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GriechenlandSpecial2016_de

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ERINNERUNGSARBEIT<br />

Beinhaus im Mausoleum mit <strong>de</strong>n Gebeinen <strong>de</strong>r<br />

beim Massaker vom 10.6.1944 Ermor<strong>de</strong>ten<br />

Bild: Brigitte Spuller<br />

Beim Massaker von Distomo, einer Ortschaft in Mittelgriechenland,<br />

am Fuße <strong>de</strong>s Parnass-Gebirges, töteten am 10. Juni 1944 Angehörige<br />

eines Regimentes <strong>de</strong>r 4. SS-Polizei- Panzergrenadier-Division<br />

im Zuge einer „Vergeltungsaktion“ 218 <strong>de</strong>r – an Partisanenkämpfen<br />

unbeteiligten – ca. 1800 Dorfbewohner <strong>de</strong>r Ortschaft Distomo und<br />

brannten das Dorf nie<strong>de</strong>r. Opfer waren vor allem alte Menschen<br />

und Frauen sowie 34 Kin<strong>de</strong>r und vier Säuglinge.<br />

Quelle: Wikipedia<br />

meine bis dahin privaten, politischen Kontakte nach Distomo angesprochen.<br />

Die EJN hatte, entsprechend <strong>de</strong>r Zielsetzung im ökumenischen<br />

konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frie<strong>de</strong>n und Bewahrung<br />

<strong>de</strong>r Schöpfung, damals eine beachtliche Partnerschafts- und Jugendbegegnungsarbeit<br />

mit etlichen Orten in Europa (zum Beispiel mit<br />

Krakau in Polen), aber auch mit Israel und mit Nicaragua (San Carlos)<br />

aufgebaut.<br />

Von Leitungsteam <strong>de</strong>r EJN wur<strong>de</strong> die I<strong>de</strong>e an mich herangetragen, auch<br />

mit Distomo einen Jugendaustausch aufzubauen. Ich hatte bereits<br />

ab Mitte <strong>de</strong>r 80er-Jahre immer wie<strong>de</strong>r Verantwortliche von Gruppen<br />

(Schulklassen, Kirchengemein<strong>de</strong>n, Jugendgruppen, Studienreisen) aus<br />

Nürnberg, die Griechenland bereisten, motivieren können, ihren Reiseteilnehmer/-innen<br />

durch einen Besuch in Distomo einen Einblick in<br />

die neuere <strong>de</strong>utsch-griechische Geschichte zu ermöglichen. Teilweise<br />

hatte ich diese Gruppen auch vor Ort selbst begleitet und informiert.<br />

Danach war <strong>de</strong>r Einstieg in die Jugendbegegnungsarbeit <strong>de</strong>r nächste,<br />

folgerichtige und fast schon selbstverständliche Schritt.<br />

Eines unserer Ziele war es, <strong>de</strong>utschen Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

neben touristischen Besuchen und Strandvergnügen auch<br />

die jüngere <strong>de</strong>utsch-griechische Geschichte nahezubringen: nämlich<br />

eine Geschichte <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Besatzung von 1941 bis 1944, die<br />

im Geschichtsunterricht kaum zur Sprache kam. Es han<strong>de</strong>lt sich um<br />

eine Geschichte von zahlreichen Massakern und Verbrechen an <strong>de</strong>r<br />

Zivilbevölkerung, es ist die Geschichte <strong>de</strong>s Hungerwinters 1941/42<br />

als Folge <strong>de</strong>r massiven Ausbeutung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s durch <strong>de</strong>utsche Besatzungstruppen<br />

mit zahlreichen zivilen Opfern, und es ist auch die<br />

Geschichte <strong>de</strong>r Deportation und Vernichtung fast <strong>de</strong>r gesamten jüdischen<br />

Bevölkerung Griechenlands (unter an<strong>de</strong>rem in <strong>de</strong>n großen<br />

Gemein<strong>de</strong>n in Thessaloniki, in Rhodos, in Ioannina …).<br />

Es sollten an bei<strong>de</strong>n Orten Kontakte zwischen <strong>de</strong>utschen und griechischen<br />

jungen Menschen entstehen, die einen Austausch über die<br />

oben genannten Themen ermöglichen. Die Geschichte sollte am Beispiel<br />

von Distomo, seiner Bevölkerung und <strong>de</strong>s Massakers vom 10.<br />

Juni 1944 für die Jugendlichen, aber auch für <strong>de</strong>ren Familien und ihr<br />

soziales Umfeld erfahrbar wer<strong>de</strong>n.<br />

1989 konnten wir dann in einer sehr konstruktiven, partnerschaftlichen<br />

Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m damaligen Bürgermeister von Distomo,<br />

Jannis Kailis, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Jugendaustausch vom ersten Tag an<br />

großartig unterstützte, zur ersten Jugendbegegnung nach Nürnberg<br />

einla<strong>de</strong>n. Die Gegenbegegnung fand 1990 in Distomo statt. Weitere<br />

Begegnungen folgten. Die letzte, von mir, gemeinsam mit Christine<br />

Biemann-Hubert geleitete Maßnahme, fand im Sommer 2005 statt.<br />

2009 und 2010 folgten noch zwei weitere Begegnungen, die von jüngeren<br />

Kolleginnen geleitet wur<strong>de</strong>n.<br />

Was können <strong>de</strong>utsche und griechische Jugendliche in einem<br />

solchen Austausch wie zwischen Nürnberg und Distomo<br />

voneinan<strong>de</strong>r und miteinan<strong>de</strong>r lernen und was sind<br />

geeignete Metho<strong>de</strong>n und Projekte dafür? Erzählen sie uns<br />

von Ihren Erfahrungen!<br />

Brigitte Spuller: In <strong>de</strong>n Jahren, in <strong>de</strong>nen wir mit <strong>de</strong>n Jugendlichen<br />

an <strong>de</strong>n Ge<strong>de</strong>nkveranstaltungen in Distomo teilnahmen, gehörte zum<br />

Programm <strong>de</strong>r Begegnungen die gemeinsame Teilnahme an <strong>de</strong>n Ge<strong>de</strong>nkveranstaltungen<br />

mit Trauerzug, Kranznie<strong>de</strong>rlegung und einigen<br />

Kulturveranstaltungen o<strong>de</strong>r in an<strong>de</strong>ren Jahren alternativ <strong>de</strong>r Besuch<br />

<strong>de</strong>s Mausoleums, Gespräche mit Hinterbliebenen und ein Besuch im<br />

Museum von Distomo. Ein weiterer Bestandteil <strong>de</strong>s Programms war<br />

das Kennenlernen griechischer Lebenswirklichkeit, zum Beispiel mit<br />

Besuchen im Bauxitabbau, in <strong>de</strong>r Aluminiumfabrik o<strong>de</strong>r mit einer<br />

Gruppe freiwilliger sozialer Helfer/-innen auch ein Besuch im Altenund<br />

Pflegeheim <strong>de</strong>r Griechisch-orthodoxen Metropolie in Livadia.<br />

Hinzu kam <strong>de</strong>r Besuch von Sehenswürdigkeiten und antiken Stätten,<br />

wie Delphi, <strong>de</strong>m Kloster Ossios Loukas o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Akropolis. Zahlreiche<br />

Kontakte mit <strong>de</strong>n Jugendlichen aus Distomo entstan<strong>de</strong>n beim<br />

gemeinsamen Essen, Tanzen, Singen, beim Ba<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>n Besuchen<br />

von Veranstaltungen und Festen.<br />

Zum Programm in Nürnberg gehörten neben Stadtbesichtigungen<br />

und einem Empfang im Rathaus auch Fahrten zur KZ-Ge<strong>de</strong>nkstätte<br />

Dachau o<strong>de</strong>r in das Außenlager Hersbruck <strong>de</strong>s ehemaligen KZ Flossenbürg,<br />

Besuche <strong>de</strong>s ehemaligen Reichsparteitagsgelän<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>s<br />

dortigen Dokumentationszentrums und Gespräche mit Vertretern ver-<br />

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