10 Mobilisation des adipösen Patienten
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Technik/Hilfsmittel<br />
Patient<br />
Physische Ebene<br />
Natürlich stehen bei <strong>adipösen</strong> <strong>Patienten</strong><br />
– wie auch bei Normalgewichtigen – die<br />
physischen Aspekte in ihrer Versorgung<br />
im Vordergrund. Sie werden im Vergleich<br />
zu den bereits genannten Ebenen<br />
allerdings je nach Berufssparte unterschiedlich<br />
betrachtet.<br />
Mit Blick auf die Physiotherapie sind<br />
hier die Verbesserung von Lungenfunktion,<br />
funktioneller Bewegung und<br />
Muskelfunktion, das Erarbeiten von Koordination<br />
und Gleichgewicht, die verbesserte<br />
Mobilität und besonders die<br />
Bewältigung der Aktivitäten <strong>des</strong> täglichen<br />
Lebens (ADL) zu nennen. Diese<br />
Ebenen sind bei der Therapie adipöser<br />
<strong>Patienten</strong> zu berücksichtigen und sollten<br />
im gesamten multiprofessionellen Team<br />
vertreten werden [1].<br />
Möglichkeiten bei der <strong>Mobilisation</strong><br />
Um einen <strong>adipösen</strong> <strong>Patienten</strong> z. B. präund<br />
postoperativ bestmöglich versorgen<br />
zu können, bedarf es einer guten Vorbereitung<br />
und Aufklärung [6]. Letztere<br />
fördert die Compliance und ist somit<br />
Grundvoraussetzung der Therapie.<br />
Außerdem gibt sie Sicherheit und fördert<br />
die Eigenverantwortung in der Mitarbeit.<br />
Eine angst- und stressfreie <strong>Mobilisation</strong><br />
kann zudem durch im Vorfeld vermittelte<br />
Bewegungsabläufe erleichtert werden. Ein<br />
zu operierender Patient sollte z. B. genau<br />
über die postoperativen Optionen der<br />
<strong>Mobilisation</strong> informiert werden.<br />
Eine gute Zusammenarbeit zwischen<br />
dem multiprofessionellem Team und dem<br />
<strong>Patienten</strong> ist die Voraussetzung für ein<br />
bestmögliches Outcome. Das geschulte<br />
Team sollte die Möglichkeit haben,<br />
sich auf die Versorgung eines <strong>adipösen</strong><br />
<strong>Patienten</strong> rechtzeitig einstellen und in<br />
regelmäßigen Abständen Schulungen für<br />
diese <strong>Patienten</strong>klientel durchführen zu<br />
können [6].<br />
»<br />
Kollegen<br />
Abb. 2 9 Beeinflussung<br />
<strong>des</strong> Behandlungsergebnisses<br />
Die Gesundheit <strong>des</strong><br />
Personals darf nicht außer<br />
Acht gelassen werden<br />
Im Rahmen der <strong>Mobilisation</strong> darf die<br />
Gesundheit <strong>des</strong> Personals nicht außer Acht<br />
gelassen werden. Im Vorfeld muss geklärt<br />
sein, welcher <strong>Mobilisation</strong>sschritt mit dem<br />
vorhandenen Material und dem Personal<br />
überhaupt möglich ist. Gerade beim<br />
Umgang mit <strong>adipösen</strong> <strong>Patienten</strong> ist das<br />
rückenschonende Arbeiten zum Schutz<br />
der Angestellten wichtig [1]. Die Sicherheit<br />
beider Seiten ist das oberste Gebot. Es<br />
muss im Vorfeld daher im gesamten Team<br />
geklärt werden, was als <strong>Mobilisation</strong> angesehen<br />
wird und welche Aufgabe der<br />
Einzelne, auch im Notfall, übernimmt, um<br />
ein schnelles Handeln zu garantieren.<br />
Die Realität zeigt, dass in vielen<br />
Kliniken Informationslücken existieren.<br />
Oft ist das Angebot (sinnvoller) Hilfsmittel<br />
nicht bekannt, die ggf. ausgeliehen<br />
werden können, wenn eine Anschaffung<br />
für das Haus nicht infrage kommt. Einige<br />
Hilfsmittel erweisen sich für das rückenschonende<br />
Arbeiten und das Mobilisieren<br />
adipöser <strong>Patienten</strong> als unverzichtbar. Das<br />
Personal muss wissen, welche Ressourcen<br />
zur Verfügung stehen und wie sie zu<br />
nutzen, respektive zu beschaffen sind und<br />
wie ein kurzfristiger Zugang möglich ist<br />
[14].<br />
Die <strong>Mobilisation</strong> eines <strong>adipösen</strong><br />
<strong>Patienten</strong> ist definitiv aufwendiger als die<br />
<strong>Mobilisation</strong> eines Normalgewichtigen,<br />
jedoch ist und bleibt sie sehr wichtig.<br />
Eine ausbleibende <strong>Mobilisation</strong> führt zu<br />
bekannten Folgen, wie Bewegungseinschränkung<br />
und Muskelabbau. Es liegt<br />
in der Natur der Sache, dass adipöse<br />
<strong>Patienten</strong> mehr Massen zu bewegen<br />
haben. Auf der Lunge lastet entsprechend<br />
mehr Gewicht, was die Atemmechanik<br />
erheblich einschränken kann [1, 2]. Immobile<br />
adipöse <strong>Patienten</strong> besitzen ein<br />
großes Risiko für Folgeerkrankungen, wie<br />
z. B. Pneumonien [1].<br />
Die erfolgreiche <strong>Mobilisation</strong> eines<br />
<strong>adipösen</strong> <strong>Patienten</strong> ist von der persönlichen<br />
Ausgangslage <strong>des</strong> <strong>Patienten</strong><br />
und seiner Compliance, seinen Fähigkeiten<br />
zur verbalen und nonverbalen<br />
Kommunikation sowie von der fachliche<br />
Kompetenz der jeweiligen Kollegen<br />
(Physiotherapeuten und Pfleger) abhängig.<br />
Es ist somit festzuhalten, dass eine<br />
gute <strong>Mobilisation</strong> nur zum bestmöglichen<br />
Outcome beitragen kann, wenn sich die<br />
Mitwirkenden auf einer soliden und verständlichen<br />
Basis bewegen (. Abb. 2; [1,<br />
24]).<br />
Kinästhetik<br />
Die Kinästhetik sollte auf adipöse<br />
<strong>Patienten</strong> speziell abgestimmt sein. Hier<br />
besteht noch großer Schulungsbedarf.<br />
So fehlt es an Erfahrung darüber, welche<br />
Körperwahrnehmung adipöse <strong>Patienten</strong><br />
haben und wie man ihnen bestimmte<br />
Bewegungsabläufe, die für Normalgewichtige<br />
Routine sind, vermitteln soll.<br />
Außerdem muss die Handhabung auf das<br />
individuelle Gewicht <strong>des</strong> <strong>Patienten</strong> angepasst<br />
sein.<br />
Fazit für die Praxis<br />
55<strong>Patienten</strong> mit hochgradiger<br />
Adipositas stellen bezüglich der<br />
<strong>Mobilisation</strong> ganz besondere<br />
Anforderungen an das multiprofessionelle<br />
Team.<br />
55Die <strong>Mobilisation</strong> muss mit<br />
professioneller Unterstützung<br />
erfolgen.<br />
55Phasen der Immobilität sollen<br />
möglichst kurz sein, um ein gutes<br />
Outcome zu ermöglichen [1, 24].<br />
55Das Outcome eines <strong>adipösen</strong><br />
<strong>Patienten</strong> wird nicht nur durch das<br />
Übergewicht, sondern auch durch die<br />
damit verbundenen Komplikationen<br />
bestimmt!<br />
Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 1 · 2017 |<br />
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