Dampfkraftwerk Ulm · Maschinenhaus um 1914 - AG West e.V.

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6 prowest Wie heiraten denn die anderen? Serie (5) –Bei den Vorbereitungen einer Hochzeit und den zugehörigen Feierlich- keiten wirken Traditionen und Konventionen mit. Diesmal durcheilt ProWest den multikulturellen Hochzeitsdschungel auf türkischen Pfaden. Feiern im Kreise von 1000 Lieben Türkische Hochzeiten unterscheiden sich, wenn sie in der Türkei oder in Deutschland stattfinden. In der Türkei gilt eine Feier als groß, wenn dazu 200 Gäste eingeladen werden, in Deutschland aber geht es pompöser zu. Zwischen 500 und 1000 Gäste sind die Regel. Der pure Wahnsinn. Ob das mit dem Vorhandensein entsprechend großer Säle zusammenhängt oder mit dem Status als Migrant, der zeigen will, dass er es zu „was“ gebracht hat, sei dahingestellt. In der Türkei, in ländlichen Gebieten jedenfalls, finden Hochzeitsfeiern außerdem zumeist im Freien und daher in den Sommermonaten statt. Die Riten hingegen blieben unverändert. Ein, zwei Tage vor der Vermählung gibt es für Männer den Junggesellenabend; sie machen noch einmal richtig einen „drauf“, Essen, Trinken, Disco. Braut, Freundinnen und weibliche Familienmitglieder begehen den „HennaAbend“. Die Einkleidung der Braut gehört ebenso dazu wie das Bemalen ihrer Hände und Füße mit Henna durch eine „glücklich verheiratete Frau“ und das Bedecken ihres Gesichts mit einem roten Tuch. Dieser Ritus ist dazu dienlich, vor „bösen Blicken“ zu schützen. Am Tag der Hochzeit gehen Braut, ihre Freundinnen und die weiblichen Mitglieder der Familien zum Friseur. Die Rechnung bezahlt der Bräutigam, der die Braut hernach von zu Hause abholt, mit einem möglichst dicken Auto, versteht sich. Religiöse Feier gibt es keine, die weltliche Trauung hat vorher schon stattgefunden, entweder auf dem Konsulat, oder vor einem deutschen Standesamt. Große Bedeutung hat diese nicht. Oft versuchen Kinder die Hochzeitskarosse zu behindern. Gegen eine Aufbesserung des Taschengelds durch den Bräutigam machen sie den Weg frei für den „Konvoi“, der sich nun hupend in Bewegung setzt. Am Ort der Feier werden nach dem ersten Tanz erst einmal die Geschenke verteilt, in der Regel Gold, Edelsteine und Geld. Über Lautsprecher wird bekannt gegeben, wer wie viel beisteuerte. Dazu kommt die Aussteuer. Die Braut „bringt“ das Schlafzimmer und die Haushaltsutensilien „mit“, der Bräutigam den Rest der Einrichtung. Bezahlen tun das die jeweiligen Eltern. Da das Paar vorher in der Regel noch bei den Eltern gewohnt hat, gibt es selten einen Grundstock. Das kommt also zu den immensen Kosten einer Hochzeit noch hinzu. Die Feier zahlt allein die Seite des Bräutigams, 10 bis 20.000 Euro können da schon zusammen kommen. Neuerdings wird die Feier via „HochzeitsTV“ gleich noch live in die Türkei übertragen. Sie besteht aus Essen, Trinken und Tanzen. Einlagen und Sketche, wie bei deutschen Hochzeiten, sind unbekannt, eine „Brautentführung“ wäre undenkbar, ein Skandal. Hochzeitszeitungen hingegen sind allmählich im Kommen. Dass eine Hochzeit in voller Länge gefilmt wird, das ist obligatorisch. Protokoll: thv Mir bleibt nichts anderes übrig. Ich muss dein Kinderzimmer zum Sanierungsgebiet erklären! Zeichnung: Dino Butz
Dauerwelle für Sie und für Ihn Bis zu meinem 60. Lebensjahr stand ich im Berufsleben, immer fest verbunden mit dem Salon Gerstlauer, den anfangs mein Onkel führte. Johannes hieß er im Vornamen, die Älteren werden sich an ihn erinnern. Er war es auch, der mich bedrängt hatte, Friseuse zu lernen. Nun ja, ein Beruf, der zwar kein Spaß war, den ich aber auch nicht ungern ausgeübt hatte. Der ursprüngliche Salon befand sich in der Karlstraße, Mein Onkel hatte ihn übernommen, der Vorbesitzer war ein Nazi, der dann wegzog, ich glaube nach Blaustein. Mein Onkel war so glücklich gewesen über diese Gelegenheit. Beim großen Luftangriff auf Ulm am 17.Dezember 1944 wurde das Gebäude schwer getroffen. Eine Trockenhaube, ein paar Wickel, ein, zwei Stühle, das war alles, was von der Einrichtung zu retten war. Mein Onkel eröffnete ihn nach dem Krieg wieder, aber an anderer Stelle, in der Hauffstraße nahe dem heutigen Landratsamt. Der „Salon“ bestand aus einem einzigen Raum, der durch einen Vorhang geteilt werden konnte. Warum? Die Damen wollten sich doch mit nassen Haaren nicht den Herren zeigen. Ich war von Anfang an an diesem neuen Standort mit dabei. Zuständig war ich hauptsächlich, aber nicht nur für die Damen. Ich habe, wenn’s sein musste, auch Männer eingeseift oder sie nackig gemacht, also eine Glatze geschnitten, wenn das einer wollte. Bei den Damen war die Dauerwelle die Standardaufgabe, neben dem Färben natürlich. Dauerwellen sind eine aufwändige Angelegenheit, das dauert bis zu drei Stunden. Und jetzt fragen Sie nicht, warum Damenfrisuren so sehr viel teurer sind; der Aufwand ist einfach sehr viel größer. Bei Männern, da geht es ja nur um einen Haarschnitt, bei den meisten zumindest. Wenn eine Frau auch noch wenig Haar hatte, dann ist das ein Problem, dann wurde es nochmals schwieriger. Der Salon war im wahrsten Sinne des Wortes ein Familienbetrieb. Auf meinen Onkel folgte mein Sohn, der so magazin 7 mit mein Chef wurde. Unser Verhältnis klappte prima. Er musste später dann seinen Beruf aufgeben, weil er Rückenprobleme bekam. Von solchen Berufskrankheiten bin ich Gott sei Dank verschont geblieben. Im Salon arbeiteten auch einige Angestellte. Unsere Kundschaft kam sowohl aus dem Quartier, das sie heute „Dichterviertel“ nennen, als auch aus dem restlichen Ulm. Jeder im Salon hatte seineStammkundschaft. Meine Haare lasse ich mir nach wie vor regelmäßig richten, von einer früheren Angestellten übrigens, die zu mir nach Hause kommt. Alle sechs Wochen ist Schneiden angesagt, alle drei Monate eine neue Dauerwelle fällig. Bei großen Wickeln hält sie allerdings nicht so lange. Da fällt mir ein, es gab auch Männer, die eine Dauerwelle wünschten. Hab’ ich denen dann gemacht, warum auch nicht? Wenn’s einer will, soll er’s haben. Protokoll: Thomas Vogel Ingeborg Bückle, 83, ist in der damals noch weitgehend unbebauten und von Gärten durchzogenen Einsteinstraße aufgewachsen. Sie wohnt in der Mörikestraße und kommt regelmäßig mit ihrem Lebensgefährten Niko Kazakidis ins Weststadthaus.
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