Hessens Campus www.region-mittelhessen.de - invest-in-hessen
Hessens Campus www.region-mittelhessen.de - invest-in-hessen
Hessens Campus www.region-mittelhessen.de - invest-in-hessen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Dieter posch ist zum zweiten mal, nach sechsjähriger<br />
Unterbrechung, Wirtschaftsm<strong>in</strong>ister <strong>de</strong>s lan<strong>de</strong>s Hessen.<br />
Im „Wirtschaftsmagaz<strong>in</strong> Hessen“ äußert er sich zum verkehr<br />
auf schiene und straße, zum „Konjunkturprogramm“ flughafenausbau<br />
sowie zur Anziehungskraft von Kulturevents.<br />
Wirtschaftsmagaz<strong>in</strong> <strong>hessen</strong>: Herr<br />
M<strong>in</strong>ister, e<strong>in</strong>er Frankfurter Tageszeitung<br />
haben Sie anvertraut, dass Sie regelmäßig<br />
mit <strong>de</strong>r Bahn zwischen Ihrem Wohnort<br />
<strong>in</strong> Nord<strong>hessen</strong> und Ihrem Arbeitsplatz<br />
im Rhe<strong>in</strong>-Ma<strong>in</strong>-Gebiet pen<strong>de</strong>ln.<br />
Warum gibt <strong>de</strong>r hessische M<strong>in</strong>ister für<br />
Wirtschaft, Verkehr und Lan<strong>de</strong>sentwicklung<br />
<strong>de</strong>r Bahn <strong>de</strong>n Vorrang?<br />
DIeter Posch: Es ist e<strong>in</strong>fach zweckmäßig:<br />
Erstens könnten Sie <strong>de</strong>n ICE<br />
auf <strong>de</strong>r Strecke Kassel–Frankfurt nicht<br />
mal mit e<strong>in</strong>em Ferrari als Dienstwagen<br />
schlagen. Zweitens kann ich im Zug besser<br />
Akten studieren als im Autositz. Und<br />
drittens erspare ich me<strong>in</strong>em Fahrer, zu<br />
nachtschlafen<strong>de</strong>r Zeit aufzustehen, um<br />
mich morgens <strong>in</strong> Melsungen abzuholen<br />
– ganz abgesehen davon, dass dabei ja<br />
auch Überstun<strong>de</strong>n und hohe Treibstoffkosten<br />
anfallen. Da ist e<strong>in</strong>e Zugfahrt für<br />
alle Beteiligten besser und für <strong>de</strong>n Steuerzahler<br />
billiger.<br />
Welchen Verbesserungsbedarf sehen Sie<br />
im Fernverkehr <strong>de</strong>r Deutschen Bahn?<br />
Wir haben e<strong>in</strong>e ganze Menge Wünsche:<br />
Ausbau <strong>de</strong>s Knotens Frankfurt, Ausbau<br />
<strong>de</strong>r K<strong>in</strong>zigtalstrecke, damit die ICEs<br />
dort nicht zur Bummelbahn wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n<br />
Neubau <strong>de</strong>r Schnellstrecke Frankfurt–<br />
Mannheim mit Anb<strong>in</strong>dung Darmstadts,<br />
<strong>de</strong>n Erhalt <strong>de</strong>r Mitte-Deutschland-Verb<strong>in</strong>dung<br />
und noch e<strong>in</strong>ige an<strong>de</strong>re. Lei<strong>de</strong>r<br />
ist die Bahn chronisch unterf<strong>in</strong>anziert.<br />
Der Hauptbahnhof <strong>de</strong>r F<strong>in</strong>anzmetropole<br />
Frankfurt ist noch heute e<strong>in</strong> Kopfbahnhof<br />
– e<strong>in</strong> echter Zeitfresser also. Dagegen<br />
nehmen die Umsteigemöglichkeiten<br />
auf die Schiene am Flughafen stetig zu.<br />
Wie wichtig wird das <strong>in</strong> Zukunft für Geschäfts-<br />
und Privatkun<strong>de</strong>n se<strong>in</strong>?<br />
Der Flughafen-Fernbahnhof b<strong>in</strong><strong>de</strong>t<br />
<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie <strong>de</strong>n Flughafen an die<br />
Schiene an, ist aber auch e<strong>in</strong>e wichtige<br />
Schnittstelle im Fernbahnnetz. Die zentrale<br />
Rolle spielt aber <strong>de</strong>r Hauptbahnhof,<br />
an <strong>de</strong>m sich ja nicht nur die Fernl<strong>in</strong>ien<br />
kreuzen, son<strong>de</strong>rn auch Regional- und<br />
Lokalverkehr, <strong>de</strong>r e<strong>in</strong>e Großstadt und<br />
<strong>de</strong>n sie umgeben<strong>de</strong>n Wirtschaftsraum<br />
erschließt. Hier halten täglich 350<br />
Fernzüge sowie 1400 Regional- und S-<br />
Bahnen. Er ist die zentrale Drehscheibe<br />
Deutschlands. Damit er diese Rolle weiter<br />
spielen kann, ist e<strong>in</strong>e ganze Reihe<br />
von Maßnahmen erfor<strong>de</strong>rlich, die wir im<br />
Konzept „Frankfurt Rhe<strong>in</strong> Ma<strong>in</strong> plus“<br />
zusammengefasst und zum Teil – wie<br />
das elektronische Stellwerk – schon umgesetzt<br />
haben.<br />
Auch das S-Bahn-Netz <strong>in</strong> Rhe<strong>in</strong>-Ma<strong>in</strong><br />
stößt angesichts von alle<strong>in</strong> täglich<br />
300 000 Frankfurt-Pendlern schnell an<br />
se<strong>in</strong>e Grenzen. Wie kann man <strong>de</strong>n Nahverkehr<br />
attraktiver machen?<br />
Das fängt schon bei <strong>de</strong>n Bahnhöfen<br />
an. Deshalb för<strong>de</strong>rn wir <strong>de</strong>ren Mo<strong>de</strong>rnisierung:<br />
Man muss bequem e<strong>in</strong>- und<br />
aussteigen können, Vi<strong>de</strong>okameras sollen<br />
das Sicherheitsgefühl verbessern, und<br />
man muss se<strong>in</strong> Auto o<strong>de</strong>r Fahrrad sicher<br />
abstellen können. Wir müssen die unterschiedlichen<br />
Verkehrsmittel so verb<strong>in</strong><strong>de</strong>n,<br />
dass e<strong>in</strong>e geschlossene Wegekette<br />
möglich wird. Ob dieses Angebot dann<br />
angenommen wird, hängt entschei<strong>de</strong>nd<br />
von <strong>de</strong>r Pünktlichkeit <strong>de</strong>r öffentlichen<br />
Verkehrsmittel ab.<br />
Und um die ist es nicht zum Besten bestellt!<br />
Auf <strong>de</strong>n hochausgelasteten Strecken im<br />
Rhe<strong>in</strong>-Ma<strong>in</strong>-Gebiet müssen die S-Bahnen<br />
lei<strong>de</strong>r zu oft an<strong>de</strong>re Züge überholen<br />
lassen. Da s<strong>in</strong>d Fahrpläne nur schwer<br />
e<strong>in</strong>zuhalten. Deshalb brauchen wir<br />
auf manchen Strecken eigene S-Bahn-<br />
Gleise. Dem Regionalverkehr geht es<br />
nicht besser, weil er sich <strong>in</strong> Richtung<br />
Mannheim und Fulda die Gleise mit immer<br />
mehr Fern- und Güterzügen teilen<br />
muss. Wir müssen zu e<strong>in</strong>er Entmischung<br />
kommen. Deshalb wür<strong>de</strong>n die bei<strong>de</strong>n<br />
geplanten ICE-Trassen – nach Mannheim<br />
und nach Fulda – auch <strong>de</strong>m Nahverkehr<br />
helfen. Und <strong>de</strong>m Güterverkehr<br />
ebenso.<br />
Nach Ihrer E<strong>in</strong>schätzung wird <strong>de</strong>r Güterfernverkehr<br />
bis 2025 um 65 Prozent<br />
auf <strong>de</strong>r Schiene und sogar um 74 Pro-<br />
zent auf <strong>de</strong>r Straße zulegen. Wie wappnet<br />
sich das Land dafür?<br />
Die Maßnahmen zur Ertüchtigung <strong>de</strong>s<br />
Knotens Frankfurt dienen auch <strong>de</strong>m Güterzugverkehr.<br />
Aber für die Eisenbahnstrecken<br />
ist <strong>de</strong>r Bund zuständig, und <strong>de</strong>r<br />
gibt seit Jahren zu wenig Geld für die<br />
Schiene aus. Beim Straßenverkehr haben<br />
wir mehr eigene Möglichkeiten. Große<br />
Neubaumaßnahmen aber wird es hier<br />
auf absehbare Zeit nicht mehr geben.<br />
Wenn wir Mobilität weiter sichern wollen,<br />
müssen wir die Verkehrswege besser<br />
nutzen und die Verkehrsträger besser<br />
aufe<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r abstimmen.<br />
Was heißt das konkret?<br />
Im Rahmen unseres Projekts „Staufreies<br />
Hessen“ etwa haben wir gute Erfahrungen<br />
gemacht mit <strong>de</strong>r zeitweisen Freigabe<br />
<strong>de</strong>r Standstreifen. Das hat die Staus<br />
drastisch verm<strong>in</strong><strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>shalb wollen wir<br />
diesen Weg weitergehen. Wir unterstützen<br />
aber auch die wissenschaftliche Forschung<br />
an effizienten Logistikkonzepten.<br />
Deshalb engagieren wir uns beim<br />
House of Logistics and Mobility. Denn<br />
Hessen lebt von Mobilität.<br />
zUr person<br />
Dieter Posch ist seit 2009 erneut hessischer<br />
M<strong>in</strong>ister für Wirtschaft, Verkehr<br />
und Lan<strong>de</strong>sentwicklung. Der gebürtige<br />
Wiener arbeitete nach <strong>de</strong>m Abschluss<br />
<strong>de</strong>s Zweiten Juristischen Staatsexamens<br />
zunächst als Verwaltungsjurist beim<br />
Regierungspräsi<strong>de</strong>nten <strong>in</strong> Kassel. Se<strong>in</strong>e<br />
politische Karriere startete als FDP-<br />
Kreistagsabgeordneter, 1987 wur<strong>de</strong> er<br />
erstmals <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Hessischen Landtag gewählt.<br />
Dort profilierte er sich unter an<strong>de</strong>rem<br />
<strong>in</strong> <strong>de</strong>r Wirtschafts- und Verkehrspolitik.<br />
1999 begann se<strong>in</strong>e erste Amtszeit<br />
als Wirtschaftsm<strong>in</strong>ister, nach<strong>de</strong>m er<br />
zuvor bereits als Staatssekretär <strong>in</strong> <strong>de</strong>m<br />
M<strong>in</strong>isterium gewirkt hatte. Der Vater<br />
von zwei K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn lebt mit se<strong>in</strong>er Familie<br />
<strong>in</strong> Nord<strong>hessen</strong>, fährt gerne Rennrad,<br />
Mounta<strong>in</strong>bike und Ski. Außer<strong>de</strong>m mag<br />
er Kabarett, aktiv wie passiv.<br />
23