Schüfeli auf Bohnen
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Schon als Kind hat man mir Weihnachten mit Klischee-<br />
Vorstellungen vermiest. Während nette, unschuldige<br />
Büblein Anfang der 50er-Jahre an einer Blockflöte rumnuckelten<br />
und «Ihr Kinderlein kommet» unter den<br />
Baumkerzchen runterrabsten, hiess es: «Das Kind ist<br />
unmusikalisch. Aber begabt fürs Drama!»<br />
Meine ehrgeizige Mutter sah in mir bereits einen<br />
zweiten Hans Albers – nur weil die Kindergarten-Tante<br />
(heute würde man vom Kita-Vorstand sprechen) ihr zugeflüstert<br />
hatte: «Keiner spielt den Engel der Verkündung<br />
dramatischer als Ihr Kleiner!»<br />
DAS WAR DOCH SCHON MAL WAS!<br />
Wenn Mutter schon beim Trämler danebengegriffen<br />
hatte, wollte sie zumindest das Kind zu einem Volksschauspieler<br />
hochfrisieren. Schlimmstenfalls konnte er<br />
immer noch Staatspräsident oder Priester werden.<br />
Während ich also sehnsüchtig zum phallischen Instrument<br />
schaute, <strong>auf</strong> dem meine Schwester Rosie wie ein<br />
Kaninchen an der Rübe rumnagte, zückte die verblendete<br />
Mutter im Bücherschrank ein Bändchen hervor, das den<br />
verheissungsvollen Titel «Mer saage-n-uff!» trug.<br />
Das Büchlein sagte «MER». Aber natürlich blieb die<br />
ganze Sauce an mir hängen. ICH war der Aufsager. Und<br />
Mutter nur die Zubläserin sowie die Geschwindigkeits-<br />
Kommandostelle: «Langsamer, Bubi, schön mit Gefühl …»<br />
In meinem Kopf jagten die Ganglien. Und: Nada, nada,<br />
nada. BLACKOUT.<br />
Schon kam auch der frustrierte Seufzer meiner Eisl<strong>auf</strong>mutti<br />
vor der Festgemeinde: «Gestern hat ers noch<br />
gekonnt!»<br />
Sie schickte als Ersatz die Nager-Rosie mit der Flöte<br />
vor den Ast. Und natürlich düüdelte die jetzt «Kommet<br />
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