Cyanidvergiftung - MedLearning
Cyanidvergiftung - MedLearning
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<strong>Cyanidvergiftung</strong><br />
nach Rauchgasinhalation<br />
Inzidenz, Diagnostik & Therapie
Einführung und Zielsetzung<br />
Rauchgas, wie es üblicherweise bei einem (Wohnungs-)Brand durch die Verbrennung von stickstoffhaltigen<br />
Materialien wie z.B. Holz, Elektrogeräten, Textilien und Kunststoffen entsteht, enthält neben Ruß, den Erstickungs-<br />
und Reizgasen die Giftgase Kohlenmonoxid und Cyanid (Blausäure). Die letale Wirkung dieses „toxischen<br />
Duos“ nach Inhalation erfordert deshalb ein schnelles und richtiges Eingreifen noch am Ort des Brandgeschehens.<br />
Diese CME-Fortbildung führt in die Grundlagen der Cyanid- und Kohlenmonoxid-Belastung durch Rauchgasintoxikation<br />
ein, beschreibt die schnelle Wirkung der inhalierten Blausäure und beleuchtet die verschiedenen<br />
Therapieoptionen, die aktuell für einen Einsatz am Unfallort zur Verfügung stehen.<br />
Zielgruppe<br />
Die CME richtet sich an Anästhesisten und Intensivmediziner, vor allem Notfallmediziner in Klinik und eigener<br />
Praxis.<br />
Lerninhalte<br />
• Vorkommen und Verwendung von Cyanid<br />
• Stoffwechselgrundlagen: anaerober und aerober Metabolismus<br />
• Biochemische Wirkung von Kohlenmonoxid und Cyanid<br />
• Warum ist eine Mischintoxikation aus Kohlenmonoxid und Cyanid so gefährlich?<br />
• Symptomatik der Cyanidintoxikation<br />
• Grundlagen: Zusammensetzung von Rauchgas<br />
• Gründe für die erschwerte Diagnose einer <strong>Cyanidvergiftung</strong><br />
• Rationale Gründe für den schnellen Therapieeinsatz<br />
• Vorteile und Nachteile der aktuell verfügbaren Therapieoptionen
Cyanid (HCN) – Vorkommen und Expositionsmöglichkeiten<br />
Suizid<br />
Industrieunfall<br />
Papier<br />
Textilien<br />
Kunststoffe<br />
Metallgewinnung<br />
und -verarbeitung<br />
etc.<br />
(Wohnungs-)Brand<br />
Seide<br />
Wolle<br />
Textilien<br />
Federn<br />
Kunststoffe<br />
(Ausnahme: Polyvinylchlorid [PVC])<br />
Bauschaum<br />
etc.<br />
Resorption Inhalation Ingestion<br />
Terroranschlag
Cyanid (HCN) – Aggregatzustände und Verwendung<br />
Aggregatzustand Einsatzorte<br />
gasförmig<br />
fl üssig<br />
fest<br />
Metallverarbeitende Industrie<br />
• Galvanisierung/Edelmetallbeschichtung<br />
• Stahlhärtung<br />
Bergbau<br />
• Edelmetallgewinnung<br />
Synthesen<br />
• D, L-Methionin für Futtermittel-, Nahrungs- und Pharmaindustrie<br />
Kunststoffverarbeitende Industrie<br />
• Kunststoffe<br />
• Kunstfasern (z.B. Nylon)<br />
• Baustoffe (z.B. Acrylglas, Styropor ® , Polyurethan)<br />
Pestizide (Schädlingsbekämpfung)<br />
Druckereiwesen, Papierindustrie & Fotografi e
Grundlagen – Sauerstoffmetabolismus<br />
CO 2<br />
2 ATP<br />
In Gegenwart<br />
von Sauerstoff<br />
(aerob)<br />
Glukose<br />
Pyruvat Laktat<br />
Citratzyklus<br />
Beim Fehlen<br />
von Sauerstoff<br />
(anaerob)<br />
Oxidative<br />
Phosphorylierung<br />
Atmungskette<br />
(Sauerstoffreduktion)<br />
2 ATP Cytochrom-c-<br />
Oxidase<br />
O 2<br />
H 2 O<br />
Anaerober Metabolismus (wenig/kein O 2 verfügbar)<br />
Glukose wird über einen anaeroben Stoffwechsel<br />
metabolisiert: Als Zwischenprodukt entsteht in hohen<br />
Mengen Laktat im Blut (Laktatazidose, metabolische<br />
Azidose). Die metabolische Azidose manifestiert sich<br />
zudem in einer pH-Wert-Erniedrigung des Blutes und<br />
einem sogenannten negativen „base excess“ (Basendefi<br />
zit). *<br />
32 ATP<br />
Quelle:<br />
* Baud FJ et al. Elevated blood cyanide concentrations in victims of smoke inhalation. N Engl J Med 1991;325:1761-1766.<br />
Aerober Metabolismus (unter O 2 -Verbrauch)<br />
Glukose wird als Energieträger unter der Verwendung<br />
von O 2 in der mitochondrialen Atmungskette u.a. über<br />
die Cytochrom-c-Oxidase metabolisiert. Die Energieproduktion<br />
ist demnach in höchstem Maße von der O 2 -<br />
Verfügbarkeit abhängig.
Rauchgas – Gefahren eines Wohnungsbrandes<br />
Rauchgas entsteht praktisch bei jedem Brand durch das Verbrennen oder das<br />
Verglimmen von meist �stickstoffhaltigen Materialien wie z.B. Wolle, Seide, Holz<br />
sowie � synthetischen Substanzen wie z.B. Kunststoffe, Wohn textilien, Bau- und<br />
Dämmstoffe.<br />
Dabei entstehen neben Ruß verschiedene toxische Gase:<br />
Asphyxie-Gas Kohlendioxid (CO 2 )<br />
Reizgase<br />
organisch Acrolein, Benzol, Formaldehyd, Phenol<br />
anorganisch Ammoniak, Chlorwasserstoff, Schwefeldioxid,<br />
Stickoxide (Nitrosegase, NOx) und Phosgen<br />
Quelle:<br />
* Alarie Y. Toxicity of fi re smoke. Crit Rev Toxicol 2002;32(4):259-289.<br />
Giftgase Kohlenmonoxid (CO) und Cyanid (CN)<br />
Messungen von Bränden in geschlossenen Räumen zeigen:<br />
Durch die Verbrennung der unterschiedlichsten Materialien entstehen die<br />
Giftgase CO und Cyanid in meist gesundheitsgefährdenden Mengen. *
Wo genau wirken CO und Cyanid?<br />
Wirkung von CO<br />
• blockiert den O 2 -<br />
Transport durch<br />
Hämoglobin (Hb)<br />
• bindet 200-300 x<br />
stärker an Hb (im<br />
Vergleich zu O 2 )<br />
Blockade<br />
des O 2 -Transports<br />
CO 2<br />
2 ATP<br />
2 ATP<br />
In Gegenwart<br />
von Sauerstoff<br />
Glukose<br />
Pyruvat Laktat<br />
Citratzyklus<br />
O 2<br />
Beim Fehlen<br />
von Sauerstoff<br />
Oxidative<br />
Phosphorylierung<br />
Atmungskette<br />
(Sauerstoffreduktion)<br />
Cytochrom-c-<br />
Oxidase<br />
32 ATP<br />
Tod durch „inneres“ Ersticken<br />
Diese Versorgungslücke – bedingt durch die<br />
Aufnahme von CO und Cyanid – schädigt vor<br />
allem Organe mit erhöhtem Energie- und damit<br />
hohem Sauerstoffbedarf wie z.B. Herz und<br />
Gehirn. Bei einer <strong>Cyanidvergiftung</strong> treten die<br />
ersten Symptome deshalb an Nerven- und<br />
Kreislaufsystem auf.<br />
H 2 O<br />
Wirkung von Cyanid<br />
• bindet an Fe 3+ des<br />
Hb (Erythrocyten):<br />
Blockade des O 2 -<br />
Transports<br />
• bindet an Fe 3+ der<br />
Cytochrom-c-Oxidase<br />
der mitochrondrialen<br />
Atmungskette:<br />
Hemmung der O 2 -<br />
Utilisation<br />
Blockade<br />
der O 2 -Utilisation
Tod durch „inneres“ Ersticken
Entgiftungskapazität des menschlichen Organismus<br />
Der Organismus besitzt eine natürliche,<br />
enzymatische Entgiftungskapazität (Enzym<br />
Rhodanase) von etwa 0,1 mg/kg KG/h:<br />
Das Enzym ist in den Mitochondrien der<br />
Leber und Niere vorhanden und entgiftet<br />
Cyanid-Ionen, indem es ein Schwefelatom<br />
auf diese überträgt und nicht-toxisches<br />
Rhodanid (SCN - ) bildet.<br />
CN - + S� SCN -<br />
Wird ein bestimmter Grenzwert überschritten, z.B. durch Rauchgasinhalation,<br />
kommt es nahezu schlagartig zu Vergiftungssymptomen.
Was macht CO und Cyanid so toxisch?<br />
Toxizität von CO<br />
� Bei CO-Exposition dauert es relativ lange, bis<br />
sich ein Gleichgewicht (steady-state) zwischen<br />
den Konzentrationen des CO im Alveolarraum<br />
und dem an das Hb gebundene CO einstellt.<br />
� Die Bindung von CO an Hb ist reversibel.<br />
� Die CO-Bindung beeinträchtigt die O 2 -Trans-<br />
portkapazität, nicht jedoch die O 2 -Utilisation<br />
in den Mitochondrien.<br />
Toxizität von Cyanid<br />
� Nach Inhalation ist die Verteilung von Blau-<br />
säure im Körper nach etwa 5 Minuten nahezu<br />
abgeschlossen.<br />
� Cyanid bindet an Fe 3+ -Ionen der Cytochrom-<br />
c-Oxidase, dagegen ist die Bindung an Fe 2+ -<br />
Ionen des Hb vergleichsweise gering. Die<br />
Bindung von Cyaniden an die katalytischen<br />
Zentren bestimmter Enzyme ist meist<br />
irreversibel.<br />
� Die Cyanidbindung beeinträchtigt vor allem die<br />
O 2 -Utilisation in den Mitochondrien.<br />
Die Toxizität von Cyanid ist etwa 20-mal größer als die von CO!
Gefahrenpotenzial durch Inhalation von Brandrauch<br />
Cyanidhaltiger Rauch wird rasch über den Respirationstrakt resorbiert. Die letale Wirkung tritt nach<br />
Inhalation bereits nach sehr kurzer Zeit ein:*<br />
Zeit nach Inhalation Symptom<br />
30 Sekunden Bewusstseinsverlust<br />
3-5 Minuten Atemstillstand<br />
5-8 Minuten Herzstillstand<br />
Auch wenn der Herzstillstand nicht unmittelbar (5-8 Minuten) nach Inhalation eintritt,<br />
kann es bei weiterer Progression des Krankheitsbildes noch nach Stunden<br />
zum Tod kommen. * Und: Eine vollständige Heilung ist nur bei frühzeitiger Therapie<br />
unverzüglich nach der Vergiftung möglich.<br />
Quelle:<br />
* Bolt HM. Toxikologie von Arbeitsstoffen. Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund. 2005.
Symptomatik der Cyanidintoxikation<br />
In Abhängigkeit von Expositionsdauer, Höhe der inkorporierten Cyanidkonzentration sowie der Art der<br />
Belastung durch Inhalation, Resorption oder Ingestion ist die Wirkung unterschiedlich stark ausgeprägt.<br />
Man unterscheidet verschiedene Schweregrade der <strong>Cyanidvergiftung</strong>:<br />
Milde Form<br />
Schwindel, verwirrter Zustand, leichte Atembeschwerden.<br />
Akute Form<br />
Kopfschmerzen mit starkem Schwindel, Bewusstseinsverlust, respiratorische<br />
Störungen und Krämpfe; Koma – oft mit kardiovaskulären Komplikationen<br />
wie z.B. Kollaps, Lungenödem oder Herzstillstand.<br />
Fulminante Form<br />
Alle oben genannten Symptome treten sehr rasch auf und können innerhalb<br />
weniger Minuten zum Tod führen.
Cyanid – Resorption und schädigende Wirkung im Körper
Cyanid in Rauchgas – Situation am Notfallort<br />
(Wohnungs-)Brand<br />
=<br />
Mischintoxikation<br />
aus CO und Cyanid<br />
Rauchgas kann nicht entweichen<br />
Inhalation<br />
Eine Cyanidintoxikation muss bei allen Personen vermutet werden, die<br />
einem Rauchgasbrand in einem geschlossenen Raum ausgesetzt waren.<br />
[Ruß: Mund und/oder Oropharynx] + [Bewußtseinsstörung] = Mischintoxikation
Cyanid in Rauchgas – Situation am Notfallort<br />
Äußerer Aspekt<br />
• Verbrennungen im Gesicht *<br />
• Versengung der Gesichts- und<br />
Kopfbehaarung *<br />
• Ruß um Mund, Nase und/oder<br />
Oropharynx **<br />
Oropharynx **<br />
• Ruß<br />
• Heiserkeit<br />
• Schluckbeschwerden<br />
Augen<br />
• Brennen **<br />
• Reizung der Bindehaut (Tränen) ***<br />
• Mydriasis ***<br />
Atmung<br />
• Bittermandelgeruch der<br />
Ausatemluft ***<br />
• Hustenreiz *<br />
• Bronchospasmus ****<br />
• Atemnot ***<br />
• Dyspnoe *<br />
• Tachypnoe oder Hypnoe (anfangs) *<br />
• Bradypnoe oder Apnoe (später)<br />
Neurologie<br />
• Kopfschmerzen *<br />
• Unruhe **<br />
• Bewusstseinsstörungen wie<br />
Benommenheit und Desorientierung **<br />
• Krampfanfälle bis hin zum Koma ******<br />
Gastro-enterologisch<br />
• Übelkeit ***** und Erbrechen *<br />
Herz-Kreislauf<br />
• Engegefühl in der Brust ****<br />
• Blutdruckveränderungen:<br />
Hypertonie (anfangs) *****<br />
oder Hypotonie (später) ******<br />
• Pulsveränderungen:<br />
Tachykardie ******<br />
oder Bradykardie *****<br />
• Kardiovaskulärer Kollaps ******<br />
• Herzrhytmusstörungen ******<br />
Quellen:<br />
* Hoppe U, Klose R. Das Inhalationstrauma bei Verbrennungspatienten: Diagnostik und Therapie. Intensivmed 2005;42:425-439.<br />
** Zilker T et al. Rauchgasinhalations-Intoxikation – Ursachen, Primärversorgung und Handlungsempfehlung. Der Notarzt 2010;26:95-102.<br />
*** Bolt HM. Toxikologie von Arbeitsstoffen. Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund. 2005.<br />
**** Alarie Y. Toxicity of fi re smoke. Crit Rev Toxicol 2002;32(4):259-289.<br />
***** Baud FJ. Medical and Toxicological Critical Care Department, Assistance Publique - Hôpitaux de Paris, University Paris 7 (Deutsche Übersetzung: Kupferschmidt H.<br />
Akute Vergiftungen mit Kohlenmonoxid und Zyaniden. Therapeutische Umschau 2009;66:387-397.)<br />
****** Maybauer DM et al. Behandlungsstrategien des akuten Rauchgasinhalationstrauma. Der Anaesthesist 2006;55:980-988.
<strong>Cyanidvergiftung</strong> – Diagnostik<br />
Knapper Zeitfaktor!<br />
� Eine direkte Messung von Cyanid aus Vollblut noch am Ort des Unfallgeschehens ist aus<br />
Zeitgründen nicht rechtzeitig möglich, da die letale Wirkung von Cyanid bereits 5-8 Minuten<br />
nach Inhalation einsetzt.<br />
� Kurze Halbwertszeit! Die HWZ von Cyanid beträgt ca. 1h */** �Erschwerte Labordiagnose<br />
Sofortiges Handeln ist daher auch im Verdachtsfall – noch vor Vorliegen der Testergebnisse aus der<br />
Cyanidmessung – notwendig.<br />
Denn: Eine der Hauptursachen für den Tod im Zusammenhang mit einem Brand ist die Inhalation von Rauchgas<br />
und – damit verbunden – die Intoxikation durch Cyanid.<br />
Retrospektiv gemessene Cyanidspiegel im Blut von Opfern verschiedener realer Brandsituationen:<br />
Brandopfer mit Todesfolge ***<br />
mit toxischen Cyanid-Spiegeln<br />
(> 1 mg/l oder > 40 µmol/l)<br />
ohne toxische Cyanid-Spiegel<br />
Hohe Cyanid-Level korrelieren mit:<br />
87 %<br />
� hohen Plasma-Laktat-Werten (metabolische Azidose): *<br />
Plasma-Laktat > 10 mmol/l indizierten Cyanid-Spiegel von > 40 µmol/l<br />
� erhöhten COHb-Werten **<br />
� Eine Messung der Plasma-Laktat-Werte (keine Vor-Ort-Messung möglich) oder der<br />
COHb-Werte (Vor-Ort-Messung möglich) ist von großer Bedeutung für die Diagnosestellung<br />
einer <strong>Cyanidvergiftung</strong>.<br />
Quellen:<br />
* Baud FJ et al. Elevated blood cyanide concentrations in victims of smoke inhalation. N Engl J Med 1991;325:1761-1766.<br />
** Clark CJ, Campbell D, Reid WH. Blood carboxyhaemoglobin and cyanide levels in fi re survivors. Lancet 1981 Jun 20;1(8234):1332-1335.<br />
*** Alarie Y. Toxicity of fi re smoke. Crit Rev Toxicol 2002;32(4):259-289.<br />
13 %
Brandopfer sind oft auch Cyanidopfer!<br />
Wussten Sie, dass …?<br />
75<br />
30 80<br />
… > 30% aller durch Hitzeeinwirkung verletzten Patienten ein begleitendes Rauchgasinhalationstrauma<br />
aufweisen? *<br />
… in 75% aller Todesfälle durch Brand eine reine <strong>Cyanidvergiftung</strong> oder eine Mischintoxikation<br />
mit CO die Ursache ist? **<br />
… > 80% der durch Verbrennungen verursachten Todesfälle auf ein Inhalationstrauma<br />
zurückzuführen sind? ***<br />
Quellen:<br />
* Maybauer MO et al. Pathophysiologie des akuten Lungenversagen bei Schwerbrandverletzten mit Inhalationstrauma. Anaesthesist 2009;58:805-812.<br />
** Clark WR et al. Smoke inhalation: Diagnosis and treatment. World J Surg 1992;16:24-29.<br />
*** Hoppe U, Klose R. Das Inhalationstrauma bei Verbrennungspatienten: Diagnostik und Therapie. Intensivmed 2005;42:425-439.
<strong>Cyanidvergiftung</strong> – Therapieoptionen im Vergleich<br />
Hydroxocobalamin (Vitamin B 12a )<br />
Antidot der 1. Wahl (EMEA-Empfehlung) *<br />
Bei vermuteter und nachgewiesener<br />
Cyanidintoxikation.<br />
Keine Beeinträchtigung der<br />
O -Transportfähigkeit des Blutes.<br />
2<br />
Nebenwirkung<br />
Reversible Rotfärbung von Haut und Urin.<br />
Sehr gutes Nutzen-Risiko-Verhältnis<br />
Hohe Sicherheit<br />
Gute Verträglichkeit **<br />
Auch im Verdachtsfall<br />
Auch für Säuglinge, Kinder<br />
und Jugendliche<br />
Dicobaltedetat (Komplexbildner)<br />
Alternativer Komplexbildner *<br />
Keine Beeinträchtigung der O -Transport-<br />
2<br />
fähigkeit des Blutes.<br />
! Gabe nur bei gesicherter Diagnose einer<br />
<strong>Cyanidvergiftung</strong>. *<br />
Nebenwirkungen<br />
! Hypotension, Hypertension, kardio-<br />
toxische Wirkung, wenn Gabe bei<br />
ungesicherter Diagnose einer <strong>Cyanidvergiftung</strong>.<br />
*<br />
Produkt ist nicht in<br />
Deutschland verfügbar<br />
Quellen:<br />
* EMEA/CPMP/1255/03<br />
** Uhl W et al. Safety of hydroxocobalamin in healthy volunteers in a randomized, placebo-controlled study. Clin Toxicol 2006;44:17-28.
<strong>Cyanidvergiftung</strong> – Therapieoptionen im Vergleich<br />
Hydroxocobalamin (Vitamin B 12a )<br />
Antidot der 1. Wahl (EMEA-Empfehlung) *<br />
Bei vermuteter und nachgewiesener<br />
Cyanidintoxikation.<br />
Keine Beeinträchtigung der<br />
O -Transportfähigkeit des Blutes.<br />
2<br />
Nebenwirkung<br />
Reversible Rotfärbung von Haut und Urin.<br />
Sehr gutes Nutzen-Risiko-Verhältnis<br />
Hohe Sicherheit<br />
Gute Verträglichkeit **<br />
Auch im Verdachtsfall<br />
Auch für Säuglinge, Kinder<br />
und Jugendliche<br />
4-DMAP (Methämoglobinbildner)<br />
Antidot als 2. Alternative *<br />
! Nur bei eindeutigem Nachweis einer<br />
Cyanidintoxikation.<br />
! Reduziert durch Methämoglobinbildung<br />
die O 2 -Transportfähigkeit des Blutes. ***<br />
! � Potenziell synergistische Toxizität bei<br />
Mischintoxikation mit CO. ***<br />
Nebenwirkungen<br />
! Hypotension **** , Zyanose, Hämolyse.<br />
Praktischer Nachteil<br />
! Zusätzliche Gabe von z.B. Natriumthiosulfat i.v.;<br />
bei Überdosierung mit 4-DMAP: Gabe von<br />
Toluidinblau. ****<br />
Quellen:<br />
* EMEA/CPMP/1255/03<br />
** Uhl W et al. Safety of hydroxocobalamin in healthy volunteers in a randomized, placebo-controlled study. Clin Toxicol 2006;44:17-28.<br />
*** Hoppe U, Klose R. Das Inhalationstrauma bei Verbrennungspatienten: Diagnostik und Therapie. Intensivmed 2005;42:425-439.<br />
**** Maybauer DM et al. Behandlungsstrategien des akuten Rauchgasinhalationstrauma. Der Anaesthesist 2006;55:980-988.
<strong>Cyanidvergiftung</strong> – Therapieoptionen im Vergleich<br />
Hydroxocobalamin (Vitamin B 12a )<br />
Antidot der 1. Wahl (EMEA-Empfehlung) *<br />
Bei vermuteter und nachgewiesener<br />
Cyanidintoxikation.<br />
Keine Beeinträchtigung der<br />
O -Transportfähigkeit des Blutes.<br />
2<br />
Nebenwirkung<br />
Reversible Rotfärbung von Haut und Urin.<br />
Sehr gutes Nutzen-Risiko-Verhältnis<br />
Hohe Sicherheit<br />
Gute Verträglichkeit **<br />
Auch im Verdachtsfall<br />
Auch für Säuglinge, Kinder<br />
und Jugendliche<br />
Natriumthiosulfat (Schwefeldonator)<br />
Antidot als 3. Alternative<br />
Keine Beeinträchtigung der O -Transport-<br />
2<br />
fähigkeit des Blutes.<br />
! Alternative für den sequenziellen Einsatz * mit<br />
anderen Cyanid-Antidot � Nicht gleichzeitig<br />
in einem Gemisch oder über denselben<br />
venösen Zugang wie Hydroxocobalamin anzuwenden.<br />
***<br />
Nebenwirkungen<br />
! Bei Asthmatikern: Überempfi ndlichkeitsreaktionen,<br />
wie z.B. Brechreiz, Durchfall, Schock,<br />
Asthmaanfall.<br />
Praktischer Nachteil<br />
! Toxizität im Körper muss durch zusätzliche<br />
Gabe eines osmotisch wirksamen Diuretikums<br />
minimiert werden.<br />
! Hohe Entsorgungsleistung, jedoch langsamer<br />
Wirkeintritt * .<br />
Quellen:<br />
* EMEA/CPMP/1255/03<br />
** Uhl W et al. Safety of hydroxocobalamin in healthy volunteers in a randomized, placebo-controlled study. Clin Toxicol 2006;44:17-28.<br />
*** Hoppe U, Klose R. Das Inhalationstrauma bei Verbrennungspatienten: Diagnostik und Therapie. Intensivmed 2005;42:425-439.
Wirkung von Hydroxocobalamin
<strong>Cyanidvergiftung</strong> – Die EMEA empfi ehlt<br />
Hydroxocobalamin als Antidot der 1. Wahl * bei<br />
erwiesenen und vermuteten <strong>Cyanidvergiftung</strong>en<br />
vor allem bei Mischintoxikation mit CO<br />
„Hydroxocobalamin is considered to be the best choice, if available. It is an experimentally welldocumented<br />
antidote, with clear advantages in situations such as fi res with concomitant exposure to agents that reduce<br />
oxygen transport, such as carbon monoxide.“ *<br />
Quelle:<br />
* EMEA/CPMP/1255/03
Effektivität von Hydroxocobalamin – Überlebensrate<br />
Der Einsatz von Hydroxocobalamin zeigt – retrospektiv gemessen – in verschiedenen Studien<br />
mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen (z.B. Ort der Verabreichung, Gabe auch im<br />
Verdachtsfall einer <strong>Cyanidvergiftung</strong>) eine hohe Wirksamkeit.<br />
42<br />
67 71<br />
Überlebensrate von 42% *<br />
� 8 Jahre Erfahrung bei der Pariser Feuerwehr<br />
(1995-2003)<br />
� Gabe direkt am Notfallort bei Verdacht auf<br />
<strong>Cyanidvergiftung</strong> durch Rauchgasinhalation<br />
42<br />
67 71<br />
Überlebensrate von 71% **<br />
� Patienten mit schweren <strong>Cyanidvergiftung</strong>en<br />
(> 100 µmol/l, durch Inhalation oder oraler Aufnahme)<br />
� Gabe von Hydroxocobalamin im Median 2,1 h nach<br />
Cyanid-Inhalation oder oraler Aufnahme<br />
(als First-Line-Behandlung)<br />
Quellen:<br />
* Fortin JL, Giocanti JP, Ruttimann M. Prehospital Administration of Hydroxocobalamin for Smoke Inhalation-Associated Cyanide Poisoning: 8 Years of Experience in the Paris Fire<br />
Brigade. Clin Toxicol 2006;44:37-44.<br />
** Baud-II-Studie: Borron SW et al. Hydroxocobalamin for Severe Acute Cyanide Poisoning by Ingestion or Inhalation. Am J Emerg Med 2007;25:551-558.
Effektivität von Hydroxocobalamin in Abhängigkeit der<br />
Cyanidkonzentration<br />
Gesamtüberlebensrate von 67% *<br />
� Bei Verdacht auf <strong>Cyanidvergiftung</strong> durch Rauchgasinhalation<br />
� Verdachtsdiagnose: Ruß in Mund, Nase und/oder Oropharynx sowie neurologische Defi zite<br />
nach GCS<br />
� Gabe direkt an der Brandstelle oder auf Intensivstation<br />
Cyanidkonzentration<br />
toxisch:<br />
39-99 µmol/l<br />
potenziell letal:<br />
100-199 µmol/l<br />
≥ 200 µmol/l<br />
Überlebensrate<br />
Mortalität<br />
Abb.: Überlebensraten in Abhängigkeit von der Serum-Cyanidkonzentration (nachträglich nachgewiesen)<br />
38 %<br />
62 %<br />
Quelle:<br />
* Baud-I-Studie: Borron SW et al. Prospective Study of Hydroxocobalamin for Acute Cyanide Poisoning in Smoke Inhalation. Ann Emerg Med 2007;49:794-801.<br />
50 %<br />
50 %<br />
42<br />
67 71<br />
26 %<br />
74 %
Zusammenfassung<br />
(Wohnungs-)Brand = Mischintoxikation (CO und Cyanid)<br />
Eine der Hauptursachen für den Tod im Zusammenhang mit einem (Wohnungs-)Brand ist die<br />
Inhalation von Rauchgas und in der Folge die Intoxikation durch Cyanid.<br />
Als Antidot bei einer <strong>Cyanidvergiftung</strong> nach Rauchgasinhalation:<br />
� Als Mittel der 1. Wahl empfi ehlt die EMEA: Hydroxocobalamin, bei erwiesener und vermuteter<br />
<strong>Cyanidvergiftung</strong>, vor allem bei einer Mischintoxikation mit CO. *<br />
� Als 2. Alternative: 4-DMAP (Methämoglobinbildner), wenn Komplexbildner wie z.B. Hydroxocobalamin<br />
nicht verfügbar sind.<br />
� Als 3. Alternative: Natriumthiosulfat (Schwefeldonator), als Alternative für den sequenziellen Einsatz mit<br />
anderen Cyanid-Antidoten.<br />
Seit Juni 2010 steht eine Handlungsempfehlung bei Rauchgasintoxikation zur Verfügung.<br />
Diese kann das Notfallteam bei Patienten mit Rauchgaskontakt am Ort des Geschehens<br />
unterstützen:<br />
� Zur Einleitung konkreter Basismaßnahmen nach Einschätzung der Bewusstseinslage (z.B. bewertet<br />
nach GCS) sowie Prüfung neurologischer Begleiterscheinungen.<br />
� Zur Einleitung einer schnellen und richtigen Antidot-Therapie noch vor Ort bei bewusstseinsgetrübten<br />
Patienten und vor allem bei bewusstlosen Patienten. **<br />
Quellen:<br />
* EMEA/CPMP/1255/03<br />
** Zilker T et al. Rauchgasinhalations-Intoxikation – Ursachen, Primärversorgung und Handlungsempfehlung. Der Notarzt 2010;26:95-102.
Handlungsempfehlung bei Rauchgasintoxikation *<br />
� Selbstschutz beachten<br />
Bewusstseinslage<br />
(z.B. nach GCS)<br />
Neurologie<br />
Basismaßnahmen<br />
Antidot<br />
Abtransport<br />
Patient mit Rauchgaskontakt � Rettung durch Feuerwehr<br />
Bewusstlosigkeit<br />
(GCS ≤ 9)<br />
evtl. Krampfanfall,<br />
Synkope<br />
+<br />
Begleitverletzungen<br />
beachten!<br />
Hydroxocobalamin<br />
max. 140 mg/kg KG<br />
Klinik, evtl. Spezialklinik,<br />
ggf. Druckkammer<br />
Bewusstseinstrübung<br />
(GCS = 10-13)<br />
Bewusstseinsklarheit<br />
(GCS ≥ 14)<br />
keine fokalen Ausfälle keine Ausfälle<br />
+ Monitoring<br />
Hydroxocobalamin<br />
70 mg/kg KG<br />
bei Kreislaufi nstabilität<br />
Klinik, evtl. Spezialklinik<br />
(Druckkammer,<br />
wenn COHb > 25 %<br />
od. cere brale Symptome)<br />
Modifi ziert nach: Zilker T et al. Rauchgasinhalations-Intoxikation – Ursachen, Primärversorgung und Handlungsempfehlung. Der Notarzt 2010;26:95-102.<br />
Bei Bronchospastik:<br />
Beta 2 –Agonisten als<br />
Aerosol<br />
Ambulante Versorgung<br />
vor Ort, evtl. Klinik