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PSG-Magazin 5-2016_Web

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PSYCHISCHE<br />

GEFÄHRDUNGEN<br />

12/16<br />

am<br />

Arbeitsplatz<br />

erkennen.<br />

vorbeugen.<br />

handeln.<br />

Gesunde Arbeit für<br />

zufriedene Mitarbeiter<br />

Jürgen Loga<br />

ist Ihr Experte für<br />

die Umsetzung des<br />

psychischen Arbeitsschutzes<br />

im Betrieb.<br />

Er hat in diesem Bereich<br />

langjährige Praxiserfahrung.<br />

juergen.loga@<br />

mediaforwork.de<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

letzten Monat stellte ich bei einem Unternehmen<br />

vor Ort Folgendes fest: Es kümmert sich zwar um<br />

eine Einschätzung der psychischen Gefährdung der<br />

Arbeitnehmer und ergreift danach auch geeignete<br />

Maßnahmen.<br />

Aber leider dokumentiert es diese nicht korrekt und<br />

bekommt deshalb ein Problem mit der Gewerbeaufsicht.<br />

Generell ist auch die Berücksichtigung der<br />

Bildschirmarbeitsplätze hinsichtlich der psychischen<br />

Belastung zumindest auf dem Papier immer noch<br />

eine Grauzone!<br />

Bislang hat der Gesetzgeber keine umfassende Verordnung<br />

erlassen, die die geforderten Abläufe klarer<br />

beschreibt, wenn es um den psychischen Arbeitsschutz<br />

geht. Mit der neuen Arbeitsschutzverordnung<br />

dürfte sich dies ab dem Jahr 2017 ändern. Ich bleibe<br />

mit meinem Team dran – und halte Sie auf dem<br />

Laufenden!<br />

Herzlichst<br />

Vorsicht vor Stress-Studien:<br />

Warum Sie diesen nicht immer<br />

glauben schenken dürfen!<br />

Viel wurde im Oktober darüber berichtet: Die Techniker Krankenkasse<br />

hat festgestellt, dass die Menschen im Norden des Landes weniger Stress<br />

und Druck empfinden als im Süden. So fühlen sich in Schleswig-Holstein,<br />

Hamburg, Niedersachsen, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern nur<br />

54 % der Menschen regelmäßig gestresst, während im Süden mehr als<br />

66 % davon betroffen sind.<br />

Aber: Bei derselben Erhebung wurde auch gefragt, wie glücklich sich<br />

die Menschen fühlen. Die Überraschung: 90 % der Befragten gaben<br />

an, trotz Stress generell glücklich zu sein. Und ausgerechnet in Baden-Württemberg<br />

mit dem höchsten Stress-Anteil waren die Befragten<br />

„besonders glücklich“.<br />

Fragen Sie sich: Was soll eine solche Studie beweisen? Dass der Norden<br />

stabiler gegen Stress ist? Oder viel Stress sehr glücklich macht?<br />

Glauben Sie nicht vorschnell allen Studien, bleiben Sie stets kritisch<br />

und skeptisch!<br />

DOWNLOAD-HINWEIS:<br />

Die Studie der TK finden Sie im Downloadbereich.<br />

5 Maßnahmen, mit denen Sie<br />

trotz Hektik auch am 26.12.<br />

gesund bleiben<br />

Der Weihnachtsbaum ist geschmückt, die Geschenke sind<br />

gekauft, die Bescherung ist geschafft: Aber kaum hat der<br />

Weihnachtsurlaub begonnen, liegen viele Menschen krank<br />

im Bett. Ausgerechnet Erholungsbedürftige haben ab dem<br />

26.12. sehr oft mit diesem Phänomen zu kämpfen. Doch es<br />

gibt 5 einfache Maßnahmen, um das Problem zu umgehen.<br />

Es ist das Leisure Sickness Syndrom (LSS), das zwischen den<br />

Feiertagen wieder zuschlägt. Übersetzt man den Begriff mit<br />

„Freizeit-Krankheit“, beschreibt er die Tatsache, ausgerechnet<br />

im Urlaub oder an Feiertagen krank zu werden. Die niederländische<br />

Universität Tilburg hat dazu 2015 eine Befragung<br />

durchgeführt und festgestellt, dass 3,5 % der Männer<br />

und 3 % der Frauen davon betroffen sind. Im Vergleich dazu<br />

sind von Krankheiten im Normalfall 3,86 % der Menschen<br />

betroffen (siehe https://goo.gl/DxWiBI ). Das bedeutet, dass<br />

also nahezu jeder Mensch diesen Effekt kennt!<br />

Fortsetzung auf Seite 2<br />

3 Hinweise, damit die „flexible Arbeitszeit“<br />

rechtssicher wird<br />

Die Stechuhr wird immer seltener.<br />

Gerade bei Büroarbeitsplätzen ohne<br />

feste Geschäftszeiten nimmt die flexible<br />

Arbeitszeitregelung zu. Was Arbeitgeber<br />

beachten müssen. Seite 3<br />

Wie Ernährung und psychische Belastung<br />

zusammenhängen<br />

Bei Zeitdruck in der Mittagspause werden<br />

schnelle Mahlzeiten bevorzugt. Ein fataler<br />

Fehler. Warum Arbeitgeber auf die Ernährung<br />

der Mitarbeiter achten sollten.<br />

Seite 4–5<br />

„Initiative Neue Qualität der Arbeit“:<br />

Attraktive staatliche Subventionen<br />

80 % der Beraterleistung, die den gesunden<br />

Arbeitsplatz fördert, subventioniert der Staat.<br />

Ein tolles Angebot, das zu wenige Unternehmen<br />

kennen. Nutzen Sie Ihre Chance und<br />

informieren Sie sich. Seite 6<br />

Arbeitshilfen unter www.psychische-gefährdung-portal.de ➔ Passwort: Motivation 1


PSYCHISCHE<br />

GEFÄHRDUNGEN<br />

am<br />

Arbeitsplatz<br />

Fortsetzung von Seite 1<br />

Psychologen vermuten mehrere Ursachen für das gehäufte Auftreten<br />

von Krankheiten in dieser Zeit und haben Vorschläge, um<br />

die Feiertage oder den Urlaub zu retten.<br />

Denn eines ist Fakt: Ohne Entspannung geht es nicht!<br />

Als eine Ursache vermutet man, dass sich zum einen im Urlaub<br />

die Körperwahrnehmung verändert. Im Liegestuhl schenkt man<br />

jedem Symptom einfach mehr Aufmerksamkeit als bei höchstem<br />

Stress. Zum anderen weiß man aber auch, dass Stress die Anfälligkeit<br />

für Infektionskrankheiten erhöht und gleichzeitig das<br />

Stresshormon Cortisol auch die Immunabwehr unterdrückt!<br />

5 Maßnahmen, die Sie Ihren Mitarbeitern<br />

weiterempfehlen sollten<br />

Der Arbeitgeber kann die psychische Belastung gerade vor der<br />

Urlaubszeit senken, indem er seine Arbeitnehmer informiert und<br />

ihnen die folgenden 5 Maßnahmen vorschlägt:<br />

1. Tipp: Planen Sie den Stress im Voraus<br />

Weihnachten kommt auch dieses Jahr wieder am 24.12. – und<br />

auch das Jahresende dürfte erneut auf den 31.12. fallen. Und so,<br />

wie es im Krankheitsfall eine „Wiedereingliederung“ gibt, könnten<br />

Sie auch eine „Wiederausgliederung“ planen. Das bedeutet:<br />

Sorgen Sie dafür, dass der Arbeitsaufwand durch rechtzeitiges<br />

Handeln in den letzten 5 Tagen immer kleiner wird – und Sie<br />

jeden Arbeitstag früher beenden. Bitten Sie daher alle Kolleginnen<br />

und Kollegen, bis zu einem bestimmten Termin im Voraus<br />

alle noch offenen Punkte zu klären oder anzufragen. Weisen Sie<br />

darauf hin, dass Sie schon vor den Feiertagen nur eingeschränkt<br />

erreichbar sind, damit Ihre Beschäftigten z. B. Überstunden<br />

abbauen. Hilfreich ist es dabei, wenn Sie und Ihre Mitarbeiter<br />

Ihre Erreichbarkeit und die bevorstehende Abwesenheit in der<br />

E-Mail-Signatur sowie auf dem Anrufbeantworter ankündigen.<br />

2. Tipp: Bereiten Sie sich auf Ihren Urlaub körperlich vor<br />

Besonders in der Hoch-Stress-Phase kümmern sich die meisten<br />

Menschen zu wenig um Bewegung in der freien Natur, sodass das<br />

Immunsystem nicht mehr richtig arbeiten kann. Deshalb sollten<br />

Sie schon in der Woche vor dem Urlaub 2-mal abends oder morgens<br />

eine halbe Stunde in einen strammen Spaziergang investieren.<br />

Das lässt sich oft leichter organisieren, als Sie denken:<br />

eine Station früher aus der S-Bahn aussteigen, absichtlich einen<br />

entfernteren Parkplatz sichern, in der Mittagspause ein entferntes<br />

Restaurant wählen – bestimmt haben Sie noch andere Ideen!<br />

3. Tipp: Entflechten Sie die Urlaubszeit<br />

Versuchen Sie nicht, im Urlaub alle Aktivitäten in einen Tag hineinzupressen.<br />

Verteilen Sie bewusst Ihre Planungen über den<br />

ganzen Urlaub! Beispiel: Empfehlen Sie Ihren Mitarbeitern, vor<br />

und nach ihrer Urlaubsreise noch ein bis 2 Tage Erholung zu<br />

Hause einzuplanen. Das entspannt die Arbeit vor und nach dem<br />

Urlaub und beugt Unkonzentriertheit vor.<br />

4. Tipp: Kein Last-Minute-Arbeitsplatz-Putz<br />

Ja, er sieht schon schön aus, so ein aufgeräumter Schreibtisch. Aber<br />

um welchen Preis? Last-Minute ist gut für den Urlaub, aber schlecht<br />

für den Arbeitsalltag. Deshalb: Beginnen Sie schon 2 Wochen vor<br />

den Feiertagen, den Arbeitsplatz schrittweise aufzuräumen. Und<br />

auch die vielen E-Mails müssen nicht erst am letzten Tag gesichtet<br />

werden. Wie wäre es mit einem wöchentlichen Aufräumritual?<br />

5. Tipp: Keine E-Mails während des Urlaubs empfangen!<br />

Wurden im Jahr 2014 laut dem Verband Bitkom durchschnittlich<br />

14 E-Mails jeden Tag am Arbeitsplatz gelesen, waren es im Jahr<br />

<strong>2016</strong> schon 36 E-Mails. Das bedeutet für Sie: Nach einem 14-tägigen<br />

Urlaub warten über 500 E-Mails auf Sie!<br />

Aktivieren Sie daher während Ihres Urlaubs folgende Abwesenheitsnachricht:<br />

„Ich befinde mich bis zum xx.xx.xxxx nicht an meinem<br />

Arbeitsplatz und kann Ihre E-Mail nicht lesen. Sie wird auch<br />

nicht weitergeleitet. Sollte es sich um etwas Dringendes handeln,<br />

nehmen Sie bitte Kontakt mit meinem Stellvertreter auf: (Telefonnummer<br />

und E-Mail-Adresse).“<br />

Nach dem Urlaub legen Sie in Ihrem E-Mail-Programm einen<br />

Ordner „E-Mails während des Urlaubs“ an (Beschreibung unter<br />

https://goo.gl/lOywG7) und verschieben alle E-Mails ungelesen<br />

dorthin. Keine Sorge: Wenn Sie später Ihren Posteingang nach<br />

E-Mail-Informationen durchsuchen, werden auch die E-Mails<br />

in dem Ordner gefunden und aufgelistet – es geht Ihnen also<br />

nichts verloren!<br />

©alphaspriit - fotolia.com<br />

Der Horror: Zeitdruck vor dem Urlaub. Arbeitgeber und<br />

Führungskräfte können ihren Mitarbeitern vorleben wie sich<br />

das vermeiden lässt.<br />

MEIN TIPP:<br />

Arbeitgeber können mit diesen 5 Maßnahmen den Arbeitnehmern<br />

helfen, sich im Urlaub zu erholen und<br />

nicht krank zu werden – geben Sie diese Hinweise deshalb<br />

unbedingt weiter! Im Downloadbereich haben wir<br />

ein Informationsblatt für Sie bereitgestellt, das Sie jedem<br />

Arbeitnehmer aushändigen können!<br />

2<br />

www.psychische-gefährdung-portal.de


PSYCHISCHE<br />

GEFÄHRDUNGEN<br />

3 Hinweise, damit die „flexible Arbeitszeit“ rechtssicher wird<br />

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat den<br />

„Arbeitszeitreport <strong>2016</strong>“ herausgebracht. Er soll Arbeitgebern<br />

und Arbeitnehmern helfen, mit dem Thema „flexible Arbeitszeit“<br />

zukünftig besser umzugehen. Im Folgenden finden Sie eine<br />

Zusammenfassung der wichtigen Hinweise, auf die Sie achten<br />

sollten.<br />

Der genannte Bericht hat erstmals durch eine Befragung von<br />

20.000 Arbeitnehmern ermittelt, wie die Ist-Situation in Bezug<br />

auf Arbeitszeiten aussieht und welche Konsequenzen sich daraus<br />

ergeben. Insbesondere flexible Arbeitszeiten wurden genauer<br />

untersucht, da die Bundesanstalt davon ausging, dass diese<br />

Form der Arbeitszeit auch eine psychische Belastung darstellen<br />

kann. Zusammenfassend ergeben sich aus dem immerhin 190<br />

Seiten starken Papier die folgenden wichtigen Erkenntnisse:<br />

- Je länger die Arbeitszeit, umso schlechter die Gesundheit.<br />

- Je flexibler die Arbeitszeit, desto gesünder die Arbeitnehmer.<br />

Die Flexibilität muss allerdings vom Arbeitnehmer ausgehen:<br />

Wird sie z. B. vom Arbeitgeber vorgegeben, wirkt sie sich negativ<br />

aus.<br />

- Die Arbeit am Wochenende oder in Schichten ist sehr verbreitet<br />

und beeinträchtigt eindeutig die Gesundheit.<br />

- Je kurzfristiger Überstunden angeordnet werden, umso negativer<br />

wirken sich diese auf die Gesundheit der Arbeitnehmer<br />

aus.<br />

- Arbeitnehmer in Teilzeit und gleichzeitig einer anderen Tätigkeit<br />

(450-€-Job) sind weniger oft krank und belastbarer als<br />

Arbeitnehmer, die eine volle Arbeitsstelle haben.<br />

3 Hinweise für den Umgang mit Überstunden<br />

1. Die Anforderung von Überstunden sollte möglichst früh bekannt<br />

gegeben werden. Insbesondere Ihre Führungskräfte<br />

sollten monatlich dieses Thema erörtern und mit den Arbeitnehmern<br />

durchsprechen. Dazu sollte gleichzeitig auch der<br />

Ausgleich der Überstunden und der zu nehmende Resturlaub<br />

geplant werden.<br />

2. Vor allem Arbeitnehmer in der Schicht- oder Wochenendarbeit<br />

sollten spezielle Maßnahmen angeboten bekommen, um<br />

psychische Belastungen abzubauen. Das können spezielle<br />

Sport- oder Entspannungsmaßnahmen in Sportstudios oder<br />

Praxen sein, aber auch Ruheräume beim Arbeitgeber.<br />

3. Regelmäßige Überstunden können auch ein Zeichen für<br />

Überlastung oder ungünstige Zustände am Arbeitsplatz sein.<br />

Die psychische Gefährdungsbeurteilung wird Ihnen schnell<br />

aufzeigen, welche Verhältnisse gerade bei Schicht- und Wochenendarbeit<br />

optimiert werden sollten.<br />

MEIN TIPP:<br />

Ermitteln Sie, wie viele Überstunden in den unterschiedlichen<br />

Abteilungen anfallen. Besprechend Sie<br />

diese 3 Punkte bei dem nächsten Arbeitssicherheits-<br />

Ausschuss mit den Teilnehmern des Gremiums. Suchen<br />

Sie gemeinsam nach Lösungen!<br />

Ab zwei Überstunden pro<br />

Tag werden gesundheitliche<br />

Beschwerden wahrgenommen,<br />

insbesondere Erschöpfung und<br />

Schlafstörungen.<br />

Betriebliches Eingliederungsmanagement:<br />

Neue Regeln<br />

für Betriebsräte<br />

am<br />

Arbeitsplatz<br />

Der Gesetzgeber verlangt von jedem Arbeitgeber die<br />

Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements<br />

(BEM) bei einem Arbeitnehmer, der in den letzten<br />

12 Monaten insgesamt länger als 42 Tage krank war. Vor<br />

allem bei psychischen Erkrankungen (wie z. B. Burnout)<br />

und Rückenerkrankungen kommt dies sehr oft vor. Das<br />

Bundesarbeitsgericht (BAG) hat zur Rolle des Betriebsrats<br />

Festlegungen getroffen, die sowohl Arbeitgeber als auch<br />

Arbeitnehmer kennen sollten.<br />

Der betroffene Arbeitnehmer konnte schon bislang jederzeit<br />

entscheiden, ob er die Einladung zu einem BEM annimmt<br />

und ob der Betriebsrat dabei sein darf. Nach Ansicht<br />

des BAG hat der Betriebsrat aber darüber hinaus kein<br />

umfassendes und pauschales Recht zur Mitbestimmung<br />

darüber, wie bei dem Arbeitgeber ein BEM umgesetzt wird<br />

oder ob und welche Maßnahmen dabei konkret zum Einsatz<br />

kommen. Nach dem Urteil des BAG (Az. ABR 78/10) muss für<br />

jede einzelne Regelung geprüft werden, ob dazu ein Mitbestimmungsrecht<br />

nach den allgemeinen Regeln des Betriebsverfassungsgesetzes<br />

besteht.<br />

DOWNLOAD-HINWEIS:<br />

Vollbeschäftigte in Deutschland<br />

arbeiten im Durchschnitt 43,5 Std./<br />

Woche – ca. 5 Stunden länger, als<br />

vertraglich vereinbart.<br />

Im Downloadbereich finden Sie das Urteil und die Unterlagen<br />

zur BEM-Durchführung. Wenn Sie mehr zum<br />

Thema BEM wissen möchten, hilft dieser YouTube-Film:<br />

https://goo.gl/iQBB67<br />

www.psychische-gefährdung-portal.de<br />

3


PSYCHISCHE<br />

GEFÄHRDUNGEN<br />

am<br />

Arbeitsplatz<br />

Körpersignale wahrnehmen: Wie Ernährung und<br />

psychische Belastung zusammenhängen<br />

67 % der Männer und 53 % der Frauen in Deutschland leiden an Übergewicht. Was viele nicht wissen: Eine<br />

psychische Beanspruchung wirkt sich unmittelbar auf das Essverhalten aus – und erzeugt in der Regel immer<br />

ein Extrem: Übergewicht oder Untergewicht. Mit fatalen gesundheitlichen Folgen, denn Arbeitnehmer mit<br />

Essstörungen sind öfters krank und weniger leistungsfähig. Die wichtigsten Fakten haben wir hier für Sie<br />

zusammengetragen.<br />

Stress kann<br />

eine angespannte<br />

Muskulatur<br />

auslösen.<br />

Stress beeinflusst<br />

das<br />

Essverhalten<br />

mit negativen<br />

Folgen.<br />

Das sagt die Stressforschung<br />

Eine einfache Kettenreaktion führt also letztendlich<br />

zu dem „Körpersignal“ Übergewicht – wie bei anderen<br />

Körpersignalen wie z. B. den Rückenschmerzen.<br />

Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine körperliche<br />

oder psychische Gefährdung handelt, die<br />

am Anfang erkannt wird: Beides löst Stress aus, versetzt<br />

den Körper in eine Alarmsituation. Diese führt<br />

zwangsläufig dazu, dass eine ganze Reihe von Botenstoffen<br />

im Körper aktiviert wird bzw. sich gegenseitig<br />

verstärkt: Stresshormone! Das Ergebnis ist eine bestimmte<br />

Körperreaktion wie etwa eine angespannte<br />

Muskulatur. Wird der Prozess chronifiziert, finden<br />

also ständig so initiierte Körperreaktionen statt, entsteht<br />

daraus ein dauerhaftes Körpersignal: etwa permanent<br />

angespannte Muskeln, aber auch der Stoffwechsel<br />

ändert sich!<br />

DAS BEDEUTET FÜR SIE:<br />

Wenn sich ein Arbeitnehmer z. B. aufgrund<br />

von Stress falsch ernährt, wird er mehr körperliche<br />

Beschwerden bekommen und daher<br />

öfter krank werden. Die BGM-Kennzahl „AU-<br />

Tage“ zeigt also nicht unbedingt nur bakterielle/virusbedingte<br />

Krankheiten und die<br />

Folgen von Unfällen an, sondern kann auch<br />

auf ernährungsbedingte Krankheitsbilder<br />

hinweisen!<br />

Das sagt der Volksmund<br />

„Das schlägt mir auf den Magen“, „Da muss ich mir ein<br />

dickes Fell zulegen“, „Da läuft mir die Galle über“ – der<br />

Volksmund kennt einige passende Beschreibungen für<br />

die Ernährungsprobleme, die aus Stress-Situationen<br />

heraus entstehen. Und tatsächlich beschreiben diese<br />

Aussagen sehr gut, was bei den Betroffenen passiert.<br />

Wenn Sie also bei Kollegen oder Kolleginnen solche<br />

oder ähnliche Sätze hören, weist dies vielleicht schon<br />

auf stressbedingte Ernährungsprobleme hin!<br />

Das sagt die Medizin<br />

Der Zusammenhang zwischen psychischen Belastungen<br />

und einer falschen Ernährung ist den meisten<br />

Menschen klar. Und tatsächlich: Wenn man die aktuellen<br />

Forschungsergebnisse zusammenfasst, stellt man<br />

Gefahr wird<br />

erkannt<br />

❱ ❱ ❱ ❱ ❱<br />

Stress wird<br />

ausgelöst<br />

Stresshormone<br />

werden<br />

produziert<br />

Eine<br />

Körperreaktion<br />

entsteht<br />

Die<br />

Körperreaktion<br />

wird chronisch<br />

Das Körpersignal<br />

entsteht<br />

Das sagt der Physiotherapeut<br />

fest, dass es mindestens 3 Gründe<br />

gibt, warum die Psyche einen so<br />

großen Einfluss hat.<br />

Möglichkeit 1: Die Stress-Situation<br />

soll eigentlich dazu führen, dass<br />

der Mensch nichts mehr essen<br />

kann und sogar Übelkeit empfindet,<br />

wenn er ans Essen denkt. Denn<br />

„voller Bauch rudert nicht gerne“.<br />

Die sonst einsetzende Verdauung<br />

würde zu viel Energie kosten und<br />

eine Flucht vor dem stressauslösenden<br />

Faktor wäre erschwert oder<br />

überhaupt nicht mehr möglich.<br />

Möglichkeit 2: Die Stress-Situation<br />

wirkt sich bei Menschen, die sowieso<br />

auf ihr Gewicht achten, deutlich<br />

stärker aus. Denn das Risiko, durch<br />

Stress die Gewichtskontrolle zu verlieren,<br />

steigt immens, da die Betroffenen<br />

Hunger-/Satt-Signale nicht<br />

mehr richtig interpretieren und keine<br />

Energie mehr haben, sich richtig<br />

zu entscheiden. Gestresste Menschen,<br />

so zeigen zahlreiche Studien,<br />

nehmen deutlich schneller zu.<br />

Möglichkeit 3: Die Stress-Situation<br />

führt auch dazu, dass sich der<br />

Mensch weniger Zeit zum Essen<br />

nimmt – auf Fastfood oder Fertiggerichte<br />

ausweicht oder zu später<br />

Zeit Nahrung zu sich nimmt. Das<br />

alles ist nicht mehr „artgerecht“<br />

und führt daher zu Störungen im<br />

Magen-Darmbereich.<br />

Man weiß mittlerweile, dass die Stress-Situation den<br />

Muskeltonus im menschlichen Körper erhöht. Der Darm<br />

als größter Muskelschlauch ist davon genauso betroffen<br />

wie der Magen – beides kann nicht mehr richtig<br />

arbeiten. Daher hilft es oft, eine Colon- oder eine Entspannungsmassage<br />

durchführen zu lassen. Leider vergessen<br />

viele, dass nicht nur der Gedanke den Körper<br />

beeinflusst, sondern der Körper auch den Gedanken!<br />

Eine Massage, die den Muskeltonus abbaut, wirkt sich<br />

nicht nur auf die Muskulatur entspannend aus, son-<br />

4<br />

www.psychische-gefährdung-portal.de


PSYCHISCHE<br />

GEFÄHRDUNGEN<br />

am<br />

Arbeitsplatz<br />

dern sorgt auch dafür, dass Stresshormone schneller<br />

abgebaut werden.<br />

MEIN TIPP:<br />

Die gesetzlichen Krankenkassen haben für<br />

Arbeitnehmer Ernährungskurse konzipiert,<br />

deren Kosten meist zu 100 % übernommen<br />

werden. Wie wäre es einmal mit einem Betriebsausflug<br />

in eine Diätküche einer Krankenkasse?<br />

Das sagt der Balance-Lotse*<br />

Körpersignale sollten immer zu einer wichtigen Frage<br />

führen: „Was will mir mein Körper damit sagen?“ Es<br />

muss im Interesse des Arbeitgebers liegen, dass die<br />

Arbeitnehmer die Ernährung umstellen. Denn nicht<br />

nur die unmittelbare Folge der Ernährung führt zur<br />

Arbeitsunfähigkeit – auch die Sekundäreffekte wie<br />

Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes<br />

sind regelmäßige Auswirkungen.<br />

Frage 1: Belohne ich mich ständig mit gutem Essen,<br />

weil ich das alles nach dem Tagesstress verdient<br />

habe?<br />

Frage 2: Oder schlinge ich alles in mich hinein, weil<br />

ich keine Zeit habe, mich auch noch um das gesunde<br />

Essen zu kümmern?<br />

Frage 3: Benötige ich bei all der psychischen Belastung,<br />

der ich ausgesetzt bin, ein dickes Fell?<br />

Wichtig ist es, die Ess-Rituale zu verändern. Der Betroffene<br />

muss lernen, dass er mit sich selbst sorgsam<br />

umgehen muss, indem er sich richtig ernährt. Gute und<br />

wertvolle Nahrung ist keine einfache Energieaufnahme,<br />

sondern ein Lebensprinzip: Ich achte auf mich!<br />

Vorbeugend handeln<br />

Eine psychische Gefährdung kann also Körpersignale<br />

wie z. B. Übergewicht oder auch Magersucht auslösen.<br />

Daher gibt es auch vorbeugende Maßnahmen,<br />

die am Arbeitsplatz das Risiko, daran zu erkranken,<br />

deutlich minimieren! Ich habe Ihnen die Maßnahmen<br />

als Checkliste hier zusammengestellt:<br />

Das Mittagsangebot<br />

am Arbeitsplatz<br />

kann<br />

ungesunden<br />

Essgewohnheiten<br />

entgegenwirken.<br />

*Hinweis: Ärzte, Therapeuten oder Menschen mit einer Coaching-Ausbildung lassen sich oft zu einem Balance-Lotsen ausbilden.<br />

Diese Zusatzqualifikation erlaubt den Einsatz von Maßnahmen, die von der gesetzlichen Krankenkasse anerkannt werden.<br />

Verhältnisse<br />

<br />

Wer? Was? Wie oft? Bemerkung<br />

Betriebsarzt<br />

Gespräche mit Arbeitnehmern<br />

regelmäßig, am besten<br />

einmal pro Jahr<br />

oft im Zusammenhang mit Untersuchung<br />

bezüglich Bildschirmarbeitsplatz/Impftermin<br />

BGM-Beauftragter<br />

Einführen von Regeln für<br />

eine richtige Ernährung<br />

bei Besprechungen oder<br />

in der Pause, spezielle<br />

Ernährungsangebote in<br />

der Kantine etc.<br />

ständig<br />

kann auch gut mit Ernährungskursen<br />

der GeK (s. u.) kombiniert<br />

werden<br />

Physiotherapeut<br />

Angebot von Entspannungsmaßnahmen<br />

und<br />

Anregung, selbst solche<br />

Massagen zu besuchen<br />

einmal im Jahr, anlässlich<br />

von BGM-Veranstaltungen,<br />

z. B. als Präventionsmaßnahme<br />

Kosten können als Prävention<br />

vom Arbeitgeber teilweise abgesetzt<br />

werden.<br />

Sie haben keinen Betriebsarzt oder keine Fachkraft für Arbeitssicherheit bestellt? Das Kleinunternehmermodell<br />

Ihrer Berufsgenossenschaft ist für kleinere Arbeitgeber eine gute Lösung. Sie zeigt dem Unternehmer auf,<br />

welche Maßnahmen und Unterstützung ggf. erforderlich sind. Es erfordert dann aber von Ihnen auch entsprechende<br />

Maßnahmen, damit kein Haftungsrisiko besteht. Fragen Sie Ihre Berufsgenossenschaft danach!<br />

Wer Ihre Mitarbeiter<br />

unterstützen<br />

kann.<br />

Verhalten<br />

Wer? Was? Wie oft? Bemerkung<br />

Mental-Coach,<br />

Psychologe,<br />

Balance-Lotse<br />

Stress-Management-<br />

Kurse<br />

1-mal im Jahr ein von der<br />

Krankenkasse anerkannter<br />

Kurs<br />

wird von der Krankenkasse subventioniert,<br />

sofern der Ausführende<br />

eine Zulassung hat<br />

Physiotherapeut,<br />

Sporttherapeut<br />

Entspannungskurs, z. B.<br />

„Progressive Muskelrelaxation<br />

nach Jacobson“<br />

1-mal im Jahr ein von der<br />

Krankenkasse anerkannter<br />

Kurs<br />

wird von der Krankenkasse subventioniert<br />

BGM-Berater;<br />

Ernährungsberatier<br />

Organisation von Ernährungskursen<br />

regelmäßig einmal im<br />

Quartal<br />

wird von den GeK subventioniert<br />

www.psychische-gefährdung-portal.de<br />

5


PSYCHISCHE<br />

GEFÄHRDUNGEN<br />

am<br />

Arbeitsplatz<br />

„Initiative Neue Qualität der Arbeit“: So subventioniert der Staat<br />

bis zu 80 % der Maßnahmen zur Analyse und Optimierung der<br />

Arbeitsplatzverhältnisse<br />

In Deutschland werden zahlreiche Subventions- und Förderprogramme<br />

für kleine und mittlere Unternehmen angeboten. Doch<br />

vielen Arbeitgebern ist nicht bekannt, welche Töpfe breitstehen<br />

und wie sie diese nutzen können. In dieser Ausgabe stelle ich Ihnen<br />

die „Initiative Neue Qualität der Arbeit“ mit dem Förderprogramm<br />

„unternehmensWert:Mensch“ vor. Nach diesem Angebot<br />

können Sie sehr gut die Arbeitsplatzverhältnisse analysieren<br />

und entsprechend optimieren.<br />

Im Jahr 2002 hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales<br />

diese Initiative ins Leben gerufen. In ihr engagieren sich<br />

neben Bund und Ländern zahlreiche Verbände und Stiftungen<br />

gemeinsam für eine moderne Arbeitskultur und Personalpolitik.<br />

Dazu wurden und werden Förderprojekte und Förderprogramme<br />

entwickelt und betrieben, an denen sich Unternehmen verschiedener<br />

Sparten und Größen beteiligen und fördern lassen können.<br />

Das Programm „unternehmensWert:Mensch“ richtet sich an Unternehmen<br />

mit weniger als 250 Beschäftigten. Ihnen wird eine<br />

individuelle Prozessberatung finanziert, um z. B. den psychischen<br />

Arbeitsschutz einzuführen oder zu optimieren.<br />

Unterstützung in 3 Schritten<br />

1. In einer kostenlosen Erstberatung wird der Handlungsbedarf<br />

analysiert, z. B. „Was haben Sie im Bereich BGM und Arbeitsschutz<br />

Psyche schon realisiert?“ Die Förderung wird gemeinsam<br />

besprochen.<br />

2. Es findet die Prozessberatung durch einen zugelassenen Berater<br />

vor Ort statt.<br />

3. Abschließend werden die Ergebnisse ausgewertet.<br />

Je nach Bundesland gibt es unterschiedliche Förderbeträge. Festgelegt<br />

ist, dass nicht mehr als 10 Beratungstage gefördert werden,<br />

wobei jeder dieser Tage nicht teurer als 1.000 € netto sein darf. Je<br />

Unternehmensgröße werden zwischen 50 und 80 % übernommen.<br />

MEIN TIPP:<br />

Best Practice: Interview mit Frau Schlebach<br />

Im Internet finden Sie unter http://www.unternehmens-wert-mensch.de<br />

weitere Informationen und die<br />

jeweiligen Ansprechpartner!<br />

Melanie Schlebach ist als Erstberatungsstelle für „unternehmensWert:Mensch“ die kompetente Ansprechpartnerin, wenn es um<br />

Details, Zulassung und Durchführung geht. Sie ist die Projektleiterin der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises Schwäbisch<br />

Hall und verfügt über viel praktische Erfahrung.<br />

Jürgen Loga: Frau Schlebach, welche Erfahrung haben aus Ihrer Sicht<br />

Unternehmen gesammelt, nachdem diese bei dem Förderprojekt<br />

„unternehmensWert:Mensch“ teilgenommen haben?<br />

Melanie Schlebach: Die ersten Feedbacks sind durchweg positiv. Erst<br />

ein paar wenige haben die Prozessberatung bereits abgeschlossen. Erfreulich<br />

ist der geringe bürokratische Aufwand des Förderprogramms<br />

des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Damit die Impulse<br />

und angestrebten Veränderungen im Unternehmen nachhaltig umgesetzt<br />

werden können, findet die Prozessberatung unter Einbeziehung<br />

aller Mitarbeitenden statt. Unternehmen berichten, dass die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter sehr motiviert und engagiert sind, selbst Vorschläge<br />

für die Umsetzung zu machen.<br />

Auch Unternehmen, die noch mitten in der Prozessberatung sind,<br />

teilten mir begeistert mit, dass schon sehr gute Ergebnisse erzielt<br />

worden sind.<br />

Jürgen Loga: Kann man damit auch explizit betriebliches Gesundheitsmanagement<br />

und psychischen Arbeitsschutz berücksichtigen?<br />

Melanie Schlebach: Unbedingt! Das Handlungsfeld Gesundheit ist eines<br />

von 4 Handlungsfeldern, das das Förderprogramm betrachtet. Hier<br />

geht es sowohl um die physische und die psychische Gesundheit der<br />

Mitarbeitenden als auch um die Resilienz sowohl der Beschäftigten<br />

als auch des Unternehmens als solches. In den wenigsten Fällen haben<br />

die von mir erstberatenen Unternehmen bereits eine psychische<br />

Gefährdungsbeurteilung vorgenommen. unternehmensWert:Mensch<br />

unterstützt die Betriebe dabei, dies zu ändern.<br />

Jürgen Loga: Mit wem steht das Unternehmen in Kontakt?<br />

Melanie Schlebach: Erste Ansprechpartner sind die Erstberatungsstellen,<br />

die den Beratungsscheck ausstellen. Mit diesem<br />

Beratungsscheck kann die Prozessberatung sofort starten. Die<br />

Unterstützung erfolgt durch autorisierte Prozessberater, von<br />

denen es rund 2.000 in Deutschland gibt. Üblicherweise findet<br />

die Beratung zusammen mit den Beschäftigten statt, in wenigen<br />

Fällen ist es eine Einzelberatung für die Geschäftsführung. Das<br />

Förderprogramm gilt bundesweit.<br />

Jürgen Loga: Laut der Beschreibung ist eine Subventionierung des<br />

Beraters möglich. In 80 % der Fälle ist dies durchführbar. Gibt es hier<br />

regionale Unterschiede? Und wie lange läuft das Förderprogramm<br />

noch?<br />

Melanie Schlebach: Gefördert werden die Beratungskosten, die<br />

mit 1.000 € netto pro Tag angesetzt werden. Von den Erstberatungsstellen<br />

werden maximal 10 Tage ausgestellt. Unternehmen<br />

mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Umsatz/einer Bilanz<br />

von weniger als 2 Mio. € erhalten 80 % Förderung auf diese Beratungskosten,<br />

also maximal 8.000 €. Unternehmen mit mehr<br />

als 10 und weniger als 250 Beschäftigten erhalten 50 % Förderung.<br />

Aufgrund von ähnlich gestrickten Landesprogrammen gibt<br />

es hier eine Einschränkung in den Bundesländern Brandenburg,<br />

Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt.<br />

Hier können nur Betriebe mit weniger als 10 Beschäftigten in den<br />

Genuss der Förderung kommen. Stand heute: Wir können Beratungsschecks<br />

noch bis zum 31.10.2017 ausgeben.<br />

6<br />

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PSYCHISCHE<br />

GEFÄHRDUNGEN<br />

Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen:<br />

Ohne korrekte Überprüfung der Maßnahmen keine Freigabe!<br />

Jeder Arbeitgeber, der mindestens einen Arbeitnehmer sozialversicherungsrechtlich<br />

beschäftigt, muss eine Gefährdungsbeurteilung<br />

hinsichtlich möglicher psychischer Belastungen<br />

durchführen. Ein wesentlicher Bestandteil sind die daraus resultierenden<br />

Maßnahmen. Sehr oft erlebe ich in meiner Funktion<br />

als Sachverständiger für psychische Gefährdungsbeurteilungen<br />

aber, dass keine Überprüfung erfolgte. Und dann gilt<br />

der psychische Arbeitsschutz als nicht korrekt umgesetzt! Die<br />

nachfolgenden Schritte sollten Sie daher unbedingt beachten.<br />

Die psychische Gefährdungsbeurteilung kümmert sich zwar in<br />

erster Linie um zu korrigierende Verhältnisse am Arbeitsplatz,<br />

kann aber auch ein stressabbauendes Verhalten der Arbeitnehmer<br />

durch geeignete Maßnahmen unterstützen. Aus diesem<br />

Grund werden auch die Maßnahmen in 2 Schwerpunkte aufgeteilt:<br />

- Maßnahmen der Verhältnisprävention: Das sind beispielsweise<br />

die Anpassung von Strukturen, die Korrektur von Anweisungen,<br />

die Schulung von Führungskräften, die Veränderung<br />

technischer Geräte.<br />

- Maßnahmen der Verhaltensprävention: Das sind z. B. Kurse<br />

aus den Bereichen Stressmanagement oder Entspannung.<br />

Wichtig zu wissen: Für alle Maßnahmen gelten wichtige Dokumentations-<br />

und Überprüfungsregeln, die von der jeweiligen Gewerbeaufsicht<br />

oder Berufsgenossenschaft eingefordert werden<br />

können.<br />

MEIN TIPP:<br />

Oft haben Arbeitgeber schon Maßnahmen durchgeführt,<br />

die unabhängig vom Anlass des psychischen Arbeitsschutzes<br />

beschlossen worden sind. Wenn dann die<br />

nachfolgenden Punkte auch für laufende Maßnahmen<br />

nachträglich eingeführt werden, können sie auch in die<br />

Dokumentation „Gefährdungsbeurteilung psychischer<br />

Belastung“ integriert werden.<br />

1. Sorgen Sie dafür, dass als erste Priorität Maßnahmen geplant<br />

und umgesetzt werden, die nicht individualisiert sind, sondern<br />

für alle Arbeitnehmer an dem jeweiligen Arbeitsplatztyp<br />

gelten. Ein Einzel-Coaching ist beispielsweise keine anerkannte<br />

Maßnahme.<br />

2. Dokumentieren Sie für jede Maßnahme, aufgrund welcher Beobachtungen<br />

diese abgeleitet und begründet ist!<br />

3. Legen Sie genau fest, welche Person wann und wie vom Arbeitgeber<br />

damit beauftragt worden ist, die Maßnahme umzusetzen.<br />

am<br />

Arbeitsplatz<br />

4. Wichtig ist, dass mit einer zeitnahen Umsetzung der Maßnahme<br />

begonnen wird. „Zeitnah“ bedeutet in diesem Zusammenhang<br />

z. B. im darauffolgenden Quartal!<br />

Selbst Kleinbetrieben wird eine Gefährdungsbeurteilung<br />

psychischer Belastungen vorgeschrieben.<br />

5. Die Maßnahmen müssen zeitlich priorisiert werden, dabei<br />

gelten Dringlichkeit, Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer<br />

und Umsetzbarkeit als anerkannte Kriterien.<br />

6. Nach dem Abschluss der Maßnahme muss eine Wirksamkeitskontrolle<br />

stattfinden. Dies kann z. B. durch eine Mitarbeiterbefragung,<br />

aber auch durch moderierte Workshops mit<br />

abschließendem Protokoll erfolgen. Denkbar sind auch Begehungen<br />

zur Kontrolle der neuen Verhältnisse, Überprüfung<br />

von BGM-Kennzahlen und Auswertung von schriftlichen Beschwerden.<br />

7. Es sollte in jedem Fall am Ende die Frage beantwortet werden,<br />

ob weiterhin negative psychische Belastungen bestehen und<br />

ob andere Maßnahmen als Alternative notwendig sind.<br />

8. Rein formal muss ein Abschluss der durchgeführten Gefährdungsbeurteilung<br />

festgestellt werden. Dabei müssen die Teilnehmer<br />

mit einer Unterschrift diese Abläufe bestätigen.<br />

MEIN TIPP:<br />

Der Gesetzgeber erlaubt ausdrücklich die digitale Archivierung<br />

der einzelnen Abläufe. Rein formal sollten Sie<br />

aber nicht auf ein per Hand unterschriebenes Dokument<br />

am Ende verzichten, da dies im Fall einer gerichtlichen<br />

Auseinandersetzung einen besonderen Beweischarakter<br />

hat.<br />

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Impressum<br />

„Psychische Gefährdungen am Arbeitsplatz“ erscheint bei<br />

mediaforwork, ein Unternehmensbereich der VNR Verlag<br />

für die Deutsche Wirtschaft AG · Theodor-Heuss-Str.<br />

2–4, 53095 Bonn · Telefon: 02 28 / 95 50 120 · Fax: 02 28<br />

/ 36 96 486 · Internet: www.mediaforwork.de · www.psychische-gefährdung-portal.de<br />

– E-Mail: kundendienst@<br />

mediaforwork.de · E-Mail für Leserfragen: juergen.loga@<br />

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Vorstand: Helmut Graf, Guido Ems, Frederik Palm ·<br />

ISSN: 2509-6044 · Erscheinungsweise: 12-mal jährlich<br />

· Heraus geber: Martin Grashoff, Bonn · Chefredakteur:<br />

Jürgen Loga, Löwenstein · Bereichsleitung: Peter Strohbach,<br />

Bonn · Produktmanagement: Sonja Heynen-Pianka,<br />

Bonn · Layout und Satz: Das Redaktionsbüro Annette<br />

Mader, Köln · Druck: Paul Schürrle GmbH & Co. KG,<br />

Stuttgart ·<br />

Alle Angaben in „Psychische Gefährdungen am Arbeitsplatz“<br />

wurden mit äußerster Sorgfalt ermittelt und überprüft.<br />

Sie basieren jedoch auf der Richtigkeit uns erteilter<br />

Auskünfte und unterliegen Veränderungen. Eine Gewähr<br />

kann deshalb nicht übernommen werden. © <strong>2016</strong> by mediaforwork,<br />

ein Unternehmensbereich der VNR Verlag für<br />

die Deutsche Wirtschaft AG, Bonn, Berlin, Salzburg, Zürich,<br />

Warschau, Bukarest, Manchester, Johannesburg, Melbourne.<br />

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PSYCHISCHE<br />

GEFÄHRDUNGEN<br />

am<br />

Arbeitsplatz<br />

Präventionskurse 2017: Bei diesen<br />

Krankenkassen können Arbeitnehmer<br />

am meisten sparen<br />

Jede gesetzliche Krankenkasse bezahlt gemäß dem Präventionsgesetz und dem Präventionsleitfaden<br />

dem Mitglied die Teilnahme an Präventionskursen. Was viele Arbeitnehmer<br />

nicht wissen: Die Höhe und Wiederholquote der Zahlungen unterscheiden<br />

sich teilweise sehr drastisch. Wem Prävention wichtig ist, sollte unbedingt diese Vergleichstabelle<br />

kennen!<br />

Der Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen ist oft sehr ähnlich – bei der Präventionszahlung<br />

gibt es aber große Unterschiede. Nachfolgend finden Sie die Top 3 der<br />

bundesweiten Krankenkassen in Deutschland:<br />

Name Leistung Internet<br />

actimonda krankenkasse<br />

HEK-Hanseatische Krankenkasse<br />

WMF BKK<br />

Es gibt einen Zuschuss für<br />

2 Präventionskurse, bis zu<br />

600 € im Jahr.<br />

Es gibt einen Zuschuss für<br />

2 Präventionskurse, bis zu<br />

500 € im Jahr.<br />

Es gibt einen Zuschuss für<br />

2 Präventionskurse, bis zu<br />

400 € im Jahr.<br />

www.actimonda.de<br />

www.hek.de<br />

www.wmf-bkk.de<br />

Link- und Terminempfehlung<br />

mit freundlicher Unterstützung von<br />

22.–24. März 2017, Berlin<br />

Psyche-Soma. Mensch-System.<br />

http://deutscher-psychosomatik-kongress.de<br />

09.−10. Mai 2017, Stuttgart<br />

Messe Corporate Health Convention<br />

18.–19. Mai 2017, Stuttgart<br />

Präventionskongress 2017 „Gesund leben<br />

und arbeiten“, Stuttgart-Echterdingen<br />

(Gentner Verlag)<br />

17.–20. Oktober 2017, Düsseldorf<br />

A+A Arbeitsschutz aktuell<br />

MEIN TIPP:<br />

Geben Sie diese Informationen an Ihre Arbeitnehmer weiter, damit sie selbst<br />

entscheiden können, ob sich ein Wechsel für sie lohnt!<br />

Neue Filme für Ihre Mediathek zum Thema<br />

„psychische Belastungen“<br />

Viele Arbeitgeber besitzen im internen Netzwerk (Intranet) einen eigenen Bereich, in dem<br />

BGM-Themen und -Broschüren vorgestellt werden. Was viele nicht wissen: Dieser Bereich<br />

kann mit kostenlosen Videos zum Thema „psychische Belastung“ optimal aufgewertet werden.<br />

Wir stellen Ihnen nachfolgend die neuen Filme vor!<br />

Folgende Mediadaten möchte ich Ihnen in dieser Ausgabe empfehlen:<br />

Bereich Titel Link Urheber<br />

Aufklärung Zeitdruck<br />

Darstellung Risikoeinschätzung<br />

Aufklärung Stress<br />

Risiko raus!<br />

Krokodil und Gnus<br />

Stress bei Entsorgern<br />

https://goo.<br />

gl/8YBXDL<br />

https://goo.gl/<br />

rwrPnL<br />

https://goo.gl/<br />

YaquKa<br />

Willenbrock Fördertechnik<br />

Birdbox Studio<br />

Medien der Entsorger<br />

Teilen Sie Ihre Empfehlungen und Erfahrungen mit unseren Lesern. Schreiben Sie an<br />

juergen.loga@mediaforwork.de <br />

MEIN TIPP:<br />

Diese Filme, in einer eigenen Mediathek abgespeichert, können auch eine von<br />

mehreren anerkannten Maßnahmen nach einer psychischen Gefährdungsbeurteilung<br />

sein!<br />

KONTAKT:<br />

Ihre telefonische<br />

Sprechstunde<br />

Sie haben Fragen rund um das<br />

Thema „psychische Gefährdungen<br />

im Betrieb“?<br />

Montags von 10 bis 11 Uhr<br />

steht Ihnen Herr Loga unter<br />

0228/8205-7009 zur Verfügung.<br />

Ihr Redaktions-Service<br />

Richten Sie Ihre individuellen<br />

Fragen und Themenwünsche<br />

gerne direkt an<br />

juergen.loga@mediaforwork.de<br />

Ausblick auf die nächste Ausgabe:<br />

Psychische Gefährdungsbeurteilung: So<br />

bereiten Sie die Kennzahlen 2017 vor!<br />

Körpersignale: Wie der Reizdarm Menschen<br />

vor Überforderung warnt<br />

BEM: Best Practice, damit psychisch belastete<br />

Arbeitnehmer schneller genesen<br />

8<br />

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