />

Die Vielfalt der dabei behandelten Themen ist bemerkenswert. Sie


eichen von der frühen Zeit der Landnahme und Sesshaftwerdung<br />

der Alamannen im frühen Mittelalter bis hin zur Gegenwart.<br />

Beiträge zu Themen der Wirtschafts- und Sozialgeschichte sind dabei<br />

ebenso vertreten wie solche zur Kirchen- und Kunstgeschichte,<br />

der Genealogie, der Geschichte der einzelnen Adelsgeschlechter,<br />

die in dem Raum ansässig waren, und ihrer Wohnsitze und nicht<br />

zuletzt auch solche zur Volkskunde.<br />

Burgen und einzelne Adelsgeschlechter sind beispielsweise Gegenstand<br />

der folgenden Aufsätze und Miszellen: „Wo stand Burg Reuthenhalden?"<br />

(1966), „Burg Baldenstein, Sitz der Grafen von Gammertingen"<br />

(1982), „Die Grafen von Hettingen" (1967), „Gräfin<br />

Adelheid von Gammertingen" (1967) und „Auf den Spuren der<br />

Grafen von Gammertingen" (1982).<br />

Kirchen- und kunstgeschichtliche Themen haben u.a. die folgenden<br />

Pubhkationen zum Gegenstand: „Zur Herkunft der Feldhauser<br />

Madonna" (1973), „Die Stiftung der Fauler-Frühmesse in Hettingen"<br />

(1973) und schließlich „Die neue Sattlerkapelle" (1994).<br />

Früh schon wird das Interesse von Dr. Burkarth an der vielschichtigen<br />

Geschichte des Klosters Mariaberg deutlich. Diesem Themenkreis<br />

hat er die folgenden Beiträge in der <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

<strong>Heimat</strong> gewidmet: „Der Besitz des ehemaligen Frauenklosters Mariaberg<br />

in hohenzollerischen Ortschaften" (1970) und „Die Baugeschichte<br />

von Mariaberg" (1972). Der Komplex Mariaberg hat<br />

Dr. Burkarth dann in der Folgezeit nicht mehr losgelassen.<br />

Wirtschafts- und sozialgeschichtliche Aspekte der Geschichte seiner<br />

engeren <strong>Heimat</strong> hat Dr. Burkarth in folgenden Beiträgen behandelt:<br />

„Die mittelalterlichen Fischweiher in der ehemaligen<br />

Herrschaft Gammertingen-Hettingen" (1970), „200 Jahre Gammertinger<br />

Post" (1976), „50 Jahre Kreisaltersheim Gammertingen"<br />

(1978) und „Betrachtungen über die Hungerjahre 1816/17"<br />

(1988).<br />

Bei der Aufzählung der Vielfalt der behandelten Themen und auch<br />

deren Zugehörigkeit zu ganz verschiedenen Zeitepochen mag bei<br />

dem einen oder anderen Leser der Eindruck entstanden sein, den<br />

Forschungen des <strong>Heimat</strong>kundlers Dr. Burkarth hafte eine gewisse<br />

Konzeptionslosigkeit an. Dieser Eindruck jedoch täuscht. Die meisten<br />

Pubhkationen von Dr. Burkarth sind vielmehr aus einer jahrzehntelangen<br />

Beschäftigung mit der Geschichte seiner <strong>Heimat</strong> insgesamt<br />

erwachsen, die dann in dem 1983 erschienenen Werk mit<br />

dem Titel „Geschichte der Herrschaft Gammertingen-Hettingen"<br />

ihre Synthese und Verdichtung gefunden hat.<br />

In der Monografie spannt der Autor den Bogen von den ersten<br />

Zeugnissen menschlichen Lebens im Bereich der Landschaft an<br />

der oberen Laudiert, von den Höhlenmenschen, den Jägern und<br />

Sammlern der Steinzeit bis hin zu dem Verkauf der Spethschen<br />

Herrschaften Gammertingen und Hettingen an Hohenzollern-Sigmaringen<br />

im Jahre 1827. Mit dieser Geschichte einer gesamten<br />

Region unter Einschluss der Geschichte des Frauenklosters Mariaberg<br />

hat Dr. Burkarth ein Werk vorgelegt, das in Hohenzollern nur<br />

mit der Geschichte des Oberamtes Haigerloch mit Glatt von Franz<br />

Xaver Hodler aus dem Jahre 1928 und mit Einschränkung mit dem<br />

bereits 1873 veröffentlichten Buch von Julius Cramer über die<br />

Grafschaft Hohenzollern zu vergleichen ist.<br />

Die Leistung von Dr. Burkarth war dabei umso bemerkenswerter,<br />

als er sich bei der Abfassung seiner Arbeit nur auf die schon erwähnte<br />

Gammertinger Stadtgeschichte von Oberlehrer Josef Wiest<br />

und auf die in der Zeitschrift für <strong>Hohenzollerische</strong> Geschichte Bd.<br />

63<br />

17 (1981) abgedruckte Zulassungsarbeit von Wilfried Liener mit<br />

dem Titel „Übergang der reichritterlichen Herrschaft Hettingen an<br />

Hohenzollern-Sigmaringen" sowie auf mehrere kleinere Arbeiten<br />

aus der Feder von Pfarrer Johann Adam Kraus stützen konnte. Alles<br />

übrige musste der Autor in mühsamer Kleinarbeit aus Quellen<br />

der Gemeindearchive Gammertingen, Hettingen und Neufra sowie<br />

des Staatsarchivs Sigmaringen, des Fürstl. Hohenz. Haus-und<br />

Domänenarchivs in Sigmaringen, des Hauptstaatsarchivs Stuttgart<br />

und des Generallandesarchivs Karlsruhe erarbeiten.<br />

Bei der Strukturierung der Stofffülle ist der Autor weitgehend historischen<br />

Entwicklungslinien des Landes an der oberen Laudiert<br />

einschließlich des Klosters Mariaberg gefolgt, die in der Abfolge<br />

der dort besitzenden und Herrschaft ausübenden Adelsgeschlechter<br />

vorgegeben sind. In insgesamt 27 Kapitel untergliedert, fuhrt<br />

uns der Autor von der Vor- und Frühgeschichte nüt der Alamannenzeit<br />

über die Zeit der Grafen von Gammertingen, Vertagen und<br />

Württemberg, der Herren von Bubenhofen bis hin zur Herrschaftsepoche<br />

der Herren bzw. Freiherren von Speth die Geschichte<br />

des Raums um Gammertingen und Hettingen vor Augen.<br />

Letztere, die mit einer Unterbrechung den Zeitraum von 1524 bis<br />

1827 umfasst, bildet naturgemäß den Schwerpunkt der Darstellung.<br />

Das Buch von Dr. Burkarth beschränkt sich jedoch keineswegs auf<br />

die Darstellung der äußeren Geschichte der Herrschaften Gammertingen<br />

und Hettingen und den Familien der Herrschaftsinhaber.<br />

Den weitgesteckten Interessen des Autors entsprechend, werden<br />

einzelne Kapitel auch den inneren Entwicklungszuständen des<br />

Herrschaftskomplexes, wie auch dem Leben der Untertanen gewidmet,<br />

wie z.B. „Niederadelsgeschlechter und Bürger in und um<br />

Gammertingen", „Die Gründung des Klosters zu Berg und der<br />

Städte Gammertingen und Hettingen", „Die Besetzung der Herrschaft<br />

Gammertingen-Hettingen und die Einführung der Reformation<br />

durch Herzog Ulrich von Württemberg" oder „Die Speth'sche<br />

Residenz Gammertingen".<br />

Nach dem Erscheinen seines Buches über die Geschichte der Herrschaft<br />

Gammertingen-Hettingen hat sich Dr. Burkarth bekanntlich<br />

weiter mit dem historischen Phänomen Mariaberg auseinandergesetzt.<br />

Neben historischen Interessen dürfte hierbei vermutlich auch<br />

seine langjährige Tätigkeit als Arzt in den heutigen Mariaberger<br />

Heimen eine Rolle gespielt haben. Jedenfalls hat er zu dem 1991<br />

anlässlich der Vollendung der Gesamtrenovation des Baukomplexes<br />

des früheren Benediktinerinnenklosters oberhalb der Laudiert<br />

herausgegebenen Sammelband "Mariaberg. Beiträge zur Geschichte<br />

eines ehemaligen Frauenklosters" die umfangreichsten<br />

Beiträge beigesteuert.<br />

In einem Beitrag des Buches bietet Dr. Burkarth eine ins Hochdeutsche<br />

übertragene Abschrift der Bauchronik des Klosters Mariaberg<br />

von 1682 bis 1687 mit einer Erläuterung eines historischen<br />

Grundrisses vom Beginn des 19- Jahrhunderts. Eine wissenschaftliche,<br />

mit Anmerkungen und Erläuterungen versehene Edition<br />

dieser Bauchronik hat der Autor übrigens danach in der Zeitschrift<br />

für <strong>Hohenzollerische</strong> Geschichte 29 (1993) S. 47 - 74 veröffentlicht.<br />

In der Begleitveröffentlichung zu der 2003 in Bad Schussenried gezeigten<br />

Landesausstellung über die Säkularisation im deutschen<br />

Südwesten steuerte Dr. Burkarth einen Beitrag über die Mediatisierung<br />

der Speth'schen Herrschaften Gammertingen und Hettingen<br />

bei. Bereits 1994 hatte er eine Ortsgeschichte von Kettenacker


Verlag: <strong>Hohenzollerische</strong>r <strong>Geschichtsverein</strong><br />

Karlstraße 3, 72488 Sigmaringen<br />

E 3828<br />

PVSt, DPAG, »Entgelt bezahlt«<br />

vorgelegt. - Unvergessen sind auch die zahlreichen Führungen, die<br />

Dr. Burkarth im Rahmen der Veranstaltungsprogramme des <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />

und dann auch des Kreisarchivs Sigmaringen unternommen<br />

hat.<br />

Über drei Jahrzehnte hat Dr. Burkarth tatkräftig auch in der Vorstandschaft<br />

des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s mitgewirkt.<br />

Der Verstorbene, der in der ehemals preußischen Exklave Hohenzollern<br />

aufgewachsen war, sorgte in dem Gremium über viele Jahre<br />

für Kontinuität. Auch bei den Mitgliedern erfreute sich Dr. Burkarth<br />

großer Wertschätzung. So wurde er auf Vorschlag des Vorstandes<br />

bei der Mitgliederversammlung am 1. Dezember 1992 in<br />

Hechingen spontan per Akklamation zum Ehrenmitghed gewählt.<br />

Die Leistungen Dr. Burkarths als Arzt, als Forscher und Verbreiter<br />

historischen Wissens fanden auch öffentliche Anerkennung. Er<br />

wurde 1994 mit dem silbernen Ehrenschild der Stadt Gammertingen,<br />

2001 mit der <strong>Heimat</strong>medaille des Landes Baden-Württemberg<br />

und schließlich 2004 zur Vollendung seines 80. Lebensjahres<br />

mit die Ehrenbürgerwürde seiner Vaterstadt Gammertingen ausgezeichnet.<br />

- Doch trotz aller Erfolge und Ehrungen ist Dr. Burkarth<br />

ein zurückhaltender und bescheidener Mann gebheben, ein Wesenszug,<br />

der ihn so ungemein sympathisch gemacht hat.<br />

Seinem verstorbenen Ehrenmitglied Dr. Herbert Burkarth wird<br />

der <strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Geschichtsverein</strong> ein ehrendes Andenken<br />

bewahren.<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

herausgegeben vom <strong>Hohenzollerische</strong>n<br />

<strong>Geschichtsverein</strong>, Postfach 1638,<br />

72486 Sigmaringen<br />

ISSN 0018-3253<br />

Erscheint vierteljährlich.<br />

Die Zeitschrift »<strong>Hohenzollerische</strong> <strong>Heimat</strong>« ist<br />

eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie will besonders<br />

die Bevölkerung im alten Land Hohenzollern<br />

und den angrenzenden Landesteilen mit der<br />

Geschichte ihrer <strong>Heimat</strong> vertraut machen. Sie<br />

bringt neben fachhistorischen auch populär gehaltene<br />

Beiträge.<br />

Bezugspreis:<br />

Für Mitglieder des <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong>s<br />

ist der Bezugspreis im Beitrag<br />

enthalten. Bezugspreis für Nichtmitglieder<br />

€ 7,-. Abonnements und Einzelnummern können<br />

beim <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Geschichtsverein</strong><br />

(s. o.) bestellt werden.<br />

Die Autoren dieser Nummer<br />

Gerd Bantle<br />

Hedinger Straße 5, 72488 Sigmaringen<br />

Edmund Bauer<br />

Ebinger Straße 79, 72393 Burladingen-Hausen<br />

Dr. Otto H.Becker<br />

Hedinger Straße 17, 72488 Sigmaringen<br />

Heinz E. Hennige<br />

Pßeghoßtraße 6, 72401 Haigerloch<br />

Horst Mielitz<br />

Sonnenhalde 31, 72488 Sigmaringen<br />

Dr. Christoph Morrissey<br />

Corrensstraße 9, 72076 Tübingen<br />

Manfred Teufel<br />

Karpfenstraße 15, 78532 Tuttlingen<br />

Dr. Andreas Zekom<br />

Hirschbergstraße 29, 72336Balingen<br />

64<br />

Dr. Burkarth bei der Feier zu seiner Verabschiedung als Schriftleiter<br />

der <strong>Hohenzollerische</strong>n <strong>Heimat</strong> am 12. April2003 in Sigmaringen.<br />

Gesamtherstellung:<br />

Druckerei Acker GmbH,<br />

Mittelberg 6, 72501 Gammertingen<br />

Telefon (07574) 9301-0, Fax9301-30<br />

info @ druckerei-acker. de<br />

www.druckerei-acker.de<br />

Schriftleitung:<br />

Robert Frank<br />

Fliederstraße 8, 72401 Haigerloch-Weildorf<br />

Tel.: (07474) 2161, robertgfrank@web.de<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben die<br />

persönliche Meinung der Verfasser wieder;<br />

diese zeichnen für den Inhalt der Beiträge verantwortlich.<br />

Mitteilungen der Schriftleitung sind<br />

als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare werden<br />

an die Adresse des Schriftleiters erbeten,<br />

Wir bitten unsere Leser, die »<strong>Hohenzollerische</strong><br />

<strong>Heimat</strong>« weiterzuempfehlen.<br />

27

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