Gesamtkunstwerk Expressionismus - Mathildenhöhe
Gesamtkunstwerk Expressionismus - Mathildenhöhe
Gesamtkunstwerk Expressionismus - Mathildenhöhe
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<strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
<strong>Expressionismus</strong><br />
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Herausgegeben von<br />
Ralf Beil und Claudia Dillmann<br />
Eine Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem<br />
Deutschen Filmmuseum, Frankfurt a. M.<br />
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Grußwort<br />
Das Phänomen des <strong>Expressionismus</strong> zu<br />
Beginn des 20. Jahrhunderts basiert wesentlich<br />
auf dem künstlerischen Willen<br />
zum elementaren Aufbruch und Widerspruch.<br />
Um die in Konventionen erstarrte<br />
Gesellschaft des 19. Jahrhunderts und die<br />
Entfremdung des Einzelnen aufzubrechen,<br />
war auch eine Intensivierung des künstlerischen<br />
Ausdrucks vonnöten. Durch die<br />
radikale synästhetische Verbindung von<br />
Kunst, Literatur, Theater, Tanz, Architektur<br />
und Musik hofften die Expressionisten,<br />
so Wassily Kandinsky, »eine besonders<br />
gewaltige Wirkung zu erzielen«. Die wechselseitige<br />
Durchdringung der Künste im<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong> war deshalb ein genuines<br />
Anliegen des <strong>Expressionismus</strong> – obwohl<br />
es bislang kaum in den Vordergrund<br />
gerückt wurde.<br />
Dies ändert sich nun von Grund auf: Die interdisziplinäre<br />
Übersichtsschau <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
<strong>Expressionismus</strong>. Kunst, Film, Lite ratur, Theater,<br />
Tanz und Architektur 1905–1925 auf der <strong>Mathildenhöhe</strong><br />
Darmstadt vereint vor dem dramatischen<br />
zeitgeschichtlichen Hintergrund der Jahre<br />
vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg erstmalig<br />
Gemälde, Filmausschnitte, Fotos, Plakate,<br />
Texte, Architekturskizzen, Musikstücke, Zeichnungen,<br />
Skulpturen und Zeitdokumente zu einem<br />
einzigartigen Panorama der expressionistischen<br />
Epoche. Und ist dank ihres umfassenden Themas<br />
eines der zentralen Ereignisse der vom Kulturfonds<br />
Frankfurt RheinMain initiierten Veranstaltungsreihe<br />
Phänomen Expres sionismus.<br />
Wir freuen uns, dass diese Ausstellung<br />
in Darmstadt gewissermaßen auf historischem<br />
Boden stattfindet: Dort haben<br />
Carlo Mierendorff und Kasimir Edschmid<br />
mit den Zeitschriften Die Dachstube und<br />
Das Tribunal expressionistische PublizistikGeschichte<br />
ge schrieben, dort wurde<br />
1919 als zeitgemäße Künstlervereinigung<br />
die Darmstädter Sezession gegründet –<br />
von niemand Geringerem als Max Beckmann<br />
und Ludwig Meidner.<br />
Wir freuen uns umso mehr, als Hauptförderer für<br />
dieses Projekt auftreten zu dürfen, da es als gewinnbringende<br />
Kooperation zwischen dem Institut<br />
<strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt und dem Deutschen<br />
Filmmuseum in Frankfurt am Main mit seinen reichen<br />
Beständen an expressionistischer Filmkunst<br />
aufs Beste den Geist dessen verkörpert, was wir<br />
mit dem Kulturfonds Frankfurt RheinMain erreichen<br />
wollen: eine intensive Vernetzung der Kulturinstitutionen<br />
der Region im Hinblick auf nationale<br />
und internationale Ausstrahlung.<br />
Wir wünschen der Ausstellung den Erfolg,<br />
den sie als Pionierprojekt besonderer<br />
Güte verdient, und allen Besuchern<br />
eine ebenso anregende wie lehrreiche<br />
Begegnung mit dem »<strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
<strong>Expressionismus</strong>«.<br />
Prof. Dr. Herbert Beck<br />
Geschäftsführer<br />
Gemeinnützige Kulturfonds<br />
Frankfurt RheinMain GmbH<br />
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Inhalt 11 Alfred Lichtenstein<br />
12<br />
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Ralf Beil<br />
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Wenzel Hablik<br />
Ralf Beil<br />
Jakob van Hoddis<br />
Hugo Ball<br />
Herwarth Walden<br />
Thomas Anz<br />
Leonie Beiersdorf<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Astrid Becker<br />
Georg Heym<br />
Jakob van Hoddis<br />
Wilhelm Simon Guttmann<br />
Justin Hoffmann<br />
Carlo Mierendorff<br />
Rudolf Leonhard<br />
Arbeitsrat für Kunst<br />
Gerald Köhler<br />
Ernst Toller<br />
Steffen Krämer<br />
George Grosz<br />
Ludwig Meidner<br />
Ernst Wilhelm Lotz<br />
Petra Gehring<br />
Anita Berber<br />
und Sebastian Droste<br />
Walter Rheiner<br />
Gottfried Benn<br />
Paul Kornfeld<br />
Camilla Bork<br />
Sonntagnachmittag, 1912<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong> <strong>Expressionismus</strong><br />
Vorwort und Dank<br />
Idealprojekt, 1919<br />
»Sehr erfreut über Ihre Filmidee ...«, 1920<br />
»Ein anderes ›Kunstwerk‹ gibt es für mich nicht«<br />
Utopie und Praxis des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s<br />
im <strong>Expressionismus</strong><br />
Kinematograph, 1910<br />
»... ich bin voller Inbrunst und Jubel ...«, 1914<br />
Café Größenwahn, 1911<br />
Die Seele zum Vibrieren bringen!<br />
Konzepte des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s in der Zeit<br />
des <strong>Expressionismus</strong><br />
»… dass Leben und Arbeit eines sind«<br />
Gelebte Utopie bei Ernst Ludwig Kirchner<br />
und Rosa Schapire<br />
Programm der Brücke, 1906<br />
»Wenn die äußeren Stützen zu fallen drohen«<br />
Erster Aufbruch und Schulterschluss<br />
im <strong>Expressionismus</strong> vor 1914<br />
Der Krieg, 1911<br />
Weltende, 1911<br />
Traum, 1911<br />
Vom Sturm zur Revolution<br />
Politik und Kunst nach dem I. Weltkrieg<br />
»Die Zeit fordert heraus! …«, 1918<br />
Der tote Liebknecht, 1919<br />
Flugblatt Arbeitsrat für Kunst, 1919<br />
Zum Raum wird hier der Schmerz<br />
Das expressionistische Theater als<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
Die Wandlung. Im Lazarett, 1919<br />
»Steigerung des Nervenlebens«<br />
Die Großstadt – Fanal und Menetekel der Moderne<br />
Kaffeehaus, 1918<br />
Anleitung zum Malen von Großstadtbildern, 1914<br />
Die Nächte explodieren in den Städten,<br />
1910 – 1914<br />
Rausch ist Wirklichkeit<br />
Kokain, Lust und Tod in Freuds Psychoanalyse<br />
Kokain, 1922<br />
Komm, holder Schnee, 1925<br />
Cocain, 1917<br />
Kokoschka, 1917<br />
Der große Dreiklang von Stimme, Raum und Licht<br />
Das expressionistische <strong>Gesamtkunstwerk</strong> »Oper«<br />
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510<br />
511<br />
Claudia Dillmann<br />
Ivan Goll<br />
Uli Jung<br />
Joachim Fontaine<br />
Peter Panter<br />
alias Kurt Tucholsky<br />
E. K.<br />
Bernard Rogers<br />
Werner Durth<br />
Erich Mendelsohn<br />
Bruno Taut alias »Glas«<br />
Wolfgang Pehnt<br />
Walter Gropius<br />
Gerda Breuer<br />
Rüdiger Schütt<br />
Erich Lüth<br />
Karl Lorenz<br />
Kurt Tucholsky<br />
Susanne Neubronner<br />
Sie hatten das Kino …<br />
Die Netzwerke im expressionistischen Film<br />
der frühen Weimarer Republik<br />
Das Kinodram, 1920<br />
»Du musst Caligari werden!«<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari und sein<br />
kommerzieller wie künstlerischer Erfolg<br />
Caligari meets Schönberg<br />
Das <strong>Gesamtkunstwerk</strong> von Musik, Kunst und Film<br />
im <strong>Expressionismus</strong><br />
Dr. Caligari, 1920<br />
»... ob Kunst im Film möglich ist, wurde gestern<br />
endgültig entschieden«, 1920<br />
Strawinsky im Lichtspielhaus, 1921<br />
Die Neuerfindung der Welt als gute Wohnung im All<br />
Bruno Taut und die Gläserne Kette<br />
Das hebt sich aus der Tiefe des Meeres, 1911<br />
»Freunde! Prometh! Zacken! ...«, 1920,<br />
Den Brüdern des Sternes Erde<br />
<strong>Expressionismus</strong> – ein deutsches Ereignis?!<br />
Programm des Bauhauses, 1919<br />
»Kristallenes Sinnbild eines neuen kommenden Glaubens«<br />
Expressionistisches Handwerk<br />
und <strong>Gesamtkunstwerk</strong> am Bauhaus<br />
Auf der hochtürmenden Woge des <strong>Expressionismus</strong><br />
Die Hamburger Künstlerfeste 1914–1924<br />
Die Tanzschau der Cubicuria. Das Künstlerfest<br />
im Curiohaus, 1924<br />
Lavinia Schulz und Walter Holdt, 1922<br />
Dämmerung, 1920<br />
Anhang<br />
Kleines Lexikon des <strong>Expressionismus</strong><br />
Protagonisten, Institutionen, Bühnen und Filmkunstwerke<br />
Verzeichnis der ausgestellten Werke<br />
Ausgewählte Literatur<br />
Die Autoren<br />
Namen und Sachregister<br />
Leihgeber und Dank<br />
Bildnachweis<br />
Impressum<br />
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Nerven, 1919 (Detail), Regie: Robert Reinert, ausbelichtetes Filmbild,<br />
Filmmuseum München<br />
10<br />
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Alfred Lichtenstein, Sonntagnachmittag, 1912,<br />
Erstveröffentlichung: Alfred Lichtenstein,<br />
Die Dämmerung. Gedichte, Berlin 1913<br />
Auf faulen Straßen lagern Häuserrudel,<br />
Um deren Buckel graue Sonne hellt.<br />
Ein parfümierter, halbverrückter kleiner Pudel<br />
Wirft wüste Augen in die große Welt.<br />
In einem Fenster fängt ein Junge Fliegen.<br />
Ein arg beschmiertes Baby ärgert sich.<br />
Am Himmel fährt ein Zug, wo windge Wiesen liegen;<br />
Malt langsam einen langen dicken Strich.<br />
Wie Schreibmaschinen klappen Droschkenhufe.<br />
Und lärmend kommt ein staubger Turnverein.<br />
Aus Kutscherkneipen stürzen sich brutale Rufe.<br />
Doch feine Glocken dringen auf sie ein.<br />
In Rummelplätzen, wo Athleten ringen,<br />
Wird alles dunkler schon und ungenau.<br />
Ein Leierkasten heult und Küchenmädchen singen.<br />
Ein Mann zertrümmert eine morsche Frau.<br />
Sonntagnachmittag<br />
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11
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Ralf Beil<br />
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14<br />
»Ich glaube, man sollte überhaupt nur solche<br />
Bücher lesen, die einen beißen und stechen.<br />
Wenn das Buch, das wir lesen, uns nicht mit<br />
einem Faustschlag auf den Schädel weckt,<br />
wozu lesen wir dann das Buch?«<br />
Franz Kafka, Brief an Oskar Pollak,<br />
27. Januar 1904<br />
Dieses Buch soll ebenso wie die Ausstellung,<br />
die es begleitet, provozieren und polarisieren.<br />
Es soll zur Diskussion anregen und neue Horizonte<br />
eröffnen: Es geht um nicht weniger als<br />
eine Neuentdeckung des <strong>Expressionismus</strong> jenseits<br />
der sattsam ausgetretenen Pfade von Forschung<br />
und Ausstellungsaktivitäten. Zum ersten<br />
Mal untersuchen eine Ausstellung und eine Publika<br />
tion die umfassenden Gesamtkunst werks bestrebungen<br />
im <strong>Expressionismus</strong> zwischen 1905<br />
und 1925, dem Gründungsjahr der Künstlergruppe<br />
Brücke in Dresden und dem Jahr der<br />
Ausstellung Neue Sachlichkeit in der Kunsthalle<br />
Mannheim, das eine bis heute gültige Zäsur<br />
setzt. 1 Der chronologischen Breite entspricht<br />
eine größtmögliche topografische Weite der<br />
Untersuchung im deutschsprachigen Raum: Es<br />
geht nicht nur um die einschlägigen ExpressionistenHochburgen<br />
Dresden, Berlin, Wien und<br />
München, sondern auch um Hamburg, Itzehoe,<br />
Frankfurt am Main und Darmstadt.<br />
Der <strong>Gesamtkunstwerk</strong>sgedanke vereint Künstler<br />
aller Gattungen und Gruppierungen in jener<br />
Zeit – die Akteure der Brücke und des Blauen<br />
Reiters verfolgen ihn ebenso wie die Mitglieder<br />
des SturmKreises, der Gläsernen Kette oder<br />
des Arbeitsrats für Kunst. Die Thematik des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s<br />
ermöglicht deshalb zugleich ein<br />
kulturhistorisches Panorama 2 und eine Innenansicht<br />
des <strong>Expressionismus</strong> in den zwanzig dramatischen<br />
Krisenjahren vor, während und nach<br />
dem Ersten Weltkrieg. Genuines Ziel der ambitionierten<br />
Unternehmung ist es, eine eklatante Forschungslücke<br />
zwischen dem oft apostrophierten<br />
»<strong>Gesamtkunstwerk</strong> Wien« 3 und dem fatalen »<strong>Gesamtkunstwerk</strong>«<br />
des Dritten Reiches 4 zu schließen<br />
und das <strong>Gesamtkunstwerk</strong>sdenken in seiner<br />
originär expressionistischen Ausprägung im Bewusstsein<br />
von Wissenschaft wie Öffentlichkeit zu<br />
verankern. Dabei gilt es insbesondere, die einmalige<br />
Aktionsbasis der Bewegung des <strong>Expressionismus</strong><br />
auf eine Einheit der Künste hin aufzuzeigen:<br />
die zahlreichen Mehrfachbegabungen sowie<br />
die wesentlichen personellen Verflechtungen<br />
und Vernetzungen, national wie international. 5<br />
Das »Streben zu einem GesamtKunst <br />
werke von Seiten aller Künste« 6 wird nach<br />
der frühesten Erwähnung 1827 in der Ästhetik<br />
oder Lehre von Weltanschauung und<br />
Kunst von Karl Friedrich Eusebius Trahndorff<br />
insbesondere bei Richard Wagner ab<br />
1849 programmatisch zum »Gesammtkunstwerke<br />
der Zukunft [sic!]«, 7 das »prak tisch<br />
nur in der Genossenschaft aller Künstler«,<br />
ihrer »Vereinigung […] nach Zeit und Ort,<br />
zu einem bestimmten Zwecke« 8 vorstellbar<br />
sei, so Wagner. »Der Begriff ›<strong>Gesamtkunstwerk</strong>‹«<br />
wurde seither, wie Harald Szeemann<br />
schon 1983 anlässlich seiner epochalen<br />
Ausstellung Der Hang zum <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
formuliert, »theoretisch nie definiert<br />
und ist nicht nur in der Kunstliteratur zu<br />
einer beliebig verwendbaren Begriffshülse<br />
geworden«. 9<br />
Diese Publikation und die Ausstellung auf der<br />
<strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt, die sie begleitet, wollen<br />
den Begriff des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s wieder<br />
auf den von Wagner selbst zwar noch nicht vollständig<br />
realisierten, doch immerhin postulierten<br />
Inhalt zurückführen. 10 Der <strong>Expressionismus</strong> mit<br />
seiner kaum überschaubaren Zahl an interdisziplinären<br />
Vereinigungen, Gruppen, Bündnissen und<br />
»Genossenschaften« von Künstlern aller Richtungen<br />
und Sparten scheint ein ideales Terrain für<br />
diese Unternehmung. Im <strong>Expressionismus</strong> findet<br />
der von Wagner geprägte Begriff des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s<br />
der Zukunft zu sich, wird er immer<br />
aufs Neue mit Inhalt gefüllt.<br />
Ausstellung und Publikation könnten an keinem<br />
treffenderen Ort realisiert werden: Das<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong>, das Zusammenspiel der<br />
Künste, ja die Einheit von Kunst und Leben<br />
in einem allumfassenden Lebensreformwerk<br />
sind Kernthemen der <strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt<br />
seit der Gründung der Künstlerkolonie<br />
1899. Schon 1904 entsteht zudem mit den<br />
Bildhauerateliers von Joseph Maria Olbrich<br />
ein richtungweisender Bau mit Backstein<br />
und rotem Ziegeldach, dessen äußeres<br />
Erscheinungsbild Formen expressionistischer<br />
Architektur vorwegnimmt. 11 Seit 1908<br />
wacht der Hochzeitsturm von Olbrich als<br />
protoexpres sionistisches Fanal der Moderne<br />
auf der Anhöhe über dem Ausstellungsgebäude<br />
12 – jenem Ausstellungsgebäude,<br />
in dem 1920 der große Epochenüberblick<br />
Deutscher <strong>Expressionismus</strong> stattfindet 13 und<br />
das auch diesmal, 2010, Schauplatz des<br />
Geschehens ist.<br />
Während bislang stets nur einzelne Künstler<br />
oder Aspekte des expressionistischen Schaffens<br />
unter dem Blickwinkel des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s<br />
wahrgenommen wurden, 14 werden hier<br />
alle Gattungen in ihren besonderen Rollen,<br />
ihrer historischen Bedeutung 15 sowie ihrem<br />
Zusammenspiel im <strong>Gesamtkunstwerk</strong> <strong>Expressionismus</strong><br />
thematisiert.<br />
»<strong>Gesamtkunstwerk</strong> <strong>Expressionismus</strong>« meint<br />
ganz konkret das umfassende utopische<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong>sdenken und dessen – zumindest<br />
partielle – Realisierung im <strong>Expressionismus</strong>.<br />
Neben den bereits bekannten,<br />
individuellen Beiträgen eines Wassily Kandinsky<br />
oder Arnold Schönberg entdeckt die<br />
<strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt den <strong>Expressionismus</strong><br />
neu als kollektive Bewegung – und dies<br />
vor und nach dem Ersten Weltkrieg. Gerade<br />
die zweite Phase des <strong>Expressionismus</strong> nach<br />
1918, in der die massiv politisierten Künstler<br />
in einer Zeit radikaler Umbrüche eminent<br />
interdisziplinär gearbeitet haben, wurde bislang<br />
eher vernachlässigt in der Forschung –<br />
so wie das Thema des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s<br />
im <strong>Expressionismus</strong> insgesamt.<br />
Dies verwundert erst einmal nicht: Denn vieles,<br />
was vor und unmittelbar nach dem Krieg projektiert<br />
oder realisiert wurde, war ephemerer Natur.<br />
Vieles ist gar nicht oder nur spärlich dokumentiert,<br />
und wenn, dann meist in entlegenen Zeitschriften<br />
und Broschüren. Bedeutende Werke<br />
wurden nicht selten erst mit großer Zeitverzögerung<br />
in der Öffentlichkeit bekannt. 16 Andererseits<br />
findet der aufmerksame Leser insbesondere in<br />
Briefwechseln, Lebenszeugnissen, Autobiografien<br />
und Zeitdokumenten eine Fülle von Indizien,<br />
dass das bisherige Bild des <strong>Expressionismus</strong> ein<br />
Zerrbild ist, dass sehr viel mehr Zusammenhänge<br />
zwischen den Künstlern und Künsten bestehen<br />
als gemeinhin angenommen. Hat sich der Blick<br />
einmal fokussiert auf das Thema, wird man fündig,<br />
wo immer man ein Buch aufschlägt, eine<br />
Zeitschrift durchblättert oder Noten liest – alles,<br />
fast alles kündet von der großen, allgegenwärtigen<br />
Idee des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s in dieser Zeit.<br />
Um das Projekt nicht phänomenologisch zu<br />
beschränken, geht es – wie schon bei Harald<br />
Szeemann 17 – weniger um eine Theorie oder<br />
Typologie des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s als um eine<br />
Anthologie seiner Utopie und Praxis, allerdings<br />
konzentriert auf die Zeitspanne des <strong>Expressionismus</strong>,<br />
die sich hier erstmals umfassend in ihrer<br />
einmaligen Dichte, ihren Echowirkungen und<br />
ihrer unverwechselbaren Gestalt zeigen kann.<br />
»<strong>Gesamtkunstwerk</strong> <strong>Expressionismus</strong>«: Das meint<br />
neben paradigmatischen Atelierinszenierungen<br />
(Ernst Ludwig Kirchner) und Wohnensembles<br />
(Karl SchmidtRottluff für Rosa Schapire) sowie<br />
umfassend zwischen Kunst und Leben tätigen<br />
Künstlern (Rudolf Belling, Wenzel Hablik, Hans<br />
Poelzig, Bruno Taut, Ernst Toller und anderen)<br />
insbesondere auch die kollektiven Kunstwerke,<br />
die dank der enormen Anzahl interdisziplinärer<br />
Netzwerke immer aufs Neue geplant worden<br />
sind. 18 Auch wenn vieles davon letztlich nur aufregende<br />
Idee oder Projektentwurf geblieben ist,<br />
haben Künstler des <strong>Expressionismus</strong> zahlreiche<br />
bis heute beeindruckende <strong>Gesamtkunstwerk</strong>e<br />
rea lisiert, darunter 1920 den ersten expressionistischen<br />
Film überhaupt, Das Cabinet des Dr. Caligari,<br />
oder 1922 die Oper Mörder, Hoffnung der<br />
Frauen von Paul Hinde mith nach dem Drama von<br />
Oskar Kokoschka mit einem expressionistischen<br />
Bühnenbild von Ludwig Sievert. Stets geht es<br />
um eine Synthese der verschiedensten Künste<br />
zur wechselseitigen Durchdringung und Transformation<br />
der Gattungen im bestenfalls absoluten<br />
Kunstwerk, so wie es Bruno Taut mit seinem<br />
Archi tekturschauspiel für symphonische Musik<br />
Der Weltbaumeister von 1919 vorschwebt.<br />
Um das <strong>Gesamtkunstwerk</strong> als synästhetische<br />
Realität erfahrbar zu machen, wird auf der<br />
<strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt zum ersten Mal die<br />
Ateliernische aus Ernst Ludwig Kirchners Dachwohnung<br />
in BerlinFriedenau mit ihren realen<br />
Abmessungen und originalen Ausstattungsstücken<br />
rekonstruiert. Wird Rudolf Bellings Architekturmodell<br />
Dreiklang mit der expressionistischen<br />
Musik konfrontiert, die der Bildhauer für<br />
den skulpturalen Orchesterbau vorgesehen hatte.<br />
Wird Tauts Architekturschauspiel im Buchformat<br />
als Raum füllender Film realisiert. Wird<br />
schließlich der expressionistische Film mit der<br />
Realität des zeitgenössischen Bauens konfrontiert,<br />
indem die Bühnenräume von Dr. Mabuse,<br />
der Spieler mit den Fotografien expressionistischer<br />
Großbürgerinterieurs aus Hamburg kurzgeschlossen<br />
werden.<br />
Wesentlich ist, dass so auch die Vielschichtigkeit<br />
des <strong>Expressionismus</strong> sichtbar wird:<br />
Mary Wigmans gestischexpressiver Hexentanz,<br />
die existenziellkulturkritischen Tanzmasken<br />
von Lavinia Schulz und Walter Holdt<br />
sowie Anita Berbers nackte Gesellschaftsprovokation<br />
Kokain zeigen am Beispiel des Tanzes<br />
die Komplexität der Ausdrucksformen<br />
und Inhalte im <strong>Expressionismus</strong>. Desgleichen<br />
fin det man in der expressionistischen Architektur<br />
zwischen kristallinem, gotischem und<br />
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1<br />
Otto Arpke und Erich Ludwig Stahl, Plakat zum Film<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari, 1920, Regie: Robert Wiene,<br />
Lithografie, Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin<br />
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15
2<br />
George Grosz, Der Liebeskranke, 1916, Öl auf Leinwand,<br />
Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf<br />
16<br />
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Hochhaus türmendem Bauen. Und in der Literatur<br />
zwischen der bodenlosen Ironie eines<br />
Jakob van Hoddis, dem sezierenden Körperblick<br />
Gottfried Benns und der pathetischen<br />
Weltverdunkelung bei Georg Heym. Der <strong>Expressionismus</strong><br />
ist eine utopischkulturkritische<br />
Bewegung mit vielen Gesichtern – eine<br />
»Weltanschauung«, wie schon die Zeitgenossen<br />
betonten, eher »eine Norm des Erlebens«<br />
als eine klar definierbare Stilform. 19<br />
Die Annäherung an das <strong>Gesamtkunstwerk</strong> im<br />
<strong>Expressionismus</strong> erfolgt in einem programmatischen<br />
Dreischritt:<br />
1. Die Doppel und Mehrfachbegabungen<br />
(wie Ernst Barlach, Wassily Kandinsky,<br />
Oskar Kokoschka, Alfred Kubin, Ludwig<br />
Meidner, Egon Schiele, Arnold Schönberg,<br />
Herwarth Walden), die in außergewöhnlicher<br />
Anzahl im <strong>Expressionismus</strong><br />
vertreten sind, bilden gemeinsam mit<br />
den sozialen Netzwerken die Basis für<br />
die <strong>Gesamtkunstwerk</strong>e individueller und<br />
kollektiver Art.<br />
2. Die individuelle Erschaffung eines Gesamtkontextes<br />
sowie das gemeinschaftliche<br />
Entwerfen und Realisieren von Kunst<br />
und Lebenswelten sind sowohl vor wie<br />
nach dem Ersten Weltkrieg wesentliche<br />
Spielarten des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s.<br />
3. Die siebte Kunst des Films – die damals erstmals<br />
überhaupt als solche begriffen wird 20 –<br />
wird als Metaschauplatz aller Künste erlebbar.<br />
Nicht nur die Oper, sondern gerade auch der<br />
Film erfüllt exemplarisch die Vorstellung vom<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong> als »Vereinigung aller Künste<br />
wie bildende Kunst, Architektur, Thea ter, Tanz,<br />
Dichtung und Musik zu einem einheitlichen<br />
Kunstwerk«. 21<br />
Die Bewegung des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s im <strong>Expressionismus</strong><br />
führt von der Kunst und Literatur<br />
über Kabarett, Theater, Tanz und Architektur zum<br />
Film und zur Oper, die zeitlich am spätesten zur<br />
expressionistischen Avantgarde stößt. 22 Diese<br />
Be wegung ist in ihrer Breite einmalig in der Geschichte<br />
der Künste: Denkt Wagner das <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
erstmals umfassend mit einem eigens<br />
errichteten Festspielhaus, ohne das Gesamt kunstwerk<br />
»Oper« auf der Bühne am Ende vollends zu<br />
realisieren, beginnt man daraufhin in Wien und<br />
Darmstadt um 1900, alles zusammen zu sehen, 23<br />
so entstehen im <strong>Expressionismus</strong> einzigartige<br />
gat tungsübergreifende Netzwerke und bahn brechende<br />
kollektive <strong>Gesamtkunstwerk</strong>e. Der Arbeitsrat<br />
für Kunst versammelt sämtliche Sparten<br />
im Versuch revolutionärer Erneuerung von Kunst<br />
und Leben, die Korrespondenz der Gläsernen<br />
Kette verbindet Architekten im schöpferischen<br />
Nachdenken über Film und neue Lebensformen<br />
weit über Architektur hinaus. In dieser Form ist<br />
das nie zuvor und auch niemals danach wieder<br />
der Fall – für einen kurzen historischen Moment<br />
scheint alles möglich. Die synergetische und synästhetische<br />
Zusammenarbeit von Schriftstellern,<br />
Komponisten, Bildhauern, Malern, Regisseuren<br />
und Bühnenbildnern auf dem Theater, im Stummfilm<br />
und der Oper, aber auch zwischen Buchdeckeln<br />
oder Zeitschriftenseiten ist geradezu<br />
phänomenal.<br />
Um 1920 wird der <strong>Expressionismus</strong> massenmedial<br />
– er erreicht mit dem Film seine breiteste<br />
Wirkung in Stadt und Land. Und er wird »angewandte<br />
Kunst« im wahrsten Sinn des Wortes,<br />
er wird angewendet: Überall werben expressionistische<br />
Plakate, der <strong>Expressionismus</strong> hält<br />
als Einrichtungsstil Einzug in großbürgerliche<br />
Wohnungen. Zugleich verliert die expressionistische<br />
Bildsprache an Brisanz: Die vor und<br />
unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg stark<br />
inhaltlich besetzten Zeichen (erst utopische<br />
Idylle und apokalyptische Stimmung, dann die<br />
Erschütterungen des Krieges und das zerrüttete<br />
Ich transportierend) werden nun mehr und mehr<br />
losgelöst von Inhalten eingesetzt. Der <strong>Expressionismus</strong>,<br />
geboren als existenzi elle Chiffre des<br />
Widerstands, hat sich, geronnen zum plakativen<br />
Stilkürzel, überlebt. Doch bis zuletzt entstehen<br />
Meisterwerke des <strong>Expressionismus</strong> – wie Alban<br />
Bergs Oper Wozzeck, die am 14. Dezember 1925<br />
uraufgeführt wird.<br />
In den inhaltlichen wie formalen Befreiungsschüben<br />
der Krisen, Kriegs und Nachkriegszeit<br />
entstehen gemeinsam mit den grenzüberschreitenden<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong>be strebungen<br />
Avantgarde impulse sonder Zahl in Kunst, Film,<br />
Literatur, Musik, Theater, Tanz und Architektur,<br />
die nicht nur ihre Generation, 24 sondern das<br />
gesamte 20. Jahrhundert prägen werden 25 –<br />
umso bedeutsamer scheint ihre hier exem plarisch<br />
unternommene Aufarbeitung.<br />
Dank<br />
Damit große Unternehmungen gelingen, braucht<br />
es ein Netzwerk besonderer Güte: Herbert Beck,<br />
Geschäftsführer des Kulturfonds Frankfurt Rhein<br />
Main ist hier an allererster Stelle zu danken für<br />
seine fundamentale und umfassende Unterstützung<br />
der Ausstellung und des Katalogs im Rahmen<br />
des Projekts Phänomen <strong>Expressionismus</strong> –<br />
beides wäre sonst nicht Realität geworden. Claudia<br />
Dillmann, Direktorin des Deutschen Filmmuseums<br />
in Frankfurt am Main, hat den Ball, der<br />
durch den Kulturfonds ins Rollen kam, ebenso<br />
spontan wie enthusiastisch aufgenommen und<br />
sich engagiert eingebracht in eine wahrhaft regionale<br />
Kooperation, zu der auch Thomas Zeipelt,<br />
Vorstand der FriedrichWilhelmMurnauStiftung<br />
in Wiesbaden, substanziell beigetragen hat. Allen<br />
weiteren Leihgebern, ob institutionell oder privat,<br />
sei an dieser Stelle herzlich gedankt für ihre<br />
Bereitschaft zur Alimentierung der Ausstellung<br />
mit Meisterwerken sowie Trouvaillen des <strong>Expressionismus</strong>.<br />
Für die substanzielle Basis des Instituts<br />
<strong>Mathildenhöhe</strong> danke ich Oberbürgermeister<br />
Walter Hoffmann stellvertretend für die Wissenschaftsstadt<br />
Darmstadt.<br />
Während unser Corporate Partner Caparol /<br />
Deutsche AmphibolinWerke – herzlichen<br />
Dank Ralf Murjahn – für die richtige Farbe<br />
an den Wänden gesorgt hat, gebührt Angelika<br />
Bierbaum von hr2Kultur Dank für die<br />
starke Kulturpartnerschaft. HEAG Mobilo<br />
sei Dank für die Medienpartnerschaft in den<br />
Bussen und Bahnen rund um Darmstadt. Allen<br />
am Rahmenprogramm beteiligten Institutionen<br />
gilt mein aufrichtiger Dank für ihre<br />
wertvolle Unterstützung: dem Staatstheater<br />
Darmstadt, der Deutschen Akademie<br />
für Sprache und Dichtung, dem Deutschen<br />
PolenInstitut, der Akademie für Tonkunst<br />
Darmstadt, der Literaturgruppe Poseidon,<br />
dem Studentischen Filmkreis der TU Darmstadt,<br />
der HerwarthWaldenGesellschaft,<br />
der Freimaurerloge zur Einigkeit, dem Haus<br />
am Dom sowie der Hochschule für Musik<br />
und Darstellende Kunst in Frankfurt am<br />
Main, der Caligari Filmbühne Wiesbaden<br />
sowie dem Capitol Theater Offenbach.<br />
Habe ich hinsichtlich der Ausstellungsgestaltung<br />
insbesondere Christian Häuss ler<br />
von der <strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt sowie<br />
der Messebaufirma HEITEC Heiser GmbH,<br />
namentlich Werner G. Heiser und Andrej<br />
Wenzel, für die Umsetzung der ebenso<br />
ambitionierten wie aufwendigen Ausstellungsarchitektur<br />
zu danken, so sind es<br />
im Falle des Katalogs die Grafiker Joerg<br />
Ewald Meißner und Gerd Sebastian Jakob<br />
von KOMA AMOK, die dem Buch frei nach<br />
Kafka die nötige Schärfe gegeben haben.<br />
Annette Kulenkampff, Verlagsleiterin von Hatje<br />
Cantz, hat das Projekt von Anfang an mit Begeisterung<br />
unterstützt und mit den Lektorinnen<br />
Regina Dorneich und Dagmar Lutz ein bewährtes<br />
Team bereitgestellt, das die Essays der<br />
16 Autorinnen und Autoren – mein herzlicher<br />
Dank gilt ihnen allen – souverän in Form gebracht<br />
hat. Neben einem Hörbuch bei Hatje<br />
Cantz wurde zudem mit cine + Filmproduktion,<br />
Berlin, eine Filmdokumentation zur Ausstellung<br />
rea lisiert, für die ich Michael Dörfler und<br />
Herbert Schwarze zu Dank verpflichtet bin.<br />
Für die Ausstellungsorganisation gilt mein Dank<br />
insbesondere Astrid Becker, die ebenso unermüdlich<br />
wie kompetent die Gesamtkoordination<br />
des Projekts verantwortet hat. Tatkräftig unterstützt<br />
wurde sie von den Ausstellungsassistentinnen<br />
Anke Hillen und AnnaPauline Weinke,<br />
der Projektkoordinatorin für das Filmmuseum<br />
Susanne Neubronner sowie den Praktikantinnen<br />
Hanna Santelmann und Magdalena Depta.<br />
Ulli Emig hat als Administrationsleiter<br />
des Instituts <strong>Mathildenhöhe</strong> die Realisierung<br />
der Schau routiniert und couragiert<br />
vorangetrieben. Jürgen Preusch und das<br />
technische Team haben, verstärkt durch<br />
Fritz Schmunk und den Mediengestalter<br />
Marco Kühne, Großartiges geleistet.<br />
Tim Späth hat sämtliche Werbemedien<br />
mit gewohnter Geduld und Nervenstärke<br />
re alisiert. Gwendolin Ross danke<br />
ich für ihren Einsatz in der Presse und<br />
Öffentlich keitsarbeit und Angelika Nitsch<br />
für die Orga nisation der zahlreichen Führungen.<br />
Nur durch eine außerordentliche<br />
gemeinschaftliche Aktivität aller, auch<br />
der hier nicht namentlich genannten Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter des Projekts,<br />
ist das Ziel erreicht worden. Bleibt<br />
mir nur noch last not least, meiner Frau<br />
Sabine und meinen beiden Töchtern Zoë<br />
Antonia und Geraldine Maya dafür zu<br />
danken, das sie mir stets aufs Neue vor<br />
Augen führen, was »<strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
Leben« wirklich bedeutet.<br />
00_Vorlauf_V2.indd 17 09.10.2010 14:25:02 Uhr<br />
17
1 Schließt die Ausstellung Neue Sachlichkeit in<br />
der Kunsthalle Mannheim formal die Zeit des<br />
<strong>Expressionismus</strong> ab, so wird mit dem exemplarischen<br />
Selbstmord des Schriftstellers Walter<br />
Rheiner am 12. Juni 1925 durch eine Überdosis<br />
Morphin der <strong>Expressionismus</strong> auch existenziell<br />
zu Grabe getragen – so wie mit der Veröffentlichung<br />
des ersten Bandes von Adolf Hitlers<br />
Mein Kampf im Juli 1925 bereits fatal die Zei <br />
chen einer neuen Zeit sichtbar werden. Das<br />
künstlerische Finale des <strong>Expressionismus</strong> markiert<br />
schließlich die Uraufführung von Alban<br />
Bergs Wozzeck am 14. Dezember 1925 – ein<br />
Bühnenkunstwerk, dessen Libretto und Musik<br />
von 1915 bis 1921 entstanden.<br />
2 Das kulturhistorische Panorama realisiert<br />
sich in der Ausstellung gleichsam kunstimmanent:<br />
durch Kunstwerke aller Gattungen<br />
so wie von Künstlern verfasste, künstlerisch<br />
gestaltete Manifeste, Zeitschriften, Plakate<br />
und Zeitdokumente.<br />
3 Werner Hofmann, »<strong>Gesamtkunstwerk</strong> Wien«,<br />
in: Der Hang zum <strong>Gesamtkunstwerk</strong>, hrsg.<br />
von Harald Szeemann, Ausst.Kat. Kunsthaus<br />
Zürich, Aarau / Frankfurt a. M. 1983, S. 84–92.<br />
4 Vgl. Jean Clair, »Das dritte Reich als <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
des pervertierten Abendlandes«, in:<br />
ebd., S. 93–104.<br />
5 Vgl. den Beitrag von Wolfgang Pehnt, in diesem<br />
Band (S. 374–383).<br />
6 Karl Friedrich Eusebius Trahndorff, Ästhetik<br />
oder Lehre von Weltanschauung und Kunst,<br />
Bd. 2, Berlin 1827, S. 312.<br />
7 Richard Wagner, »Das Kunstwerk der Zukunft«<br />
(1950), in: ders., Gesammelte Schriften und<br />
Dichtungen, Leipzig 1907, Bd. 3, S. 156.<br />
8 Ebd., S. 162.<br />
9 Harald Szeemann, »Vorbereitungen«, in: Zürich<br />
1983 (wie Anm. 3), S. 17.<br />
10 Bei Richard Wagner stand entgegen seinem<br />
Programm das <strong>Gesamtkunstwerk</strong> unter dem Primat<br />
der Musik, die postulierte Gleichrangigkeit<br />
aller Künste blieb uneingelöst.<br />
11 Vgl. Ralf Beil und Regina Stephan (Hrsg.),<br />
Joseph Maria Olbrich 1867–1908. Architekt und<br />
Gestalter der frühen Moderne, Ausst.Kat.<br />
Institut <strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt, Ostfildern<br />
2010, S. 208.<br />
12 Wie fließend die Übergänge in der Moderne<br />
zwischen Jugendstil und <strong>Expressionismus</strong> sind,<br />
zeigt der Fall Ernst Ludwig Kirchners, der bis<br />
1905 als JugendstilArchitekt aktiv ist; vgl.<br />
Meike Hoffmann, Der Architekt Ernst Ludwig<br />
Kirchner. Diplomarbeit und Studienentwürfe<br />
1901–1905, München 1999. Das einstmals geradezu<br />
quecksilbrige Magma der Moderne lässt<br />
sich nur im kunsthistorischen, sich analytisch<br />
gebärdenden Rückblick zu klaren, dann eben<br />
schon längst erstarrten Kunstbewegungen bzw.<br />
Stilblöcken auseinander dividieren. Joseph<br />
Maria Olbrich etwa, bei Adolf Loos noch 1908<br />
der JugendstilArchitekt schlechthin, plant<br />
bereits ab 1906 sein protoexpressionistisches<br />
Meisterwerk: den Hochzeitsturm auf der<br />
<strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt. Und Olbrichs letztes<br />
Bauwerk, die Villa Feinhals, beherbergt ab 1909<br />
18<br />
die Meisterwerke Kirchners, Pechsteins und<br />
Heckels aus dem Besitz des gleichnami gen<br />
Tabak fabrikanten und ExpressionistenSammlers<br />
der ersten Stunde.<br />
13 Neben Arbeiten der Darmstädter Sezessionisten<br />
Max Beckmann und Ludwig Meidner<br />
sind u. a. Werke von Paula ModersohnBecker,<br />
Emil Nolde, Otto Dix, Erich Heckel, Wassily<br />
Kandinsky, Ernst Ludwig Kirchner, Oskar<br />
Kokoschka sowie Kurt Schwitters zu sehen.<br />
In einem Kabinett wird an den 1919 verstorbenen<br />
Bildhauer Wilhelm Lehmbruck erinnert;<br />
vgl. Sabine Welsch, »Chronik der <strong>Mathildenhöhe</strong><br />
1833–2006«, in: Mathilda is calling.<br />
Erinnerung als Zukunft, hrsg. von Ralf Beil,<br />
Ausst.Kat. Institut <strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt,<br />
Ost fildern 2006, S. 150.<br />
14 Dies gilt von Harald Szeemanns epochaler<br />
Ausstellung Der Hang zum <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
über Roger Fornoffs 2004 in Hildesheim erschienene<br />
Doktorarbeit Die Sehnsucht nach<br />
dem Gesamt kunstwerk. Studien zu einer ästhetischen<br />
Konzeption der Moderne bis hin zu<br />
Robert Hodonyis Dissertation Herwarth Waldens<br />
»Sturm« und die Architektur. Eine Analyse<br />
zur Konvergenz der Künste in der Berliner<br />
Moderne, Bielefeld 2010.<br />
15 So ist die Druckgrafik als genuine Netzwerkkunst,<br />
als Möglichkeit massenhafter Vervielfältigung<br />
und Verbreitung künstlerischer Ideen<br />
sowie politischer Ziele eine zentrale Gattung im<br />
<strong>Expressionismus</strong>.<br />
16 Die großen Bühnenkunstwerke von Schönberg<br />
und Berg – Die glückliche Hand und Wozzeck –<br />
wurden erst 1924 bzw. 1925 uraufgeführt,<br />
Kandinskys Gelber Klang erst weit nach seinem<br />
Tod in den 1970erJahren.<br />
17 Vgl. Zürich (wie Anm. 3), S. 18 f.<br />
18 Valeska Gerts »exzentrisches« Kabarett von<br />
1919 unter Beteiligung von George Grosz,<br />
Karlheinz Martin und Max HerrmannNeiße ist<br />
nur ein Beispiel; vgl. Klaus Völker (Hrsg.),<br />
»Ist schon doll das Leben«. George Grosz –<br />
Max HerrmannNeiße. Der Briefwechsel, Berlin<br />
2003, S. 24.<br />
19 »… der Impressionismus ist eine Stillehre,<br />
der <strong>Expressionismus</strong> eine Norm des Erlebens,<br />
des Handelns, umfassend also der Weltanschauung.«<br />
Friedrich Markus Huebner, Der<br />
<strong>Expressionismus</strong> in Deutschland, 1920, zit.<br />
nach: Thomas Anz und Michael Stark (Hrsg.),<br />
<strong>Expressionismus</strong>. Manifeste und Dokumente zur<br />
deutschen Literatur 1910–1920, Stuttgart 1982,<br />
S. 3.<br />
20 Vgl. die CaligariKritik von E. K., in<br />
diesem Band (S. 333).<br />
21 Johannes Jahn und Stefanie Lieb, Wörterbuch<br />
der Kunst, Stuttgart 2008, Stichwort »<strong>Gesamtkunstwerk</strong>«,<br />
S. 300.<br />
22 Die frühen Einakter der Pioniere Schönberg und<br />
Kandinsky sind synästhetische <strong>Gesamtkunstwerk</strong>projekte<br />
zwischen Musik und Farbe, Geste,<br />
Wort und Licht – und nicht Opern im herkömmlichen<br />
Sinn.<br />
23 Die BeethovenAusstellung von 1902 in der<br />
Wiener Secession mit ihrer Wiederherstellung<br />
eines Gesamtzusammenhangs von Architektur,<br />
Malerei und Skulptur war diesbezüglich<br />
ein Meilenstein: »Dieses Zusammenwirken<br />
aller bildenden Künste entspricht dem, was<br />
Wagner mit seinen musikalischen Dramen<br />
anstrebte und erreichte.« Max Klinger, »Malerei<br />
und Zeichnung«, in: Max Klinger. Beethoven.<br />
XIV. Kunstausstellung der Vereinigung Bildender<br />
Künstler Österreichs Secession (Faksimile<br />
Ausgabe des Kat. von 1902), Wien 1979, S. 20.<br />
24 Allein die Zahl der Philosophen, die über das<br />
utopische Befreiungspotenzial des <strong>Expressionismus</strong><br />
zu ihrem Lebenswerk gefunden haben,<br />
ist beeindruckend: U. a. sind dies Theodor W.<br />
Adorno, Ernst Bloch, Martin Buber und Ludwig<br />
Marcuse.<br />
25 Insbesondere die 1960erJahre scheinen in<br />
ihrem gesamtgesellschaftlichen Aufbruch<br />
so wie in den zahlreichen Grenzüber schreitungen<br />
zwischen Kunst und Leben die Idee des<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong>s im <strong>Expressionismus</strong> in<br />
neuer Form weiterzuführen. Ist Andy Warhol<br />
ein Ernst Ludwig Kirchner der 1960erJahre?<br />
Die von Kirchner selbst fotografisch festge haltenen<br />
Inszenierungen von Künstlern, Modellen,<br />
Tänzern, Schriftstellern und Homosexuellen<br />
in seinem Vorkriegsatelier weisen bei allen<br />
zeit bedingten Unterschieden eine erstaunliche<br />
Nähe zu den FactoryAktivitäten des Werbegrafikers<br />
und AllroundKünstlers Warhol auf.<br />
Und selbst der Künstler Joseph Beuys klingt<br />
bereits an, wenn Walter Gropius 1919 in utopischem<br />
Überschwang formuliert: »Vielleicht<br />
ist der lebende Künstler dazu berufen, vielmehr<br />
ein Kunstwerk zu leben, als es zu erschaffen.«<br />
Walter Gropius, zit. nach: Ja! – Stimmen des<br />
Arbeitsrates für Kunst in Berlin, in: Arbeitsrat<br />
für Kunst Berlin 1918–1921, Ausst.Kat. Akademie<br />
der Künste Berlin, Berlin 1980, S. 32.<br />
00_Vorlauf_V2.indd 18 09.10.2010 14:25:02 Uhr
3<br />
Willy Dzubas, Germany. The Chile House in Hamburg, 1925, Lithografie,<br />
Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin<br />
00_Vorlauf_V2.indd 19 09.10.2010 14:25:04 Uhr<br />
19
Otto Bartning, Sternkirche. Innenansicht des Modells von 1922, 1922, Fotografie,<br />
OttoBartningArchiv der Technischen Universität Darmstadt<br />
00_Vorlauf_V2.indd 20 09.10.2010 14:25:04 Uhr
00_Vorlauf_V2.indd 21 09.10.2010 14:25:04 Uhr
Erich Heckel, Gläserner Tag, 1913, Öl auf Leinwand, Pinakothek der Moderne,<br />
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München<br />
22<br />
00_Vorlauf_V2.indd 22 09.10.2010 14:25:04 Uhr
Karl SchmidtRottluff, Idealprojekt, 1919, Erstveröffentlichung:<br />
Ja! – Stimmen des Arbeitsrates für Kunst in Berlin, Berlin 1919<br />
Bau einer Bergstadt. Die Stadt soll etwa 8–10 000<br />
Bewohner aufnehmen können. Eine große einheitliche<br />
Silhouette ist das äußere Bild der<br />
Stadt. Auf der Höhe des Berges steht ein großer<br />
in mächtigen kubischen Massen gegliederter<br />
Bau, der in weißem Anstrich in die Landschaft<br />
hinausleuchtet. Der Bau vereint in sich alle öffentlichen<br />
Bauten der Stadt. Schulen, Konzert-<br />
und Festsäle – Theater – einen Kult raum der<br />
neuchristlichen Gemeinschaft. Ein großer, wieder<br />
in sich einheitlicher Hof dient zugleich als<br />
öffentlicher Versammlungsort – ist stark farbig<br />
gehalten und mit großen Mosaiken geschmückt.<br />
Auf den Hängen des Berges gruppieren sich teils<br />
Einzelhäuser mit Gärten, teils geschlossene Häuserzüge.<br />
Die Straßen, die in Winkeln aufwärts<br />
führen, sind durch große Mauern betont, die so<br />
als weiße Bänder zur Höhe hinaufschießen. Bei<br />
allen übrigen Bauten ist das Weiß vermieden.<br />
Blau und rot (unverputztes Mauerwerk), hier<br />
und da gelb, dienen als Anstrich für Einzelhäuser<br />
und geschlossene Züge. Nadelbäume geben<br />
vereinzelt scharfe Akzente.<br />
Für die Durchführung der Ideen müßte<br />
vom Staat ein bewaldeter Berg zur Verfügung gestellt<br />
werden, der dann, je nach der Baumöglichkeit,<br />
abgeholzt wird. Die Bauplätze selbst werden<br />
kostenlos zur Verfügung gestellt unter der<br />
Bedingung, daß der Bauherr sich den Bau von<br />
dem betreffenden Architekten ausführen läßt.<br />
Die einzelnen Häuser und Häuserzüge werden<br />
von den verschiedenen Architekten selbständig<br />
entworfen – sie haben sich nur dem Gesamtbild<br />
der Stadt einzufügen.<br />
Idealprojekt<br />
00_Vorlauf_V2.indd 23 09.10.2010 14:25:04 Uhr<br />
23
Wenzel Hablik, »Sehr erfreut über Ihre Filmidee ...«, 22. Juli 1920,<br />
Brief von Wenzel Hablik an Bruno Taut, 22. Juli 1920, Inv.Nr. 1301,<br />
WenzelHablikStiftung, Itzehoe<br />
24<br />
Itzehoe, am 22. Juli 1920<br />
Lieber Herr Taut!<br />
Sehr erfreut über Ihre Filmidee, zumal ich<br />
schon vor etwa 8 Jahren an einer ähnlichen<br />
Sache arbei tete, leider aber auf Grund<br />
vollkommenen Unverständnisses der massgebenden<br />
Stellen die Geschichte wieder fallen<br />
lassen musste. Die Zeit jetzt ist wohl günstiger<br />
dafür, und von Berlin aus lässt sich das auch<br />
wohl leichter in Scene setzen als hier in dem<br />
gottverfluchten eisigen conservativen Norden,<br />
mit seinen doch so hoffnungsberechtigenden<br />
zähen Dickschädeln.<br />
Es wäre zu schön, wenn diese Sache uns<br />
wirklich zusammenbrächte, denn mir scheint<br />
eine persönliche Aussprache von Subjekt<br />
zu Subjekt immer dringender nötig. Vielleicht<br />
kann der Ort des Treffpunktes zentral<br />
zwischen uns alle gelegt werden, obwohl ich<br />
persönlich für längere Zeit keine Entfernung<br />
scheue. Geben Sie gleich an, was ich dafür<br />
zu tun hätte, resp. welche Freiheiten des Arbeitens<br />
bleiben. Ich würde ja gern eine Art<br />
Stadt für den Film bauen wie es mich innerlich<br />
dazu treibt, mit den Anlagen der Menschen<br />
von übermorgen. D. h. der Menschen, mit welchen<br />
noch für etwa 100 Jahre zu rechnen<br />
ist. Daneben würde ich gerne einige Zukunftsprojekte<br />
bauen für Einzelindividuen, und<br />
zwar am Meere, im Meere (unter Wasser) im<br />
Gebirge, in den Hochalpen, im Flachland,<br />
im Flugsand, im Fels, (Berginneres) in freier<br />
Luft (fliegende Häuser).<br />
Dann möchte ich gerne für Nebenpro pa gandazwecke<br />
z. B. die Erbauung eines Glashau ses<br />
in einzelnen Perioden darzustellen versuchen.<br />
Teilen Sie mir bitte gleich mit, wann unge-<br />
fähr die ganze Sache fertig sein soll, damit<br />
ich meine übrigen Arbeiten auf das für das<br />
Leben Nötigste beschränke, resp. so einrichte,<br />
dass ich davon nicht zu sehr gestört werde.<br />
Ich würde dann jetzt schon anfangen Modelle<br />
zu bauen, wenn Sie mit meinem Teil einverstanden<br />
sind. Ich bleibe die nächsten Monate<br />
zuhause und werde ganz und gar diesen Ideen<br />
nachgehen – – denn das Bauen ist für mich<br />
nichts anderes als die Schaffung des »<strong>Gesamtkunstwerk</strong>es«<br />
wie es seit 25 Jahren mein<br />
Leitgedanke war. Ein anderes »Kunstwerk«<br />
gibt es für mich nicht. »Künstler« welche<br />
nicht kosmisch universell empfindend schaffen<br />
– – haben mit Schaffen nichts gemein und<br />
werden am Bauen sterben, oder sich einfügen<br />
als Handlanger.<br />
Erbauen eines Glashauses am Meeresstrand:<br />
Man sieht durch die Brandung ein Schiff<br />
tief in den Sand des Strandes einschneiden und<br />
gleichsam sich einwühlend, landen. Männer<br />
verlassen es und transportieren metallene<br />
7zackige Sterne, welche an bestimmten Punkten<br />
verteilt in den Sand gelegt und mit elektrischen<br />
Leitungsdrähten zentral verbunden<br />
werden, mit einem besonders geformten Stern.<br />
Dünne Rohre, welche mit elektrischen<br />
Pumpen im Schiff verbunden sind, werden<br />
neben die einzelnen Sterne geführt (diese<br />
können auch evtl. von einem oder 7 Flugzeugen<br />
ab geworfen werden). – – Die Pumpen des<br />
Schiffes bringen bestimmte, lösend und bindend<br />
wirkende Flüssigkeiten, welche rings<br />
um die Sterne in den Sand versickern. Ein kleines<br />
Flugzeug überkreist dabei signali sierend<br />
die Baustelle. Man sieht einen Mast glitzernd<br />
und Funken sprühend aus dem Schiffsrumpf<br />
sich erheben und gleichzeitig ein Funkensprühen<br />
von den Sternen im Sand ausgehen. Es<br />
bilden sich um jeden Stern feurigflüssige Krater<br />
(der grösste um den grössten, der kleinste<br />
um den kleinsten Stern). – –<br />
Fern-Signale des kreisenden<br />
Ingenieurflugzeuges.<br />
Eine riesige Luftschiffwerkstätte nähert<br />
sich und bleibt in gewisser Entfernung schwebend<br />
halten. Hohlkörper werden nach den<br />
feuerflüssigen wogenden Kratern, darin sich<br />
die Sterne drehen, herabgelassen welche an<br />
Metallschläuchen hängen und sofort beginnt<br />
die glühende Masse sich zu formen. Große<br />
Blasen, in allen Farben schillernd erheben sich,<br />
runden sich wie Kuppeln, werden vonein ander<br />
absorbiert bilden noch grössere – – (wie Seifenblasen)<br />
Signale. Wieder werden Körper von dem<br />
Luftschiff herabgeschossen welche an den<br />
Blasen kleben bleiben.<br />
Rohre blasen Sandströme zu. Ventile; Aufrollen,<br />
und die Blasen ziehen spitzen und formen<br />
sich zu absonderlichen Gebilden. Erstarrung.<br />
Fortsetzung bei Sternkrater 2, 3, u. s. w. Gaszuführung<br />
vom Luftschiff aus.<br />
Schon erheben sich stattliche Gebilde, riesige<br />
schillernde Glaskuppeln, die in Spitzen<br />
und Zacken ausgezogen werden – Kugeln<br />
und Zungen – Kegel und blumige Rohre –<br />
Glitzern, Gleissen – Funkensprühen.<br />
Das Grundinnere der Krater erstarrt zusammenhängend<br />
zu einem geschmolzenen Fundament<br />
und von der Mitte ausstrahlend erhebt<br />
sich Raumgebilde am Raumgebilde<br />
– –<br />
Das grosse Luftschiff begibt sich fort – –<br />
7 Flug zeuge verlassen es, und kreisen um die<br />
Bau stelle. Das Schiff entlässt Arbeiter und<br />
die Details werden gemacht.<br />
Einzelne Kuppeln verlassen ihre Fundamente,<br />
erheben sich und werden wieder festgeschmolzen<br />
u. s. w. Schluss, Blick in das Innere<br />
einer Kugelkuppel. Glasmöbel u.s.w. Ähn -<br />
licher Vorgang zu schildern bei dem Bauen<br />
unter Wasser (im Meere, in Seen).<br />
Luftschiff-Grüße!<br />
von Ihrem<br />
Wenzel Hablik<br />
00_Vorlauf_V2.indd 24 09.10.2010 14:25:05 Uhr
»Sehr erfreut über<br />
Ihre Filmidee ...«<br />
Wenzel Hablik, Der Weg des Genius, 1918,<br />
Öl auf Leinwand, WenzelHablikStiftung, Itzehoe<br />
00_Vorlauf_V2.indd 25 09.10.2010 14:25:05 Uhr<br />
25
01_Beil_V2.indd 26 08.10.2010 19:47:08 Uhr
Ralf Beil<br />
01_Beil_V2.indd 27 08.10.2010 19:47:08 Uhr
28<br />
In Memoriam<br />
Harald Szeemann (1933–2005)<br />
Alles beginnt mit kleinen, aber dezidierten Schritten,<br />
Schnitten, Pinselstrichen: 1903 skiz ziert der<br />
Wiener Kunstgewerbestudent Wenzel Hablik eine<br />
erste Serie alpiner Archi tekturvisionen (Abb.<br />
S. 350). Seine Kristallbauten in Berglandschaft<br />
stehen am Anfang einer lebenslangen Beschäftigung<br />
mit utopischer Architektur als <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
von Natur und Kultur. 1904 gründet der<br />
junge Komponist und Pianist Herwarth Walden in<br />
Berlin den Verein für Kunst, die erste Keimzelle<br />
eines künstlerischen Aufbruchs mit hohem Sendungsbewusstsein<br />
quer durch alle Dis ziplinen:<br />
»Wir denken z. B. an Aufführungen sogenannter<br />
›unaufführbarer‹ dramatischer Werke und an Ankauf<br />
guter zeitgenössischer Literatur zur freien<br />
Ver teilung an Volksbibliotheken etc.« 1 Der umtriebige<br />
Ehemann der Dichterin Else Lasker-Schüler<br />
organisiert und betreut alle Künstlerabende, Lesungen<br />
sowie Musik- und Theateraufführungen<br />
des Vereins für Kunst und erarbeitet sich so<br />
ein erstes kulturelles Netzwerk. Hermann Bahr,<br />
Peter Behrens, Richard Dehmel, Alfred Döblin,<br />
Karl Kraus, Else Lasker-Schüler, Paul Scheerbart,<br />
Arnold Schönberg und Frank Wedekind<br />
gehören zu den Protagonisten der Avantgarde-<br />
Präsentionen 2 – zahlreiche, später bedeutende<br />
Ver treter der expressionistischen Literatur, Musik,<br />
Theaterkunst und Architektur.<br />
Der Dresdner Architekturstudent Ernst<br />
Ludwig Kirchner schneidet 1904 sein<br />
Mädchen, auf der Treppe leuchtend in<br />
Linol, das weit in die Schattenreiche<br />
der expressionistischen Filmkunst voraus<br />
scheint (Abb. S. 297). 1905, unmittelbar<br />
vor seinem Studienabschluss als<br />
Architekt, 3 gründet er mit seinen Kommilitonen<br />
Erich Heckel, Karl Schmidt-<br />
Rottluff sowie Fritz Bleyl die Künstlergemeinschaft<br />
Brücke, eine weitere<br />
Keimzelle nicht nur des <strong>Expressionismus</strong>,<br />
sondern auch der expressionistischen<br />
Netzwerke, die die Basis legen<br />
für spätere <strong>Gesamtkunstwerk</strong>e individueller<br />
wie kollektiver Art. Erstmals in<br />
der Geschichte versammelt eine Künstlergruppe<br />
ebenso offensiv wie offiziell<br />
»aktive« und »passive Mitglieder« um<br />
sich, die als Unterstützer und Sammler<br />
fungieren. 1906 schneidet Kirchner das<br />
Pro gramm der Brücke in Holz (Abb.<br />
S. 80), ein Jahr später das erste Mitgliederverzeichnis.<br />
Die junge Hamburger<br />
Kunsthistorikerin Rosa Schapire ist<br />
unter ihnen, 1907 die einzige Frau unter<br />
den männlichen Koryphäen des Fachs<br />
beim Internationalen Kunsthistorikerkongress<br />
in Darmstadt. 4 Aber auch der<br />
Basler Fabrikdirektor Philipp Trüdinger<br />
sowie der Publizist, Kunstmäzen und<br />
Museumsdirektor Harry Graf Kessler<br />
gehören dazu.<br />
1909 gründet der Berliner Schriftsteller<br />
Kurt Hiller gemeinsam mit Jakob<br />
van Hoddis den Neuen Club, der kurz<br />
darauf das Neopathetische Cabaret<br />
als eigenes Veranstaltungsformat aus<br />
der Taufe hebt. Das Vorbild der späteren<br />
Abende des Cabaret Voltaire<br />
und der Galerie Dada vereint Lyrik-<br />
Lesungen mit Musik, Schattenspiel<br />
mit Philosophie. Die Auftritte pendeln<br />
turbulent zwischen Pathos und Ironie,<br />
Parodie, Groteske und Tragödie. Das<br />
Neopathetische Cabaret wird bald<br />
zum ebenso umstrittenen wie legendären<br />
Treffpunkt der künstlerisch ambitionierten<br />
Jugend, 5 wird Netzwerkort<br />
und Experimentierfeld für interdisziplinäre<br />
Kunstaktionen (Abb. 1).<br />
Ein Zeitgenosse berichtet:<br />
»Der Neue Club (Dichter und Denker jüngster<br />
Generation) veranstaltet allmonatlich seinen<br />
›Cabaret‹-Abend. In dem dichtgedrängten<br />
Saal irgend eines Cafés, bald hell, bald verdunkelt,<br />
lauschen 250 Personen, Studenten,<br />
Bohemiens, Schauspieler, Maler, Schriftsteller<br />
(darunter manch bekanntes, interessantes<br />
Gesicht), Männlein und Weiblein, grotesk in<br />
Farben und zarten Seiden, lauschen, lachen,<br />
klatschen, zischen, werden hinausbefördert,<br />
freun sich und wollen etwas. Die Kerle haben<br />
Mut. Man muß wissen, es ist kein Cabaret im<br />
gewöhnlichen Sinn, nicht für jeden. Statt des<br />
obligaten Klaviergeklimpers zu schleimigen<br />
Zoten kann man plötzlich eine kritisch-psychologische<br />
Lustbarkeit hören oder eine Anfrage<br />
an das Schicksal oder die unge nierte Ermordung<br />
einer Berühmtheit.« 6<br />
Herwarth Walden spielt neben eigenen Kompositionen<br />
Klavierwerke von Debussy, Eduard<br />
Steuer mann bringt Arnold Schönberg zu Gehör.<br />
Else Lasker-Schüler de kla miert ihr Schauspiel<br />
Die Wup per (Abb. S. 184), Martin Buber liest<br />
aus den Gleichnissen des Tschuang-Tse. Die<br />
Mitglieder des Neuen Clubs, Jakob van Hoddis,<br />
Wilhelm Simon Guttmann und Georg Heym,<br />
Speerspitze der expressionistischen Dichtkunst,<br />
sind allgegenwärtig. Mal setzt ein Schattendrama<br />
von Achim von Arnim, mal Rausch und<br />
Kunst von Friedrich Nietzsche den Schlussakkord<br />
in diesem Kabarett der Künste. »Wir<br />
Zwanzigjährigen ahnten damals den Beginn<br />
einer neuen Lebens vision: in der das Ich seine<br />
Mauern sprengt, die Monade die Fenster in die<br />
Welt aufreißt und Gemeinschaft hat mit der Magie<br />
der Kräfte und Stimmen der ganzen Welt.« 7<br />
Und wiederum ist es Herwarth Walden,<br />
der einen nächsten großen Schritt macht:<br />
Nach vier Anstellungen als Kulturredakteur<br />
gründet der Publizist seine eigene<br />
Zeitschrift. Der Sturm, dessen erste Nummer<br />
am 3. März 1910 erscheint, wird zum<br />
Pionierprojekt einer Einheit der Künste im<br />
Papierformat – und zum Meilenstein des<br />
<strong>Expressionismus</strong>. Oskar Kokoschka porträtiert<br />
den Herausgeber noch im selben<br />
Jahr als feinnervigen Intellektuellen, dessen<br />
rot glühende, von Lebensenergie nur<br />
so durchpulste Sinnesorgane – Nase, Augenpartie,<br />
Mund und Ohr – über dem weißen<br />
Kragen und die mehr als dünnhäutige,<br />
geradezu offen gelegte blutrote Hand über<br />
braunen Rockschößen außergewöhnliches<br />
Gespür und extreme Sensibilität verraten<br />
(Abb. 2).<br />
»Wer die Entstehung des <strong>Expressionismus</strong>,<br />
sein Leben und seine Bedeutung begreifen<br />
will, ist auf das Material, das der Sturm bietet,<br />
angewiesen [...]. Der Sturm ist das führende<br />
Organ der Expressionisten«, so Herwarth<br />
Walden selbst im Rückblick. 8 Tatsächlich wird<br />
Der Sturm eine Kulturunternehmung magistralen<br />
Ausmaßes, zusammen mit der gleichnamigen<br />
Galerie, die im In- wie Ausland Ausstellungen<br />
organisiert, mit dem Verlag, dem nach<br />
dem Ersten Weltkrieg noch die Sturm-Schule,<br />
die Sturm-Kunstabende, die Sturm-Buchhandlung<br />
und die Sturm-Bühne folgen werden. 9<br />
Nun geht alles Schlag auf Schlag – als ob Der<br />
Sturm tatsächlich alle bis dato noch unterdrückten<br />
oder zurückgehaltenen Kräfte entfesselt hätte.<br />
Überall sprießen und schießen Gruppierungen,<br />
Vereinigungen, Kleinstverlage und Zeitschriften<br />
aus dem Nährboden einer jungen Generation im<br />
Aufbruch und zunehmendem Widerstand gegen<br />
das in gesellschaftlichen Konventionen und politi<br />
scher Reaktion erstarrte Wilhelminische Zeitalter.<br />
Die neben dem Sturm bedeutendste Zeitschrift<br />
gründet 1911 der Publizist Franz Pfemfert<br />
mit dem sprechenden Titel Die Aktion: Seine politisch<br />
radikalere Wochenzeitschrift für Poli tik, Literatur,<br />
Kunst wird schnell zum zweiten wichtigen<br />
Forum des <strong>Expressionismus</strong>. 10 Beide Zeitschriften<br />
entwickeln parallel eine geradezu »paradigmatische<br />
Präsentation: das Nebeneinander von<br />
neuer Grafik, spitzer Kultur- und Zeitkritik und<br />
provokativem Poem«. 11<br />
Das kongeniale Zusammenspiel von Bild<br />
und Text wird von den zeitgenössischen<br />
Rezensenten ebenso begrüßt wie Inhalt<br />
und Form der Beiträge, geliefert von fulminanten<br />
Mehrfachbegabungen wie Oskar<br />
Kokoschka (Abb. S. 270), der zudem auch<br />
redaktionell für den Sturm in Österreich-<br />
Ungarn verantwortlich zeichnet:<br />
»Da heißt es so oft, wir hätten heute keine Stürmer<br />
und Dränger mehr! Wir hätten eine Jugend,<br />
über die selbst die ältesten Leute nicht die Köpfe<br />
zu schütteln vermöchten. [...] Da kommt nun<br />
auf einmal [...] genialisch, wüst und herzerfrischend<br />
jugendlich dieser kraftvolle ›Sturm‹ dahergebraust<br />
und kündet neue Ziele, die zwar von<br />
unsern 25jährigen Kunstgreisen kein Verständnis<br />
erwarten dürfen, aber nach einer schon allzu<br />
lange ertragenen Schwüle von Snobismus und<br />
Geschäftsschriftstellerei jedenfalls eine heilsame<br />
Luftreinigung bedeuten. [...] Oscar Kokoschka<br />
heißt der tollste von ihnen; der zeichnet<br />
wie aus der Pistole geschossen und dichtet daneben<br />
in einer so fabelhaften Temperatur, daß<br />
wer ihn verstehen will, schon selber ein Genie<br />
sein muß.« 12<br />
Doch nicht nur das Rad der Künste, auch<br />
das Rad der Geschichte dreht sich unerbittlich<br />
weiter. 1911 steht mit der Zweiten<br />
Marokkokrise ein erstes Mal der Krieg<br />
ganz unmittelbar vor Augen: »Ein deutsches<br />
Kriegsschiff ist vor Agadir erschienen.<br />
Alle reden vom Krieg zwischen Frankreich<br />
und Deutschland.« 13 Apokalyptische<br />
Stimmung allerorten. In Ludwig Meidners<br />
Zeichnungen und Gemälden (Abb. S. 109),<br />
in Otto Gutfreunds Skulpturen (Abb. S.<br />
105), in den Gedichten von Georg Heym<br />
(s. S. 116) und Jakob van Hoddis (s. S. 118).<br />
Was bei dem österreichischen Dichter<br />
Georg Trakl die einsame Formulierung<br />
eines eisig-klirrenden Untergangs, eine<br />
Vernichtungsvision De profundis ist, wird<br />
im Neopathetischen Cabaret ein kollektiv<br />
erfahrener Weltbrand. 14 Doch noch ist es<br />
nicht so weit.<br />
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1<br />
Der Neue Club, Programm des Neopathetischen Cabarets,<br />
16. Dezember 1911 (8. Abend), Schriftzug von Karl Schmidt-<br />
Rottluff, Holzschnitt, Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
01_Beil_V2.indd 29 08.10.2010 19:47:09 Uhr<br />
29
Oskar Kokoschka, Herwarth Walden, 1910,<br />
Öl auf Leinwand, Staatsgalerie Stuttgart<br />
2<br />
30<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Erna Schilling und Ernst Ludwig<br />
Kirchner im Atelier Berlin-Wilmersdorf, Durlacher Straße 14,<br />
um 1912 –1914, Fotografie, Kirchner Museum Davos<br />
4<br />
3<br />
»Lieber Herr Kandinsky, ich löse mich ewig in Tönen – endlich von einer Verpflichtung,<br />
die ich gerne schon lange erfüllt hätte. 12.12.1911 Arnold Schönberg«,<br />
Fotografie von Arnold Schönberg vor 1911 mit einer Widmung an Wassily<br />
Kandinsky, 1911, Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, München<br />
01_Beil_V2.indd 30 08.10.2010 19:47:10 Uhr
Ein Traum von allumfassender Synästhesie<br />
Das <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
vor dem Ersten Weltkrieg<br />
»Lieber Herr Direktor,<br />
Sie fragen nach den künstlerischen Bedingungen<br />
für die kinematographische Wiedergabe meiner<br />
›Glücklichen Hand‹? [...] Mein wichtigster Wunsch<br />
ist [...] das Gegenteil von dem, was das Kino sonst<br />
anstrebt. Ich will:<br />
Höchste Unwirklichkeit!<br />
Das Ganze soll (nicht wie ein Traum) sondern wie<br />
Akkorde wirken. Wie Musik. [...] Ein Maler (etwa<br />
I. Kokoschka, oder II. Kandinsky, oder III. Roller)<br />
entwirft alle Hauptszenen. [...] Wenn dann die<br />
Szenen alle genau nach dem Tempo der Musik fertig<br />
sind, wird es aufgenommen und der Film soll<br />
dann nach den Angaben meiner Dichtung von dem<br />
Maler koloriert werden (eventuell bloß unter seiner<br />
Leitung). Nun glaube ich aber, dass für das<br />
Farbenspiel und für andere Stellen, wo sehr starke<br />
Farbenwirkungen erfordert werden, das bloße<br />
Kolo rieren nicht genügen [wird]. An solchen Stellen<br />
müsste außerdem von farbigen Reflektoren<br />
Licht auf die Szene geworfen werden.« 15<br />
Schon 1913 skizziert der Komponist Arnold<br />
Schönberg höchst detailgenau die Vorstellung<br />
eines expressionistischen <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s<br />
im Medium des Films, 16 das erst nach dem Ersten<br />
Weltkrieg Realität werden wird. 17 Grundlage<br />
ist sein eigenes Bühnenkunstwerk, der in<br />
jenem Jahr vollendete Einakter Die glückliche<br />
Hand, für den er ab 1908 erste Ideenskizzen<br />
zu Text und Musik entwirft, der jedoch erst<br />
1924 seine Uraufführung erfahren wird. 18 Der<br />
Pionier des Bühnengesamtkunstwerks ist dafür<br />
zu gleich als Librettist, Komponist, Bühnenbildner<br />
und Lichtregisseur tätig. 19<br />
»Sie sehen zu Anfang zwölf helle Flecke auf<br />
einem schwarzen Grund: die Gesichter der<br />
6 Frauen und 6 Männer. Oder vielmehr: ihre<br />
Blicke. [...] als ob ich einen Chor von Blicken<br />
wahrnähme, so wie man eben Blicke wahrnimmt,<br />
wie man sie fühlt, auch ohne dass man<br />
sie sieht, wie sie einem etwas sagen. Was<br />
diese Blicke hier sagen, ist noch durch Worte<br />
umschrieben, die der Chor singt, und durch<br />
die Farben, die sich auf den Gesichtern zeigen.<br />
Die musikalische Art, auf die diese Idee<br />
komponiert ist, bezeugt die Einheitlichkeit der<br />
Konzeption [...]; und es muß einleuchten, dass<br />
Gesten, Farben und Licht hier ähnlich behandelt<br />
werden wie sonst Töne: dass mit ihnen<br />
Musik gemacht wird.« 20<br />
So beschreibt Arnold Schönberg selbst in seiner<br />
Breslauer Rede die Synthese der Künste<br />
und Ausdrucksformen in seinem Opus 18.<br />
Arnold Schönberg »entwirft in seinem ›Drama<br />
mit Musik‹ Die glückliche Hand, einem<br />
aus der Triebsphäre gespeisten Traumprotokoll,<br />
in dem Worte, Musik, Deklamationsarten,<br />
Bilder, Regieanweisungen, Gesten,<br />
Farben und Helligkeitsgrade genau fixiert<br />
sind, wohl das exemplarische expressionistische<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong> für die Bühne<br />
(von 18 Minuten Dauer): alle Dimensionen<br />
dieses einen Werkes verdanken sich einer<br />
einzigen Intention, deren Grundlage allerdings<br />
die Anerkennung einer verbindlichen<br />
Synästhesie ist.« 21<br />
Ganz ähnlich arbeitet der Maler Wassily<br />
Kandinsky. Unabhängig von Schönberg<br />
entwickelt er mit seinem Einakter Der<br />
gelbe Klang ab 1909 ein weiteres Paradebeispiel<br />
des synästhetischen <strong>Expressionismus</strong><br />
auf dem Musiktheater. 22 Und<br />
erkennt in Schönberg sofort einen Wahlverwandten.<br />
Nach dem Besuch eines<br />
Konzertes schreibt Kandinsky im Januar<br />
1911 an den ihm noch unbekannten Komponisten:<br />
»Sie haben in Ihren Werken<br />
das verwirklicht, wonach ich in freilich<br />
unbestimmter Form in der Musik so eine<br />
große Sehnsucht hatte.« 23 Im Herbst des<br />
Jahres lernen sie sich kennen, aus gegenseitiger<br />
Bewunderung wird Freundschaft<br />
(Abb. 3).<br />
Der Wahl-Münchner Kandinsky bindet den<br />
Wiener Autodidakten und Ausdruckskünstler<br />
sofort in die Arbeit am multinationalen<br />
und interdisziplinären Almanach Der Blaue<br />
Reiter ein, der im Januar 1912 erscheinen<br />
soll: »Erste No. ohne Schönberg! Nein, das<br />
will ich nicht [...] Geben [Sie] uns 10 – 15<br />
Seiten! Wie gesagt – ohne Schönberg darf<br />
es nicht sein.« 24 Der Almanach verzeichnet<br />
am Ende neben dem Erstabdruck der Bühnenkomposition<br />
Der gelbe Klang – Schönbergs<br />
Reaktion: »[...] außerordent lich. Es<br />
ist ja ganz dasselbe, was ich in meiner<br />
›Glücklichen Hand‹ angestrebt habe« 25<br />
– Arnold Schönbergs Denkschrift »Das<br />
Verhältnis zum Text«, seine Komposition<br />
Herzge wächse sowie Abbildungen der Ölstudien<br />
Vision und Selbstporträt. 26 Beide<br />
Bilder sind auf Initiative von Kandinsky zugleich<br />
Teil der Eröffnungsausstellung von<br />
Herwarth Waldens Berliner Sturm-Galerie<br />
im März 1912, die der Künstlergruppe Der<br />
Blaue Reiter gewidmet ist. 27<br />
Die Metropolen München, Wien und Berlin sind<br />
vor dem Ersten Weltkrieg aufs Engste verbunden<br />
durch das dichte Beziehungsgeflecht der<br />
Expressionisten aller Gattungen, die nach einer<br />
Vereinigung der Künste streben. 28 Sie gleichen<br />
im Rückblick, auch wenn nach außen hin noch<br />
säuberlich gutbürgerlich gedeckelt, brodelnden<br />
Kesseln von Menschen und Ideen – Hugo Ball<br />
ist einer von ihnen. Der junge Schriftsteller,<br />
Schauspieler und Dramaturg an den Münchner<br />
Kammerspielen gehört neben Beiträgen für<br />
Die Aktion mit Gottfried Benn, Franz Blei und<br />
Kurt Hiller zu den Mitarbeitern der Münchner<br />
Zeitschrift Revolution, die nur drei Monate lang<br />
erscheint, deren erste Ausgabe 1913 sogleich<br />
polizeilich beschlagnahmt wird und die sich zuletzt<br />
mit einer »Sondernummer für Otto Gross«<br />
für den auf Veranlassung seines eigenen Vaters<br />
in eine Nervenheilanstalt eingewiesenen Psychoanalytiker<br />
und Kulturrevolutionär einsetzt. 29<br />
Die Revolution ist für den ehrgeizigen Hugo Ball<br />
jedoch nur eines von vielen Aktionsfeldern.<br />
1914 schreibt er geradezu euphorisiert in einem<br />
Brief an seine Schwester:<br />
»Ich meinerseits gelte nun allgemein als der<br />
Vertreter der jüngsten Literatur beim Theater.<br />
[...] Mein hiesiger Protest gegen die Massenkonfiskation<br />
der ›Aktion‹ (auch zwei Gedichte<br />
von mir unter Pseudonym Ha Hu Baley) – ist<br />
von 40 allerersten Namen unterschrieben. Also<br />
Du siehst: gegen den Zensor und den Staatsanwalt<br />
geht es. [...] Sodann muß ich Dir noch<br />
mitteilen, daß dieser Tage im ›Phöbus‹ (das ist<br />
eine neue Münchener Theaterzeitschrift) neben<br />
dem Aufruf für die ›Aktion‹ auch ein Aufsatz von<br />
mir übers ›Künstlertheater‹ erscheint, der sicher<br />
Aufsehen machen wird, weil er sehr radikal die<br />
Zustände dort untersucht und zum ersten Mal die<br />
neue Idee bringt, die wir dort draußen durchzuführen<br />
gedachten. Was diese neue Idee betrifft,<br />
so plane ich zusammen mit Kandinsky, Marc,<br />
Thomas von Hartmann, Fokin, von Bechtejeff,<br />
für den I. Oktober ein Buch ›Das Neue Theater‹,<br />
in dem wir gemeinsam die Ideen, die wir<br />
ins Künstlertheater bringen wollten, mit neuen<br />
Szenenbildern, Musikbeispielen, Figurinen etc.<br />
entwickeln. Am Kochelsee draußen wollten wir<br />
uns eigentlich im Juni treffen, um die Sache<br />
zu konstituieren. Auch Neue [sic!] Architekturpläne<br />
sollen festgesetzt werden. Ein neues<br />
Thea ter von Grund auf. Ein neues Festspielhaus.<br />
[...] Wenn es glückt die Broschüre bis I. Okt.<br />
heraus zubringen (Verlag Piper, München) dann<br />
soll eine ›Internationale Gesellschaft‹ zur<br />
Durch führung unserer Ideen gegründet werden.<br />
›Intern. Gesell. für Neue Kunst‹, nicht nur Theater,<br />
sondern auch Neue Malerei, Neue Musik,<br />
Neuer Tanz.« 30<br />
Ausgehend vom Theater, strebt Hugo Ball<br />
gemeinsam mit führenden Expressionisten<br />
des Blauen Reiters eine regelrechte Revolution<br />
aller Künste an. Und er sieht sich durchaus<br />
in produktiver Konkurrenz zu den Akteuren<br />
anderer Städte. An Kan dinsky schreibt er<br />
kurz vor einer Reise nach Berlin im Auftrag<br />
der Kammer spiele: »Von der geplanten Gesellschaft<br />
werde ich Walden nicht erzählen.<br />
Ich möchte aber doch sehen wie in Berlin für<br />
die Thea tersache der Boden ist.« 31<br />
Junge Heißsporne auf dem Weg zum Ruhm<br />
und zum radikal Neuen gibt es auch in Berlin.<br />
Was Hugo Ball in München durch das Theater<br />
erreichen will, das sucht Kirchner in der<br />
Spree-Metropole über die bildenden Künste<br />
zu bewirken. In der Euphorie seines Berliner<br />
Aufbruchs bezeichnet er sich zwischen 1912<br />
und 1913 auf zwei Porträtfotos seiner selbst<br />
explizit als »E. L. Kirchner. Expressionist«<br />
sowie als »Führer der neuesten Richtung«. 32<br />
An Sendungsbewusstsein mangelt es dem<br />
Maler offenbar nicht. Im Gegensatz zu Hugo<br />
Ball arbeitet er jedoch trotz seiner Brücke-<br />
Mitgliedschaft nicht kollektiv, sondern individuell<br />
an einer Erneuerung der Künste. Seine<br />
von ihm selbst künstlerisch durchgestalteten<br />
und ausgestatteten Wohnateliers in Dresden,<br />
Berlin-Wilmersdorf (Abb. 4) und ab Ende<br />
1913 in Berlin-Friedenau (Abb. S. 71) sind<br />
Total installationen des eigenen Lebensraums<br />
im Geiste des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s. 33<br />
Kirchner realisiert hier im Privatissi mum<br />
des Künstlers, was in der Sonderbund-<br />
Aus stellung 1912 und der Werk bund-Ausstellung<br />
1914 offiziell als Ziel formuliert<br />
wird – die Aufhebung der über Jahrhunderte<br />
tradierten Grenzen zwischen Kunstgewerbe<br />
und Malerei, zwischen »freier«<br />
und »angewandter« Kunst. 34 Nicht nur<br />
fertigt Kirchner Mobi liar von bemalten<br />
Kommoden bis zu Tee tischen, schnitzt<br />
Obstschalen, Stühle und Skulpturen, höhlt<br />
Aschenbecher mit Figurenschmuck aus<br />
Kalkstein, erstellt Silberbroschen und<br />
Metallschachteln mit Tänzerinnenmoti-<br />
ven. 35 Darüber hinaus entwirft er zudem<br />
zahlreiche Wand behänge mitsamt den<br />
01_Beil_V2.indd 31 08.10.2010 19:47:10 Uhr<br />
31
dazugehörigen Tischdecken, die seine Lebensgefährtin<br />
Erna Schilling mit aufwendigen Stickereien<br />
umsetzt (Abb. S. 95–97).<br />
Haben die Gemälde und Zeichnungen, die in<br />
Kirchners Vorkriegsateliers entstanden sind,<br />
schnell große Berühmtheit erlangt, so ist die<br />
Atelierausstattung als Werk eigenen Rechts<br />
erst viel später in den Blickpunkt gerückt. 36<br />
Dabei hat Kirchner selbst bereits auf die<br />
wachsende Bedeutung und Stringenz seiner<br />
Lebensraumgestaltung zwischen Dresden und<br />
Berlin hingewiesen: »Der Weg der Entwicklung<br />
in diesen Dingen des äusseren Lebens,<br />
von der ersten applizierten Decke im ersten<br />
Dresdener Atelierzimmer bis zum vollendeten<br />
harmonischen Raum in den Berliner Ateliers<br />
[...] ist eine ununterbrochene logische Steigerung<br />
[...].« 37 So ist die Atelier fensternische<br />
der Dachwohnung in der Körnerstraße 45,<br />
Berlin-Friedenau, mit ihrer textilen Ausstattung,<br />
entworfen von Kirchner, realisiert von<br />
Erna Schilling (Abb. S. 71), ein Höhepunkt in<br />
diesem <strong>Gesamtkunstwerk</strong>streben: ein archaische<br />
Zeltwohnkulturen heraufbeschwörender<br />
Ort der Utopie unentfremdeter Naturnähe inmitten<br />
der Großstadt, der weibliche wie männliche<br />
Nacktheit als künstlerische Bastion der<br />
Ursprünglichkeit wider fortschreitende Technisierung<br />
und gesellschaftliche Überformung<br />
des menschlichen Lebens wie Leibes setzt. 38<br />
Das Atelier in Berlin-Friedenau wird damit<br />
zu einer künstlerischen Gegenwelt, die sich,<br />
so scheint es in den Fotografien des Künstlers<br />
auf, als genuiner Ort zur Pflege persönlicher<br />
Netzwerke ebenso anbietet wie als<br />
intime Bühne für Modelle und fotografische<br />
Selbstinszenierung. 39 Der Berliner Schriftsteller<br />
und Freund Alfred Döblin ist dort zu<br />
sehen, der Heidelberger Künstler und Kirchner-Schüler<br />
Werner Gothein, aber auch ein<br />
Teil des Kreises seiner Unterstützer aus<br />
Jena: Botho Graef, Professor für Archäologie<br />
und Kunstgeschichte ebendort, gemeinsam<br />
mit seinem Freund Hugo Biallowons<br />
(Abb. S. 90–92). Der freizügige Nackttänzer<br />
Biallowons, ver ewigt inmitten der anarchischen<br />
Szenerie der Künstlermansarde, wird<br />
zur Bestürzung des »unfreiwillig freiwilligen«<br />
Soldaten 40 Kirchner (Abb. 5) bald schon dem<br />
barbarischen Totentanz des Weltkrieges zum<br />
Opfer fallen.<br />
Die Kriegskatastrophe<br />
Tabula rasa der Künste – Katalysator<br />
des radikal Anderen<br />
»Niemand, niemand kann von nun an über die Blutlache<br />
des Krieges hinweg noch nach rückwärts und<br />
aus dem Rückwärts leben.«<br />
32<br />
41 (Franz Marc, 1915 –<br />
Titel motto der Zeitschrift Das Tribunal, 1920)<br />
Bruno Tauts Glashaus, Realität gewor dene<br />
Architektur-Utopie auf der Werk bund-<br />
Ausstellung 1914 in Köln (Abb. S. 339),<br />
wird bereits wenige Monate nach seiner<br />
Errichtung von der Wirklichkeit überholt.<br />
Der Beginn des Ersten Weltkriegs<br />
gibt das Wortband des Dichters Paul<br />
Scheerbart, das symbolisch die vielfach<br />
facettierte Kuppel trägt, der Lächerlichkeit<br />
preis: »Das bunte Glas / zerstört den<br />
Hass« lautet der Anfang der Inschrift.<br />
Bald hat der Krieg das Kristallhaus zum<br />
Architekturskelett degradiert. 42 Ein Fanal<br />
des Kommenden in Eisenbeton – noch<br />
manche Utopie wird untergehen. Doch<br />
anfänglich scheint buchstäblich jeder mitgerissen<br />
zu werden von der allgemei nen<br />
Kriegsbegeisterung. Selbst der Sturm-<br />
Impresario Herwarth Walden, ein Kosmopolit<br />
reinsten Wassers, komponiert 1914<br />
einen Heeresmarsch für seinen Freund<br />
August Stramm. Der Dichter aus dem<br />
Münsterland wird den Marsch an die<br />
Front nicht überleben 43 – ebenso wie die<br />
Maler Franz Marc und August Macke oder<br />
Ernst Wilhelm Lotz, der von Kurt Hiller<br />
geförderte Dresdner Lyriker.<br />
Ludwig Meidners Freund fällt, 24-jährig, bereits<br />
in den ersten Monaten des Krieges an<br />
der Westfront. Meidner bleiben nur seine<br />
Feldpostkarten (Abb. S. 137). Auf einer von<br />
ihnen schreibt der Dichter:<br />
»Noch einmal ein Gruß aus dem Felde. Heute<br />
Abend brummten in der Ferne schon die Kanonen.<br />
Wahrscheinlich sind wir schon morgen<br />
am Feinde. Dann werde ich Dir Tips für Deine<br />
Schlachtenbilder geben können. – Jetzt bin ich<br />
sehr fern aller Kunst gerückt, mein Gehirn reagiert<br />
nur noch auf Soldatisches. – Lebewohl<br />
lieber Kerl, – auf alle Fälle lebewohl. Es grüßt<br />
Dich herzlich Dein Ernst Wilhelm.« 44<br />
Mit den Künstlern fallen viele kurz zuvor<br />
noch geplante Projekte dem Krieg zum<br />
Opfer. Das Weltgeschehen zieht eine radikale<br />
Trennlinie zum vorherigen Leben. Partikularinteressen<br />
werden unmittelbar obsolet<br />
vor dem großen nationalen Ziel – auch<br />
bei Hugo Ball, der noch zehn Tage zuvor<br />
schwärmt: »Unser Theater wird 1914 / 15<br />
vielleicht das interessanteste Deutschlands<br />
sein.« 45 Am 7. August schreibt er an seine<br />
Schwester: »Gestern stellte ich mich als<br />
Kriegsfreiwilliger [...]. Die Theater sind<br />
heute polizeilich geschlossen worden. [...]<br />
Kunst? Das ist nun alles aus und lächerlich<br />
geworden. In alle Winde zersprengt. Das<br />
hat alles nun keinen Sinn mehr. Ich kann Dir<br />
gar nicht sagen wie mir zu mut ist. Und man<br />
sieht ja noch gar nicht die Folgen ab.« 46<br />
Wassily Kandinsky dagegen, Balls wichtigster<br />
Garant für das neue Theater, schreibt Herwarth<br />
Walden schon einen Tag nach der Kriegserklärung<br />
Deutschlands an Russland erschüttert und<br />
hellsichtig: »Ich bin aus dem Traum gerissen. Ich<br />
habe innerlich in der Zeit vollkommener Unmöglichkeit<br />
solcher Sachen gelebt. Mein Wahn wurde<br />
mir genommen. Berge von Leichen, schrecklichste<br />
Qualen verschiedenster Sorten, Zurückschrauben<br />
der inneren Kultur auf unbestimmte Zeit.« 47<br />
Und der junge Dichter und spätere Revolutionär<br />
Ernst Toller, bei Kriegsbeginn als<br />
Student in Frankreich, berichtet: »Ich gehe<br />
nach Hause, diese drei Buchstaben TOT<br />
haben sich in meinem Kopf eingenistet,<br />
ich werde sie nicht wieder los, ich finde<br />
sie überall [...]« 48 Auch er gehört, ganz im<br />
Rausch der kollektiven Begeisterung, zu den<br />
zahllosen Kriegsfreiwilligen Deutschlands.<br />
Bald schon holt ihn angesichts erster Verwundeter<br />
die Realität des Krieges ein: »Ich<br />
sehe ein lehmgelbes, eingefallenes Ge sicht,<br />
müde, blicklose Augen, in der Brust spüre<br />
ich einen stechenden Schmerz, ich habe<br />
Angst, ich will keine Angst haben, ich will<br />
nicht weich werden, was liegt an uns, ich<br />
denke an Deutschland.« 49<br />
Derweil denkt Ernst Barlach fern der<br />
Front an Krieg und Kunst zugleich – und<br />
arbeitet im mecklenburgischen Güstrow<br />
gleichsam kompensatorisch an den Skulpturen<br />
Der Rächer (Abb. S. 131) und Der<br />
Berserker. Am 5. September 1914 trägt er<br />
in sein Tagebuch ein: »Ich war an meinem<br />
stürmenden Berserker, und er fängt an,<br />
mir wichtig zu werden. Sollte es möglich<br />
sein, dass ein Weltkrieg geführt wird und<br />
man ihn über einem zentnerschweren<br />
Tongebilde vergißt? Der Berserker ist mir<br />
der christallisierte Krieg [sic!], der Sturm<br />
über alles Hindernis, so daß mans glaubt.<br />
Ich hatte ihn schon einmal angefangen,<br />
aber verworfen, weil mir das Linienganze<br />
auseinanderzuspringen schien, jetzt ist mir<br />
das Unerträgliche notwendig.« 50<br />
Barlach ist bei aller Ambivalenz angezogen<br />
von der scheinbaren Urkraft der Ereignisse.<br />
Eine ebensolche Faszination spricht aus den<br />
Worten von Otto Dix, der von 1914 bis Kriegsende<br />
in Frankreich, Flandern, Polen und<br />
Russland unmittelbar am Kriegsgeschehen<br />
beteiligt ist: »Voll elementarer Wucht sind<br />
die Granattrichter innerhalb der Dörfer. [...]<br />
Es sind die Augenhöhlen der Erde, was drum<br />
herum kreiselt, sind irre schmerzliche Linien.<br />
[...] Es ist eine eigene seltene Schönheit, die<br />
hier redet.« 51 Seine Kohle- und Schwarzkreidezeichnungen<br />
pendeln zwischen drastischer<br />
Beobachtung und Abstraktion der Zerstörung<br />
(Abb. S. 132 / 133, 135 / 136).<br />
George Grosz steht für die vielen Künstler, die<br />
der Krieg zerrüttet, so sie nicht fallen: Im November<br />
1914 meldet er sich als Kriegsfreiwilliger –<br />
nicht aus einer Haltung des Hurra-Patriotismus,<br />
sondern ebenso wie Kirchner aus dem Realismus<br />
seiner bevorstehenden Einberufung heraus. 1915<br />
wird er als dienstuntauglich entlassen, 1917 nach<br />
erneuter Einberufung zum Landsturm für zwei<br />
Monate in eine Nervenheilanstalt eingewiesen:<br />
»Meine Nerven gingen entzwei, ehe ich dieses<br />
Mal noch Front, verweste Leichen und stechenden<br />
Draht sah.« 52 Danach wird er als »dauernd<br />
dienstunbrauchbar« 53 aus dem Heer entlassen.<br />
Ernst Ludwig Kirchner ist ebenfalls bald, wie<br />
er selbst es nennt, von der »Kriegskrankheit« 54<br />
gezeichnet. Und muss 1916 den toten Hugo<br />
Biallowons in Holz schneiden – ein letztes Mal,<br />
hellwach, den Kopf dramatisch in die Frontale<br />
gedreht, mit aufgerissenen Augen und Mund,<br />
ganz Ohr, mit einem bohrenden Blick, der zugleich<br />
erschreckt, erstaunt, empört, mit einem<br />
Anflug von Anklage zu fragen scheint: Was tun<br />
wir? Was tut ihr? Hugo Biallowons fiel für uns<br />
9. Juli 1916 kerbt Kirchner in die Platte seines<br />
Memento mori (Abb. S. 93).<br />
Der einstige Kriegsfreiwillige Ernst Toller ist da<br />
bereits zurück von der Front, nach einem physischen<br />
und psychischen Zusammenbruch, Lazarett<br />
und Sanatorium als kriegsuntauglich zum<br />
Studium in München beurlaubt. Während die<br />
einen immer noch den »Siegfrieden« 55 um jeden<br />
Preis wollen, ist für die anderen die alte Welt<br />
längst zerbrochen in der Sinnlosigkeit des Sterbens<br />
im Schützengraben, im Stellungskrieg des<br />
zermürbenden Fronteinsatzes: »[...] die großen<br />
Emp findungen werden stumpf, die großen Worte<br />
klein, Krieg wird zum Alltag, Frontdienst zum<br />
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Ernst Ludwig Kirchner, Selbstporträt als Soldat<br />
im Atelier Berlin-Friedenau, Körnerstraße 45,<br />
1915, Fotografie, Schenkung Nachlass Ernst Ludwig<br />
Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Paul Hindemith, Notenblatt Das Nusch-<br />
Nuschi mit Zeichnung, 1919, Skizzenbuch<br />
Nr. 38, Hindemith Institut Frankfurt<br />
01_Beil_V2.indd 33 08.10.2010 19:47:11 Uhr<br />
5<br />
6<br />
33
7<br />
Max Pechstein, Titelblatt, An alle Künstler!, 1919, Lithografie,<br />
Institut <strong>Mathildenhöhe</strong>, Städtische Kunstsammlung Darmstadt<br />
34<br />
Rudolf Belling, Dreiklang, 1919, histo-<br />
rische Fotografieserie des Gipsmodells<br />
9<br />
8<br />
Hans Scharoun, Ohne Titel (Volkshausgedanken),<br />
1920er-Jahre, Bleistift, Deutsches Architektur-<br />
museum, Frankfurt a. M.<br />
01_Beil_V2.indd 34 08.10.2010 19:47:13 Uhr
Tag werk, Helden werden Opfer, Freiwillige Gekettete,<br />
das Leben ist eine Hölle, der Tod eine Bagatelle,<br />
wir alle sind Schrauben einer Maschine,<br />
die vorwärts sich wälzt, keiner weiß, wohin, die<br />
zurück sich wälzt, keiner weiß, warum [...].« 56<br />
Bei vielen Künstlern versiegt die Produktivität<br />
vollends angesichts des Erlebten. So berichtet<br />
Karl Schmidt-Rottluff Lyonel Feininger aus<br />
Russland: »Ich habe wiederholt versucht / mal<br />
was zu arbei ten. Da merkte ich aber erst / wie’s<br />
so mit meinen Nerven steht. Es war mir unmöglich<br />
/ mich zu konzentrieren u. einigen Zusamenhang<br />
[sic!] in den Skizzen zu halten.« 57<br />
Ein Sonderfall ist der Frankfurter Komponist<br />
Paul Hindemith, der erst im Januar 1918 an<br />
die Front im Elsass abkommandiert wird und<br />
dort, der Regimentmusik zugeteilt, die große<br />
Trommel spielt. Kreativität im Kriege: Sein<br />
Streich quartett f-Moll op. 10 entsteht, auch<br />
wenn er beim Komponieren wie alle Soldaten<br />
von Ungeziefern geplagt wird. Das Notenblatt<br />
zeigt, säuberlich umkringelt und umzackt:<br />
einen »Floh. erdrückt, Tagolsheim, 30. Jan 18«<br />
(Abb. S. 134).<br />
Erst in den letzten Kriegsmonaten wird er in<br />
Flandern zum Schanzen abkommandiert und<br />
muss Posten stehen. 58 »[...] fast jede Nacht<br />
böses Trommelfeuer«, schreibt Hindemith<br />
in sein Kriegstagebuch. 59 Und er erfährt die<br />
Radikalität des Krieges: »[...] entsetzlicher<br />
Anblick. Blut, durchlöcherte Körper, Hirn,<br />
ein abgerissener Pferdekopf, zersplitterte<br />
Knochen. Furchtbar.« 60 Kurz vor Kriegsende,<br />
am 2. September 1918, entgeht er selbst nur<br />
knapp dem Tod: »Rings um mich schlagen<br />
die Granaten ein, ich klebe am Bahndamm<br />
und warte auf meine letzte Sekunde. Durch<br />
ein Wunder bleibe ich heil.« 61 Absurdität<br />
des Krieges: Der Dienst am Instrument geht<br />
weiter, als wäre nichts gewesen. »Nachmittags<br />
im Deutschen Haus Musik. In dieser<br />
Zeit schießt der Engländer fest in die Stadt.<br />
Nach Beendigung des Konzerts suche ich<br />
den Alten auf. Ich höre, daß wir morgen nach<br />
Wazies übersiedeln sollen. Scherer ist verwundet.<br />
Neben unserer Küche ist eine Granate<br />
eingeschlagen. Als ich daheim bin, geht<br />
auch hier eine Granate in die Nähe.« 62<br />
Krieg nach dem Krieg: Die drastische Vision eines<br />
ausgemergelten Körpers, ja Kadavers, hingeworfen<br />
auf ein bereits angefangenes Notenblatt, skizziert<br />
von Hindemith 1919 während seiner Arbeit<br />
am Einakter Nusch-Nuschi (Abb. 6), erscheint als<br />
brutales Echo des im Felde Erlebten – Erinnerung,<br />
die das Tagwerk des Notensetzens brachial<br />
durchbricht. 63 Segen und Fluch der Mehrfachbegabung<br />
liegen hier allzu nah beieinander.<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong> Leben<br />
Die Revolution der Künstler<br />
»M. D. u. H. !<br />
Sie wissen, es ist Revolution nicht nur in der<br />
Politik. Revolution auch der menschlichen Beziehungen,<br />
der Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft<br />
und Kunst. Man versteht, glaube ich,<br />
die politische Revolution erst, wenn man den<br />
ganzen Komplex ihrer Bedingungen, voran ihre<br />
geistigen, übersieht. [...] Man kann zu solcher<br />
Zeit nicht über eine Gruppe menschlicher Beziehungen<br />
sprechen z. B. über Kunst, ohne die<br />
Verbindung mit der Gesetzlichkeit alles Lebens<br />
einzuhalten. Es scheint mir als eigenste Aufgabe,<br />
diese Verbindung immer wieder nachzuweisen<br />
und eindringlich zu machen.« 64<br />
Ebenso programmatisch wie symptomatisch<br />
beginnt Erich Mendelsohns Vortrag »Entwicklungsgesetze<br />
der Kunst, Baukunst –<br />
Bildhauerei – Malerei – Schmiedekunst –<br />
Standpunkt und Dringlichkeit unserer Aufgabe«,<br />
den der Berliner Architekt Ende 1918<br />
verfasst, um Auftraggeber für Bauvorhaben<br />
zu gewinnen, mit der allgegenwärtigen Revolution<br />
und der notwendigen Einheit aller<br />
Lebensäußerungen.<br />
Wie bei der ersten russischen Revolution<br />
1905 65 sind es auch im deutschen Kaiserreich<br />
die Matrosen, die kurz zuvor den<br />
Sturm der Ereignisse entfesselt haben:<br />
Als sie sich am 28. Oktober 1918 in Kiel<br />
weigern, in hoffnungsloser Situation noch<br />
einmal gegen die Engländer in See zu<br />
stechen, kommt es auch in anderen deutschen<br />
Städten zu öffentlichen Ausbrüchen<br />
eines seit Langem schwelenden Unmuts<br />
gegen die offiziellen Durchhalte- und<br />
Sie gesparolen. Überall bilden sich Arbeiter-<br />
und Soldatenräte, die eine sofortige<br />
Beendigung des Krieges und eine revolutionäre<br />
Umwälzung des bestehenden<br />
Systems fordern. 66 »[...] die Jungen wollen<br />
Klarheit. Reif zur Vernichtung scheint<br />
ihnen diese Welt, sie suchen den Weg aus<br />
den schrecklichen Wirren der Zeit [...].« 67<br />
Eine ganze Generation, die dem Weltkrieg ihre<br />
besten Jahre geopfert hat, will eine neue Gesellschaft,<br />
den vielfach beschworenen »Neuen Menschen«:<br />
»Sie wollen mehr als den Kaiser treffen,<br />
anderes als nur das Wahlrecht reformieren, ein<br />
neues Fundament wollen sie bauen, sie glauben,<br />
daß die Umwandlung äußerer Ordnung auch den<br />
Menschen wandle.« 68 Analog zu den Arbeitern<br />
und Soldaten organisieren sich Künstler aller<br />
Sparten und Gattungen: Die massiv politisierten<br />
Architekten, Maler, Bildhauer, Musiker und<br />
Schriftsteller berufen ihrerseits einen Arbeitsrat<br />
für Kunst ein. In Berlin formiert sich parallel<br />
dazu die Novem bergruppe. 69 Es entsteht ein in<br />
der Kulturgeschichte einmaliges Netzwerk der<br />
Künste. Beide Gruppierungen sind eng miteinander<br />
verbunden: So ist der Kunstschriftsteller und<br />
Architekturkritiker Adolf Behne ab 1919 zugleich<br />
Vorsitzender des Arbeitsrates und Mitglied der<br />
Novembergruppe.<br />
Nochmals wachgerüttelt durch die politischen<br />
Morde an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg<br />
im Januar des Jahres, 70 proklamiert der<br />
Arbeitsrat für Kunst in einem Flugblatt im März<br />
1919: »An der Spitze steht der Leitsatz: Kunst<br />
und Volk müssen eine Einheit bilden. Die Kunst<br />
soll nicht mehr Genuß weniger, sondern Glück<br />
und Leben der Masse sein. Zusammenschluß<br />
der Künste unter den Flügeln einer großen Baukunst<br />
ist das Ziel.« 71 Wie bei Mendelsohn geht<br />
es einerseits um hochfliegende Ideale, andererseits<br />
um reale Aufträge für bildende Künstler<br />
und Archi tekten in der materiellen Not nach<br />
dem verlorenen Weltkrieg.<br />
Zu den Unterzeichnern des ersten Flugblatt-<br />
Manifestes (Abb. S. 146) zählen neben den<br />
basis demokratisch gewählten Leitern Walter<br />
Gropius, César Klein und Adolf Behne unter<br />
anderem Otto Bartning, Rudolf Belling,<br />
Lyonel Feininger, Otto Freundlich, Erich<br />
Heckel, Gerhard Marcks, Ludwig Meidner,<br />
Otto Mueller, Emil Nolde, Max Pechstein,<br />
Karl Schmidt-Rottluff, Georg Tappert sowie<br />
Max und Bruno Taut: Die gesamte Phalanx<br />
der noch lebenden Expressionisten gehört<br />
dieser revolutionären kulturpolitischen Vereinigung<br />
an. 72<br />
Die Novembergruppe, benannt nach der<br />
Novemberrevolution, ist, ganz abgesehen<br />
von den Doppelmitgliedschaften, nicht<br />
minder pro minent besetzt. Die Kreise<br />
schließen sich: Allein 49 Akti visten stammen<br />
aus dem Redaktionsumfeld von Herwarth<br />
Waldens Sturm. Die Maler Heinrich<br />
Maria Davringhausen, Otto Dix, Conrad<br />
Felixmüller, George Grosz und Wassily<br />
Kandinsky treffen hier auf die Komponisten<br />
Hanns Eisler, Hans Heinz Stuckenschmidt<br />
und Kurt Weill sowie die Architekten und<br />
Gestalter Marcel Breuer und Ludwig Mies<br />
van der Rohe. 73 Neben den Initiatoren<br />
Max Pechstein, Georg Tappert, César<br />
Klein und Heinrich Richter-Berlin nehmen<br />
an der konstituierenden Sitzung am 3. Dezember<br />
1918 auch Otto Freundlich, Rudolf<br />
Belling und Erich Mendelsohn teil. Das<br />
einstige Brücke-Mitglied Pechstein präsentiert<br />
dort erstmals seinen in der Folge<br />
viel beachteten Aufruf An alle Künstler,<br />
eine künstlerische Idealgemeinschaft in<br />
einer sozialistischen Republik zu schaffen.<br />
74 Die von der Novembergruppe publizierte<br />
Manifest-Anthologie An alle Künst-<br />
ler! versammelt neben Pechsteins Aufruf<br />
utopisch-agitatorische Gedichte, Brandreden<br />
und Revolutionsgrafiken.<br />
Pechstein selbst gestaltet das Titelblatt: Ein<br />
Künstler-Revolutionär mit barem Oberkörper<br />
und rot flammendem Herzen in der Brust<br />
reckt dort vor einem Fabrik gebäude-Horizont<br />
mit rauchenden Schloten in einer deklamatorischen<br />
Geste Arm und Hand in die Höhe<br />
(Abb. 7). Grafik ist nun, anders als vor dem<br />
Krieg, wo Holzschnitt-Akte von Pechstein<br />
die Sturm-Titelblätter zierten, zuallererst ein<br />
politisches Aktionsmedium (Abb. S. 151). In<br />
Flugblättern, Zeitschriften 75 und Broschüren<br />
dient sie, wie die Plakatkunst dieser Tage<br />
(Abb. S. 149), vor allem der Verbreitung propagandistischer<br />
Botschaften. Ludwig Meidner<br />
unterstreicht in seinem Wortbeitrag zur<br />
Anthologie die Notwendigkeit eines künstlerischen<br />
Gesamtengagements: »Damit wir uns<br />
nicht mehr vor dem Firmament zu schämen<br />
haben, müssen wir uns endlich aufmachen<br />
und mithelfen, daß eine gerechte Ordnung<br />
in Staat und Gesellschaft eingesetzt werde.<br />
Wir Künstler und Dichter müssen da in erster<br />
Reihe mittun.« 76<br />
Der Politiker, Journalist, Theaterkritiker<br />
und Schriftsteller Kurt Eisner, 1918 Anführer<br />
der Novemberrevolution in Bayern<br />
und erster Ministerpräsident des von<br />
ihm ausgerufenen »Freistaates« kommt<br />
mit einer Grundsatz-Rede im Münchner<br />
Nationalrat zu Wort: »Regieren ist genauso<br />
eine Kunst, wie Bildermalen oder<br />
Streichquartette komponieren. Der Gegenstand<br />
dieser politischen Kunst, der<br />
Stoff, an dem diese politische Kunst sich<br />
bewähren soll, ist die Gesellschaft, der<br />
Staat, die Menschen. Deshalb möchte<br />
01_Beil_V2.indd 35 08.10.2010 19:47:13 Uhr<br />
35
ich glauben, daß ein wirklicher Staatsmann, eine<br />
wirkliche Regierung zu niemand ein stärkeres inneres<br />
Verhältnis haben sollte, als zu den Künstlern,<br />
seinen Berufsgenossen.« 77<br />
Die Einheit von Kunst, Politik und Leben<br />
nimmt bei Eisner handfeste Konturen an: »In<br />
der heutigen Zeit und in der Zukunft scheint<br />
es mir, als ob diese Flucht in das Reich des<br />
Schönen nicht mehr notwendig sein sollte,<br />
daß die Kunst nicht mehr ein Asyl für Verzweifelte<br />
am Leben sein soll, sondern daß<br />
das Leben selbst ein Kunstwerk sein müßte<br />
und der Staat das höchste Kunstwerk.« 78<br />
Als Eisners Plädoyer für das <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
Leben veröffentlicht wird, ist der charismatische<br />
Politiker bereits tot: Am 21. Februar<br />
1919 wird er in München von einem Rechtsradikalen<br />
ermordet. In Berlin fallen die Gedanken<br />
Eisners jedoch auf fruchtbaren Boden.<br />
Aus Künstlerkreisen erschallt ein einhelliges<br />
»Ja!« euphorisch-kollektiver Zustimmung. Das<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong> ist in dieser dramatischen<br />
Umbruchszeit beinahe täglich wechselnder<br />
politischer Mehrheiten und immer wieder aufflammender<br />
Straßenkämpfe (Abb. S. 155) fester<br />
Bestandteil einer neuen, stets schon ganzheitlich<br />
verstandenen künstlerischen Aktivität.<br />
Dies zeigt eine konzertierte Umfrage unter<br />
Mitgliedern des Arbeitsrates, die Adolf Behne<br />
im November 1919 in der manifestartigen Informationsbroschüre<br />
Ja! – Stimmen des Arbeitsrates<br />
für Kunst in Berlin zusammenfasst. Eine<br />
der 13 Fragen lautet explizit: »Welche neuen<br />
Wege sind geeignet, um das Volk wieder für<br />
das <strong>Gesamtkunstwerk</strong> – Architektur, Plastik<br />
und Malerei in ihrer Vereinigung – zu interessieren?«<br />
Eine andere lautet: »Wie können<br />
die Künstler der verschiedenen Kunstzweige<br />
gegenwärtig einen Zusammenschluß und eine<br />
Einheit bilden?« 79<br />
Walter Gropius greift den <strong>Gesamtkunstwerk</strong>sgedanken<br />
unter dem Primat der Architektur auf<br />
und beginnt mit der Schilderung seines Bauhaus-Programms:<br />
»Ziele: Die Sammlung alles<br />
künstlerischen Schaffens zur Einheit, die Wiedervereinigung<br />
aller künstlerischen Disziplinen –<br />
Bildhauerei, Malerei, Kunstgewerbe und Handwerk<br />
– zu einer neuen Baukunst als deren unablösliche<br />
Bestandteile. Das letzte, wenn auch<br />
ferne Ziel ist das Einheitskunstwerk – der große<br />
Bau – in dem es keine Grenze gibt zwischen<br />
monumentaler und dekorativer Kunst.« 80 Doch<br />
auch der Architekt postuliert wenig später wie<br />
schon der Revolutionär das Leben selbst als<br />
Form der Kunst: »Vielleicht ist der lebende<br />
Künstler dazu berufen, vielmehr ein Kunstwerk<br />
zu leben, als es zu erschaffen, und so durch<br />
seine neue Menschlichkeit, durch seine neue<br />
Lebensform die geistige Grundlage zu erbauen,<br />
welche die kommende Kunst notwendig<br />
braucht. Gemeinsamkeit im Geistigen tut not.« 81<br />
Während der einstige Architekturstudent<br />
Karl Schmidt-Rottluff in utopischem Elan<br />
das Idealprojekt vom »Bau einer Bergstadt«<br />
mit magistraler Fernwirkung beisteuert,<br />
82 skizziert der Maler, Bühnenbildner<br />
und Filmausstatter César Klein<br />
sein »Ideal-Bauprojekt« einer monumentalen<br />
»Farbenstadt«:<br />
»Die Stadt liegt am Meer. [...] In den Felsen<br />
gehauen: 2 Riesentreppen zur oberen Wohn-<br />
36<br />
stadt. Lift und Fahrschächte. Die ganze<br />
Fel senmauer ist als plastisches Bildwerk<br />
gestaltet. Bis oben hinauf Terrassen. Hängende<br />
Gärten. Oben die Siedelungen der<br />
Farbenstadt. Die grüne Straße, die rote,<br />
blaue, gelbe Straße, das schwarze Haus<br />
der Künstlerloge. Aufsteigend bis zur Mitte<br />
gekrönt vom Dom des großen unbekannten<br />
Gottes. Eine steile Goldglas-Pyramide,<br />
tau sendfach kristallisch gezackt.« 83<br />
Bruno Taut wiederum sieht die Errichtung eines<br />
Volkshauses aus vier Baueinheiten als zentrale<br />
Aufgabe der kollektiv organisierten Künstlerschaft<br />
an: »1. Experimentiergelände für Künstlerkolonie /<br />
2. Saalbau für Versammlungen usw. / 3. Theater /<br />
4. Kristallhaus, überragender Kultusbau. / Es bilden<br />
sich 4 Künstlergruppen um 4 Architekten,<br />
welche zu wählen sind. [...] Sofort zu beginnen!<br />
Wichtigstes!!« 84<br />
Wenige Tage nach der Publikation dieser<br />
Ideen schließen sich auf Tauts Initiative –<br />
aus dem Mitgliederkreis des Arbeitsrats für<br />
Kunst heraus – Hermann Finsterlin, Wenzel<br />
Hablik, Hans Scharoun (Abb. 8), Wassili und<br />
Hans Luckhardt zum Korrespondenzzirkel<br />
der Gläsernen Kette zusammen. Aus drastischer<br />
Auftragsnot entwickeln sie fortan ihre<br />
Projekte im Papierformat und befeuern sich<br />
gegenseitig mit ihren Ideen künstlerischer,<br />
archi tektonischer und filmischer Natur. 85 Gemeinsames<br />
Fernziel der »imaginären Architekten«<br />
86 ist die Neugestaltung aller Bereiche<br />
des Lebens, Buchprojekte sollen den Weg<br />
dahin markieren, Architekturfantasien präsentieren<br />
bereits das Monument des neuen<br />
Gesetzes (Abb. S. 372).<br />
In der Utopie des solcherart apostrophierten<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong>s soll die Kunst restlos<br />
in dem von Kunstwollen überformten<br />
Leben aufgehen: »Wir glauben, dass erst<br />
eine völlige Umwälzung uns zum Werk führen<br />
kann. Der Bürger, der Herr Kollege inbegriffen,<br />
wittert ganz mit Recht in uns die<br />
Revolution. Alle Begriffe, alle bisherigen<br />
Grundlagen auflösen, zersetzen. Dung! und<br />
wir ein Keim im neuen Humus«, 87 notiert<br />
Bruno Taut mit radikaler Emphase in seinem<br />
ersten Rundschreiben. Aus den zwischen<br />
November 1919 und Dezember 1920<br />
gezeichneten Briefen und geschriebenen<br />
Zeichnungen entsteht am Ende zwar keine<br />
neue Welt, aber ein <strong>Gesamtkunstwerk</strong> der<br />
Korrespondenz – in einer weitreichenden<br />
Korrespondenz der Künste.<br />
Dem Ideal einer Einheit der dynamisierten und<br />
allseitig geöffneten Künste huldigt auch Rudolf<br />
Belling. Der Bildhauer, der in seinen Antworten<br />
für den Arbeitsrat für Kunst dafür plädiert,<br />
»die Jugend für die einzige große Kunst, für<br />
die angewandte Kunst, die allein Berechtigung<br />
hat, heran zubilden«, 88 realisiert mit seinem<br />
Gips modell für einen Musikspielort das exemplarische<br />
Werk einer neuen Zeit (Abb. 9). Die<br />
sechs Meter hoch geplante Raumskulptur von<br />
expressiv aufstrebender, rhythmisch kreisender<br />
Dynamik aus farbig verputztem Ziegelmauerwerk<br />
soll der neuen Musik der Zeit den<br />
nötigen Freiraum geben: Gedacht ist die expressionistische<br />
Radikalisierung des traditionellen<br />
Orchesterpavillons »als Podium für eine<br />
Musikkapelle, für Aufführungen von Hindemith,<br />
Schönberg und Strawinsky«. 89 Die Künste der<br />
Malerei, Architektur und Plastik, symbolisiert<br />
durch drei stark abstrahierte Tänzerinnen, realisiert<br />
und vereint Bellings monumentaler Entwurf<br />
Dreiklang geradezu mustergültig durch<br />
architektonische Größe, skulpturale Form und<br />
malerische Farbfassung. Die Musik schließlich<br />
erfüllt das <strong>Gesamtkunstwerk</strong> mit Leben und<br />
vollendet es mit ihrer immateriellen, temporär<br />
erklingenden Tonkunst – ebenso wie das erhoffte<br />
Publikum als allseitig bewegte Umfassung<br />
der Raumskulptur. 90<br />
Der junge Kompositionsstudent und spätere Philosoph<br />
Theodor Wiesengrund Adorno schreibt in<br />
seinem Essay »<strong>Expressionismus</strong> und Wahrhaftigkeit«:<br />
»Verrückt werden die gerosteten Drahtzäune<br />
zwischen Leben und Kunst; beide sind eines<br />
als Wirkung des großen Erlebnisses der Zeit.« 91<br />
So wünschen die revolutionären Expressionisten<br />
es sich in ihrem Drängen auf Veränderung. Doch<br />
so ganz ohne Rest wollen Leben und Kunst nicht<br />
ineinander aufgehen. Während Ernst Toller für<br />
seine reale »Wandlung« vom Kriegsfreiwil ligen<br />
zum Pazifisten, Dichter und Revolutionär der<br />
Münchner Räterepublik steckbrieflich gesucht<br />
(Abb. 10) und mit fünf Jahren Festungshaft bestraft<br />
wird, erfährt sein autobiografisch grundiertes<br />
Stationendrama Die Wandlung in geradezu<br />
absurder Parallelität der Ereignisse begeisterte<br />
Aufnahme. Briefe berichten dem politischen Gefangenen<br />
vom bahnbrechenden Erfolg der Ur aufführung<br />
am 30. September 1919 im brandneuen<br />
Berliner Theater Die Tribüne unter der Regie von<br />
Karlheinz Martin und der Bühnenbildradikalität<br />
Robert Neppachs (Abb. S. 194 / 195). Ein Kritiker<br />
konstatiert begeistert: »An Ernst Tollers Schauspiel<br />
wurde der <strong>Expressionismus</strong> des Thea ters<br />
zum ersten Male nicht Experiment, sondern Erfüllung.«<br />
92<br />
Das <strong>Gesamtkunstwerk</strong> Leben des Ernst Toller –<br />
»von schmächtiger Statur und lungenkrank; [...]<br />
mageres, blasses Gesicht, [...] schließt beim<br />
Nachdenken die Augen«, so die Diktion des<br />
Steckbriefs – trifft hier auf das <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
Theater voll sprachmächtigem Pathos, ein<br />
starkes Bühnengedicht, das beim Nachdenken<br />
die Augen öffnet.<br />
Vulkan aus Schnee<br />
Das <strong>Gesamtkunstwerk</strong> Tanz zwischen<br />
Avantgarde und Vergnügungssucht<br />
»[...] wie wir Menschen Splitter von einem fremden,<br />
zersprungenen Planeten sind. Die Erde ist nicht<br />
unsere Heimat. Wir wandern fremd auf ihr, immer<br />
die Heimat mit entbrannten Sinnen suchend.« 93<br />
(Heinrich Mann)<br />
Während Tollers Wandlung auf der Bühne<br />
triumphiert, regiert das Chaos in der<br />
Stadt: »In jenem Jahr 1919 gingen wir die<br />
unbeleuchteten Straßen Berlins entlang<br />
und duckten uns in den hohen Torbogen<br />
dicht an die kleinen Portierlogen – denn<br />
vor lauter Angst, weil sie es drinnen nicht<br />
mehr aushielten, gingen die Leute damals<br />
auf die Dächer hinauf und schossen nach<br />
Menschen und Tauben. Die Größenverhältnisse<br />
hatten sich verschoben. [...]<br />
Alle sogenannten sittlichen Bande waren<br />
aufgelöst. Eine Welle des Lasters, der<br />
Pornographie und Prostitution lief durch<br />
das ganze Land«, erinnert sich George<br />
Grosz in seiner Autobiografie Ein kleines<br />
Ja und ein großes Nein: »Die Stadt war<br />
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10<br />
Ernst Toller, Steckbrief, 15. Mai 1919,<br />
Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
01_Beil_V2.indd 37 08.10.2010 19:47:14 Uhr<br />
37
38<br />
13<br />
11<br />
12<br />
Die Nackttänzerin und die Kritiker,<br />
1920er-Jahre, Sammlung Lothar Fischer,<br />
Berlin<br />
Otto Dix, Bildnis der Tänzerin Anita Berber,<br />
1925, Öl auf Leinwand, Kunstmuseum Stuttgart<br />
Anita Berber und Henry tanzen klassische Moderne,<br />
Plakat eines gemeinsamen Tanzabends in Dresden, 1925,<br />
Sammlung Lothar Fischer, Berlin<br />
01_Beil_V2.indd 38 08.10.2010 19:47:15 Uhr
dunkel, kalt und voller Gerüchte. Ihre<br />
Straßen wurden wilde Schluchten voll<br />
Totschlag und Kokainhandel [...].« 94<br />
Es ist die Zeit, in der Anita Berber zum Star und<br />
Skandal wird. Ein schillerndes <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
aus Tanzavantgarde, Schminkmaske und<br />
amoralischer Moralität jenseits von Politik und<br />
Revolu tion – mit dramatischer Halbwertszeit.<br />
Die Schauspielerin und Nackttänzerin tanzt<br />
buchstäblich auf dem Vulkan und muss dafür<br />
mit dem Leben bezahlen. Mit 17 Jahren steht<br />
sie das erste Mal auf der Bühne, mit 18 Jahren<br />
arbeitet sie als Modell für Zeitschriften,<br />
mit 19 ist sie nach ersten Filmen und weiteren<br />
Bühnenauftritten ein Idol, mit 21 alkohol- und<br />
drogensüchtig, mit 29 wird sie an den Folgen<br />
ihres exzessiven Lebens sterben.<br />
Im frühen Aufklärungsfilm Die Prostitution von<br />
1920 spielt Anita Berber die Prostituierte Lona,<br />
die für ihren Freund auf die Straße geht und von<br />
einem Kunden umgebracht wird. Das Filmplakat<br />
von Josef Fenneker zeigt »die Berber« bereits als<br />
eine von den Herren der Gesellschaft angebetete<br />
Kokotte (Abb. S. 244). In nicht weniger als 24 Filmen<br />
wird sie von 1918 bis 1923 auftreten, 95 auch<br />
wenn der Tanz ihre eigentliche Domäne ist.<br />
Der Tanz beherrscht die Jahre nach der gescheiterten<br />
Revolution, wird zur Kultkunst<br />
wie der Film. »Man tanzt Hunger und Hysterie,<br />
Angst und Gier, Panik und Entsetzen.<br />
Mary Wigman – jeder Zoll eckige Erhabenheit,<br />
jede Geste eine dynamische Explosion –<br />
tanzt Weihevolles [...]. Anita Berber – das<br />
Gesicht zur grellen Maske erstarrt unter dem<br />
schaurigen Gelock der purpurnen Coiffure –<br />
tanzt den Koitus. [...] Ein geschlagenes, verarmtes,<br />
demoralisiertes Volk sucht Vergessen<br />
im Tanz. Aus der Mode wird die Obsession;<br />
[...] am gefährlichsten betroffen<br />
aber ist das schlagende Herz des Reiches,<br />
die Hauptstadt. Berlin, zugleich sensitiv und<br />
abgebrüht, blasiert und doch stets erpicht<br />
auf neue Sensationen [...].« 96<br />
Ludwig Meidner konstatiert: »[...] der Film [...]<br />
ist eine Gottheit unserer Epoche – neben dem<br />
Sport und der Erotik.« 97 Und Anita Berber ist<br />
die verruchte Priesterin zweier dieser Gottheiten.<br />
Die dritte Gottheit der Berber ist das<br />
Kokain: ein Stimmungsaufheller mit fatalen Nebenwirkungen.<br />
98 Schon 1918 schreibt der Kölner<br />
Dichter Walter Rheiner seine autobiografische<br />
Novelle Kokain. Im Berlin der 1920er-Jahre wird<br />
das Alkaloid die Modedroge schlechthin. Ob<br />
Künstler, Industrielle auf Amüsiertour oder Radrennfahrer<br />
am Sechs tagerennen: Alle nehmen<br />
es. Anita Berber widmet der Droge eigens einen<br />
Tanz. »Anita Berber war schon eine Legende.<br />
Sie war erst seit zwei oder drei Jahren berühmt,<br />
aber schon ein Symbol geworden. Verderbte<br />
Bürgermädchen kopierten die Berber,<br />
jede bessere Kokotte wollte möglichst ge nau<br />
wie sie aussehen. Nachkriegserotik, Ko kain,<br />
Salomé, letzte Perversität, solche Begriffe bildeten<br />
den Strahlenkranz ihrer Glorie. Nebenbei<br />
wußten die Kenner, daß sie eine ausgezeichnete<br />
Tänzerin war« 99 (Abb. 11).<br />
Mit ihrem Partner Sebastian Droste tanzt<br />
sie Die Tänze des Lasters, des Grauens<br />
und der Ekstase, 100 Kokain (Abb. S. 255)<br />
tanzt sie allein. »›Kokain‹ zusammen<br />
mit ›Morphium‹ bilden bei Anita Berber<br />
die wesentlichsten und persönlichsten<br />
künstlerischen Schöpfungen [...]«, 101 resümiert<br />
der tschechische Tänzer und<br />
Schriftsteller Josef Jenčík, in späteren<br />
Jahren Choreograf am Nationaltheater<br />
von Prag (Abb. S. 243). Er beschreibt<br />
Anita Berbers avantgardistisch-expressionistische<br />
Tanzkunst in Kokain ebenso<br />
ausführlich wie plastisch 102 – als Tanz<br />
ihres Lebens:<br />
»Der Vorhang. Auf dem Boden ein entblößter<br />
Körper, in einem leeren Raum [...] Totenstille<br />
und schwere Regungslosigkeit: Offenbar der<br />
erste schwere Anprall des furchtbaren Giftes,<br />
der den Körper gelähmt hat. Die Seele ringt<br />
sich irgendwo mühsam zur früheren Herrschaft<br />
über den Körper durch. Kaum sichtbare<br />
Zuckungen der einzelnen Körperpartien<br />
deuten es an. Eine Konvulsion ergreift die<br />
porzellanfarbenen Glieder [...]. Mit einigen<br />
Schwüngen, die den langsamen Schwingungen<br />
des Pendels aus der Erzählung von Edgar<br />
Allan Poe ähneln, richtet sich der Körper auf.<br />
Besser gesagt: er bildet einen merkwürdigen<br />
Knäuel Fleisch mit zwei unbeschreiblichen<br />
Schlitzen anstatt der Augen und einer blutigen<br />
Wunde als Mund. Der Knäuel entwirrt sich unsagbar<br />
träge, auf Anordnung von etwas, was<br />
gerade jetzt zwischen dem Verstand und der<br />
aufgequollenen Hirnrinde herrscht. [...] Das<br />
durch den Körper gejagte Gift hindert und<br />
hemmt: Mit roher Kraft mischt es sich in eine,<br />
dem großen Geheimnis des Lebens vorbehaltene<br />
Angelegenheit ein. [...] die imaginären<br />
Klumpen eines Aufschreis um den Mund lösen<br />
sich im Erstaunen über plötzliche Visionen<br />
auf, die vage sind: Diese zerfallen wieder vor<br />
einem Aufschrei, und so verfolgt die Tänzerin<br />
sich selbst sowie die Gebilde ihrer krankhaften<br />
Vorstellungskraft. Der gesunde Körper<br />
kämpft mit dem vergifteten und dieser wütet<br />
wiederum im gesunden. [...] Die Attitüden in<br />
diesem Tanz sind tragisch angebrochen und<br />
die Arabesken dämonisch verlängert. Die<br />
Drehungen des Körpers um seine Achse sind<br />
unerhört langsam, ähnlich einer Zeitlupenaufnahme.<br />
Die Aufsprünge sind stoßartig – wie<br />
Peitschenhiebe.« 103<br />
Wie nah sich Skandal- und Hochkultur in dieser<br />
Zeit sind, demonstriert der Komponist Paul<br />
Hindemith. Er komponiert nicht nur den Einakter<br />
Mörder, Hoffnung der Frauen nach Kokoschkas<br />
frühem expressionistischen Drama, das mit dem<br />
Bühnenbild Ludwig Sieverts in Frankfurt a. M.<br />
(Abb. S. 273) zu einem Höhepunkt des Musiktheaters<br />
im <strong>Expressionismus</strong> der Nachkriegs jahre<br />
wird: 104 Im Mai 1922 fasst er den Plan zur Komposition<br />
eines Balletts mit Kammerorchester be -<br />
gleitung für die Darmstädter Tänzerin Nini Willenz.<br />
Die szenische Uraufführung der Tanz pantomime<br />
Der Dämon findet am 1. Dezember 1923 in<br />
Darmstadt statt. Neben einem Tanz der Schmerzen<br />
und einem Tanz der roten Raserei findet sich<br />
dort auch – ganz im Zeichen der Zeit – ein Tanz<br />
des Giftes. 105<br />
Treppenwitz der Geschichte: Aus eben<br />
jenem Darmstadt wird das Kokain geliefert,<br />
der weiße Schnee zur heiß-kalten<br />
Befeuerung der Berliner Nächte. Die<br />
Firma Merck ist damals einer der zen tralen<br />
Produzenten des Stoffs, aus dem die<br />
Träume und Alpträume jener Zeit sind<br />
(Abb. S. 253). 106<br />
Als Klaus Mann Anita Berber 1924 in<br />
Berlin kennenlernt, ist sie – gerade 25<br />
Jahre alt – bereits die Gefangene ihrer<br />
eigenen Skandalrolle: »Ihr Gesicht war<br />
eine düstere und böse Maske. Der stark<br />
geschwungene Mund, den man sah, war<br />
keineswegs ihrer, vielmehr ein blutig rotes<br />
Machwerk aus dem Schminktöpfchen.<br />
Die kalkigen Wangen hatten violetten<br />
Schimmer. An den Augen mußte sie täglich<br />
eine Stunde mindestens arbeiten. –<br />
Sie sprach ununterbrochen und sie log<br />
furchtbar. Es war klar, daß sie sehr viel<br />
Kokain genommen hatte; sie bot auch<br />
mir welches an« 107 (Abb. 12).<br />
Dennoch nimmt sie ihre Tanzkunst mit expressionistischem<br />
Pathos ernst und sucht<br />
immer wieder die formale wie inhaltliche<br />
Provokation: »Wir tanzen den Tod, die Krankheit,<br />
die Schwangerschaft, die Syphilis, den<br />
Wahnsinn, das Sterben, das Siechtum, den<br />
Selbstmord [...].« 108 Doch das zumeist männliche<br />
Publikum in seiner aggressiven Vergnügungssucht<br />
nimmt das alles nicht wahr: »Sie<br />
glotzen nur auf unsere Schleier, ob sie nicht<br />
darunter etwas sehen können [...].« 109<br />
Von Sebastian Droste verlassen, findet Anita<br />
Berber bald in dem begnadeten jungen Tänzer<br />
Henry Châtin-Hofmann einen neuen Partner.<br />
Max Herrmann-Neiße schwärmt von ihrem<br />
Berliner Tanzdebüt Die Schiffbrüchigen: »so<br />
herrlich radikal wie jede starke Ballettnummer<br />
es sein sollte«. 110 Doch die Zeit bleibt nicht<br />
stehen. Ein Plakat von 1925 im expressionistischen<br />
Holzschnitt verkündet: Anita Berber und<br />
Henry tanzen klassische Moderne (Abb. 13).<br />
Der <strong>Expressionismus</strong> ist hier zugleich Stilkunst<br />
und Geschichte geworden.<br />
Das große Finale<br />
Dr. Mabuse und der Abgrund<br />
des Menschen<br />
»<strong>Expressionismus</strong> ist Spielerei ... Aber warum<br />
nicht? – ALLES ist heute Spielerei – !« So<br />
antwortet der dämonische Dr. Mabuse auf<br />
die Frage, wie er es mit dem <strong>Expressionismus</strong><br />
halte (Abb. 14). In Fritz Langs Stummfilm<br />
Dr. Mabuse, der Spieler von 1921 / 22 wird der<br />
<strong>Expressionismus</strong> bereits heftig ironisiert zu<br />
einer modisch-skurrilen Salonausstattung –<br />
expressionistische Lang lehnstühle treffen<br />
auf Zackendekor am Kamin, an den Wänden<br />
hängen pseudoexpressionistische Gemälde<br />
sowie allzu schreckliche Stammesmasken.<br />
Kuri oserweise nimmt die Filmkulisse, damit<br />
wiederum in einer Avantgarderolle, die<br />
durchaus ernst gemeinten, hoch expressionistischen<br />
Interieurs an Hamburgs vornehmen<br />
Jungfernstieg von 1925 vorweg, die den<br />
<strong>Expressionismus</strong> endgültig zu einem »Schöner<br />
Wohnen«-Stil machen. 111<br />
Paul Scheerbart dichtet schon früh: »Im<br />
Stil ist das Spiel das Ziel – Im Spiel ist<br />
das Ziel der Stil – Am Ziel ist das Spiel<br />
der Stil« 112 – und nimmt damit das Ende<br />
des <strong>Expressionismus</strong> in Stil wie Spiel<br />
vorweg. Die Ästhetik des <strong>Expressionismus</strong><br />
prägt bald schon Wanderbühnen<br />
wie den Maskenwagen der Holtorf-<br />
Truppe, 113 der zwischen 1920 und 1925<br />
im Norden Deutschlands umherzieht.<br />
01_Beil_V2.indd 39 08.10.2010 19:47:15 Uhr<br />
39
Selbst auf dem Land hat sich der <strong>Expressionismus</strong><br />
– wohl auch aufgrund von Filmerfolgen wie<br />
Caligari – als zeitgemäße Bild- und Theatersprache<br />
durchgesetzt. Die Popularisierung des<br />
<strong>Expressionismus</strong> ist gerade in den letzten Jahren<br />
enorm. Dies geht bis zum Germany-Plakat<br />
von Willy Dzubas mit dem markanten Motiv der<br />
steil aufragenden Spitze des Chile-Hauses (Abb.<br />
S. 19). Bereits ein Jahr nach seiner Errichtung<br />
wird der expressionistische Paradebau von Fritz<br />
Höger nahe dem Hamburger Hafen zum Werbeträger<br />
par excellence im Deutschland der Weimarer<br />
Republik: Höhepunkt und zugleich Endpunkt<br />
einer Entwicklung. Der <strong>Expressionismus</strong> ist Allgemeingut<br />
geworden.<br />
Die Protagonisten wandeln sich, werden neusachlich<br />
oder sterben aus: Mit dem Selbstmord<br />
des 30-jährigen Kokain-Schriftstellers Walter<br />
Rheiner am 12. Juni 1925 findet exemplarisch<br />
existenziell einer der Protagonisten des <strong>Expressionismus</strong><br />
ein ebenso dramatisches wie sinnfälliges<br />
Ende durch eine Überdosis Morphin. 114<br />
Sein Freund Conrad Felixmüller setzt ihm malerisch<br />
ein Denkmal in expressionistischer Verve<br />
(Abb. 15). Die Ausstellung Neue Sachlichkeit<br />
in Mannheim, die der neuesten Strömung der<br />
Male rei 1925 ihren Namen gibt, weist formal<br />
wie inhaltlich den Weg zu Anderem, parallel<br />
zur vermeintlichen Beruhigung der politischen<br />
und wirtschaftlichen Verhältnisse. Vermeintlich,<br />
weil in eben diesem Jahr bereits der erste<br />
Band von Adolf Hitlers Mein Kampf erscheint –<br />
und damit die fatalen Zeichen der Zukunft bereits<br />
am Horizont sichtbar werden: das neue<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong> politischer Natur in Deutschland,<br />
der Nationalsozialismus. Hitler verkündet<br />
in seiner Programmschrift, es müsse angesichts<br />
der »krank haften Auswüchse irrsinniger und verkommener«<br />
Künstler Aufgabe der nationalsozialistischen<br />
Führung sein, zu »verhindern, dass<br />
ein Volk dem geistigen Wahnsinn in die Arme<br />
getrieben werde«. 115 Bald schon wird es um die<br />
Errichtung eines neuen Gesamtzusammenhangs<br />
gehen, die totale Indienstnahme von Kunst und<br />
Kultur durch den ehemaligen Malerdilettanten<br />
Adolf Hitler und seine Kombattanten. 116<br />
Die Idee des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>es, die zuerst<br />
noch im anfänglich ohnehin expressionistisch<br />
(Abb. S. 405), später rationalistisch geprägten<br />
Bauhaus, dann bei De Stijl weiterlebt, geht<br />
Schritt für Schritt in das <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
des deutschen Totalitarismus über. 117 Schon<br />
1921, in der Uraufführung von Carl Sternheims<br />
Drama Der entfesselte Zeitgenosse im Hessischen<br />
Landestheater Darmstadt, findet sich<br />
auf dem zentralen, expressionistisch gestalteten<br />
Thronsessel ein Hakenkreuz als prophetisches<br />
Menetekel der Ablösung vom Gedanken<br />
des Neuen Menschen expressionistischer zum<br />
Neuen Menschen nationalsozialistischer Prägung<br />
(Abb. 16).<br />
Ludwig Meidner schreibt schon mitten<br />
in der Revolutionsfreude 1919 visionär:<br />
»Wird nicht schon morgen wieder die<br />
Bourgeoisie die Staatsgewalt in ihre<br />
Hände reißen, durch Putsche, Bestechung<br />
und skrupellose Wahlpraktiken?<br />
Wird dieses neue Deutschland<br />
der herrschenden Bourgeoisie nicht<br />
noch unverschämter menschliche Ar-<br />
40<br />
beitskraft ausnützen, den Armen noch<br />
brutaler ducken? Wird es nicht in allen<br />
geistigen Dingen noch arroganter und<br />
frecher triumphieren wollen, als es je<br />
das kaiseristische [sic!] Deutschland<br />
getan?!« 118<br />
So beschwingt das Kostümgruppenbild mit<br />
drei halb nackten Damen und einem kaum<br />
bekleidetem Herrn aus dem Jahr 1925 daherkommt,<br />
so perfide erscheint es im Rückblick.<br />
Die illustre Künstlergesellschaft, die<br />
sich hier mit Erika Mann, Gustav Gründgens<br />
und Klaus Mann in ihrem Mittelpunkt,<br />
im Zeichen von Der siebente Krater, dem<br />
letzten großen Hamburger Künstlerfest im<br />
Geiste des <strong>Expressionismus</strong> und <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s,<br />
zusammengefunden hat, formiert<br />
sich im Nachhinein zu einem Schlussbild<br />
trügerischer Gemeinschaft (Abb. 17).<br />
Hier sind sie noch einmal alle im fröhlichen<br />
Furor eines harmlosen Künstlerfestes vereint:<br />
der spätere Staatsschauspieler des<br />
Dritten Reiches Gründgens, die dann bereits<br />
von ihm geschiedene Kabarettistin sowie<br />
Kriegskorrespondentin Erika 119 und der<br />
Exilliterat Klaus Mann.<br />
Wenige Monate nach der Aufnahme dieser Fotografie,<br />
am 14. Dezember 1925, wird Alban Bergs<br />
expressionistische Oper Wozzeck in Berlin an<br />
der Staatsoper Unter den Linden uraufgeführt –<br />
ein »Bühnenkunstwerk« 120 ersten Ranges, ein<br />
Meilenstein des Musiktheaters. Die Idee dazu<br />
wurde schon elf Jahre zuvor, kurz vor Beginn<br />
des Ersten Weltkriegs, geboren: »Gehalt wie<br />
Gestalt des ›Wozzeck‹ hatten Berg bereits bei<br />
der Wiener Erstaufführung am 5. Mai 1914 derart<br />
beeindruckt, dass er sofort beschloss, daraus<br />
eine Oper zu machen.« 121 1915 beginnt er<br />
mit der Arbeit, doch Krieg und Kriegsdienst<br />
zwingen ihn zu immer neuen Unterbrechungen.<br />
1917 ist schließlich das Libretto abgeschlossen,<br />
1921 die Partitur fertiggestellt.<br />
Die Musikkritik im In- und Ausland spielt zur Uraufführung<br />
verrückt, mal inszeniert sie Tumulte in<br />
der Generalprobe, mal überschlägt sie sich vor<br />
Begeisterung angesichts der kühnen Expressivität<br />
dieser Oper: »Alle Gesetze von absoluter<br />
›Schönheit‹ der Musik sind aufgehoben zugunsten<br />
letzter Wahrheit des Ausdrucks, der zuweilen –<br />
wie in der Dämmerungsvision auf freiem Feld, in<br />
der Wachstubenszene mit den schlummernden<br />
Soldaten, im Augenblick der Katastrophen vor<br />
dem Teich und im Epilog nach Wozzecks Tod erschütternd<br />
bis ins Mark ist.« 122<br />
Büchners Dramenfragment mit der Geschichte<br />
des sozial unterdrückten und gedemütigten Soldaten,<br />
der aus Verzweiflung erst seine untreue<br />
Geliebte ermordet und kurz darauf Selbstmord<br />
begeht, bündelt – zumal in der musikalischen<br />
Fassung Alban Bergs – noch einmal exemplarisch<br />
die ganze Amplitude der Seelenqualen<br />
jenes <strong>Expressionismus</strong>, der »eine Weltanschauung,<br />
und zwar eine Anschauung der Sinne, nicht<br />
der Begriffe« war. 123 Wie formuliert Woyzeck es<br />
seherisch? »Der Mensch ist ein Abgrund. Es<br />
schwindelt einem, wenn man hinunterschaut.«<br />
01_Beil_V2.indd 40 08.10.2010 19:47:15 Uhr
14<br />
Dr. Mabuse, der Spieler. 1. Teil: Der große Spieler – Ein Bild<br />
der Zeit, 1921 / 22, Regie: Fritz Lang, ausbelichtetes Filmbild,<br />
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
Carl Sternheim, Der entfesselte Zeitgenosse,<br />
1921, Hessisches Landestheater Darmstadt,<br />
Regie: Gustav Hartung, Szenenfotografie,<br />
Stadtarchiv Darmstadt<br />
16<br />
15<br />
Conrad Felixmüller, Der Tod des Dichters Walter Rheiner, 1925,<br />
Öl auf Leinwand, Los Angeles County Museum of Art, Los Angeles<br />
01_Beil_V2.indd 41 08.10.2010 19:47:16 Uhr<br />
41
17<br />
Teilnehmer des Hamburger Künstlerfestes Der siebente Krater, 1925, abgebildet sind in der oberen Reihe:<br />
in der Mitte Emil Maetzel, flankiert von zwei Revue-Girls, rechts daneben Paul Hamann; mittlere Reihe:<br />
im angeschnittenen Profil Friedrich Adler, Willi Davidson, Paul Kemp, Erika Mann, Gustaf Gründgens;<br />
untere Reihe: Klaus Mann, vor ihm Elsbeth Baack, Fotografie, Privatbesitz<br />
42<br />
01_Beil_V2.indd 42 08.10.2010 19:47:17 Uhr
Das Titelzitat lautet vollständig: »[...] denn das Bauen<br />
ist nichts anderes als die Schaffung des ›<strong>Gesamtkunstwerk</strong>es‹<br />
wie es seit 25 Jahren mein Leitgedanke<br />
war. Ein anderes ›Kunstwerk‹ gibt es für mich nicht.«<br />
Wenzel Hablik, Brief an Bruno Taut, 22. 7. 1920, in:<br />
Iain Boyd Whyte und Romana Schneider (Hrsg.), Die<br />
Briefe der Gläsernen Kette, Berlin 1986, S.134.<br />
1 Herwarth Walden, »Einladungsbrief an Autoren«,<br />
zit. nach: Georg Brühl, Herwarth Walden und<br />
»Der Sturm«, Köln 1983, S. 21.<br />
2 Vgl. Brühl, ebd., S. 21 f.<br />
3 Die Brücke gründet sich am 7. 6. 1905, Ernst<br />
Ludwig Kirchners Diplom-Urkunde ist auf den<br />
1. Juli 1905 ausgestellt; vgl. das Faksimile der<br />
Urkunde in: Meike Hoffmann, Der Architekt<br />
Ernst Ludwig Kirchner. Diplomarbeit und Studien<br />
entwürfe 1901–1905, München 1999, S. 12.<br />
4 Rosa Schapire ist das einzige weibliche Vollmitglied<br />
des Kongresses. Unter den Teilnehmern<br />
finden sich noch die Ehefrauen von<br />
Hein rich Brockhaus und John Jaffé; vgl. die<br />
Mitgliederliste u. a. mit Wilhelm Bode, Aby<br />
Warburg und Heinrich Wölfflin in: Offizieller Bericht<br />
über die Verhandlungen des VIII. Internationalen<br />
Kunsthistorischen Kongresses in Darmstadt<br />
23.–26. September 1907, Leipzig 1907.<br />
5 Vgl. den Beitrag von Astrid Becker in diesem<br />
Band (S. 102–111).<br />
6 Dr. E. T., »Im Neopathetischen Cabaret«, in:<br />
Der Demokrat, 52, 21. 12. 1910, S. 3, zit. nach:<br />
Karl Ludwig Schneider und Gerhard Burckhardt<br />
(Hrsg.), Georg Heym. Dokumente zu seinem<br />
Leben und Werk, Hamburg, 1968, S. 419.<br />
7 Rudolf Kayser, »Alfred Döblin. Zu seinem<br />
50. Geburtstag ...«, in: Berliner Tagblatt,<br />
57, 374, 9. 8. 1928, zit. nach: Brühl 1983 (wie<br />
Anm. 1), S. 23.<br />
8 Herwarth Walden, »Werbetext des ›Sturm‹,<br />
1918«, zit. nach: Brühl 1983 (wie Anm. 1), S. 32.<br />
Die Zeitschrift Der Sturm veröffentlicht von<br />
Juli 1911 bis März 1912 allein zehn Holzschnitte<br />
Kirchners.<br />
9 Vgl. Rudolf Blümner, »Der Sturm, 1917«, in:<br />
Thomas Anz und Michael Stark (Hrsg.),<br />
<strong>Expressionismus</strong>. Manifeste und Dokumente<br />
zur deutschen Literatur 1910–1920, Stuttgart<br />
1982, S. 410 ff.<br />
10 Die Liste der mitarbeitenden Schriftsteller und<br />
Künstler ist ein regelrechtes »Who is who« des<br />
<strong>Expressionismus</strong>: Gottfried Benn, Walter Hasenclever,<br />
Max Herrmann-Neiße, Georg Heym, Kurt<br />
Hiller, Jakob van Hoddis oder Alfred Lichtenstein<br />
liefern Texte, Lyonel Feininger, George<br />
Grosz, Ernst Ludwig Kirchner, César Klein,<br />
Alfred Kubin, Franz Marc, Ludwig Meidner, Karl<br />
Schmidt-Rottluff oder Egon Schiele grafische<br />
Beiträge; vgl. Lisbeth Exner, »Franz Pfemfert<br />
oder: Die Seligkeit des Kampfes«, in: Elmar<br />
Mittler und Jan-Jasper Fast (Hrsg.), Aktion<br />
und Sturm. Holzschneidekunst und Dichtung der<br />
Expressionisten, Ausst.-Kat. Paulinerkirche,<br />
Göttingen 2003, S. 92 ff.<br />
11 Anz / Stark 1982 (wie Anm. 9), S. 423 f.<br />
12 Hans von Weber, »Der Sturm«, 1910, in: Anz /<br />
Stark 1982 (wie Anm. 9), S. 423 f. Oskar<br />
Kokoschka ist über seine künstlerische Tätigkeit<br />
als Lieferant zahlreicher Titel blätter, Texte<br />
und Illustrationen hinaus offiziell verantwortlich<br />
für die Schriftleitung der Zeitschrift Der Sturm<br />
in Österreich-Ungarn.<br />
13 Ernst Toller, Eine Jugend in Deutschland (1933),<br />
Reinbek 2009, S. 28.<br />
14 So der Titel eines Textes von Wilhelm Simon<br />
Guttmann, vorgetragen am 8. Abend des Neopathetischen<br />
Cabaret im Dezember 1911 (vgl.<br />
Abb. 1).<br />
15 Arnold Schönberg, »Brief an Emil Hertzka,<br />
Berlin, Herbst 1913«, in: Arnold Schönberg,<br />
Briefe, ausgew. und hrsg. von Erwin Stein,<br />
Mainz 1958, S. 40 f. Emil Hertzka war Direktor<br />
des Musikverlags Universal Edition, Wien.<br />
16 »Noch bevor an eine Bühnenaufführung gedacht<br />
werden konnte, die an Regie und Technik<br />
äußers te Anforderungen stellt, wurde Schönberg<br />
der Plan unterbreitet, das Werk zu ver filmen.<br />
Er griff die Idee sofort auf, weil er erkannte,<br />
dass die geforderte ›höchste Unwirklichkeit‹<br />
mit den Möglichkeiten des neuen Medi ums (er<br />
dachte u. a. an Trickaufnahmen) viel leichter<br />
zu realisieren sein würde als auf der Bühne.«<br />
Eberhard Freitag, Arnold Schönberg, Reinbek<br />
1973, S. 72.<br />
17 Kurioserweise waren Schönberg-Kompositionen<br />
Teil der amerikanischen Filmmusik des<br />
Dr. Caligari bei dessen Uraufführung in New<br />
York 1921; vgl. den Beitrag von Joachim<br />
Fontaine in diesem Band (S. 314–321).<br />
18 Schönbergs Glückliche Hand wird damit erst<br />
zwei Jahre nach Paul Hindemiths Oper Mörder,<br />
Hoffnung der Frauen uraufgeführt. Dies zeigt<br />
die enorme Verspätung der öffentlichen Rezeption<br />
des expressionistischen Bühnenmusikkunstwerks.<br />
Der Hindemiths Oper zugrunde liegende<br />
Text stammt von Oskar Kokoschka und wurde<br />
als Drama bereits 1909 in Wien aufgeführt.<br />
19 Mag hier auch der »Gesamtkünstler« Gustav<br />
Mahler Vorbild gewesen sein, der Wiener Komponist,<br />
der zugleich Operndirektor, Dirigent<br />
und Regisseur war – das Ergebnis von Arnold<br />
Schönbergs Multiaktivität hat eine ganz neue<br />
Qualität.<br />
20 Arnold Schönberg, »Breslauer Rede über ›Die<br />
glückliche Hand‹«, in: Jelena Hahl-Koch, Arnold<br />
Schönberg, Wassily Kandinsky. Briefe, Bilder<br />
und Dokumente einer außergewöhnlichen Begegnung,<br />
München 1983, S. 133 f.<br />
21 Rudolf Stephan, »<strong>Expressionismus</strong>«, in: Ludwig<br />
Fischer (Hrsg.), Die Musik in Geschichte und<br />
Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik,<br />
Kassel 1995, Sp. 250 / 251.<br />
22 Zu Kandinsky und Schönberg vgl. den Beitrag<br />
von Camilla Bork in diesem Band (S. 266 –275).<br />
23 Wassily Kandinsky, »Brief an Arnold Schönberg,<br />
18. 1. 1911«, in: Hahl-Koch 1983 (wie Anm. 20),<br />
S. 19.<br />
24 Wassily Kandinsky, »Brief an Arnold Schönberg,<br />
16. 11. 1911«, in: Hahl-Koch 1983 (wie Anm. 20),<br />
S. 35.<br />
25 Arnold Schönberg, »Brief an Wassily Kandinsky,<br />
19. 8. 1912«, in: Hahl-Koch 1983 (wie Anm. 20),<br />
S. 69.<br />
26 Vgl. Wassily Kandinsky und Franz Marc (Hrsg.),<br />
Der Blaue Reiter (1912), dok. Neuausg. von<br />
Klaus Lankheit, München 2006. Der Almanach<br />
kann im Mai 1912 erscheinen.<br />
27 Als Kandinsky mit der Publikation seiner Bahn<br />
brechenden Schrift Über das Geistige in der<br />
Kunst im selben Jahr die Vorstellung eines alle<br />
Künste durchdringenden Prinzips propagiert,<br />
wird die Sentenz Schönbergs, der ihm kurz<br />
zuvor seine Harmonielehre (1911) widmet,<br />
endgültig augenfällig: »›Uns, die wir uns beide<br />
auf einem Wege bemühen ...‹ Arnold Schönberg,<br />
Widmung für Wassily Kandinsky, 12. 12. 1911«, in:<br />
Hahl-Koch 1983 (wie Anm. 20), S. 222.<br />
28 Schönberg etwa ist schon von 1901 bis 1903<br />
erstmals in Berlin, dann ab 1911 erneut.<br />
29 Auch die Berliner Zeitschrift Die Aktion gab ein<br />
Otto-Gross-Heft heraus; vgl. Christina Jung und<br />
Thomas Anz (Hrsg.), Der Fall Otto Gross. Eine<br />
Pressekampagne deutscher Intellektueller im<br />
Winter 1913 / 14, Marburg a. d. Lahn 2002.<br />
30 Hugo Ball, »Brief an Maria Hildebrand,<br />
München, 27. Mai 1914«, in: Hugo Ball, Briefe<br />
1904–1927, hrsg. und komm. von Gerhard<br />
Schaub und Ernst Teubner, Bd. 1, Göttingen<br />
2003, S. 49 f.<br />
31 Hugo Ball, »Brief an Wassily Kandinsky,<br />
München, 26. Juni 1914«, in: ebd., S. 53.<br />
32 Ernst Ludwig Kirchner, zit. nach: Frank<br />
Whitford, »Kirchner und das Kunsturteil«, in:<br />
Ernst Ludwig Kirchner 1880–1938, Ausst.-Kat.<br />
Nationalgalerie Berlin u. a., München 1979,<br />
S. 39.<br />
33 Der Hang zum <strong>Gesamtkunstwerk</strong> bleibt bei<br />
Kirchner kein Einzelfall: In Davos wird er seine<br />
zwei Wohnhäuser ebenfalls eigenhändig mit<br />
zahlreichen selbst gefertigten Möbeln, Türen<br />
und geschnitztem Figurenschmuck ausstatten.<br />
Und noch 1927 / 28 plant er für den Festsaal des<br />
Neubaus des Museum Folkwang ein <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
der Innenraumgestaltung mit monumentalen<br />
Wandmalereien. Vgl. »Das schönste<br />
Museum der Welt«, Museum Folkwang bis 1933,<br />
Ausst.-Kat. Museum Folkwang, Essen, Göttingen<br />
2010, S. 119–128.<br />
34 Die Pioniertat der Ersten Ausstellung der<br />
Künst lerkolonie auf der <strong>Mathildenhöhe</strong><br />
Darm stadt 1901 unter der Leitung von Joseph<br />
Maria Olbrich, die eben dies erstmals in<br />
Deutschland umfassend realisierte, ist damit<br />
Allgemeingut geworden; vgl. Ralf Beil und<br />
Regina Stephan (Hrsg.), Joseph Maria Olbrich<br />
1867–1908. Architekt und Gestalter der frühen<br />
Moderne, Ausst.-Kat. Institut <strong>Mathildenhöhe</strong><br />
Darmstadt, Ostfildern 2010.<br />
35 Vgl. Wolfgang Henze, Die Plastiken Ernst<br />
Ludwig Kirchners. Monographie mit Werkverzeich<br />
nis, Wichtrach / Bern, 2002, WVZ 1909 / 09<br />
(Bemalte Kommode), WVZ 1909 / 10 (Atelierstuhl.<br />
Geschnitzter Stuhl), WVZ 1910 / 07<br />
(Aschen becher), WVZ 1911 / 09 (Teetisch mit drei<br />
Säulenfiguren), WVZ 1911 / 10 (Obstschale mit<br />
drei Trägerfiguren), WVZ 1911 / 11 (Obstschale),<br />
WVZ 1912 / 12 (Tänzerin. Runde Brosche), WVZ<br />
1912 / 15 (Tänzerinnen. Metallschachtel).<br />
36 Vgl. Erika Billeter, »Ernst Ludwig Kirchner.<br />
Kunst als Lebensentwurf«, in: Berlin u. a. 1979<br />
(wie Anm. 32), S. 16–25.<br />
37 Ernst Ludwig Kirchner, Eintrag im Davoser<br />
Tage buch, 6. 3. 1923, zit. nach: Lothar Grisebach,<br />
Ernst Ludwig Kirchners Davoser Tagebuch,<br />
Ostfildern-Ruit 1997, S. 67.<br />
38 Noch 1919 schreibt der Architekturkritiker<br />
Adolf Behne zivilisationskritisch: »Denn davon,<br />
Euro päer, sei überzeugt: Du kannst nicht beides<br />
haben, die Technik und die Kunst. Du musst<br />
dich entscheiden.« Zit. nach: Adolf Behne,<br />
Schriften zur Kunst, Berlin 1988, S. 95.<br />
39 Vgl. den Beitrag von Leonie Beiersdorf in<br />
diesem Band (S. 68–77).<br />
40 Vgl. Berlin u. a. 1979 (wie Anm. 32), S. 70.<br />
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43
41 Das Titelmotto der von Carlo Mierendorff<br />
gegründeten, in Darmstadt herausgegebenen<br />
Zeitschrift Das Tribunal, 2, 1, 1920, stammt<br />
aus Franz Marcs Aphorismensammlung Das<br />
zweite Gesicht, geschrieben 1915 im Felde –<br />
vor seinem Tod 1916 auf den Schlachtfeldern<br />
von Verdun.<br />
42 Vgl. den Beitrag von Werner Durth in diesem<br />
Band (S. 336–347).<br />
43 Kurioserweise brachten August Stramm seine<br />
Kriegsgedichte im experimentellen Stakkato-Stil<br />
den endgültigen Durchbruch als Lyriker. Hier<br />
Patrouille von 1915: »Die Steine feinden /<br />
Fenster grinst Verrat / Aeste würgen / Berge<br />
Sträucher blättern raschlig / Gellen / Tod.«<br />
Zit. nach: Hansgeorg Schmidt-Bergmann<br />
(Hrsg.), Lyrik des <strong>Expressionismus</strong>, Stuttgart<br />
2003, S. 243.<br />
44 Transkript einer Postkarte von Ernst Wilhelm<br />
Lotz an Ludwig Meidner, 8. 7. 1914, Stadtarchiv<br />
Darmstadt.<br />
45 Hugo Ball, »Brief an Maria Hildebrand, München,<br />
29. 7. 1914«, in: Ball 2003 (wie Anm. 30),<br />
S. 59.<br />
46 Hugo Ball, »Brief an Maria Hildebrand, München,<br />
7. 8. 1914, in: Ball 2003 (wie Anm. 30),<br />
S. 62.<br />
47 Wassily Kandinsky, »Brief an Herwarth Walden,<br />
2. 8. 1914«, zit. nach: Brühl 1983 (wie Anm. 1),<br />
S. 54.<br />
48 Toller 2009 (wie Anm. 13), S. 35.<br />
49 Toller 2009 (wie Anm. 13), S. 40.<br />
50 Ernst Barlach, Tagebucheintrag, 5. 9. 1914, zit.<br />
nach: Diether Schmidt (Hrsg.), Manifeste Manifeste<br />
1905–1933, Dresden 1964, S. 91.<br />
51 Otto Dix, Text einer Feldpostkarte, Anfang 1916,<br />
zit. nach: Serge Sabarsky, Otto Dix. Die frühen<br />
Jahre. Zeichnungen, Aquarelle, Graphik, Erfurt<br />
1995, S. 9.<br />
52 George Grosz, »Brief an Otto Schmalhausen,<br />
15. März 1917«, zit. nach: Lothar Fischer, George<br />
Grosz, Reinbek 1976, S. 29 f.<br />
53 Fischer, ebd., S. 44.<br />
54 Ernst Ludwig Kirchner, zit. nach: Anita<br />
Beloubek-Hammer, »›Die begleitende Melodie<br />
zu einem Gesang‹. Ernst Ludwig Kirchners<br />
Illus trationen zu ›Umbra vitae‹ von Georg<br />
Heym«, in: Georg Heym. Umbra vitae, Begleitheft<br />
des Reprints, Stuttgart 2009, S. 8.<br />
55 Toller 2009 (wie Anm. 13), S. 78.<br />
56 Toller 2009 (wie Anm. 13), S. 54.<br />
57 Karl Schmidt-Rottluff, »Feldpostbrief an<br />
Lyonel Feininger, 24. 1. 1916«, in: Hermann<br />
Gerlinger (Hrsg.), Brücke-Almanach 1998.<br />
Lyonel Feininger. Karl Schmidt-Rottluff. Erich<br />
Heckel. Künstlerfreundschaften, Ausst.-Kat.<br />
Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum,<br />
Schloß Gottorf, Schleswig 1998, S. 26.<br />
58 Giselher Schubert, Paul Hindemith, Reinbek<br />
1981, S. 23.<br />
59 Paul Hindemith, Kriegstagebuch, Eintrag vom<br />
5. 5. 1918, zit. nach: ebd., S. 23.<br />
60 Paul Hindemith, Kriegstagebuch, Eintrag vom<br />
27. 5. 1918, zit. nach: ebd.<br />
61 Paul Hindemith, Kriegstagebuch, Eintrag vom<br />
Montag, 2. September 1918, Archiv, Hindemith<br />
Institut Frankfurt.<br />
62 Hindemith, ebd.<br />
63 Die Zeichnung wirkt umso drastischer, da<br />
Das Nusch-Nuschi im Triptychon mit Mörder,<br />
Hoffnung der Frauen und Sancta Susanna<br />
44<br />
»die übermütige Burleske« darstellt: Hindemith<br />
ver tont hier einen »leichtgewichtigen Text<br />
unter parodistischen Vorzeichen«; Giselher<br />
Schubert, Paul Hindemith. Das Nusch-Nuschi<br />
(Begleitheft zur gleichnamigen CD), Mainz<br />
(WERGO) 1988, S. 2.<br />
64 Erich Mendelsohn, »I. Abend. Entwicklungsgesetze<br />
der Kunst, Baukunst – Bildhauerei –<br />
Malerei – Schmiedekunst – Standpunkt und<br />
Dringlichkeit unserer Aufgabe«, Vortrag im<br />
Salon von Molly Philippson, masch. Ms., Berlin<br />
1918, zit. nach: Erich Mendelsohn, Gedankenwelten.<br />
Unbekannte Texte zu Architektur, Kulturgeschichte<br />
und Politik, hrsg. von Ita Heinze-<br />
Greenberg und Regina Stephan, Ostfildern-Ruit<br />
2000, S. 14 f.<br />
65 Vgl. Ralf Beil, »Spiegelscherben einer Welt<br />
zwischen Tradition und Revolution. Kunst und<br />
Politik im Reich des letzten Zaren«, in: ders.<br />
(Hrsg.), Russland 1900, Ausst.-Kat. Institut<br />
<strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt, Köln 2008, S. 32.<br />
66 Vgl. Jost Hermand und Frank Trommler, Die<br />
Kultur der Weimarer Republik, München 1978,<br />
S. 14.<br />
67 Toller 2009 (wie Anm. 13), S. 57. Der Krieg<br />
verwandelt nicht nur Ernst Toller in einen Pazifisten:<br />
»Haben wir nicht, als im Feld der Tod<br />
unser Kame rad war, der bei uns hockte in Schützengräben<br />
und Unterständen, in zerschos senen<br />
Dörfern und Wäldern, im Hagel der Schrap nells<br />
und unterm Licht der Sterne, ge schworen mit<br />
heiligem Ernst, dass der Krieg nur einen Sinn<br />
haben kann: den Aufbruch der Jugend?« Toller<br />
2009 (wie Anm. 13), S. 60.<br />
68 Toller 2009 (wie Anm. 13), S. 58.<br />
69 In Dresden gründen Otto Dix, Conrad Felixmüller<br />
und weitere Maler im Januar 1919 die<br />
Dresdner Sezession – Gruppe 1919, die eine<br />
expressionistische, gesellschaftskritische Kunstrichtung<br />
vertritt – ebenso wie die im Juni 1919<br />
gegründete Darmstädter Sezession mit ihren<br />
Gründungsmitgliedern Ludwig Meidner, Carlo<br />
Mierendorff und Max Beckmann.<br />
70 Karl Liebknecht sowie Rosa Luxemburg werden<br />
posthum zu Galionsfiguren der Revolution und<br />
Kronzeugen des »Neuen Menschen« – so auch in<br />
Bruno Tauts Brief-Zeichnung an die Gläserne<br />
Kette vom 23. 12. 1919, in der er neben die<br />
Spitze seines Monuments des neuen Gesetzes<br />
Liebknechts Worte setzt: »Ihr raubt die Erde<br />
mir, doch nicht den Himmel Karl Liebknecht.<br />
Dez. 16« Vgl. das Faksimile des Briefs in diesem<br />
Buch (S. 372). Zahlreiche Künstler, darunter<br />
Käthe Kollwitz und Conrad Felixmüller, ver ewigen<br />
die bald schon legendären Revo lutionäre in<br />
Texten, Gra fiken und Gedenkblättern (Abb. S. 161).<br />
71 Vgl. Arbeitsrat für Kunst, Flugblatt, März 1919.<br />
72 Zahlreiche weitere Kulturakteure unterstützen<br />
deutschlandweit den Arbeitsrat, darunter auch<br />
Schriftsteller, Sammler, Galeristen und Museumsdirektoren:<br />
Heinrich Campendonk, Seeshaupt;<br />
Hermann Finsterlin, Berchtesgarden;<br />
Alfred Flechtheim, Düsseldorf; Wenzel Hablik,<br />
Itzehoe; G. F. Hartlaub, Mannheim; Bernhard<br />
Hoetger, Ostendorf-Worpswede; Heinrich Jost,<br />
München; Karl Ernst Osthaus, Hagen; vgl. das<br />
Faksimile des Flugblatts, in: Arbeitsrat für Kunst<br />
Berlin 1918–1921, Ausst.-Kat. Akademie der Künste<br />
Berlin, Berlin 1980, S. 88 f.<br />
73 Vgl. Helga Kliemann, Die Novembergruppe,<br />
Berlin 1969, S. 50 f.<br />
74 Vgl. Petra Jacoby, »Die sozialen Phantasien<br />
der Künstlergruppen-Generation. Aktionsfelder<br />
und Vorstellungen in der Weimarer Republik«, in:<br />
dies., Kollektivierung der Phantasie? Künstlergruppen<br />
in der DDR zwischen Vereinnahmung und<br />
Erfindungsgabe, Bielefeld 2007, S. 93.<br />
75 So erscheinen in Darmstadt von 1919 bis 1920<br />
die zwölf Hefte der von Carlo Mierendorff<br />
gegründeten politischen Zeitschrift Das Tribunal.<br />
Hessische Radikale Blätter – in direkter<br />
Anlehnung an Georg Büchners Hessischen<br />
Landboten.<br />
76 Ludwig Meidner, »An alle Künstler, Dichter,<br />
Musiker«, in: An alle Künstler!, hrsg. vom<br />
Arbeits rat für Kunst, Berlin 1919, S. 7.<br />
77 Kurt Eisner, »Der sozialistische Staat und der<br />
Künstler«, in: ebd., S. 25.<br />
78 Eisner, ebd., S. 26.<br />
79 »Fragen, die der Klärung bedürfen«, in:<br />
Ja! – Stimmen des Arbeitsrates für Kunst in<br />
Berlin (1919), zit. nach: Berlin 1980 (wie<br />
Anm. 72), S. 15.<br />
80 Walter Gropius, in: Ja! – Stimmen des Arbeits-<br />
rates für Kunst in Berlin (1919), zit. nach: Berlin<br />
1980 (wie Anm. 72), S. 30.<br />
81 Gropius, ebd., S. 32.<br />
82 Vgl. Karl Schmidt-Rottluff, Idealprojekt, 1919,<br />
s. S. 23 in diesem Band.<br />
83 César Klein, in: Ja! – Stimmen des Arbeitsrates<br />
für Kunst in Berlin (1919), zit. nach: Berlin 1980<br />
(wie Anm. 72), S. 40 f.<br />
84 Bruno Taut, in: Ja! – Stimmen des Arbeitsrates<br />
für Kunst in Berlin (1919), zit. nach: Berlin 1980<br />
(wie Anm. 72), S. 68.<br />
85 Vgl. Wenzel Hablik, »Sehr erfreut über ihre<br />
Filmidee ...«, 22. 7. 1920, s. S. 24 in diesem<br />
Band. Das expressionistische <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
Film, etwa Das Cabinet des Dr. Caligari,<br />
hat maßgeblich von der engen personellen<br />
Vernetzung und inhaltlichen Offenheit der verschiedensten<br />
Künstler und Künste in den<br />
revolutionären Gruppierungen der unmittelbaren<br />
Nachkriegszeit profitiert.<br />
86 Bruno Taut, »Brief vom 24. November 1919«,<br />
in: Iain Boyd Whyte und Romana Schneider<br />
(Hrsg.), Die Briefe der Gläsernen Kette, Berlin<br />
1986, S. 18.<br />
87 Bruno Taut, ebd.<br />
88 Rudolf Belling, in: Ja! – Stimmen des Arbeitsrates<br />
für Kunst in Berlin (1919), zit. nach: Berlin<br />
1980 (wie Anm. 72), S. 23.<br />
89 So eine zeitgenössische Katalognotiz, zit.<br />
nach: Winfried Nerdinger, Rudolf Belling und<br />
die Kunst strömungen in Berlin 1918–1923, mit<br />
einem Katalog der plastischen Werke, Berlin<br />
1981, S. 24.<br />
90 So die Planung, von der heute nur mehr<br />
die Holz- und Bronzefassungen der Skulptur<br />
zeugen: Die Musikarchitektur wurde nie<br />
rea lisiert. Dafür konnte Rudolf Belling sowohl<br />
bei der Innenarchitektur des Berliner Scala-<br />
Casinos (mit dem Architekten Walter Würz bach,<br />
Abb. S. 49) als auch bei der Maskenherstel-<br />
lung für den Golem-Film erfolgreich grenz-<br />
überschreitend im Geiste des expressionistischen<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong>s arbeiten – auch dank<br />
der im Arbeitsrat entstandenen Netzwerke.<br />
91 Theodor Wiesengrund Adorno, »<strong>Expressionismus</strong><br />
und künstlerische Wahrhaftigkeit«, in:<br />
Die neue Schaubühne, 2, 1920, zit. nach: Anz /<br />
Stark 1982 (wie Anm. 9), S. 693.<br />
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92 Herbert Ihering, »›Die Wandlung‹. Fünf<br />
Stationen von Ernst Toller. Uraufführung der<br />
Tribüne«, in: Der Tag, 2. 10. 1919, Archivkopie<br />
des Artikels, Akademie der Künste, Berlin.<br />
93 Heinrich Mann, zit. nach: Klaus Mann, Kind<br />
dieser Zeit (1932), Reinbek 2005, S. 45.<br />
94 George Grosz, Ein kleines Ja und ein großes<br />
Nein. Sein Leben von ihm selbst erzählt (New<br />
York 1946 / Reinbek 1955), Reinbek 1992, S. 117 f.<br />
95 Vgl. das Verzeichnis der Filme Anita Berbers,<br />
in: Lothar Fischer, Anita Berber. Göttin der<br />
Nacht, 2. Aufl., Berlin 2007, S. 194 f.<br />
96 Klaus Mann, Der Wendepunkt. Ein Lebensbericht<br />
(1942), erw. Neuausg., Reinbek 2006, S. 170 f.<br />
97 Ludwig Meidner, »Einige Bemerkungen gegen<br />
den Film«, o. J., unveröffentl. Ms., Stadtarchiv<br />
Darmstadt.<br />
98 Offiziell verschreiben Ärzte Anfang der 1920er-<br />
Jahre nur wenigen Kranken Kokain als Heil mittel<br />
– und wenn, dann nur in winzigen Dosen von<br />
0,05 Gramm. Jeder Apotheker ist strengstens<br />
verpflichtet, die anfallenden Rezepte in einem<br />
»Kokainbuch« zu registrieren. Dennoch kommt<br />
es zu immer größeren Bestellungen, denn mit<br />
dieser Medizin kann man reich werden: Fragen<br />
manche Ärzte nach 100 oder 300 Gramm reinem<br />
Kokain, immerhin mehr als der Jahresbedarf<br />
einer mittleren Apotheke, erhält ein dritter<br />
Arzt binnen weniger Tage auf zwei Rezepte<br />
kolos sale 1,5 Kilogramm; vgl. Cay Rade macher,<br />
»Der Schnee der Zwanziger«, in: Geo Special<br />
Berlin, 1, 1999.<br />
99 Klaus Mann, in: Die Bühne, 275, 1930, zit. nach:<br />
Fischer 2007 (wie Anm. 95), S. 128 f.<br />
100 Das gleichnamige Buch erscheint in Wien 1923,<br />
darin ist auch das Gedicht Kokain abgedruckt,<br />
das die Grundlage des Kokain-Tanzes bildet;<br />
vgl. Anita Berber und Sebastian Droste,<br />
Kokain, 1922 / 23, s. S. 249 in diesem Band. Die<br />
Abhängigkeit von Morphium und Kokain ist ein<br />
wesentliches Bindeglied zwischen Anita Berber<br />
und Sebastian Droste.<br />
101 Josef Jenčík, Anita Berberová, Prag 1930, hier<br />
zit. nach: Fischer 2007 (wie Anm. 95), S. 104.<br />
102 Neben Josef Jenčíks Beschreibung existieren<br />
nur einige Standfotos zu diesem zentralen Tanz<br />
Anita Berbers.<br />
103 Jenčík, zit. nach: Fischer 2007 (wie Anm. 95),<br />
S. 102 ff.<br />
104 Vgl. den Beitrag von Camilla Bork in diesem<br />
Band (S. 266–275).<br />
105 Vgl. Giselher Schubert, Paul Hindemith.<br />
Mörder, Hoffnung der Frauen – Der Dämon<br />
(Be gleitheft zur gleichnamigen CD), Mainz<br />
(WERGO) 1987, S. 8.<br />
106 Der Stummfilm Dr. Mabuse, der Spieler von<br />
1921 / 22 widmet dem Stoff allein zwei seiner<br />
Zwischentitel: Am Anfang fragt Dr. Mabuse<br />
seinen Diener: »Kokain im Leibe?« Später wird<br />
gefragt: »Kokain oder Karten?« Anita Berber<br />
tritt in diesem Film gleich mehrmals in Tanzszenen<br />
auf – einmal mit Frack und Monokel, als<br />
herbe Femme fatale, die die Männer mit ihren<br />
eigenen Waffen schlägt. Sie wird damit zur zeitgenössischen<br />
Gegenfigur der starken, deshalb<br />
aber am Ende vom Mann ermordeten Frau in<br />
Hindemiths 1922 uraufgeführter Oper Mörder,<br />
Hoffnung der Frauen.<br />
107 Klaus Mann, zit. nach Fischer 2007 (wie<br />
Anm. 95), S. 129. Klaus Mann arbeitet im<br />
Herbst 1924, noch nicht 18-jährig, als zweiter<br />
Theaterkritiker beim Berliner 12-Uhr-Mittagsblatt;<br />
vgl. Mann 2005 (wie Anm. 93), S. 250.<br />
108 Anita Berber, zit. nach: Fischer 2007 (wie<br />
Anm. 95), S. 132.<br />
109 Berber, zit. nach Fischer 2007 (wie Anm. 95).<br />
110 Max Herrmann-Neiße, »Kleine Geschichte des<br />
deutschen Kabaretts« (1924), zit. nach: Fischer<br />
2007 (wie Anm. 95), S. 148.<br />
111 Nichtsdestotrotz ist Hamburg eine der zentralen<br />
Städte des <strong>Expressionismus</strong> in den<br />
1920er-Jahren: vom <strong>Gesamtkunstwerk</strong> der<br />
Woh nungseinrichtung Rosa Schapires durch<br />
Karl Schmidt-Rottluff über die Tanzavantgarde<br />
von Lavinia Schulz und Walter Holdt mit ihren<br />
Ganzkörpermasken bis hin zu den turbulenten<br />
Künstlerfesten, auf denen Letztere auftraten –<br />
auch wenn diese ebenfalls den <strong>Expressionismus</strong><br />
als Raumstil popularisierten.<br />
112 Paul Scheerbart, zit. nach: Bruno Taut alias<br />
Glas, »Brief vom 1. Januar 1920«, in: Whyte /<br />
Schneider 1986 (wie Anm. 86), S. 34.<br />
113 Für den wertvollen Hinweis auf die ebenso<br />
experimentellen wie expressionistischen Schauspielaktivitäten<br />
des bildenden Künstlers und<br />
Theatergründers Hans Holtorf (1899–1984)<br />
und den Maskenwagen der Holtorf-Gruppe<br />
zwischen 1920 und 1925 danke ich Dr. Annette<br />
Wittboldt, Ernst Barlach Stiftung Güstrow.<br />
114 Ein Jahr zuvor, am 18. 6. 1924, hatte die Maskentänzerin<br />
Lavinia Schulz zuerst ihrem Lebens-<br />
und Tanzpartner Walter Holdt und dann sich<br />
selbst das Leben genommen; vgl. Entfesselt.<br />
<strong>Expressionismus</strong> in Hamburg um 1920, hrsg. von<br />
Rüdiger Joppien, Ausst.-Kat. Museum für Kunst<br />
und Gewerbe Hamburg, Hamburg 2006, S. 28.<br />
115 Adolf Hitler, Mein Kampf, Bd. 1, München 1925,<br />
S. 283.<br />
116 Vgl. Roger Fornoff, »Nationalsozialismus und<br />
Stalinismus als pervertierte <strong>Gesamtkunstwerk</strong>e«,<br />
in: ders., Die Sehnsucht nach dem<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong>. Studien zu einer ästhetischen<br />
Konzeption der Moderne, Diss. Hannover 2003;<br />
Hildesheim 2004, S. 562 ff.<br />
117 Der im <strong>Gesamtkunstwerk</strong> implizierte Totalitätsanspruch<br />
läuft immer wieder schon aus systemimmanenten<br />
Gründen Gefahr, gesellschaftlich<br />
und politisch totalitär zu werden. Vgl. Jürgen<br />
Söring, »<strong>Gesamtkunstwerk</strong>«, in: Klaus Weimar<br />
(Hrsg.), Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft,<br />
Bd. 1, Berlin 1997, S. 710–712,<br />
hier S. 711.<br />
118 Meidner 1919 (wie Anm. 76), S. 8.<br />
119 Erika Mann und Gustav Gründgens heiraten<br />
1926, die Ehe wird 1929 wieder geschieden.<br />
120 Lothar Schreyer, »Das Drama«, 1917, zit. nach:<br />
Anz / Stark 1982 (wie Anm. 9), S. 552.<br />
121 Hanns-Werner Heister, »Affektive Mimesis<br />
und konstruktive Katharsis. Zu Alban Bergs<br />
Wozzeck-Oper«, in: Georg Büchner 1813–1837.<br />
Revolutionär, Dichter, Wissenschaftler, Ausst.-<br />
Kat. Institut <strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt, Frankfurt<br />
a. M. 1987, S. 341.<br />
122 Rudolf Kastner, in: Berliner Morgenpost, zit.<br />
nach: Musik der Gegenwart. Eine Flugblätterfolge,<br />
Nr. 9: Alban Bergs Wozzeck und die<br />
Musikkritik. Musikblätter des Anbruch, Wien<br />
1926, S. 25.<br />
123 Herwarth Walden, »Die neue Malerei«, 1919,<br />
zit. nach: Brühl 1983 (wie Anm. 1), S. 93.<br />
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45
Jakob van Hoddis, Kinematograph, 1910,<br />
Erstveröffentlichung: Der Sturm, Jg. 2, Nr. 47,<br />
21. Januar 1911, 9. Gedicht des Zyklus Varieté<br />
46<br />
Der Saal wird dunkel. Und wir sehn die Schnellen<br />
Der Ganga, Palmen, Tempel auch des Brahma,<br />
Ein lautlos tobendes Familiendrama<br />
Mit Lebemännern dann und Maskenbällen.<br />
Man zückt Revolver, Eifersucht wird rege,<br />
Herr Piefke duelliert sich ohne Kopf.<br />
Dann zeigt man uns mit Kiepe und mit Kropf<br />
Die Älplerin auf mächtig steilem Wege.<br />
Es zieht ihr Pfad sich bald durch Lärchenwälder,<br />
Bald krümmt er sich und dräuend steigt die schiefe<br />
Felswand empor. Die Aussicht in der Tiefe<br />
Beleben Kühe und Kartoffelfelder.<br />
Und in den dunklen Raum – mir ins Gesicht –<br />
Flirrt das hinein, entsetzlich! nach der Reihe!<br />
Die Bogenlampe zischt zum Schluss nach Licht –<br />
Wir schieben geil und gähnend uns ins Freie.<br />
Dr. Mabuse, der Spieler. 1. Teil: Der große Spieler – Ein Bild der Zeit,<br />
1921 / 22, Regie: Fritz Lang, ausbelichtetes Filmbild, Friedrich-Wilhelm-<br />
Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
Kinematograph<br />
01_Beil_V2.indd 46 08.10.2010 19:47:18 Uhr
Hugo Ball, »... ich bin voller Inbrunst und Jubel ...«, 23. Juni 1914, Erstveröffentlichung:<br />
Hugo Ball. Briefe 1911–1927, hrsg. von Annemarie Schütt-Hennings, Einsiedeln 1957<br />
Liebes Schwesterlein,<br />
ich bin voller Inbrunst und Jubel (und sehr pathetisch, wie du siehst).<br />
Hab heute einen guten Tag gehabt.<br />
23. Juni [19]14<br />
[Postst.] München, 24.6 [19]14<br />
1) Wurden die Matineen mit dem Neuen Verein perfekt. Sechs ganz moderne Matineen<br />
an den Kammerspielen unter meiner Leitung. 300 M.<br />
2) Wurden 2 Aufführungen der Frauendramatik perfekt. (Oktob. und November) unter<br />
meiner Leitung. (Kammerspiele) je 100 M. und 20 %.<br />
3) Wurden perfekt mit dem Verlag Piper:<br />
a) Eine Anthologie expressionistischer Lyrik (Herausgeber Leybold und Ich).<br />
b) Das Buch »Expressionistisches Theater« mit Kandinsky, Marc Kokoschka, Fokin,<br />
v. Bechtejeff, v. Hartmann, Larrinaga, etc. (Herausgeber Ich).<br />
4) Erhielt ich von Pfemfert (Aktion) eine Aufforderung für die »Revolte« (er stellt mir<br />
10 Seiten zur Verfügung).<br />
5) Erhielt ich von Huelsenbeck (Berlin) eine Aufforderung für eine Epilog-Nummer zu<br />
»Revolution«, die in Paris auf den Boulevards ausgeboten werden soll.<br />
6) Hab ich heut ein Manuskript meiner Gedichte zusammengestellt, (13 Nummern,<br />
alle schon gedruckt) die in Leipzig oder Berlin herauskommen sollen.<br />
Ende der Woche fahre ich nach Berlin für die Matineen und für mein<br />
Expressionistisches Theater.<br />
Hugo.<br />
Soeben, kurz vor dem Wedekind-Bankett, erscheinen auch noch meine<br />
IX Wedekind-Glossen im »Phöbus« und mein »Psychologietheater« ebendort.<br />
»... ich bin voller<br />
Inbrunst und<br />
Jubel ...«<br />
01_Beil_V2.indd 47 08.10.2010 19:47:18 Uhr<br />
47
Herwarth Walden, Café Größenwahn, 1911, Erstveröffentlichung:<br />
Der Sturm, Jg. 2, H. 82, Oktober 1911<br />
48<br />
»Wir lassen nunmehr den Bericht unseres eigens<br />
entsandten xw-Spezialberichterstatters über<br />
das Café Größenwahn folgen. Derselbe schreibt<br />
uns über dasselbe«<br />
CAFÉ GRÖSSENWAHN<br />
Dort, wo die Joachimsthalerstraße den Kurfürstendamm<br />
schneidet, haben sie den Sitz der Hölle<br />
aufgeschlagen. Noch rasch vor seinem Tode hat<br />
Messel das Café erbaut, und Cassirer hat die<br />
Wände mit Klimtschen Satanswerken ringsum<br />
behängt. Die Fußböden sind mit Mosaik ausgelegt,<br />
auf denen Hodlers anatomische Selbstherrlichkeit<br />
lagert. Getische und Gestühle und<br />
alles Geschirr und Geräte, der letzte Schrei der<br />
Wiener Werkstätten.<br />
Scheu und geängstigt hastet der schlichte<br />
Bürger am Höllenpfuhl vorbei. Der ehrbare<br />
Kaufmann, der sparsame Rentier, der mutige<br />
Offi zier, der tiefe Gelehrte, der berufene Theaterdirektor,<br />
der standesbewußte Schauspieler, der<br />
sich Zeit lassende Handwerker, der herkömmliche<br />
Maler, der klassische Dichter, der rasende<br />
Fuhrmann, der treue Dramaturg, der tennisverdammte<br />
Demi-Jüngling, die handkoffertragende<br />
Jungfrau und last not least der bescheidene<br />
Lumpensammler werfen einen scheuen Blick<br />
durch die revolutionären Scheiben und empfehlen<br />
ihre Seele Wildenbruch und allen guten<br />
Geistern der großen Kunstausstellung. Bleicher<br />
Schauer rieselt durch ihr normales Gebein,<br />
durch ihr gesundes Blut. Tief im Innern haben<br />
sie dämonische Gestalten sitzen sehen. Männer<br />
mit langen Haaren, schlangenhaft geringelten<br />
Locken, wildflatternden Kravatten, sezessionistischen<br />
Socken und alkoholfreien Unterhosen<br />
leben sich aus. Drücken sich bedeutsam<br />
in die Sofaecken, bespiegeln sich selbst und<br />
gegenseitig, schleudern sich biertonnen große<br />
Weihgefäße um die stefangeorgeschen Ohrmuscheln,<br />
und bringen durch ruchloses, dekadentes<br />
Kaffeetrinken die deutsche Kunst an<br />
den Rand des Abgrunds. Gurgelnde, röchelnde<br />
Pereatrufe auf Schiller und Konsorten unterbrechen<br />
die Stille des modernen Denkens, und<br />
Holz und Schlafs Familie Selicke ist der Gral<br />
der Tafelrunde.<br />
Ermunternd, erweckend, aufreizend und<br />
zum ewigen Haß gegen Weimar mahnend, schreitet<br />
Arno Holz selbst von Tisch zu Tisch, und<br />
die Modernen küssen des Meisters Hände. Krachend<br />
fliegen die Tagesblätter in die Ecken,<br />
die Brockhausbände mit Goethe und Schiller<br />
sind verbrannt, aber von Hand zu Hand gehen<br />
die gesammelten Werke Alfred Momberts.<br />
Altenberg kann leider das Reisen nicht vertragen,<br />
aber Hermann Bahr kommt zweimal in<br />
der Woche herüber, und Alfred Kerr steht in<br />
ununterbrochener telephonischer Verbindung<br />
mit der modernen Clique, während Karl Kraus<br />
von der Wiener Fackel Depeschen sendet. Dann<br />
schwirrt es in Telephon- und Telegraphendrähten<br />
von Ibsen und Hauptmann, von Strindberg<br />
und Wedekind, von Hoffmannsthal und Maeterlinck,<br />
von Shaw und d’Annunzio.<br />
So vergeht der Tag, bis abends die große<br />
Orgie der täglichen modernen Nacht beginnt: die<br />
markzerfressende Zersetzungsarbeit der Caféhaus<br />
literaten. Dann kommt es herangekrochen<br />
aus Wilmersdorf und Halensee, sezes sionistisches<br />
Gewürm, krankhaft Empfindende, bizarre Gesellen,<br />
»vom Größenwahn« geschla gene. Und es<br />
beginnt ein irrsinniges Lallen. Klein Eyolfschen<br />
Banalitäten werden Shakespeares unsterblichste<br />
Wortspiele geopfert. Hauptmanns naturalistischen<br />
Platitüden Schillers Betrachtungen über<br />
die Lebenskraft der Sonne vorgezogen. Lerchenjubel,<br />
wogendes Ährenfeld, braune Scholle,<br />
schmucke Bauerndirnen, der Schrei der Möwe<br />
und all die tausend Vögel, die in der Brust der<br />
heimatkünstlichen Menschen singen, alle die<br />
alten geheiligten Güter der Kunst werden verlacht<br />
und verhöhnt. Scheerbarts Muse wird mit<br />
metaphysischer Inbrunst abgeknutscht. Heinrich<br />
Manns Romane in den unmöglichen Melodien<br />
Herwarth Waldens gesungen.<br />
Und um Mitternacht hebt an das große<br />
Opfer der gegenseitigen Beweihräucherung: ein<br />
gigantisches Überschreien, Einandervorlesen;<br />
tolle Wortgebilde durchdringen die Lüfte, Sätze,<br />
die man weder bei Schiller noch bei Goethe findet,<br />
unverständliches Gestammle, französische,<br />
italienische Wortkonstruktion ohne germanische<br />
Deutlichkeit, unreife Ansichten über Grillparzer<br />
und Hebbel. Junge Fante, die nie den<br />
Ernst des Lebens kennen gelernt haben, entziehen<br />
sich weimarscher Zucht und weigern sich,<br />
in fünffüßigen Jamben zu dichten. Auf kristallenen<br />
Schalen werden die wertvollsten unaufgeklärten<br />
Dramen in Lilasamt und Silberschnitt<br />
gebunden herumgereicht. Kaffee rinnt auf Kaffee,<br />
nur selten vom schlichten Selters unterbrochen.<br />
Der Taumel wächst. Baudelaire, Verlaine<br />
und Flaubert werden in eine einzige Silbe geschweißt,<br />
Monet wird zu Manet und Manet zu<br />
Monet. Peter Hille wird durch Tischrücken herangeholt,<br />
Begrüßungstelegramme werden gesandt<br />
an Paul Claudel und Thaddäus Rittner.<br />
Und nachdem Else Lasker-Schüler sechs Gedichte<br />
vorgelesen hat, in denen sich nichts<br />
reimt und keine Verbindung mit Heine oder<br />
Busse-Palma zu finden ist, läuten fingerfertige<br />
Jünglinge zum Beardsley-Dienst. Und während<br />
Speisen- und Getränkekarten, Tage-, Wochen-<br />
und Monatsblätter, Wände und Marmorplatten<br />
mit schamlosen amourösen Verrenkungen gedeckt<br />
werden, kauern sezessionistische Maler<br />
auf der Treppe und verzeichnen anatomisch<br />
feststehende Tatsachen. Lovis Corinth stöhnt<br />
nach degoutanten Vorwürfen. Oskar Kokoschka<br />
hat sich etwas Straßenstaub mitgebracht,<br />
den er für ein Kolossalgemälde braucht, Max<br />
Pechstein hält Menschenleiber für Paletten.<br />
Wild dröhnt die Tschudikantate. Hungrige verlangen<br />
Speisekarten mit Peter Behrens-Typen.<br />
Aber anstatt zu essen schreien sie unaufhörlich<br />
Greco, Greco – a bas Velazquez! und Minderjährige<br />
bringen Hochs auf Munch und Julius Meier-<br />
Graefe aus. Und dann spreizt der Wahnsinn der<br />
Moderne seine Fangarme aus: lange Arme, viel<br />
länger als anatomisch denkbar und erweislich<br />
wahr ist, mit Flederhänden, die es so wenig gibt<br />
als das Wort selbst, und Neo-Krallen: weißlich<br />
grüner Gischt tritt den Besessenen vor den<br />
Mund, ihre Augen werden van-Goghisch grün,<br />
was sich durch Lichtreflexe allerdings erklären<br />
läßt ...<br />
Und die beliebtesten Genien in ihren respektiven<br />
Heimen aufgescheucht, und an ihren<br />
traditionellsten Gefühlen verhindert brechen<br />
auf und suchen das Land, wo der koffeinfreie<br />
Kaffee gedeiht und der koholhaltige Kohol.<br />
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Café Größenwahn<br />
Walter Würzbach und Rudolf Belling, Scala-Restaurant. Tanzkasino in Berlin,<br />
aus: Wasmuths Monatshefte für Baukunst, Jg. 6, H. 7 / 8, 1921 / 1922, S. 238 f.,<br />
Fotografie, Wissenschaftliche Stadtbibliothek, Mainz<br />
01_Beil_V2.indd 49 08.10.2010 19:47:18 Uhr<br />
49
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Thomas Anz<br />
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Der Wille zur größtmöglichen, alle Sinne erregenden<br />
Wirkung setzte in der Kunst und Literatur<br />
des <strong>Expressionismus</strong> Ideen und Aktivitäten<br />
frei, die an den medientechnologischen Umwälzungen<br />
um 1900 sowie an den Möglichkeiten zur<br />
Koordination unterschiedlicher Kunstarten reges<br />
Interesse zeigten. Der Wettstreit der Künste,<br />
der seit der Renaissance zu einem wesentlichen<br />
Impuls ihrer Weiterentwicklung wurde, weicht<br />
in der ästhetischen Moderne Programmen und<br />
Praktiken gegenseitiger Durchdringung. In der<br />
Zeit des <strong>Expressionismus</strong> prägte nicht Konkurrenz,<br />
sondern Kooperation das Verhältnis zwischen<br />
den Künsten. Aus dem synästhetischen<br />
Zusammenspiel von Licht, Farbe, Wort, Musik<br />
und Körpersprache erhoffte sich der <strong>Expressionismus</strong><br />
eine Intensivierung des künstlerischen<br />
Ausdrucks und der emotionalen Erregung. Den<br />
»bestimmten Klang einer Kunst durch den identischen<br />
Klang einer anderen Kunst zu unterstützen«<br />
ist nach Kandinsky eine der Möglichkeiten,<br />
»eine besonders gewaltige Wirkung zu<br />
erzielen«.<br />
52<br />
1 In diesem Sinne forderte auch Franz<br />
Werfel 1913: »Das Theater ist der Ort, wo alle<br />
einander wechselseitig dienen, Schauspieler,<br />
Zuschauer, Licht und Dichter, Musik und Zufall,<br />
um besessen das Ganze zu bilden, das wir Wirkung<br />
nennen und Effekt.« 2<br />
Die historische Leistung des <strong>Expressionismus</strong><br />
besteht nicht zuletzt in der kollektiven<br />
Produktivität, mit der er die medialen und<br />
künstlerischen Möglichkeiten seiner Zeit<br />
ausschöpfte. Das gilt insbesondere für die<br />
Aktivitäten im Umkreis der Zeitschrift Der<br />
Sturm (Abb. 1). Georg Levin, dem seine erste<br />
Frau, Else LaskerSchüler, den Namen<br />
Herwarth Walden gab (Abb. 2), gründete<br />
die Zeitschrift 1910 und machte sie zum<br />
organisatorischen Zentrum und publizistischen<br />
Forum nicht nur der damals jüngsten<br />
Literatur, sondern auch der anderen<br />
Künste. 1912 eröffnete Herwarth Walden<br />
die lange Reihe seiner Kunstausstel lungen<br />
in Berlin mit den Arbeiten des Blauen Reiters.<br />
Neben der Zeitschrift, neben den<br />
SturmAusstellungen und der SturmGalerie<br />
existierten bald der Buchverlag Der<br />
Sturm, die SturmKunstschule, die Veranstaltungsreihe<br />
der SturmAbende und der<br />
Theaterverlag SturmBühne. Mit einiger<br />
Be rechtigung machte einer der Wortführer<br />
dieser Zeitschrift, Rudolf Blümner, 1918<br />
geltend, »daß alle Künstler, die eine führende<br />
Bedeutung für den <strong>Expressionismus</strong><br />
haben, an einer Stelle vereint sind. Diese<br />
ist ›Der Sturm‹«. 3<br />
Die Zeitschrift selbst fand in der künstlerisch<br />
ambitionierten Kombination<br />
von Text und Bild zahlreiche Nachahmungen.<br />
Ein lange unterschätzter Teil<br />
ex pres sio nistischer Kunst bestand in<br />
Literatur illustrationen. Sie waren keineswegs<br />
bloß schmückendes Beiwerk<br />
zu den Zeitschriften, Almanachen und<br />
Büchern. 4 Mit ihnen entsprach der<br />
<strong>Expressionismus</strong> vielmehr dem Programm<br />
des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>es, das<br />
alle Künste zu vereinigen suchte. An<br />
den zahllosen Zeichnungen, Radierungen,<br />
Holzschnitten oder Lithografien<br />
auf Buchumschlägen, Titelblättern<br />
der Zeitschriften oder auch zwischen<br />
den literarischen Texten selbst hatten<br />
Ludwig Meidner, Oskar Kokoschka,<br />
Wassily Kandinsky, Max Beckmann,<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Max Pechstein,<br />
Alfred Kubin und andere bedeutende<br />
Künstler maßgeblichen Anteil.<br />
Der <strong>Expressionismus</strong> war in Deutschland eine<br />
kulturrevolutionäre Bewegung, die zwischen 1905<br />
und 1925 alle Künste zugleich und in wechselseitiger<br />
Abhängigkeit erfasste: nicht nur Malerei<br />
und Literatur, sondern auch Architektur, Schauspielkunst,<br />
Tanz, Musik und Film. Zahlreiche Repräsentanten<br />
des <strong>Expressionismus</strong> waren Mehrfachbegabungen.<br />
Herwarth Walden musizierte<br />
und komponierte, schrieb zahlreiche Gedichte,<br />
Dramen und Romane, Essays, Manifeste und Kritiken.<br />
Ernst Barlach, Oskar Kokoschka, Wassily<br />
Kandinsky oder Alfred Kubin (Abb. 3) brachten<br />
in der Zeit des <strong>Expressionismus</strong> nicht nur bedeutende<br />
Werke der bildenden Kunst hervor, sondern<br />
veröffentlichten auch literarische Texte. Arnold<br />
Schönberg komponierte nicht nur, sondern malte<br />
auch abstrakte Bilder. Else LaskerSchüler fügte<br />
ihren Gedichtbänden eigene Zeichnungen hinzu.<br />
Die konservative Kunstkritik beobachtete<br />
diese Entwicklungen damals mit Argwohn.<br />
Der Expressionist Paul Kornfeld hielt ihr<br />
im Programmheft zur Dresdner Uraufführung<br />
von Oskar Kokoschkas drei Einaktern<br />
Mörder, Hoffnung der Frauen, Hiob und Der<br />
brennende Dornbusch am 3. Juni 1917 die für<br />
den <strong>Expressionismus</strong> bezeichnenden Sätze<br />
entgegen: »Fragt man: ›Warum schreibt<br />
der Maler Kokoschka Dramen, statt nur Bilder<br />
zu malen?‹ – so erwidere ich mit der<br />
Gegen frage: ›Warum komponiert er nicht<br />
auch Symphonien, Opern, Lieder, warum<br />
ist er nicht auch Bildhauer?‹« (s. S. 262). 5<br />
Der Expressionist und Dadaist Kurt Schwitters<br />
beabsichtigte dem ganz entsprechend nach<br />
eige nem Bekenntnis, nicht Spezialist einer<br />
Kunst art, sondern Künstler zu sein: »Mein Ziel<br />
ist das Merzgesamtkunstwerk, das alle Kunstarten<br />
zusammenfaßt zur künstlerischen Einheit.<br />
[...] Ich habe Gedichte aus Worten und Sätzen<br />
so zusammengeklebt, daß die Anordnung<br />
rhythmisch eine Zeichnung ergibt. Ich habe<br />
umgekehrt Bilder und Zeichnungen geklebt, auf<br />
denen Sätze gelesen werden sollen. Ich habe<br />
Bilder so genagelt, daß neben der malerischen<br />
Bildwirkung eine plastische Reliefwirkung entsteht.<br />
Dieses geschah, um die Grenzen der<br />
Kunstarten zu verwischen.« 6<br />
Der <strong>Expressionismus</strong> erneuerte das romantische<br />
Ideal des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>es, das im<br />
19. Jahrhundert in Richard Wagners Opern<br />
prominente Beispiele der Realisierung fand.<br />
Futurismus, <strong>Expressionismus</strong> und Dadaismus<br />
entwickelten es experimentell weiter. In<br />
kritischer Auseinandersetzung vor allem mit<br />
Wagner entwarf Kandinsky 1912 im Alma nach<br />
Der Blaue Reiter (Abb. S. 106), der mit seiner<br />
Mischung von Programmschriften, Bildern<br />
und literarischen Texten selbst zu einer Art<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong> wurde, sein Konzept der<br />
»Bühnenkomposition«. Kurt Schwitters forderte<br />
1919 in einem Aufruf »An alle Bühnen<br />
der Welt« die »restlose Zusammenfassung<br />
aller künstlerischen Kräfte zur Erlangung<br />
des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>es«. 7 Schon fünf Jahre<br />
vorher versuchte Hugo Ball das Münchner<br />
Künstlertheater mit Hilfe von Malern und<br />
Kom ponisten wie Marc, Kandinsky, Klee und<br />
Schönberg radikal zugunsten einer dramatischen<br />
Vitalität umzubauen, die sich »zugleich<br />
in Tanz, Farbe, Mimus, Musik und Wort« 8<br />
entladen konnte.<br />
Hugo Ball verstand sein Konzept als »zugleich<br />
in die Zukunft und die Vergangenheit« gerichtet.<br />
In der Tat waren die Ideen des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s<br />
damals sowohl avantgardistisch<br />
als auch an fern zurückliegenden Ursprüngen<br />
der Kunstentwicklung orientiert. Gesellschaftliche<br />
und kulturelle Moder nisierungsprozesse,<br />
die durch Spezialisierung, Ausdifferenzierung<br />
und Konkurrenz gekennzeichnet sind, versuchte<br />
man durch Programme und Praktiken der<br />
Entdifferenzierung oder neuen Integration der<br />
Künste aufzuheben. Was »einst« vereint war,<br />
ist »heute« getrennt und soll künftig neu zusammengeführt<br />
werden – so das Postulat gleich<br />
zu Beginn des BauhausManifestes mit dem<br />
Walter Gropius im April 1919 seine seit 1910<br />
publi zierten Programme zusammenfasste:<br />
»Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der<br />
Bau! Ihn zu schmücken war einst die vornehmste<br />
Aufgabe der bildenden Künste, sie waren unablös<br />
liche Bestandteile der großen Baukunst. Heute<br />
stehen sie in selbstgenügsamer Eigenheit, aus der<br />
sie erst wieder erlöst werden können durch bewußtes<br />
Mit und Ineinanderwirken aller Werkleute<br />
untereinander. Architekten, Maler und Bildhauer<br />
müssen die vielgliedrige Gestalt des Baues in seiner<br />
Gesamtheit und in seinen Teilen wieder kennen<br />
und begreifen lernen« (s. S. 400). 9<br />
»Das <strong>Gesamtkunstwerk</strong>«, definiert ein Lexikonartikel,<br />
»beruht auf dem – die Autonomie<br />
der Einzelkünste widerrufenden – Prinzip<br />
der intermedialen Grenz überschreitung<br />
und intendiert eine Reintegration der<br />
Dar stellungsmittel von Dichtung, Musik,<br />
Schauspiel, Tanz und bildender Kunst<br />
zu einer komplexen Ganzheit.« 10 Dem<br />
Kon zept der »Bühnenkomposition« (Kandinsky),<br />
des »Büh nenkunstwerks« (Lothar<br />
Schreyer), des »Baues« (Gropius) oder<br />
des »<strong>Gesamtkunstwerk</strong>es« (Schwitters)<br />
entsprachen damals kunstwissenschaftliche<br />
Entwicklungen, die 1917 das Aufsehen<br />
erregende Buch Oskar Walzels mit dem<br />
programmatischen Titel Wechselseitige Erhellung<br />
der Künste forcierte und die heute<br />
auch von der Intermedialitätsforschung<br />
wieder aufgegriffen werden. 11<br />
Unter Aspekten, Begriffen und Theorien neuerer<br />
Intermedialitätsforschung, 12 die sich nicht auf<br />
Untersuchungen technischer Medien beschränkt,<br />
sondern auch die unterschiedlichen Kunstarten<br />
und ihre Materialien als Medien begreift, ist der<br />
<strong>Expressionismus</strong> erst in jüngerer Zeit einigermaßen<br />
systematisch und umfassend analysiert<br />
worden. 13 Die Möglichkeiten, einzelne Künste auf<br />
andere zu beziehen, realisiert er auf vielfältige<br />
Arten. Der für die synästhetische Präsentation<br />
von <strong>Gesamtkunstwerk</strong>en bevorzugte Ort ist die<br />
Bühne, die Bühne des Kabaretts, des Varietés<br />
und vor allem des Theaters, später auch das Kino.<br />
Sprache, zumal die schriftliche, verliert auf der<br />
Bühne jene Dominanz, die sie in der literarischen,<br />
ganz auf den Buchdruck eingestellten Kultur des<br />
19. Jahrhunderts hatte. Die im neuzeitlichen Zivilisationsprozess<br />
zurückgedrängte Mündlichkeit<br />
literarischer Kommunikation gewinnt gegenüber<br />
der Schriftlichkeit wieder an Gewicht.<br />
02_Anz_V2.indd 52 08.10.2010 11:45:31 Uhr
1<br />
Oskar Kokoschka, Gesindel in der Sternennacht, Titelblatt, Der Sturm,<br />
hrsg. von Herwarth Walden, Jg. 1, Nr. 29, 1910, Institut <strong>Mathildenhöhe</strong>,<br />
Städtische Kunstsammlung Darmstadt<br />
02_Anz_V2.indd 53 08.10.2010 11:45:32 Uhr<br />
53
William Wauer, Herwarth Walden, 1917,<br />
Bronze, Stiftung Moritzburg, Kunstmuseum<br />
des Landes Sachsen-Anhalt, Halle<br />
2<br />
54<br />
3<br />
Alfred Kubin, Lichtgott, 1911 / 12,<br />
Tusche auf Katasterpapier,<br />
Leopold Museum, Wien<br />
02_Anz_V2.indd 54 08.10.2010 11:45:33 Uhr
Die Präsentation von Lyrik im Neopathetischen<br />
Cabaret, der Keimzelle des literarischen<br />
<strong>Expressionismus</strong> in Berlin um 1910,<br />
oder ein gutes halbes Jahrzehnt später im<br />
Zürcher Cabaret Voltaire, das von Filippo<br />
Tommaso Marinettis futuristischem Manifest<br />
Das Varieté mit geprägt wurde und den<br />
<strong>Expressionismus</strong> unter dem Namen Dada<br />
fortentwickelte, wird zur Performance, bei<br />
der die Klänge der Wörter, die Stimme und<br />
der Körper der Rezitatoren den schriftlich<br />
fixierten Text, der tendenziell den Status<br />
einer Partitur erhält, erst zum Leben erweckt.<br />
»Das laute Rezitieren ist mir zum<br />
Prüfstein der Güte eines Gedichtes geworden«,<br />
notierte Hugo Ball am 2. März 1916 in<br />
sein Tage buch, »und ich habe mich (vom<br />
Podium) belehren lassen, in welchem Ausmaße<br />
die heutige Literatur problematisch,<br />
das heißt am Schreibtisch erklügelt und für<br />
die Brille des Sammlers, statt für die Ohren<br />
lebendiger Menschen gefertigt ist.« 14<br />
Die akustischen Qualitäten mündlich vorgetragener<br />
Literatur wurden im Cabaret Voltaire<br />
systematisch durch diverse Formen der Geräuschproduktion<br />
und durch Musik ergänzt.<br />
Das Zusammenspiel von Literatur und Musik<br />
ist für die Bühnenkunst des <strong>Expressionismus</strong><br />
konstitutiv. Mehr noch als die Lyrik wird dabei<br />
das Drama einem Prozess der Entliterarisierung<br />
unterworfen. Etwas von dem, was Ball<br />
in Zürich mit dem Cabaret Voltaire realisierte,<br />
hatte er 1914 schon in München unter Beteiligung<br />
der Künstlergruppe des Blauen Reiters<br />
zu initiieren versucht.<br />
Aus dem Münchner KünstlerMilieu ging zur gleichen<br />
Zeit Kandinskys Programm der »Bühnenkomposition«<br />
hervor. Es forderte dazu auf, der<br />
Oper die Musik, dem Ballett den Tanz und der<br />
Malerei die Farben zu entnehmen. Kandinskys<br />
Umsetzung des Programms unter dem bezeichnenden<br />
Titel Der gelbe Klang lässt die auftretenden<br />
Figuren kaum sprechen, häufiger unverständlich<br />
flüstern, gelegentlich im Chor einige Verse<br />
rezitieren. Wenn sie im Bühnenhintergrund singen,<br />
dann unterscheidet sich dieser Gesang von<br />
dem in den meisten Opern erheblich. Der eine<br />
Handlung nur vage andeutende Text mit sechs<br />
»Bildern« besteht weitgehend aus Anweisungen<br />
zur Kulisse, Bewegung der Figuren, Musik, Lichtführung<br />
und Farbgebung, so beispielsweise zu<br />
Beginn von »Bild 2«:<br />
»Der blaue Dunst weicht allmählich dem Licht,<br />
welches vollkommen und grell weiß ist. Hinten<br />
auf der Bühne ein möglichst großer grellgrüner<br />
Hügel, ganz rund.<br />
Der Hintergrund violett, ziemlich hell.<br />
Die Musik ist grell, stürmisch, mit sich oft wiederholenden<br />
a und h und h und as.« 15<br />
Stilelemente dieser Bühnenkomposition, die<br />
ein Pendant in Arnold Schönbergs »Drama<br />
mit Musik« Die glückliche Hand (1913, Abb.<br />
S. 269) hat und sich mit ihrer Betonung der<br />
Bewegung an Edward Gordon Craigs On<br />
the Art of the Theatre (1911) anlehnt, gehen<br />
in den Theater<strong>Expressionismus</strong> ein, der<br />
1917 legendäre Publikumserfolge feierte.<br />
Der <strong>Expressionismus</strong> hatte dabei Anteil an dem<br />
die Theatermoderne seit 1900 kennzeichnenden<br />
Prozess der ReTheatralisierung. Er richtete<br />
sich gegen die seit der Mitte des 18. Jahrhunderts<br />
etablierte Literarisierung des Theaters.<br />
Noch das naturalistische Theater war weitgehend<br />
auf den literarischen Dramentext fixiert.<br />
Erst durch die Theaterreformbewegung um und<br />
nach 1900 emanzipierte sich die Bühnen von<br />
der Dramenkunst, und zwar nicht zuletzt im<br />
Namen der Musik, die in ihrer Ungegenständlichkeit<br />
den antinaturalistischen Tendenzen in<br />
der ästhetischen Moderne nach 1900 entgegenkam.<br />
Von einer »Geburt der Theatermoderne<br />
aus dem Geiste der Musik« ließe sich reden. 16<br />
Anregungen aus der dafür signifikanten Reformschrift<br />
Die Musik und die Inszenierung<br />
(1899) des Schweizers Adolphe Appia übernahm<br />
der Mitarbeiter des Sturm William<br />
Wauer, der schon zu Beginn des expressionistischen<br />
Jahrzehnts in dieser Zeitschrift<br />
etliche Grundsätze des Regietheaters formulierte.<br />
Der Regisseur wird zur zentralen<br />
schöpferischen Instanz des Theaters. Seine<br />
Regiekunst verselbstständigt sich gegenüber<br />
der literarischen Textvorlage. »Der<br />
Regisseur ist dem Drama gegenüber in der<br />
Lage des Kapellmeisters, der ein Solostück<br />
orchestrieren muß.« 17<br />
Im Januar 1917 erklärte Lothar Schreyer im<br />
Sturm: »Das Drama ist tot. Es lebe das Drama!«<br />
Nur als »Teil des Bühnenkunstwerks« gelangt<br />
es zu neuem Leben. »Das neue Werk ist<br />
das Bühnenkunstwerk. Es ist die Einheit und<br />
die Gestalt der Kunstmittel Form und Farbe<br />
und Bewegung und Ton.« 18<br />
Dem entsprachen 1919 die »Forderungen« von<br />
Kurt Schwitters an die »Merzbühne«: »Im Gegensatz<br />
zum Drama oder zur Oper sind sämt liche<br />
Teile des Merzbühnenwerkes untrennbar mit<br />
einan der verbunden; es kann nicht geschrieben,<br />
gelesen oder gehört, es kann nur im Theater erlebt<br />
werden. Bislang unterschied man zwischen<br />
Bühnenbild, Text und Partitur bei den Vorführungen<br />
im Theater. Man bearbeitete jeden Faktor<br />
einzeln und konnte ihn auch einzeln genießen.<br />
Die Merzbühne kennt nur die Verschmelzung<br />
aller Faktoren zum Gesamtwerk.« 19<br />
Derartige Postulate hatten in der expressionistischen<br />
Theaterpraxis bereits ihre Realisierung<br />
erfahren. Der damals bedeutendste<br />
Repräsentant des Regietheaters, Max<br />
Reinhardt, war 1917 Mitbegründer des dem<br />
Deutschen Theater in Berlin als »Experimentierbühne«<br />
angeschlossenen Theatervereins<br />
Das Junge Deutschland. Mit der Inszenierung<br />
von Reinhard Johannes Sorges<br />
Der Bettler am 23. Dezember 1917 eröffnete<br />
er eine Serie ungemein erfolgreicher Aufführungen<br />
expressionistischer Dramen.<br />
In der Synästhetik des expressionistischen<br />
Bühnenkunstwerkes haben unter<br />
den nonverbalen Zeichensystemen die<br />
optischen einen noch dominanteren<br />
Stellenwert als die akustischen. Die<br />
Bühnenarchitektur, die Lichtregie, die<br />
Farben, Formen und Bewegungen der<br />
auf der Bühne präsentierten Objekte<br />
sowie die Körpersprache der Schauspieler<br />
prägten die expressionistische<br />
Theaterpraxis. Die Verwendung optischer<br />
Zeichen war freilich keineswegs<br />
der Bühne vorbehalten. Das Interesse<br />
an den »stummen Künsten« des Balletts<br />
oder der Pantomime war begleitet<br />
von der Neugier gegenüber dem Medium<br />
des Stummfilms. 20<br />
Das dem geschätzten Varieté verwandte<br />
Kino wurde in den 1910erJahren von Repräsentanten<br />
expressionistischer Kunst und<br />
Literatur als weiterer Ort zur Realisierung<br />
synästhetischer Reizbildung entdeckt. Trotz<br />
vieler elitebewusster Vorbehalte gegenüber<br />
der Popularität und Trivialität des neuen<br />
Massenmediums Film ließen sich die Autoren<br />
von ihm nicht nur rezeptiv, sondern auch<br />
in ihrer eigenen künstlerischen Aktivität faszinieren.<br />
Das von Kurt Pinthus 1913 herausgegebene<br />
Kinobuch mit eigens für den Film<br />
geschriebenen »Kinodramen« von Albert<br />
Ehrenstein, Else LaskerSchüler, Ludwig<br />
Rubiner oder Paul Zech ist dafür ein frühes<br />
und markantes Zeugnis.<br />
Das technische Manko der Stummheit, das<br />
die akzentuierte Körpersprache der Schauspieler<br />
auszugleichen bemüht war, konvergierte<br />
mit der Entliterarisie rung des Theaters.<br />
Dessen forcierte Theatralität konnte<br />
problemlos von der expressionistischen<br />
Filmkunst der frühen 1920erJahre simuliert<br />
werden und wirkte von ihr wiederum<br />
auf das Theater zurück. Robert Wienes<br />
Film Das Cabinet des Dr. Caligari (Abb. 4),<br />
der im Februar 1920 Premiere hatte und<br />
neben Paul Wegeners Der Golem, wie er in<br />
die Welt kam (1920, Abb. S. 279, 294 / 295)<br />
zu den prominentesten Beispielen expressionistischer<br />
Filmkunst wurde, machte den<br />
expressio nistischen Theaterstil erst wirklich<br />
po pu lär und über Deutschland hinaus<br />
bekannt. Das Geschehen spielt hier wie in<br />
einem Theater vor kubistischexpressiv gemalten<br />
Bühnenkulissen.<br />
55<br />
21<br />
Der Film kam Tendenzen der damals jüngsten<br />
Literatur zur Sprachverknappung und zur Aufwertung<br />
nonverbaler, insbesondere visueller<br />
Kommunikation derart entgegen, dass mancher<br />
Zeitgenosse ihn als genuin expressionistisches<br />
Medium einschätzte. 22 Auch die intermedialen<br />
Beziehungen des Films zu anderen Künsten<br />
entsprachen expressionistischen Konzepten<br />
des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>es. Denn der Film, so<br />
Joachim Paech in einer Arbeit zum Phänomen<br />
der Intermedialität, ist zur »Syn(äs)thesis der<br />
handwerklichen Künste geworden. Das populäre<br />
Theater der Varietés und des Jahrmarktes<br />
haben den Film großgezogen, die Literatur hat<br />
dem Film von Anfang an bis heute narrative<br />
Struktur und fiktionalen Stoff gegeben, die<br />
Malerei war VorBild für die Komposition auch<br />
der Bewegungsbilder des Films und die Musik<br />
hat den Film von Anfang an begleitet.« 23<br />
Umgekehrt bezog sich die Literatur des<br />
<strong>Expressionismus</strong> auf den Film in mehrfacher<br />
Weise. Thematisierungen des Kinos<br />
und Simulationen filmischer Wahrnehmung<br />
vollziehen Jakob van Hoddis’ Gedicht Kinematograph<br />
(s. S. 46) 24 oder Alfred Lichtensteins<br />
Kientoppbildchen. 25 Alfred Döblin<br />
(Abb. 5, 6) empfahl 1913 den Romanautoren<br />
einen »Kinostil«, 26 Dramatikern riet er<br />
schon drei Jahre vorher Ähnliches: »Lernen<br />
Sie Kürze und Gedrängtheit, Dramatik vom<br />
Kinema.« 27<br />
Wo die avancierte Literatur in der Zeit<br />
des <strong>Expressionismus</strong> schriftlich fixierter<br />
Text bleibt und nicht im realen Verbund<br />
mit anderen Künsten auftritt, imaginiert<br />
sie diesen Verbund gelegentlich und<br />
02_Anz_V2.indd 55 08.10.2010 11:45:33 Uhr
zeigt zugleich vehementes Interesse an Formen<br />
auditiver und visueller Wahrnehmung. Neben den<br />
schon um 1900 ungemein beliebten Stilfiguren<br />
der Synästhesie, von denen besonders die Lyrik<br />
Georg Trakls geprägt ist, neben Leitmotiven des<br />
Sehens, zum Beispiel in Rilkes 1910 erschienenen<br />
Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge,<br />
und neben der vielfach verwendeten Figur des<br />
Tänzers oder der Tänzerin<br />
56<br />
28 steht zuweilen eine<br />
nichtliterarische Kunst ganz im Zentrum des<br />
Textes. 1915 veröffentlichte Paul Scheerbart den<br />
»Damenroman« Das graue Tuch und zehn Prozent<br />
Weiß. Der Titel spricht die gewünschte Farbe<br />
eines Damenkostüms an, doch der Roman ist auf<br />
anderes konzentriert. Nach Scheerbarts Glasarchitektur,<br />
die 1914 im Verlag Der Sturm erschien<br />
und rasch zum Kultbuch der Architekturavantgarde<br />
wurde, präsentierte der Autor in dem<br />
Roman seine architektonischen Ideen mit erzählerischen<br />
Mitteln. 29<br />
Der Filmtheoretiker Béla Balázs bemerkte<br />
1924: »Der Film ist es, der den<br />
unter Begriffen und Worten verschütteten<br />
Menschen wieder zur unmittelbaren<br />
Sichtbarkeit hervorheben wird.« 30 Die expressionistischen<br />
Versuche, alle Sinnesorgane<br />
gleichzeitig anzusprechen, stehen<br />
im Zusammenhang mit dem Unbehagen<br />
an einer Kultur, die seit der Erfindung des<br />
Buchdrucks eine dominant »begriffliche« 31<br />
geworden ist. 32 Schon vor dem Chandos<br />
Brief, 33 in eben dem Jahr, in dem der erste<br />
Stummfilm gezeigt wurde, formulierte<br />
Hofmannsthal das Unbehagen an Worten<br />
und Begriffen in den Sätzen: »Die Leute<br />
sind nämlich müde, reden zu hören. Sie<br />
haben einen tiefen Ekel vor den Worten:<br />
Denn die Worte haben sich vor die Dinge<br />
gestellt. [...] Wir sind im Besitz eines entsetzlichen<br />
Verfahrens, das Denken völlig<br />
unter den Begriffen zu ersticken.«<br />
Die von Hofmannsthal beschriebenen Folgen<br />
blieben für den <strong>Expressionismus</strong> und für die<br />
Kultur des ganzen 20. Jahrhunderts wegweisend:<br />
»So ist eine verzweifelte Liebe zu allen<br />
Künsten erwacht, die schweigend ausgeübt<br />
werden: die Musik, das Tanzen und alle Künste<br />
der Akrobaten und Gaukler.« 34<br />
Für Literatur, die weiterhin dominant auf Sprache<br />
angewiesen ist, war dies eine Herausforderung.<br />
Der literarische <strong>Expressionismus</strong> versuchte<br />
sich ihr in seiner Theorie und Praxis der »Wortkunst«<br />
zu stellen. Sie verdankte maßgebliche<br />
Anregungen Marinettis Technischem Manifest<br />
des Futurismus und entsprach gleichzeitig dem<br />
antinaturalistischen Impuls, die Literatur und ihre<br />
Sprache von den Verpflichtungen zu entbinden,<br />
Gegenstände und Bedeutungen zu repräsentieren.<br />
Ihre Ausdrucks und Wirkungskraft bekommen<br />
die Wörter weniger durch ihre Bedeutung<br />
als durch ihren Klang, hatte Kandinsky 1912 in seiner<br />
Schrift Über das Geistige in der Kunst erklärt.<br />
Der ab strakten, ungegenständlichen Malerei des<br />
<strong>Expressionismus</strong> entspricht eine »ungegenständliche<br />
Dichtung«, 35 die ihr Wortmaterial dominant<br />
als Lautmaterial verwendet. Das Wortkunstwerk<br />
versteht sich als ein der Musik ähnliches »Sprachtonwerk«.<br />
36 »Kunstmittel der Wortkunst sind Laut<br />
und Rhythmus.« 37<br />
Auch wo solche Werke nicht (wie die Klangoder<br />
Lautgedichte aus dem Umkreis des<br />
Zürcher Cabaret Voltaire) vorgetragen<br />
und gehört, sondern als schriftlich fixierte<br />
Texte gelesen werden, gilt für sie das Diktum<br />
Wassily Kandinskys: »Das Wort ist ein<br />
innerer Klang.« 38 Kandinsky war es auch,<br />
der die Wortkunsttheorie in ein Modell<br />
emotionaler Kommunikation integrierte.<br />
1913 beschrieb Kandinsky im Sturm den Prozess<br />
künstlerischer Kommunikation mit folgender<br />
Begriffsreihe: »Emotion – Gefühl –<br />
Werk – Gefühl – Emotion«. 39 Was sich wie<br />
die bloße Deskription eines kommunikativen<br />
Prozesses ausnimmt, ist zugleich das normative<br />
Postulat einer bestimmten Art von<br />
Kunstproduktion und rezeption. Der Kunstbetrachter<br />
soll sich, so Kandinsky in seinem<br />
Aufsatz »Über Kunstverstehen«, »nicht durch<br />
Vernunft und Verstand der Kunst nähern,<br />
sondern durch Seele und Erleben«. 40 Das<br />
solchen Forderungen zugrunde liegende<br />
ästhe tische Selbstverständnis beschreibt<br />
Kandinsky so: »Der Künstler ist die Hand, die<br />
durch diese oder jene Taste zweckmäßig die<br />
menschliche Seele in Vibration bringt.« 41 Die<br />
Instrumente, mit denen der <strong>Expressionismus</strong><br />
spielte, um die Seele zum Vibrieren zu bringen,<br />
entnahm er allen Künsten zugleich.<br />
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4<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari, 1919 / 20,<br />
Regie: Robert Wiene, ausbelichtetes Filmbild,<br />
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
02_Anz_V2.indd 57 08.10.2010 11:45:34 Uhr<br />
57
1 Wassily Kandinsky, zit. nach: Thomas Anz<br />
und Michael Stark (Hrsg.), <strong>Expressionismus</strong>.<br />
Mani feste und Dokumente zur deutschen<br />
Literatur 1910–1920, Stuttgart 1982, S. 547.<br />
2 Franz Werfel, »Die Bühne von Hellerau«, zit.<br />
nach: ebd., S. 675.<br />
3 Rudolf Blümner, Der Sturm. Eine Einführung,<br />
Berlin 1918, S. 1.<br />
4 Vgl. Lothar Lang, Expressionistische Buchillustration<br />
in Deutschland 1907–1927, Luzern /<br />
Frankfurt a. M. 1975.<br />
5 Paul Kornfeld, zit. nach: Anz / Stark 1982 (wie<br />
Anm. 1), S. 685 f.<br />
6 Kurt Schwitters, »Merz«, in: Paul Pörtner<br />
(Hrsg.), Literaturrevolution 1910–1925.<br />
Dokumente, Manifeste, Programme, Bd. 2,<br />
Neuwied 1960, S. 540.<br />
7 Kurt Schwitters, zit. nach: Anz / Stark 1982 (wie<br />
Anm. 1), S. 556.<br />
8 Hugo Ball, zit. nach: Anz / Stark 1982 (wie<br />
Anm. 1), ebd., S. 544.<br />
9 Walter Gropius, zit. nach: Anz / Stark 1982 (wie<br />
Anm. 1), S. 557.<br />
10 Jürgen Söring, »<strong>Gesamtkunstwerk</strong>«, in: Real <br />
lexikon der deutschen Literatur wissen schaft,<br />
Bd. 1, hrsg. von Klaus Weimar, Berlin 1997, S. 710.<br />
11 Vgl. Christoph Kleinschmidt, Intermaterialität.<br />
Zum Verhältnis von Schrift, Bild, Film und<br />
Bühne im <strong>Expressionismus</strong>, Diss. Münster 2010<br />
[erscheint voraussichtlich 2011].<br />
12 Vgl. Thomas Eicher und Ulf Bleckmann (Hrsg.),<br />
Intermedialität. Vom Bild zum Text, Bielefeld<br />
1994; Jürgen E. Müller, Inter media lität. Formen<br />
moderner kultureller Kommunikation, Münster<br />
1996; Jörg Helbig (Hrsg.), Intermedialität.<br />
Theorie und Praxis eines interdisziplinären<br />
Forschungsgebiets, Berlin 1998; Irina O.<br />
Rajewsky, Inter media lität, Tübingen 2002.<br />
13 Vgl. Kleinschmidt 2010 (wie Anm. 11); ebenso<br />
Robert Hodonyi, Herwarth Waldens »Sturm« und<br />
die Architektur. Eine Analyse zur Konvergenz der<br />
Künste in der Berliner Moderne, Bielefeld 2010.<br />
14 Hugo Ball, Die Flucht aus der Zeit (1927), Luzern<br />
1946, S. 75 f.<br />
15 Wassily Kandinsky und Franz Marc (Hrsg.), Der<br />
Blaue Reiter, dok. Neuausg. von Klaus Lankheit,<br />
München 1965, S. 218.<br />
16 Dieter Borchmeyer und Viktor Žmegač (Hrsg.),<br />
Moderne Literatur in Grundbegriffen, 2., neu<br />
bearb. Aufl., Tübingen 1994, S. 423.<br />
17 William Wauer, zit. nach: Anz / Stark 1982 (wie<br />
Anm. 1), S. 698.<br />
18 Lothar Schreyer, zit. nach: Anz / Stark 1982 (wie<br />
Anm. 1), S. 552–554.<br />
19 Kurt Schwitters, zit. nach: Anz / Stark 1982<br />
(wie Anm. 1), S. 554.<br />
58<br />
20 Vgl. Ludwig Greve u. a. (Hrsg.), Hätte ich<br />
das Kino! Die Schriftsteller und der Stummfilm,<br />
Ausst.Kat. Deutsches Literaturarchiv<br />
im SchillerNationalmuseum Marbach a. N.,<br />
München 1976.<br />
21 Vgl. Anton Kaes, KinoDebatte. Texte zum<br />
Verhältnis von Literatur und Film 1909–1929,<br />
Tübingen 1978, S. 27 f.<br />
22 Vgl. Béla Balázs, Der sichtbare Mensch, 2. Aufl.,<br />
Halle 1924, S. 88.<br />
23 Joachim Paech (Hrsg.), Film, Fernsehen,<br />
Video und die Künste. Strategien der Intermedialität,<br />
Stuttgart / Weimar 1994, S. 2.<br />
24 Jakob van Hoddis, Dichtungen und Briefe, hrsg.<br />
von Regina Nörtemann, Zürich 1987, S. 25.<br />
25 Alfred Lichtenstein, Gesammelte Gedichte,<br />
Zürich 1962, S. 39.<br />
26 Alfred Döblin, Schriften zu Ästhetik, Poetik<br />
und Literatur, hrsg. von Erich Kleinschmidt,<br />
Olten / Freiburg i. Br. 1989, S. 121.<br />
27 Alfred Döblin, Kleine Schriften I (1902–1921),<br />
hrsg. von Anthony W. Riley, Olten / Freiburg<br />
i. Br. 1985, S. 88.<br />
28 Vgl. Wolfgang Rothe, Tänzer und Täter.<br />
Gestalten des <strong>Expressionismus</strong>, Frankfurt<br />
a. M. 1979.<br />
29 Zum gewichtigen Stellenwert der Architektur im<br />
SturmKreis vgl. Hodonyi 2010 (wie Anm. 13).<br />
30 Balázs 1924 (wie Anm. 22), S. 27.<br />
31 Balázs 1924 (wie Anm. 22), S. 23.<br />
32 Vgl. Kaes 1978 (wie Anm. 21), S. 17–22.<br />
33 Vgl. Hugo von Hofmannsthal, Sämtliche Werke.<br />
Kritische Ausgabe, hrsg. von Rudolf Hirsch,<br />
Christoph Perels und Heinz Rölleke, Bd. 31,<br />
Frankfurt a. M. 1991, S. 45–55.<br />
34 Hugo von Hofmannsthal, Gesammelte Werke in<br />
zehn Einzelbänden, hrsg. von Bernd Schoeller<br />
in Beratung mit Rudolf Hirsch, Bd. 8, Frankfurt<br />
a. M. 1986, S. 479.<br />
35 Anz / Stark 1982 (wie Anm. 1), S. 621.<br />
36 Anz / Stark 1982 (wie Anm. 1), S. 629.<br />
37 Anz / Stark 1982 (wie Anm. 1), S. 628.<br />
38 Wassily Kandinsky, Über das Geistige in der<br />
Kunst (1912), 9. Aufl., Bern 1970, S. 45.<br />
39 Wassily Kandinsky, »Malerei als reine Kunst«,<br />
in: Der Sturm, 4, 1913 / 14, S. 98.<br />
40 Wassily Kandinsky, »Über Kunstverstehen«,<br />
in: Der Sturm, 3, 1912 / 13, S. 158.<br />
41 Kandinsky 1912 / 1970 (wie Anm. 38), S. 64.<br />
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Ernst Ludwig Kirchner, Titelblatt<br />
zu Das Stiftsfräulein und der Tod<br />
von Alfred Döblin, 1913,<br />
Holzschnitt, Germanisches<br />
Nationalmuseum, Nürnberg<br />
5<br />
Ernst Ludwig Kirchner,<br />
Bildnis Alfred Döblin, 1913,<br />
Bleistift und Kreide,<br />
Graphische Sammlung,<br />
Städel Museum, Frankfurt a. M.<br />
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6<br />
59
Egon Schiele, Selbstseher II. Tod und Mann, 1911 (Detail, s. S. 65),<br />
Öl auf Leinwand, Leopold Museum, Wien<br />
02_Anz_V2.indd 60 08.10.2010 11:45:35 Uhr
02_Anz_V2.indd 61 08.10.2010 11:45:35 Uhr
Egon Schiele, Gedicht Nasser Abend, Juli 1910,<br />
Tinte, Leopold Museum, Wien<br />
62<br />
02_Anz_V2.indd 62 08.10.2010 11:45:36 Uhr
Egon Schiele, Hockende Frau, 1914, Bleistift,<br />
Leopold Museum, Wien<br />
02_Anz_V2.indd 63 08.10.2010 11:45:36 Uhr<br />
63
Egon Schiele, Gedicht Ein Selbstbild, Juli 1910,<br />
Tinte, Leopold Museum, Wien<br />
64<br />
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Egon Schiele, Selbstseher II. Tod und Mann, 1911,<br />
Öl auf Leinwand, Leopold Museum, Wien<br />
02_Anz_V2.indd 65 08.10.2010 11:45:37 Uhr<br />
65
Egon Schiele, Liegendes nacktes Mädchen, 1910,<br />
Bleistift, Leopold Museum, Wien<br />
66<br />
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Egon Schiele, Gedicht Tannenwald, 1910,<br />
Tinte, Privatbesitz<br />
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67
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Leonie Beiersdorf<br />
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Als Ernst Bloch 1918 dem individuell gefertigten<br />
»höheren Kunstgewerbe« 1 das Wort redete,<br />
sprach er der gestalteten Lebensumwelt das<br />
Poten zial zu, gesellschaftliche Veränderung in<br />
Form einer machbaren, das heißt konkreten Utopie<br />
2 zu ermöglichen.<br />
Für Experimente an der Grenze der gesellschaftlichen<br />
Norm benötigt eine gelebte<br />
Utopie einen privilegierten Schutzraum,<br />
wie wir ihn etwa in Ernst Ludwig Kirchners<br />
(1880–1938) Ateliers finden, die dem Künstler<br />
zugleich als Arbeits- und Wohnstätten<br />
dienten. Die Wohnung der Kunsthistorikerin,<br />
-sammlerin und Brücke-Förderin Rosa<br />
Schapire (1874–1954) in Hamburg, für die<br />
Karl Schmidt-Rottluff 1921 eine expressionistische<br />
Ausstattung entwarf, spiegelt<br />
ebenfalls den Versuch, die eigene Lebensanschauung<br />
mit der privaten Umgebung<br />
for malästhetisch zu vereinbaren. Für Kirchner<br />
wie für Schapire war das Thema der<br />
Sexualität zentraler Aspekt ihrer Emanzipation<br />
– wenn auch in völlig unterschiedlicher<br />
Interpretation.<br />
Das befreite Künstler-Ich<br />
Zwischen 1905 und dem Freitod des Künstlers<br />
1938 unterhielt Kirchner sukzessiv und teilweise<br />
überlappend acht Wohnateliers in Dresden, Berlin<br />
und Davos, 3 die er nicht als <strong>Gesamtkunstwerk</strong>e<br />
im Sinne eines alle Kunstgattungen integrierenden<br />
Raumkonzepts plante, sondern die nach<br />
und nach als gestalterische Ensembles wuchsen.<br />
Ein solches Interesse setzte 1905 mit dem Bezug<br />
des ehemaligen Fleischerladens in der Berliner<br />
Straße 60 in Dresden ein, wo es zunächst an jeglichem<br />
Mobiliar fehlte, wie sich sein Brücke-Kollege<br />
Erich Heckel erinnert: »[D]er Raum wurde<br />
von uns selbst ausgestattet. Wir brauchten Sitzgelegenheiten<br />
– also machten wir die Schemel<br />
selbst, dazu die Vorhänge aus Batik.« 4<br />
Dieses Schaffen wurde ab November 1909 in<br />
Kirchners neuem Atelier in der Berliner Straße<br />
80 (Abb. 2) noch intensiviert. Rosa Schapire<br />
zeichnete 1927 aus der Erinnerung ein romantisches<br />
Bild dieser Gegenwelt, die sie im Februar<br />
1910, unter anderem aus Interesse an<br />
»allerlei Hausrat«, 5 besucht hatte:<br />
»Ein Vorstadtladen in einer proletarischen Straße<br />
zu Dresden. In diesem Raum hat Kirchner<br />
jahrelang gelebt, gekämpft, geschaffen. Trotz<br />
der trostlos häßlichen Umgebung ermangelte<br />
der Laden in der Berliner Straße keineswegs<br />
der Romantik, geschweige denn der Originalität.<br />
Die Wände waren mit Fresken von Kirchner<br />
bedeckt, ein selbstgebatikter Vorhang trennte<br />
den schmalen Schlafraum vom ›Atelier‹, holzgeschnitzte<br />
Pfosten nach Art afrikanischer Plastik<br />
begrenzten die Tür, aus Kisten zusammengeschlagene,<br />
selbstgezimmerte Möbel dienten als<br />
Sitzgelegenheit, Stöße von Zeichnungen und<br />
Graphik deckten den Boden […].« 6<br />
Schapire beschreibt hier die Lebenswelt<br />
eines Bohemien, dessen Räume<br />
einen vorwiegend über außereuropäische<br />
Vorbilder definierten Primitivismus<br />
pflegten. Interessanterweise schweigt<br />
sie zu dem explizit erotischen Bildprogramm,<br />
auf das hier näher eingegangen<br />
70<br />
werden soll. Kirchner projizierte sein<br />
Ideal von größtmöglicher Natürlichkeit<br />
und Ursprünglichkeit auf das Leben<br />
und das Kunstschaffen von »Naturvölkern«<br />
– etwa den Bewohnern der damals<br />
zu Deutsch-Neu guinea zählenden<br />
Palau-Inseln, Kame runs oder Benins.<br />
In deren Artefakten sah er seine eigene<br />
Formensprache be stätigt, und die in<br />
ethnografischer Literatur und im Dresdner<br />
Völkerkundemuseum überlieferte<br />
Dar stellung von sexueller Freizügigkeit<br />
in mikronesischen Stämmen inspirierte<br />
ihn um 1909 / 10 zur Gestaltung zahlreicher<br />
seiner Ausstattungsgegenstände<br />
im Atelier. 7<br />
Mit dem so genannten Kamerunstuhl schuf<br />
Kirchner 1909 sein erstes geschnitztes Möbelstück,<br />
eine blau getönte bankähnliche<br />
Sitzkonstruktion (Abb. 3). 8 Ein im Relief gearbeiteter,<br />
stehender Frauenakt als Rückenlehne<br />
sowie der abgeknickte Körper eines<br />
weiteren weiblichen Akts stabilisieren eine<br />
niedrige Sitzplatte, die von einer seitlich<br />
auf dem Boden liegenden weiblichen Aktfigur<br />
getragen wird. Hanna Strzoda rückt<br />
dieses Objekt überzeugend in die Nähe von<br />
kamerunischen Königsahnen als Thronfiguren<br />
sowie von tansanischen Häuptlingsstühlen<br />
des 19. Jahrhunderts. 9 In diesem Zusammenhang<br />
ist ein von Heckel gezeichnetes<br />
Porträt Kirchners auf diesem Stuhl »thronend«<br />
erwähnenswert, das den Künstler<br />
als selbstbewussten Bohemien in seinem<br />
Reich darstellt, modisch gekleidet und den<br />
Betrachter mit weit geöffneten Beinen herausfordernd.<br />
10<br />
Der Kamerunstuhl steht repräsentativ für ein assoziatives<br />
Gestaltungsprogramm zum Thema der<br />
ungehemmten Sexualität, das sich ab 1905 in<br />
primitivistischer Formensprache in den meisten<br />
Objekten der Dresdner Ateliers äußerte. In Anlehnung<br />
an die Gestaltung der Klubhäuser palauanischer<br />
Männer, deren intensive Sexualität mit<br />
wechselnden Frauen faszinierte, umgaben Wandbehänge<br />
die Dresdner Atelierräume mit schematischen<br />
Darstellungen von kopulierenden Paaren,<br />
weiblichen Akten in weit gespreizter Hocke sowie<br />
Männern mit übergroßen erigierten Phalli.<br />
Weitere Hocker, ein raumtrennender Vorhang,<br />
Ofen kacheln 11 sowie Skulpturen und wechselnde<br />
Zeichnungen präsentierten in ihrer geballten Fülle<br />
auf kleinem Raum für damalige europäische<br />
Seh gewohnheiten einen provokant expliziten Umgang<br />
mit dem Traditionsthema des Akts.<br />
Der erotische Exotismus in diesen Ateliers<br />
beschränkte sich jedoch nicht nur auf das<br />
Bildprogramm. Zusätzlich kam der Ausstattung<br />
auch eine transformative Funktion<br />
zu. Orientalische Teppiche, Bodenkissen<br />
und Decken mit ornamentalen Applikationen<br />
schufen eine sinnliche Atmosphäre.<br />
Die exotisch anmutende Sitz- und Liegelandschaft<br />
widersprach mit ihrer niedrigen<br />
Höhe der zeitgenössischen Mode und der<br />
gewohnten Körperhaltung und forderte dazu<br />
heraus, den vom Künstler gewünschten<br />
Konventionsbruch zu »verkörpern«. Da bei<br />
nahmen die Maler, ihre Modelle und andere<br />
Besucher bisweilen Haltungen ein, die den<br />
kamerunischen und mikronesischen Vorbildern<br />
in der Hocke nahe kamen – etwa<br />
durch gespreizte Beine zur Stabilisierung<br />
bei niedriger Sitzhöhe.<br />
Das Gemälde Badende im Raum (Abb. 2), das<br />
zum Zeitpunkt seiner Entstehung 1909 / 10 bezeichnenderweise<br />
Bacchanal im Raum hieß und<br />
um eine nur noch als Kopf erhaltene männliche<br />
Figur ergänzt war, gibt einen Gesamteindruck<br />
vom Hauptraum in der Berliner Straße 80. Die<br />
Darstellung suggeriert zudem, dass ähnlich den<br />
dinglichen Ausstattungen des Ateliers auch den<br />
Aktmodellen eine attributive und transformative<br />
Funktion zukommt – als festem Bestandteil eines<br />
»<strong>Gesamtkunstwerk</strong>s«.<br />
Wenn bei Kirchners Wohnateliers von <strong>Gesamtkunstwerk</strong>en<br />
die Rede sein kann, dann<br />
müsste der Begriff wohl über die vielfältige<br />
materielle Ausstattung hinaus die Handlungen<br />
an diesen Orten – malen, zeichnen,<br />
schnitzen, posieren, tanzen, diskutieren, sich<br />
paaren – als performativen Aspekt miteinbeziehen.<br />
Viele dieser Tätigkeiten konnten<br />
nur innerhalb des von der gesellschaftlichen<br />
Norm abgeschiedenen Ateliers so ungestört<br />
zelebriert werden. 12 Doch eine noch zentralere<br />
Bedeutung als die intensiv ausgelebte<br />
Sexualität, die für Kirchner Ausdruck des befreiten<br />
Menschen war, nahm sein künstlerisches<br />
Selbstverständnis ein: »So unterbrach<br />
ich oft eine Copulation, um die Stellung des<br />
Mädchens zu zeichnen.« 13 Der Bruch mit der<br />
zeitgenössischen Konvention seiner bürgerlichen<br />
Herkunft war für ihn Mittel und Zweck<br />
zugleich.<br />
Auch die beiden Berliner Wohnateliers,<br />
die Kirchner ab Herbst 1911 nacheinander<br />
unterhielt, 14 waren Schauplätze der<br />
gegenseitigen Durchdringung von Leben<br />
und Kunst. Einzelne Dresdner Stücke, wie<br />
der Kamerunstuhl oder ein kameruni scher<br />
Leopardenhocker, 15 wurden neu in das<br />
Ate lier Körnerstraße 45 integriert (Abb. 1).<br />
Von besonderem Interesse war dort die<br />
textile Gesamtgestaltung einer zeltförmigen<br />
Mansardennische von 1914 / 15, die<br />
eine in Kirchners Ateliers selten erreichte<br />
stilistische Einheitlichkeit aufweist. Dabei<br />
handelt es sich um drei Wandbehänge,<br />
eine Tischdecke, zwei Tagesdecken für<br />
die beiden Diwane rechts und links an der<br />
Nischenwand sowie zwei Kopfkissen.<br />
Motivisch und stilistisch erinnern die dargestellten<br />
Akte zwischen vegetabilen Ornamenten an Kirchners<br />
Zeichnungen aus Fehmarn von 1913 / 14, wobei<br />
die weibliche Figur auf der Supraporte (Abb.<br />
S. 95) wieder an die Giebelfiguren palauanischer<br />
Männerklubhäuser angelehnt ist. Insgesamt ist<br />
das Thema der Erotik in beiden Berliner Ateliers<br />
jedoch weitaus weniger provokant inszeniert als<br />
noch zuvor. Von der aggressiven Darstellung der<br />
Geschlechtsteile weicht Kirchner hier zurück und<br />
betont stattdessen den Einklang des Aktes mit<br />
der Natur, wie sie etwa auch in der Reformbewegung<br />
der Nudisten propagiert wurde.<br />
Nachdem in Dresden Doris Große Webarbeiten<br />
und Maschka Mueller Näharbeiten für<br />
Kirchner anfertigten, setzte in Berlin Kirchners<br />
neue Lebensgefährtin Erna Schilling seine<br />
zeichnerischen Entwürfe für die Ausgestaltung<br />
der Mansardennische und für Tisch decken in<br />
Plattstichstickerei auf große Leinentücher<br />
um. Ungeachtet dieser gemein schaftlichen<br />
Tex tilarbeiten, die wesentlich zum Bohemecha<br />
rakter der Ateliers beitrugen, wies Kirchner<br />
den Frauen an seiner Seite lange Zeit eine<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 70 08.10.2010 19:56:26 Uhr
1<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Mansardennische im Atelier Berlin-Friedenau,<br />
Körnerstraße 45, 1914 / 15, Fotografie, Schenkung Nachlass Ernst Ludwig<br />
Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 71 08.10.2010 19:56:26 Uhr<br />
71
72<br />
3<br />
Ernst Ludwig Kirchner,<br />
Hockender Mädchenakt, 1909 / 10,<br />
Tuschpinselzeichnung,<br />
Brücke-Museum Berlin<br />
Ernst Ludwig Kirchner,<br />
Bett für Erna, 1919,<br />
Arven- und Föhrenholz,<br />
Kirchner Museum Davos<br />
4<br />
2<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Badende im Raum<br />
(vormals Bacchanal im Raum), 1909 / 10 und 1920,<br />
Öl auf Leinwand, Saarlandmuseum, Stiftung<br />
Saarländischer Kulturbesitz, Saarbrücken<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 72 08.10.2010 19:56:27 Uhr
untergeordnete Position als erotische Muse<br />
oder dienende Gehilfin zu. 16 Trotz starker<br />
Brüche mit den gesellschaft lichen Konventionen<br />
bewahrt er den zeittypischen patriarchalischen<br />
Blick auf das andere Geschlecht<br />
und wählt in seinen selektiven Bezügen zu<br />
außereuropäischen Kulturen eben jene als<br />
ideal, in denen er den Primat des Mannes<br />
wiederfindet, der nicht zuletzt in der Freiheit<br />
männlicher Sexualität zum Ausdruck gebracht<br />
wird. Kirchners Utopie des befreiten<br />
Menschen konkretisiert sich also in erster<br />
Linie in seiner eigenen Person.<br />
In begrenztem Umfang stand das Atelier auch<br />
Vertrauten Kirchners für eskapistische Stunden<br />
offen. So kommentierte der Jenaer Kunsthistoriker<br />
Botho Graef das Atelier in der Körnerstraße:<br />
»Wenn man in seinen Raum trat, fühlte man sich<br />
auf einem anderen Stern oder in einem weltfernen<br />
Jahrhundert.« 17 Fotografische Gruppenbildnisse<br />
von 1914 / 15 zeigen eine ungezwungene<br />
kleine Gesellschaft, in der Graefs Lebenspartner<br />
Hugo Biallowons nackt im Atelier tanzt (Abb. S.<br />
90, 91). Das Atelier fungiert hier als Forum beziehungsweise<br />
als Bühne einer Zivilisationsflucht,<br />
auf der Kirchner selbst Regie führt und die Akteure<br />
in sein <strong>Gesamtkunstwerk</strong> integriert. 18<br />
Beiläufig wirkende Analogien zwischen<br />
der Ausstattung und dem Geschehen sind<br />
bei dem stark auf seine Boheme-Reputation<br />
achtenden Künstler als Ergebnisse<br />
einer bewussten Inszenierung zu betrachten,<br />
die Darstellungen bürgerlicher privater<br />
Gruppenbildnisse persifliert. So lassen<br />
sich auf den Fotografien sexuell konnotierte<br />
symbolische Bezüge etwa zwischen<br />
dem zu einem Bett tänzelnden Stiermann<br />
auf der Zeichnung im Hintergrund und<br />
dem tanzenden Biallowons erkennen. Nur<br />
mit Schuhen bekleidet stellt dieser zudem<br />
den komplementären Gegenpart der barfüßigen<br />
Frau im weißen Kleid dar, deren<br />
gekünstelter Kopfputz den »Pas de deux«<br />
der beiden noch ironischer wirken lässt.<br />
In diese individualistische Gegenwelt bricht 1914<br />
die Ausbildung zum Artilleriesoldaten und fordert<br />
von Kirchner Anpassung, Unterordnung und Disziplin<br />
im Interesse der Gemeinschaft. Es wäre<br />
kaum eine größere Diskrepanz zu seiner bisherigen<br />
Lebensführung denkbar. Entsprechend porträtiert<br />
sich der Künstler in einer Fotografie im<br />
September 1915 in Uniform als absurder Fremdkörper<br />
innerhalb seiner vertrauten Atelierumgebung<br />
in der Körnerstraße 45, die das Künstler-Ich<br />
spiegelt (Abb. S. 88).<br />
Infolge geistiger Erkrankung musste sich<br />
Kirchner ab 1916 wiederholt in Sanato rien<br />
behandeln lassen. Während mehrmonatiger<br />
Sommeraufenthalte auf der Hütte<br />
des Bauern Rüsch in Davos reifte in ihm<br />
der Plan, aus der Großstadt in die Ruhe<br />
der Schweizer Berge zu ziehen, den er<br />
1918 in die Tat umsetzte. Bei diesem<br />
Schritt hinterließ er seiner Lebensgefährtin<br />
in Berlin die meisten der Möbel,<br />
da sich Erna Schilling in Ermangelung<br />
einer Heiratsurkunde nur besuchsweise<br />
in der Schweiz aufhalten durfte. In seinem<br />
Schweizer Wohnatelier, dem Haus<br />
in den Lärchen, begann Kirchner von<br />
Neuem mit dem Entwerfen von Textilien<br />
und dem Bau von Möbeln.<br />
Neben einer aus einem hölzernen Brunnentrog<br />
entwickelten Badewanne auf Karyatidenfigu ren<br />
zählt ein aufwendig geschnitztes Bett für Erna<br />
zu den interessantesten Objekten der Davoser<br />
Zeit (Abb. 4). Dieses größte bildhauerische<br />
Werk des Künstlers bilden neun geschnitzte<br />
Ein zelteile aus Arven- und Föhrenholz. Sein<br />
dichtes Bildprogramm umfasst weibliche Akte,<br />
Tier figuren und einen Bogenschützen. Profilsichtige<br />
Karyatiden in Schrittstellung stützen<br />
das Kopfende und vermitteln eine ägyptisierende<br />
Archaik. Der Fächer der Stehenden auf<br />
der rechten Seitenwange des Kopfteils assoziiert<br />
das fernöstliche Versatzstück, das Kirchner<br />
in der Malerei in Dresden und Berlin mehrfach<br />
eingesetzt hatte. Auf dem rechten Längsbalken<br />
bildet der Künstler in kürzelhafter Kerbtechnik<br />
Motive seiner neuen Schweizer Umgebung ab.<br />
Das komplexe Bildprogramm des Betts bietet<br />
ähnlich dem Kamerunstuhl eine repräsentative<br />
Zusammenschau der verschiedenen Einflüsse,<br />
die Kirchner in der Ausstattung des neuen<br />
Atelierhauses verwendete, wobei die Walser<br />
Volkskultur als neuer Parameter zu den früher<br />
bereits verehrten »ursprünglichen« Kulturen<br />
hinzutritt.<br />
An der Seite Kirchners hatte Erna Schilling kein<br />
leichtes Leben gewählt. Ihr gestanden selbst<br />
Frauen die Rolle der Bohemienne kaum zu, 19 sie<br />
wurde vielmehr als »Squaw, Sklavin und Ateliertier«<br />
bezeichnet. 20 Zu einem Zeitpunkt, als sie<br />
be schwerlich zwischen der noch ungeliebten<br />
Schwei zer Provinz und Berlin hin- und herreisen<br />
musste, war dieses Bett als Geste zu verstehen.<br />
Mit dem archaisch und doch hoheitlich anmutenden<br />
Einzelbett, in das seine ganze künstlerische<br />
und persönliche Entwicklung einfließt, demonstrierte<br />
Kirchner auf seine Weise Anerkennung<br />
für die Weggefährtin, in der er den »ersehnten<br />
Kame raden auch geistig« 21 gefunden hatte, wie er<br />
1926 äußerte.<br />
Die geistige Arbeiterin<br />
Während Kirchner das Haus in den Lärchen<br />
weiter ausstattete, entwarf Karl<br />
Schmidt-Rottluff ein expressionistisches<br />
Programm für seine enge Freundin Rosa<br />
Schapire. Von ihrer bescheidenen Drei-<br />
Zimmer-Wohnung im 3. Stock der Osterbekstraße<br />
in Hamburg aus arbeitete Schapire<br />
als Kunsthistorikerin und -kritikerin<br />
vornehmlich zum <strong>Expressionismus</strong>, den<br />
sie einem breiten Publikum näher bringen<br />
wollte. Als »passives Mitglied« der Brücke<br />
war sie ab Juni 1907 äußerst aktiv in<br />
der weiteren Mitgliederwerbung und von<br />
großer Bedeutung für die Künstler, deren<br />
Bekanntheit sie in zahlreichen Aufsätzen,<br />
Ausstellungen und Initiativen förderte.<br />
Aus Dankbarkeit erhielt sie gezeichnete<br />
Postkarten und Grafiken von Mitgliedern<br />
der Gruppe, die den Grundstein zu ihrer<br />
Sammlung legten. 22<br />
Rosa Schapire hatte Kirchners Dresdner Atelier<br />
in der Berliner Straße 80 im Februar 1910<br />
besucht. Aus diesen Tagen stammt das bisher<br />
einzige bekannte Porträt Schapires von seiner<br />
Hand, das er ihr als Postkarte an die Hamburger<br />
Adresse sandte (Abb. 6). Man hatte einen<br />
Gegenbesuch in Hamburg vereinbart, der im<br />
Oktober erfolgte und für den sich Kirchner<br />
rückblickend bedankt: »Es war so nett bei Ihnen.<br />
Schade dass Sie nicht hier wohnen, da<br />
könnte man öfters bei Ihnen herumstöbern.« 23<br />
Damit bezog er sich kaum auf die damals noch<br />
bescheidene Kunstsammlung, sondern auf<br />
Schapires Privatbibliothek, die auch aktuelle<br />
Bände zu außereuropäischer Kunst beinhaltete.<br />
Das Verhältnis kühlte jedoch bald ab, was<br />
einerseits auf Schapires einseitige Förderung<br />
Schmidt-Rottluffs zurückzuführen ist, mit dem<br />
Kirchner 1913 im Streit auseinanderging. Zum<br />
anderen äußerte sich Kirchner oft unverhohlen<br />
abschätzig über ehemalige Weggefährten und<br />
antisemitisch über Juden im Kunstbetrieb. 24<br />
In einem Punkt divergierten Schapire und Kirchner<br />
zudem sehr stark: in der Frage nach der gesellschaftlichen<br />
Stellung der Frau. Interessierte<br />
sich Kirchner vor allem für die erotische Kraft des<br />
weiblichen Körpers, der ihn zwischen Schaffens-<br />
und Geschlechtsakt inspirierte und der als Symbol<br />
seiner Befreiung von gesellschaftlicher Konvention<br />
stand, war ebendieser Zusammenhang<br />
für die promovierte Wissenschaftlerin Ausdruck<br />
ihrer persönlichen Unfreiheit, die sie zu überwinden<br />
suchte.<br />
Dezidiert wandte sich Schapire schon<br />
als junge Frau gegen jene Feministinnen,<br />
die allein in der libertären Sexualität<br />
die Lösung der Frauenfrage<br />
suchten. So widersprach sie der Kapseltheorie<br />
vom Mann als »Inhalt des<br />
Weibes«, wie sie von der deutsch-baltischen<br />
Frauenrechtlerin Laura Marholm<br />
vertreten wurde, deren Ruf nach sexueller<br />
Bedürfnisbefriedigung 25 zwar<br />
mit Interesse vernommen wurde und<br />
Künstler wie Edvard Munch und Gerhart<br />
Hauptmann zu Frauenfiguren ihrer<br />
Werke inspirierte. Doch propagierte<br />
Marholms Idee der von sexuellen Trieben<br />
gesteuerten Frau das weibliche<br />
Ideal der nicht berufs tätigen Mutter<br />
und ließ zudem die materielle Notwendigkeit<br />
der Erwerbstätigkeit von gering<br />
vermögenden Frauen außer Acht.<br />
Hierin bestand eine emanzipatorische Sackgasse,<br />
die für Rosa Schapire nur im Gegenextrem<br />
überwunden werden konnte: in der<br />
Verneinung der auf ihr Geschlecht reduzierten<br />
erotischen Muse und der gleichzeitigen<br />
Anerkennung der Frau als körperlich oder<br />
geistig tätige Arbeiterin: »Die einzige, die<br />
dies erkannt hat, ist nicht die in den Vorurtheilen<br />
ihrer Klasse befangene bürgerliche<br />
Frauenbewegung, es ist nicht Laura Marholm,<br />
die sich als Befreierin des Weibes geberdet;<br />
es ist die sozialistische Partei. […] Erst im<br />
sozialistischen Staat, von keinen inneren und<br />
äußeren Vorurtheilen eingeengt, als Schranke<br />
nur den eigenen sittlichen Massstab, wird es<br />
der Frau möglich sein, ein freier Mensch zu<br />
werden.« 26<br />
Schapires Leben reflektiert eindrücklich<br />
diese An schauung. Für die damalige<br />
Zeit unkonventio nell, blieb sie bis ins<br />
hohe Alter unverheiratet, ungebunden<br />
und kinderlos, verdiente ihr eigenes<br />
Geld und betonte ihre Zufriedenheit<br />
ob ihrer Unabhängigkeit. In zahlreichen<br />
Porträts erscheint sie dementspre-<br />
chend stets bekleidet und als geistige<br />
Partnerin der Künstler. Wie einige<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 73 08.10.2010 19:56:27 Uhr<br />
73
weitere berufstätige Akademikerinnen, etwa<br />
die Ärztinnen Elsa Hopf, Clara Goldschmidt<br />
und Lilly Meyer-Wedell, schätzte Schapire das<br />
dem Ex pressionismus innewohnende Potenzial<br />
der Be freiung vom tradierten Rollenverständnis.<br />
Als Auf trag geberinnen fanden diese Frauen<br />
in Schmidt-Rottluff einen Künstler, der ihrem<br />
neuen Selbstbewusstsein in Briefköpfen, beruflichen<br />
Visi tenkarten oder privaten Exlibris einen<br />
kantigen Ausdruck verlieh.<br />
74<br />
27<br />
Nach Gerhard Wietek ging die Ausstattung<br />
für das Wohnzimmer und das Arbeitszimmer<br />
in Schapires Wohnung ebenfalls auf den<br />
Wunsch der Kunsthistorikerin zurück. 28 1921<br />
entwarf Schmidt-Rottluff einfache kastenförmige<br />
Holzmöbel, die der Tischler Jack Goldschmidt<br />
baute. Anschließend wurden sie von<br />
Schmidt-Rottluff farbkräftig und abstraktornamental<br />
bemalt. Für das Wohnzimmer<br />
entstanden ein Tisch mit aufklappbarer Platte,<br />
drei Hocker (Abb. 7) und eine Heizungsverkleidung<br />
aus einer hölzernen Kon struktion<br />
(Abb. 5), die mit bemalter Jute bespannt war<br />
und auf der Plastiken des Künstlers aufgestellt<br />
waren. 29 Die Möbel standen auf einem<br />
den gesamten Boden bedeckenden, be -<br />
malten Juteteppich. 30 Weiße Vorhänge und<br />
in grüner Leimfarbe gestrichene Wände wirkten<br />
beruhigend und ausgleichend auf die<br />
lebendige Ornamentvielfalt im Raum. In die<br />
Fenster leibung zog Schmidt-Rottluff Borde<br />
für Schapires Kakteensammlung ein. Ein<br />
Bieder meiersofa und ein Tisch aus den<br />
1860 er-Jahren waren im Übrigen ebenfalls<br />
Teil dieses Zimmers und trugen von Schmidt-<br />
Rottluff selbst entworfene Kissen und mindestens<br />
eine Decke, auf der geometrische<br />
Muster appliziert waren. 31<br />
Im Arbeitszimmer befanden sich ein ebenfalls<br />
1921 von Schmidt-Rottluff entworfenes<br />
und bemaltes hölzernes Büchergestell,<br />
dessen genaues Aussehen leider<br />
nicht weiter bekannt ist, sowie ein großer<br />
Bücher- und Grafikschrank derselben kastigen<br />
Schlichtheit und Ornamentik wie die<br />
Wohnzimmermöbel. 32 Es ist bezeichnend<br />
für die inszenatorische Funktion des Ensembles,<br />
dass der Künstler nur den Arbeits-<br />
und Repräsentationsraum der Wohnung<br />
gestalten sollte. Das Schlafzimmer<br />
hingegen blieb privat, eine Gestaltung des<br />
Betts wäre für Schapires gelebte Utopie<br />
einer emanzipierten Frau überflüssig, wenn<br />
nicht gar unpassend gewesen.<br />
Im Zusammenspiel mit ihrer gewachsenen<br />
Sammlung an modernen Kunstwerken,<br />
insbesondere Grafiken von Karl<br />
Schmidt-Rottluff, aber auch Skulpturen<br />
und wenigen Gemälden ergab sich ein<br />
harmonisches Gefüge. Ein früher Ornamental<br />
verzierter Holzkasten Schmidt-<br />
Rottluffs vermag noch etwas von der<br />
starken Präsenz der heute verschollenen<br />
Möbel33 zu demonstrieren (Abb. 8).<br />
Während man für diesen Kasten aus<br />
Schapires Sammlung noch eine motivische<br />
und stilistische Anlehnung an<br />
den hölzernen und bemalten Ahnenschilden<br />
(Hohao) aus Neuguinea feststellen<br />
kann, 34 ist bislang kein konkretes<br />
Vorbild für die späteren Arbeiten ihrer<br />
Wohnung bestimmt worden.<br />
Schmidt-Rottluff entschied sich für eine konsequent<br />
abstrakte Gestaltung von Farbfeldern.<br />
Anstelle eines figurativen Programms wie bei<br />
Kirchner trat der Wunsch, eine lebendige räumliche<br />
Gesamtwirkung zu erzielen, deren opulente<br />
Oberflächenbemalung in spannungsvollem Gegensatz<br />
zum betont einfachen Material und seiner<br />
Bearbeitung stand. Hierin entsprach sein Werk<br />
den sozialistischen Wertvorstellungen Schapires,<br />
die zweifelsohne die handwerklich schlichte Herstellung<br />
ihres Mobiliars zu schätzen wusste. Es<br />
ist die Ausstattung für eine moderne und kulturell<br />
vielseitig interessierte Intellektuelle, die in dieser<br />
Umgebung Gespräch und geistige Auseinandersetzung<br />
suchte. Körperliche Bedürfnisse waren<br />
weder Teil der Selbstinszenierung Schapires noch<br />
Teil der Gestaltung der Möbel. Lediglich ein Gebrauchsgegenstand<br />
von 1911 spielt mit der Idee<br />
der körperlichen Verführung: das von Schmidt-<br />
Rott luff allseitig mit liegenden weiblichen Akten<br />
beschnitzte und bemalte Zigarettenkästchen,<br />
des sen Inhalt Schapires Gäste verführen durfte<br />
(Abb. S. 100).<br />
Es ist kein Zufall, dass gerade der <strong>Expressionismus</strong><br />
in seiner Stärkung des Subjekts so<br />
individualistischen Charakteren wie Kirchner<br />
und Schapire als Ausdruck eines antibürgerlichen<br />
Lebens diente. Sowohl Kirchners<br />
Ateliers als auch Schmidt-Rottluffs Gestaltungen<br />
für die Sammlerin sind von herausragender<br />
Bedeutung für das Verständnis<br />
des Phänomens <strong>Expressionismus</strong> unter dem<br />
Einfluss gesellschafts- und kulturpolitischer<br />
Reformbewegungen. Sie bezeugen zudem<br />
die große stilistische Bandbreite innerhalb<br />
des <strong>Expressionismus</strong>, deren Facetten zum<br />
Spiegel unterschiedlichster Persönlichkeiten<br />
werden konnten.<br />
Schapires semiöffentliche Repräsentation verdeutlicht<br />
ihre Überzeugung, dass die emanzipierte<br />
berufstätige Frau nicht nur ein utopischer<br />
Entwurf, sondern zukünftige Realität sein würde.<br />
Das expressionistische <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
erstreckte sich dabei mit großer Konstanz von<br />
ihren Räumlichkeiten über die eigene Person<br />
mit Kleidung, Schmuck und Visitenkarten bis<br />
zu ihrer geistigen Tätigkeit, der die ornamentale<br />
Abstraktion ihrer Möbel Ausdruck verleiht.<br />
Kirchner lebte in einer ihm stark zusetzenden<br />
Ambivalenz von Ablehnung bei gleichzeitiger<br />
Abhängigkeit vom bürgerlichen Publikum,<br />
um dessen Anerkennung er zeitlebens<br />
rang. Seine Atelierensembles dienten ihm<br />
dabei als Orte der Selbstfindung und des<br />
Rückzugs in eine Gegenwelt. Für ihn stand<br />
zwar der Mensch im Zentrum des Interesses,<br />
doch markierten im Unterschied zu Schapires<br />
Sendungsbewusstsein die eigene Person<br />
und ihre physischen Bedürfnisse seinen Mittelpunkt.<br />
Der synkretistische Charakter seiner<br />
Ateliers reflektiert dabei nicht nur sein<br />
Interesse an der kulturelle Grenzen überwindenden<br />
Ur-Menschlichkeit, sondern auch<br />
seine selektive Rezeption patriarchalischer<br />
Züge anderer Kulturen.<br />
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6<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Weibliches Brustbild<br />
(Porträt Rosa Schapire), 1910, Postkarte an<br />
Rosa Schapire, gelaufen am 22. Februar 1910,<br />
Feder- und Kreidezeichnung, Kupferstichkabinett,<br />
Hamburger Kunsthalle<br />
5<br />
Olga Zuntz, Wohnung von Rosa Schapire,<br />
Osterbekstraße 43, Hamburg, nach 1924,<br />
Fotografie, Privatbesitz<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 75 08.10.2010 19:56:29 Uhr<br />
75
Das im Titel verwendete Zitat stammt von Ernst<br />
Ludwig Kirchner, Brief an Hansgeorg Knoblauch,<br />
14. 2. 1929, zit. nach: Gertrud Knoblauch (Hrsg.),<br />
Ernst Ludwig Kirchner. Briefwechsel mit einem<br />
jungen Ehepaar 1927–1937, Bern 1989, S. 50.<br />
1 Ernst Bloch, Geist der Utopie (1918), zweite<br />
Fassung (1923), Frankfurt a. M. 1964, S. 28 f.<br />
2 Ebd., S. 295.<br />
3 Eine eingehende Darstellung jedes dieser Ateliers<br />
kann aufgrund des begrenzten Umfangs<br />
hier nicht geleistet werden. Für eine detaillierte<br />
Dokumentation und Analyse aller Ateliers und<br />
ihrer Ausstattungsgegenstände sei verwiesen<br />
auf Hanna Strzoda, Die Ate liers Ernst Ludwig<br />
Kirchners. Eine Studie zur Rezeption »primitiver«<br />
europäischer und außer europäischer Kulturen,<br />
Petersberg 2006.<br />
4 Erich Heckel, zit. nach: Strzoda 2006 (wie<br />
Anm. 3), S. 18. Ein solches Kisten-Möbel aus<br />
dem Jahr 1909 ist auf einer Fotografie zu<br />
sehen, vgl. Wolfgang Henze, Die Plastik Ernst<br />
Ludwig Kirchners. Monographie und Werk verzeichnis,<br />
Ausst.-Kat. Kirchner Museum Davos;<br />
Staats gale rie Stuttgart; Wichtrach / Bern 2002,<br />
S. 309, WVZ 1909 / 09.<br />
5 Erich Heckel, Weiblicher Akt im Atelier, Postkarte<br />
an Rosa Schapire, gelaufen am 16. 2. 1910,<br />
Feder- und Kreidezeichnung, 14 × 9 cm, Brücke-<br />
Museum Berlin, Inv.-Nr. 58/67. Die Zeichnung<br />
zeigt einen sich bücken den weiblichen Akt vor<br />
dem zweitei ligen gelben Vorhang zum Nebenzimmer<br />
in der Berliner Straße 80, Dresden.<br />
6 Rosa Schapire, »Ernst Ludwig Kirchner«, in:<br />
Der Kreis, 4, 1927, S. 143–147. Strzoda (wie<br />
Anm. 3) zufolge handelte es sich nicht um<br />
Fresken, sondern um bemalte bzw. ge batikte<br />
Stoffe als Wandbehänge.<br />
7 Zur Rezeption asiatischer Kulturen bei Kirchner<br />
sei verwiesen auf Strzoda 2006 (wie Anm. 3),<br />
etwa Japan: S. 50, 59 ff., 83–91; Indien: S. 101 f.;<br />
Java: S. 118 ff.<br />
8 Vgl. Davos / Stuttgart 2002 (wie Anm. 4), S. 309,<br />
WVZ 1909 / 10.<br />
9 Vgl. Strzoda 2006 (wie Anm. 3), S. 65 f.<br />
10 Vgl. Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner auf<br />
afrikanischem Stuhl, Postkarte an Gustav<br />
Schiefler, gelaufen am 16. 12. 1910, Tusch feder<br />
und Ölkreide, 14 × 9 cm, Privatbesitz, Abb. bei<br />
Strzoda 2006 (wie Anm. 3), S. 63.<br />
11 Vgl. Davos / Stuttgart 2002 (wie Anm. 4),<br />
S. 307 f., WVZ 1909 / 07 a, b, c.<br />
12 Aus ähnlichem Grund wählten die Brücke-<br />
Mit glieder die Abgeschiedenheit der Sommerfrische<br />
in Moritzburg oder auf Fehmarn. Die<br />
erhaltenen Atelierfotografien deuten zudem<br />
darauf hin, dass der Künstler nur wenige und<br />
ausgewählte Gäste in seinen Räumen empfing,<br />
vgl. Christian Saehrendt, Ernst Ludwig Kirchner.<br />
BohèmeIdentität und nationale Sendung,<br />
Frankfurt a. M. 2003, S. 38.<br />
76<br />
13 Rückblickend wiederholt vom Künstler geäußert,<br />
etwa Kirchner an Hansgeorg Knoblauch,<br />
14. 2. 1929, in: Gertrud Knoblauch (Hrsg.),<br />
Ernst Ludwig Kirchner. Briefwechsel mit einem<br />
jungen Ehepaar 1927–1937, Bern 1989, S. 50.<br />
In diesem Zusammenhang ist der subjektiv<br />
verstandene Wahrheitsbegriff Kirchners zu erwähnen,<br />
vgl. Felix Krämer, »Im Widerspruch.<br />
Ernst Ludwig Kirchner«, in: Ernst Ludwig<br />
Kirchner. Retrospektive, hrsg. von Felix Krämer,<br />
Ausst.-Kat. Städel Museum, Frankfurt a. M.,<br />
Ostfildern 2010, S. 13–31.<br />
14 Kirchner bewohnte in Berlin ab Oktober 1911<br />
eine Wohnung in der 2. Etage der Durlacher<br />
Straße 14. Zu einem unbekannten Zeitpunkt<br />
Ende 1913 zog er in die weit größere Man sardenwohnung<br />
in der 5. Etage der Körner straße 45.<br />
15 Diesem Objekt und seiner wiederholten Verwendung<br />
als Bildsujet widmet sich aus führlich<br />
Lucius Grisebach in: Ernst Ludwig Kirchner und<br />
die Kunst Kameruns, hrsg. von dems., Ausst.-<br />
Kat. Museum Rietberg, Zürich; Museum der<br />
Weltkulturen, Frankfurt a. M.; Zürich 2008.<br />
16 Vgl. Gerd Presler, Ernst Ludwig Kirchner.<br />
Seine Frauen, seine Modelle, seine Bilder,<br />
München 1998; Hyang-Sook Kim, Die Frauen darstellungen<br />
im Werk von Ernst Ludwig Kirchner.<br />
Verborgene Selbstbekenntnisse des Malers,<br />
Diss. Marburg 2002.<br />
17 Aus den Aufzeichnungen von Carl Theodor Bluth,<br />
zit. nach Strzoda 2006 (wie Anm. 3), S. 208.<br />
18 Vgl. Strzoda 2006 (wie Anm. 3), S. 212–219.<br />
19 Vgl. Brief von Helene Spengler an Eberhard<br />
Grisebach, 2. 4. 1919: »Boheme-Frauen sind<br />
mir fürchterlich, und ich glaube, als Künstlergenossin<br />
braucht man nicht eine schlampige,<br />
riechende Bohemin zu sein.« Zit. nach: Strzoda<br />
2006 (wie Anm. 3), S. 275.<br />
20 Äußerung Hans Mardersteigs im Dezember 1919,<br />
zit. nach: Strzoda 2006 (wie Anm. 3), S. 445.<br />
21 Ernst Ludwig Kirchner, »Die Arbeit Ernst<br />
Ludwig Kirchners« (1926), in: Eberhard W.<br />
Kornfeld, Ernst Ludwig Kirchner. Nach zeichnung<br />
seines Lebens, Katalog der Sammlung von<br />
Werken von Ernst Ludwig Kirchner im Kirchner-<br />
Haus Davos, Bern 1979, S. 337.<br />
22 Vgl. »Brücke« an Dr. Rosa Schapire, hrsg.<br />
von Gerd Presler, Ausst.-Kat. Städtische<br />
Kunsthalle, Mannheim, Elztal-Dallau 1990;<br />
Rosa. Eigenartig grün. Rosa Schapire und die<br />
Expressionisten, hrsg. von Sabine Schulze,<br />
Ausst.-Kat. Museum für Kunst und Gewerbe<br />
Hamburg, Ostfildern 2009.<br />
23 Ernst Ludwig Kirchner, Varietétänzerin, 1910,<br />
Postkarte an Rosa Schapire, gelaufen am<br />
29. 10. 1910, Feder- und Farbstiftzeichnung,<br />
Ham burger Kunsthalle, Kupferstichkabinett,<br />
Inv.-Nr. 1955.17; Abb. in: Gerhard Wietek,<br />
Maler der Brücke. Farbige Kartengrüße an<br />
Rosa Schapire, Frankfurt a. M. 1958, Nr. 8<br />
(o. S.) sowie in Mannheim 1990 (wie Anm. 22),<br />
S. 88.<br />
24 Zu Kirchners Antisemitismus siehe Saehrendt<br />
2003 (wie Anm. 12), S. 176–188. Kirchner über<br />
Schapire in einem Brief an Gustav Schiefler,<br />
3. 1. 1920, in: Wolfgang Henze, Ernst Ludwig<br />
Kirchner – Gustav Schiefler. Briefwechsel.<br />
1910–1935 / 38, Stuttgart / Zürich 1990, S. 150.<br />
25 Vgl. Laura Marholm, Zur Psychologie der Frau,<br />
Bd. 1, Berlin 1897.<br />
26 Rosa Schapire, »Ein Wort zur Fraueneman zipa<br />
tion«, in: Sozialistische Monatshefte, 1, 1897,<br />
S. 517.<br />
27 Vgl. dazu die Gebrauchsgrafik in: Rosa<br />
Schapire, Karl SchmidtRottluffs graphisches<br />
Werk bis 1923, Bd. 2: Tafelband, New York 1987.<br />
28 Vgl. Gerhard Wietek, Karl SchmidtRottluff.<br />
Plastik und Kunsthandwerk. Werkverzeichnis,<br />
München 2001, S. 72. – Über die näheren Umstände,<br />
auch über eine mögliche Ver gütung, ist<br />
leider nichts bekannt. Das Ge bäude im heutigen<br />
Hanns-Henny-Jahn-Weg steht nicht mehr.<br />
29 Ebd., Tisch: S. 402, WVZ 304; Hocker: S. 403,<br />
WVZ 305 ff.; Heizungsverkleidung: S. 404,<br />
WVZ 308.<br />
30 Ebd., S. 405, WVZ 309; ohne Abb.<br />
31 Vgl. Erinnerung von Franz Radziwill, ausführlich<br />
dokumentiert in: ebd., S. 164.<br />
32 Ebd., S. 401, WVZ 302.<br />
33 Zur Sammlung Schapire im National sozia lismus<br />
und im englischen Exil vgl. Hamburg 2009 (wie<br />
Anm. 22), S. 235–249 (Maike Bruhns) sowie<br />
S. 270–281 (Leonie Beiersdorf).<br />
34 Mehrere dieser guineischen Schilde befanden<br />
sich in Karl Schmidt-Rottluffs Sammlung und<br />
sind heute als Eigentum der Karl und Emy<br />
Schmidt-Rottluff Stiftung im Besitz des Brücke-<br />
Museums Berlin.<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 76 08.10.2010 19:56:29 Uhr
Olga Zuntz, Wohnung von Rosa Schapire,<br />
Osterbekstraße 43, Hamburg, nach 1924,<br />
Fotografie, Privatbesitz<br />
Karl Schmidt-Rottluff, Ornamental<br />
verzierter Holzkasten mit aufklappbarem<br />
Deckel und Vorderteil, 1909, Holz,<br />
beschnitzt und mehrfarbig gefasst,<br />
Lentos Kunstmuseum Linz<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 77 08.10.2010 19:56:30 Uhr<br />
7<br />
8<br />
77
Ernst Ludwig Kirchner, Werner Gothein, Hugo Biallowons und Erna Schilling<br />
im Atelier BerlinFriedenau, Körnerstraße 45, 1915 (Detail, s. S. 91), Fotografie,<br />
Schenkung Nachlass Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 78 08.10.2010 19:56:30 Uhr
03_Beiersdorf_V2.indd 79 08.10.2010 19:56:31 Uhr
Ernst Ludwig Kirchner, Programm der Brücke, 1906,<br />
Holzschnitt, 152 × 75 cm, Brücke-Museum Berlin<br />
80<br />
Mit dem Glauben an Entwicklung, an eine neue<br />
Generation der Schaffenden wie der Geniessenden<br />
rufen wir alle Jugend zusammen und als Jugend,<br />
die die Zukunft trägt, wollen wir uns Arm-<br />
und Lebensfreiheit verschaffen gegenüber den<br />
wohlangesessenen älteren Kräften. Jeder gehört<br />
zu uns, der unmittelbar und unverfälscht das wiedergiebt,<br />
was ihn zum Schaffen draengt.<br />
Programm der Brücke<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 80 08.10.2010 19:56:32 Uhr
Ernst Ludwig Kirchner, Der Krankenwärter, 1917, Öl auf Leinwand,<br />
Sammlung Sander, Darmstadt<br />
am Montag 10.11<br />
Feindaten anfordern<br />
wegen untenerem Bildteil<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 81 08.10.2010 19:56:33 Uhr<br />
81
Ernst Ludwig Kirchner, Interieur, 1915, Öl auf Leinwand, Pinakothek<br />
der Moderne, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München<br />
82<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 82 08.10.2010 19:56:33 Uhr
Ernst Ludwig Kirchner, Unbekannte junge Frau (Gerda Schilling?), E. L. Kirchner,<br />
Erna Schilling, Hermann Gewecke im Atelier BerlinFriedenau, Körnerstraße 45, 1914 / 15,<br />
Fotografie, Schenkung Nachlass Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 83 08.10.2010 19:56:33 Uhr<br />
83
Ernst Ludwig Kirchner, Werner Gothein, seine Freundin, Erna Schilling, E. L. Kirchner<br />
im Atelier BerlinFriedenau, Körnerstraße 45, 1914 / 15, Fotografie, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
84<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 84 08.10.2010 19:56:34 Uhr
Ernst Ludwig Kirchner, Zwei gelbe Akte mit Blumenstrauß, um 1914,<br />
Wachsfarbe auf Leinwand, Bündner Kunstmuseum, Chur<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 85 08.10.2010 19:56:34 Uhr<br />
85
Ernst Ludwig Kirchner, Selbstporträt im Atelier, 1913–1915, Fotografie,<br />
Schenkung Nachlass Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
86<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 86 08.10.2010 19:56:35 Uhr
Ernst Ludwig Kirchner, Porträt eines jungen Mannes (Hermann Gewecke?)<br />
in der Mansarde im Atelier BerlinFriedenau, Körnerstraße 45, 1914, Fotografie,<br />
Schenkung Nachlass Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Porträt Alfred Döblin im Atelier Berlin<br />
Wilmersdorf, Durlacher Straße 14, 1912 / 13, Fotografie, Silbergelatine,<br />
Schenkung Nachlass Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 87 08.10.2010 19:56:35 Uhr<br />
87
Ernst Ludwig Kirchner, Selbstporträt als Soldat im Atelier BerlinFriedenau,<br />
Körnerstraße 45, 1915, Fotografie, Schenkung Nachlass Ernst Ludwig Kirchner,<br />
Kirchner Museum Davos<br />
88<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 88 08.10.2010 19:56:36 Uhr
Ernst Ludwig Kirchner, Akte im Atelier. Drei Modelle,<br />
1912, Öl auf Leinwand, Leopold Museum, Wien<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 89 08.10.2010 19:56:36 Uhr<br />
89
Ernst Ludwig Kirchner, Werner Gothein, Erna Schilling,<br />
Gerda Schilling (?) und Hugo Biallowons im Atelier<br />
BerlinFriedenau, Körnerstraße 45, 1915, Fotografie,<br />
Schenkung Nachlass Ernst Ludwig Kirchner,<br />
Kirchner Museum Davos<br />
90<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Gestickte Kissen, um 1913 / 14, Fotografie,<br />
Silbergelatine, Schenkung Nachlass Ernst Ludwig Kirchner,<br />
Kirchner Museum Davos<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 90 08.10.2010 19:56:37 Uhr
Ernst Ludwig Kirchner, Werner Gothein, Hugo Biallowons und<br />
Erna Schilling im Atelier BerlinFriedenau, Körnerstraße 45,<br />
1915, Fotografie, Schenkung Nachlass Ernst Ludwig Kirchner,<br />
Kirchner Museum Davos<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Zwei Berliner Modelle, um 1912, Fotografie,<br />
Schenkung Nachlass Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 91 08.10.2010 19:56:38 Uhr<br />
91
Ernst Ludwig Kirchner, Botho Graef und Hugo Biallowons im Atelier<br />
BerlinFriedenau, Körnerstraße 45, 1914 / 15, Fotografie, Schenkung<br />
Nachlass Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
92<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 92 08.10.2010 19:56:38 Uhr
Ernst Ludwig Kirchner, Hugo Biallowons fiel für uns 9. Juli 1916,<br />
1916, Holzschnitt, Coninx-Stiftung, Zürich<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 93 08.10.2010 19:56:38 Uhr<br />
93
Ernst Ludwig Kirchner, Porträt eines Mannes in der Mansarde im Atelier<br />
BerlinFriedenau, Körnerstraße 45, 1914 / 15, Fotografie, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
94<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 94 08.10.2010 19:56:39 Uhr
Ernst Ludwig Kirchner und Erna Schilling, Supraporte aus dem Atelier<br />
BerlinFriedenau, Körnerstraße 45, 1914, Stickereien in Wollfäden auf Leinen,<br />
E. W. K., Bern<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 95 08.10.2010 19:56:39 Uhr<br />
95
Ernst Ludwig Kirchner und Erna Schilling, Tischdecke aus dem Atelier<br />
BerlinFriedenau, Körnerstraße 45, 1914, unten: Rückenlehnenbezug aus dem<br />
Atelier BerlinFriedenau, Körnerstraße 45, 1914, Stickereien in Wollfäden<br />
auf Leinen, E. W. K., Bern<br />
96<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 96 08.10.2010 19:56:39 Uhr
Ernst Ludwig Kirchner und Erna Schilling, Rückenlehnenbezug aus dem Atelier<br />
BerlinFriedenau, Körnerstraße 45, 1914, Stickereien in Wollfäden auf Leinen, E. W. K., Bern,<br />
unten: Möwenjagd auf Fehmarn, 1914 / 15, Stickereien in Wollfäden auf Leinen, Privatbesitz<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 97 08.10.2010 19:56:40 Uhr<br />
97
Unbekannt, Leopardenhocker aus Kamerun, 19. Jahrhundert<br />
(ehemals im Besitz von Ernst Ludwig Kirchner), Abachiholz,<br />
Bündner Kunstmuseum, Chur<br />
98<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 98 08.10.2010 19:56:40 Uhr
Karl Schmidt-Rottluff, Holzanhänger als plastisches<br />
Ornament, ab 1913, Holz, Aufhängeröse aus Silberdraht,<br />
unten: Runde Messingbrosche, um 1910,<br />
Messing, Lentos Kunstmuseum Linz<br />
Karl Schmidt-Rottluff, Brosche mit den Buchstaben »RS«, 1910, Messingbronze, geritzt<br />
und geätzt, oben rechts: Holzring mit Silberbügel und vier Perlmutteinlagen, um 1912, Ebenholz,<br />
Perlmutt und Silber, unten: Armreif, 1920–1930, Silber, Landesmuseum für Kunst<br />
und Kulturgeschichte, Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 99 08.10.2010 19:56:42 Uhr<br />
99
Karl Schmidt-Rottluff, Zigarettenkästchen mit Aktdarstellungen, 1911,<br />
Lindenholz, beschnitzt und mehrfarbig gefasst, Lentos Kunstmuseum Linz<br />
100<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 100 08.10.2010 19:56:42 Uhr
Karl Schmidt-Rottluff, Interieur mit Frau und Blumenvase, 1923,<br />
Farbstift, Lentos Kunstmuseum Linz<br />
03_Beiersdorf_V2.indd 101 08.10.2010 19:56:43 Uhr<br />
101
04_Becker_V2.indd 102 08.10.2010 19:59:02 Uhr
Astrid Becker<br />
04_Becker_V2.indd 103 08.10.2010 19:59:02 Uhr
Tradition und Moderne lagen in den Dekaden<br />
um die Jahrhundertwende im heftigen Widerstreit.<br />
Ein Gefühl der Zerrissenheit erfasste<br />
insbesondere die ohnehin unsicher nach ihrem<br />
eigenen Standpunkt suchende jüngere Generation.<br />
Trug dieser tiefe Zwiespalt im Fin de<br />
Siècle noch den morbiden Charme eines allmählichen<br />
Zerfalls in sich, so war die Generation<br />
um 1910 zunehmend vom apokalyptischen<br />
Untergang der Gesellschaft überzeugt, aus<br />
dem eine neue Welt entstehen sollte. Aufbruch<br />
und Aufbegehren waren nun die jugendlichen<br />
Reaktionen gegenüber einer erstarrten Gesellschaft.<br />
Das gesamte Tun der sich aufbäumenden<br />
Jugend gründete letztlich auf der verzweifelten<br />
Sehnsucht nach Einheit und Ganzheit in<br />
einer radikalen persönlichen und öffentlichen<br />
Umbruchsituation.<br />
»O meine Zeit! So namenlos zerrissen« 1<br />
Unbedingter Fortschrittsglaube, gespeist von<br />
vielen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />
und technische Neuerungen, prägte das Lebensgefühl<br />
breiter Gesellschaftsschichten im<br />
ausgehenden 19. Jahrhundert. Die Taktzahl des<br />
Lebens erhöhte sich durch die unaufhaltsam<br />
anwachsende Wirtschaftskraft in Deutschland<br />
stetig, die nach der Reichsgründung 1871 in die<br />
sogenannte »Zweite industrielle Revolution«<br />
mit Stahl, Elektrizität, Öl und Chemieprodukten<br />
mündete.<br />
104<br />
2 Oskar Kokoschka berichtete von der<br />
überwältigenden Mobilität und den übermäßigen<br />
Stimuli: »Die Einzigartigkeit Berlins schien<br />
in der Bewegung zu liegen, deren Heftigkeit die<br />
Stadt den Passanten förmlich unter den Füßen<br />
wegriß. In meiner Erinnerung scheint Berlin wie<br />
ein Netz von Untergrundbahnen, Hochbahnen,<br />
Eisenbahnen und Straßenbahnen, Kolonnen von<br />
Lohnwagen, Autos, Motor- und Fahrrädern gewesen<br />
zu sein, dazu die rotierenden Lichtreklamen,<br />
flimmernde haushohe Kinopaläste, Lautsprecher<br />
und Kaffeehausorchester.« 3 Als adäquate Kunstform<br />
dieser »gesteigerten Lebensgefahr« und<br />
neuen fragmentierten Wahrnehmungserfahrung<br />
wurde das junge Medium Film empfunden, das<br />
sich ab 1910 verstärkt entwickelte und etablierte.<br />
Mit seiner beweglichen Bildfolge veränderte es<br />
das bewusste Erfassungsvermögen des Menschen<br />
tief greifend und inspirierte zahlreiche<br />
Literaten – beispielsweise Jakob van Hoddis zu<br />
dem Gedicht Kinematograph (s. S. 46). 4 Doch<br />
schon 1903 konkretisierte der Soziologe Georg<br />
Simmel in »Die Großstädte und das Geistesleben«<br />
5 die Auswirkungen der veränderten Bedingungen<br />
durch Reizüberflutung, Arbeitsteilung<br />
und die Herauslösung aus dem herkömmlichen<br />
Fami lienverbund auf das menschliche Verhalten<br />
und Wahrnehmungsvermögen: Versachlichung<br />
und Entfremdung.<br />
Während das öffentliche Leben von vielfältigen<br />
und tief greifenden Veränderungen<br />
geprägt war, blieb das private Leben<br />
noch in den starren Konventionen des<br />
19. Jahrhunderts verhaftet: Natürliche Körperlichkeit<br />
wurde neurotisch negiert und<br />
ignoriert, und die normativen Wertvorstel<br />
lungen orientierten sich an Unterordnung,<br />
Ehrfurcht und Pflichterfüllung. Zudem<br />
wurde die »unverlässliche« Jugend<br />
misstrauisch betrachtet, behandelt und<br />
beherrscht. Rückblickend dichtete Erich<br />
Kästner 1928 in Kennst Du das Land, wo<br />
die Kanonen blühen?: »Die Kinder kommen<br />
dort mit kleinen Sporen / Und mit gezognem<br />
Scheitel auf die Welt. / Dort wird<br />
man nicht als Zivilist geboren. / Dort wird<br />
befördert, wer die Schnauze hält.« 6 In einer<br />
Welt des Umbruchs waren Starrheit,<br />
Selbstzufriedenheit und die entsagungsreichen<br />
Erwartungen der Älteren fruchtbarer<br />
Nährboden für einen fundamentalen<br />
Generationskonflikt.<br />
Die kulturellen, sozialen und innenpolitischen<br />
Spannungen nach außen abzuleiten zählte im<br />
Zeitalter des Imperialismus zu den wesentlichen<br />
Merkmalen aller Großmächte. 7 So beherrschte<br />
folglich scharfer Konkurrenzkampf<br />
die Beziehungen zwischen den europäischen<br />
Staaten, in den nach 1890 das Deutsche<br />
Reich unter Wilhelm II. mit dem Wunsch<br />
nach einem »Platz an der Sonne« 8 selbstbewusst<br />
einstieg. Diverse Konflikte, wie beispielsweise<br />
1905 die Erste, ab Juli 1911 die<br />
Zweite Marokkokrise, 1912 der Erste und 1913<br />
der Zweite Balkankrieg, ließen Europa schon<br />
damals mit nervöser Spannung den Beginn<br />
eines Krieges erwarten, der schließlich 1914<br />
die Welt mit sich riss. Über die vielfach herrschende<br />
Geisteshaltung sind die aus Ernst<br />
Tollers Erinnerungen stammenden Zeilen zur<br />
Zweiten Marokkokrise beispielhaft: »Wir Jungen<br />
wünschen den Krieg herbei, der Friede<br />
ist eine faule, und der Krieg eine große Zeit,<br />
sagen die Professoren, wir sehnen uns nach<br />
Abenteuern.« 9 Es fügt sich in das Zeitgefühl,<br />
dass Georg Heym sein eindringliches Gedicht<br />
Der Krieg im September 1911 verfasste<br />
(s. S. 116), Otto Gutfreund die Skulptur Angst<br />
(Abb. 1) schuf und Franz Marc seinem 1913<br />
entstandenen Gemälde Wölfe den Unter titel<br />
Balkankrieg (Abb. 2) verlieh.<br />
Trotz Selbstzufriedenheit und Selbstbewusstsein<br />
hielten der Widerstreit zwischen Tradition<br />
und Moderne, die tief gehenden innenpolitischen<br />
Auseinandersetzungen, die gärende Gereiztheit<br />
zwischen den Generationen und die stetige Erwartung<br />
eines Krieges die deutsche Bevölkerung<br />
unter Spannung.<br />
»Umwerthung aller Werthe« 10<br />
Friedrich Nietzsche, Philologe und Philosoph,<br />
war eine Schlüsselfigur für den Aufbruchswillen<br />
der Jugend im wilhelminischen Zeitalter. In<br />
seinen Schriften, vor allem in seinem Hauptwerk<br />
Also sprach Zarathustra, entlarvte er die<br />
zeitgenössische Moral und postulierte eine<br />
neue Ethik. Zerstörung und Schöpfung zugleich<br />
seien maßgeblich für die Neubewertung<br />
aller herkömmlichen zivilisatorischen Normen:<br />
»Und wer ein Schöpfer sein muß im Guten<br />
und Bösen: Wahrlich, der muß ein Vernichter<br />
erst sein und Werte zerbrechen.« 11 Seine umwälzenden<br />
Ansichten lieferten das theoretische<br />
Rüstzeug für eine nach neuen Wegen<br />
suchende Jugend und bestätigte sie in ihrer<br />
Haltung, nicht nur die negativen Aspekte der<br />
Zeit zu benennen, sondern – im Gegensatz zur<br />
Eltern-Generation – gegen sie aufzubegehren<br />
und diese ernsthaft zu überwinden. 12<br />
Aufbruch und Widerspruch bestimmten daher<br />
maßgeblich den künstlerischen Willen der Expressionisten,<br />
von denen die meisten um 1910 zwischen<br />
20 und 30 Jahre alt waren und sich letztlich als<br />
Vertreter einer »Jugendbewegung« 13 verstanden.<br />
Früh und eindringlich formulierte die Künstlervereinigung<br />
Brücke, deren Namensgebung sich auf<br />
Nietzsches Also sprach Zarathustra zurückführen<br />
lässt, 14 ihr zur Auflehnung aufrufendes Programm<br />
(Abb. S. 80): »Mit dem Glauben an Entwicklung,<br />
an eine neue Generation der Schaffenden<br />
wie der Geniessenden rufen wir alle Jugend zusammen<br />
und als Jugend, die die Zukunft trägt,<br />
wollen wir uns Arm- und Lebensfreiheit verschaffen<br />
gegenüber den wohlangesessenen älteren<br />
Kräften. Jeder gehört zu uns, der unmittelbar<br />
und unverfälscht das wiedergiebt, was ihn zum<br />
Schaffen draengt.« In verschiedenen Variationen<br />
und Versionen finden sich die Themen »Aufbruch«<br />
und »Widerspruch« bei vielen Künstlern.<br />
Generell liegt der Unterschied in der Konnotation<br />
und in der Radi kalität der gelebten Umsetzung:<br />
So setzten sich die Mitglieder der Brücke vorwiegend<br />
mit weit gefassten Begriffen wie Freiheit,<br />
Vitalität und Naturidylle auseinander und<br />
versuchten, neben einer »unverfälschten« Malerei<br />
ihre künstlerischen Ansichten auch im Alltag<br />
zu leben. 15 Zudem erhofften sich Ernst Ludwig<br />
Kirchner und Max Pechstein mit der Gründung<br />
ihrer privaten Kunstschule MUIM, in der das Gedankengut<br />
des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s vermittelt werden<br />
sollte und für die ab Dezember 1911 mit der<br />
Vignette »Moderner Unterricht in Malerei, Graphik,<br />
Plastik, Teppich-, Glas-, Metall-Arbeit, Malerei<br />
in Verbindung mit Architektur« Anzeigen in<br />
der Zeitschrift Der Sturm geschaltet waren, »eine<br />
gute Nachkommenschaft [zu] erzeugen und viele<br />
neue Freunde vom Werte unserer Sache [zu]<br />
überzeugen«. 16 Die Brücke strebte nach einer<br />
intensiven Verbindung von Kunst und Leben, die<br />
intuitiv der fragmentierenden Zerrissenheit der<br />
Zeit eine andere, eine als ganzheitlich empfundene<br />
Erfahrung entgegensetzte. Aufgrund dieser<br />
Grenzüberschreitung lassen sich Werk und Leben<br />
der Brücke-Künstler als Gesamtkunst werk<br />
und insbesondere durch dessen erprobte Verwirklichung<br />
im Alltag auch als »Totalkunst« 17 verstehen.<br />
Im Vergleich dazu blieb im Umkreis des<br />
Blauen Reiters allein das Kunstwerk beschwörender<br />
Ausdrucksträ ger für das übergeordnete<br />
Ziel einer »Einheit der Welt«. Ihre »kämpferische«<br />
Auffassung zeigte sich vielfach in eschatologischen<br />
Themen. Bereits die Gestalt des Blauen<br />
Reiters auf dem Alma nach erinnert formal an<br />
Al brecht Dürers Die vier apokalyptischen Reiter<br />
von 1497 / 98 und soll wie diese eine bedeutende<br />
Botschaft verkünden (Abb. 3, 4). Doch auch im<br />
Einzelwerk erscheinen die künstlerischen Rückgriffe<br />
auf katastrophengleiche Wendepunkte: So<br />
schuf Wassily Kandinsky insbesondere zwischen<br />
1911 und 1913 apokalyptische Bildvisionen, in denen<br />
er malerische Konflikte darstellt, die aber zugleich<br />
die Zerrissenheit der Zeit spiegeln und eine neue<br />
Welt des Geistigen ankündigen (Abb. 5). 18 Nahezu<br />
prophetischen Charakter offenbart das 1913<br />
im Ersten Deutschen Herbstsalon in der Sturm-<br />
Galerie präsen tierte Gemälde Tierschicksale von<br />
Franz Marc (Abb. 6), der sich frühzeitig für den<br />
Krieg als reinigenden Katalysator erstarr ter Konventionen<br />
begeisterte. Beim Anblick der splittrigen<br />
Formen und gewaltigen Farben auf einer<br />
Postkarten-Reproduktion schrieb Marc aus dem<br />
Feld an seine Frau: »Bei ihrem Anblick war ich<br />
ganz betroffen und erregt. Es ist wie eine Vorahnung<br />
dieses Krieges, schauerlich und ergreifend;<br />
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1<br />
Otto Gutfreund, Angst, 1911 / 12,<br />
Bronze, Národní Galerie v Praze, Prag<br />
Franz Marc, Wölfe. Balkankrieg, 1913,<br />
Öl auf Leinwand, Albright-Knox Art<br />
Gallery, Buffalo<br />
04_Becker_V2.indd 105 08.10.2010 19:59:03 Uhr<br />
2<br />
105
3<br />
Wassily Kandinsky, Entwurf für das Titelblatt des Almanachs<br />
Der Blaue Reiter, 1911, Aquarell, Bleistift und Tusche, Gabriele<br />
Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, Städtische Galerie im<br />
Lenbachhaus und Kunstbau München<br />
106<br />
4<br />
Albrecht Dürer, Die vier apokalyptischen Reiter, 1497 / 98,<br />
Holzschnitt, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe<br />
5<br />
Wassily Kandinsky, Komposition VII, 1913,<br />
Öl auf Leinwand, Tretjakow Galerie, Moskau<br />
04_Becker_V2.indd 106 08.10.2010 19:59:04 Uhr
ich kann mir kaum vorstellen, dass ich das gemalt<br />
habe!« 19 Ebenso seismografisch fing Ludwig<br />
Meidner mit seinen düster-visionären Apokalyptischen<br />
Landschaften (Abb. 7) die spürbaren kulturellen,<br />
sozialen und politischen Spannungen ein.<br />
Bedeutsam für die Genese dieses Sujets waren<br />
für den Künstler nicht nur die spannungsgeladene<br />
Atmo sphäre und Weltuntergangsahnungen zu<br />
jener Zeit, 20 sondern auch seine literarischen<br />
Begegnungen. 21 Ludwig Meidner, selbst literarisch<br />
tätig und Veranstalter der 1913 in seinem<br />
Atelier stattfindenden Jours fixes mit Künstlern<br />
und Schriftstellern, schloss 1912 eine intensive<br />
Freundschaft mit dem Lyriker Jakob van Hoddis<br />
(Abb. S. 118). Dieser bewegte die empfindsamen<br />
und erregten Gemüter mit dem »berühmtesten<br />
Gedicht des <strong>Expressionismus</strong>« Weltende<br />
(s. S. 118), das diese unbestimmte Stimmung in<br />
Worte fasste: »Diese zwei Strophen, o diese acht<br />
Zeilen schienen uns in andere Menschen verwandelt<br />
zu haben, uns emporgehoben zu haben aus<br />
einer Welt stumpfer Bürgerlichkeit, die wir verachteten<br />
und von der wir nicht wußten, wie wir sie<br />
verlassen sollten.« 22 Bildnerisch wie literarisch<br />
fing die künstlerische Jugend den zeitgenössischen<br />
Konflikt als eine die alte Welt zersetzende<br />
Endzeitstimmung ein. Diese Endzeitstimmung<br />
ist oftmals eine intuitive Reaktion auf historische<br />
Wendepunkte und wurde nun von den Expressionisten<br />
mit einem kampfbereiten Widerspruchs-<br />
und Aufbruchswillen zu neuen Werten verbunden.<br />
Es war ein Aufschrei gegen die bedrückende<br />
Stille der als starr und entleert empfundenen Gesellschaft<br />
in einer Umbruchsituation.<br />
Zusammenschluss als Schulterschluss<br />
Der Aufschrei galt ebenso der verhärteten<br />
Haltung der älteren Generation gegenüber<br />
»jugend lichen« Entfaltungsmöglichkeiten. Denn<br />
»in der Generation unserer Väter kam ein Dichter,<br />
ein Musiker erst zu Ansehen, wenn er sich<br />
›erprobt‹, wenn er sich der gelassenen, der<br />
soliden Ge schmacksrichtung der bürgerlichen<br />
Gesellschaft angepasst hatte«. 23 Jenseits dieser<br />
»Geschmacksrichtung« fanden Künstler und<br />
Literaten in weiten Kreisen weder Wertschätzung<br />
noch Förderung. Gegen diese verfestigten<br />
Strukturen und die Erfahrung von Zurückweisung<br />
und Zerrissenheit suchte die Jugend<br />
nach wirksamen Strategien. So schöpfte die<br />
Künstlervereinigung Brücke sämtliche Mittel<br />
der Öffentlichkeitsarbeit in einer für Künstlergruppen<br />
neuen Aktivität und Intensität aus: Mit<br />
selbst gestalteten Signets, Briefköpfen, Einladungen,<br />
Handzetteln, Plakaten und Anzeigen<br />
unter anderem im Sturm wurde die öffentliche<br />
Aufmerksamkeit gesucht und der initiativ angeworbene<br />
Kreis der »passiven Mitglieder« mit<br />
eigenen Postkarten, Mitgliedskarten und Jahresmappen<br />
an sich gebunden. Zielstrebig wurden<br />
Künstler, die in Dresden ausgestellt hatten<br />
und dem künstlerischen Credo der Brücke entsprachen,<br />
zwecks eines Beitritts zur Künstlervereinigung<br />
angeschrieben. »Zwischen frühesten<br />
graphischen Drucken und Zeichnungen […]<br />
lag dieser Brief, der damals uns eine Überraschung<br />
war und eine seltsam große Freude. Ich<br />
war nicht allein!« 24 Emil Noldes erfreute Reaktion<br />
1906 auf diese schriftliche Bitte offenbart<br />
Sinn und Sehnen zugleich: Zusammenschluss<br />
als stärkender Schulterschluss gegen die<br />
ungewollte Isolation. Der Zusammenhalt war<br />
aufgrund der erdrückenden Zwangslage junger<br />
Künstler zwischen 1905 und 1914 nötiger denn<br />
je: Selbst progressive Gale rien mit Kontakten<br />
zu potenziellen Kunden und Auswahlgremien<br />
wie beispielsweise der Berliner Secession<br />
waren von älteren, vor nicht allzu langer Zeit<br />
selbst avantgardistischen Generationen besetzt,<br />
die sich gegen die expressionistischen<br />
Tendenzen sperrten. Aufgrund des Mangels<br />
an Möglichkeiten schufen sich die Expressionisten<br />
in den zahlreichen Zusammenschlüssen,<br />
den neu gegründeten Zeitschriften und einem<br />
regen Veranstaltungs- und Ausstellungsbetrieb<br />
eigene fruchtbare Foren des Austausches und<br />
der Etablierung. Zudem erforderte die Reizüberflutung<br />
in den ruhelosen Metropolen neue<br />
Verhaltensmuster. Intuitiv inspiriert durch die<br />
synästhetischen Stimuli der Großstadt schien<br />
ein Zusammenschluss von Kunst, Literatur, Architektur,<br />
Tanz und Musik größere Schlagkraft<br />
zu verheißen. So entstanden gattungsübergreifende<br />
Netzwerke mit einer zuvor kaum vorgefundenen<br />
Verdichtung. Damit waren günstige<br />
Voraussetzungen für ganzheitlich orientierte<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong>e geschaffen. Ähnlich wie<br />
die Idee der Künstlervereinigung war auch die<br />
des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s nicht neu. Neu war<br />
allerdings die Radikalität des Anspruchs, hervorgerufen<br />
durch die Zerrissenheit der Zeit,<br />
den doktrinären Ausschluss der Jugend und<br />
die heilsähnlichen Ansichten über eine ideale<br />
Welt. Neu war folglich die Ausdehnung von der<br />
ästhetischen auf das »Innere des Menschen«<br />
abzielende Dimension: »Die Kunst sollte in die<br />
Masse getragen werden, zum Unterschied zum<br />
Jugendstil, der bloß die Oberfläche des Lebens<br />
verschönern wollte und sich nicht an das Innere<br />
des Menschen wendete. <strong>Expressionismus</strong> war<br />
eine Zeiterscheinung, keine Kunstmode.« 25<br />
Innerhalb der zunehmenden Ausformung<br />
des dichten Netzwerkes lassen sich Entwicklungslinien<br />
ziehen: Zunächst herrschte<br />
die Neigung vor, sich als Verbund, Veranstaltungs-<br />
oder Ausstellungsgemeinschaft<br />
zusammenzuschließen wie beispielsweise<br />
der Verein für Kunst von Herwarth Walden<br />
1904, die Künstlergruppe Brücke 1905, der<br />
Neue Club und die Neue Künstlervereinigung<br />
München 1909. Die Schlüsseljahre<br />
lagen zwischen 1910 und 1912: In dieser<br />
Zeitspanne wurde in dichter Folge gegründet:<br />
angefangen mit den Zeitschriften Der<br />
Sturm im März 1910 und Die Aktion im Februar<br />
1911, den Künstlervereinigungen Neue<br />
Secession im April 1910 und der Blaue Reiter<br />
im Dezember 1911. Und in dieser Phase<br />
wurden wie kaum zuvor – quantitativ und<br />
qualitativ – wegweisende Kontakte über<br />
die eigenen Kreise und Gattungen hinaus<br />
geknüpft.<br />
Diese expandierende Entwicklungslinie lässt sich<br />
ebenso innerhalb eines Zusammenschlusses<br />
nach vollziehen: Im Streben nach Anerkennung<br />
und Anschluss öffneten sich beispielsweise Kurt<br />
Hiller, Erwin Loewenson und Jakob van Hoddis<br />
als Gründer des Neuen Clubs, einer der wichtigsten<br />
literarischen Vereinigungen des <strong>Expressionismus</strong>,<br />
schon früh nach außen. Im Frühjahr 1910<br />
suchten sie aktiv den brieflichen und persönlichen<br />
Kontakt zu anderen Literaten und den avantgardistischen<br />
Zeitschriften Der Demokrat und Der<br />
Sturm.<br />
107<br />
26 Der Wunsch nach Außenwirkung gipfelte<br />
in der Etablierung des Neopathetischen Cabarets,<br />
das ab dem 1. Juni 1910 als freies Forum für<br />
einen »neuen Denkstil, einen neuen Wertungsund<br />
Lebensstil« 27 dienen sollte und in dem Literatur,<br />
Musik sowie Tanz zur Aufführung kam. Nun<br />
lohnte sich die offensive Kontaktpolitik: Vielfach<br />
nahmen die Angeschriebenen – wie der Demokrat-Schriftleiter<br />
Franz Pfemfert – als Zuschauer<br />
an den Veranstaltungen teil oder traten – wie<br />
beispielsweise der Sturm-Herausgeber Herwarth<br />
Walden mit eigenen und fremden Kompositionen<br />
am Klavier – selbst auf. Seine damalige Frau,<br />
die Lyrikerin Else Lasker-Schüler, trug ihre poetischen<br />
und dramatischen Werke ab Dezember<br />
1910 regelmäßig vor; unter anderem wurde ihr<br />
bereits 1908 verfasstes Drama Die Wupper, das<br />
erst 1919 am Deutschen Theater in Berlin mit<br />
Bühnenbildern von Ernst Stern zur Uraufführung<br />
kommen sollte (Abb. S. 184), schon am 18. Januar<br />
1911 im Neopathetischen Cabaret gewürdigt. Innerhalb<br />
der Mitgliedschaft des Neuen Clubs trat<br />
der Kunsthistoriker Simon Wilhelm Guttmann<br />
(Ghuttmann) als reger und gattungsübergreifender<br />
Fürsprecher hervor: Er führte den jungen,<br />
noch völlig unbekannten Georg Heym, der neben<br />
Georg Trakl zu den herausragenden Vertretern<br />
der expressionistischen Literatur gehört, in den<br />
Neuen Club ein, und veröffentlichte im Juni 1912<br />
nach dessen frühen Tod die Gedichtsammlung<br />
Umbra vitae. Zwölf Jahre später illustrierte Ernst<br />
Ludwig Kirchner diesen Lyrikband und schuf so<br />
eines der schönsten Bücher des <strong>Expressionismus</strong><br />
(Abb. S. 114). Außerdem kam über Guttmann der<br />
Kontakt mit den Brücke-Künstlern Erich Heckel,<br />
Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff<br />
zustande. Ein Beleg für die Kooperation von<br />
Kunst und Literatur ist der von Karl Schmidt-<br />
Rottluff gestaltete Schriftzug des Neopathetischen<br />
Cabarets, der zum ersten Mal die Kopfleiste<br />
des Programms für den 16. Dezember 1911<br />
zierte (Abb. 8). Zwar bestand der Neue Club im<br />
Juni 1912 nur noch aus drei Mitgliedern, 28 aber<br />
einen solidarischen Nachklang fand das Neopathetische<br />
Cabaret in der Namens gebung der<br />
kurzlebigen Künstlergruppe Die Pathe tiker um<br />
den Van-Hoddis-Freund Ludwig Meidner, die im<br />
November 1912 in der Sturm-Galerie ausstellte. 29<br />
Zentrale und entscheidende Orte für den<br />
ersehnten Schulterschluss, für den oftmals<br />
sogar ersten gleichgesinnten Kontakt<br />
und die lebhaften Diskussionen waren<br />
die Café häuser. Im Berliner Café des<br />
Westens, im Volksmund auch Café Größenwahn<br />
genannt, knüpfte bei spielsweise<br />
Max Pechstein, aktives Mitglied der Brücke,<br />
wohl seine Verbindungen zu Herwarth<br />
Walden und dessen Sturm-Kreis und grün -<br />
dete nach seiner Ablehnung durch das<br />
Auswahlgremium der Berliner Secession<br />
gemeinsam mit Georg Tappert, Moriz<br />
Melzer und Heinrich Richter-Berlin die<br />
Neue Secession. Fieberhaft wurde in dieser<br />
freundschaftlichen Stätte der Gleichgesinnten<br />
auch nach einem bekennenden<br />
Titel für die neue avantgardistische<br />
Zeitschrift Franz Pfemferts (Abb. S. 124)<br />
gesucht. Dieser brachte nach dem Bruch<br />
mit dem Heraus geber des Demokraten<br />
wegen der Nichtveröffentlichung eines<br />
Artikels des Neuen-Club-Gründers Kurt<br />
Hiller im Februar 1911 Die Aktion heraus.<br />
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In dem engen Geflecht der Zusammenschlüsse<br />
verantworteten und förderten einzelne<br />
zentrale Gestalten wie beispielsweise Erich<br />
Heckel, August Macke, Franz Marc und Max<br />
Pechstein die Verbindungen unter den Künstlern<br />
und den jeweiligen Künstlerkreisen. So<br />
knüpfte beispielsweise Franz Marc über seine<br />
Freundschaft mit August Macke seit 1910<br />
Kontakte zum losen Verbund der Rheinischen<br />
Expressionisten und während seiner Berlin-<br />
Reise ab dem 28. Dezember 1911 Beziehungen<br />
zu den Mitgliedern der Neuen Secession<br />
und der Brücke, die auch in gemeinsamen<br />
Ausstellungsbeteiligungen mündeten. Marc<br />
machte während seines Aufenthalts in Berlin<br />
die für den Blauen Reiter bahnbrechende<br />
Bekanntschaft mit dem Sturm-Kreis und<br />
Herwarth Walden, dessen Galerie mit einer<br />
Ausstellung zum Blauen Reiter im März 1912<br />
eröffnete und dessen theoretische Ausrichtung<br />
Wassily Kandinsky ab etwa Juni 1912<br />
maßgeblich beeinflusste.<br />
108<br />
30 Von da an verband<br />
ihn auch eine enge Freundschaft mit<br />
Else Lasker-Schüler, die sich in zahlreichen<br />
Briefen, Gedichten und Bezügen zur Kunst<br />
des anderen äußerte (Abb. 9).<br />
Schlüsselfiguren als Mittler im grenzüberschreitenden<br />
Netzwerk sind insbesondere<br />
die Herausgeber der avantgardistischen<br />
Zeit schriften Die Aktion (Abb. S. 123) und<br />
Der Sturm (Abb. S. 53), die auf eine neue,<br />
sehr bewusste Weise Schrift und Bild miteinander<br />
verknüpften: 31 Um Franz Pfemfert<br />
und Herwarth Walden (Abb. S. 54) versammelten<br />
sich Künstler aller Gattungen. So<br />
schrieb Walden 1909 an sein Vorbild Karl<br />
Kraus, den Herausgeber der satirischen<br />
Zeitschrift Die Fackel: »[…] ich stelle fest,<br />
daß ich vor Allen, meine Freunde drucke.<br />
Denn zum Teufel, man sucht sich doch keine<br />
Idioten zu Freunden aus.« 32 Pfemfert<br />
und Walden schufen um ihre Zeitschriften<br />
nahezu zeitgleich »Imperien« mit Verlag<br />
(1912), Buchreihen (1912), Autoren- und<br />
Kunstabenden (Aktion 1912 / Sturm 1916)<br />
sowie Buchhandlungen (1917). Während<br />
jedoch Die Aktion politisch und zeitkritisch<br />
ausgerichtet war, versuchte Der Sturm allein<br />
den Durchbruch der Avantgarde zu erringen.<br />
Im Bewusstsein, dass nur eine Konzentration<br />
der künstlerischen Kräfte deren Etablierung<br />
ermöglichen konnte, erweiterten<br />
Walden und der Sturm-Kreis ihre Akti vitäten<br />
auf die Sturm-Galerie (1912), die Sturm-<br />
Kunstschule (1916), den Sturm-Klub (1917)<br />
und die Sturm-Bühne (1918). 33 Der Leiter<br />
der Sturm-Bühne, Lothar Schreyer, und die<br />
einzige nachweis liche Schülerin der Sturm-<br />
Kunstschule, Lavinia Schulz (Abb. S. 445),<br />
nahmen nach ihrer Berliner Zeit die Visionen<br />
von der »Einheit der Gestalt« 34 und der<br />
»Einheit der Welt« nach Hamburg und zu<br />
den dortigen Künstlerfesten mit. 35 Fruchtbare<br />
Freundschaften entstanden ebenfalls<br />
im Umkreis des Sturms, die wie bei<br />
Alfred Döblin und Ernst Ludwig Kirchner<br />
zur produktiven Zusammenarbeit (Abb.<br />
S. 59) und wechselseitiger Beeinflussung<br />
führten. Um generell die Durchschlagskraft<br />
für die Sturm-Visionen zu erhöhen, waren<br />
nahezu alle Institutionen des Sturm-Kreises<br />
eng miteinander verwoben und auf einander<br />
bezogen: So veröffentlichte 1910 der durch<br />
Karl Kraus vermittelte Oskar Kokoschka<br />
sein skandalumwittertes Drama Mörder,<br />
Hoffnung der Frauen mit da zugehörigen<br />
Zeichnungen in der Zeitschrift Der Sturm<br />
(Abb. S. 270). 36 Die gleichen Zeichnungen<br />
fanden 1913 Eingang in die erste edierte<br />
Sturm-Mappe und wurden 1916 gemeinsam<br />
mit dem Text im Sturm-Verlag als Buch veröffentlicht.<br />
Zudem nahm Kokoschka an den<br />
Ausstellungen in der Sturm-Galerie teil;<br />
beispielsweise mit 35 Arbeiten an de ren Eröffnungsausstellung<br />
Der Blaue Reiter. Franz<br />
Flaum. Oskar Kokoschka. Expressio nisten<br />
ab März 1912. 37 Sein durch das Sturm-<br />
»Unternehmen« forcierter Ruhm führte<br />
1917 zur Aufführung des Dramas Mörder,<br />
Hoffnung der Frauen im Dresdner Albert-<br />
Theater und zur Veröffentlichung in der<br />
vom Kurt Wolff Verlag herausgegebenen<br />
Reihe Der Jüngste Tag, die wiederum dem<br />
Komponisten Paul Hinde mith in die Hände<br />
fiel und diesen zur gleichnamigen Oper inspirierte.<br />
38<br />
Viele Künstler und Literaten vermochten sich<br />
durch die Möglichkeiten des Sturms und der<br />
Aktion zu profilieren und zu etablieren. 39 Demnach<br />
zeugen insbesondere diese »Flaggschiffe<br />
der expressionistischen Zeitungslandschaft« 40<br />
vom Erfolg der synästhetischen Strategie. So<br />
wurde die genuine Idee des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s<br />
von der Jugend zum einen als Instrument<br />
gegen verfestigte Strukturen und zum<br />
anderen als »Einheit der Welt«-Vision gegen<br />
das Gefühl der Zerrissenheit eingesetzt. Dieses<br />
Auftreten ist nicht denkbar ohne die einflussreichen<br />
Ansichten Friedrich Nietzsches<br />
und den unbedingten Willen zum Aufbruch.<br />
Die grellgelben Schatten des<br />
großen Weltgewitters 41<br />
Es wuchs insbesondere unter den Intellektuellen<br />
dieser Zeit zunehmend die Ansicht: Zerstörung<br />
schafft Wechsel. Die viel zitierten Zeilen Thomas<br />
Manns schildern anschaulich die bejahende Geisteshaltung<br />
zum Ersten Weltkrieg: »Wie hätte der<br />
Künstler, der Soldat im Künstler nicht Gott loben<br />
sollen für den Zusammenbruch einer Friedenswelt,<br />
die er so satt, so überaus satt hatte! Krieg!<br />
Es war Reinigung, Befreiung, was wir empfanden,<br />
und eine ungeheure Hoffnung.« 42 Unter der mörderischen<br />
Realität des grausamen Grabenkrieges<br />
wandelten sich die idealistischen Vorstellungen<br />
jedoch rasch in schlichten Überlebenswillen. Die<br />
Opfer standen auf allen Seiten, und zahlreiche<br />
Künstler und Literaten fielen in den Schlachten<br />
des Ersten Weltkriegs. Die als unvergänglich<br />
empfundene Ordnung des 19. Jahrhunderts war<br />
unwiederbringlich verloren. Das 20. Jahrhundert<br />
hatte begonnen. Dem Gedenken an die Gefallenen<br />
wurde 1919 das Buch der Toten 43 gewidmet,<br />
das mit seinen Gedichten und Grafiken den Geist<br />
des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s atmet und diesem ein<br />
»Kriegsdenkmal« setzt.<br />
04_Becker_V2.indd 108 08.10.2010 19:59:04 Uhr
7<br />
6<br />
Franz Marc, Tierschicksale, 1913, Öl auf Leinwand,<br />
Kunstmuseum Basel<br />
Ludwig Meidner, Apokalyptische Landschaft, 1913, Öl auf Leinwand,<br />
LWL – Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Westfälisches<br />
Landesmuseum, Münster<br />
04_Becker_V2.indd 109 08.10.2010 19:59:05 Uhr<br />
109
8<br />
Der Neue Club, Programm des Neopathetischen Cabarets,<br />
3. April 1912 (9. Abend), Schriftzug von Karl Schmidt-Rottluff,<br />
Holzschnitt, Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
110<br />
Franz Marc, Versöhnung, 1912, nach dem gleichnamigen<br />
Gedicht von Else Lasker-Schüler und 1912 im Sturm veröffentlicht,<br />
Holzschnitt, Städtische Galerie Delmenhorst<br />
04_Becker_V2.indd 110 08.10.2010 19:59:06 Uhr<br />
9
Das im Titel verwendete Zitat stammt von Wassily<br />
Kandinsky, Über das Geistige in der Kunst, München<br />
1912; 10. Aufl., Bern 1952, S. 43.<br />
1 Wilhelm Klemm, aus dem Gedicht Meine Zeit,<br />
abgedr. in: Kurt Pinthus, Mensch heits däm merung,<br />
Berlin 1919; 35. rev. Ausg. mit wesentlich<br />
erw. bio-bibliogr. Anhang, Berlin 2009, S. 40.<br />
2 Vgl. Ernst Schulin, »Die Urkatastrophe des<br />
zwanzigsten Jahrhunderts«, in: Wolfgang<br />
Michalka (Hrsg.), Der Erste Weltkrieg. Wirkung,<br />
Wahrnehmung, Analyse, Frankfurt a. M. 1994,<br />
S. 3–27, hier S. 6.<br />
3 Oskar Kokoschka, Oskar Kokoschka. Mein Leben,<br />
München 1971, S. 117.<br />
4 Vgl. Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter<br />
seiner technischen Reprodu zier bar keit,<br />
10. Aufl., Frankfurt a. M. 1977, S. 39, sowie Uli<br />
Jung und Walter Schatzberg, Robert Wiene. Der<br />
Caligari Regisseur, Berlin 1995, S. 36.<br />
5 Vgl. Georg Simmel, Die Großstädte und das<br />
Geistesleben, Dresden 1903.<br />
6 Abgedr. in: Erich Kästner, Gedichte, ausgew.<br />
und mit einem Nachwort versehen von Peter<br />
Rühmkorf, Zürich 1981, S. 10.<br />
7 Vgl. Der Kleine Ploetz. Hauptdaten der Weltgeschichte,<br />
Freiburg 1999, S. 273.<br />
8 Bernhard von Bülow, deutscher Staats sekretär<br />
im Auswärtigen Amt und späterer Reichskanzler,<br />
in einer Reichstagsdebatte am 6. 12. 1897 im Zusammenhang<br />
mit der deutschen Kolonial politik.<br />
9 Ernst Toller, Eine Jugend in Deutschland.<br />
Gesammelte Werke, Bd. 4, München 1978, S. 36.<br />
10 Friedrich Nietzsche, Titel einer geplanten<br />
Pub likation, die schließlich 1888 in die Veröffentlichung<br />
Der Antichrist. Fluch auf das<br />
Christentum mündete.<br />
11 Friedrich Nietzsche, »Also sprach Zarathustra«,<br />
in: Ivo Frenzel (Hrsg.), Friedrich Nietzsche. Werke,<br />
München / Wien 1999, S. 545–778, hier S. 623.<br />
12 Vgl. Thomas Rohkrämer, »August 1914. Kriegsmentalität<br />
und ihre Voraussetzung«, in: Michalka<br />
1994 (wie Anm. 2), S. 759–777, hier S. 770.<br />
13 Vgl. Thomas Anz, Literatur des Expressio nismus,<br />
Weimar 2001, S. 31, und Kokoschka 1971 (wie<br />
Anm. 3), S. 77 f.: »Es gibt keinen deutschen,<br />
keinen französischen, keinen amerikanischenglischen<br />
<strong>Expressionismus</strong>, es gibt nur den<br />
der Jugend, die sich in der Umwelt zurechtzufinden<br />
sucht.«<br />
14 Laut Erich Heckel haben die Brücke-Mitglieder<br />
»natürlich überlegt, wie wir an die Öffentlichkeit<br />
treten könnten. Eines Abends sprachen wir<br />
auf dem Nachhauseweg wieder davon. SR<br />
[Karl Schmidt-Rottluff] sagte, wir könnten das<br />
Brücke nennen – das sei ein vielschichtiges<br />
Wort, würde kein Pro gramm bedeuten, aber<br />
gewissermaßen von einem Ufer zum anderen<br />
führen.« Zuerst abgedr. in: Das Kunstwerk, 12,<br />
3, 1958 / 59, S. 24, zit. nach: Meike Hoffmann,<br />
»Ein Künstler zwischen Dionysos und Apoll.<br />
Erich Heckel in Dresden«, in: Erich Heckel.<br />
Meisterwerke des <strong>Expressionismus</strong>. Aquarelle<br />
und Zeichnungen aus der Sammlung des Brücke-<br />
Museums Berlin, hrsg. von Magdalena M.<br />
Moeller, Ausst.-Kat. Brücke-Museum, Berlin;<br />
München 1999, S. 9–26, hier S. 13. Das Motiv<br />
der Brücke wird in den Reden des Zarathustras<br />
als Sinnbild für den Über gang zu neuen Ufern,<br />
als Metapher für den Aufbruch zu einem höheren<br />
und freieren Men schentum verwendet: »Was<br />
groß ist am Menschen, das ist, daß er eine<br />
Brücke und kein Zweck ist: was geliebt werden<br />
kann am Menschen, das ist, daß er ein Übergang<br />
und ein Untergang ist.« Zit. nach: Nietzsche<br />
1999 (wie Anm. 11), S. 545–778, hier S. 551.<br />
15 Vgl. den Beitrag von Leonie Beiersdorf in<br />
diesem Band (S. 68–77).<br />
16 Brief von Ernst Ludwig Kirchner an Luise<br />
Schiefler, Ende Oktober 1911, zit. nach:<br />
Ernst Ludwig Kirchner und Gustav Schiefler.<br />
Briefwechsel 1910–1935 / 1938, bearb. von<br />
Wolfgang Henze, Stuttgart / Zürich 1990, S. 48.<br />
Die einzigen nachweisbaren Schüler des MUIM<br />
sind Hermann Gewecke und Werner Gothein, die<br />
in Berlin zum engsten Freundeskreis Kirchners<br />
zählten und vielfach auf den Fotografien des<br />
Ateliers in der Körner straße 45 abgebildet sind<br />
(Abb. S. 83 / 84).<br />
17 Bazon Brock, »Der Hang zum Gesamt kunstwerk«,<br />
in: Der Hang zum <strong>Gesamtkunstwerk</strong>,<br />
hrsg. von Harald Szeemann, Ausst.-Kat.<br />
Kunst haus Zürich; Städtische Kunsthalle und<br />
Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen,<br />
Düsseldorf; Museum Moderner Kunst, Museum<br />
des 20. Jahrhundert, Wien; Aarau / Frankfurt<br />
a. M. 1983, S. 22–39, hier S. 25.<br />
18 Vgl. Christoph Schreier, »Werkschöpfung<br />
ist Weltschöpfung. Wassily Kandinsky und<br />
seine Grafikmappe der ›Kleinen Welten‹«, in:<br />
Kandinsky. Das druckgrafische Werk, hrsg. von<br />
Helmut Friedel und Annegret Hoberg, Ausst.-<br />
Kat. Städtische Galerie im Lenbachhaus und<br />
Kunstbau München; Kunstmuseum Bonn; Köln<br />
2008, S. 53–65, hier S. 58.<br />
19 Brief von Franz an Maria Marc, 17. 3. 1915, zit.<br />
nach: Günter Meißner (Hrsg.), Franz Marc.<br />
Briefe, Schriften und Aufzeichnungen, Leipzig<br />
1989, S. 131.<br />
20 Neben den kulturellen, sozialen und poli ti -<br />
schen Spannungen trugen auch die Er scheinung<br />
des Halleyschen Kometen 1910, die als große<br />
Katastrophen empfundenen Ereignisse des<br />
Erdbebens von Messina 1908 sowie der Untergang<br />
der Titanic 1912 zur Endzeitstimmung bei.<br />
21 Vgl. Carol S. Eliel, »Die Apokalyptischen<br />
Landschaften Ludwig Meidners«, in: Ludwig<br />
Meidner. Apokalyptische Landschaften, hrsg. von<br />
Carol S. Eliel, Ausst.-Kat. Berlinische Galerie,<br />
München 1990, S. 11–62, hier S. 21.<br />
22 Johannes R. Becher, zit. nach: Silvio Vietta und<br />
Hans-Georg Kemper, <strong>Expressionismus</strong>, München<br />
1997, S. 30.<br />
23 Stefan Zweig, Die Welt von Gestern. Erinne rungen<br />
eines Europäers, Frankfurt a. M. 2000, S. 63.<br />
24 Emil Nolde, Jahre der Kämpfe. 1902–1914,<br />
6. Aufl., Köln 1991, S. 99.<br />
25 Kokoschka 1971 (wie Anm. 3), S. 119.<br />
26 Vgl. Richard Sheppard, Der Neue Club.<br />
Gesammelte Schriften 1908–1914, Bd. 1,<br />
Hildesheim 1980, S. 179 f.<br />
27 Helmut Greulich, Georg Heym (1887–1912).<br />
Leben und Werk. Ein Beitrag zur Früh geschichte<br />
des deutschen <strong>Expressionismus</strong>, Berlin 1931,<br />
S. 25.<br />
28 Vgl. Richard Sheppard, Der Neue Club.<br />
Gesammelte Schriften 1908–1914, Bd. 2,<br />
Hildesheim 1983, S. 11.<br />
29 Vgl. Eliel 1990 (wie Anm. 21), S. 11–62,<br />
hier S. 19.<br />
30 Vgl. Volker Pirsich, Der Sturm. Eine Monographie,<br />
Herzberg 1985, S. 149.<br />
31 Vgl. Robert Hodonyi, Herwarth Waldens<br />
»Sturm« und die Architektur. Eine Analyse zur<br />
Konvergenz der Künste in der Berliner Moderne,<br />
Diss. Dresden 2010; Bielefeld 2010, S. 52.<br />
32 Brief von Herwarth Walden an Karl Kraus,<br />
8. 7. 1909, abgedr. in: George C. Avery, Feinde<br />
in Scharen. Ein wahres Vergnügen dazusein. Karl<br />
Kraus. Herwarth Walden. Briefwechsel 1909–1912,<br />
Göttingen 2002, S. 21.<br />
33 Vgl. Pirsich 1985 (wie Anm. 30), S. 334.<br />
34 Lothar Schreyer in: Herwarth Walden (Hrsg.),<br />
<strong>Expressionismus</strong>. Die Kunstwende, Berlin 1918,<br />
S. 90.<br />
35 Vgl. den Beitrag von Rüdiger Schütt in diesem<br />
Band (S. 426–435).<br />
36 Der Text des Dramas Mörder, Hoffnung der<br />
Frauen, das am 4. 7. 1909 im Gartentheater<br />
der Ersten Internationalen Kunstschau in<br />
Wien uraufgeführt wurde (Abb. S. 263), und<br />
die Zeichnung Mörder, Hoffnung der Frauen<br />
III. Der Mann bedroht die Frau erschienen im<br />
Sturm, 1, 20, 14. 7. 1910, S. 155 f.; drei weitere<br />
Zeichnungen wurden im Sturm veröffentlicht:<br />
Mörder, Hoffnung der Frauen I. Mann und Frau<br />
Hand in Hand (1, 21, 21. 7. 1910, S. 163); Mörder,<br />
Hoffnung der Frauen II. Mann und Frau vor Mond<br />
und Sonne (1, 24, 11. 8. 1910, S. 189) und Mörder,<br />
Hoffnung der Frauen IV. Himmlische und irdische<br />
Liebe (1, 26, 25. 8. 1910, S. 203).<br />
37 Vgl. Volker Pirsich, »Ausstellungen der Galerie<br />
Der Sturm 1912–1919«, in: Der Sturm im Berlin<br />
der zehner Jahre, hrsg. von Barbara Alms und<br />
Wiebke Steinmetz, Ausst.-Kat. Städtische<br />
Galerie Delmenhorst, Bremen 2000, S. 257–270,<br />
hier S. 258.<br />
38 Vgl. den Beitrag von Camilla Bork in diesem<br />
Band (S. 266–275).<br />
39 Vgl. Pirsich 1985 (wie Anm. 30), S. 342.<br />
40 Peter Sprengel, Geschichte der deutschsprachigen<br />
Literatur 1900–1918. Von der Jahr -<br />
hundertwende bis zum Ende des Ersten Weltkriegs,<br />
München 2004, S. 130.<br />
41 Angelehnt an Ludwig Meidner, in: Lothar<br />
Brieger, »Ludwig Meidner«, in: Junge Kunst,<br />
Bd. 4, Leipzig 1919, zit. nach: Eberhard Roters,<br />
»Nächte des Malers«, in: Eliel 1990 (wie<br />
Anm. 21), S. 63–90, S. 65.<br />
42 Thomas Mann, »Gedanken im Kriege«, zuerst<br />
abgedr. in: Die Neue Rundschau, 25, 11,<br />
1914, S. 1 471–1 484, zit. nach: Thomas Mann,<br />
Politische Reden und Schriften, Bd. 2, Frankfurt<br />
a. M. 1968, S. 9.<br />
43 Vgl. Wolf Przygode (Hrsg.), Das Buch der Toten,<br />
München 1919.<br />
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111
Erich Heckel, Mann in der Ebene, 1917, aus: Elf Holzschnitte 1912 – 1919, Berlin 1921 (Detail, s. S. 141),<br />
Holzschnitt auf Maschinenbütten, Hessisches Landesmuseum Darmstadt<br />
04_Becker_V2.indd 112 08.10.2010 19:59:06 Uhr
04_Becker_V2.indd 113 08.10.2010 19:59:07 Uhr
114<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Umschlag zu Umbra vitae von Georg Heym, München 1924,<br />
Holzschnitt auf Leinen, Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg<br />
04_Becker_V2.indd 114 08.10.2010 19:59:07 Uhr
04_Becker_V2.indd 115 08.10.2010 19:59:07 Uhr<br />
115
Georg Heym, Der Krieg, September 1911, erstmals am 16. Dezember 1911<br />
im Neopathetischen Cabaret vorgetragen, Erstveröffentlichung: Georg Heym,<br />
Umbra vitae, Leipzig 1912<br />
116<br />
Aufgestanden ist er, welcher lange schlief,<br />
Aufgestanden unten aus Gewölben tief.<br />
In der Dämmrung steht er, groß und unerkannt,<br />
Und den Mond zerdrückt er in der schwarzen Hand.<br />
In den Abendlärm der Städte fällt er weit,<br />
Frost und Schatten einer fremden Dunkelheit.<br />
Und der Märkte runder Wirbel stockt zu Eis.<br />
Es wird still. Sie sehn sich um. Und keiner weiß.<br />
In den Gassen faßt es ihre Schulter leicht.<br />
Eine Frage. Keine Antwort. Ein Gesicht erbleicht.<br />
In der Ferne zittert ein Geläute dünn,<br />
Und die Bärte zittern um ihr spitzes Kinn.<br />
Auf den Bergen hebt er schon zu tanzen an,<br />
Und er schreit: Ihr Krieger alle, auf und an!<br />
Und es schallet, wenn das schwarze Haupt er schwenkt,<br />
Drum von tausend Schädeln laute Kette hängt.<br />
Einem Turm gleich tritt er aus die letzte Glut,<br />
Wo der Tag flieht, sind die Ströme schon voll Blut.<br />
Zahllos sind die Leichen schon im Schilf gestreckt,<br />
Von des Todes starken Vögeln weiß bedeckt.<br />
In die Nacht er jagt das Feuer querfeldein,<br />
Einen toten Hund mit wilder Mäuler Schrein.<br />
Aus dem Dunkel springt der Nächte schwarze Welt,<br />
Von Vulkanen furchtbar ist ihr Rand erhellt.<br />
Und mit tausend hohen Zipfelmützen weit<br />
Sind die finstren Ebnen flackend überstreut,<br />
Und was unten auf den Straßen wimmelnd flieht,<br />
Stößt er in die Feuerwälder, wo die Flamme brausend zieht.<br />
Und die Flammen fressen brennend Wald um Wald,<br />
Gelbe Fledermäuse, zackig in das Laub gekrallt,<br />
Seine Stange haut er wie ein Köhlerknecht<br />
In die Bäume, daß das Feuer brause recht.<br />
Eine große Stadt versank in gelbem Rauch,<br />
Warf sich lautlos in des Abgrunds Bauch.<br />
Aber riesig über glühnden Trümmern steht,<br />
Der in wilde Himmel dreimal seine Fackel dreht.<br />
Über sturmzerfetzter Wolken Widerschein,<br />
In des toten Dunkels kalten Wüstenein,<br />
Daß er mit dem Brande weit die Nacht verdorr,<br />
Pech und Feuer träufet unten auf Gomorrh.<br />
Der Krieg<br />
04_Becker_V2.indd 116 08.10.2010 19:59:07 Uhr
Ernst Ludwig Kirchner, Entwurf für das Titelblatt zu Umbra vitae von Georg Heym,<br />
München 1924, Holzschnitt, Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin<br />
04_Becker_V2.indd 117 08.10.2010 19:59:08 Uhr<br />
117
Jakob van Hoddis, Weltende, 1911, erstmals 1911<br />
im Neopathetischen Cabaret vorgetragen,<br />
Erstveröffentlichung: Der Demokrat. Zeitschrift<br />
für freiheitliche Politik und Literatur, 11. Januar 1911<br />
118<br />
Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,<br />
In allen Lüften hallt es wie Geschrei.<br />
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei,<br />
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.<br />
Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen<br />
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.<br />
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.<br />
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.<br />
Ludwig Meidner, Jakob van Hoddis, 1913,<br />
Bleistift und Tusche, Institut <strong>Mathildenhöhe</strong>,<br />
Städtische Kunstsammlung Darmstadt<br />
Weltende<br />
04_Becker_V2.indd 118 08.10.2010 19:59:08 Uhr
Wilhelm Simon Guttmann, Traum, 16. November 1911, erstmals vorgetragen<br />
im Neopathetischen Cabaret, 16. November 1911 (7. Abend), Erstveröffentlichung:<br />
Die Aktion, Jg. 3, Nr. 51, 20. Dezember 1913<br />
An der Stirnwand eines langen dunklen<br />
Korridors wasche ich mir die Hände.<br />
Zucke die Augen nach links: sehe auf<br />
flammender Zinkplatte eines Tischchens<br />
einen Kopf. Greife ihn unterm Wirbel:<br />
die Stoppeln an Mund und Kinn sind wie<br />
Flecke auf gelbem Stein; der Hals ist unterm<br />
Kinnrand durchgeschnitten. Fasse<br />
dahin: blutlos hängt Haut an Haut in<br />
den Schnitt hinab, läßt sich vor- und<br />
rückwärts schieben. Ich fasse den Kopf<br />
tiefer, zwischen den Ohren; gehe so auf<br />
die Straßen hinab, Straßen wie dunkle<br />
Wolken; ich zeige Vorübergehenden den<br />
Kopf, – frage: »Habe ich ihn getötet?«<br />
Sie treten an den Stein der Häuser, werden<br />
durchsichtig, bläulich, schwinden<br />
durch die Mauern hinweg. Auf der Straßenmitte<br />
treffe ich einen Mann; zwei<br />
Reihen glänzender Knöpfe an seinem<br />
Anzug. Ich zeige den Kopf, frage; der<br />
Mann kommt mit mir. Treppen hinauf;<br />
ich stelle den Kopf auf die Zinkplatte zurück;<br />
stehe daneben, den Rücken zum<br />
Waschgestell, zeige alles dem Schutzmann.<br />
Der steht auf drei Schritt mir gegenüber.<br />
Endlich fragt er: »Ist es vielleicht<br />
eine Erscheinung?« Ich erschrecke:<br />
meine Beine gleiten nach vorn, ich falle<br />
auf den Rücken, nur Kopf und Schultern<br />
sind emporgebogen. »Ja, eine Erscheinung«<br />
sagt er, »hier ist noch eine.« Da<br />
sitzt, zu seiner rechten Hand, auf einem<br />
Koffer an der Längsseite des Korridors,<br />
meine Mutter, wachsbleich, in einem<br />
tiefausgeschnittenen grünen Seidenkleid.<br />
Und ich weiß: da ist sie tot, aber zugleich<br />
lebt sie auch noch irgendwo.<br />
Traum<br />
04_Becker_V2.indd 119 08.10.2010 19:59:08 Uhr<br />
119
Ludwig Meidner, Aufgeregte Gesellschaft. Apokalyptische Gesellschaft, 1913,<br />
Bleistift und Tusche auf Pergaminpapier, Sammlung Sander, Darmstadt<br />
120<br />
04_Becker_V2.indd 120 08.10.2010 19:59:09 Uhr
Ludwig Meidner, Berliner Kanallandschaft, 1913, Tusche mit Deckweiß auf Velin,<br />
Sammlung Sander, Darmstadt<br />
04_Becker_V2.indd 121 08.10.2010 19:59:09 Uhr<br />
121
Ludwig Meidner, Wogende Menge, 1913, Kaltnadel, Institut <strong>Mathildenhöhe</strong>,<br />
Städtische Kunstsammlung Darmstadt<br />
122<br />
04_Becker_V2.indd 122 08.10.2010 19:59:09 Uhr
Ludwig Meidner, Potsdamer Platz, Titelblatt, Die Aktion, hrsg. von Franz Pfemfert,<br />
Jg. 4, Nr. 44 / 45, 1914, Zeitschrift, Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
04_Becker_V2.indd 123 08.10.2010 19:59:10 Uhr<br />
123
Conrad Felixmüller, Bildnis Franz Pfemfert, 1923, Öl auf Leinwand,<br />
Neue Galerie, Museumslandschaft Hessen Kassel<br />
124<br />
04_Becker_V2.indd 124 08.10.2010 19:59:10 Uhr
Franz Pfemfert, Der Kapitalismus, der das werktätige Volk ...,<br />
Titelblatt, Die Aktion, hrsg. von Franz Pfemfert, Jg. 8, Nr. 45 / 46, 1918,<br />
Zeitschrift, Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
04_Becker_V2.indd 125 08.10.2010 19:59:10 Uhr<br />
125
Ludwig Meidner, Bildnis des Dichters Max Herrmann-Neiße, 1919,<br />
Kaltnadel, Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland, Kunstforum<br />
Ostdeutsche Galerie Regensburg<br />
126<br />
04_Becker_V2.indd 126 08.10.2010 19:59:11 Uhr
Ludwig Meidner, Max Herrmann-Neiße, 1920, Tempera auf Karton,<br />
Institut <strong>Mathildenhöhe</strong>, Städtische Kunstsammlung Darmstadt<br />
04_Becker_V2.indd 127 08.10.2010 19:59:11 Uhr<br />
127
Revolution, hrsg. von Hans Leybold, Franz Jung und Hugo Ball,<br />
Nr. 3, 1913, Zeitschrift, Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
128<br />
Revolution, hrsg. von Hans Leybold, Franz Jung und Hugo Ball,<br />
Nr. 4, 1913, Zeitschrift, Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
04_Becker_V2.indd 128 08.10.2010 19:59:12 Uhr
Revolution, hrsg. von Hans Leybold, Franz Jung und Hugo Ball,<br />
Nr. 5, 1913, Zeitschrift, Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
04_Becker_V2.indd 129 08.10.2010 19:59:12 Uhr<br />
129
Ernst Barlach, Der heilige Krieg, 1914, Kohle, Museum Behnhaus Drägerhaus,<br />
Die Lübecker Museen<br />
130<br />
04_Becker_V2.indd 130 08.10.2010 19:59:12 Uhr
Ernst Barlach, Der Rächer, 1914 (Entwurf), 1957 (Guss), Bronze, Ernst Barlach Haus,<br />
Stiftung Hermann F. Reemtsma, Hamburg<br />
04_Becker_V2.indd 131 08.10.2010 19:59:13 Uhr<br />
131
Otto Dix, Schwerer Granateneinschlag, um 1918, Kreide, Kunstmuseum Stuttgart<br />
132<br />
04_Becker_V2.indd 132 08.10.2010 19:59:13 Uhr
Otto Dix, Der Volltreffer I, um 1917, Kreide, Kunstmuseum Stuttgart<br />
04_Becker_V2.indd 133 08.10.2010 19:59:13 Uhr<br />
133
Paul Hindemith, Streichquartett f-Moll op. 10, mit zerdrücktem Floh, komponiert<br />
an der Front, 1918, Skizzenbuch Nr. 30, Hindemith Institut Frankfurt<br />
134<br />
04_Becker_V2.indd 134 08.10.2010 19:59:14 Uhr
Otto Dix, Die Schlacht, 1917, Kreide, Graphische Sammlung,<br />
Museumslandschaft Hessen Kassel<br />
04_Becker_V2.indd 135 08.10.2010 19:59:14 Uhr<br />
135
Otto Dix, Sterbender Soldat, 1915, Kohle, rot laviert,<br />
Graphische Sammlung, Museumslandschaft Hessen Kassel<br />
136<br />
04_Becker_V2.indd 136 08.10.2010 19:59:14 Uhr
Ernst Wilhelm Lotz, Feldpostkarte an Ludwig Meidner, 1914, Tinte,<br />
Stadtarchiv Darmstadt<br />
04_Becker_V2.indd 137 08.10.2010 19:59:15 Uhr<br />
137
Paul Hindemith, Notizen zu meinen Feldzugs-Erinnerungen, 1919, Tagebuch,<br />
Hindemith Institut Frankfurt<br />
138<br />
04_Becker_V2.indd 138 08.10.2010 19:59:15 Uhr
Erich Heckel, Verwundeter Matrose, 1915, Holzschnitt, Graphische Sammlung,<br />
Städel Museum, Frankfurt a. M.<br />
04_Becker_V2.indd 139 08.10.2010 19:59:15 Uhr<br />
139
Erich Heckel, Der Gefangene, in: Oskar Wilde, Die Ballade vom Zuchthaus zu Reading,<br />
Leipzig 1907, Holzschnitt, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin<br />
140<br />
04_Becker_V2.indd 140 08.10.2010 19:59:16 Uhr
Erich Heckel, Mann in der Ebene, 1917, aus: Elf Holzschnitte 1912–1919, Berlin 1921,<br />
Holzschnitt auf Maschinenbütten, Hessisches Landesmuseum Darmstadt<br />
04_Becker_V2.indd 141 08.10.2010 19:59:16 Uhr<br />
141
142<br />
Vom S<br />
Revo<br />
Polit<br />
und<br />
dem<br />
05_Hoffmann_V2.indd 142 08.10.2010 13:16:57 Uhr
Sturm zur<br />
olution<br />
itik<br />
b<br />
Kunst nach<br />
Justin Hoffmann<br />
�. Weltkrieg<br />
05_Hoffmann_V2.indd 143 08.10.2010 13:16:57 Uhr<br />
143
144<br />
Das Kriegsende und die revolutionären Vorgänge<br />
1918 / 19 erkannten die Expressionisten<br />
als Chance, ihre Ideen über die eigene<br />
Szene hinaus in breiten Bevölkerungsschichten<br />
zu verankern. Poli tisch interessierte Künstler<br />
wollten auf die Entstehung einer neuen<br />
Staatsform Einfluss nehmen. Der individuelle<br />
Protest gegen Monarchie, Krieg, autoritäre<br />
Verhältnisse und überkommene Sexualmoral<br />
reichte ihnen nicht mehr, sie wollten die<br />
Mas sen erreichen. Entweder sie handelten<br />
als politische Aktivisten und suchten direkten<br />
Kontakt zu den Revolutionären, wie Ernst<br />
Toller (Abb. S. 37), der sein Buch Die Wandlung<br />
unter den Streikenden der Munitionsfabriken<br />
verteilte. 1 Oder sie nutzten Medien<br />
wie Zeitungen und Zeitschriften. Auch in<br />
anderer Weise fand dieses Bestreben seinen<br />
prägnanten Ausdruck: im Zusammenschluss<br />
von Künstlern zu Organisationen, die häufig<br />
interdisziplinär strukturiert waren, das heißt<br />
Kultur schaffende der verschiedensten Gattungen<br />
vereinten. Die Organisierung führte je<br />
nach Region beziehungsweise Stadt zu unterschiedlichen<br />
Ergebnissen. Die Aufteilung<br />
in Bundesländer mit relativ eigenständigen<br />
Regierungen war nach Kriegsende stärker<br />
spürbar als in den folgenden Jahren der Konsolidierung<br />
der Weimarer Republik. Entsprechend<br />
unterschiedlich verlief die Revolution<br />
nach dem Ende der Monarchie.<br />
Vision und Abstraktion<br />
Der <strong>Expressionismus</strong> hatte sich durch vier Jahre<br />
Weltkrieg grundlegend gewandelt. Nach Krieg<br />
und Revolution gelang es ihm schnell, sich an<br />
die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse anzupassen.<br />
Stil und Inhalt wurden entsprechend<br />
modifiziert: einerseits im Sinne einer Zunahme<br />
an Plakativität (narrative Elemente, Text im Bild<br />
oder klare Komposition), andererseits durch die<br />
Entwicklung neuer Bildsprachen wie beispielsweise<br />
der Abstraktion. Vor dem Krieg standen<br />
die Expressionisten im Mittelpunkt der Boheme<br />
in den verschiedenen deutschen Großstädten.<br />
Das Interesse an politischen Fragen war noch<br />
kaum ausgeprägt, Kontakte zur Arbeiterkulturbewegung<br />
und zu sozialistischen Parteien wurden<br />
kaum gepflegt. Im Laufe des Ersten Weltkriegs<br />
hatte sich jedoch die Kritik an Monarchie, Militär<br />
und reaktionären Strukturen verstärkt. Vor allem<br />
nachdem zahlreiche expressionistische Maler und<br />
Schriftsteller gefallen waren, erwachten viele aus<br />
dem realitätsfernen Euphoriezustand zu Beginn<br />
des Krieges. 2 Mit aller Deutlichkeit wurden den<br />
Künstlern die Auswirkungen von Patriotismus und<br />
Imperialismus vor Augen geführt.<br />
Nicht wenige bildende Künstler und<br />
Kunsttheoretiker glaubten, die Revolution<br />
der Kunst – damit meinten sie die<br />
moderne Kunst in ihren verschiedenen<br />
Facetten – wäre der gesellschaftlichen<br />
Revolution vorangegangen und hätte ihr<br />
den Weg geebnet. 3 Auch ein so renommierter<br />
Künstler wie Paul Klee (Abb. 2)<br />
äußert sich in seiner Beitrittserklärung<br />
zum bayerischen Aktionsausschuss revolutionärer<br />
Künstler (ARK) in dieser<br />
Richtung: »Dass ich mich dahin zugehö<br />
rig betrachte, ist ja selbstverständlich,<br />
da ich ja mehrere Jahre vor dem Krieg<br />
schon in der Art produzierte, die jetzt<br />
auf eine breitere öffentliche Basis gestellt<br />
werden soll.« 4 Die kulturellen Umbrüche<br />
vor dem Ersten Weltkrieg wurden<br />
als so tief greifend begriffen, dass<br />
sie als Revolution wahrgenommen und<br />
tituliert wurden. Viele Künstler sahen<br />
sich dazu legitimiert, eine wichtige Rolle<br />
im gesellschaftlichen Wandel 1918 / 19<br />
zu spielen. Die Kunsthistorikerin Joan<br />
Wein stein schreibt: »Sie hatten die Vorstellung<br />
von einer Revolution, in der die<br />
Kunst eine Führungsrolle einnehmen<br />
sollte, einer Revolution, die den Begriff<br />
›<strong>Expressionismus</strong>‹ zu einem gültigen<br />
Maßstab des politischen Lebens erheben<br />
würde.« 5 Tatsächlich deuten wichtige<br />
Zeitschriftentitel wie Der Sturm (seit<br />
1910), Die Aktion (seit 1911, Abb. 7), oder<br />
Revolution (seit 1913, Abb. 1) – Publikationen,<br />
die auch schon vor dem Krieg<br />
dem <strong>Expressionismus</strong> zum Durchbruch<br />
verhalfen – auf das Bedürfnis nach<br />
grundlegenden Veränderungen hin. Der<br />
emphatische, aber meist ungerichtete<br />
Wunsch nach Wandel kann jedoch keinesfalls<br />
mit dem Aufruf zum revolutionären<br />
Sozialismus gleichgesetzt werden.<br />
Trotzdem sahen sich viele bildende<br />
Künstler durch das Zeitgeschehen in<br />
ihrem Impetus bestätigt und begriffen<br />
sich als wichtige Akteure in der sozialen<br />
Umgestaltung. Warum sich expressionistische<br />
Künstler als revolutionär bezeich<br />
neten, war zudem eine Folge der<br />
Ausgrenzung und Abwertung durch<br />
das wil helminische Kunstsystem. Staat<br />
und Akademien, die Naturalismus und<br />
Symbolismus bevorzugten, sahen sich<br />
im Bereich der Kultur von den expressionistischen<br />
Tendenzen fast genauso<br />
herausgefordert wie von sozialistischem<br />
Ge dankengut. Die von Emotionen gesteuerte<br />
Abweichung vom Naturalismus<br />
provozierte die an Technik und Rationalität<br />
orientierte staatliche Ordnung. Sie<br />
war ein Stachel im Zweckoptimismus<br />
der Fortschrittsideologie. Die subjektive<br />
Freiheit in Form und Farbwahl irritierte<br />
viele der nach strengem Reglement lebenden<br />
Bürger.<br />
Im expressionistischen Stil der Spätzeit fallen<br />
zwei Entwicklungen auf, die auf den ersten<br />
Blick nicht unbedingt auf eine Politisierung<br />
hindeuten: die Tendenz zur Abstraktion und<br />
das Interesse am Visionären. Kandinsky hatte<br />
um 1910 die abstrakte Malerei im Umfeld des<br />
Blauen Reiters begründet. Die Entfernung<br />
vom Gegenstand entsprach einer Hinwendung<br />
zu den Grundelementen der Malerei und der<br />
bildenden Kunst. Dieser Elementarismus und<br />
Essentialismus konnte bei manchen Künstlern<br />
politisch oder utopisch konnotiert seinen Ausdruck<br />
finden: als Visualisierung der Kritik an<br />
den bestehenden sozialen Verhältnissen und als<br />
Sinnbild für eine zukünftige Ordnung. So ist es<br />
auch nicht verwunderlich, dass sich Kandinsky<br />
in der revolutionären Phase der Sowjetunion<br />
für eine neue künstlerische Praxis einsetzte 6<br />
und vom dortigen Konstruktivismus wesentlich<br />
beeinflusst wurde. Aber auch in Deutschland<br />
begriffen Künstler abstrakte Bilder oder stark<br />
abstrahierte Darstellungen als Metaphern für<br />
eine neue Ordnung. Für Mitglieder des ARK<br />
in München wie Paul Klee, Fritz Schaefler und<br />
Heinrich Campendonk war die freie Komposition<br />
Ausdruck für neue gesellschaftliche Strukturen.<br />
Die abstrakte Formensprache als eine<br />
Art Post<strong>Expressionismus</strong> lässt sich auch bei<br />
anderen Künstlern wie Walter Ruttmann oder<br />
Hans Richter (Vorsitzender des ARK) nachweisen,<br />
die in wenigen Jahren von wilden und<br />
emphatischen Bildern zum absoluten Film,<br />
dem technisch neuesten künstlerischen Ausdrucksmittel,<br />
wechselten.<br />
Organisation<br />
Nach Kriegsende und Revolution schlossen sich<br />
zahlreiche Künstler zu neuen Organisationen zusammen,<br />
um mit dieser Form der Institutionalisierung<br />
an Bedeutung und Einfluss in der Gestaltung<br />
des Staates zu gewinnen. Einige davon lehnten<br />
sich in der Namensgebung bewusst an die Arbeiter,<br />
Bauern und Soldatenräte der Novemberrevolution<br />
an. Denn in den Monaten unmittelbar<br />
nach Kriegsende war es noch nicht abzusehen,<br />
ob sich in Deutschland ein parlamentarisches<br />
System oder ein Rätesystem durchsetzen würde.<br />
Anfang Dezember erschienen in Berlin die ersten<br />
Verlautbarungen des Arbeitsrats für Kunst. Sie<br />
zeigen, dass seine Mitglieder weniger an einer<br />
gesellschaftlichen Veränderung als an einer Umstrukturierung<br />
des Kunstsystems interessiert waren.<br />
So heißt es in einem Manifest 1919 (Abb. 3,<br />
s. S. 166): »In der Überzeugung, daß die politische<br />
Umwälzung benutzt werden muß zur Befreiung<br />
der Kunst von jahrzehntelanger Bevormundung,<br />
hat sich in Berlin ein Kreis einheitlich gesinnter<br />
Künstler und Kunstfreunde zusammengefunden.<br />
Er erstrebt die Sammlung aller verstreuten und<br />
sich zersplitternden Kräfte, die über die Wahrnehmung<br />
einseitiger Berufsinteressen hinaus am<br />
Neuaufbau unseres Kunstlebens entschlossen<br />
mitwirken wollen.« 7 Der Arbeitsrat für Kunst warf<br />
die Frage auf, ob die Freiheit der Kunst mit den<br />
tradierten Institutionen noch möglich wäre. Alle<br />
Steuerungsinstrumente der wilhelminischen Kultur<br />
sollten abgeschafft werden. Das Manifest Ein<br />
neues künstlerisches Programm des Arbeitsrats<br />
für Kunst wurde von rund achtzig Kulturschaffenden<br />
unterzeichnet. Neben politisch engagierten<br />
Künstlerinnen wie Käthe Kollwitz, aber auch gemäßigten<br />
Vertretern wie Leo König von der Berliner<br />
Secession gehörten ihnen insbesondere Ex <br />
pressionisten wie Max Pechstein, Ludwig Meidner,<br />
Emil Nolde, Otto Freundlich, Rudolf Belling<br />
und César Klein an. Die Leitung dieser Organisation<br />
übernahm der Architekt Bruno Taut. Ihm<br />
folgte bald Walter Gropius, der spä tere Gründungsdirektor<br />
des Bauhauses in Weimar. Entsprechend<br />
den Richtlinien dieser wegweisen den<br />
Ausbildungsstätte forderte Gropius 1919 in einer<br />
Rede vor dem Arbeitsrat die Auflösung der Grenzen<br />
zwischen Malerei, Bildhauerei und Architektur.<br />
8 Das Manifest beschränkte sich wie die<br />
meisten Veröffentlichungen des Arbeitsrats auf<br />
Veränderungen im kulturellen Bereich. Gesamtgesellschaftliche<br />
Fragen wurden dagegen nicht<br />
angesprochen und konkrete politische Forderungen<br />
nicht gestellt.<br />
Das oben genannte Manifest veröffentlichten<br />
sowohl die SPDZeitung Vorwärts als auch<br />
Die Freiheit, die der USPD nahe stand. Einen<br />
05_Hoffmann_V2.indd 144 08.10.2010 13:16:58 Uhr
1<br />
Richard Seewald, Revolution, Titelblatt, Revolution, hrsg. von Hans Leybold,<br />
Franz Jung und Hugo Ball, Nr. 1, 1913, Reprint, Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
05_Hoffmann_V2.indd 145 08.10.2010 13:16:58 Uhr<br />
145
2<br />
Paul Klee, Junger Proletarier, 1919,<br />
Öl auf Pappe, Privatsammlung<br />
146<br />
Max Pechstein, Arbeitsrat für Kunst. Vignette<br />
im Programm des Arbeitsrats Berlin, 1919,<br />
Holzschnitt, Abeceda Antiquariat München<br />
3<br />
Moriz Melzer, Typografischer Entwurf für die Novembergruppe,<br />
um 1922, Tusche auf blauem Hochglanzpapier, Berlinische<br />
Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und<br />
Architektur, Berlin<br />
05_Hoffmann_V2.indd 146 08.10.2010 13:17:00 Uhr<br />
4
Hinweis auf die tatsächliche politische Haltung<br />
des Arbeitsrats für Kunst geben die poli tischen<br />
expressionistischen Plakate von Max Pechstein<br />
(Abb. 5) und César Klein, die sich im<br />
Sinn der SPD ausdrücklich für eine parlamentarische<br />
Demokratie einsetzen. Von beiden<br />
existieren Werbeplakate zur Gründung der<br />
Na tionalver sammlung. Pechsteins Plakat trägt<br />
den Schriftzug »Arbeiter, Bürger, Bauern, Soldaten<br />
aller Stämme Deutschlands vereinigt<br />
euch zur Nationalversammlung«, während auf<br />
Kleins Plakat »Die Nationalversammlung der<br />
Grundstein der Deutschen Sozialistischen Republik«<br />
zu lesen ist. Aktivitäten für ein Rätesystem<br />
und weitere revolutionäre Maßnahmen<br />
lehnten sie ab. »Erwürgt nicht die junge Freiheit<br />
durch Unordnung und Brudermord. Sonst<br />
verhungern Eure Kinder«, heißt es auf einem<br />
Plakat Pechsteins für den Werbedienst der<br />
Deutschen Republik des Jahres 1918. Die Skepsis<br />
mancher Expressionisten gegenüber der<br />
USPD und dem Spartakusbund rührte von der<br />
Angst her, deren kulturelle Vorstellungen würden<br />
die Freiheit der Kunst einschränken. 9<br />
Pechstein und Klein waren zusammen mit<br />
Heinrich RichterBerlin auch die führenden<br />
Köpfe der Novembergruppe (Abb. 4),<br />
die sich am 3. November 1918 formierte.<br />
Im Unterschied zum Arbeitsrat für Kunst<br />
bestand die Novembergruppe in ihren Anfängen<br />
fast ausschließlich aus bildenden<br />
Künstlern. In ihren Richtlinien vom Januar<br />
1919 heißt es entsprechend: »Die ›Novembergruppe‹<br />
ist die (deutsche) Vereinigung<br />
der radikalen bildenden Künstler.« 10 In ihren<br />
Akti vitäten und Verlautbarungen erwies<br />
sich die Novembergruppe aber als wenig<br />
poli tisch. Sie existierte bis zum Jahr 1933.<br />
1924 spalteten sich die kommunistischen<br />
Künstler (Dix, Grosz, Felixmüller, Davringhausen,<br />
Heartfield, Griebel und andere)<br />
als Rote Gruppe ab.<br />
Auch in anderen Städten und Zentren des<br />
<strong>Expressionismus</strong> entstanden neue Künstlerorganisationen.<br />
In Dresden spielte Conrad<br />
Felixmüller dabei eine zentrale Rolle. Er<br />
gehörte sowohl dem elfköpfigen leitenden<br />
Komi tee des dortigen Künstlerrats als auch<br />
der Sozialistischen Gruppe der Geistesarbeiter<br />
an. Außerdem gründete er Anfang<br />
1919 die Dresdner Sezession Gruppe 1919,<br />
zu der auch Otto Dix und der Architekt Hugo<br />
Zehder gehörten. Felixmüller ist in diesem<br />
Kontext von besonderem Interesse, da er<br />
einerseits als hervorragendes junges Talent<br />
galt, das sich in die Tradition der Brücke<br />
stellte, und andererseits schon im Jahr 1919<br />
der KPD beitrat und sich für weiterführende<br />
revolutionäre Aktivitäten einsetzte. Ihm gelang<br />
auf besondere Weise der Spagat zwischen<br />
Erfolg auf dem Kunstmarkt – er erhielt<br />
ein jährliches Gehalt von 1 200 Mark von der<br />
Galerie Emil Richter –, 11 und dem Eintreten<br />
für neue Aufgaben der Kunst in einem sozialistischen<br />
Staat. Für die Vorreiterrolle des<br />
<strong>Expressionismus</strong> war Dresden prädestiniert.<br />
Hier war diese Richtung anerkannter als in<br />
anderen Regionen Deutschlands. So wurde<br />
Max Pechstein am 26. März 1919 als erster<br />
expressionistischer Künstler zum Professor<br />
an eine Kunsthochschule, die Dresdner Akademie,<br />
berufen.<br />
Nach Kriegsende entwickelten sich die politischen<br />
Verhältnisse in München anders als in Berlin.<br />
An die Spitze der Räte gelangte ein USPD<br />
Vertreter, der Journalist und Schriftsteller Kurt<br />
Eisner. Er wurde zum ersten Ministerpräsidenten<br />
des Freistaates Bayern ernannt. Als die Wahlen<br />
Anfang 1919 für die USPD zum Debakel wurden<br />
und eine Restauration alter politischer Strukturen<br />
drohte, ergriffen die Räte gegen das Parlament<br />
die Macht. Um einer neuerlichen Zusammenkunft<br />
der bayerischen Nationalversammlung zuvorzukommen<br />
und die Rätedemokratie zu bewahren,<br />
riefen verschiedene USPDPolitiker zusammen<br />
mit prominenten Intellektuellen und Anarchisten<br />
die Räterepublik in Bayern aus. Die parlamentarische<br />
Regierung unter Johannes Hoffmann (SPD)<br />
flüchtete nach Bamberg und forderte militärische<br />
Unterstützung durch das Reich an, mit dem Auftrag,<br />
München zurückzuerobern. Die Rolle des<br />
Kultusministers übertrug die Räteregierung dem<br />
Schriftsteller und Anarchisten Gustav Landauer.<br />
Der Aktionsausschuss revolutionärer Künstler<br />
mit den bildenden Künstlern Klee, Campendonk,<br />
Schaefler, Richter und Wach erhielt von ihm die<br />
Rolle eines exekutiven Organs. Obwohl Landauer<br />
der Avantgarde gegenüber nicht besonders aufgeschlossen<br />
war, erkannte er doch die positive<br />
Funktion des <strong>Expressionismus</strong>, insbesondere des<br />
expressionistischen Dramas. 12 Unter seiner Regie<br />
illustrierte der expressionistische Künstler Aloys<br />
Wach einige Ausgaben der auflagenstärksten<br />
Tages zeitung, der Münchner Neuesten Nachrichten<br />
(Vorläufer der Süddeutschen Zeitung), mit<br />
seinen Holzschnitten. Diese konnten der Leserschaft<br />
den <strong>Expressionismus</strong> aber nicht näherbringen.<br />
Dem Aktionsausschussmitglied Titus Tautz<br />
blieb in Erinnerung, dass sich Bürger massiv über<br />
diese Holzschnitte beschwerten. 13 Auch das Filmtheater<br />
sollte revolutioniert werden. Landauers<br />
Mitarbeiter Ret Marut, Herausgeber der antimilitaristischen<br />
Zeitschrift Der Ziegelbrenner, kündigte<br />
in der Münchner Tagespresse vom 10. April 1919<br />
die Sozialisierung des Kinos sowie des Theaters<br />
und der Presse an.<br />
Der Aktionsausschuss revolutionärer Künstler<br />
war in verschiedene Abteilungen (unter anderem<br />
Malerei, Bildhauerei, Architektur, Kunstgewerbe)<br />
unterteilt. Auch Schriftsteller wie<br />
Alfred Wolfenstein, Friedrich Burschell und<br />
Georg Kaiser sowie der Komponist Wilhelm<br />
Petersen waren Mitglieder dieser Organisation.<br />
Georg Kaiser sollte mit 74 Dramen und<br />
40 Uraufführungen zum meistgespielten Dramatiker<br />
der Weimarer Republik werden. Im<br />
Jahr 1919 vollendete er sein zweiteiliges Meisterwerk<br />
Gas. Wesentliche Züge dieses Stücks<br />
um ein Energieunternehmen sind in Fritz Langs<br />
Film Metropolis (1926) eingegangen, jedoch<br />
banalisiert und konservativ verändert. 14<br />
Publikation<br />
Als Folge der Revolution gründeten Expressionisten<br />
in zahlreichen deutschen Städten neue Zeitschriften.<br />
Im Unterschied zur Kriegszeit mussten<br />
diese nicht mehr mit Repressalien rechnen. Die<br />
wilhelminische Ächtung der modernen Kunst war<br />
vorbei. Viele Expressionisten sahen die Zeit gekommen,<br />
nun an die Öffentlichkeit zu treten. In<br />
Zeitschriften und Zeitungen zu publizieren war<br />
eine nahe liegende Möglichkeit, sich an ein größeres<br />
Publikum zu wenden.<br />
In Berlin konnten die renommierten Zeitschriften<br />
Der Sturm und Die Aktion nun<br />
ohne drohende Zensur erscheinen. Wie<br />
schon in den Jahren vor und während des<br />
Krieges spielten darin expressionistische<br />
Künstler und Literaten eine zen trale Rol<br />
le. Während sich Herwarth Waldens Der<br />
Sturm als unpolitisch verstand, trat Franz<br />
Pfemfert in seiner Zeitschrift Die Aktion<br />
offen für die Revolution ein. Werke von<br />
Künstlern, die sich während des Weltkriegs<br />
als kriegsbegeistert gezeigt hatten,<br />
wurden in seiner Zeitschrift grundsätzlich<br />
nicht publiziert.<br />
Während in Berlin diese beiden Publikationen<br />
die expressionistische Zeitschriftenlandschaft<br />
dominierten, war die Kunstpresse in München<br />
vor allem durch Neugründungen gekennzeichnet,<br />
die jedoch bedingt durch Vertreibung und<br />
Verhaftung zahlreicher Künstler nach dem Einmarsch<br />
der »weißen« Truppen im Mai 1919 oft<br />
nicht lange existierten. Die Zeitschrift, die dem<br />
ARK am nächsten stand, war Der Weg. 15 Die<br />
maßgeblichen Redakteure waren der Dichter<br />
und Arzt Eduard Trautner und der Maler und<br />
Grafiker Fritz Schaefler. Die grafischen Beiträge,<br />
zumeist Holzschnitte, prägten den Gesamteindruck.<br />
Fast alle Spielarten des <strong>Expressionismus</strong><br />
wurden darin publiziert. Der agitative,<br />
dynamische Stil von Fritz Schaefler und Aloys<br />
Wach gehörten genauso dazu, wie der ornamentalere,<br />
ruhigere von Georg Schrimpf und<br />
Maria Uhden und der mystischexpressive von<br />
Josef Eberz. Aber auch die schon etablierteren<br />
Künstler wie Heinrich Campendonk, Paul Klee<br />
und Edwin Scharff veröffentlichten im Weg.<br />
Abstrakte Arbeiten wurden von Kinzinger und<br />
Kubicki geliefert. Auch von SchmidtRottluff,<br />
einem BrückeKünstler der ersten Stunde, ist<br />
eine Arbeit im Weg zu finden.<br />
In anderen Zeitschriften, die der Revolution<br />
nahe standen, dominierte der Text<br />
über die visuellen Beiträge. Die Neue<br />
Bücherschau wurde unter der Leitung<br />
von Hans Theodor Joel, dem Mitherausgeber<br />
des Wegs, publiziert. Diese Zeitschrift<br />
betonte in ihrer Unterstützung der<br />
Avantgarde die Kontinuität einer Kulturtradition,<br />
die sich auch auf die Gotik und<br />
Albrecht Dürer stützte. Den <strong>Expressionismus</strong><br />
bezeichnete Joel als Ausdrucksmittel<br />
der »kommenden Volkskunst«. 16 In<br />
der Neuen Bücherschau kann man Werke<br />
radikaler Künstler (Schaefler, Ruttmann,<br />
Walter Gramatté) ebenso finden wie von<br />
konservativeren wie Max Unold, Alfred<br />
Kubin oder Max Beckmann. 17 Das Bekenntnis<br />
zur Revolution wird in dieser<br />
Zeitschrift vor allem durch einen Nachruf<br />
auf den ermordeten Landauer deutlich.<br />
18 Die Bücherkiste hieß eine neue<br />
Zeitschrift von Heinrich F. S. Bachmair,<br />
der bereits vor dem Krieg die viel beachtete<br />
Zeitschrift Revolution vorgelegt<br />
hatte. 19 In ihr veröffentlichte unter anderen<br />
Fritz Schaefler. Andere Zeitschriften<br />
trugen Namen wie Neue Erde (Alfred<br />
Wolfenstein, Martin Buber, Alfred Kubin<br />
oder Max Unold), Münchner Blätter für<br />
Dichtung und Graphik (Georg Kaiser,<br />
Heinrich Mann, Kasimir Edschmid, Heinrich<br />
Campendonk oder Edwin Scharff)<br />
05_Hoffmann_V2.indd 147 08.10.2010 13:17:00 Uhr<br />
147
oder Der Ararat – die politische Publikation des<br />
erfolgreichen Münchner Galeristen Hans Goltz<br />
mit Illustrationen von Georg Schrimpf und des<br />
USAmerikaners Albert Bloch, der zum Kreis<br />
des Blauen Reiters gehörte. Auch der populäre<br />
Anarchist Erich Mühsam gab nach Kriegsende<br />
eine eigene Zeitschrift, den Kain, heraus. Dessen<br />
Titel blätter zeigen im Unterschied zu Gustav<br />
Klingel höfers (USPD) Wochenzeitung Süddeutsche<br />
Freiheit aber keine Titelblätter im expressionistischen<br />
Stil. Charakteristisch für letztere<br />
waren die großformatigen, propagandistischen<br />
Arbeiten von Schaefler, Aloys Wach (Abb. 6)<br />
und Heinrich Mauermayer.<br />
148<br />
Agitation<br />
Zahlreiche Expressionisten beteiligten sich<br />
auch an revolutionären Aktivitäten, insbesondere<br />
an Demonstrationen und Kundgebungen.<br />
Conrad Felixmüller gehörte zum<br />
Beispiel zu jenen, die an der Demonstration<br />
am 10. Januar in Dresden teilnahmen. Der<br />
Zug hatte das Gebäude der Dresdner Volkszeitung,<br />
die der SPD nahe stand, zum Ziel.<br />
Sächsische Regierungstruppen eröffneten<br />
auf die unbewaffneten Demonstranten das<br />
Feuer. Vierzehn Personen starben. Felixmüller<br />
hielt das Ereignis elf Monate später<br />
in einem Holzschnitt, in einer Lithografie<br />
und einem Gemälde fest. 20<br />
Zur Jahreswende 1918 / 19 war aus<br />
dem Sparta kusbund die Kommunistische<br />
Partei Deutschlands entstanden.<br />
Eine ganze Reihe bedeutender Künstler<br />
wie George Grosz, John Heartfield<br />
und Wieland Herzfelde in Berlin<br />
und Georg Schrimpf, Lessie Sachs,<br />
Walter Wenz und Otto Urbas in München<br />
schlossen sich der neu gegründeten<br />
Partei an und engagierten sich<br />
auf verschiedenste Weise für die<br />
revolutionäre Sache. 21 Die Berliner<br />
Dadaisten hatten ihren Mitgliederausweis<br />
direkt aus der Hand von Rosa<br />
Luxemburg erhalten. Sie gründeten<br />
die kurz lebigen Magazine Jedermann<br />
sein eigner Fußball und Die Pleite,<br />
in denen sie gegen Friedrich Eberts<br />
Regierung agitierten, aber auch den<br />
<strong>Expressionismus</strong> für tot erklärten. 22<br />
Andere waren an militärischen Operationen<br />
beteiligt. So schlossen sich die<br />
AktionsausschussMitglieder Georg<br />
Schrimpf und Ado von Achenbach im<br />
April 1919 als Sanitäter der »roten«<br />
Armee an, als Wehrmachts und Freikorpstruppen<br />
München umlagerten.<br />
Schrimpf wurde gefangen genommen<br />
und kam für sechs Wochen in Haft.<br />
Die »rote« Armee Münchens wurde<br />
im Abschnitt Dachau von Ernst Toller<br />
an geführt. Gustav Klingel höfer, der<br />
Herausgeber der politischen Mon tagszeitung<br />
Süddeutsche Freiheit, hatte bei<br />
diesen Truppen den Rang des Stell ver <br />
tre tenden Oberkommandieren den. 23<br />
Heinrich F. S. Bachmair, der Heraus <br />
geber der Zeitschriften Revolution<br />
und Bücherkiste und Freund von<br />
Johan nes R. Becher, war Artillerie <br />
kom mandant.<br />
Die Kunsthistorikerin Joan Weinstein beschreibt<br />
die kulturelle Entwicklung 1918 / 19 als »the end<br />
of expressionism« – so auch der gleichnamige<br />
Titel ihres Buches. 24 Dem ist mit Einschränkungen<br />
zuzustimmen. Die Rücknahme revolutionärer<br />
Errungenschaften und das Wiedererstarken<br />
konservativer Kräfte führten in der Tat vielfach<br />
zu einem Umdenken in der Kultur. Der Traum<br />
vieler, der <strong>Expressionismus</strong> könnte sich als<br />
Leitkultur im neuen deutschen Staat etablieren,<br />
schien ausgeträumt zu sein. Die grundlegende<br />
Reflexion über das verbleibende kulturelle<br />
Poten zial führte in der bildenden Kunst zur Herausbildung<br />
neuer Tendenzen und Stärkung zuvor<br />
noch peripherer Richtungen der Avant garde:<br />
Dadaismus, Konstruk tivismus, Pittura metafisica<br />
und Neuer Sachlichkeit. Andererseits sind<br />
weiterhin expressionistische Ausdrucksformen<br />
in den 1920erJahren registrierbar. Bisweilen<br />
wechselten sie, wie am Beispiel des expressionistischen<br />
Films und der Architektur erkennbar,<br />
einfach das Medium.<br />
05_Hoffmann_V2.indd 148 08.10.2010 13:17:00 Uhr
6<br />
Max Pechstein, An die Laterne, 1919, Lithografie,<br />
Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
Aloys Wach, Wir fordern unsere Zeit – Freiheit?,<br />
Titelblatt, Süddeutsche Freiheit (Montagszeitung),<br />
7. April 1919, Bayerische Staatsbibliothek, München<br />
05_Hoffmann_V2.indd 149 08.10.2010 13:17:04 Uhr<br />
5<br />
149
1 Darin beschreibt Toller die Verwandlung vom<br />
Künstler zum Revolutionär; vgl. Jan Berg<br />
u. a., Sozialgeschichte der deutschen Literatur,<br />
Frankfurt a. M. 1981, S. 91.<br />
2 Allein 27 der in Kurt Pinthus’ Anthologie<br />
Menschheitsdämmerung (1920) kompilierten<br />
Autoren waren im Krieg getötet worden; vgl.<br />
Berg u. a. 1981 (wie Anm. 1), S. 88. Franz Marc<br />
und August Macke, Mitglieder des Blauen<br />
Reiters, sind die bekanntesten der gefallenen<br />
bildenden Künstler des Ersten Weltkriegs.<br />
3 Zum Beispiel Ludwig Coellen, »Die neue<br />
Kunst«, in: Münchner Neueste Nachrichten, 72,<br />
9. 4. 1919. – Der Artikel beginnt mit dem Satz:<br />
»Ehe die politische Revolution war, war die<br />
Revolution der Kunst.«<br />
4 Brief von Paul Klee an Fritz Schaefler, München,<br />
12. 4. 1919, abgedr. in: Justin Hoffmann, »Künstler<br />
und ihre Revolution«, in: Die Süddeutsche<br />
Freiheit. Kunst der Revolution in München, hrsg.<br />
von Helmut Friedel, bearb. von Justin Hoffmann,<br />
Ausst.Kat. Städtische Galerie im Lenbachhaus,<br />
München 1993, S. 32.<br />
5 Joan Weinstein, »Die Neugestaltung des Kunstlebens<br />
in der Münchner Revolution«, in: ebd.,<br />
S. 17.<br />
6 Kandinsky entwarf das Programm für das 1920<br />
in Moskau gegründete Institut für künstlerische<br />
Kultur (INChUK); vgl. Tendenzen der Zwanziger<br />
Jahre. 15. Europäische Kunstausstellung, hrsg.<br />
von Stephan Waetzold, Verena Haas, Berlin<br />
1977, S. 1 und 80.<br />
7 Arbeitsrat für Kunst, O. T. (Flugblatt), Berlin,<br />
1919, abgedr. in: Uwe M. Schneede (Hrsg.),<br />
Künstlerschriften der 20er Jahre, Köln 1979,<br />
S. 72–75, hier S. 72.<br />
150<br />
8 Walter Gropius, »Rede vor dem Arbeitsrat für<br />
Kunst«, 1919, abgedr. in: ebd., S. 98.<br />
9 Vgl. Joan Weinstein, The End of Expressionism,<br />
Chicago 1990, S. 29.<br />
10 »Richtlinien der Novembergruppe, Berlin,<br />
Januar 1919«, abgedr. in: Schneede 1979 (wie<br />
Anm. 7), S. 101.<br />
11 Vgl. Weinstein 1990 (wie Anm. 9), S. 115.<br />
12 Joan Weinstein, »Die Neugestaltung des<br />
Kunstlebens in der Münchner Revolution«,<br />
in: München 1993 (wie Anm. 4), S. 21.<br />
13 Justin Hoffmann, »Der Aktionsausschuss revolutionärer<br />
Künstler«, in: Wolfgang Kehr und<br />
Dirk Halfbrodt (Hrsg.), München 1919. Bildende<br />
Kunst / Fotografie der Revolutions- und Rätezeit,<br />
München 1979, S. 47.<br />
14 Berg u. a. 1981 (wie Anm. 1), S. 93.<br />
15 Heft 1 erschien im Januar 1919.<br />
16 Hans Theodor Joel, »Zum Geleit«, in: Neue<br />
Bücherschau, 1919, S. 1.<br />
17 Vgl. Martin Lindner, »Illustrierte Zeitschriften<br />
der Revolution«, in: München 1993 (wie Anm. 4),<br />
S. 73–83, hier S. 79.<br />
18 Vgl. Wilhelm Michel, »Gustav Landauer.<br />
Ein Umriß«, in: Neue Bücherschau, 4, 1919,<br />
S. 4–6.<br />
19 In der von Hans Leybold herausgegebenen<br />
Zeitschrift veröffentlichen u. a. Richard<br />
Seewald, Johannes R. Becher, Erich Mühsam,<br />
Max Brod, Oskar Maria Graf, Aloys Wach,<br />
Georg Schrimpf und Leonhard Frank sowie<br />
die späteren Dadaisten Hugo Ball, Emmy<br />
Hennings, Richard Huelsenbeck und Franz<br />
Jung ihre Beiträge. Wegen Letzterem wird die<br />
expressionistische Zeitschrift immer wieder<br />
als prädadaistisch interpretiert.<br />
20 Vgl. Weinstein 1990 (wie Anm. 9), S. 112.<br />
21 Lessie Sachs war in der Propagandaabteilung<br />
der Münchner KPD tätig und für die Auf stellung<br />
geeigneter Referenten und Dis kussionsredner<br />
verantwortlich. Walter Wenz verfasste Flugblätter<br />
und arbeitete während der kommunistischen<br />
Phase der Räterepublik in der Stadtkommandantur.<br />
Otto Urbas, Mitarbeiter der Bücherkiste,<br />
gilt als Mitbegründer der Münchner KPD und<br />
war Delegierter der Münchner KPD bei den<br />
Begräbnissen von Rosa Luxemburg und Karl<br />
Liebknecht; vgl. Justin Hoffmann, »Künstler<br />
und ihre Revolution«, in: München 1993 (wie<br />
Anm. 4), S. 41 und S. 57–60.<br />
22 Vgl. Weinstein 1990 (wie Anm. 9), S. 233 f.<br />
23 Gustav Klingelhöfer wechselte später zur SPD<br />
und war nach dem Zweiten Weltkrieg Bun destagsabgeordneter.<br />
Willy Brandt hielt 1961 seine<br />
Grabrede.<br />
24 Weinstein 1990 (wie Anm. 9).<br />
05_Hoffmann_V2.indd 150 08.10.2010 13:17:04 Uhr
7<br />
Herbert Anger, Revolution, Titelblatt, Die Aktion,<br />
hrsg. von Franz Pfemfert, Jg. 9, Nr. 45 / 46, 1919,<br />
Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
05_Hoffmann_V2.indd 151 08.10.2010 13:17:04 Uhr<br />
151
Harry Graf Kessler, Krieg und Zusammenbruch. Aus Feldpostbriefen 1914 / 1918, Weimar 1921,<br />
Publikation, Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Frankfurt a. M.<br />
05_Hoffmann_V2.indd 152 08.10.2010 13:17:04 Uhr
05_Hoffmann_V2.indd 153 08.10.2010 13:17:05 Uhr
Carlo Mierendorff, »Die Zeit fordert heraus! …«, November 1918,<br />
Erstveröffentlichung: Die Dachstube. Flugblätter, Jg. 4, November 1918<br />
154<br />
Die Zeit fordert heraus! Wir stehn am Ende!<br />
Nun dürfen wir nicht mehr still sein und uns<br />
von den Ereignissen rädern lassen. Über vier<br />
Jahre flüchteten wir uns vor dem Ungeheuren<br />
in astrale Verse. Wir bogen aus und verleugneten,<br />
was Schicksalhaftes verhandelt wurde. Es<br />
war Lüge, daß wir es taten. Denn unsere Leiber<br />
und Seelen waren verfangen.<br />
Doch immerhin: Das Wort war uns schwer<br />
gemacht, wenn nicht versagt. Das Einzelleben<br />
war mechanisiert, das Denken war nur eine<br />
Funktion. Und wir meisten waren an der Front.<br />
Man konnte nicht gegen sein eignes Handeln<br />
denken, ohne zu zerbrechen.<br />
Doch nun sind wir frei: Und Ungeheu res<br />
geschieht: Jetzt lebendig einspringen in den<br />
Strom der Geschichte, aktiv sein aufs äußerste<br />
und nichts sich entreißen lassen. Wer wagt es<br />
noch sich von den Dingen treiben zu lassen?<br />
Freunde wir wollen, daß ein Teil unseres<br />
Raumes der Zeit gehört. Nicht, daß die Kunst<br />
aufhörte, unser letztes heißestes Ziel zu sein.<br />
Doch stehen wir an einem Punkte, wo Kunst<br />
nur an dem gemessen werden kann, was sie<br />
dem ringenden Leben bietet. Brücke zum Unendlichen,<br />
vom Zeitlichen ins Ewige, das ist die<br />
Kunst. Doch jetzt, wo die Zeit so rießengroß,<br />
so schaurig selber mit den letzten Dingen ringt,<br />
ist sie selbst das Maß aller Werte geworden und<br />
wehe der Kunst, die sie überspringt.<br />
Wir wollen und dürfen nicht mehr schweigen:<br />
Wir warten auf Euch, Freunde, auf Euer<br />
heißestes Herz, auf Euer reinste Gesinnung!<br />
Springt ein und formt euern Mut, sucht Richtung,<br />
Wege und Ziele: Unhemmbarer Wille zur<br />
Zukunft reiße uns hoch, sei unsere gläubigste<br />
Losung. Freunde, greift ein!<br />
»Die Zeit fordert<br />
heraus! ...«<br />
05_Hoffmann_V2.indd 154 08.10.2010 13:17:05 Uhr
Ernst Stern, aus dem Zyklus Revolution in Berlin, 1919, Lithografie, Kunstsammlung,<br />
Akademie der Künste, Berlin, links: Streik in Mariendorf, oben: Die Autos am 9. November,<br />
unten: Panik im Lustgarten<br />
05_Hoffmann_V2.indd 155 08.10.2010 13:17:06 Uhr<br />
155
Hans Slavos, Mensch gegen Mensch, um 1916, Demonstration, Blatt 5 von 12,<br />
unten: Revolution, Blatt 11 von 12, Holzschnitt, LETTER Stiftung, Köln<br />
156<br />
05_Hoffmann_V2.indd 156 08.10.2010 13:17:06 Uhr
Hans Slavos, Mensch gegen Mensch, um 1916, Propaganda, Blatt 4 von 12,<br />
Holzschnitt, LETTER Stiftung, Köln<br />
05_Hoffmann_V2.indd 157 08.10.2010 13:17:06 Uhr<br />
157
Hans Leip, Revolution, 1919, Holzschnitt,<br />
Museum für Hamburgische Geschichte<br />
158<br />
Hans Leip, Revolution, 1923, Holzschnitt,<br />
Museum für Hamburgische Geschichte<br />
05_Hoffmann_V2.indd 158 08.10.2010 13:17:07 Uhr
Otto Dix, Der Schrei, 1919,<br />
Holzschnitt, Kunstsammlung Gera<br />
05_Hoffmann_V2.indd 159 08.10.2010 13:17:08 Uhr<br />
159
Milly Steger, Auferstehender Jüngling, 1920,<br />
Holz, Städel Museum, Frankfurt a. M.<br />
160<br />
Rudolf Leonhard, Der tote Liebknecht, 1919, Erstveröffentlichung:<br />
Kurt Pinthus, Menschheitsdämmerung, Berlin 1920<br />
Seine Leiche liegt in der ganzen Stadt,<br />
in allen Höfen, in allen Straßen.<br />
Alle Zimmer<br />
sind vom Ausfließen seines Blutes matt.<br />
Da beginnen Fabriksirenen<br />
unendlich lange<br />
dröhnend aufzugähnen,<br />
hohl über die ganze Stadt zu gellen.<br />
Und mit einem Schimmer<br />
auf hellen<br />
starren Zähnen<br />
beginnt seine Leiche<br />
zu lächeln.<br />
Der tote Liebknecht<br />
05_Hoffmann_V2.indd 160 08.10.2010 13:17:08 Uhr
Käthe Kollwitz, Die Freiwilligen, 1922 / 23, unten: Gedenkblatt für Karl Liebknecht, 1920,<br />
Holzschnitt, Graphische Sammlung, Städel Museum, Frankfurt a. M.<br />
05_Hoffmann_V2.indd 161 08.10.2010 13:17:09 Uhr<br />
161
Otto Dix, Plakat zur Ausstellung des Sächsischen Kunstvereins, 1919,<br />
Lithografie, Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin<br />
162<br />
05_Hoffmann_V2.indd 162 08.10.2010 13:17:09 Uhr
Otto Dix, Plakat zur Kunstausstellung der Gruppe 1919 in der Galerie Emil Richter<br />
in Dresden, 1919, Lithografie, Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin<br />
05_Hoffmann_V2.indd 163 08.10.2010 13:17:10 Uhr<br />
163
Rudolf Belling, Dreiklang, 1919 (Entwurf), 1972 (Guss),<br />
Bronze, Kunsthandel Wolfgang Werner, Bremen / Berlin<br />
164<br />
05_Hoffmann_V2.indd 164 08.10.2010 13:17:10 Uhr
Moriz Melzer, Der Dreiklang, 1920, Aquarell und Bleistift, Berlinische Galerie,<br />
Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin<br />
05_Hoffmann_V2.indd 165 08.10.2010 13:17:11 Uhr<br />
165
166<br />
Flugblatt Arbeitsrat für Kunst, 1919, Erstveröffentlichung: als Flugblatt im April 1919<br />
In der Überzeugung, daß die politische Umwälzung<br />
benutzt werden muß zur Befreiung der<br />
Kunst von jahrzehntelanger Bevormundung,<br />
hat sich in Berlin ein Kreis einheitlich gesinnter<br />
Künstler und Kunstfreunde zusammengefunden.<br />
Er erstrebt die Sammlung aller verstreuten<br />
und sich zersplitternden Kräfte, die über die<br />
Wahrung einseitiger Berufsinteressen hinaus<br />
am Neuaufbau unseres gesamten Kunstlebens<br />
entschlossen mitwirken wollen. In enger Fühlung<br />
mit Vereinigungen ähnlicher Tendenz an<br />
andern Orten Deutschlands hofft der Arbeitsrat<br />
für Kunst seine nächsten Ziele, die in folgendem<br />
Programmauszug angedeutet sind, in nicht zu<br />
ferner Zeit durchsetzen zu können.<br />
An der Spitze steht der Leitsatz:<br />
Kunst und Volk müssen eine Einheit bilden.<br />
Die Kunst soll nicht mehr Genuß Weniger, sondern<br />
Glück und Leben der Masse sein. Zusammenschluß<br />
der Künste unter den Flügeln einer großen<br />
Baukunst ist das Ziel.<br />
Auf dieser Basis werden zunächst sechs<br />
Forderungen gestellt:<br />
1. Anerkennung des öffentlichen Charakters<br />
aller Bautätigkeit, der staatlichen und pri <br />
va ten. Aufhebung aller Beamtenprivilegien.<br />
Ein heitliche Leitung ganzer Stadtteile. Straßenzüge<br />
und Siedlungen, ohne daß die Freiheit<br />
im einzelnen beeinträchtigt wird. Neue Aufgaben:<br />
Volkshäuser als Vermittlungsstätten aller<br />
Künste an das Volk. Ständige Experimentiergelände<br />
zur Erprobung und Vervollkommnung<br />
neuer baulicher Wirkungen.<br />
2. Auflösung der Akademie der Künste,<br />
der Akademie für das Bauwesen und der Preußischen<br />
Landeskunstkommission in ihrer bisherigen<br />
Gestalt. Ersatz dieser Körperschaften<br />
bei neuer Abgrenzung ihres Arbeitsfeldes durch<br />
solche, die aus der produktiven Künstlerschaft<br />
selbst ohne staatliche Beeinflussung geschaffen<br />
werden. Umwandlung der privilegierten Kunstausstellungen<br />
in freie.<br />
3. Befreiung des gesamten Unterrichts für<br />
Architektur, Plastik, Malerei und Handwerk<br />
von staatlicher Bevormundung. Umwandlung<br />
des künstlerischen und handwerklichen Unterrichts<br />
von Grund auf. Bereitstellung staatlicher<br />
Mittel dafür und für Meistererziehung in Lehrwerkstätten.<br />
4. Belebung der Museen als Bildungsstätten<br />
für das Volk. Einrichtung ständig wechselnder,<br />
durch Vorträge und Führungen dem ganzen<br />
Volke dienstbar gemachter Ausstellungen.<br />
Ausscheidung des wissenschaftlichen Materials<br />
in Zweckbauten. Absonderung technisch geordneter<br />
Studiensammlungen für Kunsthandwerker.<br />
Gerechte Verteilung der staatlichen Mittel<br />
zum Erwerb alter und neuer Werke.<br />
5. Beseitigung der künstlerisch wertlosen<br />
Denkmäler sowie aller Bauten, deren Kunstwert<br />
im Mißverhältnis zu dem Wert ihres anders<br />
brauchbaren Materials steht. Verhinderung<br />
voreilig geplanter Kriegsdenkmale und unverzügliche<br />
Einstellung der Arbeiten für die in Berlin<br />
und im Reich vorgesehenen Kriegsmuseen.<br />
6. Bildung einer Reichstelle zur Sicherung<br />
der Kunstpflege im Rahmen der künftigen Gesetzgebung.<br />
Der Arbeitsrat für Kunst in Berlin hat<br />
sich nach sorgfältiger Vorbereitung in folgender<br />
Weise konstituiert:<br />
I. Geschäftsausschuß,<br />
gewählt von der Vollversammlung des Arbeitsrats<br />
für Kunst am 1. März. Ihm gehören an die<br />
Architekten, Maler, Bildhauer und Kunstschriftsteller:<br />
Walter Gropius<br />
César Klein (Leitung)<br />
Adolf Behne<br />
Otto Bartning<br />
Hermann Hasler<br />
Erich Heckel<br />
Georg Kolbe<br />
Gerhard Marcks<br />
Ludwig Meidner<br />
Max Pechstein<br />
Herrmann RichterBerlin<br />
Karl SchmidtRottluff<br />
Bruno Taut<br />
Max Taut<br />
Wilhelm Valentiner<br />
II. Künstlerische Arbeitsgemeinschaft<br />
in Berlin ansässiger bildender Künstler und<br />
Kunstschriftsteller, gewählt vom Geschäftsausschuß<br />
am 22. März. Ihr gehören an:<br />
Der Geschäftsausschuß<br />
und<br />
Rudolf Belling<br />
Artur Degner<br />
Lyonel Feininger<br />
Otto Freundlich<br />
Jefim Golyscheff<br />
August Grisebach<br />
Erwin Hass<br />
P. R. Henning<br />
Jakob Hirsch<br />
Walter Kaesbach<br />
Moritz Melzer<br />
Otto Müller<br />
05_Hoffmann_V2.indd 166 08.10.2010 13:17:11 Uhr
Franz Mutzenbecher<br />
Emil Nolde<br />
Friedrich Perzynski<br />
Richard Scheibe<br />
Fritz Stuckenberg<br />
Georg Tappert<br />
Arnold Topp<br />
III. Einheimische und auswärtige<br />
Freunde des Arbeitsrats für Kunst,<br />
die seinen Zielen zuggestimmt haben.<br />
Paul Andrae, Dresden<br />
Gertrud Arper, RijswijkDen Haag<br />
Georg Biermann, Hannover<br />
Wilhelm Brückmann, Emden<br />
Heinrich Campendonk, Seeshaupt<br />
Paul Cassirer, Berlin<br />
Wilhelm von Debschitz, Hannover<br />
Hermann Finsterlin, Berchtesgaden<br />
Alfred Fischer, Essen<br />
Alfred Flechtheim, Düsseldorf<br />
Philipp Frank, BerlinWannsee<br />
MarieAnne von FriedlaenderFuld, Berlin<br />
Otto Gothe, Hannover<br />
Wenzel Hablik, Itzehoe<br />
G. F. Hartlaub, Mannheim<br />
Carl Georg Heise, Hamburg<br />
Oswald Herzog, BerlinSteglitz<br />
Bernhard Hoetger, OstendorfWorpswede<br />
Heinrich Jost, München<br />
Hans Kaiser, Hannover<br />
Bernhard Klein, BerlinWilmersdorf<br />
Ernst Kneil, BerlinSchöneberg<br />
Wera Koopmann, BerlinFriedenau<br />
Carl Krayl, Nürnberg<br />
Eva Lau, Berlin<br />
Adolf Meyer, BerlinSchöneberg<br />
Otto Müller, Breslau<br />
Alex. MüllerLichtenberg, Lichtenberg<br />
Fürstin Mechtilde Lichnowsky, Berlin<br />
Gustav Lüdecke, Hellerau<br />
Dietrich Marcks, BerlinWilmersdorf<br />
Erich Mendelsohn, Charlottenburg<br />
Heinrich Nauen, Brüggen<br />
Paul Oppler, Charlottenburg<br />
Emil Orlik, Berlin<br />
Ernst Osthaus, Hagen i. W.<br />
Rudolf Prömmel, BerlinFriedenau<br />
Fränze Eleonore Röcken, Berlin<br />
Chr. Rohlfs, Hagen i. W.<br />
Carl Reßscheid, Alfeld a. L.<br />
Margarete Scheel, Rostock i. M.<br />
Werner Scheibe, Hamburg<br />
John Schikowski, Charlottenburg<br />
Carl Schleusing, Friedenau<br />
Eduard Schlickau, Oberhausen, Rhld.<br />
Eugen Erich Schlieper, Schöneberg<br />
Hans SchmidtWerden, BerlinWilmersdorf<br />
Margarete Schubert, Berlin<br />
Fritz SchultzHeckendorff, BerlinSteglitz<br />
Maz SchulzeSölde, Hagen i. W.<br />
Hugo Simon, Berlin<br />
Otto Spotaczyk, BerlinFriedenau<br />
Milly Steger, Charlottenburg<br />
W. F. Storck, Mannheim<br />
Günther Werckmeister, Charlottenburg<br />
Fritz Westendorf, Düsseldorf<br />
Otto Wiegmann, Berlin<br />
Gerhard Zeidler, Berlin<br />
Paul Zucker, Charlottenburg<br />
Künstler, die den Wunsch haben, in die künstlerische<br />
Arbeitsgemeinschaft des Arbeitsrats<br />
für Kunst aufgenommen zu werden, sollen zu<br />
den regelmäßigen Zusammenkünften dieser<br />
Arbeits gemeinschaft eingeladen und nach einiger<br />
Zeit im Ausschuß zur Wahl gestellt werden.<br />
Als wichtigste Aufgabe der nächsten<br />
Zukunft betrachtet der Arbeitsrat<br />
den Zusammen schluß der geschlossenen<br />
Arbeitsgemeinschaft angehörenden<br />
Künstler auf der Basis einer gemeinsamen<br />
Ausarbeitung eines umfassenden<br />
utopischen Bauprojektes, das<br />
in gleichem Maße architektonische wie<br />
plastische und malerische Entwürfe<br />
umfassen soll.<br />
Damit der Arbeitsrat für Kunst seine Ziele<br />
durchsetzen, die geplante Arbeit in Angriff<br />
neh men, Ausstellungen vorbereiten und Schriften<br />
herausgeben kann, ist er auf die Hilfe seiner<br />
Freunde angewiesen. Der Beitrag für die der Arbeitsgemeinschaft<br />
angehörenden Künstler und<br />
Kunstschriftsteller soll jährlich in einer Vollversammlung<br />
den Ausgaben entsprechend festgelegt<br />
werden. Der jährliche Mindestbeitrag<br />
für einheimische und auswärtige Freunde des<br />
Arbeitsrats für Kunst beträgt M. 50.. Dafür<br />
verpflichtet sich der A. f. K., seine Freunde zu<br />
al1en öffentlichen Veranstaltungen einzuladen<br />
und ihnen sämtliche Veröffentlichungen unentgeltlich<br />
zu übersenden. Für unbemittelte<br />
Künstler kann der Beitrag auf Antrag herabgesetzt<br />
werden.<br />
Werbt Freunde !<br />
[Unterschrieben von Walter Gropius, César<br />
Klein, Adolf Behne und vielen anderen]<br />
Arbeitsrat für Kunst<br />
05_Hoffmann_V2.indd 167 08.10.2010 13:17:11 Uhr<br />
167
Ernst Moritz Engert, Ohne Titel, Titelblatt, Das Tribunal,<br />
hrsg. von Carlo Mierendorff, Jg. 1, H. 1, 1919, unten: Oskar<br />
Kokoschka, Max Reinhardt, Titelblatt, Das Tribunal,<br />
hrsg. von Carlo Mierendorff, Jg. 2, H. 2, 1920, Zeitschrift,<br />
Stadtarchiv Darmstadt<br />
168<br />
Max Beckmann, Bildnis Kasimir Edschmid, 1917, Radierung,<br />
Graphische Sammlung, Städel Museum, Frankfurt a. M.,<br />
unten: Das Tribunal, hrsg. von Carlo Mierendorff, Jg. 1, H. 6,<br />
1919, Zeitschrift, Stadtarchiv Darmstadt<br />
05_Hoffmann_V2.indd 168 08.10.2010 13:17:12 Uhr
Ludwig Meidner, Polemische Zeichnung, Titelblatt, Das Tribunal, hrsg. von<br />
Carlo Mierendorff, Jg. 1, H. 4, 1919, Zeitschrift, Stadtarchiv Darmstadt<br />
05_Hoffmann_V2.indd 169 08.10.2010 13:17:13 Uhr<br />
169
Conrad Felixmüller, Menschen über der Welt, 1919, Lithografie, Kolumba, Köln<br />
170<br />
05_Hoffmann_V2.indd 170 08.10.2010 13:17:13 Uhr
Otto FischerTrachau, Plakat zum Vortrag Die Gesellschaftskomödie und die soziale Revolution<br />
von Arthur Sakheim, 1921, Linoldruck, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
05_Hoffmann_V2.indd 171 08.10.2010 13:17:13 Uhr<br />
171
06_Koehler_V2.indd 172 08.10.2010 20:11:41 Uhr
Gerald Köhler<br />
06_Koehler_V2.indd 173 08.10.2010 20:11:42 Uhr
174<br />
Das expressionistische Theater war realisiertes<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong> im szenischen<br />
Raum und blieb keine »U-topie« im Sinne<br />
des Wortes wie bei Richard Wagner,<br />
dessen bildliche Ausstattung in keiner<br />
Weise der Zukunftsmusik entsprach.<br />
Die expressionistische Szene war kein<br />
»Nichtort« mehr, denn zum ersten Male<br />
setzte sich im 20. Jahrhundert die Vereinigung<br />
der Einzelkünste in der Heterotopie<br />
des Theaters längerfristig um. Die<br />
bereits gedanklich entworfene Ideologie<br />
wurde auf dieser jungen Bühne, auf der<br />
sich die Addition der spezifischen Kunstmittel<br />
zur komplementären Synthese<br />
formte, zur Tat. Wie Wagner sahen auch<br />
die expressionistischen Dramatiker ihre<br />
Werke im Range geschichtlicher Notwendigkeit<br />
und setzten sie als heilige<br />
Artefakte ins Absolute. Sie misstrauten<br />
den perfektionierten technischen Mitteln<br />
der damaligen Bühne: Der Mensch, das<br />
Leben wurden nach gründlicher Konstatierung<br />
der entfremdeten, historischen<br />
Situation in den Kunstmittelpunkt gesetzt,<br />
auf der Suche nach der Restitutio<br />
Hominis. Sendungsbewusst formulierte<br />
der Dramatiker Georg Kaiser: »Das Gesetz<br />
der Kunst (<strong>Expressionismus</strong>) wurde<br />
in dieser Jetztzeit erstmalig stabilisiert.« 1<br />
<strong>Expressionismus</strong> und Kunst – das war<br />
eins. In dieser Unbedingtheit lag die<br />
Selbstverständlichkeit der neuen Enthierarchisierung<br />
und der einer Idee unterstellten<br />
Funktion sämtlicher Einzelkünste<br />
begründet. Defizite des Ideals vom wagnerschen<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong> wurden eliminiert,<br />
etwa die Dominanz der Musik<br />
oder die Nichtachtung der tänzerischen<br />
Bewegung, denn der expressionistische<br />
Wort-Schauspieler verfügte über die<br />
tänzerische Gebärde, und seine Sprache<br />
war im Klanghaften musikalisiert.<br />
Die Ordnungsmacht blieb trotzdem auch<br />
im expressionistischen Theater eine<br />
Pri mär kunst: Bei Wagner war es die<br />
Musik, bei den Expressionisten das Wort.<br />
Diese vermochten es, die räumliche<br />
Qualität dem Rang des Ausgangskunstwerks<br />
– des Wortdramas – anzupassen.<br />
Die Künstler aus dem Sturm-Kreis,<br />
wie bei spielsweise Lothar Schreyer, der<br />
mensch liche Aussage zur Kunstaussage<br />
formte und damit die dramatische Dichtung<br />
zurückdrängte, gingen theoretisch<br />
wie werkkünstlerisch einen Sonderweg<br />
des theatralen <strong>Expressionismus</strong>: Der<br />
Schau spieler wurde so zum Erfüllungsgehilfen<br />
und Kunstmittel degradiert, und<br />
selbstreferenzielle Bühnensynthese war<br />
hier gewünscht. Eine solche Autonomie<br />
erreichte der Kunstraum des wortbasierten<br />
<strong>Expressionismus</strong> nicht, obwohl er<br />
von einer eigenen ästhetischen Gesetzlichkeit<br />
geprägt war. Ganz im Gegenteil:<br />
Kurt Pinthus stellte 1919 über die Kunst<br />
fest: »Es geht ihr nicht um Kunstfertigkeit<br />
– sondern um den Willen [...]. Diese<br />
Kunst wird also allenthalben das Ästhetische<br />
zersprengen.« 2 Der Wunsch nach<br />
Totalität, der jedem <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
zugrunde liegt, bekam jetzt eine totalitäre<br />
Färbung mit dekonstruktivistischer Verve:<br />
in der Simplifizierung der Zeichen,<br />
der Übersteigerung ins Groteske, der<br />
unschönen Bretterästhetik, der ortlosen<br />
Bühne, der direkten, antiillusionistischen<br />
Bühnenmittel. Das Axiom der Naturwahrheit<br />
sowie der Formschönheit wurde bewusst<br />
vernachlässigt. Erst spät – viele<br />
Dramen waren längst geschrieben – fand<br />
das expressionistische Drama auf die<br />
Bühne: Max Reinhardt inszenierte am<br />
23. Dezember 1917 Reinhard Johannes<br />
Sorges prototypisches Protagonistendrama<br />
Der Bettler mit Ernst Deutsch<br />
in der Hauptrolle als Uraufführung im<br />
Deutschen Theater in Berlin. In Frankfurt<br />
präsentierte wenig später ein junges<br />
Team um den Direktor Carl Zeiß, den<br />
Regisseur Richard Weichert und den<br />
Bühnenbildner Ludwig Sievert entsprechende<br />
Stücke im neuen Stil: Expressiv<br />
erscheint 1920 Sieverts Raumlösung für<br />
Kleists Penthesilea (Abb. S. 330), denn in<br />
diesen Einheitsschauplatz war förmlich<br />
der Blitz gefahren: ein plastischer Bühnenaufbau,<br />
der die Akteure durch die<br />
Schrä gen in ihrer Bewegung dynamisierte.<br />
Regis seure wie Weichert, der 1918<br />
künstlerischer Leiter des Schauspiels in<br />
Frankfurt wurde, sorgten dafür, dass der<br />
<strong>Expressionismus</strong> im Sinne eines <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s<br />
stilistisch gebunden blieb.<br />
Solche Qualitätssicherung führte auch<br />
dazu, dass man vom »Frankfurter« oder<br />
»Darmstädter <strong>Expressionismus</strong>« sprach;<br />
in Darmstadt setzte nämlich Gustav Hartung<br />
ab 1920 als Intendant expressionistische<br />
Glanzpunkte. Die Provinz war<br />
diesbezüglich meist weiter als die Metropole<br />
Berlin. Von August Strindberg, einem<br />
dem <strong>Expressionismus</strong> vorangegangenen<br />
Dramatiker eines Wandlungs- und<br />
Passionsdramas, wurde 1923 Die große<br />
Landstraße am Schauspiel Frankfurt gespielt,<br />
und Sievert erfand einen Raum mit<br />
einem un gewöhnlich hohen Fluchtpunkt<br />
und stürzenden Häusern in deutlicher<br />
Verzerrung (Abb. 1). Eine derartig steile<br />
Büh nenschräge entwickelte Sievert als<br />
Erster für die Theaterbühne.<br />
Mörder, Hoffnung der Kunst<br />
Der Maler Oskar Kokoschka bewies eine erstaunliche<br />
Doppelbegabung und schrieb bereits 1907<br />
einen explizit expressionistischen, chorisch-oratorischen<br />
Einakter, Mörder, Hoffnung der Frauen,<br />
in dem der Geschlechterkampf ekstatisch abgehandelt<br />
wird. Die Uraufführung fand 1909 in<br />
Wien statt und verursachte einen Skandal: Das<br />
Triebhafte und Exzessive verstörte. Die bildhafte<br />
Dichtung näherte sich den Wortkunstwerken eines<br />
August Stramm, und der Künstler Kokoschka<br />
selbst realisierte 1917 das Bühnenbild bei der Aufführung<br />
in Dresden, bei der er auch Regie führte.<br />
Der Dichter Walter Hasenclever hatte damals<br />
seinen Einfluss genutzt, um die Realisierung von<br />
drei Kokoschka-Stücken am Albert-Theater zu<br />
ermöglichen; auch aus diesem Grund verband<br />
beide eine tiefe Freundschaft. Zu dem Kreis der<br />
Dresdner Expressionisten gehörten unter anderen<br />
die Schauspieler Ernst Deutsch, Heinrich<br />
George, Paul Wegener sowie Käthe Richter.<br />
Kokoschka bildete 1917 Mitglieder dieses Verbundes<br />
von Seelenverwandten in seinem berühmten<br />
Gemälde Die Freunde ab. Der Szenenentwurf<br />
von Ludwig Sievert zu der Frankfurter Inszenierung<br />
aus dem Jahr 1922 – Paul Hindemith hatte<br />
1919 das auf eine Musikalisierung angelegte Werk<br />
Kokoschkas vertont – zeigt eine monumentale<br />
Turmarchitektur auf ansteigender Schräge, deren<br />
Verweis auf das weibliche Geschlechtsteil, aber<br />
auch die Wunde, die die Frau dem Mann in die<br />
Seite schlägt, unübersehbar ist (Abb. S. 273). Die<br />
von Kokoschka niedergeschriebene expressionistische<br />
Brutalisierung des Inspirationsdramas<br />
Penthesilea von Kleist wird im Raum greifbar:<br />
Die Atmosphäre der Erregung schlägt sich in der<br />
roten Farbe nieder, aber das Rot ist auch Zeichen<br />
des verletzenden Eisens. Antagonistisch<br />
sind Männer- und Frauenkollektiv blockhaft-choreografisch<br />
angeordnet. Das entsprach dem Text,<br />
der sich ohne Nuancen oder Valeurs ganz auf den<br />
Dualismus Mann–Frau verließ.<br />
Theaterfilm<br />
Von morgens bis mitternachts<br />
Wie Ernst Tollers Wandlung ist Georg Kaisers<br />
bereits 1912 geschriebenes Werk Von morgens<br />
bis mitternachts ein Stationendrama. Im Fokus<br />
des Stückes steht der Leidensweg eines<br />
Kassierers. Die revuehafte Abfolge der Bilder<br />
und die allseits bekannten Großstadtorte wie<br />
Sportpalast, Ballhaus oder Bank kamen einer<br />
filmischen Adaption sehr entgegen, und das<br />
Stakkato der Texthandlung entsprach dem<br />
inter ruptiven Montage-Denken. Der expressionistische<br />
Modus der partiellen Ausleuchtung<br />
der Bühne simulierte Kameraeinstellungen,<br />
die nur einen Teil des Spielraumes sichtbar<br />
machten. Der letzte Schauplatz im ersten Teil<br />
der Stückes war als Ort des großen Monologes<br />
besonders »expressionistisch, visionär,<br />
im Stil von Franz Marc, an dessen Bilder allein<br />
schon die ›blauschattene Sonne‹ erinnert«. 3<br />
Am Ende tötet sich der Kassierer im Lokal der<br />
Heilsarmee vor einem Vorhang, auf den ein<br />
Kreuz aufgenäht ist (Abb. 2). Dieses Drama<br />
– ein Beispiel für die Kinofizierung des Theaters<br />
– war in den 1920er-Jahren sehr häufig<br />
auf geführt worden und bot sich mit seinen<br />
Ort- und Handlungssensationen dem Film, in<br />
dem dann Ernst Deutsch, der stilbildende expressionistische<br />
Theaterdarsteller, die Hauptrolle<br />
spielte, als Stoff an. Der Regisseur des<br />
Films, Karlheinz Martin, war ebenso ein Theatermann<br />
wie der Ausstatter Robert Neppach.<br />
In dem 1914 herausgegebenen Kinobuch von<br />
Kurt Pinthus veröffentlichten expressionistische<br />
Auto ren wie Walter Hasenclever oder<br />
Else Lasker-Schüler wiederum Entwürfe für<br />
ein Drehbuch, und Hasenclever beschrieb 1913<br />
in seinem Essay Kintopp als Erzieher das neue<br />
Medium als Ort der Verheißung und Errettung,<br />
kongruent zu einer expressionistischen<br />
Ver kündigung im Drama – im gleichen Jahr<br />
begann er mit der Niederschrift seiner Bühnendichtung<br />
Der Sohn. Der zeitgenössische<br />
Stummfilm scheint auch in der Rückwirkung<br />
Inspiration für Bühnenschauplätze gewesen<br />
zu sein, etwa Robert Wienes Das Cabinet des<br />
Dr. Caligari für die Budenplätze im Entwurf von<br />
Johannes Schröder in Die echten Sedemunds<br />
06_Koehler_V2.indd 174 08.10.2010 20:11:42 Uhr
1<br />
Ludwig Sievert, Die große Landstraße. Eine Passage in<br />
der Stadt, Bühnenbildentwurf, 1923, Schauspiel Frankfurt,<br />
Regie: Fritz Peter Buch, Farbkreide, Theaterwissenschaftliche<br />
Sammlung der Universität zu Köln<br />
Adolph Mahnke, Von morgens bis mitternachts. Saal der Heilsarmee,<br />
Bühnenbildentwurf, 1922, Staatstheater Dresden, Regie: Berthold<br />
Viertel, Pastell auf Karton, Theaterwissenschaftliche Sammlung<br />
der Universität zu Köln<br />
06_Koehler_V2.indd 175 08.10.2010 20:11:42 Uhr<br />
2<br />
175
3<br />
Ernst Stern, Die Wupper. Jahrmarkt, Bühnenbildentwurf, 1919,<br />
Deutsches Theater, Berlin, Regie: Heinz Herald, Aquarell und Kohle,<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität zu Köln<br />
176<br />
06_Koehler_V2.indd 176 08.10.2010 20:11:43 Uhr
oder für die malereibasierten Dekorationen<br />
von Ernst Stern – der übrigens 1921 Ausstattungsleiter<br />
bei Ernst Lubitsch wurde – in der<br />
Szene zu Else Lasker-Schülers Die Wupper<br />
(Abb. 3).<br />
Der expressionistische Raum<br />
Der Guckkasten blieb die Behausung des expressionistischen<br />
Dramas. Damit hielt sich dieser<br />
An deutungsraum als ein abgeschlossener Kunstbereich,<br />
der durch die visuell-akustischen Eruptionen<br />
jedoch äußerst suggestiv und appellativ<br />
wirkte: ein Kunstraum, in dem Leben Platz hatte,<br />
trotz Reduktion und Wirklichkeitsferne. Eine Simplifizierung<br />
der Zeichen bestimmte diese Bühnenwelt.<br />
Versatzstücke und semiotisierte Gegenstände<br />
legten Ort und Zeit fest und zeigten sich<br />
als selbstständige Entitäten emanzipiert gegenüber<br />
der illusionistisch dienenden Funktion. Und<br />
das Publikum wurde durch die Reize und visuellen<br />
Provokationen aktiviert und zur Gemeinde<br />
geformt. Wurde exaltiert oder gedämpft gesprochen,<br />
so schlug sich das in der entsprechend<br />
modulierten Beleuchtung nieder. »Die Entlastung<br />
des Wortbegriffs durch das erklärende Bühnenbild<br />
ermöglicht die Dichtung des Schreis«,<br />
schrieb Bernhard Diebold. 4 Der Mensch agierte<br />
nicht im luftleeren Kunstraum, sondern in einer<br />
Heterotopie als Pathosformel: »Hier explodiert<br />
der Mensch vor dem Menschen.« 5 Diebold wies<br />
in seinem programmatischen Text Anarchie im<br />
Drama 1921 zu Recht darauf hin, dass die sehr<br />
unterschiedlichen Texte der expressionistischen<br />
Dramatiker erst in der szenischen Umsetzung<br />
an einheitlicher Erscheinungsform und damit an<br />
Kraft gewannen. Er polemisierte damit gegen die<br />
literarische Schwäche der Werke, die ohne die<br />
visuell-akustische Umsetzung unter dem Einfluss<br />
der expressionistischen Malerei blass geblieben<br />
wären. 1916 formulierte Walter Hasenclever in<br />
seinem Manifest Das Theater von morgen die Forderung<br />
nach einer multilateralen Bühne, die auf<br />
der obligaten Verneinungsästhetik beruhte, die<br />
den Theaterreformern nach 1900 eigen waren:<br />
»Stellt keine Bäume mehr auf: schafft Licht und<br />
Schatten; staffiert kein Gespenst mehr: ergreifet<br />
Musik! [...] erlernet den Tanz!« 6 Ein Beispiel für<br />
einen zentrifugalen Raum, der halt- und endlos<br />
ist, war der Raum von Ernst Stern zu Reinhard<br />
Johan nes Sorges Der Bettler (1917) – eine zunächst<br />
leere Bühne, zu der Heinz Herald schrieb:<br />
»Nichts ist verstellt, kein Aufbau engt ein und verkleinert.<br />
Aus dem großen, schwarzen Raum, der<br />
etwas Unberührtes, Nochnichtgefülltes, Grenzenloses<br />
hat, reißt das Licht einen Teil: hier wird gespielt.<br />
Oder ein Mensch steht allein, als Lichtfleck<br />
vor einer schwarzen Fläche.« 7 Der Dichter Sorge<br />
sah vor, dass gleich vier Akte seiner »dramatischen<br />
Sendung« Der Bettler vor einem schwarzen<br />
Vorhang spielen sollten. »Immer wiederkehrende<br />
Raumtypen können aus den sze nischen Anmerkungen<br />
entnommen werden: der geschlossene<br />
Raum als Symbol des isolierten Menschen, der<br />
horizontal entgrenzte als Kennzeichen des Ausgeliefertseins,<br />
der vertikal entgrenzte als Zeichen<br />
expressionistischer Sehnsucht nach Erlösung<br />
des Geistes [...].« 8 Der zentripe tale Ort als geschlossener<br />
Raum, der den isolierten Menschen<br />
als Kerker beherbergte, konnte auch in den zentrifugalen<br />
Raum diffundieren, wie der Entwurf von<br />
Sievert zu einer ersten öffentlichen Inszenierung<br />
von Hasenclevers Sohn 1918 in Mannheim zeigt:<br />
ein trotz der Offenheit klaustro phobes Zimmer<br />
(Abb. 4). »Auf beiden Seiten eine Tür, lediglich<br />
durch weiße Umriss linien an gedeutet, und in der<br />
Mitte des Hintergrunds in den Anfangsszenen<br />
ein Fenster mit kleinen Schei ben, die es in ein<br />
Kerkergitter verwandeln.« Durch das Fehlen eines<br />
Deckenplafonds, »durch den Aufstieg zur lotrechten<br />
Leere«, wurde das »Angstgefühl der Unsicherheit<br />
noch verstärkt [...]«. 9 Dynamik – etwa<br />
in den Schrägen oder der gestuften Bodengliederung<br />
– blieb aber ebenso we sentliches Raumkennzeichen<br />
»im Gegensatz zum fixen, statischen<br />
Raum des empirischen Men schen«. 10 Das bezog<br />
auch die Ästhetik des Häss lichen ein, der Verbiegung,<br />
Verdrehung und Ver fremdung im Fragmentarischen.<br />
Das Theater des <strong>Expressionismus</strong> war<br />
nicht mehr Spiegel einer äußeren Realität, sondern<br />
ein intermedialer Kunstraum, der aber nicht<br />
autonom existierte, sondern in Interaktion mit dem<br />
Wort und der vorgegebenen Handlungssituation.<br />
Historische Sachverhalte konnten zunächst nur in<br />
der Vision geschaut werden, deren Wirklichkeitsgehalt<br />
den der Außenwelt überstieg. Plastischarchitektonische<br />
Bauteile, Schrägen und schiefe<br />
Ebenen waren ebenso vorhanden wie von Versatzstücken<br />
und be malten Wandsegmenten do minierte<br />
Flächenbühnen, die eine stereometrische<br />
Raumerfahrung des Akteurs weniger möglich<br />
machten, aber ihren Reduktionismus auch deutlich<br />
ausstellten. Die Dinge verloren ihren Nutzwert<br />
und gewannen an Zeichenkraft, wenn der<br />
Ort lediglich durch »bildliche Abbreviaturen des<br />
jeweiligen Schauplatzes gegeben« wurde. 11 Damit<br />
ging häufig eine Optik der Verzerrung oder<br />
des unnatürlichen Maßstabes, etwa bei Fenstern,<br />
Türen und Möbeln, einher. Die Dramatiker selbst<br />
gaben in den Szenenanweisungen – oftmals eine<br />
Raumdichtung – meist detaillierte Vorgaben für<br />
die Bühnengestaltung. Gerade hier wurde der<br />
expressionistische Raum als Licht- und Farbsektor<br />
eingefordert. Zur Raumberuhigung dienten<br />
Reduktionen auf Grund formen wie Kreis, Rundsäule,<br />
Kreuz oder Quadrat, und was die Lineaturen<br />
betraf, domi nierten die Horizontale, die<br />
Vertikale sowie die Diagonale. Der expressionistische<br />
Bühnenraum lavierte zwischen Formen der<br />
Entfesselung und deren Stilllegung in der geometrisierten,<br />
blockhaften Anordnung.<br />
Auch Theaterlicht diente nicht länger primär<br />
der Sichtbarmachung von Anderem,<br />
sondern bekam im Zusammenspiel mit<br />
Formen einen Eigenwert, wurde »ausdrucksgeladen«.<br />
Die Immaterialität des<br />
Lichtes erinnert an die Leitmotivtechnik<br />
Wagners, wenn das Licht dramaturgische<br />
Beziehungen zwischen Figuren oder die<br />
Protagonisten selbst sichtbar machte.<br />
»Das bewegliche Licht gliedert die Aufführung<br />
rhythmisch-zeitlich und räumlich.<br />
Schnelles Tempo und die Zerlegung der<br />
Bühne in Zonen durch Spotlight, Strahler<br />
und Projektionen ermöglichen die Simultandarstellung<br />
nur scheinbar voneinander<br />
unabhängiger Ereignisse und erfüllen damit<br />
wichtige dramaturgische Funktionen<br />
[...].« 12 Bereits Diebold verwies darauf,<br />
dass die »Lichtmarkierungen« Hasenclevers<br />
den »Weg zum Kino« bestimmt hätten.<br />
13 Der Scheinwerfer übernahm Funktionen,<br />
die der Film durch den Bildausschnitt<br />
leichter bewerkstelligen konnte: Der Blick<br />
Der Solitär<br />
wurde brachial gelenkt, wenn der Sohn<br />
»als Träger der Idee im wahrsten Sinne<br />
das Wortes ins helle Licht (der Scheinwerfer)<br />
gerückt« wurde. 14 Die Mann heimer<br />
Inszenierung des Dramas von Hasen clever<br />
gilt als eine der ersten bahnbrechenden<br />
expressionistischen Aufführungen, vielleicht<br />
weil der Verfolgungsscheinwerfer –<br />
»der weiße Finger eines Lichtstrahles« 15 –,<br />
der noch nicht lange technisch möglich<br />
war und zum ersten Mal 1917 in der<br />
Bettler-Inszenierung auf der Bühne Verwendung<br />
fand, hier zwingend eingesetzt<br />
wurde: Er hob Antlitze – in Analogie zur<br />
Großaufnahme im Kino – heraus, markierte<br />
Orte oder trieb die Protagonisten durch<br />
die Handlung. Die Scheinwerfer bildeten<br />
einen starken Schlagschatten, der mit seiner<br />
huschenden Beweglichkeit, seinem<br />
Vergrößerungseffekt, seinen Verzerrungen<br />
und seiner Körperlosigkeit zum Repertoire<br />
expressionistischer Mittel gehörte. Licht<br />
wurde also sowohl textexegetisch wie<br />
raumschaffend eingesetzt. Das expressionistische<br />
Bühnenlicht war nicht ohne die<br />
suggestive Wirkung der symbolisch aufgeladenen<br />
Farbe in kräftigen Tönen denkbar:<br />
Jeder auftretenden Person war – variierend<br />
je nach Situation – meist ein Licht,<br />
eine Farbe zugewiesen. Das Licht wurde<br />
so zum Mitakteur des Schauspielers und<br />
interagierte mit dessen Bewegungen oder<br />
rhythmisierte die Szene. Dabei erschien<br />
es bewusst künstlich und unwirklich, ohne<br />
natürliche Lichtquellen zu imitieren, was<br />
den Eindruck eines Kunstraumes noch<br />
verstärkte. Malerisch gehaltene Farbe<br />
wurde in monochromer starker Tonigkeit<br />
verwendet. Die Farbe als Gestaltungsmittel<br />
war nicht mehr Gegenstands farbe, son-<br />
dern Bedeutungsfarbe mit einer visu ellen<br />
Eigendynamik. Farben wie Rot, Gelb,<br />
Grün oder Blau herrschten vor, und das<br />
in farbsymbolischer Anwendung, die auf<br />
tradierten Assoziationsmustern beruhte.<br />
In einer vegetabilisch-wuchernden oder<br />
ex plosionsartigen Optik konnte die Farbform<br />
außerdem noch extrem dynamisiert<br />
werden. Das Strahlenbündel findet sich<br />
häu fig in den Entwürfen der expressionistischen<br />
Bühnenbildner ebenso wie die<br />
Licht aureole bei Schlussszenen eines symbolischen<br />
Tagesanbruchs, der das Ende<br />
einiger expressionistischer Dramen kennzeichnet:<br />
der neue Tag der Menschheitsgeschichte,<br />
verkündet vom expressionistischen<br />
Helden.<br />
Der expressionistische Held schritt in<br />
den Stationendramen wie ein Leidender<br />
auf dem Kreuzweg der Zeit. Wagners<br />
Parsifal mutierte im <strong>Expressionismus</strong> zu<br />
Hasenclevers Sohn. Grundlegend wurden<br />
nun dessen Konflikte mit dem Vater.<br />
Dadurch musste infolge des Vatermordes<br />
auch der Theater-Raum des Vaters,<br />
die illusionistische Bühnenszenerie der<br />
Kaiserzeit, fallen (Abb. 5). Das expressionistische<br />
Drama hatte die Dissoziation<br />
von Ich und Welt zum Thema, und dieses<br />
06_Koehler_V2.indd 177 08.10.2010 20:11:43 Uhr<br />
177
ortlose Ich-Bewusstsein machte den Protagonisten<br />
zum Träger von Ideen, selten zum Menschen<br />
aus Fleisch und Blut. Sorges entindividualisierter<br />
Bettler ist abwechselnd der »Sohn«, der »Dichter«,<br />
der »Bruder« oder der »Jüngling« – je nachdem,<br />
wer ihm gegenübertritt. Die Kunst und das<br />
expressionistische Subjekt waren aber gerade<br />
nicht dissoziiert: »Das expressionistische Kunstwerk<br />
ist nicht nur verbunden, sondern auch identisch<br />
mit dem Bewusstsein der Künstler.« 16 Der<br />
expressionistische Heiland konnte nur über den<br />
Weg der Kunst das Kollektiv erwecken. Er befand<br />
sich im Sinne der Existenz-Stadien, die Sören<br />
Kierkegaard in seinem Text Entweder – Oder entwickelt,<br />
im »Ethischen Stadium«, wenn der Einzelne<br />
sich in seinem Schmerz zunächst selbst in<br />
absoluter Wahl wählte. 17 Über den Singular strebte<br />
man zum Pluralen: dem Neuen Menschen.<br />
Physisch erfahrbar wurde der integrale Raum<br />
durch den Schauspieler als Verkörperung des<br />
Einzelnen, der sich zum Raum verhielt, wenn er<br />
dessen Verzerrungen oder Anordnungen in sein<br />
gestisches oder proxemisches Vokabular übernahm.<br />
Paradigmatisch steht hier der Entwurf von<br />
César Klein zu Georg Kaisers Von morgens bis<br />
mitternachts für das Lessingtheater in Berlin 1921<br />
(Abb. 7). Das Totengespenst im Baum als Objekt<br />
der Ausstattung zeigt denselben Gestus wie der<br />
Protagonist: die Ambivalenz von Fixie rung und<br />
Umarmung in der Kreuzgeste. Diese findet sich<br />
in den Entwürfen zur Schluss szene von Adolph<br />
Mahnke für die Dresdner Inszenierung wieder<br />
(Abb. 2). Die rhythmische und stilisierte Wortekstase<br />
und die Gebärde standen nicht im Widerspruch<br />
zum Raum, und Kostüm oder starke<br />
Schminkmaske führte die piktorialen Exaltationen<br />
des Raumes auf dem Schauspieler weiter. Der<br />
Darsteller wurde so zum Bestandteil der Raumaussage,<br />
gerade weil er bereits entindividualisiert<br />
und typisiert auftrat. Sehr oft gefror er in<br />
einer Hohlform des Raumes zur tektonisierten<br />
Gestalt. Umgekehrt erschienen die Dinge oft wie<br />
Lebewesen, etwa der Baum in Sieverts Entwurf<br />
von 1921 zu Erich W. Korngolds Oper Die tote<br />
Stadt (Abb. 6). Der Protagonist war häufig – in<br />
seiner Subjektivität bedroht – in Dunkelheit gesetzt,<br />
und wie der Film schrieb das expressionistische<br />
Thea ter mit Licht sowie mit dessen Nebenprodukt,<br />
dem Schlagschatten, der den Körper<br />
verzerrend vergrößerte und somit in den Raum<br />
entmaterialisiert entließ. Ludwig Marcuse umriss<br />
1924 das Kausalgeflecht: »Es steht nicht eine empirische<br />
Person in einem empirischen individuell<br />
charakterisierten Raum; sondern der Wesenskern<br />
eines jeden Individuums schafft sich durch Ausstrahlung<br />
seinen eigenen Raum [...]. Der Raum<br />
ist die Materialisierung der Wesenheit.« 18<br />
178<br />
Die Wandlung<br />
Ernst Toller lieferte mit seinem Schlüsselwerk<br />
Die Wandlung ein politisches<br />
wie kunstvolles Bekenntnis ab: Das<br />
Ringen eines Menschen in einem Vorspiel<br />
und sechs Stationen entstand in<br />
erster Niederschrift 1917. Vorbild war<br />
August Strindbergs Trilogie Nach Damaskus.<br />
Toller war selbst ein Verfolgter<br />
der Väter und vollendete Die Wandlung<br />
1919 im Gefängnis. Friedrich, der Protagonist<br />
und Stellvertreter, wandelt sich<br />
vom kriegsbegeisterten Ich, das vom<br />
patriarchalischem Wir verraten wurde,<br />
in den Pazifisten, der zur Revolution<br />
aufruft. Unter der Regie von Karlheinz<br />
Martin wurde das Werk 1919 in der Tribüne<br />
Berlin im Objektraum von Robert<br />
Neppach – der des Öfteren auch für<br />
den Film arbeitete – uraufgeführt. Die<br />
kleine relief artige Bühne zwang zu vereinfachter<br />
Pars-pro-toto-Dekoration von<br />
13 Bildern mit bildlichen Bruchstücken<br />
unter Verzicht auf perspektivische oder<br />
räumliche Wirkungen, während der Hintergrund<br />
gleichbleibend schwarz gehalten<br />
war. Die farbigen Versatzstücke<br />
wech selten mit jedem Bild, oder der<br />
Scheinwerfer verwies auf den gerade relevanten<br />
Spielort, während die anderen<br />
im Dunkel verblieben (Abb. S. 194 / 195).<br />
Dieses Sta tio nendrama nimmt bereits<br />
die Möglichkeiten des Films vorweg,<br />
den Handlungs verlauf diskontinuierlich<br />
zu füh ren oder räumliche und zeitliche<br />
Engen zu brechen, indem irreale mit bekann<br />
ten Orten oder Vergangenes mit Gegenwärtigem<br />
abwechselt: Der Schnitt-<br />
modus ist strukturbestimmend. Der Kritiker<br />
Alfred Kerr meinte 1919: »Andeutungsbühne?<br />
Mit wenig Winken, durch<br />
Herrn Neppachs Kunst auf wenig Leinwand<br />
gemalt, war sie, wo es drauf an kam,<br />
so stark wie eine ganz phantas tische<br />
Augenbühne.« 19 Der expressionistische<br />
Paradeschauspieler Fritz Kortner agierte<br />
den Bildern entsprechend, die sich in<br />
harter Schnittfolge aneinander reihten<br />
und die das buden artige Bauen nicht<br />
ver bargen: »eckig, abgehackt, extrem<br />
rhythmisiert, psychologisch und zeichenhaft<br />
überhöht«. 20<br />
Die ihm von der Geschichte aufgezwungenen<br />
Wandlungen hielt der Dichter Toller<br />
nicht mehr aus: 1939 brachte er sich in einem<br />
New Yorker Hotel um. Ein Jahr später<br />
löschte sich Walter Hasenclever aus. 1964<br />
bedauerte Ludwig Marcuse: »Wo gibt es<br />
heute das Tollersche ›Auf‹: ›Aufrüttelung‹,<br />
›Auferstehung‹, ›hinaufführen‹, sich ›emporrichten‹?<br />
[...] Und das ›hochgewölbte<br />
Tor der Menschheitskathedrale‹?« 21<br />
06_Koehler_V2.indd 178 08.10.2010 20:11:43 Uhr
4<br />
Ludwig Sievert, Der Sohn. Zimmer des Sohnes,<br />
Bühnenbildentwurf, 1918, Nationaltheater Mannheim,<br />
Regie: Richard Weichert, Kohle, Theaterwissenschaftliche<br />
Sammlung der Universität zu Köln<br />
Otto Reigbert, Der Sohn. Zimmer des Vaters,<br />
Bühnenbildentwurf, 1919, Stadttheater Kiel,<br />
Regie: Gerhard Ausleger, Deckfarbe auf Karton,<br />
Deutsches Theatermuseum, München<br />
06_Koehler_V2.indd 179 08.10.2010 20:11:44 Uhr<br />
5<br />
179
1 Georg Kaiser, »Ein neuer Natu ra lis mus??«, in:<br />
Georg Kaiser, Werke, hrsg. von Walther Huder,<br />
Bd. 4, Frankfurt a. M. / Berlin / Wien 1971, S. 572.<br />
2 Kurt Pinthus, »Rede für die Zukunft«, in:<br />
Die Erhebung. Jahrbuch für neue Dichtung und<br />
Wertung, hrsg. von Alfred Wolkenstein, Berlin<br />
1919, S. 420.<br />
3 Walther Huder, »Nachwort«, in: Georg Kaiser,<br />
Von morgens bis mitternachts. Stück in zwei<br />
Teilen, Stuttgart 1975, S. 73.<br />
4 Bernhard Diebold, Anarchie im Drama. Kritik<br />
und Darstellung der modernen Dramatik, 4. Aufl.,<br />
Berlin 1928, S. 293.<br />
5 Kurt Pinthus, »Rede an junge Dichter«, in:<br />
Karl Otten (Hrsg.), Ahnung und Aufbruch.<br />
Expressionistische Prosa, Darmstadt / Neuwied<br />
1977, S. 49.<br />
6 Walter Hasenclever, »Das Theater von morgen«,<br />
in: Christopher Balme (Hrsg.), Das The ater<br />
von morgen. Texte zur deutschen The aterreform<br />
(1870–1920), Würzburg 1988, S. 268.<br />
7 Heinz Herald, »Notiz zur ›Bettler‹-Aufführung,<br />
in: Das junge Deutschland. Monatsschrift für<br />
Literatur und Theater, 1, 1, 1918, S. 30.<br />
8 Annalisa Viviani, Das Drama des Expres sionismus.<br />
Kommentar zu einer Epoche, München<br />
1970, S. 61.<br />
9 Jeanne Lorang, »Tendenzen des Bühnenbilds<br />
und der Inszenierung in Deutschland der<br />
zwanziger Jahre«, in: Paris – Berlin 1900–1933,<br />
Ausst.-Kat. Centre national d’art et de culture<br />
Georges Pompidou, Paris, München 1979,<br />
S. 274.<br />
10 Ludwig Marcuse, »Das expressionistische<br />
Drama«, in: Der neue Merkur. Monatshefte,<br />
hrsg. von Efraim Frisch, 8, 1, 1924 / 25, S. 128.<br />
11 Erika Fischer Lichte, Kurze Geschichte des<br />
deutschen Theaters, Tübingen / Basel 1993,<br />
S. 313.<br />
12 Verena Zimmermann, Das gemalte Drama.<br />
Die Vereinigung der Künste im Bühnenbild des<br />
deutschen <strong>Expressionismus</strong>, Diss. Aachen<br />
1997, S. 60.<br />
13 Diebold 1928 (wie Anm. 4), S. 449.<br />
14 Ernst Leopold Stahl, Ludwig Sievert. Lebendiges<br />
Theater, München 1944, S. 32.<br />
15 Diebold 1928 (wie Anm. 4), S. 242.<br />
16 Paul Hatavi, »Versuch über den <strong>Expressionismus</strong>«,<br />
in: Otto Best (Hrsg.), Theorie über den<br />
<strong>Expressionismus</strong>, Stuttgart 1976, S. 73.<br />
17 Vgl. Sören Kierkegaard, »Entweder – Oder.<br />
Ein Lebensfragment«, in: Kierkegaard, ausgew.<br />
u. eingel. von Hermann Diem, Frankfurt<br />
a. M. / Hamburg 1956, S. 25–63.<br />
18 Marcuse 1924 / 25 (wie Anm. 10), S. 128.<br />
19 Alfred Kerr, »Ernst Toller. Die Wandlung«,<br />
in: Gerhard F. Hering (Hrsg.), Die Welt im<br />
Drama, Köln / Berlin 1954, S. 158.<br />
20 Manfred Brauneck, »<strong>Expressionismus</strong>. Neue<br />
Themen und neue Dramaturgie«, in: Die Welt als<br />
Bühne. Geschichte des europäischen Theaters,<br />
Bd. 4, Stuttgart / Weimar 2003, S. 320.<br />
21 Ludwig Marcuse, »Das Datum: 20. Oktober<br />
1919. Die Uraufführung von Ernst Tollers ›Die<br />
Wandlung‹«, in: Theater heute, hrsg. von Erhard<br />
Friedrich, Siegfried Melchinger und Henning<br />
Rischbieter, 9, 1964, S. 33.<br />
180<br />
06_Koehler_V2.indd 180 08.10.2010 20:11:44 Uhr
6<br />
Ludwig Sievert, Die tote Stadt, Bühnenbildentwurf, 1921,<br />
Oper Frankfurt, Regie: Ernst Lert, Kreide und Tempera,<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universtität zu Köln<br />
César Klein, Von morgens bis mitternachts.<br />
Verschneites Feld mit Baum, Bühnenbildentwurf,<br />
1921, Lessingtheater, Berlin, Regie: Victor<br />
Barnowsky, Aquarell und Deckfarbe, Theaterwissenschaftliche<br />
Sammlung der Universität zu Köln<br />
06_Koehler_V2.indd 181 08.10.2010 20:11:45 Uhr<br />
7<br />
181
Ernst Stern, Die Wupper. Jahrmarkt, Bühnenbildentwurf, 1919 (Detail, s. S. 176),<br />
Deutsches Theater, Berlin, Regie: Heinz Herald, Aquarell und Kohle, Theaterwissenschaftliche<br />
Sammlung der Universität zu Köln<br />
06_Koehler_V2.indd 182 08.10.2010 20:11:45 Uhr
06_Koehler_V2.indd 183 08.10.2010 20:11:47 Uhr
Ernst Stern, Die Wupper. Jahrmarkt, 1919, unten: Die Wupper. Ein blühender,<br />
gepflegter Garten, 1919, Deutsches Theater, Berlin, Regie: Heinz Herald, Originalfotografie,<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität zu Köln<br />
184<br />
06_Koehler_V2.indd 184 08.10.2010 20:11:48 Uhr
Ernst Stern, Die Wupper. Ein blühender, gepflegter Garten, Bühnenbildentwurf, 1919,<br />
Deutsches Theater, Berlin, Regie: Heinz Herald, Aquarell, Theaterwissenschaftliche<br />
Sammlung der Universität zu Köln<br />
06_Koehler_V2.indd 185 08.10.2010 20:11:48 Uhr<br />
185
Von morgens bis mitternachts, 1920, Regie: Karlheinz Martin, ausbelichtetes<br />
Filmbild, Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt a. M.<br />
186<br />
06_Koehler_V2.indd 186 08.10.2010 20:11:49 Uhr
Fritz Schaefler, Von morgens bis mitternachts. Verschneites Feld mit Baum,<br />
Bühnenbildentwurf, 1921, Neue Bühne München, Regie: Eugen Felber, Bleistift<br />
und Deckfarbe, Deutsches Theatermuseum, München<br />
06_Koehler_V2.indd 187 08.10.2010 20:11:49 Uhr<br />
187
Bernhard Kretzschmar, Von morgens bis mitternachts, Schriftblatt der Mappe,<br />
1920, Lithografie, Sammlung Gerhard Schneider, Olpe und Solingen<br />
188<br />
06_Koehler_V2.indd 188 08.10.2010 20:11:50 Uhr
Bernhard Kretzschmar, Von morgens bis mitternachts. Winterbaum,<br />
1920, Lithografie, Sammlung Gerhard Schneider, Olpe und Solingen<br />
06_Koehler_V2.indd 189 08.10.2010 20:11:50 Uhr<br />
189
Bernhard Kretzschmar, Von morgens bis mitternachts. Bankschalter,<br />
1920, Lithografie, Sammlung Gerhard Schneider, Olpe und Solinge<br />
190<br />
Bernhard Kretzschmar, Von morgens bis mitternachts. Verführerin. Die Frau,<br />
1920, Lithografie, Sammlung Gerhard Schneider, Olpe und Solingen<br />
06_Koehler_V2.indd 190 08.10.2010 20:11:51 Uhr
Fritz Schaefler, Von morgens bis mitternachts, 1921, Kassenraum, Bühnenbildentwurf,<br />
unten: Hotelschreibzimmer, Bühnenbildentwurf, Neue Bühne München, Regie: Eugen Felber,<br />
Bleistift und Deckfarbe, Deutsches Theatermuseum, München<br />
06_Koehler_V2.indd 191 08.10.2010 20:11:52 Uhr<br />
191
Fritz Schaefler, Von morgens bis mitternachts. Sportpalast, Bühnenbildentwurf,<br />
1921, Neue Bühne München, Regie: Eugen Felber, Bleistift<br />
und Deckfarbe, Deutsches Theatermuseum, München<br />
192<br />
06_Koehler_V2.indd 192 08.10.2010 20:11:52 Uhr
Von morgens bis mitternachts, 1920, Regie: Karlheinz Martin, ausbelichtete<br />
Filmbilder, Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt a. M.<br />
06_Koehler_V2.indd 193 08.10.2010 20:11:55 Uhr<br />
193
194<br />
Ernst Toller, Die Wandlung. Im Lazarett, 1919, Erstveröffentlichung: Ernst Toller, Die Wandlung.<br />
Das Ringen eines Menschen, Potsdam 1919, Abbildungen: Robert Neppach, Die Wandlung, 1919,<br />
Friedrich und die Mutter, Szene mit Kriegsinvaliden, Platz vor der Kirche, Totentanz, Tribüne, Berlin,<br />
Regie: Karlheinz Martin, Fotografie, Reproduktion, Theaterwissenschaftliche Sammlung der<br />
Universität zu Köln<br />
DRITTE STATION,<br />
FÜNFTES BILD<br />
Vordere Bühne. Morgendämmerung. Im Lazarett.<br />
Einfaches getünchtes Lazarettzimmer. Über dem<br />
Bett gekreuzigter Christus.<br />
ARZT: Er schläft noch.<br />
SCHWESTER: Wälzt sich stöhnend umher, schon<br />
drei Nächte. Wähnt, er wandre Wüstenwege.<br />
Fiebert nach Wasser. Schreit, er müsse zum<br />
Gebirge, zu steinigen Gipfeln, aber Wüste<br />
dehne sich aus und lasse ihn nicht heran.<br />
ARZT: Chinin, doppeltes Quantum Chinin. Nervenschock<br />
müsste man meinen. Meinen!<br />
Meinen! Die neue Grippelin-Schule würde es<br />
diagnostizieren. Stimmt nicht, stimmt nicht,<br />
liegt ganz woanders. Woran? An chronischer<br />
Erschlaffung der Verdauungsorgane – – drei<br />
Löffel Rizinusöl und jeden Abend und Morgen<br />
je zwei Aspirintabletten – – uninteressantes<br />
Fällchen, ganz uninteressant. Wo<br />
liegt der Neue? Hat er bei seiner Einlieferung<br />
Rizi nus geschluckt? Nein, nicht? Schwester,<br />
ich bin erzürnt. Pflichtvergessenheit dulde<br />
ich nicht. Prinzip! Prinzip!<br />
SCHWESTER: Wenn er aufwacht und fragt, soll<br />
ich ihn wissen lassen?<br />
ARZT: Natürlich. Kleiner Erregungszustand.<br />
Regt Muskeltätigkeit im Mastdarm an.<br />
Beide gehen hinaus.<br />
FRIEDRICH im Fieber: Wo seid ihr anderen …<br />
o der Wüstenflugsand … gekörnter Nebel …<br />
nicht ruhen … weiter … kenne dich nicht<br />
… wer bist du … Ahasver … Armseliger<br />
… schleich dich zurück … in albkeuchende<br />
Städte, hier findest du nicht Höhlen …<br />
ich wandre nicht mit dir … nein schreit nein<br />
wacht auf. Durst!<br />
Rote-Kreuz-Schwester kommt.<br />
SCHWESTER: Hier, trinken Sie.<br />
FRIEDRICH: Bist du die Mutter Gottes?<br />
SCHWESTER: Sie müssen ganz still liegen<br />
bleiben.<br />
FRIEDRICH: Du trägst das Kreuz ... Das Kreuz<br />
ist an dich geheftet … Rotes Kreuz … mein<br />
Gott, wird hier Blut abgewaschen?<br />
SCHWESTER: Man will Ihnen Genesung geben.<br />
FRIEDRICH: Ja, Genesung. Deine Hände streicheln<br />
lind und fromm. Laß schauen wie<br />
schwielig und hart.<br />
SCHWESTER: Arbeit bröckelte daran, grub<br />
Rinnsale.<br />
FRIEDRICH: Kreuzträgerin du, Verkünderin<br />
der Liebe … Sie strömt nicht von Blut, deine<br />
Liebe, netzt heilend die Kranken.<br />
SCHWESTER: Alle, die hier liegen, euch und<br />
die Wilden.<br />
FRIEDRICH: Nur die: Zu wenig, Schwester,<br />
warum nicht die draußen … alle …<br />
SCHWESTER: Sie kämpfen gegen unser Vaterland.<br />
06_Koehler_V2.indd 194 08.10.2010 20:11:55 Uhr
FRIEDRICH: Ja, ich weiß es, es muß sein … Wie<br />
lange bin ich schon hier?<br />
SCHWESTER: Seit drei Tagen, Sie tapferer junger<br />
Held!<br />
FRIEDRICH: Ich war doch gefangen?<br />
SCHWESTER: Man fand Sie an einen Baum gebunden.<br />
Der einzige Überlebende.<br />
FRIEDRICH: Nicht an ein Kreuz … Der einzige<br />
Überlebende …<br />
SCHWESTER: Fühlen Sie sich wohl genug? Der<br />
Offizier will Ihnen Lohn bringen!<br />
Friedrich schweigt.<br />
OFFIZIER: Ich beglückwünsche Sie, junger<br />
Freund! Tapfer setzten Sie sich ein, achteten<br />
nicht hartester Marter. Das Vaterland weiß<br />
Ihre Dienste zu schätzen. Es sendet Ihnen<br />
durch mich das Kreuz. Fremder waren Sie unserm<br />
Volk, nun haben Sie sich Bürgerrechte<br />
erworben.<br />
FRIEDRICH: Das Kreuz? Gehöre ich nun zu<br />
euch?<br />
OFFIZIER: Sie gehören …<br />
Draußen Lärm.<br />
OFFIZIER: Was gibts?<br />
SCHWESTER freudig: Mit Gottes Hilfe ha-<br />
ben wir den Feind geschlagen, zehntausend<br />
Tote!<br />
OFFIZIER: Ja, junger Freund … Sieg stürmt ins<br />
Land, Sie gehören zu den Siegern.<br />
Friedrich allein.<br />
FRIEDRICH: Wie Jubel auf ihren Gesichtern<br />
tanzt. Zehntausend Tote! Durch zehntausend<br />
Tote gehöre ich zu ihnen. Warum quirlt nicht<br />
Lachen? Ist das Befreiung? Ist das die große<br />
Zeit? Sind das die großen Menschen? Augen<br />
starr gerade aus. Nun gehöre ich zu ihnen.<br />
Dunkel.<br />
Die Wandlung<br />
Im Lazarett<br />
06_Koehler_V2.indd 195 08.10.2010 20:11:55 Uhr<br />
195
Ernst Stern, Der Bettler, Bühnenbildentwurf, 1917, Deutsches Theater, Berlin,<br />
Regie: Max Reinhardt, Aquarell auf Karton, Theaterwissenschaftliche Sammlung<br />
der Universität zu Köln<br />
196<br />
06_Koehler_V2.indd 196 08.10.2010 20:11:56 Uhr
Otto Reigbert, Trommeln in der Nacht, 1922, Bühnenbildentwürfe zur Uraufführung,<br />
Im Haus des Fabrikbesitzers Balicke, unten: Piccadilly-Bar, Kammerspiele München,<br />
Regie: Otto Falckenberg, Aquarell und Tusche, Deutsches Theatermuseum, München<br />
06_Koehler_V2.indd 197 08.10.2010 20:11:56 Uhr<br />
197
Otto Reigbert, Trommeln in der Nacht, Bühnenbildentwurf zur Uraufführung,<br />
1922, Kammerspiele München, Regie: Otto Falckenberg, Aquarell und Tusche,<br />
Deutsches Theatermuseum, München<br />
198<br />
06_Koehler_V2.indd 198 08.10.2010 20:11:57 Uhr
Otto Reigbert, Trommeln in der Nacht, Uraufführung, 1922, Kammerspiele München,<br />
Regie: Otto Falckenberg, Originalfotografien, Deutsches Theatermuseum, München<br />
06_Koehler_V2.indd 199 08.10.2010 20:11:57 Uhr<br />
199
Wilhelm Lehmbruck, Kopf eines Denkers, 1918, Steinguss, Privatsammlung, Deutschland<br />
200<br />
06_Koehler_V2.indd 200 08.10.2010 20:11:58 Uhr
Otto Reigbert, Der Sohn. Wohnraum, Bühnenbildentwurf, 1919, Stadttheater Kiel,<br />
Regie: Gerhard Ausleger, Deckfarbe auf Karton, Deutsches Theatermuseum, München<br />
06_Koehler_V2.indd 201 08.10.2010 20:11:58 Uhr<br />
201
07_Kraemer_V2.indd 202 08.10.2010 20:19:42 Uhr
Steffen Krämer<br />
07_Kraemer_V2.indd 203 08.10.2010 20:19:42 Uhr
Erstaunlich disparat ist das Spektrum an Sinnbildern<br />
und Allegorien, mit denen deutsche Architekten,<br />
Künstler und Literaten das Phänomen<br />
der modernen Großstadt in den ersten drei Jahrzehnten<br />
des 20. Jahrhunderts umschrieben. So<br />
sah Erich Baron in seinem Artikel »Aufbau«, der<br />
in Bruno Tauts 1919 veröffentlichter Stadtkrone<br />
abgedruckt wurde, bereits die leuchtenden »Zinnen<br />
der ewigen Stadt«, die zu bauen und zu erleben<br />
»höchste Lust« sei. 1 Und Oswald Spengler<br />
beschrieb in seinem kulturphilosophischen Haupt <br />
werk Der Untergang des Abendlandes den »Steinkoloß<br />
›Weltstadt‹«, den er am Ausgang der urbanen<br />
Entwicklung als eine leer stehende Riesenstadt<br />
charakterisierte, »in deren Steinmassen<br />
eine kleine Fellachenbevölkerung nicht anders<br />
haust als die Menschen der Steinzeit in Höhlen<br />
und Pfahlbauten«. 2<br />
Kaum konträrer könnte die metaphorische<br />
Deu tung der modernen Großstadt ausfallen:<br />
auf der einen Seite die Heil versprechende<br />
Vor stellung eines neuen Jerusalem und auf<br />
der anderen Seite die Endzeitvision eines<br />
ur banen Verfalls. Zwischen beiden Antagonismen<br />
bewegen sich auch die Stadtmetaphern,<br />
mit denen die Reichshauptstadt Berlin<br />
als größte deutsche Metropole literarisch<br />
veran schaulicht wurde. Paul Grulichs Dämon<br />
Berlin von 1907 (Abb. 1), Ivan Golls Sodom<br />
Berlin von 1929 und die in Alfred Döblins<br />
Berlin Alexanderplatz von 1929 viel zitierte<br />
»Hure Babylon« stehen jenen Lobgesängen<br />
gegenüber, in denen das moderne Berlin enthusiastisch<br />
gefeiert wurde. 3 »Singe mein<br />
trun kenstes Loblied auf euch, ihr großen,<br />
ihr rauschenden Städte.« Gleich mehrfach<br />
schrieb Johannes R. Becher diese Sequenz in<br />
seiner lyrischen Sammlung De Profundis von<br />
1914, nachdem er von München nach Berlin<br />
gezogen war. 4 In Curt Corrinths Potsdamer<br />
Platz oder die Nächte des neuen Messias von<br />
1919 wird die »moderne Völkerwanderung zu<br />
seligen Gefilden« geschildert: »zu der wahren<br />
ewigen Stadt der Freude: oh Berlin«. 5<br />
Das Phänomen Großstadt hat die Imaginationen<br />
der Autoren enorm beflügelt, doch bleibt ihr<br />
Verhältnis zur Stadt im Gesamten gesehen eher<br />
zwiespältig. Faszination wechselt mit Aversion,<br />
und hinter allen Charakterisierungen steht eine<br />
merkwürdige, mitunter lustvolle Anziehungskraft<br />
der modernen Metropolen. Was sich hier manifestiert,<br />
ist ein neuer urbaner Erlebnisraum in den<br />
ersten Deka den des 20. Jahrhunderts, den wahrzunehmen<br />
und zu verarbeiten die Zeitgenossen<br />
vor zunächst ungewohnte Aufgaben stellte. Vor<br />
allem im <strong>Expressionismus</strong> wurde die Großstadt<br />
thematisiert, wobei die Auseinandersetzung mit<br />
der neuen Urbanität überraschende Wechselwirkungen<br />
zwischen Kunst, Literatur, Theater, Film<br />
und Architektur hervorbrachte. Die Großstadt<br />
war demnach eine wichtige Antriebskraft für die<br />
gegenseitige Durchdringung expressionistischer<br />
Künste, die im Begriff des »<strong>Gesamtkunstwerk</strong>s«<br />
zum Ausdruck kommt.<br />
204<br />
Beschleunigte Wahrnehmung<br />
In seinem 1903 veröffentlichten Essay<br />
»Die Groß städte und das Geistesleben«<br />
untersuchte Georg Simmel die soziologischen<br />
Ursachen der Großstadtmentalität<br />
und kam dabei zu folgendem Ergebnis:<br />
»Die psychologische Grundlage, auf der<br />
der Typus großstädtischer Individualitäten<br />
sich erhebt, ist die Stei gerung des<br />
Ner venlebens, die aus dem raschen und<br />
un unterbrochenen Wechsel äußerer und<br />
in nerer Eindrücke hervorgeht.« 6 Per ma<br />
nente Reizüberflutung ergab sich folglich<br />
aus der »rasche[n] Zusammen drängung<br />
wechselnder Bilder«. 7 Hier nä her te<br />
sich Simmel einer damals inten siv geführten<br />
Diskussion an, in deren Zen trum<br />
die »Nervosität« als moderne Zivilisationskrankheit<br />
stand. 1905 be merkte der<br />
Berliner Nervenarzt und Psy cho loge<br />
Willy Hellpach, dass die Stadt »die typische<br />
Trägerin jenes Sinnen und Nervenzustandes<br />
der Reizsamkeit« darstellt. 8<br />
Deshalb ist »der Städter der typische<br />
Repräsentant der Nervosität in ihrer modernen<br />
Gestalt«. 9<br />
Der neue Rhythmus der Großstadt mit seinem<br />
schnellen Tempo rief eine beschleunigte Wahrnehmung<br />
hervor, die sich nicht mehr auf vollständige<br />
Abläufe konzentrieren konnte, sondern<br />
lediglich in flüchtige, häufig blitzartige Eindrücke<br />
zergliederte (Abb. 2). Die Rezeption urbaner Realität<br />
setzte sich aus einer diskontinuierlich verlaufenden<br />
Kette stets wechselnder Impressionen<br />
zusammen, die anstelle einer chronologischen<br />
Abfolge nunmehr gleichzeitig und damit simultan<br />
erfahrbar waren. Dass Simmel und Hellpach eine<br />
Reizüberflutung oder Reizsamkeit konstatierten,<br />
war deshalb ebenso wenig erstaunlich wie die<br />
damals übliche Vorstellung von der »Nervosität<br />
des Großstädters«. 10<br />
Diese »Steigerung des Nervenlebens«<br />
(Simmel) hat George Grosz in einem<br />
seiner Berliner Ge dichte prägnant zum<br />
Ausdruck gebracht: »Siehe: wir sind<br />
allzumal Neurastheniker!« (s. S. 214) 11<br />
Aus der Simul taneität als Kennzeichen<br />
urbaner Wahr nehmung ent wickelten<br />
sich aber auch neue künstlerische<br />
Aus drucksformen, die vor allem in der<br />
expressionistischen Kunst, aber auch<br />
in der Literatur ihren Niederschlag<br />
fanden. Kurt Pinthus lieferte in seiner<br />
berühmten Sammlung expressionistischer<br />
Lyrik – der Gedicht anthologie<br />
Menschheitsdämmerung von 1920 –<br />
hierzu eine kurze Beschreibung: »[...]<br />
man scheide nicht das Aufeinanderfolgende<br />
auseinander, sondern man höre<br />
zusammen, zugleich, simultan.« 12<br />
Rasantes Wachstum und<br />
soziales Elend<br />
Berlin ist das Paradigma für das dynamische<br />
Wachstum einer modernen Großstadt in den<br />
Jahren um 1900. Zwischen 1877 und 1905 hatte<br />
sich die Einwohnerzahl verdoppelt und überschritt<br />
nun die ZweiMillionenGrenze. 13 Ebenso<br />
rasant entwickelte sich auch die Infrastruktur<br />
der Stadt: 14 1902 wurde die erste Hochbahnteilstrecke<br />
eröffnet, kurze Zeit später die UBahn.<br />
1903 kamen die ersten motorisierten Omnibusse<br />
hinzu, deren Anzahl in den folgenden Jahren<br />
stetig zunahm. Bis 1910 waren Mechanisierung<br />
und Elektrifizierung des öffentlichen Verkehrs<br />
größtenteils abgeschlossen. Optisch erfahrbar<br />
wurde dieser Massenverkehr vor allem<br />
an den großen Knotenpunkten der Stadt, wie<br />
Alexander platz oder Potsdamer Platz. Letzterer<br />
galt in jenen Jahren als der verkehrsreichste<br />
Platz Europas (Abb. 3).<br />
Ähnlich intensiv wurde auch die künstliche Beleuchtung<br />
durch elektrisches Licht voran ge trieben,<br />
das die nächtliche Stadt in eine strahlende<br />
Lichterflut von bislang unbekannter Helligkeit<br />
tauchte und mit gleißenden Signalen der Lichtreklame<br />
durchsetzte. »Die Nächte explodieren<br />
in den Städten, / Wir sind zerfetzt vom wilden,<br />
heißen Licht [...].« Mit diesen Anfangsversen aus<br />
einem Gedicht (nach 1910) verbalisierte Ernst<br />
Wilhelm Lotz die grelle Atmo sphäre der Berliner<br />
Nächte (s. S. 221). 15 Verstärkt wurden Urbanisierung<br />
und Technisierung der Stadt noch durch die<br />
Entwicklung neuer Medien wie Film und Rundfunk<br />
und durch das Aufkommen moderner Kommunikationsformen<br />
wie Telegraf und Telefon.<br />
In Karlheinz Martins Stummfilm Von morgens<br />
bis mitternachts von 1920 fand der pulsierende<br />
Takt der modernen Metropole seine ästhetische<br />
Umsetzung. 16<br />
Die Schattenseite dieses urbanen Wachstums<br />
war eine soziale Verelendung der unteren Gesellschaftsschichten<br />
in Berlin, die zwar vor dem<br />
Ersten Weltkrieg bereits bestand, in den Nachkriegs<br />
und In fla tions jahren jedoch einen dra<br />
matischen Höhepunkt erreichte. Victor Noack<br />
schilderte in seinem 1925 veröffentlichten Buch<br />
Kulturschande. Die Wohnungsnot als Sexualproblem<br />
eine neunköpfige Familie, die 1920 in der<br />
Berliner Königsberger Straße in einer einzigen<br />
Stube und einer Küche wohnte. 17 Seinem Bericht<br />
zufolge waren sexueller Missbrauch, Kriminalität<br />
und physische wie psychische Erkrankungen<br />
der einzelnen Familienmitglieder die<br />
beinahe zwangsläufigen Konsequenzen die ser<br />
eklatanten Wohnmisere.<br />
Architektonisch geprägt wurde das Lebensumfeld<br />
der sozial Unterprivilegierten durch<br />
den berühmtberüchtigten Typus der »Miets<br />
kaserne«, der in vielen Berliner Stadtvier teln<br />
derart dominierte, dass der Stadtplaner und<br />
Architekturkritiker Werner Hegemann in seinem<br />
1930 veröffentlichten Buch Das steinerne<br />
Berlin von der »größten Mietskaser nenstadt<br />
der Welt« sprach. 18 Nicht nur in Foto grafien<br />
wurde dieses soziale Elend dokumentiert<br />
(Abb. 4), das sich auch in anderen europäischen<br />
Großstädten abspielte, 19 sondern es<br />
fand auch Eingang in zeitgenössische Filme,<br />
wie den 1925 in Deutschland produzierten<br />
Stummfilm Die freudlose Gasse von Georg<br />
Wilhelm Papst, der in Wien zur Zeit der Inflation<br />
spielt.<br />
Mondäner Glanz und bittere Armut waren die Gegensätze<br />
der großstädtischen Le bens welt Berlins<br />
in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg. Daraus<br />
resultierte ein Spannungsfeld gesellschaftlicher<br />
Auseinandersetzungen und sozialer Konflikte,<br />
das sich in den wider strebenden Energien politischer<br />
Richtungen – vom Revolutionären zum<br />
Reaktionären – nicht selten gewaltsam entlud.<br />
In den dunklen Seiten der Stadt, wie Verbrechen<br />
oder Prostitution, berührten sich dagegen beide<br />
urbanen Lebensweisen. All diese unterschiedlichen<br />
Faktoren wirkten sich auf die Intentionen<br />
der Großstadtkunst aus: In teilweise beklemmenden<br />
Szenerien fand das aggressive Milieu der<br />
Stadt bei Malern wie George Grosz und Otto Dix<br />
seinen Ausdruck (Abb. 5).<br />
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1<br />
Paul Grulich, Dämon Berlin. Aufzeichnungen<br />
eines Obdachlosen, 1907, Buchumschlag,<br />
Sign. PK (Abbildung), (Fb 4300) Staatsbibliothek<br />
Preußischer Kulturbesitz, Berlin<br />
3<br />
Paul Citroën, Metropolis, 1923, Collage aus<br />
Zeitungsausschnitten und Teilen von Bildpostkarten,<br />
Research Centre for Photography,<br />
University of Leiden<br />
Berlin, Potsdamer Platz, Luftbild,<br />
Fotografie, um 1915<br />
07_Kraemer_V2.indd 205 08.10.2010 20:19:44 Uhr<br />
2<br />
205
206<br />
4<br />
Berlin-Ost, Wohnung in der Rüdersdorfer<br />
Straße 12, Fotografie, 1918<br />
6<br />
5<br />
Otto Dix, Großstadt (Triptychon), 1927 / 28<br />
Mischtechnik auf Holz, Kunstmuseum Stuttgart<br />
Ludwig Meidner, Ich und die Stadt, 1913,<br />
Öl auf Leinwand, Privatbesitz<br />
07_Kraemer_V2.indd 206 08.10.2010 20:19:45 Uhr
Großstadtbilder<br />
1914 forderte Ludwig Meidner in »Anleitung<br />
zum Malen von Groß stadtbildern« seine Künst <br />
lerkollegen auf, sich mit der urbanen Realität<br />
zu beschäftigen: »Malen wir das Nahe liegende,<br />
unsere StadtWelt! die tumultuarischen Straßen,<br />
[...] die wogenden Tele phondrähte (sind<br />
sie nicht wie Gesang?), die Harlekinaden<br />
der LitfaßSäulen, und dann die Nacht ... die<br />
GroßstadtNacht ...« (s. S. 216 / 217). 20 Künstlerisch<br />
umgesetzt hat Meidner sein Postulat<br />
in den Apokalyptischen Land schaften von 1912<br />
bis 1916: Gemälden mit gewaltsamexpres si ver<br />
Aussage, in denen das Sujet der Stadt in<br />
raumverzerrender Perspektive, Formdeformation<br />
und unnatürlicher Farb wie Licht gebung<br />
als Inferno dargestellt wird.<br />
Im Gemälde Ich und die Stadt von 1913 kombinierte<br />
Meidner die Stadtansicht mit einem Selbstporträt<br />
(Abb. 6). Das »Ich« taucht ohne festen Bezugspunkt<br />
in der unteren Bildhälfte auf. Eingeklemmt<br />
und zugleich isoliert von der Großstadt, wirkt es<br />
mit seinem panischresignativen Ausdruck wie<br />
ein hilfloses Wesen, dessen zerrüttete Seele<br />
sich im Chaos der ineinander stürzenden Häuser<br />
widerspiegelt. Das Fragmentarische der urbanen<br />
Bestandteile entspricht jener zergliederten<br />
Wahrnehmungsweise der modernen Großstadt,<br />
welche die Realität nur mehr aus den Bruchstücken<br />
des optisch Erfahrbaren zusammensetzte.<br />
Höhepunkte expressionistischer Großstadtmalerei<br />
stellen die sechs großfigurigen Straßen<br />
bil der dar, die Ernst Ludwig Kirchner<br />
von 1913 bis 1915 in Berlin malte (Abb. 7). Es<br />
handelt sich um Momentaufnahmen im pulsierenden<br />
Leben einer Straße, wobei sich<br />
der Bewegungsstrom der vorwiegend männlichen<br />
Personen auf die monumental ins Bild<br />
gesetzten Frauenfiguren ausrichtet. Hier zeigt<br />
sich das triebhafte Verlangen der großstädtischen<br />
Lebenswelt, sind es doch Kokotten mit<br />
ihrer übertrieben zur Schau gestellten Eleganz,<br />
die Kirchner in leuchtender Farbigkeit<br />
wiedergegeben hat. Der tänzerische Habitus<br />
der viel figurigen Kompositionen erinnert an<br />
jenes »Ornament der Masse«, das von dem<br />
Sozio logen und Filmwissenschaftler Siegfried<br />
Kracauer in seinem gleichnamigen Essay von<br />
1927 beschrieben wurde. 21 In Kirchners nervösem<br />
Pinselduktus mit hektisch aufgetragenen<br />
Farbschraffuren spiegelt sich dagegen jene<br />
»Steigerung des Nervenlebens« (Simmel), die<br />
der Maler in seiner Berliner Zeit selbst erlebte.<br />
Ebenso spannungsvoll sind auch die Berliner<br />
Großstadtbilder anderer Künstler, etwa von<br />
George Grosz, Max Beckmann, Otto Dix oder<br />
Conrad Felixmüller. Gleichgültig, ob es sich nun<br />
um die drastische Schilderung orgiastischer<br />
Nachtszenen voller Sexualität und Gewalt oder<br />
um die schonungslose Wiedergabe des städtischen<br />
Alltags der Nachkriegsjahre mit seinen<br />
Prostituierten, Kriegskrüppeln oder Geschäftemachern<br />
handelt, stets äußert sich in diesen<br />
Bildern der Zwiespalt der Künstler, die sich von<br />
der Großstadt magnetisch angezogen und zugleich<br />
im tief empfundenen Widerwillen abgestoßen<br />
fühlten (Abb. 8). Entstanden ist daraus<br />
ein Kaleidoskop urbaner Darstellungen, die in<br />
ihrer künstlerischen Bandbreite belegen, dass<br />
vor allem die Hauptstadt Berlin das »Experimentierfeld«<br />
der Moderne war. 22<br />
Hochhausvisionen<br />
»Der Schrei nach dem Turmhaus« lautet<br />
der Titel eines Artikels, mit dem die Fachzeitschrift<br />
Bauwelt ihre Novemberausgabe<br />
1921 einleitete. 23 Mit diesem Slogan<br />
reagierte der Autor Hans von Poellnitz auf<br />
eine bislang beispiel lose Hoch hausbegeisterung<br />
in Deutschland, die in den Jahren<br />
von 1920 bis 1922 ihren Höhepunkt erreichte<br />
und noch 1928 in einer Frankfurter<br />
Zeitung als »Hochhausfieber« bezeichnet<br />
wurde. 24 Neben teilweise spektakulären<br />
Einzelprojekten wurden städtische Wettbe<br />
werbe für die Errichtung von Hochhäusern<br />
ausgeschrieben, etwa in Danzig 1920,<br />
Düsseldorf 1921 und Dresden 1925. 25 Der<br />
Großteil dieser Projekte und Ausschreibungen<br />
blieb allerdings ohne Ergebnis,<br />
und die ersten 1924 realisierten Hochhäuser<br />
in deutschen Städten fielen gegenüber<br />
der anfänglich hohen Erwartungshaltung<br />
eher bescheiden aus. 26<br />
Einen Höhepunkt dieser urbanen Hochhaus eu pho<br />
rie bildete der Ideenwettbewerb für ein Hoch haus<br />
am Bahnhof Friedrichstraße, der am 1. November<br />
1921 in Berlin ausgeschrieben wurde. 27 Bis<br />
zum Ende der kurzen Laufzeit am 2. Januar 1922<br />
hatten insgesamt 144 Architekten ihre Entwürfe<br />
eingesandt (Abb. S. 211). Trotz Vergabe mehrerer<br />
Preise wurde keiner der prämierten Ent würfe<br />
ausgeführt.<br />
Dennoch entwickelten sich einige der Berliner<br />
Hochhausentwürfe zu berühmten Inkunabeln<br />
der modernen Architektur geschichte. Ludwig<br />
Mies van der Rohes Projekt mit dem Kennwort<br />
»Wabe« ist ein gläserner Turmkörper auf spitzwinkligem,<br />
mehrfach gebrochenem Grundriss,<br />
der sich steil in die Höhe richtet und mit seinen<br />
transparenten Wand membranen im deutlich<br />
kalkulierten Gegensatz zu den benachbarten<br />
Steinfassaden steht (Abb. 9). Von den<br />
dunklen Häuserfluchten hebt er sich als heller<br />
Kristall ab, und seine das Licht reflektierende<br />
Außengestalt entspricht jener lumi nösen<br />
Erscheinungs weise, die Paul Scheerbart in<br />
seiner 1914 veröffentlichten Glasarchitektur<br />
als »Brillant effekt« umschrieben hatte. 28 Vielen<br />
expressionistischen Architekten, wie Hans<br />
Scharoun, Bruno Taut oder Wenzel Hablik,<br />
galt der Kristall als Sinnbild einer vom Ballast<br />
der Traditionen gereinigten, gleichsam geläuterten<br />
Baukunst.<br />
Obgleich die Mehrzahl der deutschen Hochhaus<br />
projekte in den Jahren um 1920 ledig lich<br />
Entwürfe auf dem Papier blieben, konnten<br />
sie das öffentliche Bewusstsein nach haltig<br />
beeinflussen. Dies belegen die damals teilweise<br />
erbittert geführten Hochhausdiskussionen,<br />
in denen Befürworter wie Kritiker ihre<br />
unterschiedlichen Argumente nicht selten<br />
mit scharfer Polemik vortrugen. Die radikale<br />
Veränderung der traditionellen Stadtgestalt<br />
durch moderne Hochhäuser war ein zentraler<br />
Aspekt, der die Kontroversen immer wieder<br />
entfachte.<br />
Ein Reflex auf diese Debatten zeigt sich in Fritz<br />
Langs berühmtem Stummfilm Metropolis von<br />
1926, dessen fantastische Stadtvision aus den<br />
Kulissen gigantischer Hochhäuser besteht. 29<br />
Nicht mehr ein gläserner Kristall wie beim<br />
Berliner Hochhausentwurf Mies van der Rohes<br />
bildet das Zentrum der Riesenstadt Metropolis,<br />
sondern ein babylonischer Turm, der sich aus<br />
den Straßenschluchten gravitätisch emporhebt<br />
(Abb. 10). Überleben kann diese Zukunftsmetropole<br />
nur, indem ein riesiges Sklavenheer in<br />
einer unterirdischen Stadt an monströsen Maschinen<br />
pausenlos arbeitet. In Metropolis steht<br />
der Utopie einer hoch technisierten Großstadt<br />
die Dystopie einer dunklen Maschinenstadt<br />
unmittelbar gegenüber. In der unteren Region<br />
dieser »Weltstadt« gerät moderne Urbanität<br />
zum Albtraum. 30<br />
<strong>Expressionismus</strong> und Großstadt<br />
Ein Großteil der genannten Literaten, Maler und<br />
Archi tekten wird entweder dem deutschen Ex<br />
pressionismus zugeordnet oder hatte in den Jahren<br />
vor und nach dem Ersten Weltkrieg eine expressionistische<br />
Werkphase. Dies zeigt, dass die<br />
Großstadt ein zentrales Thema der künstlerischen<br />
Auseinandersetzung innerhalb dieser Stilperiode<br />
war. Nicht umsonst spricht man in der Forschung<br />
von einem »Großstadt<strong>Expressionismus</strong>«. 31 Berlin<br />
bildete sein Epizentrum, dessen Energien und<br />
Krisen von den Künstlern aufgenommen und in<br />
jeweils unterschiedlicher Form und Intensität verarbeitet<br />
wurden.<br />
In einem Tagebucheintrag vom 18. November<br />
1917 beschwor Harry Graf Kessler die brisante<br />
künstlerische Atmosphäre in Berlin: »Überhaupt<br />
diese neuberlinische Kunst [...]; Großstadtkunst,<br />
von hochgespannter Dichtigkeit<br />
der Eindrücke, die bis zur Simultaneität steigt;<br />
brutal realistisch und gleichzeitig märchenhaft<br />
wie die Großstadt selbst, die Dinge wie von<br />
Schein werfern roh beleuchtet und entstellt und<br />
dann in einem Glanz verschwindend.« 32 Kaum<br />
prägnanter hätte man die Widersprüche in<br />
dieser Kunst zum Ausdruck bringen können.<br />
Die Großstadt war damit der Katalysator einer<br />
ungemein dynamischen Entwicklung in<br />
den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts,<br />
dessen ungehemmte Triebkraft moderne wie<br />
expressionistische Künstler aller Gattungen<br />
sowohl als Fanal wie auch als Menetekel gedeutet<br />
haben.<br />
07_Kraemer_V2.indd 207 08.10.2010 20:19:45 Uhr<br />
207
1 Erich Baron, »Aufbau«, in: Bruno Taut, Die<br />
Stadtkrone, Jena 1919, S. 108.<br />
2 Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes.<br />
Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte<br />
(1918–1922), 12. Aufl., München 1995,<br />
S. 673, 683.<br />
3 Paul Grulich, Dämon Berlin. Aufzeichnungen<br />
eines Obdachlosen, Berlin 1907; Ivan Goll,<br />
Sodom Berlin, 2. Aufl., Frankfurt a. M. 1988;<br />
Alfred Döblin, Berlin Alexanderplatz. Die<br />
Geschichte vom Franz Biberkopf (1929),<br />
24. Aufl., München 1980; zur »Hure Babylon«<br />
vgl. S. 211, 226, 262, 342.<br />
4 Johannes R. Becher, »De Profundis« (1914),<br />
in: Großstadtlyrik, hrsg. von Waltraud Wende,<br />
Stuttgart 1999, S. 106–108.<br />
5 Curt Corrinth, Potsdamer Platz oder die Nächte<br />
des neuen Messias, München 1919, S. 57.<br />
6 Georg Simmel, »Die Großstädte und das Geistes<br />
leben«, in: Die Großstadt. Vorträge und<br />
Auf sätze zur Städteausstellung (Jahrbuch der<br />
Gehe-Stiftung zu Dresden, IX), Dresden 1903,<br />
S. 188.<br />
7 Ebd.<br />
8 Willy Hellpach, »Unser Genußleben und die<br />
Geschlechtskrankheiten«, in: Mitteilungen der<br />
Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der<br />
Geschlechtskrankheiten, 3, 1905, S. 104.<br />
9 Ebd., S. 104.<br />
10 Zum Begriff der »Nervosität des Groß städters«<br />
vgl. Joachim Radkau, Das Zeitalter der<br />
Nervosität. Deutschland zwischen Bismarck<br />
und Hitler, München / Wien 1998, S. 209.<br />
11 George Grosz, »Kaffeehaus« (1918), in: ders.,<br />
Grosz Berlin. Autobiographisches, Bilder, Briefe<br />
und Gedichte, Hamburg 1993, S. 60.<br />
12 Kurt Pinthus (Hrsg.), Menschheitsdämmerung.<br />
Symphonie jüngster Lyrik, Berlin 1920, S. V.<br />
13 Zu den Einwohnerzahlen Berlins in dem genannten<br />
Zeitraum vgl. Gesine Asmus, »Das<br />
dunkle Berlin«, in: Berlin, Berlin. Die Ausstel<br />
lung zur Geschichte der Stadt, hrsg. von<br />
Gottfried Korff und Reinhard Rürup, Ausst.<br />
Kat. Martin Gropius Bau Berlin, Berlin 1987,<br />
S. 304.<br />
14 Zu folgenden Daten und Fakten vgl. Sabina<br />
Becker, Urbanität und Moderne. Studien zur<br />
Großstadtwahrnehmung in der deutschen Literatur<br />
1900–1930 (Saarbrücker Beiträge zur Literaturwissenschaft,<br />
39), St. Ingbert 1993, S. 35.<br />
15 Ernst Wilhelm Lotz, »Die Nächte explodieren<br />
in den Städten ...« (1910–1914), in: Silvio Vietta<br />
(Hrsg.), Lyrik des <strong>Expressionismus</strong>, 3. Aufl.,<br />
Tübingen 1985, S. 36.<br />
16 Dieser Stummfilm basiert auf Georg Kaisers<br />
Drama Von morgens bis mitternachts von 1912.<br />
Der neue Großstadtrhythmus wurde auch in<br />
Walter Ruttmanns neusachlichem Dokumentarfilm<br />
Berlin. Die Sinfonie der Großstadt von 1927<br />
ästhetisch umgesetzt.<br />
17 Victor Noack, Kulturschande. Die Wohnungsnot<br />
als Sexualproblem (Beiträge zum Sexualproblem,<br />
VI, hrsg. von Felix Theilhaber), Berlin<br />
1925, S. 11.<br />
208<br />
18 Werner Hegemann, Das steinerne Berlin.<br />
Geschichte der größten Mietskasernenstadt<br />
der Welt, Berlin 1930.<br />
19 Zu zeitgenössischen Fotografien der Berliner<br />
Wohnungsnot vgl. Gesine Asmus (Hrsg.),<br />
Hinterhof, Keller und Mansarde. Einblicke in<br />
Berliner Wohnungselend 1901–1920, Reinbek<br />
bei Hamburg 1982.<br />
20 Ludwig Meidner, »Anleitung zum Malen von<br />
Großstadtbildern« (1914), in: Ludwig Meidner.<br />
Zeichner, Maler, Literat 1884–1966, hrsg. von<br />
Gerda Breuer und Ines Wagemann, Bd. 2,<br />
Ausst.Kat. Institut <strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt,<br />
Stuttgart 1991, S. 292.<br />
21 Siegfried Kracauer, »Das Ornament der Masse«<br />
(1927), in: ders., Das Ornament der Masse.<br />
Essays, Frankfurt a. M. 1977, S. 50–63.<br />
22 Schon Karl Scheffler bezeichnete Berlin<br />
als »Experimentierfeld«, vgl. ders., Berlin.<br />
Ein Stadt schicksal, Berlin 1910, S. 238.<br />
23 Hans von Poellnitz, »Der Schrei nach dem<br />
Turmhaus«, in: Die Bauwelt. Zeitschrift für das<br />
gesamte Bauwesen, 12, 47, November 1921,<br />
S. 689 f.<br />
24 Raro, »Hochhausfieber«, in: Frankfurter Zeitung<br />
und Handelsblatt, 73, 785, 19. Oktober 1928, S. 1.<br />
25 Zu diesen Einzelprojekten und Wettbewerben<br />
vgl. Dietrich Neumann, »Die Wolkenkratzer<br />
kommen!«. Deutsche Hochhäuser der zwanziger<br />
Jahre. Debatten, Projekte, Bauten, Braunschweig<br />
/ Wiesbaden 1995, S. 158–185.<br />
26 Zu den ersten realisierten Hochhäusern in<br />
deutschen Städten vgl. Neumann 1995 (wie<br />
Anm. 25), S. 31–33.<br />
27 Zu diesem Berliner Ideenwettbewerb vgl.<br />
Der Schrei nach dem Turmhaus. Der Ideenwettbewerb<br />
Hochhaus am Bahnhof Friedrichstraße<br />
Berlin 1921 / 22, hrsg. von Florian Zimmermann,<br />
Ausst.Kat. BauhausArchiv, Museum für Gestaltung,<br />
Berlin 1988; Neumann 1995 (wie<br />
Anm. 25), S. 39–61.<br />
28 Paul Scheerbart, Glasarchitektur (1914),<br />
(Reihe Passagen), München 1971, S. 110.<br />
29 Zur Stadtvision in Metropolis vgl. Dietrich<br />
Neumann (Hrsg.), Filmarchitektur. Von Metropolis<br />
bis Blade Runner, München / New York<br />
1996, S. 94–103.<br />
30 Gleich mehrfach verwendete Fritz Lang den<br />
Begriff »Weltstadt« in einem Gespräch über<br />
Metropolis; vgl. dazu Alex Kossowsky, »Türme<br />
und Katakomben. Gespräch mit Fritz Lang«,<br />
in: Film-Kurier, 7, 151, 30. Juni 1925, o. S.<br />
31 Zu diesem Begriff vgl. etwa Gerhard Leistner,<br />
»Die Großstadt Berlin als Krisen herd der Expressionisten«,<br />
in: »O meine Zeit! So namenlos<br />
zerrissen ...«, hrsg. von Jutta HülsewigJohnen,<br />
Ausst.Kat. Kunst halle Bielefeld, Bielefeld 1985,<br />
S. 29.<br />
32 Harry Graf Kessler. Tagebuch eines Weltmannes,<br />
hrsg. von Gerhard Schuster und Margot Pehle,<br />
Ausst.Kat. SchillerNationalmuseum Marbach<br />
a. N., StuttgartBad Cannstatt 1988, S. 303 ff.<br />
07_Kraemer_V2.indd 208 08.10.2010 20:19:45 Uhr
Ludwig Mies van der Rohe, Hochhausentwurf mit<br />
Kennwort »Wabe«. Ideenwettbewerb Hochhaus am Bahnhof<br />
Friedrichstraße, Berlin, 1921, Bleistift und Kohle,<br />
The Museum of Modern Art, New York<br />
9<br />
7<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Friedrichstraße, Berlin,<br />
1914, Öl auf Leinwand, Staatsgalerie Stuttgart<br />
10<br />
George Grosz, Selbstmord, 1916, Öl auf Leinwand,<br />
The Trustees of the Tate Gallery, London<br />
Metropolis, 1926, Regie: Fritz Lang,<br />
Standfotografie, Deutsches Filminstitut<br />
– DIF, Frankfurt a. M.<br />
07_Kraemer_V2.indd 209 08.10.2010 20:19:47 Uhr<br />
8<br />
209
Ludwig Mies van der Rohe, Hochhaus am Bahnhof Friedrichstraße, Berlin,<br />
1921 / 22, Fotografie der Fotomontage, Vintage Print, Silbergelatineabzug,<br />
Stiftung Bauhaus Dessau<br />
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07_Kraemer_V2.indd 211 08.10.2010 20:19:48 Uhr
Jakob Steinhardt, Die Stadt, 1913, Öl auf Leinwand,<br />
Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin<br />
212<br />
07_Kraemer_V2.indd 212 08.10.2010 20:19:48 Uhr
George Grosz, Nachtstück. Berlin-Südende, 1915, Öl auf Leinwand,<br />
Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin<br />
07_Kraemer_V2.indd 213 08.10.2010 20:19:48 Uhr<br />
213
George Grosz, Kaffeehaus, November 1918,<br />
Erstveröffentlichung: Neue Blätter für Kunst und Dichtung,<br />
Jg. 1, November 1918<br />
214<br />
Cognac, Whisky, Schwedenpunsch,<br />
Ich sehe entsetzliche Masken!!<br />
Bin umschnürt von Korallen-Ketten roter Köpfe<br />
– Doch der Himmel ist nahe –<br />
Und gipsene Engel sind vom Plafond gestiegen.<br />
Die blasen mit ihren Schalmeien<br />
Nun – all des Negers Sehnsüchte, –<br />
– Sie haben grüne Zähne und irgendwo ist die Bronze abgeplatzt.<br />
Gaslampen sind Bälle, von jemanden in die Luft geworfen.<br />
Und hängt wie blödsinnig<br />
– Immer in denselben Räumen –<br />
Ich bin wie ein Kind in tausend Lunaparks<br />
Und wie Bandstreifen, Film<br />
Dreht sich rot und gelb<br />
Und Tische verändern Farbe und Form<br />
Und wandeln spazieren –<br />
Zwischen den dicken Schenkeln der Frauen und weißen Blusen.<br />
Einer kurbelt fortwährend.<br />
Mein Tisch ist ein ovales Stück Marmor,<br />
Kreise werden Eier –<br />
Und Noten werfen wie Schrotschüsse kleine Löcher in mein Gehirn.<br />
Die Engel aus Gips sind verschwunden,<br />
Er sagt, sie sind in der ersten Etage und spielen Billard<br />
– Die Stunde eine Mark – !!<br />
Herr Ober!! – Bitte Selterwasser –<br />
Ich bin eine Maschine, an der der Manometer entzwei ist –!<br />
Und alle Walzen spielen im Kreis –<br />
Siehe: wir sind allzumal Neurastheniker!<br />
Kaffeehaus<br />
07_Kraemer_V2.indd 214 08.10.2010 20:19:48 Uhr
George Grosz, Menschen im Kaffeehaus, 1918, Aquarell und Tusche,<br />
Sammlung Deutsche Bank, Frankfurt a. M.<br />
07_Kraemer_V2.indd 215 08.10.2010 20:19:49 Uhr<br />
215
216<br />
Ludwig Meidner, Anleitung zum Malen von Großstadtbildern, 1914, Erstveröffentlichung:<br />
»Das neue Programm«, in: Kunst und Künstler, Berlin, Jg. 12, 1914<br />
Wir müssen endlich anfangen, unsere Heimat<br />
zu malen, die Großstadt, die wir unendlich lieben.<br />
Auf unzähligen, freskengroßen Leinwänden<br />
sollten unsre biebernden Hände all das Herr liche<br />
und Seltsame, das Monströse und Dramatische<br />
der Avenüen, Bahnhöfe, Fabriken und Türme<br />
hinkritzeln. Wir erinnern uns an einzelne Bilder<br />
der siebziger und achtziger Jahre, welche Großstadtstraßen<br />
darstellten. Sie waren von Pissarro<br />
oder Claude Monet gemalt, zwei Lyrikern, welche<br />
von Wiese, Busch und Baum herkamen.<br />
Das Süße und Flockige dieser Agrar landschafter<br />
ist auch in ihren Stadtbildern. Doch malt man<br />
Häuserungetüme so strichelnd und durchsichtig<br />
wie man Bäche malt und Boulevards wie<br />
Blumenbeete!? Es ist nicht möglich mit der<br />
Technik der Impressionisten unser Problem zu<br />
bewältigen. Wir müssen alle früheren Verfahren<br />
vergessen und ganz neue Ausdrucksmittel uns zu<br />
Eigen machen.<br />
Das erste ist: daß wir sehen lernen, daß wir<br />
intensiver und richtiger sehen als unsere Vorgän<br />
ger. Die impressionistische Verschwommenheit<br />
und Verundeutlichung nützt uns nichts.<br />
Die überkommene Perspektive hat keinen Sinn<br />
mehr für uns und hemmt unsre Impulsivität.<br />
»Tonalität«, »farbige Lichter«, »farbige Schatten«,<br />
»auflösen des Kontur«, »Komplementär farben« –<br />
und was es alles noch gibt – sind Schulbegriffe<br />
geworden. Zu zweit – und das ist nicht minder<br />
wichtig – müssen wir anfangen zu schaffen. Wir<br />
können unsre Staffelei nicht ins Gewühl der<br />
Straße tragen, um dort (blinzelnd) »Tonwerte«<br />
abzulesen. Eine Straße besteht nicht aus Tonwerten,<br />
sondern ist ein Bombardement von<br />
zischen den Fensterreihen, sausenden Licht kegeln<br />
zwischen Fuhrwerken aller Art und tausend<br />
hüpfenden Kugeln, Menschen fetzen, Reklameschildern<br />
und dröhnenden, gestaltlosen<br />
Farbmassen.<br />
Das Malen im Freien ist ganz falsch. Wir<br />
kön nen nicht das Zufällige, Ungeordnete unsres<br />
Motivs im Nu auf die Leinwand bringen<br />
und ein Bild daraus machen. Aber wir müssen<br />
mutig und überlegt die optischen Eindrücke, mit<br />
denen wir uns draußen vollgesogen haben, zu einer<br />
Komposition formen.<br />
Es handelt sich hier nicht, das sei gleich gesagt,<br />
um eine rein dekorativ-ornamentale Füllung<br />
der Fläche à la Kandinsky oder Matisse –<br />
sondern um Leben in seiner Fülle: Raum, Hell<br />
und Dunkel, Schwere und Leichtigkeit und Bewegung<br />
der Dinge – kurz: um eine tiefere Durchdringung<br />
der Wirklichkeit.<br />
Es sind vor allem drei Materien, welche uns<br />
zur Gestaltung des Bildes dienen müssen: 1. das<br />
Licht, 2. der Blickpunkt, 3. die Anwendung der<br />
geraden Linie. Unser Problem ist zunächst ein<br />
Lichtproblem, denn wir fühlen nicht überall<br />
das Licht, wie die Impressionisten. Diese sahen<br />
überall Licht; sie verteilten Helligkeit über ihre<br />
ganze Bildtafel; selbst die Schatten sind hell und<br />
durchsichtig. Cézanne ist in dieser Richtung<br />
schon viel weiter. Er hat die schwebende Festigkeit<br />
und diese gibt seinen Bildern die große<br />
Wahrheit. Wir nehmen in der Natur nicht überall<br />
Licht wahr; wir sehen häufig ganz vorn große<br />
Flächen, die wie erstarrt sind und un belichtet<br />
scheinen, wir fühlen da und dort Schwere, Dunkelheiten,<br />
unbewegte Materie. Das Licht scheint<br />
zu fließen. Es zerfetzt die Dinge. Wir fühlen<br />
deutlich Lichtfetzen, Lichtstreifen, Licht bündel.<br />
Ganze Komplexe wogen im Licht und scheinen<br />
durchsichtig zu sein – doch dazwischen<br />
wieder Starrheit, Undurchsichtigkeit in breiten<br />
Massen. Zwischen hohen Häuserreihen blendet<br />
uns ein Tumult von Hell und Dunkel. Lichtflächen<br />
liegen breit auf Wänden. Mitten im Gewühl<br />
von Köpfen zerplatzt eine Licht rakete. Zwischen<br />
Fahrzeugen zuckt es hell auf. Der Himmel dringt<br />
wie ein Wasserfall auf uns ein. Seine Lichtfülle<br />
sprengt das Unten. Scharfe Konturen wanken in<br />
der Grelle. Die Scharen der Rechtecke fliehen in<br />
wirbelnden Rhythmen.<br />
Das Licht bringt alle Dinge im Räume in<br />
Bewegung. Die Türme, Häuser, Laternen scheinen<br />
zu hängen oder zu schwimmen.<br />
Das Licht ist weiß, oder silbrig, oder violett,<br />
oder blau, wie ihr wollt. Doch nehmt lieber ein<br />
Weiß, so rein wie möglich. Streicht es mit breitem<br />
Pinsel auf – daneben ein tiefes Blau oder<br />
Elfenbeinschwarz. Fürchtet euch nicht und<br />
bedeckt die Fläche mit heftigem Weiß, kreuz<br />
und quer. Nehmt Blau – das satte warme Pariserblau,<br />
das kühle, laute Ultramarin – nehmt<br />
Umbra, Ocker in Fülle und kritzelt nervös, eilig.<br />
Seid lieber brutal und unverschämt: eure Motive<br />
sind auch brutal und unverschämt. Es genügt<br />
nicht, daß ihr den Rhythmus in den Fingerspitzen<br />
habt, ihr müsst euch winden unter Tollheit<br />
und Lachen!<br />
Wichtig für das Kompositorische ist der<br />
Blickpunkt. Er ist der intensivste Teil des Bildes<br />
und Blickpunkt der Komposition. Er kann<br />
überall liegen, in der Mitte, rechts oder links von<br />
der Mitte, aber aus Kompositionsgründen wähle<br />
man ihn etwas unter der Mitte des Bildes. Es ist<br />
auch zu beachten, daß alle Dinge im Blickpunkt<br />
deutlich seien, scharf und unmystisch. Im Blickpunkt<br />
sehen wir aufrechtstehende Linien senkrecht.<br />
Je weiter vom Blickpunkt entfernt, desto<br />
mehr neigen sich die Linien. Stehen wir zum Beispiel<br />
geradeausblickend mitten auf der Straße, so<br />
sind vor uns, weit unten, alle Häuser senkrecht zu<br />
sehen und ihre Fensterreihen scheinen der landläufigen<br />
Perspektive Recht zu geben, denn sie<br />
07_Kraemer_V2.indd 216 08.10.2010 20:19:49 Uhr
laufen dem Horizont zu. Doch die Häuser neben<br />
uns – wir fühlen sie nur mit halbem Auge – scheinen<br />
zu wanken und zusammenzubrechen. Hier<br />
schießen Linien, die in Wirklichkeit parallel<br />
laufen, steil empor und schneiden sich. Giebel,<br />
Schornsteine, Fenster sind dunkle, chaotische<br />
Massen, fantastisch verkürzt, vieldeutig.<br />
Malt im Blickpunkt mit kleinen Pinseln,<br />
kurze, heftig empfundene Linien, die alle sitzen<br />
müssen! Malt hier sehr nervös; aber je weiter ihr<br />
euch dem Bildrand nähert, desto breiter und unbestimmter<br />
könnt ihr werden.<br />
Früher hieß es immer: es gibt keine gerade<br />
Linie in der Natur, die freie Natur ist unmathematisch.<br />
Man liebte die gerade Linie nicht und<br />
noch Whistler löste sie in viele kleine Teile auf.<br />
Seit den Tagen Ruisdaels ist die gerade Linie in<br />
der Landschaftsmalerei verpönt und die Künstler<br />
haben immer vermieden, neue Gebäude, neue<br />
Kirchen und Schlösser auf ihren Bildern anzubringen.<br />
Sie zogen die pittoresken Dinge vor,<br />
denn diese waren unregelmäßig und vielgestaltig:<br />
baufällige Häuser, Ruinen und möglichst<br />
viel Laubbäume.<br />
Wir Heutigen, Zeitgenossen des Ingenieurs,<br />
empfinden die Schönheit der geraden Linien, der<br />
geometrischen Formen. Nebenbei sei bemerkt,<br />
daß auch die moderne Bewegung des Kubismus<br />
große Sympathie für geometrische Formen an<br />
den Tag legte, ja daß sie bei ihr eine noch tiefere<br />
Bedeutung haben als bei uns.<br />
Unsere gerade Linie – hauptsächlich in der<br />
Graphik angewandt – ist nicht zu verwechseln<br />
mit den Linien, welche die Maurermeister auf<br />
ihren Plänen mit der Reißschiene ziehen. Glaubt<br />
nicht, daß eine gerade Linie kalt und starr sei!<br />
Ihr müsst sie nur sehr erregt zeichnen und ihren<br />
Verlauf gut beachten. Sie sei bald dünn,<br />
bald dicker und von leisem, nervösem Erzittern.<br />
Sind nicht unsere Großstadtlandschaften<br />
alle Schlachten von Mathematik! Was für<br />
Dreiecke, Vierecke, Vielecke und Kreise stürmen<br />
auf den Straßen auf uns ein. Lineale sausen<br />
nach allen Seiten. Viel Spitzes sticht uns.<br />
Selbst die herumtrabenden Menschen und Viecher<br />
scheinen geometrische Konstruktionen zu<br />
sein. Nehmt einen breiten Bleistift und ziehet<br />
heftig auf dem Papier gerade Linien und dieses<br />
Gewirr mit einiger Kunst angeordnet wird viel<br />
lebendiger sein als die prätentiösen Pinseleien<br />
unserer Professoren.<br />
Über die Farbe ist nicht viel zu sagen. Nehmt<br />
alle Farben der Palette – aber wenn ihr Berlin<br />
malt, so verwendet nur Weiß und Schwarz, nur<br />
wenig Ultramarin und Ocker, aber viel Umbra.<br />
Kümmert euch nicht um »kalte« oder »warme«<br />
Töne, um »Komplementärfarben« und ähnlichen<br />
Humbug – ihr seid keine Divisionisten – aber<br />
strömt euch frei aus, frei, ungehemmt und sorglos.<br />
Denn darauf kommt es an, daß morgen Hunderte<br />
von jungen Malern voller Enthusiasmus<br />
sich auf dieses neue Ge biet stürzen. Ich habe hier<br />
nur einige Hin weise und Andeutungen gegeben.<br />
Man könnte es ebensogut auch anders machen,<br />
vielleicht besser und überzeugender. Aber die<br />
Großstadt muß gemalt werden.<br />
Es ist schon in den Manifesten der Futuristen<br />
– nicht etwa in ihren Machwerken – gesagt<br />
worden, wo die Probleme liegen und Robert<br />
Delaunay hat vor drei Jahren mit seiner großartigen<br />
Konzeption des »Tour Eiffel« [*] unsere<br />
Bewegung inauguriert. Auch ich habe in diesem<br />
Jahre in einigen malerischen Versuchen und gelungeneren<br />
Zeichnungen praktisch das getan,<br />
wofür ich hier theoretisch eintrete. Und alle<br />
jüngeren Talente sollten sogleich an die Arbeit<br />
gehen und alle unsere Ausstellungen mit Großstadtschilderungen<br />
überschwemmen.<br />
Leider verwirrt heute allerlei Atavistisches<br />
die Köpfe. Das Stammeln primitiver Völker beschäftigt<br />
auch einen Teil der deutschen Maler-<br />
Jugend und nichts scheint wichtiger zu sein als<br />
Buschmannmalerei und Aztekenplastik. Auch<br />
das wichtigtuende Gerede steriler Franzosen<br />
über »absolute Malerei«, über »das Bild« u. a.<br />
findet bei uns lauten Widerhall. Aber seien<br />
wir ehrlich! Gestehen wir uns nur ein, daß wir<br />
keine Neger oder Christen des frühen Mittel alters<br />
sind! Daß wir Bewohner von Berlin sind anno<br />
1913, in Cafehäusern sitzen und diskutieren,<br />
viel lesen, sehr viel vom Verlauf der Kunstgeschichte<br />
wissen und: daß wir alle vom Impressionismus<br />
herkamen! Wozu die Manie ren und<br />
Anschauungen vergangener Zeiten nach ahmen,<br />
das Unvermögen als das Richtige proklamieren?!<br />
Sind diese rohen, mesquinen Figuren, die<br />
wir jetzt in allen Ausstellungen sehen, ein Ausdruck<br />
unserer komplizierten Seele?! Malen wir<br />
das Naheliegende, unsere Stadt-Welt! die tumultuarischen<br />
Straßen, die Eleganz eiser ner Hängebrücken,<br />
die Gasometer, welche in weißen Wolkengebirgen<br />
hängen, die brüllende Koloristik<br />
der Auto busse und Schnellzugslokomotiven, die<br />
wogenden Tele phondrähte (sind sie nicht wie Gesang?),<br />
die Harlekinaden der Lit faß-Säulen, und<br />
dann die Nacht ... die Großstadt-Nacht ...<br />
Würde uns nicht die Dramatik eines gut<br />
gemalten Fabrikschornsteins tiefer bewegen als<br />
alle Borgo-Brände und Konstantinsschlachten<br />
Raffaels?<br />
[*] Robert Delaunay, Tour Eiffel, 1911 (datiert<br />
1910), Öl auf Leinwand, Solomon R. Guggenheim<br />
Museum, New York. [Anm. d. Red.]<br />
Anleitung zum Malen<br />
von Großstadtbildern<br />
07_Kraemer_V2.indd 217 08.10.2010 20:19:49 Uhr<br />
217
Walter Gramatté, Das Kreisen, aus: Die Fibel, 1918, Lithografie,<br />
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin<br />
218<br />
07_Kraemer_V2.indd 218 08.10.2010 20:19:50 Uhr
Hans Scharoun, Angst, 1920erJahre, Bleistift,<br />
Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt a. M.<br />
07_Kraemer_V2.indd 219 08.10.2010 20:19:50 Uhr<br />
219
Walter Gramatté, Der Rebell. Kopf Peters mit Schusswunde in der Stirn,<br />
Blatt 1 von 4, 1918, Radierung, LETTER Stiftung, Köln<br />
220<br />
07_Kraemer_V2.indd 220 08.10.2010 20:19:50 Uhr
Ernst Wilhelm Lotz, Die Nächte explodieren in den Städten,<br />
1910 – 1914, Erstveröffentlichung: Wolkenüberflaggt.<br />
Gedichte von Ernst Wilhelm Lotz, Leipzig 1916 (vordatiert 1917)<br />
Die Nächte explodieren in den Städten,<br />
Wir sind zerfetzt vom wilden, heißen Licht,<br />
Und unsre Nerven flattern, irre Fäden,<br />
Im Pflasterwind, der aus den Rädern bricht.<br />
In Kaffeehäusern brannten jähe Stimmen<br />
Auf unsre Stirn und heizten jung das Blut,<br />
Wir flammten schon. Und suchen leise zu verglimmen,<br />
Weil wir noch furchtsam sind vor eigner Glut.<br />
Wir schweben müßig durch die Tageszeiten,<br />
An hellen Ecken sprechen wir die Mädchen an.<br />
Wir fühlen noch zu viel die greisen Köstlichkeiten<br />
Der Liebe, die man leicht bezahlen kann.<br />
Wir haben uns dem Tage übergeben<br />
Und treiben arglos spielend vor dem Wind,<br />
Wir sind sehr sicher, dorthin zu entschweben,<br />
Wo man uns braucht, wenn wir geworden sind.<br />
Die Nächte<br />
explodieren in<br />
den Städten<br />
07_Kraemer_V2.indd 221 08.10.2010 20:19:50 Uhr<br />
221
Walter Gramatté, Der Rebell. Robert im Theater,<br />
Blatt 2 von 4, 1918, Radierung, LETTER Stiftung, Köln<br />
222<br />
Walter Gramatté, Der Rebell. Szene im Café mit den Krüppeln,<br />
Blatt 3 von 4, 1918, Radierung, LETTER Stiftung, Köln<br />
07_Kraemer_V2.indd 222 08.10.2010 20:19:51 Uhr
Walter Gramatté, Der Rebell. Der Sturz in die Unendlichkeit,<br />
Blatt 4 von 4, 1918, Radierung, LETTER Stiftung, Köln<br />
07_Kraemer_V2.indd 223 08.10.2010 20:19:51 Uhr<br />
223
Nerven, 1919, Regie: Robert Reinert, ausbelichtete Filmbilder,<br />
Filmmuseum München<br />
224<br />
am Okt.07 in Litho übermittelt<br />
07_Kraemer_V2.indd 224 08.10.2010 20:19:52 Uhr
Josef Fenneker, Werbeanzeige zum Film Nerven, in: Der Film, Jg. 4, H. 20, 1919,<br />
Regie: Robert Reinert, Zeitschrift, Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt a. M.<br />
07_Kraemer_V2.indd 225 08.10.2010 20:19:53 Uhr<br />
225
Erich Godal, Programmheft zum Film Die Straße, 1923, Regie: Karl Grune,<br />
Lithografie, Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
SIGNATUR<br />
DA ist nicht mehr dran!<br />
226<br />
07_Kraemer_V2.indd 226 08.10.2010 20:19:54 Uhr
Die Straße, 1923, Regie: Karl Grune, ausbelichtete Filmbilder,<br />
FriedrichWilhelmMurnauStiftung, Wiesbaden<br />
07_Kraemer_V2.indd 227 08.10.2010 20:19:55 Uhr<br />
227
Josef Fenneker, Plakat zum Film Das neue Paradies, 1921, Regie: Willy Zeyn senior,<br />
Lithografie, Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
228<br />
07_Kraemer_V2.indd 228 08.10.2010 20:19:55 Uhr
Josef Fenneker, Plakat zum Film Hass, 1919 / 20, Regie: Manfred Noa, Lithografie,<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
07_Kraemer_V2.indd 229 08.10.2010 20:19:55 Uhr<br />
229
230<br />
Josef Fenneker, Plakat zum Film Moriturus, 1920, Regie: Carl MüllerHagens,<br />
unten: Plakat zum Film Der Alchimist, 1918, Regie: Heinz Karl Heiland, Lithografie,<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
07_Kraemer_V2.indd 230 08.10.2010 20:19:56 Uhr
Josef Fenneker, Plakat zum Film Der gelbe Tod, 1920, Regie: Karl Wilhelm,<br />
unten: Plakat zum Film Der Januskopf, 1920, Regie: Friedrich Wilhelm Murnau,<br />
Lithografie, Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
07_Kraemer_V2.indd 231 08.10.2010 20:19:56 Uhr<br />
231
Josef Fenneker, Plakat zum Film Zirkus des Lebens, 1921, Regie: Johannes Guter,<br />
Lithografie, Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
232<br />
07_Kraemer_V2.indd 232 08.10.2010 20:19:57 Uhr
Josef Fenneker, Plakat zum Film Totentanz, 1919, Regie: Otto Rippert, Lithografie,<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
07_Kraemer_V2.indd 233 08.10.2010 20:19:57 Uhr<br />
233
08_Gehring_V2.indd 234 09.10.2010 14:19:54 Uhr
ESSAY PETRA GEHRING Petra Gehring<br />
08_Gehring_V2.indd 235 09.10.2010 14:19:54 Uhr
»Mein Grab ist keine Pyramide,<br />
mein Grab ist ein Vulkan.« 1<br />
Gibt es eine Philosophie des <strong>Expressionismus</strong>?<br />
Oder gar »die« Philosophie der Expression? Wenn<br />
ja, so wäre es wohl eine Philosophie von Rausch,<br />
Traum und Realität gleichermaßen – und eine, die<br />
das Leben mit Leidenschaft bejaht. Dabei aber<br />
im Inneren des Lebens doch auch neue Formen<br />
des Grauens und des Todes erblickt.<br />
»Lebensphilosophie« lautet ein Stichwort,<br />
das nahe liegt, um einen Grundzug des Philosophierens<br />
der expressionistischen Ära<br />
zu charakterisieren: Man denkt einerseits<br />
ganzheitlich-pathetisch, andererseits schonungslos<br />
wirklichkeitsbesessen – und auch<br />
demonstrativ »materialistisch«. Schon um<br />
1900 hat der Blick der Intellektuellen einen<br />
physiologischen Zug, und namentlich Friedrich<br />
Nietzsches große Umwertung aller<br />
Werte fasziniert eine erste Generation von<br />
Leserinnen und Lesern. Nietzsches experimentelles<br />
Philosophieren greift Motive der<br />
antiken Tragödie ebenso auf wie die Sprache<br />
des Darwinismus. Es formuliert radikale<br />
Religions- und Wissenschaftskritik, es wirft<br />
alle bekannten Ethiken über den Haufen und<br />
macht an den Grenzen des Ruins der eigenen<br />
Person nicht Halt. So ist die expressionistische<br />
Sprache an den schneidenden Formeln<br />
von Also sprach Zarathustra (1883–1885) geschult,<br />
dem Buch für Alle und Keinen, wie es<br />
im Untertitel heißt.<br />
Neuer Realismus des Sozialen und des Körpers<br />
bei gleichzeitiger neuer Intuition einer unmenschlich-übermenschlichen<br />
Vereinzelung, gesteigerter<br />
Wirklichkeitssinn bei gleichzeitigem Interesse für<br />
Traum und Rausch. Sind dies Paradoxien, so waren<br />
die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts<br />
eine paradoxe Zeit. Und eine verwirrende Zeit<br />
für die rein geisteswissenschaftliche Philosophie.<br />
Vor und nach dem Ersten Weltkrieg sind im Zeichen<br />
des »Ausdrucks« und des »Lebens« – von<br />
Dilthey, Kierkegaard, Simmel, Bergson, Klages,<br />
Scheler bis zu Heidegger – vielfältige philosophische<br />
Aufbrüche zu verzeichnen.<br />
Es gibt jedoch einen gedanklichen Umbruch,<br />
der für den expressionistischen<br />
Zeitgeist wichtiger ist als dieses alles.<br />
Das Werk, das für diesen Umbruch sorgt,<br />
verdankt sich nicht den Überlegungen<br />
eines Geisteswissenschaftlers, sondern<br />
den Schriften eines Arztes, der im Jahr<br />
1900 eine neue Wissenschaft begründen<br />
will – und mit der Art und Weise, in welcher<br />
dies dann tatsächlich erfolgreich<br />
gelingt, für eine magnetische Herausforderung<br />
des Denkens sorgt und gerade<br />
auch außerhalb der Wissenschaften das<br />
Lebensgefühl tief verändert. Die Rede<br />
ist von der Erfindung der Psychoanalyse.<br />
Mit den 1910er- und 1920er-Jahren beginnt<br />
ihre spektakuläre Wirkung. Es gibt<br />
ein Unbewusstes, das – biografisch,<br />
my tho logisch, authentisch – Bizarres<br />
her vorbringt, das uns überlebensfähig<br />
macht wie auch krank, das dem Rätsel<br />
eines Trieblebens Ausdruck verleiht, das<br />
gleichwohl niemals vollständig entziffert<br />
werden kann. Lust und Leid verkettet<br />
ein psychischer Apparat, Begehren und<br />
236 Sprache, Triebverzicht und Kultur sind<br />
I.<br />
aneinander gebunden. Ohne die Wucht<br />
dieser Einsichten hätte es die expressionistische<br />
Bewegung nicht gegeben.<br />
Die zerrissene Tiefe seiner Seele findet<br />
der <strong>Expressionismus</strong> in der Theorie<br />
Sigmund Freuds.<br />
Mit Freuds Jahrhundertbuch, der Traumdeutung<br />
(1900), wurde der Traum zum Grundstein der<br />
Psy choanalyse. Träume sind Wächter des Schlafs,<br />
und zugleich leisten sie eine Arbeit, die teils derjenigen<br />
eines Grenzwächters, teils derjenigen<br />
eines Schmugglers, teils derjenigen eines Künstlers<br />
gleicht: Aus dem Unbewussten herandrängende<br />
Wunschmotive, die auf Ungehöriges, Unerlaubtes,<br />
Unmögliches aus sind, werden nachts<br />
ohne unser bewusstes Zutun zu Traumbildern<br />
verdichtet. Begehrlichkeiten werden verschoben,<br />
durch Ersetzungen verschlüsselt und noch<br />
im Aufwachen so nachbearbeitet, dass ihr Sinn<br />
in grelle Splitter zerbricht. Das Resultat der<br />
»Traumarbeit« – also der Arbeit, die der Traum<br />
leistet, um das Unbewusste zu kaschieren 2 – ist<br />
Verfremdung. Was das Begehren will, wird regelrecht<br />
entstellt. Ein Stück weit bleiben freilich<br />
dennoch verräterische Spuren, weswegen in der<br />
psychoanalytischen Entschlüsselung der Traumerzählung<br />
schrittweise erschlossen werden kann,<br />
worum es geht.<br />
Freuds Festlegung auf den Traum war nicht<br />
alternativlos. Auch der Rausch hat ihn interessiert.<br />
Der Untersuchung der Träume<br />
gehen in den 1880er- und 1890er-Jahren<br />
Studien über Hypnose wie auch über die bewusstseinsverändernde<br />
Wirkung von Dro -<br />
gen voraus. Freuds Forschungen stehen für<br />
eine weit ausgreifende Neugier, die sich auf<br />
die Wirklichkeitsgrenze richtet: auf die Beschaffenheit<br />
dieser Grenze im psychischen<br />
Erleben, auf ihre Rückgewinnung und Absicherung<br />
in der Behandlung einer neurotischen<br />
Erkrankung. Als generelles Ziel<br />
erscheint letztlich die Manipulation dieser<br />
Wirk lichkeitsgrenze, gelingende »Psychotechnik«,<br />
könnte man sagen.<br />
Berühmt sind Freuds Selbstversuche mit dem gerade<br />
erst bekannt gewordenen Kokain, welches<br />
er selbst – gerade auch am Schreibtisch – häufig<br />
nahm, und dessen suchterzeugende Wirkung er<br />
über lange Zeit bestritt. Freud porträtiert die richtig<br />
dosierte Droge nicht als künstliche Zutat, sondern<br />
gleichsam nur als Verstärkerin. Sie steigert<br />
zum Guten:<br />
»Die psychische Wirkung des Cocainum mur. in<br />
Dosen von 0.05–0.10 gr. besteht in einer Aufheiterung<br />
und anhaltenden Euphorie, die sich<br />
von der normalen Euphorie des gesunden Menschen<br />
in nichts unterscheidet. Es fehlt gänzlich<br />
das Alternationsgefühl, das die Aufheiterung<br />
durch Alkohol begleitet, es fehlt auch der für<br />
die Alkoholwirkung charakteristische Drang zur<br />
sofortigen Betätigung. Man fühlt die Zunahme<br />
der Selbstbeherrschung, fühlt sich lebenskräftiger<br />
und arbeitsfähiger; aber wenn man arbeitet,<br />
vermißt man auch die durch Alkohol, Tee oder<br />
Kaffee hervorgerufene edle Exzitation und Steigerung<br />
der geistigen Kräfte.« 3<br />
Freimütige Bemerkungen in Briefen zeigen<br />
Freud in den 1880er-Jahren als leidenschaftlichen<br />
und angstlosen Parteigänger<br />
der kontrollierten Rausch erfahrung. Durch<br />
verschiedene Messungen am eigenen Körper<br />
versucht er, »die wunderbare Allgemeinwirkung<br />
dieses Alkaloids, welche in<br />
einer Hebung der Stimmung, der körperlichen<br />
und geistigen Leistungsfähigkeit und<br />
Ausdauer besteht, durch objektive Zeichen<br />
auszudrücken und gleichzeitig messend zu<br />
verfolgen«. 4 Was ihn am Kokain besonders<br />
fasziniert, ist die Tat sache, dass man sich so<br />
weitgehend »eben einfach normal« 5 empfindet<br />
und verhalten kann. Man hat »Mühe<br />
zu glauben, daß man unter der Einwirkung<br />
eines fremden Agens steht, und doch ist<br />
man für 4–5 Stunden sehr eingreifend verändert«.<br />
6 Geradezu ideal scheint das Kokain<br />
zu beweisen, dass Wirklichkeit – klare<br />
Grenze bleibend – sich dennoch verstärken<br />
und gewissermaßen schärfer stellen lässt.<br />
Zwar distanziert sich Freud in den 1920er-<br />
Jahren in wissenschaftlichem Duktus von der<br />
Droge – das Kokain hat sich inzwischen als<br />
Rauschdroge verbreitet und ist zum gesellschaftlichen<br />
Skandal geworden. Auch kühlt<br />
Freuds Begeisterung für das Kokain ab, als<br />
ein Freund stirbt, dem er zu helfen versucht<br />
hat, mittels Kokain eine Morphiumsucht zu<br />
beenden. Die Nähe von Rauschdroge, Sucht<br />
und Tod ist dem Seelen arzt unangenehm. 7 Ein<br />
»abseitiges aber tiefergehendes Interesse«<br />
habe ihn »1884 veranlaßt«, sich »das damals<br />
wenig bekannte Alkaloid Kokain von Merck<br />
kommen zu lassen und dessen physiologische<br />
Wirkung zu studieren«, 8 schreibt Freud 1925 in<br />
einer autobiografischen Notiz.<br />
Dennoch zögert er nicht, im Spätwerk<br />
die Kunst, den Drogengebrauch, die Religion<br />
und die wissenschaftliche Arbeit<br />
als große »Linderungsmittel« parallel zu<br />
setzen: Alle vier sind »Ablenkungen«, die<br />
uns als Kulturwesen die Unvermeidlichkeiten<br />
des Lebens erträglich machen.<br />
Fantasie in der Seele und Chemie im<br />
Körper erscheinen dabei direkt nebeneinander:<br />
»Die Ersatzbefriedigungen,<br />
wie die Kunst sie bietet, sind gegen die<br />
Realität Illusionen, darum nicht minder<br />
psychisch wirksam dank der Rolle, die<br />
die Phantasie im Seelenleben behauptet<br />
hat. Die Rauschmittel beeinflussen<br />
unser Körperliches, ändern seinen Chemismus.«<br />
9<br />
Als wissenschaftliches Vorhaben ist die Psychoanalyse<br />
zum einen Theorie des Seelenlebens,<br />
zum anderen medizinische Behandlungstechnik.<br />
Freuds Perspektive geht jedoch<br />
weiter. Sie taucht das gelingende Alltagsleben<br />
in ein dramatisches Licht. Leben ist nicht<br />
Kampf aller gegen alle, aber permanente Kompromissbildung<br />
im Kampf zwischen Lust und<br />
Realität. Zwischen dem elementaren Triebverzicht,<br />
welchen Kultur fordert, und der unverminderten<br />
Wucht unbewusster Triebregungen<br />
leben die Individuen zum Zerreißen gespannt.<br />
II.<br />
Unter der dünnen Schicht der europäischen –<br />
und gerade auch der modernen – Kulturtechniken<br />
lauert das Extrem. Daher lassen sich ein<br />
intensives Realitätsgefühl und sein vermeintliches<br />
Gegenteil gemeinsam steigern. Rausch<br />
08_Gehring_V2.indd 236 09.10.2010 14:19:55 Uhr
1<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari, 1919 / 20,<br />
Regie: Robert Wiene, ausbelichtetes Filmbild,<br />
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
08_Gehring_V2.indd 237 09.10.2010 14:19:55 Uhr<br />
237
Otto Dix, Tod und Frau II, 1924, Bleistift,<br />
Graphische Sammlung, Museumslandschaft Hessen Kassel<br />
3<br />
238<br />
Emil Nolde, Tänzerin, 1913, Lithografie,<br />
Sammlung Sander, Darmstadt<br />
4<br />
2<br />
Otto Dix, Der Lustmörder, 1920, Radierung,<br />
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin<br />
08_Gehring_V2.indd 238 09.10.2010 14:19:56 Uhr
und Wirklichkeit schließen sich nicht aus. Wie<br />
in der Kokainerfahrung kann beides sich gegenseitig<br />
hoch treiben. Dies ist dem <strong>Expressionismus</strong><br />
vertraut. Und vertraut ist ihm auch, dass<br />
Rausch und Lustprinzip eben deshalb wie aus<br />
sich heraus nichts Harmloses sind, sondern in<br />
die Nähe des Todes führen.<br />
Die Gefahren einer radikalen Durchbrechung<br />
des Realen sind das, was der junge Sigmund<br />
Freud ignorieren will, der mit dem Kokain<br />
experimentiert und sich wünscht, das ideale<br />
Rauschmittel möge eine harmlose Droge<br />
sein. Mehrmals betonen Freuds Kokain-<br />
Studien aus den 1880er-Jahren, wie gering<br />
die Gefahren der Coca-Einnahme und auch<br />
der »internen Anwendung«, also der Kokainspritze,<br />
sind: »Die toxische Dosis liegt für<br />
den Menschen sehr hoch, eine letale scheint<br />
es nicht zu geben.« 10<br />
Der späte Freud hinterfragt die Ausschließlichkeit<br />
einer bloß positiven Kraft<br />
des Lebens. Was Kultur an Destruktion<br />
freisetzt, kann nicht nur fehlgelei tetes<br />
Luststreben sein. Das zeigt allem voran<br />
die grausame Faktizität moderner Kriege.<br />
Die Erfahrung des Weltkrieges, so Freud,<br />
»stellt unser Triebleben in seiner Nacktheit<br />
blos«. 11 Krieg überhaupt »streift uns<br />
die späten Kulturauflagerungen ab und<br />
läßt den Urmenschen in uns wieder zum<br />
Vorschein kommen«. 12 Auch der wohlerzogene<br />
erwachsene Kulturbürger mordet<br />
dann und kann sich selbst für den Moment<br />
für unsterblich halten. Archaische Intensität,<br />
rauschhafter Heroismus durchstoßen<br />
recht leicht die Realität des Friedens.<br />
Denn unser Unbewusstes »glaubt« nicht<br />
an den eigenen Tod: »Was wir unser ›Unbewußtes‹<br />
heißen, die tiefsten, aus Triebregungen<br />
bestehenden Schichten unserer<br />
Seele, kennt überhaupt nichts Negatives,<br />
keine Verneinung – Gegensätze fallen in<br />
ihm zusammen.« 13<br />
In Jenseits des Lustprinzips spekuliert<br />
Freud 1920 über einen biologisch verankerten<br />
Todestrieb. Die zehn Jahre später<br />
erschienene Überlegung Das Unbehagen<br />
in der Kultur umkreist mit noch einmal<br />
anderer Akzentsetzung die kulturellen<br />
Formen der Leidverarbeitung und das<br />
– nun als eigenständig erachtete – Problem<br />
der Aggression. Wie kann das Individuum<br />
am Glück arbeiten, ist es von Anfang<br />
an ins Kreuzfeuer von Triebverzicht<br />
und aggressiver Trieblenkung gestellt?<br />
Ohne philosophischen Weichzeichner<br />
charakterisiert Freud diese Aufgabe in<br />
technischen Begriffen. Alles Leid sei nur<br />
Empfindung und insofern beeinflussbar.<br />
Am einfachsten auf chemischem Wege,<br />
durch Drogen, durch »Intoxikation«. »Die<br />
Leistung der Rauschmittel im Kampf<br />
um das Glück und zur Fernhaltung des<br />
Elends wird so sehr als Wohltat geschätzt,<br />
daß Individuen wie Völker ihnen<br />
eine feste Stellung in ihrer Libidoökonomie<br />
eingeräumt haben. Man dankt ihnen<br />
nicht nur den unmittelbaren Lustgewinn,<br />
sondern auch ein heiß ersehntes Stück<br />
Un abhängigkeit von der Außenwelt.« 14<br />
Es sei sehr zu bedauern, »daß diese toxische<br />
Seite der seelischen Vorgänge sich<br />
III.<br />
der wissenschaftlichen Erforschung bisher<br />
entzogen hat«, 15 merkt Freud an, um<br />
dann – aus ähnlich kühler Distanz – den<br />
Entlastungswert der Gewissensbildung<br />
in der Religion, der Kunst und der Wissenschaft<br />
für das Gefühlsleben des Kulturmenschen<br />
zu prüfen. Jedenfalls führt<br />
Kultivierung nicht zu Ausgleich und Harmonie.<br />
Gesteigerte Moralität hilft in dieser<br />
Lage nicht weiter. Für Freud ist Ethik<br />
vielmehr »selbst Teil des Problems«. 16<br />
Aber auch die Liebe, die Sexualität aus kulturbedingten<br />
Verzichtsanstrengungen zu befreien,<br />
ist keine Lösung. Zwar sei das Sexualleben<br />
des Kulturmenschen »schwer geschädigt«,<br />
merkt Freud an, es mache »mitunter den Eindruck<br />
einer in Rückbildung befindlichen Funktion,<br />
wie unser Gebiß und unsere Kopfhaare<br />
als Organe zu sein scheinen«. 17 Die Sexualität<br />
treibt uns also, aber sie treibt nicht wirklich<br />
irgendwo hin. Manchmal liegt sogar der<br />
Gedanke nahe, »es sei nicht allein der Druck<br />
der Kultur, sondern etwas an der Funktion<br />
selbst versage uns die volle Befriedigung<br />
und dränge uns auf andere Wege«. 18 Die Moderne<br />
koppelt Lust und Unglück. Dennoch<br />
warnt Freud vor naiv-kulturkritischer Verherrlichung<br />
der Natur. Wie immer man Kultur<br />
bestimmt – alles, was der Mensch gegen die<br />
Kultur ins Feld führen kann, wird auch wieder<br />
Kultur sein. Und dass der Urmensch besonders<br />
glücklich war, darf bezweifelt werden. 19<br />
Kulturentstehung ist also positiv zu sehen.<br />
Sie ist »ein Prozeß im Dienste des Eros«,<br />
und im Zweifel ist es der »natürliche Aggressionstrieb<br />
des Menschen, die Feindseligkeit<br />
eines gegen alle und aller gegen einen«, der<br />
sich der Kulturentwicklung widersetzt. 20<br />
Kampf von Eros und Tod, Kampf von Leben und<br />
Destruktion. Konsequent schildert Das Unbeha<br />
gen in der Kultur diese von Anfang an polarisierte<br />
Ökonomie sowohl in Begriffen der Natur<br />
als auch in Begriffen der Technik. Die »Triebe«<br />
und die »Libido«, die Sexualenergie im Körper,<br />
haben ihren Ort im schon in der Traumdeutung<br />
sogenannten »psychischen Apparat«. 21 In dem<br />
durch dessen innere Ökonomie vorgegebenen<br />
Rahmen ist im Blick auf das Zurechtkommen<br />
des Individuums mit der Welt von der »Technik<br />
der Leidabwehr«, von »Technik der Lebensführung«,<br />
»Technik der Lebenskunst«, »Techniken<br />
der Erfüllung des Lust prinzips« und »Lebenstechnik«<br />
die Rede. 22 Leben und Lebenstechniken<br />
sind eins. Auch das zeigt, wie die Psychoanalyse<br />
nicht im 19., sondern im beginnen den<br />
20. Jahrhundert wur zelt. Lebensdenken hat blo-<br />
ße Naturforschung ab gelöst. Und Kulturforschung<br />
rückt ins Paradigma des Lebens ein.<br />
»Leben« wird als Dynamik begriffen, an welcher<br />
die Trennung von Natur und Kultur sich<br />
als grobe Vereinfachung erweist. Und für die<br />
pathetische Kategorie des »Realen« gilt dasselbe.<br />
Weder ist die Lust, der das Realitätsprinzip<br />
Kompromisse abverlangt, allein Natur.<br />
Noch gehört die Kultur ganz auf die Seite einer<br />
Ordnung, die den Rausch und den Tod verleugnet.<br />
Die Kunst bietet hierfür den Beweis. Und<br />
namentlich die expressionistische Kunst, eine<br />
Kunst, so bizarr wie die Träume.<br />
IV.<br />
Man hat die Psychoanalyse vielfach als<br />
Deutungsmuster für Werke des <strong>Expressionismus</strong><br />
verwendet. Die hier gewählte Perspektive<br />
ist eine andere. Die Analyse des<br />
Unbewussten und die Gesten des <strong>Expressionismus</strong><br />
erscheinen als Kinder derselben<br />
Zeit. An der Grenze der Wirklichkeit prallen<br />
Imagination und Realität, Rausch und Leistung<br />
sowie Wunsch und Tod zusammen.<br />
Ohne Freud hätte es den expressionistischen<br />
Aufbruch nicht gegeben. Mit Freud<br />
öffnen sich in den Wänden der Seele tausend<br />
Augen und Münder. Diese Wände vor<br />
sich wie auch im Rücken, der Wirklichkeit<br />
zugewandt, beißt der <strong>Expressionismus</strong> zu.<br />
08_Gehring_V2.indd 239 09.10.2010 14:19:56 Uhr<br />
239
1 Theodor Däubler, »Die Apokalypse« (1921),<br />
in: Gedichte des <strong>Expressionismus</strong>, hrsg. von<br />
Dietrich Bode, Stuttgart 1966, S. 30 f.<br />
2 Sigmund Freud, »Die Traumdeutung« (1900),<br />
in: ders., Gesammelte Werke, hrsg. von Anna<br />
Freud, Bd. II / III (1942), Frankfurt a. M. 1999,<br />
S. V–642, hier S. 283 ff.<br />
3 Sigmund Freud, »Über Coca« (1884), in: ders.,<br />
Schriften über Kokain (1996), hrsg. von Albrecht<br />
Hirschmüller, 2. Aufl., Frankfurt a. M. 1999,<br />
S. 41–86, hier S. 62.<br />
4 Sigmund Freud, »Beitrag zur Kenntnis der<br />
Cocainwirkung« (1885), in: Freud (wie Anm. 3),<br />
S. 87–98, hier S. 90.<br />
5 Freud, »Über Coca« (wie Anm. 3).<br />
6 Sigmund Freud, Ȇber die Allgemeinwirkung<br />
des Cocains« (1885), in: Freud 1999 (wie<br />
Anm. 3), S. 99–107, hier S. 102.<br />
7 Dass und wie sehr Freud sich aufgrund der<br />
missglückten Morphiumentwöhnung schuldig<br />
fühlte, ist in der Literatur ausführlich Thema –<br />
auch deswegen, weil er in seiner Traumdeutung<br />
einen eigenen Traum beispielhaft analysiert, der<br />
mit dem Tenor eines Selbstvorwurfs auf den Fall<br />
anspielt; vgl. Freud, »Die Traumdeutung« (wie<br />
Anm. 2), S. 111 ff. (zum sog. »Traum von Irmas<br />
Injektion«).<br />
8 Sigmund Freud, »Selbstdarstellung« (1925), in:<br />
ders., Gesammelte Werke, hrsg. von Anna Freud,<br />
Bd. XIV (1948), Frankfurt a. M. 1999, S. 31–96,<br />
hier S. 38; vgl. zur Literaturdiskussion dieser<br />
Stelle Albrecht Hirschmüller, »Einleitung«, in:<br />
Freud 1999 (wie Anm. 3), S. 9–39, hier S. 37 f.<br />
9 Sigmund Freud, »Das Unbehagen in der Kultur«<br />
(1930), in: ders., Gesammelte Werke, hrsg. von<br />
Anna Freud, Bd. XIV (1948), Frankfurt a. M.<br />
1999, S. 419–506, hier S. 433.<br />
240<br />
10 Freud, »Über Coca« (wie Anm. 3), S. 85<br />
(Nachtrag von 1885).<br />
11 Sigmund Freud, in: Das Land Goethes 1914 /<br />
1916. Ein vaterländisches Gedenkbuch, Stuttgart<br />
/ Berlin 1916, S. 38; zit. nach: Kurt Flasch,<br />
Die geistige Mobilmachung. Die deutschen Intellektuellen<br />
und der Erste Weltkrieg. Ein Versuch,<br />
Berlin 2000, S. 344.<br />
12 Sigmund Freud, »Zeitgemäßes über Krieg und<br />
Tod« (1915), in: ders., Gesammelte Werke, hrsg.<br />
von Anna Freud, Bd. X (1946), Frankfurt a. M.<br />
1999, S. 323–355, hier S. 354.<br />
13 Ebd., S. 350.<br />
14 Freud, »Das Unbehagen in der Kultur« (wie<br />
Anm. 9), S. 436.<br />
15 Freud, »Das Unbehagen in der Kultur« (wie<br />
Anm. 9), S. 436.<br />
16 Michael Hampe, Das vollkommene Leben. Vier<br />
Meditationen über das Glück, München 2009,<br />
S. 195. Hampe untersucht die glückstheoretischen<br />
Folgen der Kulturdiagnostik Freuds.<br />
17 Freud, »Das Unbehagen in der Kultur« (wie<br />
Anm. 9), S. 465.<br />
18 Freud, »Das Unbehagen in der Kultur« (wie<br />
Anm. 9), S. 465.<br />
19 Freud sieht den Beginn von Kultur, die<br />
»Ur familie«, als Sippe, in der »nur das Oberhaupt«<br />
Triebfreiheit genießt, »die anderen<br />
lebten in sklavischer Unterdrückung«; vgl.<br />
Freud, »Das Unbehagen in der Kultur« (wie<br />
Anm. 9), S. 474.<br />
20 Freud, »Das Unbehagen in der Kultur« (wie<br />
Anm. 9), S. 481.<br />
21 Freud, »Die Traumdeutung« (wie Anm. 2),<br />
S. 541 ff.<br />
22 Freud, »Das Unbehagen in der Kultur« (wie<br />
Anm. 9), S. 437, 438 (Anm.), 440, 461, 445.<br />
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5<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari, 1919 / 20,<br />
Regie: Robert Wiene, ausbelichtetes Filmbild,<br />
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
08_Gehring_V2.indd 241 09.10.2010 14:19:56 Uhr<br />
241
Dora Kallmus / Madame d’Ora, Anita Berber. Tanz »Kokain«, 1922 (Detail, s. S. 252),<br />
Fotografie vom Originalnegativ, Österreichische Nationalbibliothek, Wien<br />
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244<br />
Josef Fenneker, Plakat zum Film Die Prostitution, 1920, Regie: Richard Oswald,<br />
Lithografie, Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
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Otto Dix, Anita Berber, 1925, Pastell, Privatsammlung, Potsdam<br />
08_Gehring_V2.indd 245 09.10.2010 14:19:57 Uhr<br />
245
Otto Dix, Kopf am Abend, 1923, Aquarell, Deckfarbe und Tusche,<br />
Sammlung Sander, Darmstadt<br />
246<br />
08_Gehring_V2.indd 246 09.10.2010 14:19:58 Uhr
Ernst Ludwig Kirchner, Ruth im Morphintraum, 1905 / 06, Lithografie, Eigendruck,<br />
Stiftung Sammlung Kamm, Kunsthaus Zug<br />
08_Gehring_V2.indd 247 09.10.2010 14:19:58 Uhr<br />
247
248<br />
Dora Kallmus / Madame d’Ora, Anita Berber und Sebastian Droste, 1922,<br />
Fotografie, Österreichische Nationalbibliothek, Wien<br />
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Unbekannt, Cocainum hydrochloricum Merck<br />
Ph. G. 5 mit Korkstopfen und Papiersiegel, o. J.,<br />
Glas, Merck Corporate History, Darmstadt<br />
Anita Berber und Sebastian Droste, Kokain, 1922,<br />
Erstveröffentlichung: Anita Berber und Sebastian Droste,<br />
Tänze des Lasters, des Grauens und der Ekstase, Wien 1923<br />
Wände<br />
Tisch<br />
Schatten und Katzen<br />
Grüne Augen<br />
Viele Augen<br />
Millionenfache Augen<br />
Das Weib<br />
Nervöses zerflatterndes Begehren<br />
Aufflackerndes Leben<br />
Schwälende Lampe<br />
Tanzender Schatten<br />
Kleiner Schatten<br />
Großer Schatten<br />
Der Schatten<br />
Oh – der Sprung über den Schatten<br />
Er quält dieser Schatten<br />
Er martert dieser Schatten<br />
Er frißt mich dieser Schatten<br />
Was will dieser Schatten<br />
Kokain<br />
Aufschrei<br />
Tiere<br />
Blut<br />
Alkohol<br />
Schmerzen<br />
Viele Schmerzen<br />
Und die Augen<br />
Die Tiere<br />
Die Mäuse<br />
Das Licht<br />
Dieser Schatten<br />
Dieser schrecklich große schwarze Schatten.<br />
Kokain<br />
08_Gehring_V2.indd 249 09.10.2010 14:19:59 Uhr<br />
249
Walter Rheiner, Komm, holder Schnee!, 1925, Erstveröffentlichung:<br />
10. März 1925, Notizbuch, Walter Rheiner-Archiv, Sign. 41, Akademie<br />
der Künste, Berlin<br />
250<br />
Komm, holder Schnee! Verschütte dies schwere Herz!<br />
Mit deiner Gnade zaubre die Träne starr,<br />
so aus der ewigen Quelle rinnet,<br />
täglich geboren, geliebt noch immer.<br />
O gib, daß mir aus dieser verlorenen Qual,<br />
der bittern, werde das große, das ernste Grab,<br />
darin ich mich zur Ruhe finde:<br />
weinende, liebend erlöste Seele.<br />
Komm, holder Schnee!<br />
Unten links: unbekannt, Werbeanzeige aus Merck’s Report,<br />
1905, Publikation, unten rechts: unbekannt, Werbeanzeige aus<br />
Merck’s 1901 Manual of the Materia Medica, 1901, Publikation,<br />
Merck Corporate History, Darmstadt<br />
08_Gehring_V2.indd 250 09.10.2010 14:19:59 Uhr
Dora Kallmus / Madame d’Ora, Anita Berber im Kostüm des Tanzes »Morphium«, 1922,<br />
Fotografie, Österreichische Nationalbibliothek, Wien<br />
08_Gehring_V2.indd 251 09.10.2010 14:20:00 Uhr<br />
251
252<br />
Dora Kallmus / Madame d’Ora, Anita Berber. Tanz »Kokain«, 1922, Fotografie<br />
vom Originalnegativ, Österreichische Nationalbibliothek, Wien<br />
08_Gehring_V2.indd 252 09.10.2010 14:20:00 Uhr
Unbekannt, E. Merck’s. Fine Chemicals<br />
and Drugs. Cocaine, aus: The Chemist’<br />
and Druggist’ Diary, 1906, S. 355, Foto grafie,<br />
Merck Corporate History, Darmstadt<br />
Gottfried Benn, Cocain, 1917, Erstveröffentlichung:<br />
Gottfried Benn, Fleisch. Gesammelte Lyrik, Berlin 1917<br />
Den Ich-zerfall, den süßen, tiefersehnten,<br />
Den gibst Du mir: schon ist die Kehle rauh,<br />
Schon ist der fremde Klang an unerwähnten<br />
Gebilden meines Ichs am Unterbau.<br />
Nicht mehr am Schwerte, das der Mutter Scheide<br />
Entsprang, um da und dort ein Werk zu tun<br />
Und stählern schlägt ––: gesunken in die Heide,<br />
Wo Hügel kaum enthüllter Formen ruhn!<br />
Ein laues Glatt, ein kleines Etwas, Eben –<br />
Und nun entsteigt für Hauche eines Wehns<br />
Das Ur, geballt, Nicht-seine beben<br />
Hirnschauer mürbesten Vorübergehns.<br />
Zersprengtes Ich – o aufgetrunkene Schwäre –<br />
Verwehte Fieber – süß zerborstene Wehr –:<br />
Verströme, o verströme Du – gebäre<br />
Blutbäuchig das Entformte her.<br />
Cocain<br />
08_Gehring_V2.indd 253 09.10.2010 14:20:01 Uhr<br />
253
Dora Kallmus / Madame d’Ora, Anita Berber und Sebastian Droste. Tänze des Lasters,<br />
des Grauens und der Ekstase, 1922, Fotografie, Österreichische Nationalbibliothek, Wien<br />
254<br />
08_Gehring_V2.indd 254 09.10.2010 14:20:02 Uhr
Dora Kallmus / Madame d’Ora, Anita Berber und Sebastian Droste. Tänze des Lasters,<br />
des Grauens und der Ekstase, 1922, Fotografie, Österreichische Nationalbibliothek, Wien<br />
08_Gehring_V2.indd 255 09.10.2010 14:20:02 Uhr<br />
255
Unbekannt, Cocaine Merck, 1900, Farbdruck, Merck Corporate History, Darmstadt<br />
256<br />
08_Gehring_V2.indd 256 09.10.2010 14:20:02 Uhr
Heinrich Maria Davringhausen, Der Träumer II, 1919,<br />
Öl auf Leinwand, Hessisches Landesmuseum Darmstadt<br />
08_Gehring_V2.indd 257 09.10.2010 14:20:03 Uhr<br />
257
George Grosz, Jonk, the Killer, 1916 / 17, Tusche, Leopold Museum, Wien<br />
258<br />
08_Gehring_V2.indd 258 09.10.2010 14:20:03 Uhr
Das Wachsfigurenkabinett, 1923 / 24, Regie: Leo Birinski und Paul Leni,<br />
ausbelichtete Filmbilder, Cineteca di Bologna<br />
08_Gehring_V2.indd 259 09.10.2010 14:20:03 Uhr<br />
259
Otto Dix, Lustmord, aus: Tod und Auferstehung,<br />
1922, Kaltnadel, Kunstsammlung Gera<br />
260<br />
08_Gehring_V2.indd 260 09.10.2010 14:20:03 Uhr
Wenzel Hablik, Besteck, um 1925, Silber, mehrteilig,<br />
Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
08_Gehring_V2.indd 261 09.10.2010 14:20:04 Uhr<br />
261
Paul Kornfeld, Kokoschka, 1917, Erstveröffentlichung: Programm zur<br />
Uraufführung der Einakter Mörder, Hoffnung der Frauen, Hiob und<br />
Der brennende Dornbusch am 3. Juni 1917 im Albert-Theater Dresden<br />
262<br />
Der Schriftsteller lebt davon, daß er die Sprache<br />
beherrscht, der Dichter, der Künstler lebt, indem<br />
er die Welt nicht versteht und sie zu erraten<br />
sucht. Wie sein Kampf um die Welt sich äußert,<br />
ist eine sekundäre Frage, eine Frage des Talentes.<br />
Es gibt große Seelen, deren Äußerungsmöglichkeiten<br />
beschränkt sind, wie Strindberg ja ein<br />
Genie, aber kein Talent war. – Fragt man: »Warum<br />
schreibt der Maler Kokoschka Dramen, statt<br />
nur Bilder zu malen?« – so erwidere ich mit der<br />
Gegenfrage: »Warum komponiert er nicht auch<br />
Symphonien, Opern, Lieder, warum ist er nicht<br />
auch Bildhauer? Ist nicht die Tatsache wunderbarer,<br />
daß einer Persönlichkeit nur die Mittel<br />
fehlen, sich auf alle Arten zu manifestieren,<br />
als der Zufall, daß sich in einem Menschen zwei<br />
Talente begegnen?« Wir wollen diesen Zufall<br />
nicht zu wichtig nehmen. Ein Drama Kokoschkas<br />
ist nur eine Variation seiner Bilder, und umgekehrt.<br />
Ton und Melodie, Rhythmus und Geste<br />
seiner Worte sind parallel jener seiner Bilder.<br />
Dem Chaos der Welt gegenübergestellt sieht er<br />
es an, als wäre er der erste Mensch, und als wäre<br />
er der erste Künstler, erfindet er einfältig hier wie<br />
dort Technik und Stil. Die Menschen seiner Dramen<br />
sind groß und einfach, wie der Koloß eines<br />
Berges und so sehr Natur, wie eine Landschaft.<br />
Ibsens Menschen sind ungewaltig genug,<br />
um psychologisch gestützt werden zu müssen,<br />
um des psychologischen Beweises zu bedürfen,<br />
daß solche Menschen – nicht der Tatsächlichkeit,<br />
sondern der Wahrheit nach – möglich sind.<br />
Strindberg bedarf der Hysterie seiner Gestalten,<br />
damit sie Ausdruck finden für ihr Leiden, für<br />
Paul Hindemith, Mörder, Hoffnung der Frauen, 1919,<br />
Klavierauszug, Hindemith Institut Frankfurt<br />
ihre reine oder schwarze Seele. Kokoschkas Menschen<br />
sind da, sind unmittelbar, vorbehaltlos,<br />
bedingungslos da als elementares Ereignis, sind<br />
Urmenschen, wie die Stoffe dieser drei Dramen<br />
Urprobleme der Menschheit sind.<br />
Mörder, Hoffnung der Frauen in konzentriertester<br />
Form der erotische Kampf zwischen<br />
Mann und Frau, die brutale Kraft des Mannes<br />
vor der sexuellen Überlegenheit der Frau, und<br />
am Ende doch der Sieg des geistigeren Mannes.<br />
Hiob das absolute Zerstörtwerden des geistigen<br />
und ethischen Mannes durch das ungeistige<br />
und unethische, aber ganz weibliche Weib, durch<br />
seine erotische Domination.<br />
Der brennende Dornbusch die lyrische, rein<br />
dichtungsmäßige Gestaltung der sexuellen Sehnsucht,<br />
des Sich-findens und Sich-abstoßens, des<br />
Leidens und der Versöhnung durch den Geist.<br />
Kokoschkas Menschen äußern sich nicht allein<br />
durchs Wort, sondern vornehmlich durch Geste<br />
und Bewegung: denn das Wort sagt den Inhalt<br />
des zu Sagenden, die Bewegung sagt seinen Geist,<br />
wie in der Oper Melodie und Ton vom Ewigen<br />
singt, das Wort nur von seinem Schatten: dem<br />
Ereignis und dem irdischen Menschen. Wir ahnen<br />
eine neue Stilmöglichkeit, vielleicht eine neue<br />
Kunstform, die eben jener der Oper am nächsten<br />
käme: die vom Wort gestützte Pantomime.<br />
Nicht nur um der Persönlichkeit Kokosch kas<br />
willen, um dieser Ahnung willen auch, seien diese<br />
Dramen vorgeführt, nicht nur dem Publikum,<br />
auch den Schaffenden unserer Zeit, in denen das<br />
Erlebnis dieser Werke vielleicht Samen werden<br />
und Wurzeln schlagen wird.<br />
Kokoschka<br />
08_Gehring_V2.indd 262 09.10.2010 14:20:04 Uhr
Oskar Kokoschka, Pietà. Plakat für das Sommertheater in der Kunstschau, 1909,<br />
Gartentheater der Ersten Internationalen Kunstschau, Wien, Regie: Oskar Kokoschka,<br />
Lithografie, Leopold Museum, Wien<br />
08_Gehring_V2.indd 263 09.10.2010 14:20:05 Uhr<br />
263
Oskar Kokoschka, Mörder, Hoffnung der Frauen I. Mann und Frau<br />
Hand in Hand, 1909, Bleistift und Tusche auf Transparentpapier,<br />
Stiftung Sammlung Kamm, Kunsthaus Zug<br />
264<br />
08_Gehring_V2.indd 264 09.10.2010 14:20:05 Uhr
Oskar Kokoschka, Mörder, Hoffnung der Frauen IV. Himmlische<br />
und irdische Liebe, 1909, Bleistift und Tusche auf Transparentpapier,<br />
Moderna Museet, Stockholm<br />
08_Gehring_V2.indd 265 09.10.2010 14:20:05 Uhr<br />
265
09_Bork_V2.indd 266 09.10.2010 6:49:32 Uhr
Camilla Bork<br />
09_Bork_V2.indd 267 09.10.2010 6:49:34 Uhr
Der Vorhang hebt sich. Aus kleinen Luken<br />
starren grün beleuchtete Gesichter die Zuschauer<br />
an. Die Bühne ist fast ganz finster,<br />
nur die Augen sind deutlich zu sehen. Alles<br />
Übrige ist mit zart rötlichen Schleiern verhüllt,<br />
auf die ein wenig grünes Licht fällt. Die Musik<br />
setzt ein, und mit ihr beginnt der Chor leise<br />
zu sprechen. Einige Zeit später strahlt die<br />
Bühne in gelbem Licht. Ein Mann blickt auf<br />
seine Hand (rotes Licht), die dann sichtlich<br />
ermattet absinkt. Seine Augen werden aufgeregt<br />
(schmutzig-grünes Licht). Die Glieder<br />
spannen sich krampf artig, er streckt zitternd<br />
beide Arme von sich (blutrotes Licht), reißt<br />
den Mund und die Augen weit auf. Wenn es<br />
ganz hell ist, hört der Sturm auf, und das gelbe<br />
Licht geht rasch in ein schwaches, mildes<br />
Blau über.<br />
268<br />
1<br />
Ein multimediales Bühnengeschehen aus Worten,<br />
Gesten, Farben, Licht und Musik entwirft Arnold<br />
Schönberg in seinem Einakter Die glückliche<br />
Hand (komponiert 1910–1913) und überschreitet<br />
damit die Grenzen der herkömmlichen Oper. Als<br />
Komponist wolle er alle anderen Ebenen des Bühnengeschehens<br />
mitkomponieren und sie seiner<br />
musikalischen Setzweise unterwerfen, erläutert<br />
er in einer Rede über Die glückliche Hand, denn<br />
nur so könne man sich »als Musiker auf dem Theater<br />
ausdrücken«. 2 Dementsprechend verzeichnet<br />
die Partitur neben der Musik auf das Genaueste<br />
jede kleinste Geste und Lichtmodulation: Im<br />
Falle des oben zitierten Farbcrescendos etwa<br />
setzt zeitgleich zur Windmaschine ein »Cres<br />
cendo« der Beleuchtung ein. Die einzelnen Farbwerte<br />
und Übergänge dieses Crescendos sind<br />
nicht nur in der Partitur beschrieben, sondern<br />
Schönberg hat sie auch anhand einer Farbskala<br />
in seinen Skizzen exakt bestimmt (Abb. 1–3).<br />
Die glückliche Hand repräsentiert das<br />
Streben der Oper des frühen 20. Jahrhunderts<br />
nach dem <strong>Gesamtkunstwerk</strong>.<br />
Bereits Richard Wagner hatte in seinen<br />
Schriften ähnliche Ziele for muliert, so<br />
etwa in dem Aufsatz »Das Kunst werk der<br />
Zukunft« (1850). Angeregt durch Wagner<br />
und die Bühnenreformbewegung der<br />
Jahrhundertwende, suchten die Expressionisten,<br />
diesen Drang in ihren Inszenierungen<br />
künstlerisch zu verwirklichen. 3<br />
Während Inszenierungen sich zuvor darauf<br />
beschränkten, dem Zuschauer die<br />
Opernhandlung möglichst realistisch zu<br />
vermitteln, dem Sänger einen Rahmen<br />
für seine Kunst zu bieten oder einfach nur<br />
Ort aufwendiger Dekorationen und luxuriöser<br />
Prachtentfaltung sein wollten, sollte<br />
nun durch Licht, Farbe, Raum und Geste<br />
ein eigenständiges Bühnenkunstwerk realisiert<br />
werden. Oder anders gesagt: Es<br />
ging um die Emanzipation der Bühne vom<br />
Text. Als Leitmedium wirkte dabei die<br />
Musik. Ihr sollten die übrigen Künste mit<br />
ihren eigenen Mitteln nachstreben, da sie<br />
am wenigsten gegenständlich gebunden<br />
und ȟberhaupt diejenige gewesen [sei],<br />
die jederzeit den Begriff Ausdruck in seiner<br />
ganzen und wirklichen Bedeutung<br />
verkörpert hat«. 4 Die Musik galt den Expressionisten<br />
durch ihre »Begriffslosigkeit«<br />
und durch ihre Nähe zum »Wesen<br />
alles Triebhaften« als expressionistisches<br />
Medium par excellence.<br />
In der Musikgeschichtsschreibung ist der Begriff<br />
»expressionistisch« zumeist für die Werke<br />
der atonalen Phase der Wiener Schule reserviert,<br />
also für diejenigen Kompositionen, die in<br />
der Zeit zwischen 1909 und 1920 entstanden.<br />
Gemeinsam ist diesen Werken ihre Tendenz<br />
zu Kürze und Konzentration sowie ihre nicht<br />
mehr tonal gebundene Kompositionsweise. 5<br />
Um das Phänomen Oper im Kontext der Ideen<br />
und Praktiken des expressionistischen <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s<br />
näher zu untersuchen, müssen wir<br />
allerdings die Perspektive erweitern und diese<br />
enge zeitliche und stilistische Begrenzung<br />
überschreiten. Es reicht nicht, allein auf eine<br />
»expressionistische« Musik zu hören, denn das<br />
Konzept des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s zielt gerade<br />
nicht nur auf die Komposition, sondern auf die<br />
Durchdringung von Theater und Oper sowie<br />
das Zusammentreffen der unterschiedlichen visu<br />
ellen und audiellen Medien im Moment der<br />
Auf führung. Daher müssen wir auch diejenigen<br />
Werke und Inszenierungen in die Diskussion mit<br />
einbeziehen, die erst nach dem Ersten Weltkrieg<br />
als Reaktion auf das expressionistische<br />
Theater entstanden und deren musikalisches<br />
Idi om zum Teil nur wenig mit den expressionistischen<br />
Kompositionen der Wiener Schule gemein<br />
hat. Gerade die Generation der um 1900<br />
geborenen Komponisten fühlte sich vom expressionistischen<br />
Drama angezogen: Der junge<br />
Kurt Weill vertonte Georg Kaisers Der Protagonist<br />
(1926), Ernst Krenek Kokoschkas Orpheus<br />
und Eurydike (1926), und Paul Hindemith griff<br />
zu August Stramms Sancta Susanna (1922)<br />
und Kokoschkas Mörder, Hoffnung der Frauen<br />
(1922). 6<br />
Der Sehnsucht nach Einheit der Künste im Bühnenerlebnis<br />
steht in diesen Operntexten eine<br />
fragmentierte Welterfahrung der Protagonisten<br />
gegenüber. Mit dem <strong>Expressionismus</strong> betritt ein<br />
zutiefst gespaltenes Ich die Opernbühne, dessen<br />
Schicksal die existenziellen Erschütterungen<br />
und Ängste der Moderne thematisiert. Dieses<br />
Spannungsverhältnis von einer Dramaturgie, die<br />
um die Spaltung des Ichs und seine Zerrüttung<br />
kreist, und einer Inszenierungspraxis, die in der<br />
Bühnengestaltung eine Sehnsucht nach Einheit<br />
zu verwirklichen sucht, ist charakteristisch für<br />
das expressionistische <strong>Gesamtkunstwerk</strong> Oper<br />
und soll daher im Folgenden näher beleuchtet<br />
werden. Dabei stehen mit Paul Hindemiths Vertonung<br />
(1922) von Oskar Kokoschkas Mörder, Hoffnung<br />
der Frauen (1909) sowie Alban Bergs und<br />
Manfred Gurlitts Wozzeck-Opern (1925 beziehungsweise<br />
1926) nach Georg Büchners Woyzeck<br />
(1837) zunächst drei Werke im Mittelpunkt, die<br />
die menschliche Existenz als eine zutiefst gespaltene<br />
präsentieren. Der schwache Held der<br />
Opern Bergs und Gurlitts ist hin- und hergerissen<br />
zwischen Wahn und Wirklichkeit, und die Protagonisten<br />
aus Mörder, Hoffnung der Frauen repräsentieren<br />
zwei wider streitende Prinzipien, die<br />
sich unversöhnlich bekämpfen. Der Blick auf die<br />
Bühnenrealisierung rückt daraufhin den Synthesegedanken<br />
in den Vordergrund.<br />
Das gespaltene Ich<br />
Geschlechterkampf<br />
Mörder, Hoffnung der Frauen<br />
»Ich weiß nicht, ob diese Art Kunst dir gefallen<br />
würde; es ist die ganz ›ultraüberspannte‹<br />
Richtung, deren Ziele mich äußerst interessieren,<br />
deren Wege ich aber nicht recht begreifen<br />
kann. (Vielleicht nur jetzt noch nicht.<br />
Vielleicht muß ich sie selbst einmal beschreiten.)«<br />
7 Mit diesen Worten berichtet Hindemith<br />
einer Jugendfreundin von seiner Entdeckung<br />
der Zeitschrift Das Kunstblatt, deren Oktoberheft<br />
des Jahrgangs 1917 dem Œuvre Kokoschkas<br />
gewidmet ist. Wenig später beschließt er,<br />
Kokoschkas einaktiges Drama Mörder, Hoffnung<br />
der Frauen, das seit seiner Uraufführung<br />
während der Internationalen Kunstschau in<br />
Wien im Juli 1909 skandalträchtige Berühmtheit<br />
erlangt hatte und 1910 erstmals in der Zeitschrift<br />
Der Sturm veröffentlicht wurde (Abb. 4),<br />
zum Gegenstand einer Oper zu machen. »Der<br />
Mann« mit einer Schar von Kriegern trifft »die<br />
Frau« mit ihrem weiblichen Gefolge vor einer<br />
Festung. Er lässt sie mit einem Eisen brandmarken,<br />
sie schlägt ihm daraufhin eine Wunde<br />
in die Seite und sperrt ihn in einen Käfig. Verführt<br />
von einer Art Hassliebe, lässt sie ihn frei.<br />
Der Mann aber, dem Tode nah, verfügt noch<br />
über unwiderstehliche Kräfte. Durch seine<br />
Hände berührt, stirbt die Frau. 8<br />
Kokoschka gestaltet in diesem archetypischen<br />
Drama das, was der Wiener Modephilosoph Otto<br />
Weininger in seiner viel gelesenen Dissertation<br />
Geschlecht und Charakter von 1903 (zu deren<br />
Lesern im Übrigen auch Alban Berg gehörte) als<br />
einen Grundkonflikt der menschlichen Existenz<br />
beschreibt: den Kampf zwischen dem geistigen<br />
und dem körperlichen Prinzip. Weininger findet<br />
für diesen Grundkonflikt des Ich die Formel des<br />
Geschlechterkampfes. Während das männliche<br />
Prinzip zum Statthalter des Geistes, zum »Ebenbild<br />
Gottes, des absoluten Etwas« werde, 9 sei<br />
die Existenz des Weibes in seinem animalischen<br />
Geschlechtstrieb an die Sexualität des Mannes<br />
gebunden: »Sein Dasein ist an den Phallus geknüpft,<br />
und darum dieser sein höchster Herr und<br />
unumschränkter Gebieter.« 10 Diese heute reichlich<br />
seltsam anmutenden Thesen gipfeln schließlich<br />
in Weiningers Forderung, der Mann müsse<br />
sich durch Entsagung vom »Geschlechtlichen<br />
erlösen«. Allein seine Keuschheit sei die Rettung<br />
der Frau und zugleich ihr Tod. 11 Aus dieser gedanklichen<br />
Volte erklärt sich auch der Titel des<br />
Einakters Mörder, Hoffnung der Frauen.<br />
Hindemith setzt in seiner Vertonung genau<br />
bei dieser dualistischen Struktur des Dramas<br />
an und konzipiert seine Oper ähnlich<br />
einem Sinfoniesatz um zwei kontrastierende<br />
Themenkomplexe. Obgleich dem Werk<br />
solch ein abstrakter Formplan zugrunde<br />
liegt, komponiert er ganz nah am szenischen<br />
Geschehen. Mit zwei dunklen, lang ausgehaltenen<br />
Klängen der Hörner und Posaunen<br />
in tiefer Tonlage hebt das Vorspiel an.<br />
Scharf reibt sich der Sekundklang c–des,<br />
der eine große Leere evoziert ohne rhythmische<br />
oder tonale Orientierung. Bereits<br />
Wagner hat zu Beginn seines Rheingolds<br />
(1869) einen solchen »Urgrund« komponiert<br />
mit dem tiefen »Es« in den Kontrabässen.<br />
Bei Hinde mith ist aber schon dieser<br />
erste Klang kein harmonisches Fundament<br />
wie in Rheingold, sondern eine scharfe Dissonanz,<br />
eine »Störung«. Langsam entspinnt<br />
sich aus diesen Anfangstakten ein melodisches<br />
Motiv, indem die scharfen Reibungen<br />
nun nicht mehr gleichzeitig, sondern die<br />
09_Bork_V2.indd 268 09.10.2010 6:49:34 Uhr
Arnold Schönberg, Die glückliche Hand, Bühnenbildentwurf,<br />
2. Bild, o. J., Öl auf Karton, Arnold Schönberg Center, Wien<br />
3<br />
2<br />
Arnold Schönberg, Die glückliche Hand,<br />
Bühnenbildentwurf, 1. Bild, o. J., Bleistift,<br />
Buntstift und Tusche, Arnold Schönberg<br />
Center, Wien<br />
1<br />
Arnold Schönberg, Die glückliche Hand,<br />
Bühnenbildentwurf, 1. Bild, o. J., Öl auf<br />
Karton, Arnold Schönberg Center, Wien<br />
09_Bork_V2.indd 269 09.10.2010 6:49:36 Uhr<br />
269
4<br />
Oskar Kokoschka, Mörder, Hoffnung der Frauen III, Titelblatt, Der Sturm, hrsg. von Herwarth Walden,<br />
Jg. 1, Nr. 20, 1910, Lithografie, Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg<br />
270<br />
09_Bork_V2.indd 270 09.10.2010 6:49:36 Uhr
Töne nacheinander erklingen, während die<br />
Krieger »mit vorgestreckten Stangen und<br />
Lichtern« die Bühne heraufkriechen.<br />
Klanglich völlig entgegengesetzt komponiert<br />
Hinde mith das »weibliche Prinzip«: Zum Auftritt<br />
des Gefolges der Frau wandelt sich der<br />
Orchestersatz in einen weichen, leicht fließenden<br />
Streicherklang, über dem sich ein ausdrucksvolles<br />
liedhaftes Thema dahinwindet.<br />
Violinen schwelgen in Terzenseeligkeit wie in<br />
einer Idylle aus längst vergangenen Zeiten. Beständige<br />
dynamische Intensivierungen, Steigerungen<br />
bis zum dreifachen Forte, die dann<br />
plötzlich abreißen, um nur wieder von Neuem<br />
zu beginnen, geben der Musik einen unaufhaltsamen<br />
Drang. Zugleich zeigt sich überall<br />
ein ähnliches Verhältnis von Szene und Musik:<br />
Zwar korrespondieren vereinzelt Gebärden<br />
mit musikalischen Figuren, insgesamt werden<br />
Bühnenaktionen und Gesten aber kaum direkt<br />
musikalisch illustriert. Stattdessen ist das szenische<br />
Geschehen, der grundlegende Konflikt<br />
zwischen den beiden widerstrebenden Mächten,<br />
im Dualismus beider Themen präsent.<br />
Eine andere, weitaus psychologischer ausgerichtete<br />
musikdramatische Konzeption dieser konfliktträchtigen<br />
Gespaltenheit menschlicher Existenz<br />
zeigen die beiden Vertonungen von Büchners<br />
Woyzeck durch Alban Berg und Manfred Gurlitt.<br />
Der Fall Wozzeck<br />
Drei tiefe, dissonierende Akkorde in den Blechbläsern,<br />
über denen rasche, flüchtige Figuren der<br />
Oboen aufblitzen, verbreiten gleich zu Beginn<br />
der zweiten Szene eine unheimliche Atmosphäre.<br />
Draußen vor der Stadt auf einem Feld schneiden<br />
Wozzeck und Andres Stöcke im Gebüsch.<br />
Wozzeck leidet unter apokalyptischen Halluzinationen<br />
(»Du, der Platz ist verflucht«), sein Freund<br />
Andres stimmt indessen ein lustiges Lied von<br />
der Jägerei an (»Das ist die schöne Jägerei«).<br />
Hart kontrastieren der volksliedartige Text und<br />
die durch unmelodische Quartsprünge verzerrte<br />
Melodie. Auch wenn der Umriss des einfachen<br />
Liedes vertraut wirkt, scheint dies musikalische<br />
Gebilde mit seiner »falschen Melodie« über der<br />
Begleitung aus tonal nicht zuordenbaren, übermäßigen<br />
Akkorden wie die Welt Wozzecks völlig<br />
aus den Fugen geraten. Gegen Andres Gesang<br />
hebt sich Wozzecks Stimme wirkungsvoll ab.<br />
Er singt nicht, sondern verfällt während seiner<br />
Visio nen in ein tonhöhengebundenes Sprechen.<br />
Um durch alle möglichen Schattierungen von<br />
Flüstern und Sprechen eine höhere Ausdrucksintensität<br />
und -vielfalt zu erreichen, verwendet<br />
Berg hier die sogenannte »Sprechstimme«, wie<br />
sie erstmals von Arnold Schönberg in Die glückliche<br />
Hand und seinem Liedzyklus Pierrot lunaire<br />
(1912) eingesetzt wurde.<br />
Berg führt in dieser zweiten Szene den drohenden<br />
Wahnsinn seines Protagonisten klar<br />
vor Augen. Sein weiteres Schicksal ergibt sich<br />
geradezu zwangsläufig aus diesem Beginn: Gedemütigt<br />
von seinem Hauptmann, misshandelt<br />
von einem sadistischen Arzt, der ihn für seine<br />
medizinischen Versuche missbraucht, und verraten<br />
von seiner Geliebten Marie, die ihn mit<br />
dem Tambour major betrügt, kann er Wahn und<br />
Wirklich keit nicht mehr auseinanderhalten. Das<br />
Opfer Wozzeck wird unvermeidlich zum Täter.<br />
Er tötet seine Geliebte und bringt sich anschließend<br />
im nahe gelegenen See um.<br />
Die Figur Wozzecks ermöglicht Berg eine Musik,<br />
die alle dynamischen Extreme ausschöpft. Die<br />
abrupten Stimmungswechsel des Protagonisten<br />
korrespondieren mit einem raschen Umschlag<br />
der Musik von Piano ins Fortissimo und zurück.<br />
Anschaulich »malt« die Musik seine Visionen,<br />
wenn zu der Textpassage »Es tut sich ein Schlund<br />
auf« das Orchester zunächst in einem Riesenglissando<br />
ansteigt, um sich dann in die Tiefe<br />
zu stürzen.<br />
Abgesehen von diesen Korrespondenzen an<br />
der klanglichen »Oberfläche«, hebt Berg in<br />
seinem Einführungsvortrag zu der Oper hervor,<br />
dass jede dieser Szenen auf einer alten,<br />
instrumentalen Form basiert. So liegt etwa der<br />
ersten Szene, dem Gespräch zwischen Hauptmann<br />
und Wozzeck, eine Suite zugrunde, andere<br />
Szenen verlaufen als Rondo oder Passacaglia,<br />
und der gesamte zweite Akt ist eine<br />
Symphonie in fünf Sätzen. Ergeben hatte sich<br />
diese Notwendigkeit für Berg zunächst durch<br />
den fragmentarischen Charakter des Dramas,<br />
das Georg Büchner, als er 1837 im Alter von<br />
nur 23 Jahren starb, unvollendet hinterließ. Da<br />
der Text daher wenig Zusammenhang stiftend<br />
wirken konnte, sah sich Berg mit der Herausforderung<br />
konfrontiert, diesen vor allem durch<br />
die Musik zu gewährleisten. Das Komponieren<br />
umfangreicherer Werke war aber gerade wenige<br />
Jahre zuvor durch den Verzicht auf die<br />
Tonalität und damit »auf eines der stärksten<br />
und bewährtesten Mittel, kleine, aber auch<br />
ganz große Formen zu bilden«, 12 schwieriger<br />
geworden. Indem Berg nun die einzelnen Szenen<br />
als instrumentale Formen konzipiert, gelingt<br />
es ihm, der Musik einen »Außenhalt« zu<br />
geben und so einen Ausweg aus diesem Dilemma<br />
zu finden.<br />
Büchners Text basiert auf einer wahren Begebenheit:<br />
1821 tötet der arbeitslose Soldat und<br />
Perückenmacher Johann Christian Woyzeck in<br />
Leipzig seine Geliebte. Trotz deutlicher Anzeichen<br />
von Gemütsverwirrung wird er von einem<br />
Arzt als zurechnungsfähig eingestuft und schließlich<br />
gehenkt. In Charakteren wie Woyzeck,<br />
der die traumatischen Erfahrungen der Weltkriegsgeneration<br />
in sich bündelt, sahen die Expressionisten<br />
einen Wahlverwandten. Außerdem<br />
begeisterte sie Büchner als politischer Dichter:<br />
Als »sozialistischen Revolutionär« feierte ihn<br />
Kurt Pinthus, und Julius Bab beschwor »die leidenschaftliche<br />
Empörung des Dichters gegen<br />
diese Welt, die die Seelen erstarren lässt«. 13<br />
Für Alban Berg war es wohl weniger dieser<br />
allgemeine politische Hintergrund als vielmehr<br />
die konkrete biografische Erfahrung im Ersten<br />
Weltkrieg, die ihn zu Büchners Stück greifen<br />
ließ, nachdem er es 1914 in einer Inszenierung<br />
in Wien gesehen hatte: »Steckt doch auch ein<br />
Stück von mir in seiner Figur«, schrieb er am<br />
7. August 1918 an seine Frau, »seit ich ebenso<br />
abhängig von verhaßten Menschen, gebunden,<br />
kränklich, unfrei, ja gedemütigt diese Kriegsjahre<br />
verbringe.« 14<br />
Als Bergs Wozzeck am 14. Dezember 1925<br />
in der Berliner Staatsoper zur Uraufführung<br />
kommt, wird das sperrige Werk ein<br />
beispielloser Erfolg. 15 Nachdem es zunächst<br />
jahrelang als unspielbar abgelehnt<br />
worden war, erreichte es in der Zeit zwischen<br />
1925 und 1933 17 Neuproduktionen,<br />
zum Teil sogar in kleinen Provinzhäusern –<br />
bis heute gehört Wozzeck zu den ganz wenigen<br />
Opernwerken des 20. Jahrhunderts,<br />
die sich zwischen Zauberflöte und Aida im<br />
Opernspielplan halten können.<br />
Zur Zeit der Berliner Uraufführung arbeitete<br />
noch ein anderer an der Vertonung von Büchners<br />
Fragment: der Komponist und Diri gent<br />
Manfred Gurlitt. Nur vier Monate nach der Berliner<br />
Premiere kam sein Wozzeck in Bremen<br />
heraus, wo Gurlitt seit 1924 als Generalmusikdirektor<br />
tätig war. Im Schatten des bergschen<br />
Meisterwerks gelang ihm eine erfolgreiche<br />
Ur aufführung. Doch bereits nach einer zweiten<br />
Inszenierung in Mainz zwei Jahre später<br />
verschwand der »zweite Wozzeck« in der Versenkung,<br />
aus der er erst in den 1980er-Jahren<br />
im Zuge der Bemühungen um die Exilmusik<br />
wieder zurückkehrte. 16<br />
Anders als Berg rückt Gurlitt den fragmentarischen<br />
Charakter des Textes stärker ins Zentrum<br />
seiner Vertonung: 18 Szenen und ein Epilog reihen<br />
sich lose aneinander, ohne wie bei Berg durch<br />
»Verwandlungsmusiken« oder eine musikalische<br />
Gesamtform miteinander verbunden zu sein. Der<br />
Chor (»Wir armen Leut«) rahmt das Werk ein<br />
und streicht so den sozialkritischen Gehalt des<br />
Stoffes hervor. Besonders markant gestaltet ist<br />
die Szene mit Wozzecks Visionen. Zwar verharren<br />
sowohl Andres wie auch Wozzeck in einem<br />
deklamato rischen Gesangsstil, grundiert ist die<br />
Szene jedoch durch ein hohes, flimmerndes Streichertremolo,<br />
das nur durch einzelne Schläge des<br />
Klaviers kurz unterbrochen wird. Mit dieser nervös<br />
vibrierenden Klangfläche hat Gurlitt ein ausdrucksstarkes<br />
akustisches Zeichen für Wozzecks<br />
zerrütteten Gemütszustand gefunden.<br />
Versuche, dieser unter anderem von<br />
Kokoschka, Hindemith, Berg und Gurlitt<br />
thematisierten traumatischen Welterfahrung<br />
eine Utopie von Einheit und<br />
Synthese der Künste in der ästhetischen<br />
Praxis entgegenzusetzen, gehen<br />
bereits auf die Vorkriegszeit zurück.<br />
Die Sehnsucht nach Einheit<br />
Experimente und Aufbruch<br />
Wassily Kandinsky hatte mit seinem Bühnenszenario<br />
mit dem programmatischen<br />
Titel Der gelbe Klang (erstmals publiziert<br />
1912) die synästhetische Transformation<br />
von Farben und Gestaltempfinden in Klänge<br />
und umgekehrt versucht. Er entdeckte hierin<br />
Gemeinsamkeiten zu Arnold Schönberg:<br />
»Sie haben in Ihren Werken das verwirklicht,<br />
wonach ich in freilich unbestimmter<br />
Form in der Musik so eine große Sehnsucht<br />
hatte«, schreibt Kandinsky 1911 an Schönberg.<br />
»Das selbständige Gehen durch eigene<br />
Schicksale, das eigene Leben der<br />
einzelnen Stimmen in Ihren Compositionen<br />
ist gerade das, was auch ich in malerischer<br />
Form zu finden versuche.« 17 Die gemeinsamen<br />
Bestrebungen gipfelten schließlich in<br />
Schönbergs Beiträgen zum Almanach Der<br />
Blaue Reiter (1912; Abb. S. 106), einem <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
in Buchform, in dem neben<br />
seinem programmatischen Aufsatz »Das<br />
Ver hältnis zum Text« auch seine Komposition<br />
Herzgewächse (Text: Maurice Maeterlinck)<br />
für Sopran, Celesta, Harmonium und<br />
Harfe publiziert wurde.<br />
09_Bork_V2.indd 271 09.10.2010 6:49:36 Uhr<br />
271
Nach dem Ersten Weltkrieg setzte sich<br />
diese Tendenz zum Bühnengesamtkunstwerk<br />
auch an den Opernhäusern durch,<br />
sodass viele der bereits vor oder während<br />
des Kriegs entstandenen Werke erst jetzt,<br />
mit erheblicher Verspätung, zur Uraufführung<br />
gelangten. Arnold Schönberg hatte<br />
seine Einakter Erwartung und Die glückliche<br />
Hand bereits 1909 beziehungsweise<br />
1910–1913 komponiert. Er musste jedoch<br />
mehr als zehn Jahre warten, bis sie 1924<br />
erstmals als Bühnenproduktionen zu sehen<br />
waren. Ähnliches gilt für die Oper Die ersten<br />
Menschen (1914) des im Ersten Weltkrieg<br />
gefallenen Rudi Stephan, die 1920 in<br />
Frankfurt a. M. uraufgeführt wurde.<br />
Grund für diese neue »Flut« an Uraufführungen<br />
war eine Umstrukturierung des Publikums<br />
nach dem Ende des Krieges und der Inflation.<br />
Die alte bildungsbürgerliche Schicht war weitgehend<br />
weggebrochen und konnte sich den<br />
Opernbesuch nicht mehr leisten. Die neueren<br />
zahlungskräftigen Gruppen hingegen, die ein<br />
an Varieté und Kino geschultes Rezeptionsverhalten<br />
ins Opernhaus brachten, waren weniger<br />
an den traditionellen kulturellen Werten<br />
interessiert, die die Oper vermittelte, sondern<br />
wollten Neues sehen. Von diesem Wunsch<br />
nach Neuheit profitierte auch die Oper des<br />
<strong>Expressionismus</strong>. »Jedes – auch das kleinste<br />
Provinztheater – giert heute nach der Uraufführung<br />
(aber nur nach der) irgendeiner modernen<br />
Oper: je moderner, desto besser!«<br />
272<br />
18<br />
Auch wenn die Spielpläne nach wie vor durch<br />
Verdi, Wagner, Lortzing und Puccini geprägt<br />
waren, fanden allein im Jahr 1926 / 27 nicht weniger<br />
als 56 Uraufführungen statt, die insgesamt<br />
20 Prozent aller auf die Bühne gebrachten Werke<br />
ausmachten. Allerdings bezogen sich 1926 / 27<br />
nur 4,5 Prozent der Aufführungen auf die neuen<br />
Opern. Das bedeutet, sehr viele dieser neuen<br />
Werke wurden nach nur zwei bis drei Aufführungen<br />
wieder vom Spielplan abgesetzt. 19<br />
Ein weiterer Grund für die verspäteten Uraufführungen<br />
lag in der Umstrukturierung<br />
der Opernhäuser nach dem Krieg. Mit<br />
der Novemberrevolution 1918 wurden die<br />
Hoftheater und Hofopernhäuser in Staatsoder<br />
Landestheater beziehungsweise in<br />
städtische Bühnen umgewandelt. Geplant<br />
war eine innere und äußere »Demokratisierung«<br />
der Opernhäuser und ihrer Spielpläne.<br />
Auch wenn diese Vorhaben nur zum<br />
Teil gelangen, fanden sich doch mancherorts<br />
Künstlerpersönlichkeiten zusammen,<br />
die eine ästhetische Erneuerung der Oper<br />
(und des Theaters) anstrebten.<br />
Eine dieser experimentierfreudigen<br />
Hoch burgen expressionistischer Bühnenkunst<br />
waren die Frankfurter Bühnen<br />
– eine Entwicklung, die den Thea -<br />
terhistoriker Günther Rühle sogar zu<br />
der Wortschöpfung »Frankfurter <strong>Expressionismus</strong>«<br />
veranlasste. 20 Kern<br />
dieses »Frankfurter <strong>Expressionismus</strong>«,<br />
der sich in den Jahren 1917 bis 1922 als<br />
Inszenierungsstil sowohl in Produktionen<br />
des Opern- und des Schauspielhauses<br />
als auch des Neuen Theaters<br />
unter der Leitung Arthur Hellmers verwirklichte,<br />
war das geglückte, außerordentlich<br />
fruchtbare Zusammenwirken<br />
von Regisseuren wie Richard Weichert<br />
(1880–1961) und Ernst Lert (1883–1955),<br />
dem Bühnenbildner Ludwig Sievert<br />
(1887–1966) sowie Schauspielern und<br />
Sängern, die sich ähnlichen Idealen<br />
verpflichtet fühlten. 21 Hinzu kam als Erster<br />
Kapellmeister Ludwig Rottenberg,<br />
der Schwiegervater Paul Hindemiths,<br />
der den Neuerungen der Moderne seit<br />
Langem offen gegenüberstand.<br />
Allein vier Opern Franz Schrekers, des wohl<br />
prominentesten Opernkomponisten nach 1910,<br />
wurden in Frankfurt uraufgeführt. In der Spielzeit<br />
1921 / 22 zeigte die Frankfurter Oper neben<br />
den drei Einaktern Paul Hindemiths – Sancta<br />
Susanna, Mörder, Hoffnung der Frauen und<br />
Das Nusch-Nuschi (Abb. S. 33) – Pelleas und<br />
Melisande (1902) von Claude Debussy, Der<br />
Schatzgräber (1920) von Franz Schreker, Die<br />
tote Stadt (1920) von Erich Wolfgang Korngold<br />
sowie Herzog Blaubarts Burg (1918) und Der<br />
holzgeschnitzte Prinz (1917) von Béla Bartók.<br />
Der an den Frankfurter Bühnen gepflegte Inszenierungsstil<br />
verstand in Anlehnung an die großen<br />
Bühnenreformer der Jahrhundertwende,<br />
Adolphe Appia und Edward Gordon Craig,<br />
den Bühnenraum als eine Synthese aus Raum,<br />
Bewegung und Licht, die als gleichwertige<br />
künstlerische Ausdrucksmittel zu Text und<br />
Musik hinzutreten. Wie im expressionistischen<br />
Theater geht es nicht darum, eine Geschichte<br />
zu erzählen oder einen bestimmten Schauplatz<br />
möglichst detailgetreu auf der Opernbühne<br />
nachzuempfinden. Stattdessen realisiert<br />
sich im Moment der Performance für den<br />
Zuschauer ein eigenes Kunstwerk, indem die<br />
Wahl der Farben und Formen den Verläufen<br />
der Musik visuell entsprechen. Diese Entsprechung<br />
basiert auf keinem System, sondern auf<br />
der freien Assoziation des Bühnenbildners und<br />
Regisseurs, deren Rolle und Bedeutung hier<br />
eine entscheidende Aufwertung erfährt. Sie<br />
sind es, die die verborgenen »visionären Ideen«<br />
der Musik hervorholen, sie sichtbar machen<br />
und so als eigenständige Künstler neben<br />
den Komponisten treten.<br />
»Das Bühnenbild der Oper ist die Inkarnation<br />
einer visionären Idee – ihre Keimzelle<br />
die Partitur. Das Geheimnis des Schöpfungsprozesses<br />
liegt im Wesen der Musik,<br />
ihre Realität ist innere Notwendigkeit.« 22<br />
Sievert entwirft in seinem programmatischen<br />
Text zum Bühnenbild der Oper eine<br />
»intermediale Grenzüberschreitung« 23 im<br />
Moment der Aufführung. Musik wird in Licht<br />
und Licht wiederum in Musik verwandelt:<br />
»Linie und Farbe, alles ist Echo und Resonanz<br />
der Musik, begleitende Stimme des<br />
Orchesters, eine leichte Paraphrase, die<br />
das Thema, das unten angeschlagen wird,<br />
aufnimmt und tausendfach variiert, [...] in<br />
der Farbklaviatur, die die differenziertesten<br />
Stimmungen und Tönungen hinzuzaubern<br />
vermag. Menschenstimme, Raum und Licht<br />
klingen zusammen in einem großen Dreiklang,<br />
der dienend von der Musik getragen<br />
wird.« 24 Schließlich überhöht Sievert diese<br />
szenische Einheit. Er versteht sie nicht mehr<br />
nur als rein ästhetische Erfahrung, sondern<br />
lädt sie metaphysisch auf als »Harmonie im<br />
letzten Sinn«, als »Symbolik mit dem Ausdruck<br />
des Grenzenlosen«. 25<br />
Mörder, Hoffnung der Frauen<br />
als Bühnengesamtkunstwerk<br />
»Resonanz der Musik« will auch Sieverts Entwurf<br />
zu Mörder, Hoffnung der Frauen sein, der<br />
sich vor allem durch eine vielfache Gliederung<br />
des Bühnenbodens auszeichnet. Unterschiedliche<br />
Ebenen überlagern sich und verlieren sich<br />
schließlich im Dunkel. Eine deutliche Begrenzung<br />
des Raumes ergibt sich allein zum Bühnenhintergrund<br />
durch die beiden nach vorne gerückten<br />
Pfeiler, die eine Treppe sowie den Eingang des<br />
Käfigs einschließen (Abb. 5). Sievert setzt all diese<br />
Raumelemente in Relation zur Musik: »Rhythmisch<br />
schwingende, sich in der Tiefe verlierende<br />
Diagonalen werden durch zwei gigantisch ragende<br />
Mittelpfeiler gebunden, die ich so anlegte, daß<br />
alle Szenen im Brennpunkt des Bildes spielen<br />
konnten. [...] Durch diese starke Betonung der<br />
Mitte werden die scheinbar chaotisch den Raum<br />
aufteilenden Linien Ausstrahlungen der agierenden<br />
Figuren.« 26<br />
Nach vorne zum Zuschauerraum hin wird<br />
die Bühne durch eine stegartige Fläche abgegrenzt,<br />
die von der Mitte ausgehend nach<br />
beiden Seiten ansteigt. Sie bildet neben dem<br />
Bühnenhintergrund mit dem Käfig (Abb. 6)<br />
und dem Mittelgrund mit den beiden Chören<br />
(Abb. 7) eine dritte Spielebene, auf der sich<br />
die beiden Protagonisten, die Frau und der<br />
Mann, bewegen. Diese vielfache Gliederung<br />
des Bühnenbodens, die sogenannte »raumrhythmische<br />
Bühne«, gehört zu den Charakteristika<br />
des Inszenierungsstils des »Frankfurter<br />
<strong>Expressionismus</strong>«. Hierdurch liefert<br />
der Bühnenmaler nicht nur einen dekorativen<br />
Rahmen, sondern nimmt direkt auf die szenische<br />
Gestaltung Einfluss. So zwingt etwa<br />
die geringe Tiefe des Vordergrundes die beiden<br />
Protagonisten, sich weitgehend parallel<br />
zur Bühnenrampe zu bewegen, sodass sie<br />
zumeist im Profil zu sehen sind. Eine ausgeprägte<br />
pantomimische Gestik der Hände<br />
unterstreicht zusätzlich den antikisierenden<br />
Bildeindruck, der an ein Relief erinnert. Auf<br />
diese Weise korrespondiert die Bildgestaltung<br />
mit dem archaischen Charakter und den<br />
»Urklängen« zu Beginn der Oper.<br />
Außerdem lässt sich die symmetrische Konzeption<br />
des Stegs im Vordergrund ähnlich<br />
wie die zwei Türme im Bühnenhintergrund<br />
im Zusammenhang mit dem Sujet des Einakters,<br />
dem alles beherrschenden Dualismus<br />
der Geschlechter, verstehen. Elemente<br />
der Bühnenarchitektur repräsentieren so<br />
die Substanz der Fabel und der Musik und<br />
übersetzen sie in räumliche Kon struktionen.<br />
So ist die Raumgestaltung hier in der Tat<br />
»Resonanz« des Dramas und der Musik.<br />
In Schönbergs Die glückliche Hand<br />
blieb die Vereinigung der Künste zum<br />
multimedialen Bühnenkunstwerk noch<br />
ein visionäres Experiment. Es existierte<br />
zunächst nur in Partitur und Imagination<br />
des Komponisten. Erst in der Frankfurter<br />
Inszenierung von Mörder, Hoffnung<br />
der Frauen und anderen kollektiven Produktionen<br />
der jungen Weimarer Republik<br />
wird diese Vision für kurze Zeit<br />
Wirklichkeit. Der Wunsch, »mit den Mitteln<br />
der Bühne zu musizieren«, 27 verwirklicht<br />
sich im »großen Dreiklang« 28<br />
von Stimme, Raum und Licht.<br />
09_Bork_V2.indd 272 09.10.2010 6:49:37 Uhr
5<br />
Ludwig Sievert, Mörder, Hoffnung der Frauen, Bühnenbildentwurf, 1922, Oper Frankfurt,<br />
Regie: Ernst Lert, Pastell, Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität zu Köln<br />
09_Bork_V2.indd 273 09.10.2010 6:49:37 Uhr<br />
273
1 Regieanweisungen des Beginns sowie des<br />
dritten Bildes sind hier frei paraphrasiert. Zum<br />
genauen Text vgl. Arnold Schönberg, »›Die<br />
glückliche Hand‹ op. 18«, in: ders., Sämtliche<br />
Werke, Reihe B, Bd. 6,3, Mainz (Schott und<br />
Universal Edition) 2005. Zu Entstehungsumständen<br />
und Rezeption des Einakters vgl. die<br />
umfangreiche Einleitung von Ullrich Scheideler<br />
zu diesem Band.<br />
2 Arnold Schönberg, »Breslauer Rede über<br />
›Die glückliche Hand‹« (1928), in: Jelena<br />
Hahl-Koch (Hrsg.), Arnold Schönberg, Wassily<br />
Kandinsky. Briefe, Bilder und Dokumente einer<br />
außergewöhnlichen Begegnung, Salzburg / Wien<br />
1980, S. 131–142, hier S. 131. Da sich zunächst<br />
kein Theater für eine Aufführung gewinnen ließ,<br />
verfolgte Schönberg zeit weilig den Plan, den<br />
Einakter als Film zu realisieren. Als Ausstatter<br />
waren u. a. Alfred Roller, Oskar Kokoschka<br />
und Wassily Kandinsky im Gespräch; vgl. ebd.,<br />
S. 127.<br />
3 Die glückliche Hand ist das einzige der hier<br />
besprochenen Werke, in dessen Partitur bereits<br />
die anderen Bühnenparameter Licht, Farbe etc.<br />
en detail verzeichnet sind.<br />
4 Arnold Schering, »Die expressionistische Be we-<br />
gung in der Musik«, in: Max Deri u. a. (Hrsg.),<br />
Einführung in die Kunst der Gegenwart, Leipzig<br />
1919, S. 139–161, hier S. 141. Der Begriff »<strong>Expressionismus</strong>«<br />
findet erst vergleichsweise<br />
spät Anwendung auf die Musik. 1918 schreibt<br />
erstmals der Komponist Heinz Tiessen in der<br />
Musikzeitschrift Melos von einem »musikalischen<br />
<strong>Expressionismus</strong>«, und ein Jahr später<br />
erscheint Arnold Scherings o. g. Abhandlung.<br />
In beiden Texten wird der Musik ähnlich wie<br />
in der Romantik eine Vorzugsposi tion unter<br />
den Künsten eingeräumt. Zur Geschichte und<br />
musik historiografischen Funktion des Begriffs<br />
»<strong>Expressionismus</strong>« vgl. Camilla Bork, Im Zeichen<br />
des <strong>Expressionismus</strong>. Kompositionen Paul<br />
Hindemiths im Kontext des Frankfurter Kulturlebens<br />
um 1920 (Frankfurter Studien, XI),<br />
Mainz 2006.<br />
5 Zugleich zeichnet sich vor allem in Schön bergs<br />
Äußerungen aus diesen Jahren eine expressionistische<br />
Poetik ab, wenn er seine Musik allein<br />
seinem Ausdrucksbedürfnis verpflichtet sieht.<br />
Im August 1909 schreibt er in diesem Sinne an<br />
Ferruccio Busoni: »Meine Musik muß kurz sein.<br />
Knapp! In zwei Noten: nicht bauen, sondern<br />
ausdrücken!!« Zit. nach: Jutta Theurich (Hrsg.),<br />
»Briefwechsel zwischen Arnold Schönberg und<br />
Ferruccio Busoni 1903–1919«, in: Beiträge zur<br />
Musikwissenschaft, 3, 19, 1977, S. 163–211, hier<br />
S. 163 f.<br />
6 Vgl. zu diesem Komplex Bork 2006 (wie<br />
Anm. 4).<br />
274<br />
7 Brief Paul Hindemiths an Emmy Ronnefeldt vom<br />
14. 10. 1917, abgedr. in: Hindemith-Jahrbuch, II,<br />
1972, S. 191.<br />
8 Vgl. hierzu auch Carl E. Schorske, Wien. Geist<br />
und Gesellschaft im Fin de Siècle, Frankfurt<br />
a. M. 1982, S. 318.<br />
9 Otto Weininger, Geschlecht und Charakter. Eine<br />
prinzipielle Untersuchung [Wien 1903], Reprint,<br />
München 1997, S. 398.<br />
10 Ebd., S. 400.<br />
11 Ebd., S. 457.<br />
12 Alban Berg, »Wozzeck-Vortrag von 1929«, in:<br />
Hans F. Redlich, Alban Berg. Versuch einer<br />
Würdigung, Wien 1957, S. 311–327, hier S. 311.<br />
1879 wurde das Büchnerdrama erstmals von<br />
Karl Emil Franzos unter abenteuerlichen<br />
Umständen publiziert: Verblasste Tinte und<br />
eine fast un leserliche Handschrift machten<br />
das Entziffern des Manuskripts zu einer wahren<br />
Kärrnerarbeit. Hierbei unterlief Franzos ein<br />
Lesefehler, sodass der Titel bei ihm Wozzeck<br />
lautete, statt Woyzeck, wie er bei Büchner<br />
heißt. 1909 erschien der Text in neuer, revidierter<br />
Auflage mit leicht veränderter Szenenfolge<br />
und wurde nach den ersten Aufführungen durch<br />
Leopold Jessner in Hamburg (1910) und Max<br />
Reinhardt am Deutschen Theater in Berlin<br />
(1916) rasch zu einer Sensation in den Kreisen<br />
der expres sionistischen Avantgarde.<br />
13 Kurt Pinthus, »Georg Büchner – der Revolutionär<br />
1919«, in: Thomas Michael Mayer (Hrsg.),<br />
Georg Büchner (Insel-Almanach auf das Jahr<br />
1987), Frankfurt a. M. 1987, S. 52–54, hier<br />
S. 53; Julius Bab, »Durch das Drama der Jüngsten<br />
und Georg Büchner«, zit. nach: Dietmar<br />
Goltschnigg, Materialien zur Rezeptions- und<br />
Wirkungsgeschichte Georg Büchners, Kronberg<br />
i. Ts. 1974, S. 153 f.<br />
14 Alban Berg, Briefe an seine Frau, hrsg. von<br />
Helene Berg, München 1965, S. 376.<br />
15 Einige Auszüge aus Alban Bergs Wozzeck waren<br />
bereits 1923 konzertant als Wozzeck Bruchstücke<br />
in Frankfurt a. M. unter der Leitung Hermann<br />
Scherchens uraufgeführt worden. Der Erfolg<br />
dieser konzertanten Fassung war u. a. ausschlaggebend<br />
für die Entscheidung der Berliner Staatsoper,<br />
das Werk zur Uraufführung anzunehmen.<br />
16 Manfred Gurlitt (1890–1972), dessen Karriere<br />
als Dirigent während der Weimarer Republik<br />
außerordentlich erfolgreich verlief, beantragte<br />
1933 die Mitgliedschaft in der NSDAP. Dennoch<br />
wurde er während des Nationalsozialismus aus<br />
rassischen Gründen verfolgt. Er emigrierte nach<br />
Japan, wo er seine erfolgreiche Dirigententätigkeit<br />
als Leiter der Gurlitt Opera Company<br />
fortsetzte. 1972 verstarb er in Tokio, ohne dass<br />
sein umfangreiches Opernschaffen jemals<br />
wieder Beachtung gefunden hätte. Aufmerksam<br />
wurde die Musikwelt erst 1985, als Lothar<br />
Zagrosek eine konzertante Aufführung des<br />
Wozzeck dirigierte, die vom Österreichischen<br />
Rundfunk aufgezeichnet wurde.<br />
17 Wassily Kandinsky an Arnold Schönberg<br />
am 18. 1. 1911, in: Jelena Hahl-Koch, Wassily<br />
Kandinsky und Arnold Schönberg. Der Briefwechsel,<br />
Ostfildern-Ruit 1993, S. 15.<br />
18 Willi Aron, »Opernkrise, Opernreform, Opernregie«,<br />
in: Die Musik, 20, 28, 1927, S. 571–574,<br />
hier S. 571.<br />
19 Vgl. Michael Walter, Hitler in der Oper. Deutsches<br />
Musikleben 1919–1945, Stuttgart 1995.<br />
Zu den Zahlen für 2007 / 08 vgl. die Werkstatistik<br />
des Deutschen Bühnenvereins unter<br />
www.buehnenverein.de. Nur zum Vergleich:<br />
2007 / 08 wurden in Deutschland, Österreich<br />
und der Schweiz 48 Opern ur- bzw. erstaufgeführt,<br />
was einem Anteil von 3,29 % am<br />
Gesamtrepertoire entspricht.<br />
20 Vgl. Günther Rühle, Theater für die Republik<br />
1917–33. Im Spiegel der Kritik, Frankfurt a. M.<br />
1967, S. 19.<br />
21 Vgl. Thomas Siedhoff, Das Neue Theater in<br />
Frankfurt am Main 1911–1935. Versuch einer systematischen<br />
Würdigung eines Theaterbetriebs<br />
(Studien zur Frankfurter Geschichte, 19), Frankfurt<br />
a. M. 1985.<br />
22 Ludwig Sievert, »Das Bühnenbild der Oper«, in:<br />
Die Musik, 17, 7, 1925, S. 506–511, hier S. 507.<br />
23 Jürgen Söring, »<strong>Gesamtkunstwerk</strong>«, in:<br />
Reallexikon der deutschen Literatur wissenschaft,<br />
Bd. 1, hrsg. von Klaus Weimar, Berlin / New York<br />
1997, S. 710–712, hier S. 710.<br />
24 Sievert 1925 (wie Anm. 22), S. 507.<br />
25 Sievert 1925 (wie Anm. 22), S. 507.<br />
26 Sievert 1925 (wie Anm. 22), S. 510.<br />
27 Schönberg 1928 / 2000 (wie Anm. 2), S. 138.<br />
28 Sievert 1925 (wie Anm. 22), S. 507.<br />
09_Bork_V2.indd 274 09.10.2010 6:49:37 Uhr
7<br />
Unbekannt, Szenenfotografie Mörder, Hoffnung der Frauen,<br />
Drama von Oskar Kokoschka, 11. April 1920, Neues Theater,<br />
Frankfurt, Regie: Heinrich George, Fotografie, Reproduktion,<br />
Deutsches Theatermuseum, München<br />
Unbekannt, Szenenfotografie der Uraufführung<br />
Mörder, Hoffnung der Frauen, Oper von Paul<br />
Hindemith, 26. März 1922, Oper Frankfurt, Regie:<br />
Ernst Lert, Fotografie, Universitätsbibliothek<br />
Johann Christian Senckenberg, Frankfurt a. M.<br />
09_Bork_V2.indd 275 09.10.2010 6:49:38 Uhr<br />
6<br />
275
10_Dillmann_V2.indd 276 08.10.2010 13:06:45 Uhr
ESSAY<br />
Die Neuerfindung der Welt als<br />
gute Wohnung im All<br />
Bruno Taut und die Gläserne Kette<br />
Werner Durth<br />
Claudia Dillmann<br />
10_Dillmann_V2.indd 277 08.10.2010 13:06:46 Uhr
278<br />
»Heute komme ich zu Euch nur mit einem Film.<br />
Die Absicht werdet Ihr erkennen: einmal körperhaft<br />
die Dinge zu zeigen, die uns erfüllen,<br />
und dann – die schöne Aussicht auf diese Weise<br />
alle zusammen zu kommen und zusammen an<br />
einer Sache zu arbeiten.« 1<br />
Das neue Medium Film faszinierte zu Beginn<br />
der 1910er-Jahre nicht nur ein schaulustiges<br />
Publikum, sondern auch zunehmend<br />
Künstlerinnen und Künstler. Dem Massenunterhaltungsmittel<br />
schienen Möglichkeiten<br />
innezuwohnen, die jenseits des bisher Üblichen,<br />
des Dokumentarischen und Naturalistischen<br />
eine Konventionen sprengende<br />
Fantastik freizusetzen versprachen. Die kurzen<br />
Exposees, die Dramatiker und Lyriker,<br />
wie beispielsweise Else Lasker-Schüler,<br />
Max Brod oder Walter Hasenclever, schon<br />
1914 für Kurt Pinthus’ Kinobuch entwarfen,<br />
wären zum Zeitpunkt ihrer Entstehung größtenteils<br />
nicht zu verfilmen gewesen. Dezidiert<br />
geschrieben, um den Kintopp vor seiner<br />
Anbiederung an Theater und Literatur<br />
zu bewahren, verwies ihre Veröffentlichung<br />
jedoch auf eben jene Domestizierung des<br />
Kinos, die Carlo Mierendorff sechs Jahre<br />
später in Hätte ich das Kino! so heftig beklagte.<br />
Diese Verbürgerlichung des Kinos,<br />
die aus ökonomischen, gesellschaftlichen<br />
und medieninhärenten Gründen zwangsläufig<br />
war, sie bedeutete den als schmerzhaft<br />
empfundenen Verlust des frühen Kintopps<br />
mit seiner körperlichen Unmittelbarkeit,<br />
seinem varieté- und zirkushaften Charakter,<br />
seinen Attraktionen und Sensationen. Im<br />
Ge genzug war der Film Ende der 1910er-<br />
Jahre dafür ernst genommener Gegenstand<br />
von Rezension und Kritik, von Diskursen<br />
und Theorien geworden und in seinem allerersten<br />
Ismus angekommen: dem <strong>Expressionismus</strong>.<br />
Mit den anderen Künsten, und<br />
diese mit ihm kommunizierend, wagte sich<br />
das Medium erstmals bewusst an formale<br />
Fragen, erprobte zielgerichtet Stile, suchte<br />
nach theoretischer Untermauerung für Grafik,<br />
Bild und Raum im Film, überführte die<br />
Experimente direkt in expressionistische,<br />
danach in abstrakte, surrealistische und<br />
neu sachliche Werke. Und schuf in diesem<br />
Aufbruch Klassiker der Moderne.<br />
Wie im Theater, im Kunsthandwerk oder<br />
in der Architektur kam der <strong>Expressionismus</strong><br />
auch im Film erst nach 1918 an, mithin<br />
überall dort, wo es ein größeres Publikum<br />
anzusprechen galt, während er in der bildenden<br />
Kunst bereits seine Spät- und Endphase<br />
erlebte. Diese Bewegung vom Elitären<br />
zum Egalitären, von der Avant garde<br />
ins Massenmediale lässt sich als Popularisierung<br />
begreifen. Diese war ihrerseits nur<br />
möglich, weil Teile des Bildungsbürgertums<br />
nach Krieg, Kapitulation und Revolution<br />
in grellen, oft als »fremd« oder gar<br />
»falsch« empfundenen Farben und Tönen,<br />
in zersplitterten Formen, heftigen Gesten,<br />
lauten Stimmen, ekstatischen Tänzen, im<br />
Wilden, Unge reimten, Wahnsinnigen ihre<br />
Zeit und den ihr innewohnenden Geist erkannten.<br />
Theater, Kunsthandwerk, Architektur<br />
und Film übten folgerichtig auch die<br />
stärksten Impulse aufeinander aus.<br />
Ausgangspunkte dieser Impulse waren die nach<br />
1918 forcierten ideellen und personellen Netzwerke<br />
nicht allein linker Künstler, in denen Politik,<br />
Theorie und bisweilen revolutionäre Praxis ein<br />
höchst lebendiges Amalgam bildeten. Am 9. April<br />
1919 rief der Dramatiker Ernst Toller gemeinsam<br />
mit anderen Intellektuellen die Münchner Räterepublik<br />
aus, deren Scheitern er während der Festungshaft<br />
in seinem Drama Masse Mensch (1920)<br />
verarbeitete. Sein expressionistisches Stück Die<br />
Wandlung (1919) erlebte am 30. Septem ber 1919<br />
im avantgardistischen Privattheater Tribüne in<br />
Berlin, mit dem expressionistischen Charakterdarsteller<br />
Fritz Kortner in der Hauptrolle und unter<br />
der Regie des bekannten Theaterregisseurs Karlheinz<br />
Martin, seine Uraufführung. Martin sollte<br />
wenig später Georg Kaisers Drama Von morgens<br />
bis mitternachts (1912) verfilmen. Den Kontakt in<br />
die Filmbranche hatte womöglich der künstlerische<br />
Leiter der Tribüne, Robert Neppach, hergestellt,<br />
der ab Oktober 1919 bei einer mäßig erfolgreichen<br />
Firma namens Centaur-Film arbei tete, für<br />
die auch einer der Drehbuchautoren des bekanntesten<br />
expressionistischen Films Das Cabi net des<br />
Dr. Caligari (1919 / 20), Hans Janowitz, tätig war.<br />
Neppach stattete in der Folge nicht nur Martins<br />
expressionistische Filme Von morgens bis mitternachts<br />
(1920) und Das Haus zum Mond (1920)<br />
aus, sondern auch zahlreiche andere Produktionen<br />
der ersten Jahre der Weimarer Repu blik, in<br />
denen sich zugleich die Schauspielerinnen und<br />
Schauspieler der Berliner Reinhardt-Bühnen ihr<br />
Zubrot verdienten.<br />
Dieser Transfer von der Bühne zum Film bestand,<br />
was die Schauspieler betraf, ab 1913.<br />
Neu waren nun die Versuche, aktuelle bühnenästhetische<br />
Experimente auf den Film zu<br />
übertragen: die bewusste und hervorgehobene<br />
Zeichenhaftigkeit des Spiels, des Bühnenbilds,<br />
der Inszenierung; die körpersprachlichen Ausrufezeichen,<br />
die Exaltiertheit, der Zeigegestus;<br />
die Reduktion der Dekoration, ihre Aufladung<br />
mit Symbolik, die ihrerseits direkte Anleihen<br />
bei der expressionistischen bildenden Kunst<br />
nahm; die Verweigerung psychologischer Deutungsmuster;<br />
das Pathos, die Utopie.<br />
Hätte ich das Kino! – dieses Wunschdenken des<br />
jungen, linken Journalisten Carlo Mieren dorff<br />
ergriff Dramatiker, Bühnenbildner, Theaterregisseure,<br />
Gebrauchsgrafiker, Maler und Architekten.<br />
Der Schauspieler Paul Wegener, der bereits als<br />
Regisseur reüssiert hatte, gewann im Frühjahr<br />
1920 den Dresdner Stadtbaurat Hans Poelzig<br />
für den Film Der Golem, wie er in die Welt kam<br />
(1920, Abb. 1, 2). Von Haus aus Architekt, hatte<br />
Poelzig gerade für Max Reinhardt den Zirkus<br />
Schumann in das Große Schauspielhaus und damit<br />
in das Theater der Fünftausend verwandelt,<br />
in dem Klassiker für Tausende von Zuschauern<br />
neu inszeniert werden sollten. Auch dieses riesige<br />
Rund mit seinem künstlichen Höhlencharakter<br />
war als politisch motivierter Versuch gedacht,<br />
die Massen anzusprechen, als »die Zusammenfassung<br />
eines Theaterraums von tausenden zu<br />
einer Gemeinsamkeit von mithandelnden, mitgerissenen<br />
und mitreißenden Bürgern und Volksgenossen.<br />
Das Haus, die Darstellungsform und die<br />
Zeit sind da.« 2<br />
Revolutionäres Pathos herrschte Anfang 1920<br />
mithin nicht allein an den avantgardistischen<br />
Bühnen wie der Tribüne, sondern auch in diesem<br />
größten Forum des deutschsprachigen<br />
Theaters. Privat entwarf und skizzierte sein<br />
Erbauer fantastische, neoromantische Filmstoffe,<br />
Utopien gebauter Städte, erträumte<br />
Landschaften, unbekümmert um deren Realisierbarkeit,<br />
bis er sich auf eine wirkliche Filmproduktion<br />
einließ. Für den Golem erstellte<br />
Poelzig binnen weniger Monate eine von der<br />
Gotik abgeleitete Filmarchitektur, die erstmals<br />
im deutschen Kino expressionistische Formen<br />
in die Dreidimensionalität überführte, in einen<br />
bildmächtigen, agierenden Raum. 3 »Poelzigs<br />
Golemstadt hat vom Aspekt einer mittelalterlichen<br />
Siedlung nichts und von einem gotischen<br />
Traum alles«, 4 so beschreibt der Essayist, Kritiker<br />
und Sturm-Autor, Rudolf Kurtz, die Bauten<br />
anschaulich.<br />
Auch andere Architekten träumten um<br />
1920, in auftragsloser Zeit, vom Film, von<br />
der Visualisierung ihrer Utopien, von Bewegung<br />
im Raum, von Metamorphosen und<br />
Entgrenzungen. Bruno Taut, Wenzel Hablik<br />
und Hermann Finsterlin zum Beispiel<br />
imaginierten im Weltall sich verlierende<br />
Kathe dralen, fantastische, sich wandelnde<br />
Archi tektur oder sich auflösende Städte. In<br />
Briefen untereinander, im Korrespondenzzirkel<br />
der Gläsernen Kette, teilten sie ihre<br />
Ideen von »archi tektonischen Schauspielen«<br />
mit, die sie allein durch das Medium<br />
Film glaubten realisieren zu können, und<br />
sie erhofften sich vom Film eine Beeinflussung<br />
des Theaters. »Wir müssen nur,<br />
wo etwas fantastisch ist, auch alles fantastisch<br />
machen, und so wird der Film von<br />
dieser Seite die Bühne lockern, beweglich<br />
machen und lösen«, 5 schrieb Taut an seine<br />
Kollegen und motivierte sie, bei seinem<br />
geplanten Filmprojekt mitzumachen.<br />
Was aber war das viel beschworene Fantastische,<br />
das die Träume vom Film beflügelte?<br />
Zweifellos faszinierten die dem Medium inhärenten<br />
Möglichkeiten, in einem Raum-Zeit-<br />
Kontinuum Konkretes wie Abstraktes in Bewegung<br />
zu versetzen, Metamorphosen des<br />
Irrealen zu erzeugen, Ideen visuell – und das<br />
hieß immer auch sinnlich – erfahrbar zu machen,<br />
unbekümmert um Naturgesetze oder<br />
die Zwänge der Wirklichkeit. In dieser gab<br />
es nichts zu bauen, hätten die imaginierten<br />
neuen strahlenden Städte als kristalline Bekrönungen<br />
von Gebirgsspitzen auch niemals<br />
realisiert werden können, in ihr war kein Griff<br />
zu den Sternen vorgesehen. Den erlaubte nur<br />
der Film. Er war zudem nur in Gemeinschaft<br />
stiftender Arbeit zu realisieren, durch die<br />
interne Verständigung einer Gruppe Gleichgesinnter,<br />
während er zugleich extern massenmediale<br />
Wirkung versprach – als Propagandainstrument,<br />
dessen die Utopie bedarf,<br />
um wirksam zu werden.<br />
Mit Blick auf diese Öffentlichkeit des Kinos dachte<br />
Bruno Taut 1920 für sein »künstlerisches Filmprogramm«<br />
über naturwissenschaftliche und das<br />
Handwerk feiernde Kulturfilme nach, über »Filmkunstwerke«<br />
mit abgefilmtem Tanz und Pantomime<br />
ohne Figuren wie für sein Architekturschauspiel<br />
Der Weltbaumeister (Abb. 3), über gefilmte<br />
Kaleidoskop-Effekte und animierte abstrakte Malerei<br />
– Avantgarde- und Experimentalfilme, wie<br />
sie tatsächlich kurz darauf entstehen sollten. 6<br />
Taut hatte womöglich diese Abkehr von filmischen<br />
Narration im Sinn, als er Anfang Juli 1920,<br />
10_Dillmann_V2.indd 278 08.10.2010 13:06:46 Uhr
Bruno Taut, Der Weltbaumeister, Titelblatt,<br />
Hagen 1920, Privatsammlung Darmstadt<br />
3<br />
Der Golem, wie er in die Welt kam, 1920,<br />
Regie: Paul Wegener, Standfotografie,<br />
Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt a. M.<br />
1<br />
2<br />
Der Golem, wie er in die Welt kam, 1920,<br />
Regie: Paul Wegener, ausbelichtetes Filmbild,<br />
Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt a. M.<br />
10_Dillmann_V2.indd 279 08.10.2010 13:06:48 Uhr<br />
279
280<br />
5<br />
4<br />
Von morgens bis mitternachts, 1920, Regie: Karlheinz Martin, ausbelichtetes<br />
Filmbild, Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt a. M.<br />
César Klein, Genuine, Szenenbildentwurf, 1920,<br />
Regie: Robert Wiene, Pastell, Theaterwissen-<br />
schaftliche Sammlung der Universität zu Köln<br />
10_Dillmann_V2.indd 280 08.10.2010 13:06:49 Uhr
fünf Monate nach der Premiere von Das Cabinet<br />
des Dr. Caligari, den Ausstatter des Films,<br />
Walter Reimann, zu einem Treffen und »viell. zur<br />
Mitwirkung« 7 einlud. Der vormalige Bühnenmaler<br />
Reimann, der in Zusammenarbeit mit Walter<br />
Röhrig und Hermann Warm das expressionistische<br />
Dekor des Caligari wesentlich bestimmt<br />
und zu seinem Erfolg geführt hatte, definierte<br />
sich seinerseits nicht als Filmarchitekt, sondern<br />
als »Filmmaler«, ja eigentlich als bildender<br />
Künstler mit eigenem Atelier, wo er etwa zu jener<br />
Zeit mit einem Porträt von Werner Krauss (dem<br />
Caligari-Darsteller) auf der Staffelei und expressionistischen<br />
Bildern an den Wänden für ein Foto<br />
posierte. Seiner sonstigen Anpassungsfähigkeit<br />
zum Trotz lag ihm das Abstrakte sicherlich nicht,<br />
weshalb aus der Mitwirkung in der Gläsernen<br />
Kette nichts wurde. Die Einladung Tauts bezeugt<br />
gleichwohl die Offenheit und Durchlässigkeit der<br />
künstlerischen und kulturellen Milieus, ein Kennzeichen<br />
der frühen Weimarer Repu blik. Bruno<br />
Taut drehte in beschäftigungsloser Zeit dann<br />
zwar keinen Film, arbeitete aber 1921 als Bühnenbildner<br />
am Deutschen Theater. Und Wenzel<br />
Hablik entwarf expressionistische Wandbehänge,<br />
Möbel, Tapeten, Besteck, Schmuck und Porzellan<br />
(Abb. S. 420–423), statt Bauten oder Filme<br />
zu realisieren.<br />
Sie wurden so zu Grenzgängern zwischen<br />
den Künsten, zwischen bildender und angewandter<br />
Kunst – aus echter Neugier<br />
wie auch aus echter Not. Davon profitierte<br />
der Film, nicht allein in Deutschland. Der<br />
Austausch kennzeichnete auch das Paris<br />
der beginnenden 1920er-Jahre. Hier war<br />
es der avantgardistische Architekt Robert<br />
Mallet-Stevens, der Filme wie Le Secret de<br />
Rosette Lambert (1920) und Jettatura (1921)<br />
ausstattete. Sein Freund, der kubistische<br />
Maler Fernand Léger, gestaltete das Plakat<br />
von La Roue (1923) und drehte später den<br />
Experimentalfilm-Klassiker Ballet mécanique<br />
(1924), der bei der berühmten Berliner<br />
Matinée Der absolute Film der Künstlervereinigung<br />
Novembergruppe 1925 zur Aufführung<br />
kam. Gemeinsam arbeiteten die beiden<br />
Künstler zudem an der Filmarchitektur<br />
von L’Inhumaine (1925).<br />
Mit der Zugewandtheit dieser Grenzgänger<br />
wurden zugleich die theoretischen Verortungen<br />
des Mediums forciert, im Zusammenspiel wie<br />
auch in Abgrenzung zu den anderen Künsten.<br />
Die Maler, Architekten, Bühnenbildner ebenso<br />
wie auch die Autoren und Filmexposees verfassenden<br />
Dramatiker erkannten im Film die<br />
Übersetzung der (fantastischen) Idee ins Bild<br />
als die eigentliche Transformations leistung<br />
des stummen Films, dem sie folgerichtig kaum<br />
zutrauten, »geistige« oder »seelische« Vorgänge<br />
auf nonverbaler Ebene darzustellen. Sie<br />
priesen vielmehr die visuelle Kraft, Sinnlichkeit<br />
und Eindringlichkeit des Mediums, Carlo<br />
Mierendorff feierte dies 1920 so: »[Das] Bild<br />
brennt sich unentrinnbar ein und das ist seine<br />
Überlegenheit über die Schaubühne.« 8<br />
Wie dieses filmische »Bild« beschaffen sein<br />
könnte, wurde einerseits in den Studios und<br />
auf dem Freigelände der Berliner Filmfirmen<br />
erprobt und andererseits in Kunst- und<br />
Architekturzeitschriften theoretisch beantwortet.<br />
Diese Gleichzeitigkeit von praktischen<br />
und theoretischen Versuchen, eine<br />
höchst produktive Verdichtung zu Beginn<br />
der 1920er-Jahre, bezeugt einen neuen Reflexionsgrad<br />
im und für das Medium Film.<br />
Während Walter Reimann – inspiriert durch<br />
bildende Kunst und Bühnendekoration –<br />
über den filmischen Bildaufbau und dessen<br />
grafische, also zweidimensionale Qualitäten<br />
sinnierte, arbeiteten Architekturkritiker<br />
mit dem Parameter der Dreidimensionalität<br />
an der begrifflichen Unterscheidung von<br />
bildender Kunst, Bühne und Film: »Bilder,<br />
die eigentlich wieder keine Bilder sind, da<br />
sie nicht ein Sein umschließen, sondern<br />
eine Handlung. Bilder, die aufgehört haben,<br />
ein Momentanes in Fläche für Dauer<br />
festzuhalten, sondern die eine Folge von<br />
Momenten im Raum für kurze Zeit aufzeigen<br />
sollen. Bilder, die keine Bilder mehr<br />
sind, sondern Raum, der lebendiges Geschehen<br />
umschließt.« 9<br />
Es nimmt nicht wunder, dass Auslöser<br />
für diese Überlegungen des Architekten<br />
und Autors Heinrich de Fries, die er in<br />
einer Fachzeitschrift für Baukunst veröffentlichte,<br />
gerade Filme wie Das Cabinet<br />
des Dr. Caligari, Von morgens bis mitternachts,<br />
Der Golem, wie er in die Welt kam<br />
und Algol waren (alle aus dem Jahr 1920);<br />
Filme, die erstmals eine zeitgenössische,<br />
»moderne«, in diesem Fall expressionistische<br />
Kunstrichtung aufgegriffen und mit<br />
ihren Mitteln umgesetzt hatten. Die Definition<br />
des filmischen Raums geriet de<br />
Fries zur Bestimmung einer spezifisch filmischen<br />
Dreidimensionalität, die trotz der<br />
Zweidimensionalität der Leinwand nicht<br />
allein durch perspektivisch hergerichtete<br />
Kulissen »sinnlich« erfahrbar wird, sondern<br />
durch das Bewusstsein der Filmarchitektur<br />
als Bedeutungs- und Handlungsträger,<br />
ihrer dramaturgischen Funktion,<br />
deren gelegentliche Vorherrschaft über<br />
Handlung und Schauspieler er als Architekt<br />
natürlich begrüßt. Die Idee des Raums<br />
als »selbsttätig handelnder, höchst lebendiger<br />
und aktiver Orga nismus« sah er besonders<br />
im Caligari verwirklicht, dem er<br />
den Raum in Von morgens bis mitternachts<br />
als »abstrakt, zerstreut, flächenhaft aufgelöst,<br />
unkörperlich« entgegensetzte. 10<br />
Wenig war in solchen Betrachtungen die Rede<br />
von Kameraeinstellungen, Lichtsetzung, Montage<br />
oder Rhythmus, von Handlung, Dramaturgie oder<br />
Inszenierung; viel dagegen vom einzelnen sichtbaren<br />
Bild und seiner Komposition sowie vom<br />
Sinneseindruck der sich bewegenden Bilder. Die<br />
Künstler und Theoretiker, die den expressionistischen<br />
Film aus ihrer je eigenen Perspektive wahrnahmen,<br />
machten ihre Überlegungen am Schauwert<br />
fest, an der visuellen »Sensation«, mithin an<br />
einem Kriterium, das ihnen erst den Vergleich,<br />
die Abgrenzung, die Definition erlaubte.<br />
Solche Einbettung in kulturelle Zusammenhänge<br />
mögen den Filmproduzenten wichtig<br />
und teuer gewesen sein – ob ihr Kalkül, mit<br />
den außergewöhnlichen Schauwerten zu reüssieren,<br />
aufgehen würde, war jedoch alles<br />
andere als gewiss. Während das Gros der<br />
Firmen nach der Öffnung der Auslandsmärkte<br />
sein Heil in Monumentalfilmen internationalen<br />
Zuschnitts suchte, gingen die Produzenten der<br />
expressionistischen Filme mit den aufwendig<br />
inszenierten, starbesetzten Stücken sehr wohl<br />
ein Risiko ein. Der Caligari hatte 1920 Erfolg,<br />
womöglich befördert durch die Verwirrung<br />
über die Frage, ob er in seiner Gestaltung die<br />
Perspektive des wahnsinnigen Erzählers einnehme,<br />
doch Von morgens bis mitter nachts<br />
gelang im selben Jahr nicht einmal der reguläre<br />
Kinostart. Der künstlerisch radikalste Film<br />
innerhalb des narrativen Kinos der Weimarer<br />
Republik verschwand mehr oder weniger ungesehen.<br />
Das Experiment, Georg Kaiser als<br />
einen bedeutenden expressionistischen Dramatiker<br />
durch den Theaterregisseur Karlheinz<br />
Martin mit der Ausstattung des Bühnenbildners<br />
Robert Neppach und mit Ernst Deutsch<br />
als dem expressionistischen Schauspieler<br />
schlechthin in der Hauptrolle zu verfilmen,<br />
ge riet 1920 nicht an jenen Punkt, an dem die<br />
zeitgenössische Kritik und das Publikum über<br />
sein Gelingen hätten urteilen können. Ein paar<br />
Kinobesitzer hatten ihm, offenkundig zutiefst<br />
verstört, keinerlei Chancen eingeräumt.<br />
Für de Fries, der den Film bei einer Vorabvorführung<br />
gesehen haben könnte,<br />
markierte der Raum in Von morgens bis<br />
mitter nachts den Gegenpart zum Caligari:<br />
als passiv, stumm, unorganisch, unsinnlich,<br />
eine Abstraktion, deren konsequente<br />
Gestaltung ihm Bewunderung abnötigte.<br />
281<br />
11<br />
Für die an der Produktion Beteiligten bedeutete<br />
die Verweigerung des Kino starts<br />
jedoch jene Grenze, an der die Experimente<br />
mit der Übertragung von der Bühne<br />
zum Film endeten. Der für die Studiobauten<br />
und Kostüme verantwortliche<br />
Aus statter Robert Neppach hatte auf die<br />
farbige Gestaltung der Kulissen verzichtet,<br />
die im Schwarz-Weiß-Film zu unterschiedlichen<br />
Grautönen und damit zu<br />
differenzierten Valeurs führt, und damit<br />
eine plakative Schwarz-Weiß-Stilisierung<br />
erreicht (Abb. 4). Schwarz entgrenzte den<br />
Raum, das weiß gemalte Dekor machte<br />
ihn flach. Darin fand das Stationendrama<br />
über den scheiternden Ausbruch eines<br />
Kassierers, das auf der Bühne von seiner<br />
empha tischen Sprache lebt, in stummen<br />
Ta bleaus statt. Obwohl Karlheinz Martin<br />
nicht nur auf der Bildebene, sondern auch<br />
mit filmischen Gestaltungsmitteln experimentierte,<br />
für die er sich des renommierten<br />
Kameramanns Carl Hoffmann versichert<br />
hatte, und obwohl er Parallelmontagen<br />
von Haupt- und Nebenhandlung, rasche<br />
Einstellungswechsel der Kamera, neuartige<br />
verzerrende, anamorphotische Linsen,<br />
vertikale Assemblagen und zahlreiche<br />
Doppelbelichtungen einsetzte, muss<br />
das Werk unfilmisch, theaterhaft gewirkt<br />
haben. Von hier mochte ein Weg zum<br />
nichtgegenständlichen Film führen, nicht<br />
jedoch ins reguläre Kino, dem Ort der gerade<br />
auch von Intellektuellen gepriesenen<br />
Sinnlichkeit.<br />
Der Caligari-Film hatte im Februar 1920<br />
einen Nerv getroffen, den Kurt Tucholsky<br />
in derselben Ausgabe der Weltbühne<br />
bloß legte, in der auch seine Caligari-<br />
Rezension erschien. »Diese Zeit hat etwas<br />
durchaus Gespensterhaftes. Die Leute<br />
gehen täglich ihren Geschäften nach,<br />
machen Verordnungen und durchbrechen<br />
10_Dillmann_V2.indd 281 08.10.2010 13:06:49 Uhr
sie, halten Feste ab und tanzen, heiraten und<br />
lesen Bücher –: aber es ist alles nicht wahr.«<br />
(s. S. 456)<br />
282<br />
12 Für das Gespensterhafte und das<br />
Doppelbödige fanden die Macher von Das Cabinet<br />
des Dr. Caligari die richtige Geschichte, die<br />
innovativen filmischen Bilder, die Räume, in einem<br />
schwarzen <strong>Expressionismus</strong>, der ein Ausdrucksrepertoire<br />
des Unheimlich-Fantastischen<br />
begründete: drohende Schatten, der Körper als<br />
Zeichen an der Wand, der direkte Blick des<br />
Mediums, Mörders, Opfers, die Interaktion zwischen<br />
Figur und Dekor, ihre analoge Gestaltung,<br />
Einstellung für Einstellung komponiert. Damit<br />
wurden Konflikt, Komposition und Ausstattung<br />
konsequent zusammen- und zu etwas Neuem<br />
geschmiedet, das im Kern die Zeitgenossen ansprach.<br />
Wie auch in Von morgens bis mitter nachts<br />
bricht ein Bürger aus seiner angestammten Rolle<br />
aus und wird zu einem Verbrecher: Ein Psychiater<br />
wird zum Psychopathen, ein Namenloser zu<br />
»Caligari«. Der Befehl »Du musst Caligari werden!«,<br />
der stracks in die Schizophrenie führt und<br />
in den mörderischen Wahn, Herr über Leben und<br />
Tod zu sein, war im Sinne expressionistischer<br />
Theoretiker revolutionär, weil der Satz dem bürgerlichen<br />
Individuum befahl, sich aus den Fesseln<br />
seiner seitherigen Identität zu befreien, sich zu<br />
erneuern, sich konsequent und radikal auszuleben.<br />
Damit griff der Film nicht nur in kunsttheoretische<br />
Debatten ein, sondern verwendete auch<br />
expressionistische Pathosformeln, während er<br />
zugleich der tief greifenden Verunsicherung seiner<br />
Entstehungszeit filmisch neuen Ausdruck verlieh.<br />
Tucholsky beschrieb diese Phase treffend:<br />
»Denn es rumort in der Tiefe, und der Boden<br />
schwankt leise.« 13<br />
Das für den Caligari-Film erfundene<br />
Formenrepertoire wollte dessen Regisseur<br />
Robert Wiene weiter variieren, als<br />
er <strong>Expressionismus</strong> und Exotismus in<br />
dem Film Genuine (1920) zu verbinden<br />
suchte. Das Fremde, Andere, »Primitive«,<br />
Ursprüngliche, Archaische hatte die<br />
Avantgarde schon Jahre zuvor fasziniert<br />
und inspiriert. Sigmund Freuds Totem<br />
und Tabu. Einige Übereinstimmungen im<br />
Seelenleben der Wilden und der Neurotiker<br />
war 1912 / 13 erschienen, 1915 hatte<br />
der Kunsthistoriker Carl Einstein zur<br />
»Ne gerplastik« und an den the oretischen<br />
Grundlagen des Kubis mus gearbeitet.<br />
Derweil orientierte sich das Kino für die<br />
Darstellung des Exotischen noch immer<br />
eher an Bühne und Malerei des 19. Jahrhunderts.<br />
Der Maler, Grafiker und Bühnenbildner<br />
César Klein, Mitglied des<br />
Arbeitsrats für Kunst und der revolutionären<br />
Künstlervereinigung Novembergruppe,<br />
übernahm für Genuine nun die<br />
Aufgabe, ein expressionistisch-exotischerotisches<br />
Setting zu gestalten, in dem<br />
sich die Geschichte um das in Gefangenschaft<br />
gehaltene und auf Freiheit und Rache<br />
sinnende Sklavenmädchen Genuine,<br />
einen männermordenden Vamp, entfalten<br />
sollte. Kleins far bige Entwürfe der Innenräume<br />
(Abb. 5) korrespondieren mit<br />
seinen Inte rieurgestaltungen für Galerien<br />
und Kinos14 oder Theaterstücke, wie<br />
beispielsweise für die Inszenie rung Von<br />
morgens bis mitternachts am Lessingtheater<br />
Berlin 1921 (Abb. S. 181), wo er<br />
als Bühnenbildner tätig war. Die Film-<br />
bilder der Genuine-Ausstattung wiederum<br />
ver weisen in ihrer kompositorischen<br />
Dichte auf die als <strong>Gesamtkunstwerk</strong>e<br />
durchgestalteten Ateliers und Wohnräume<br />
der Maler des <strong>Expressionismus</strong><br />
wie Ernst Ludwig Kirchner oder Karl<br />
Schmidt-Rottluff. 15 Wo diese jedoch Ausdruck<br />
einer gewollten Verbindung von<br />
Leben und Werk, auch Mittel zur Selbststilisierung<br />
der Künstler waren, wie die<br />
teils eigens gefertigten Fotografien der<br />
Ateliers bezeugen (Abb. S. 71, 83 / 84,<br />
86, 88, 90–92), musste der narrative<br />
Film den Zusammenhang von Dekor<br />
und Handlung erst glaubhaft herstellen.<br />
Ge lang die Synthese von Geschichte,<br />
Dramaturgie, Ausstattung, Kostüm,<br />
Schauspiel, Bewegung, Licht, Maske,<br />
Kamera und Montage nicht, blieben wie<br />
im Fall von Genuine nur krude, witzige,<br />
schwülstige Momentaufnahmen sich auf<br />
einem Diwan räkelnder Exoten, optisch<br />
nahezu verschwindend im wild-expressiv<br />
gemalten Kulissenhintergrund unter<br />
überbordendem tropischen Gewächs.<br />
Die formalen und technischen Experimente<br />
des expressionistischen Films wurden<br />
zwar nur durch wenige Produzenten, Regisseure<br />
und Kameramänner vorangetrieben,<br />
beeinflussten aber die Entwicklung<br />
des Kinos der Weimarer Republik weitreichend.<br />
Robert Wiene hatte 1922 den<br />
Architekten und Bühnenausstatter Andrej<br />
Andrejew mit der Ausstattung seines Films<br />
Raskolnikow (Uraufführung 1923) betraut.<br />
Der setzte in der Dostojewski-Verfilmung<br />
erstmals den Grad der Raumdeformation<br />
in direkte Beziehung zum Grad der Erregung<br />
des Protagonisten (Abb. 6). Paul<br />
Leni, ein weiterer Grenzgänger zwischen<br />
Gebrauchsgrafik, Malerei und Film, sowie<br />
Kame ramann Helmar Lerski experimentierten<br />
im Episodenfilm Das Wachsfigurenkabinett<br />
(1923 / 24) mit ureigenen<br />
filmischen Mitteln wie Doppel- und Mehrfachbelichtungen<br />
zur Erzeugung und Darstellung<br />
albtraumhafter Bedrohung in einer<br />
Episode über den Frauenmörder Jack<br />
the Ripper (Abb. 8).<br />
Selbst der Maler und Schriftsteller Ludwig<br />
Meidner ließ sich auf eine einmalige Arbeit mit<br />
dem Film ein, wobei Die Straße (1923) nichts von<br />
seinen apokalyptischen Visionen der Großstadt<br />
der 1910er-Jahre widerspiegelte, die die Filmproduzenten<br />
bewogen haben dürften, ihn zu engagieren.<br />
16 Die Expression der Zerrissenheit und<br />
Bedrohung durch die Metropole verla gerte Regisseur<br />
Karl Grune auf die rein filmische Ebene<br />
von Kamera und Montage, in eine wirbelnde,<br />
sich drehende, Schwindel erzeugende Collage<br />
disparater großstädtischer Bilder (Abb. 9). Von<br />
dieser ergaben sich neue Verbindungen, jedoch<br />
eher zu einem John Heartfield, Man Ray oder<br />
László Moholy-Nagy als zu den expressionistischen<br />
Künstlern.<br />
Aber es ließ sich längst auch über expressionistisches<br />
Dekor lachen wie in Ernst Lubitschs<br />
Die Bergkatze von 1921. Für diesen Film schuf<br />
ihm der Bühnenbildner der Reinhardt-Bühnen,<br />
Ernst Stern, der für expressionistisches Dekor<br />
wie 1919 in der Inszenierung der Wupper von<br />
Else Lasker-Schüler bekannt war, die Bauten<br />
und Kostüme: eine Persiflage auf Militarismus<br />
und Größenwahn in deformierter Umgebung.<br />
Eine Groteske, ein Spaß. Der <strong>Expressionismus</strong><br />
als Spielerei?!<br />
All dies waren produktive Versuche, das Kino mit<br />
den anderen Künsten in Verbindung zu setzen,<br />
es neu zu definieren, es als expressionistisches<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong> zu erproben, es wahlweise<br />
modern oder modisch auszurichten. Die Lust<br />
am Experiment, an der Übertretung, am Neuland<br />
– nicht zu einem geringen Teil der Beitrag von<br />
mehrfach Begabten und Grenzgängern zwischen<br />
den Künsten –, ist selbst dort noch erfahrbar, wo<br />
das Experiment nicht gelingt. Aber in seinen besten<br />
Momenten hat das expressionistische Kino<br />
der frühen Weimarer Republik Maßstäbe gesetzt,<br />
hinter die die Kinematografie nicht mehr zurückfallen<br />
konnte.<br />
10_Dillmann_V2.indd 282 08.10.2010 13:06:49 Uhr
6<br />
Raskolnikow, 1922 / 23, Regie: Robert Wiene, ausbelichtetes<br />
Filmbild, EYE Film Instituut Nederland, Amsterdam<br />
Unbekannt, Betrachtungsglas, 1920er-Jahre,<br />
Aluminium und Glas, Filmmuseum Romboy, Wesseling<br />
10_Dillmann_V2.indd 283 08.10.2010 13:06:50 Uhr<br />
7<br />
283
1 Brief von Bruno Taut an die Gläserne Kette,<br />
Berlin, 8. 7. 1920, abgedr. in: Iain Boyd Whyte<br />
und Romana Schneider (Hrsg.), Die Briefe der<br />
Gläsernen Kette, Berlin 1986, S. 112.<br />
2 Carl Vollmoeller, »Zur Entwicklungsgeschichte<br />
des großen Hauses«, in: Das Große Schauspielhaus.<br />
Zur Eröffnung des Hauses herausgegeben<br />
vom Deutschen The ater zu Berlin, Berlin 1920,<br />
S. 21, zit. nach: Leonhard M. Fiedler, »Realer<br />
und virtueller Raum. Hans Poelzig und das<br />
The ater«, in: Hans Poelzig. Bauten für den<br />
Film, hrsg. von Hilmar Hoffmann und Walter<br />
Schobert, Ausst.-Kat. Deutsches Filmmuseum<br />
(Kinematograph, 12), Frankfurt a. M. 1997, S. 93.<br />
3 Vgl. Claudia Dillmann, »Wirklichkeit im Spiel.<br />
Film und Filmarchitektur«, in: Hans Poelzig 1869<br />
bis 1936. Architekt, Lehrer, Künstler, hrsg. von<br />
Wolfgang Pehnt und Matthias Schirren, Ausst.-<br />
Kat. Akademie der Künste, Berlin; Deutsches<br />
Architekturmuseum, Frankfurt a. M.; München<br />
2007, S. 144–159.<br />
4 Rudolf Kurtz, <strong>Expressionismus</strong> und Film, Berlin<br />
1926, S. 83; zit nach: Uli Jung, »Ein gotischer<br />
Traum. Hans Poelzig als Film architekt«, in:<br />
Der Golem wie er in die Welt kam. Paul Wegener<br />
(Sequenz. Jahrbuch für Filmdidaktik, 7, hrsg.<br />
vom Goethe-Institut Nancy), Remscheid 1994,<br />
S. 266.<br />
5 Brief von Bruno Taut an die Gläserne Kette,<br />
Berlin, 2. 9. 1920, abgedr. in: Whyte / Schneider<br />
1986 (wie Anm. 1), S. 164.<br />
6 Vgl. Bruno Taut, »Künstlerisches Film programm«,<br />
in: Das hohe Ufer, 2, 1920.<br />
7 Postkarte von Bruno Taut an Walter Reimann,<br />
gelaufen am 5. 7. 1920, Nachlass Reimann im<br />
Deutschen Filminstitut, Frankfurt a. M.; Abb.<br />
in: Walter Reimann. Maler und Filmarchitekt,<br />
hrsg. von Hans-Peter Reichmann, Ausst.-Kat.<br />
Deutsches Filmmuseum (Kinematograph, 12),<br />
Frankfurt a. M. 1997, S. 195.<br />
8 Carlo Mierendorff, Hätte ich das Kino!, Berlin<br />
1920, S. 29.<br />
9 Heinrich de Fries, »Raumgestaltung im Film«,<br />
in: Wasmuths Monatshefte für Baukunst, 5, 3 / 4,<br />
1920 / 21, S. 63–82, hier S. 63.<br />
10 Ebd.<br />
11 Vgl. ebd.<br />
12 Kurt Tucholsky, »Dämmerung«, in: Die Weltbühne,<br />
11. 3. 1920, S. 332–335, hier S. 332.<br />
13 Ebd.<br />
14 César Klein zeichnete für die Ausgestaltung der<br />
Innenräume des Premierenkinos Marmor haus<br />
oder der renommierten Galerie Gurlitt in Berlin<br />
verantwortlich.<br />
15 Vgl. auch den Beitrag von Leonie Beiersdorf in<br />
diesem Band (S. 68–77).<br />
16 Vgl. Reinhard Kleber und Angelika Schmid,<br />
»Ludwig Meidner und der Film – eine Spu rensuche«,<br />
in: Gerda Breuer und Ines Wagemann,<br />
Ludwig Meidner. Zeichner, Maler, Literat. 1884–<br />
1966, Bd. 1, Ausst.-Kat. Institut <strong>Mathildenhöhe</strong><br />
Darmstadt, Stuttgart 1991, S. 118–127.<br />
284<br />
10_Dillmann_V2.indd 284 08.10.2010 13:06:50 Uhr
Die Straße, 1923, Regie: Karl Grune, ausbelichtetes Filmbild,<br />
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
9<br />
8<br />
Das Wachsfigurenkabinett, 1923 / 24, Regie: Leo Birinski und<br />
Paul Leni, ausbelichtetes Filmbild, Cineteca di Bologna<br />
10_Dillmann_V2.indd 285 08.10.2010 13:06:50 Uhr<br />
285
Raskolnikow, 1922 / 23 (Detail, s. S. 293), Regie: Robert Wiene,<br />
ausbelichtetes Filmbild, EYE Film Instituut Nederland, Amsterdam<br />
10_Dillmann_V2.indd 286 08.10.2010 13:06:51 Uhr
10_Dillmann_V2.indd 287 08.10.2010 13:06:51 Uhr
Ivan Goll, Das Kinodram, 1920, Erstveröffentlichung:<br />
Die Neue Schaubühne, Jg. 2, H. 6, Juni 1920<br />
288<br />
Seit Lustren hetzt eine neue Geschwindigkeit<br />
unseren Planeten dreifach und zehnfach schneller<br />
um sich selbst. Der Stern hat einen Chock<br />
bekommen. Wir stehn in einem neuen Zeitalter,<br />
dem der Bewegung.<br />
Dies alles ist der Technik zu verdanken.<br />
Ihr zuliebe hat das Antlitz des ganzen Globus<br />
sich verändert. Aus kleinen Städten schwoll die<br />
Blase riesiger Bahnhöfe, New-York mit seinen<br />
Wolkenkratzern ein Lichtgebirge, in fruchtbaren<br />
Ebenen weite weiße Flughallen.<br />
Umstülpung des Kalenders, der Zeitrechnung,<br />
der zwölfzahligen Uhr. Immer mehr hetzt<br />
Nacht den Tag, die Stunde wird zum Tag, und<br />
auch die Minute. Bewegung, nur Bewegung.<br />
Geschäft jagt Geschäft. Erlebnis Erlebnis. Bild<br />
jagt Bild. Und wie plötzlich zum historischen<br />
Monument eine Windmühle, ein veraltetes Postgebäude,<br />
vielleicht bald eine Kaserne werden:<br />
so auch die geistigen Dinge. –<br />
Ein neues Element, wie Radium, Ozon<br />
wirkt auf die gesamte Kunst: D i e B e w e -<br />
g u n g . Alle Gattungen: Dichtung, Malerei,<br />
Plastik, Tanz erfahren es, erleiden es. In allen<br />
steht das Handwerk einen Augenblick tot und<br />
stumm. So geht’s nicht weiter.<br />
Die Umwälzung war seit langem gespürt:<br />
Futurismus, Simultanismus. Picasso in der<br />
Male rei. Stramm in der Lyrik. Ahnungen.<br />
Aber es ist mehr geschehen. Die statischen<br />
Gesetze sind umgestoßen. Der Raum, die Zeit<br />
ist überrumpelt. Die höchsten Forderungen der<br />
Kunst: die Synthese und das Spiel der<br />
G e g e n s ä t z e , werden durch die Technik<br />
erst ermöglicht und erleichtert.<br />
Wir haben den Film.<br />
Das heißt, wir haben (in Europa wenigsten)<br />
noch keinen Film, sondern erst Filmfabriken,<br />
eine Filmindustrie und Filmschieber. Die<br />
sich aus echten Börsianern und falschen Schriftstellern<br />
rekrutieren.<br />
Dennoch: Basis für alle neue kommende<br />
Kunst ist das Kino. Niemand wird mehr ohne<br />
die neue Bewegung auskommen, denn wir notieren<br />
alle in einer anderen Geschwindigkeit als<br />
bisher.<br />
Das Unerwartete wird entdeckt, realisiert.<br />
Das Ei des Kolumbus: ein Gemälde wird durch<br />
Film gemalt. Das Bild wird aus der Grenze des<br />
Rahmen-Raums befreit, und atmet zeitlich:<br />
durch die schnelle Aufeinanderfolge verschiedener<br />
wachsender und absteigender Gegensätze<br />
mittels Film erzeugt. An dieser Erfindung arbeitet<br />
seit Jahren der schwedische Maler Viking<br />
Eggeling. Morgen gibt es eine K i n o m a l e r e i .<br />
Und wie viel näher, wieviel einfacher liegt<br />
das Problem des neuen B e w e g u n g s d r a -<br />
m a s . Ein Drama aus der Bewegung herausgeboren,<br />
die doch sein wesentlicher sinnlicher<br />
Inhalt, sein Blut sein muss! Was bedeutet Dramatik<br />
anders als intensive innere geäußerte Bewegung.<br />
Schon vertreibt und ersetzt das Lichtbildpalace<br />
das Staatstheater. Aber das Theater kann<br />
sich am Kino rächen, indem es diesen auffrisst,<br />
das heißt, ihn sich zu eigen macht.<br />
Mit vollem Recht wird heute in Europa<br />
Kino von edlen Geistern gehaßt, weil es weder<br />
in Deutschland noch in Frankreich, noch in<br />
Italien eine einzige Filmfirma gibt, die Kunst<br />
treibt statt Industrie. Darum zwei getrennte<br />
Lager. Anders in Amerika. Dort ist der Film<br />
verstanden von Filmspieler und Publikum als<br />
ein Zeichen unserer Rapidität, ist schon wesentlicher<br />
Bestandteil des amerikanischen Lebens.<br />
Die dortigen Filmautoren verarbeiten nämlich<br />
nicht alte verbrauchte Kulissen des Daseins,<br />
Sardoustücke und Hauptmannromane,<br />
sondern erzeugen, schaffen aus Urstoff des Film -<br />
elementes: aus der »Bewegung«, die auch das<br />
moderne Alltagsleben charakterisiert, ihre, unsere<br />
Kunst. Auch dort ist noch Anfang. Dem<br />
Europäer zunächst unverständlich ist die rasende<br />
Anhäufung ganz unzusammenhängender<br />
Situationen, die unlogische Handlung, denn:<br />
nicht die Handlung, sondern die Bewegung ist<br />
die Basis. Akrobatik verzerrt das Natürliche.<br />
Der Raum ist unbegrenzt, unbegrenzter als für<br />
die einstigen Götter der Olympe und Elysien.<br />
Aller Traum im Film realisierbar. Welch herrliche<br />
Sache für den Dichter.<br />
Welche unerhörten Möglichkeiten für den<br />
Dramatiker! Dahin ist die Fabel des einheitlichen<br />
Raums, der fünf Akte und alles Kulissenrequisits.<br />
Übertrumpft die Drehbühne, die dem<br />
modernen Drama gar nichts genutzt hat. Wo ist<br />
die Zeit, da ein atemloser Läufer auf den Zinnen<br />
des Schlosses eine Schlacht »dramatisch« erzähl-<br />
te! Dies alles ersetzt der Film. Die Gegenwart<br />
und die Vergangenheit und die Zukunft gehen<br />
im selben Augenblick über das Bewußtsein der<br />
Bühne. Synthese.<br />
Der Film i s t dramatisch, ist nichts als<br />
das. Episch ist die Photographie. Dramatisch<br />
die Bewegung.<br />
Auch das »metaphysische Wort« wird nicht<br />
fehlen. Vertrauen wir auf den kommenden Erfinder,<br />
der uns das »redende Kino« schenkt. Inzwischen<br />
hat aber der Dichter genug zu tun, das<br />
Szenario zu schreiben und in Grammophone zu<br />
diktieren.<br />
Seine Aufstellung von Filmsituationen wird<br />
bewegte Dichtung sein. Seine Menschen, leibhaftig<br />
auf der Bühne, sprechen wie wir alle.<br />
Hinter ihnen flitzt das »dämonische« Leben, sei<br />
es zur Illustrierung eines erzählten Geschehnisses,<br />
sei es als bloßer dekorativer Selbstzweck,<br />
über die Leinwand-Kulisse. Gleichzeitig empfiehlt<br />
der Dichter dem Orchester bewegten<br />
Rhythmus. Landschaften von ungeheurer Explosivkraft<br />
werden projiziert.<br />
So werden im K i n o d r a m alle Künste<br />
mitwirken: es wird nicht nur Dichtung sein,<br />
sondern Malerei, Plastik, Tanz.<br />
Hierzu tritt seine soziale Bedeutung. Das<br />
neue Kunstwerk wird nicht für ein Land geschaffen,<br />
für eine Elite einer Stadt gespielt, sondern<br />
gehört der ganzen Welt und auch dem Volk<br />
der Vorortkinos. Die Künstler aller Gattungen,<br />
statt sich in ihren Dachkammern »individualistisch«<br />
zu zergrämen, werden berufen sein, an<br />
große, allgemeinen, wertvollen Kunstwerken<br />
zu arbeiten. Ihr Leben wird gesichert sein. Und<br />
eine neue tätige Kunst der Vielen wird möglich<br />
werden. Wie es die große Kunst aller Jahrhunderte<br />
war: der Kathedralener bauer des Mittelalters<br />
und der Tempelkünstler der Asiaten.<br />
10_Dillmann_V2.indd 288 08.10.2010 13:06:51 Uhr
Das Kinodram<br />
César Klein, Genuine, Szenenbildentwurf, 1920, Regie: Robert Wiene, Aquarell,<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität zu Köln, unten: Genuine, 1920,<br />
Regie: Robert Wiene, ausbelichtetes Filmbild, Bundesarchiv-Filmarchiv, Berlin<br />
10_Dillmann_V2.indd 289 08.10.2010 13:06:52 Uhr<br />
289
Josef Fenneker, Plakat zum Film Genuine, 1920, Regie: Robert Wiene, Lithografie,<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
290<br />
10_Dillmann_V2.indd 290 08.10.2010 13:06:52 Uhr
Genuine, 1920, Regie: Robert Wiene, Standfotografie, Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt a. M.<br />
10_Dillmann_V2.indd 291 08.10.2010 13:06:52 Uhr<br />
291
Käthe Kollwitz, Kopf der Mutter zu Kindersterben, 1925, Tusche, E. W. K., Bern,<br />
unten: Ernst Barlach, Engelskopf. Kopf des Güstrower Ehrenmals, 1927, Bronze,<br />
Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen am Rhein<br />
292<br />
10_Dillmann_V2.indd 292 08.10.2010 13:06:53 Uhr
Raskolnikow, 1922 / 23, Regie: Robert Wiene, ausbelichtetes<br />
Filmbild, EYE Film Instituut Nederland, Amsterdam<br />
10_Dillmann_V2.indd 293 08.10.2010 13:06:53 Uhr<br />
293
Der Golem, wie er in die Welt kam, 1920, Regie: Paul Wegener,<br />
ausbelichtete Filmbilder, Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
294<br />
10_Dillmann_V2.indd 294 08.10.2010 13:06:54 Uhr
Der Golem, wie er in die Welt kam, 1920, Regie: Paul Wegener,<br />
ausbelichtetes Filmbild, Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt a. M.<br />
10_Dillmann_V2.indd 295 08.10.2010 13:06:54 Uhr<br />
295
Ernst Ludwig Kirchner, Dorfstraße. Priessnitz, 1910,<br />
Holzschnitt, Hessisches Landesmuseum Darmstadt<br />
296<br />
10_Dillmann_V2.indd 296 08.10.2010 13:06:55 Uhr
Ernst Ludwig Kirchner, Mädchen, auf der Treppe leuchtend,<br />
1904, Linolschnitt, Hessisches Landesmuseum Darmstadt<br />
10_Dillmann_V2.indd 297 08.10.2010 13:06:55 Uhr<br />
297
Raskolnikow, 1922 / 23, Regie: Robert Wiene, ausbelichtete<br />
Filmbilder, EYE Film Instituut Nederland, Amsterdam<br />
298<br />
10_Dillmann_V2.indd 298 08.10.2010 13:06:56 Uhr
Max Burchartz, Raskolnikoff, Titelblatt auf Mappenvorderdeckel,<br />
1919, Lithografie, LETTER Stiftung, Köln<br />
10_Dillmann_V2.indd 299 08.10.2010 13:06:56 Uhr<br />
299
Max Burchartz, Raskolnikoff, Blatt 4 von 10,<br />
1919, Lithografie, LETTER Stiftung, Köln<br />
300<br />
10_Dillmann_V2.indd 300 08.10.2010 13:06:57 Uhr
Andrej Andrejew, Raskolnikow, Szenenbildentwurf, 1923,<br />
Regie: Robert Wiene, Bleistift und Tusche, unten: Raskolnikow,<br />
Szenenbildentwurf, 1921 / 22, Regie: Robert Wiene, Bleistift<br />
und Tusche auf Karton, Cinémathèque française, Paris<br />
10_Dillmann_V2.indd 301 08.10.2010 13:06:58 Uhr<br />
301
302<br />
Andrej Andrejew, Raskolnikow, Szenenbildentwurf, 1923,<br />
Regie: Robert Wiene, Tusche, Cinémathèque française, Paris<br />
10_Dillmann_V2.indd 302 08.10.2010 13:06:58 Uhr
10_Dillmann_V2.indd 303 08.10.2010 13:06:58 Uhr<br />
303
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Uli Jung<br />
11_Jung_V2.indd 305 09.10.2010 14:26:40 Uhr
Für Walter Schatzberg,<br />
zum 80sten<br />
Ein kleiner Korpus von Filmen, gerade<br />
ein mal ein halbes Dutzend, entstanden<br />
zwischen 1919 und 1924, von denen nur einer<br />
– Das Cabinet des Dr. Caligari – beim<br />
deutschen wie internationalen Publikum<br />
wirklich erfolgreich war, während ein anderer<br />
– Von morgens bis mitternachts –<br />
nach Fertigstellung und Zensurzulassung<br />
gar nicht erst in die deutschen Kinos kam:<br />
Kann man da wirklich vom expressionistischen<br />
Film als paradigmatisch für das<br />
Weimarer Kino sprechen?<br />
Im Folgenden soll versucht werden, einige Ansätze<br />
der Rezeptionsgeschichte und der Forschung<br />
für die Beantwortung der Frage nutzbar zu machen,<br />
warum dieser kleine Filmkorpus so sehr<br />
den Nerv der Zeit getroffen haben mag, dass er<br />
als stilbildend für eine ganze Epoche angesehen<br />
werden konnte. 1 Robert Wienes Das Cabinet des<br />
Dr. Caligari (1919 / 20) soll in diesem Zusammenhang<br />
als beispielhaft für den gesamten Korpus<br />
analysiert werden. Dafür scheint es angebracht,<br />
Caligari separat unter den Aspekten der Filmindustrie,<br />
der praktischen Produktion und des<br />
Publikums zu durchleuchten.<br />
Industrie<br />
Während des Ersten Weltkriegs hatte die deutsche<br />
Filmindustrie den heimischen Markt für<br />
sich gewonnen und als Folge zahlreicher Firmen<br />
neugründungen eine nie gekannte Überpro<br />
duk tion an Filmen geschaffen. Es mussten<br />
Strate gien her, die geeignet waren, einzelne<br />
Filmpro duk tionen für das Publikum unterscheidbar<br />
zu machen. Hierzu gehörte sowohl die Produkt<br />
differenzierung als auch die Produktnobilitierung,<br />
in der Hoffnung, ein neues, bildungsbürgerliches<br />
Zielpublikum anzusprechen. Vor<br />
dem Weltkrieg hatte die Industrie schon einmal<br />
systematische Versuche unternommen, kulturell<br />
ansprechende Filme zu produzieren. Durch<br />
die Verpflichtung namhafter Literaten als Drehbuchautoren<br />
und bekannter Theaterschauspieler<br />
sollte die kulturelle Lücke zwischen Theaterbühne<br />
und Filmleinwand geschlossen werden.<br />
Der sogenannte »Auto renfilm« bezog sich stofflich<br />
entweder auf zeitgenössische Theater und<br />
Bühnenliteratur (etwa Paul Lindaus Der Andere,<br />
1913 von Max Mack mit Albert Bassermann in<br />
der Haupt rolle verfilmt) oder allgemeiner auf<br />
die Traditionen der deutschen Schauerromantik,<br />
wie etwa Stellan Ryes Der Student von<br />
Prag (ebenfalls 1913), mit Paul Wegener in der<br />
Titelrolle.<br />
Exakt die gleiche Strategie verfolgte<br />
auch ein großes Segment der deutschen<br />
Nachkriegsfilmproduktion. Während jedoch<br />
die konventionellen Gesellschaftsmelodramen<br />
fast ausschließlich Bilder<br />
gehobener Sozialschichten transportierten<br />
und einem vorwiegend kleinbür gerlichen<br />
Publikum zur Identifikation an <br />
boten, lag es nahe, dass die stärker literarischen<br />
Traditionen sich auch in der<br />
visuellen Stilisierung mit künstlerisch<br />
anerkannten Modellen verbinden sollten.<br />
306 Der deutsche <strong>Expressionismus</strong>, sowohl<br />
in der Malerei als auch auf der Theaterbühne<br />
eine viel diskutierte Avantgarde<br />
Richtung, schien in diesem Zusammenhang<br />
geeignet, kulturbürgerliche Bil<br />
dungsschichten anzusprechen, die dem<br />
Kino bis dato eher reserviert gegenübergestanden<br />
hatten. Das modernste<br />
Mas senkommunikationsmedium – so die<br />
Hoffnung – konnte auf diese Weise eine<br />
Brücke zu der modernsten Kunstströmung<br />
schlagen und die kulturelle Wertschätzung<br />
der Letzteren auf sich ziehen.<br />
<strong>Expressionismus</strong> war in diesem Kontext<br />
eher im Sinne eines werbetechnischen<br />
Vereinzelungsarguments zu verstehen,<br />
das die Produktdifferenzierung für den<br />
prospektiven Zuschauer erleichterte.<br />
Dass es der Industrie in diesem Zusammenhang<br />
nicht unbedingt um die Etablierung eines<br />
neuen Genres zu tun war, sondern in der Tat<br />
nur um die Nobilitierung ihres Produkts, lässt<br />
sich zum Beispiel daran ablesen, dass 1923 die<br />
neu gegründete NeumannFilmproduktion, die,<br />
nebenbei bemerkt, das napoleonische »N« zu<br />
ihrem Firmenlogo machte, den Einstieg in die<br />
ambitionierte Filmproduktion mit zwei Filmen<br />
begann, die auf höchst unter schiedliche Weise<br />
auf ihre Einzigartigkeit auf merksam machten:<br />
Für Raskolnikow (1923) wurde mit Robert<br />
Wiene nicht nur der Regisseur des Caligari<br />
engagiert, sondern mit dem Architekten Andrej<br />
Andrejew auch ein SetDesigner, der sich<br />
ab 1917 als Ausstatter bei Max Reinhardt einen<br />
Namen gemacht hatte, und der den Film<br />
expres sionistisch ausstattete. Darüber hinaus<br />
verpflichtete die NeumannProduktion das<br />
Ensemble des renommierten Moskauer Künstlertheaters,<br />
das sich gerade auf Gastspiel in<br />
Berlin aufhielt und dessen Darstellungsstil in<br />
der Filmwerbung als dem DostojewskiStoff<br />
besonders angemessen angepriesen wurde.<br />
Noch im selben Jahr brachte die NeumannProduktion<br />
mit I. N. R. I. (1923) ihren zweiten Großfilm<br />
auf den Markt. Das Nobilitierungsargument<br />
war dieses Mal die Grandiosität der Filmsets, die<br />
in dem ehemaligen Luftschiffhangar in Staaken,<br />
einem westlichen Stadtteil Berlins, in überwältigender<br />
Größe aufgebaut werden konnten. Dies<br />
und die beeindruckenden Massenszenen sowie<br />
der biblische Stoff, der obendrein zu Weihnachten<br />
1923 in die Kinos gebracht wurde, sorgte für<br />
eine lebhafte Berichterstattung in der Fachpresse<br />
und den Tageszeitungen. So gesehen war die expressionistische<br />
Stilisierung Caligaris eine von<br />
mehreren Strategien, um Filme als Kunstwert an<br />
den Mann zu bringen.<br />
Filmproduktion<br />
Leider sind nur wenige fundierte Beschreibungen<br />
der Produktionshintergründe Caligaris<br />
erhalten, allesamt Rückerinnerungen<br />
von Beteiligten, Jahrzehnte nach den Geschehnissen.<br />
Hermann Warm, Hausarchitekt<br />
der DeclaFilmgesellschaft, erzählt,<br />
dass ihm der Auftrag zur Dekoration dieses<br />
Projekts von Rudolf Meinert übertragen<br />
worden sei. Er habe sofort erkannt, »daß<br />
man hier in Formgebung und Gestaltung der<br />
Dekorationen ganz von der sonst üblichen<br />
naturalistischen Art abweichen mußte«. 2<br />
Zusammen mit seinen Freunden Walter<br />
Reimann und Walter Röhrig habe er Vorstellungen<br />
entwickelt, bei denen sich Reimann<br />
mit seiner Ansicht durchgesetzt habe,<br />
»daß dieses Thema eine expressionistische<br />
Ausdrucksform für Dekor, Kostüm, Schauspieler<br />
und Regie haben müsse«. 3<br />
Reimann fertigte Entwurfsskizzen an, von<br />
denen einige überliefert sind. 4 Regisseur<br />
Robert Wiene habe sich sofort für die<br />
»Durchführung dieses Stils« ausgesprochen,<br />
während die beiden Autoren, Carl<br />
Mayer und Hans Janowitz, »diese Art<br />
der Formgebung [...] nicht sanktioniert« 5<br />
hätten. Entsprechend hätten sie »sich nie<br />
während der Vorbereitungen oder der<br />
Dreharbeiten im Atelier gezeigt oder an<br />
Besprechungen teilgenommen«. 6 Demgegenüber<br />
hätten die Maler als Kollektiv<br />
gearbeitet, das sich die Urheberschaft der<br />
Dekors teilte.<br />
Hans Janowitz, einer der beiden Drehbuchautoren,<br />
hat in den 1940erJahren<br />
das Manuskript Caligari. The Story of a<br />
Famous Story verfasst, das zur Haupt<br />
quelle für Siegfried Kracauers politische<br />
Interpretation geworden ist, und<br />
das Janowitz offensichtlich in den<br />
1950erJahren noch einmal überarbeitet<br />
hat. 7 Darin erklärt er, die beiden<br />
Autoren hätten für die Dekorationsentwürfe<br />
Alfred Kubin vorgeschlagen. Nur<br />
durch ein Missverständnis habe die<br />
Produk tionsfirma sich für eine expressionistische<br />
Gestaltung entschieden.<br />
Eine Handlung, die von den Autoren als Kritik<br />
an der staatlichen Autorität verstanden<br />
sein wollte, die einen Weltkrieg vom Zaun<br />
gebrochen und junge Menschen in den Tod<br />
geschickt habe, sei durch die Hinzufügung<br />
einer Rahmenhandlung in ihr Gegenteil verkehrt<br />
und zum Hirngespinst eines Wahnsinnigen<br />
umgedeutet worden. Janowitz macht vor<br />
allem Regisseur Wiene dafür verantwortlich:<br />
»Dr. Wiene, ein Mann Anfang der Fünfziger,<br />
aus einer älteren Generation also als der unseren,<br />
scheute davor zurück, sich auf diese<br />
neuartige expressionistische Kunstform einzulassen.«<br />
8 Die beiden Autoren hätten vehement<br />
gegen die Einführung der Rahmenhandlung<br />
protestiert; nur Julius Sternberg<br />
habe sie von einer Klage abhalten können.<br />
Es ist also nicht die formale Gestaltung des Films<br />
in expressionistischer Manier, die Janowitz’ Ärger<br />
provozierte, obwohl Mayer und er doch andere<br />
Pläne verfolgt haben wollen, sondern eine Verkehrung<br />
angeblicher Autorenintentionen. Das<br />
Pre mierenpublikum sei allerdings von dem Film,<br />
so wie er gedreht und gezeigt worden war, gepackt<br />
worden; es seien gar einige Frauen während<br />
der Vorführung ohnmächtig geworden. Die<br />
Decouvrierung Caligaris als wahnsinniger Direktor<br />
eines Irrenhauses sei daher vom Publikum<br />
erleichtert aufgenommen worden: »Dies bedeutete<br />
den Höhepunkt unserer hochdramatischen<br />
Geschichte. Doch Dr. Wienes Rahmenhandlung<br />
stellte noch eine weitere Klimax dar, durch die<br />
Erläuterung, die gesamte Tragödie des Dr. Caligari<br />
sei gar nicht real, sondern lediglich Ausgeburt<br />
der Fantasie eines Geistesgestörten! Dieser<br />
dramaturgische Kniff, so gefahrvoll er auch war,<br />
konnte allerdings die Faszination und Spannung<br />
nicht beeinträchtigen, die die von uns erfun dene<br />
11_Jung_V2.indd 306 09.10.2010 14:26:40 Uhr
1<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari, 1919 / 20,<br />
Regie: Robert Wiene, ausbelichtete Filmbilder,<br />
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
11_Jung_V2.indd 307 09.10.2010 14:26:41 Uhr<br />
307
2<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari, 1919 / 20,<br />
Regie: Robert Wiene, ausbelichtete Filmbilder,<br />
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
308<br />
11_Jung_V2.indd 308 09.10.2010 14:26:41 Uhr
Geschichte beim Publikum bewirkt hatte: die<br />
Tragödie eines Psychiaters, der über den Missbrauch<br />
seiner mentalen Kräfte selbst wahnsinnig<br />
geworden war […].« 9<br />
Janowitz hält an seiner ursprünglichen Darstellung<br />
fest: »Natürlich war es im Kern<br />
auch die Tragödie eines Psychiaters, der<br />
seinen Verstand verloren hatte, die packende<br />
Geschichte eines Mannes, den eine ›fixe<br />
Idee‹ gezwungen hatte, ›Caligari zu werden‹,<br />
um herauszufinden, ob es möglich<br />
sei, einem hypnotisierten Medium einen<br />
Mord zu befehlen; die fesselnde Darstellung<br />
dieser Morde; das expressionistisch<br />
gemalte Bühnenbild, und, natürlich ebenso,<br />
die Schauspielkunst eines Werner Krauss,<br />
Conrad Veidt oder [Hans Heinrich von]<br />
Twardowski; all dies trug zu jener spannenden,<br />
krassen, auffällig makabren Atmosphäre<br />
bei, die das Publi kum mitriss.« 10<br />
Während also für Janowitz die stilistische Gestaltung<br />
des Films offenkundig sekundär ist,<br />
besteht für Hermann Warm eben in der expressionistischen<br />
Stilisierung des Caligari die<br />
eigentliche Qualität des Films: »In diesem einzigen<br />
(besonderen) Fall will ich gelten lassen,<br />
daß die Dekors zum Hauptausdrucksmittel<br />
wurden.« 11 Inwiefern jedoch Das Cabinet des<br />
Dr. Caligari als radikale stilistische Innovation<br />
gesehen werden muss, ist fraglich angesichts<br />
des Umstands, dass der <strong>Expressionismus</strong> als<br />
Kunststil nach dem Ersten Weltkrieg eine erneute,<br />
diesmal über die Kreise der avantgardistischen<br />
Kunstliebhaber wirksam werdende<br />
Beachtung fand. Neben dem genuinen »Nachkriegsexpressionismus«<br />
entwickelte sich zeitgleich<br />
eine eher kunstgewerbliche Form, die<br />
sowohl auf der Theaterbühne als auch in der<br />
Werbung und in Zeitschriften Einzug hielt.<br />
Vor allem letztere Ausprägungen deuten<br />
darauf hin, dass nur eine wenig übersteigerte,<br />
bürgerlich akzeptable Formulierung<br />
des <strong>Expressionismus</strong> eine reelle Chance<br />
auf kommerziellen Erfolg in sich trug. Dies<br />
mag erklären helfen, warum Karlheinz<br />
Martins von Robert Neppach ausgestattete<br />
GeorgKaiserVerfilmung Von morgens<br />
bis mitternachts, im selben Jahr wie Caligari<br />
entstanden, gar nicht erst den Weg<br />
ins Kino fand. Dieser Film habe Caligari<br />
»an Schärfe und Radikalität noch übertroffen«,<br />
12 schrieb Walter Kaul 1970. Das<br />
Ergebnis war der produzierenden Ilag<br />
Filmgesellschaft offenbar zu radikal, um<br />
marktgängig zu sein.<br />
1925, als die expressionistische »Mode« – für<br />
ihn natürlich noch nicht erkennbar – bereits zu<br />
Ende gekommen war, blickte Walter Reimann zurück:<br />
»Dieser Film war ein Anfang, ein Versuch,<br />
neue Wege für den Film zu finden. Wodurch es<br />
aber kam, daß dieser Weg bis heute noch nicht<br />
weiter beschritten wird, ja, daß er sogar in Vergessenheit<br />
gerät und zu versanden droht, das<br />
liegt daran, dass die Prominenten des deutschen<br />
Filmfachs, die tonangebenden Leiter der Produktion<br />
diesen Film von Anfang an mißverstanden<br />
haben und auch heute noch nicht Ursache<br />
und Absicht desselben verstehen. Man ist heute<br />
noch allgemein der Ansicht, daß die dem Film<br />
eigentüm liche Auffassungsform lediglich des Irrsinnsmotivs<br />
wegen gewählt wurde: dadurch ist<br />
der Verdacht entstanden, diese Formgebung –<br />
landläufig expressionistisch genannt – sei die<br />
paten tierte Auffassung des Irrsinns und deswegen<br />
zu anderen Zwecken nicht verwendbar.« 13<br />
Im zweiten Teil seiner Reflexionen fährt<br />
Reimann fort: »Der eigentliche Wert des<br />
›Caligari‹Films, und der Grund, weswegen<br />
er immer wieder als eine der bedeutendsten<br />
Schöpfungen der Filmproduk tion<br />
anerkannt wird, liegen meiner Meinung<br />
nach weniger in seiner ›expressionistischen‹<br />
Auffassung [...], die ihn allerdings<br />
als ModeAngelegenheit zur ›Sensation‹<br />
stempelten: sondern vielmehr darin, daß<br />
hier zum erstenmal ein konsequenter und<br />
rein filmischer Auffassungswille herrschte,<br />
der alles, Gedanken, Bild und Bewegung,<br />
die Sprache der toten Form mit der Sprache<br />
der lebenden Form und der Sprache<br />
des Lichts zu einem dramatischen Ganzen<br />
verschmelzen wollte.« 14<br />
Publikum<br />
Was aber hat das Publikum 1920 beim Anschauen<br />
des Caligari gesehen? Ein Blick auf<br />
die Primärrezeption soll erste Anhaltspunkte<br />
liefern.<br />
Schon durch eine breit angelegte Werbekampagne<br />
auf Plakaten wie in der Fachpresse (»Alle<br />
Welt fragt sich, was bedeutet: Du mußt Cali gari<br />
werden« 15 ) und zuvor bereits gelegentlich als<br />
»3. Film der DeclaWeltklasse« 16 angekündigt,<br />
konnte Das Cabinet des Dr. Caligari noch vor seiner<br />
Premiere mit der Aufmerksamkeit des Publikums<br />
rechnen. Das Publikum wurde allerdings<br />
auch konkreter informiert: In einem Leit artikel<br />
beschäftigte sich der FilmKurier schon Anfang<br />
Januar 1920 mit dem »<strong>Expressionismus</strong> im Film«.<br />
Nach einigen grundsätzlichen Reflexionen über<br />
die Verwandtschafts bzw. Abgrenzungs be ziehungen<br />
zwischen Film und Malerei beziehungsweise<br />
Theater kommt der Autor, der offenbar<br />
Zugang zu den Dreharbeiten gehabt hat, auf<br />
Cali gari zu sprechen:<br />
»Bevor man einen Blick in diese neue Welt getan<br />
hat, ist man skeptisch. Man kann sich die<br />
schiefen Linien, die Dreieck und Viereckfiguren<br />
der modernen Malerei nicht plastisch im Raume<br />
vorstellen, vermutet eine Verdoppelung des Unwahrscheinlichen.<br />
Besonders befremdend in der<br />
Realität der Filmphotographie. [...] In diese phantasiegeborene,<br />
unwirkliche Umwelt mußten nun<br />
die handelnden Personen des Dramas gestellt,<br />
mußten diesem neuartigen Milieu erst angepaßt<br />
und in ihm lebendig werden. Dabei war eine gefährliche<br />
Klippe zu umsegeln. Denn die Dekorationen<br />
hätten sonst leicht den Eindruck erwecken<br />
können, als wolle man dadurch die Wahnsinnsideen<br />
deutlich machen. Aber dieses Problem ist<br />
mit künstlerischem Geschmack glücklich gelöst,<br />
indem auch die tatsächliche Rahmengeschichte<br />
in ständiger Beziehung zu der szenischen Gestaltung<br />
bleibt.« 17<br />
Auch andere Fachzeitschriften und Zeitungen<br />
wiesen danach auf Caligari als zu erwartendes<br />
künstlerisches Experiment hin und warteten dabei<br />
bereits mit Beschreibungen der Dekorationen<br />
auf: »Der von der ›Decla‹ vorbereitete Film ›Das<br />
Kabinett des Dr. Kaligari‹ [sic!] soll bekanntlich<br />
der erste expressionistische Film werden. So<br />
bietet denn das Atelier draußen in Weißensee<br />
[...] gegenwärtig einen recht seltsamen Anblick.<br />
Im Hintergrund eine expressionistische Stadt,<br />
zucker hutartig himmelansteigend, mit Häusern,<br />
die sich vor Leibweh krümmen. Vorn ein ›Rummel‹<br />
mit windschiefen Karussells und stark kontrastierenden<br />
Farben. Zweifellos ein interessan tes<br />
Experiment. Für den Film, der allein auf Wirkung<br />
durch das Bild beschränkt ist, liegen vielleicht<br />
in der Verwertung expressionistischer Formen<br />
mit ihrer übersteigerten und konzentrierten Ausdrucksweise,<br />
große Möglichkeiten.« 18 Dabei wurde<br />
bereits auf den Widerhall hingewiesen: »Der<br />
Film erregt schon heute durch die neuartige stilistische<br />
und regietechnische Behandlung in allen<br />
Interessenien [sic!] und auch Publikumskreisen<br />
außerordentliches Aufsehen.« 19<br />
Die zeitgenössische Rezeption erkannte Das<br />
Cabinet des Dr. Caligari überwiegend als großen<br />
Schritt in Richtung auf einen wahrhaft<br />
künstlerischen Film an: »Die Dekorationen in<br />
›Dr. Caligari‹ sind nicht gebaut, wie man die<br />
Dinge sieht, sondern wie man sie in besonderen<br />
seelisch stark gespannten Augenblicken<br />
empfindet. [...] So ist fast überall der charakteristische<br />
Eindruck der Dinge im wesentlichen<br />
erfaßt und noch zugespitzt. [...] Wenn die<br />
Weiterentwickler dieser Filmspezies noch auf<br />
stärkere Stilisierung des Spiels und vor allem<br />
der Kostüme achtet [sic!] und sie zur zeitlosen<br />
Wirkung erhebt [sic!], so wird die Gesamtleistung<br />
noch größer und der künstlerische Genuß<br />
noch tiefer werden.« 20<br />
Im Vergleich zu gleichzeitig entstandenen<br />
»Prunkfilmen« urteilte derselbe Rezensent:<br />
»Einen Fingerzeig, wie man hier letzten<br />
Endes der Banalität entgehen kann, findet<br />
man im expressionistischen Versuch des<br />
Films ›Dr. Caligari‹. Hier sind auch die toten<br />
Dinge zu einer besonderen, im Augenblick<br />
bedeutungsvollen Form zugespitzt.« 21<br />
Über die sofortige Popularität des Films<br />
gibt eine Notiz Auskunft, derzufolge<br />
»Caligari« »zum geflügelten Wort« geworden<br />
sei: »Da flattert uns ein Wiener<br />
Wahlflugblatt von den Gemeindewahlen<br />
auf den Redaktionstisch. Das Blatt zeigt<br />
in der Mitte einen Struwelpeterkopf<br />
[sic!] und darüber in leuchtendem Rot<br />
die Frage: ›Willst Du Caligari werden?‹<br />
Mit den Worten: ›Dann wähle ChristlichSozial<br />
oder kommunistisch!‹ findet<br />
diese Frage unterhalb des Kopfes ihre<br />
Beantwortung. Wir sehen also, Cali gari<br />
ist längst nicht mehr nur ein Problem<br />
des Filmliebhabers oder Kunstkritikers,<br />
sondern bereits ein Problem des alten<br />
Büchmann und seiner Kollegen und der<br />
deutschen Sprachwissenschaft.« 22<br />
Die überwiegende Mehrzahl der Rezensenten<br />
hob den innovativen Charakter<br />
des Films hervor. Nur wenige formulierten<br />
Bedenken, wie etwa der Schriftsteller,<br />
Theater und Filmkritiker Ernst Angel, der<br />
schrieb: »Dieser <strong>Expressionismus</strong> riecht<br />
nach Kunstgewerbe.« 23 Und nur wenige<br />
wiesen auf Parallelen mit dem Theater<br />
hin, so Kurt Tucholsky, der in seiner insgesamt<br />
positiven Besprechung befand:<br />
»[...] hier ist ohne Rest gelöst, was seinerzeit<br />
bei der Inszenierung der ›Wupper‹<br />
im Deutschen Theater erstrebt wurde<br />
und nicht ganz erreicht werden konnte.«<br />
(s. S. 328) 24<br />
11_Jung_V2.indd 309 09.10.2010 14:26:41 Uhr<br />
309
Dabei war der <strong>Expressionismus</strong> seit 1919 bereits<br />
außerhalb der genuinen Kunstavantgarde zum<br />
Thema geworden. Die Gründung der Privatbühne<br />
Tribüne hatte mit ihrer Aufsehen erregenden<br />
Inszenierung von Ernst Tollers Die Wandlung am<br />
30. September 1919 diesen Stil auf die Bühne<br />
übertragen. 25 Daneben hatte der expressionistische<br />
Stil längst auch die Sphären der bürgerlichen<br />
Kreise, der Werbung und der Modemagazine<br />
erreicht:<br />
»An der Jahrzehntwende 1919 / 1920 waren<br />
außer gewöhnliche expressionistische Bildformen<br />
zumindest in bürgerlichen Kreisen<br />
weitgehend ge läufig, expressionistische Lite<br />
ratur wurde in grö ßeren Auflagen gedruckt<br />
und von der Kritik prominent gewürdigt.<br />
Ein Indiz für die Popularisierung der<br />
anfangs von der öffentlichkeitswirksamen<br />
bürgerlichen Rezeption abgewerteten expressionistischen<br />
Kunst und Literatur wird<br />
erkennbar, wenn etwa die weitverbreitete<br />
Modezeitschrift des gehobenen Bürgertums,<br />
›Elegante Welt‹, sich im März 1919<br />
mit dem ›Dichterexpressionismus‹ beschäftigt,<br />
im Mai 1919 den ›<strong>Expressionismus</strong> in<br />
Tanz und Bild‹ betrachtet und wenige Wochen<br />
nach der Premiere des ersten expressionistischen<br />
Films den ›<strong>Expressionismus</strong><br />
auf der Bühne und im Film‹ vorstellt.« 26<br />
Mit Das Cabinet des Dr. Caligari kam nun ein<br />
Film daher, der expressionistische Dekors<br />
mit einem Stoff verband, der atmosphärisch<br />
stark schauerromantischen Traditionen verpflichtet<br />
war. Vor allem die Literatur eines<br />
E. T. A. Hoffmann wird in diesem Zusammenhang<br />
immer ins Feld geführt. 27<br />
Ein auch in der Stilisierung vor allem durch die<br />
Kostüme biedermeierlich erscheinendes »setting«,<br />
eine Geschichte, die, aus subjektiver Sicht<br />
erzählt, auf die Extreme menschlicher Erfahrungen<br />
und psychischer Phobien rekurriert, die<br />
thematisch stark auf den Widerstand gegen die<br />
ältere Generation und etablierte Autoritäten abhebt<br />
(und sich somit populärkulturell der »Neuen<br />
Mensch«Idee des <strong>Expressionismus</strong> einzupassen<br />
scheint), hat für ein breites Filmpublikum genügend<br />
Anknüpfungspunkte bereitgestellt, um sich<br />
mit der eigenen Identifikation an das Narrativum<br />
anzulagern. Selbst spiritistisch orientierte Publikumsschichten<br />
konnten in dem Umstand, dass in<br />
Caligaris Büro das Kabinett, in dem er die Unterlagen<br />
zu seinem »Specialstudium« 28 aufbewahrt,<br />
von einem menschlichen Skelett »bewacht« wird,<br />
ein deutliches Zeichen sehen, dass es sich um<br />
verbotenes Wissen handelt, das nur um den Preis<br />
willentlicher Transgression zu erlangen ist.<br />
Der Umstand, dass die Inhaftierung Caligaris<br />
am Ende der Binnenhandlung durch<br />
die Rückkehr zur Rahmenhandlung – erst<br />
jetzt hat der Zuschauer die Möglichkeit,<br />
sich daran zu erinnern, dass er bis jetzt<br />
einer subjektiven Erzählung gefolgt ist –<br />
wieder umgekehrt wird – die Rahmenhandlung<br />
wird jetzt deutlich in der Gegenwart<br />
verortet –, macht den Film zu<br />
einem Rätsel, zu dessen Beantwortung<br />
der Zuschauer sich wieder auf das Binnengeschehen<br />
einlassen muss, um sich<br />
über Widersprüche und Ungereimtheiten<br />
Klarheit zu verschaffen. Darin liegt eine<br />
310<br />
Ursache für die Faszination, die Cali gari<br />
auf sein Publikum ausgeübt hat und bis<br />
heute ausübt: ein scheinbares, humanes<br />
Happy End, das mehr Fragen offen lässt,<br />
als es beantwortet – eine modernistische<br />
Verweigerung gegenüber der narrativen<br />
Inte gra tion einer endgültigen Konfliktlösung;<br />
damit einhergehend eine Aufforderung,<br />
die eigene Haltung gegenüber dem<br />
Gesehenen zu überprüfen und sich deshalb<br />
auf den Film erneut einzulassen.<br />
Neuere Forschungen haben auf weitere zeitgenössisch<br />
wirksame Anknüpfungspunkte hingewiesen,<br />
indem sie auf die deutsche Alltagssituation<br />
unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg rekurrierten.<br />
Während die Bedeutung expressionistischer<br />
Dekors dort eher wieder heruntergespielt wird,<br />
scheinen medizinische und psychotherapeutische<br />
Fragestellungen stärker in den Mittelpunkt<br />
des Interesses zu geraten. Vor allem die nach<br />
dem Krieg vermehrt in der Öffentlichkeit sichtbaren<br />
ehemaligen Soldaten mit posttraumatischen<br />
Stressphänomenen rückten das Thema der Hypnosetherapien<br />
ins Bewusstsein, und damit einer<br />
Praxis, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts<br />
die Grenzen zwischen Therapie und Unterhaltungsform<br />
überschritten hatte, indem der Psychiater<br />
JeanMartin Charcot in den 1880erJahren in<br />
Paris seine hysterischen Patienten öffentlich mit<br />
Hypnose therapiert hat. 29<br />
Obwohl als öffentliche Veranstaltung bereits<br />
1908 im Deutschen Reich verboten, gewann<br />
die Hypnose im Nachkriegsdeutschland erneut<br />
erhebliche Bedeutung. Im populären Diskurs<br />
wurde damit auch die mythogen aufgeladene<br />
Frage, ob ein Hypnotiseur in der Lage sein<br />
könnte, einen hypnotisierten Patienten zur<br />
Überschreitung eigener moralischer Grenzen<br />
zu zwingen – im Extremfall: ihn zur Begehung<br />
von Straftaten bis hin zum Mord zu führen –,<br />
wieder virulent. 30 Darin verbirgt sich natürlich<br />
die unausgesprochene Angst vor der Macht<br />
des Hypnotiseurs, der der Patient wehrlos<br />
ausgeliefert ist.<br />
So schreibt sich Das Cabinet des Dr. Caligari<br />
auf eine andere Weise, als Kracauer<br />
postuliert hat – als zeitgenössische Diskursreflexion<br />
–, in die deutsche Nachkriegssituation<br />
ein. Ein Publikum von 1920<br />
konnte in dem Film Themen wiedererkennen,<br />
die ihm täglich im Alltag begegneten.<br />
Es konnte Caligari als fiktionale Durcharbeitung<br />
traumatischer Dilemmata begreifen,<br />
die die Kriegserfahrung sowohl<br />
im Feld als auch an der »Heimatfront«<br />
fühlbar gemacht hatten, wie etwa den Verlust<br />
der traditionellen Staatsführung und<br />
die Unsicherheit angesichts eines neuen<br />
politischen Systems.<br />
Inwiefern andere Filme der kurzen Blüte des<br />
expressionistischen Films in Deutschland auf<br />
die gleiche oder ähnliche Weise zu interpretieren<br />
sind, muss weiteren Forschungen überlassen<br />
bleiben. Aus Sicht der expressionistischen<br />
Kunst scheint die Hinwendung des Filmmediums<br />
zur Avantgardekunst ohnehin ein fragwürdiger<br />
Schritt gewesen zu sein. Die von<br />
den expressio nistischen Künstlern eingeleitete<br />
Hinwendung zur Abstraktion wurde beispielsweise<br />
von Ernst Ludwig Kirchner damit begründet,<br />
dass die exakte Repräsentation der<br />
Realität nunmehr von der Fotografie – und in<br />
Verlängerung vom Film – übernommen werden<br />
könne. 31<br />
Aus dieser Perspektive muss Caligari gar als<br />
Schritt in die falsche Richtung gewertet worden<br />
sein. Es kann deshalb nicht verwundern, dass es<br />
in der Geschichte des Weimarer Kinos nicht allzu<br />
viele Nachahmerfilme gegeben hat. Auch international,<br />
wo der expressionistische Film durchaus<br />
zur Reputation des ansonsten überwiegend<br />
stigmatisierten Kriegsverlierers beigetragen hat,<br />
ist es kaum zu Nachahmungen gekommen. Jakow<br />
Protazanows im spätleninistischen Gestus inszenierter<br />
Film Aelita (UdSSR 1924) ist wohl das bekannteste<br />
der wenigen Beispiele.<br />
Stattdessen etablierte sich – national wie<br />
international – eine vom expressionistischen<br />
Film inspirierte Formensprache, die sich –<br />
bei ansonsten abbildrealistischer Darstellung<br />
– an ein expressionistisches visuelles<br />
Formenrepertoire anlehnt und damit eine<br />
Forderung Ernst Angels einzulösen scheint:<br />
»Ausdruckssteigernde Entwürfe wird kein<br />
guter Regisseur in einem ›naturalistischen‹<br />
Film gelegentlich aufzunehmen verschmähen;<br />
oder sie durch Ortwahl, Beleuchtung,<br />
Perspektive zu ersetzen suchen. Mehr als<br />
illustrierenden Wert werden solche Versuche<br />
erst gewinnen, wenn sie aus Handlung und<br />
Gebärdenkunst erwachsen sind.« 32<br />
Fazit<br />
Der zeitgenössische Erfolg des Films Das<br />
Cabinet des Dr. Caligari ist zunächst sicherlich<br />
seinem innovativen Stil zuzuschreiben,<br />
der durch Vorankündigungen in der Presse<br />
und durch geschickte Werbung im Publikum<br />
bereits im Vorfeld lanciert wurde. Etwas<br />
gänzlich »Neues« sehen zu können,<br />
eine radikale Abkehr vom Gewohnten, ist<br />
für dessen Konsumentscheidungen gewiss<br />
nicht zu unterschätzen. In seinem Uraufführungstheater,<br />
dem Berliner Kino Marmorhaus,<br />
lief der Film – sehr ungewöhnlich für<br />
seine Zeit – vier Wochen lang und wurde<br />
nach kurzer Pause dort erneut ins Programm<br />
genommen. 33<br />
Daneben aber sind auch Anknüpfungen einerseits<br />
an etablierte Kulturtraditionen – Schauerromantik,<br />
Biedermeier, Kriminalnarrativik etc. –<br />
sowie an die Erlebniswelt der Deutschen unmittelbar<br />
nach dem Ersten Weltkrieg nicht zu<br />
unterschätzen.<br />
11_Jung_V2.indd 310 09.10.2010 14:26:42 Uhr
Hermann Warm, Das Cabinet des Dr. Caligari. Modell der Gefängniszelle,<br />
1965, Regie: Robert Wiene, Holzleisten, Farbe und Pappe, Deutsche<br />
Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
4<br />
3<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari, 1919 / 20,<br />
Regie: Robert Wiene, ausbelichtetes Filmbild,<br />
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
11_Jung_V2.indd 311 09.10.2010 14:26:42 Uhr<br />
311
5<br />
Hermann Warm, Das Cabinet des Dr. Caligari. Modell des Rathauses, 1965,<br />
Elektrokabel, Farbe, Holz, Metall, Plexiglas, Stoff und Trafo,<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
312<br />
6<br />
Hermann Warm, Das Cabinet des Dr. Caligari. Modell des Wohnzimmers, 1965,<br />
Elektrokabel, Farbe, Holz, Metall, Plexiglas und Stoff, Deutsche Kinemathek –<br />
Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
Hermann Warm, Das Cabinet des Dr. Caligari. Modell des Jahrmarktwagens,<br />
1965, Farbe, Holz, Metall und Stoff, Deutsche Kinemathek – Museum für<br />
Film und Fernsehen, Berlin<br />
7<br />
11_Jung_V2.indd 312 09.10.2010 14:26:43 Uhr
1 Dabei geht – vor allem im Ausland – die Kategorisierung<br />
des Weimarer Kinos als »expressionistisch«<br />
teilweise bis heute über die genuin<br />
expressionistischen Stilelemente hinaus: Ian<br />
Roberts, German Expressionist Cinema. The<br />
World of Light and Shadow, London / New York<br />
2008, eine der jüngsten Buchpublikationen<br />
zum Thema, behandelt beispielsweise neben<br />
Caligari auch Nosferatu, Die Nibelungen, Metropolis,<br />
Die Büchse der Pandora und Asphalt –<br />
Filme, die er wohl für paradigmatisch hält –<br />
und beschreibt damit die gesamte Geschichte<br />
des Weimarer Stummfilms unter dem Rubrum<br />
»<strong>Expressionismus</strong>«.<br />
2 Hermann Warm, »Gegen die ›Caligari‹<br />
Legenden«, in: Walter Kaul (Red.), Caligari und<br />
Caligarismus, Berlin 1970, S. 11–16, hier S. 11.<br />
3 Ebd.<br />
4 Für eine eingehende Analyse dieser Skizzen –<br />
heute im Besitz des Deutschen Film museums<br />
in Frankfurt a. M. – vgl. Kitty Vincke, »Anstelle<br />
einer Errettung äußerer Wirklichkeit. Entwürfe<br />
von Walter Reimann für ›Das Cabinet<br />
des Dr. Caligari‹«, in: HansPeter Reichmann<br />
(Hrsg.), Walter Reimann. Maler und Filmarchitekt<br />
(Kinematograph. Schriftenreihe des<br />
Deutschen Filmmuseums Frankfurt am Main,<br />
11), Frankfurt a. M. 1997, S. 50–62.<br />
5 Warm 1970 (wie Anm. 2), S. 13.<br />
6 Warm 1970 (wie Anm. 2), S. 13.<br />
7 Vgl. Siegfried Kracauer, From Caligari to Hitler.<br />
A Psychological History of the German Film,<br />
Princeton 1947; Hans Janowitz, Caligari. The<br />
Story of a Famous Story (nicht dat. Typo skript),<br />
New York Public Library, Theater Col lection;<br />
zur Problematik dieses Typoskripts vgl. Uli Jung<br />
und Walter Schatzberg, Robert Wiene. Der<br />
CaligariRegisseur, Berlin 1995, bes. S. 65 f.<br />
8 Janowitz o. J. (wie Anm. 7), S. 48: »Dr. Wiene,<br />
a man in his early fifties, of an older generation<br />
than ours, was afraid to venture into this new<br />
form expressionistic art.«<br />
9 Janowitz o. J. (wie Anm. 7), S. 51: »That was the<br />
climax of our dramatic story! But Dr. Wiene’s<br />
framework created a second climax; the explanation<br />
that the whole tragedy of Doctor Caligari<br />
was not real, but only the phantasy of a mentally<br />
deranged man! This dramaturgic summersault,<br />
hazardous as it was, did not interfere with the<br />
gripping fascination, aroused in the audience by<br />
the story of our in vention, the tragedy of a psychiatrist<br />
gone mad by the misuse of his mental<br />
power [...].«<br />
10 Janowitz o. J. (wie Anm. 7), S. 51 f.: »Nevertheless,<br />
it was the nucleus of the tragedy of a<br />
psychiatrist who had lost his mind, the gripping<br />
story of a man whose ›idee [sic!] fixe‹<br />
compelled him to ›become Caligari‹ in order to<br />
learn whether murder through commanding a<br />
hypnotized medium was possible; the thrilling<br />
tale of his murders; the painted, expressionistic<br />
scenery, and, also, the acting of Werner Krauss,<br />
Conrad Veidt and Twardowski; it was all this<br />
which created the gripping, stark and strikingly<br />
macabre atmo sphere which carried away the<br />
audience.«<br />
11 Warm 1970 (wie Anm. 2), S. 16.<br />
12 Walter Kaul, »Bestandsaufnahme 70. Nicht nur<br />
expressionistisch und caligaresk«, in: Kaul 1970<br />
(wie Anm. 2), S. 6–10, hier S. 8.<br />
13 Walter Reimann, »Ein Nachwort zum ›Caligari‹<br />
Film« (I), in: Die Filmtechnik, 9, 1925, S. 192.<br />
14 Ders., »Ein Nachwort zum ›Caligari‹Film« (II),<br />
in: Die Filmtechnik, 10, 1925, S. 219.<br />
15 Zweiseitige Annonce der Decla in: Der Film,<br />
1. 2. 1920.<br />
16 So z. B. in: Der Film, 11. 1. 1920 und 25. 1. 1920.<br />
17 Dr. J. B. [d. i. Johannes Brandt?], »<strong>Expressionismus</strong><br />
und Film«, in: FilmKurier, 6. 1. 1920.<br />
18 LichtbildBühne, 24. 1. 1920, S. 26.<br />
19 Notiz in: FilmKurier, 9. 1. 1920.<br />
20 Martin Proskauer, »Das Kabinet [sic!] des<br />
Dr. Caligari«, in: FilmKurier, 29. 2. 1920.<br />
21 Martin Proskauer, »Caligari oder Herrin der<br />
Welt?«, in: FilmKurier, 9. 3. 1920. Die Herrin<br />
der Welt war eine achtteilige Filmserie, die<br />
von Joe May, Uwe Jens Kraft und Karl Gerhardt<br />
inszeniert wurde. Sie wurde zwischen dem<br />
15. 12. 1919 und dem 9. 3. 1921 uraufgeführt.<br />
22 »›Caligari‹ als geflügeltes Wort«, in: FilmKurier,<br />
25. 10. 1920.<br />
23 Ernst Angel, »Ein ›expressionistischer‹ Film«,<br />
in: Die Neue Schaubühne, 2, 1920, S. 103 ff.,<br />
hier S. 103.<br />
24 Peter Panter alias Kurt Tucholsky, »Tagebuch –<br />
Dr. Caligari«, in: Die Weltbühne, 11. 3. 1920,<br />
S. 347 f.<br />
25 Vgl. Andreas Engelhardt, »Ernst Tollers Sta tionen<br />
drama ›Die Wandlung‹ auf der expres sionistischen<br />
Experimentierbühne ›Die Tribüne‹«, in:<br />
HansPeter Bayerdörfer, JensMalte Fischer<br />
und Frank Halbach, Judenrollen / Stage Representations<br />
of Jews. Darstellungsformen im<br />
europäischen Theater von der Restauration bis<br />
zur Zwischenkriegszeit, Berlin / New York 2008,<br />
S. 237–254, online unter: http://www.referenceglobal.com/doi/abs/10.1515/9783484970304.237<br />
(20. 5. 2010).<br />
26 Jürgen Kasten, Der expressionistische Film.<br />
Ab gefilmtes Theater oder avantgardistisches<br />
Er zählkino? Eine stil, produktions und rezeptions<br />
geschichtliche Untersuchung, Münster 1990,<br />
S. 28. Vgl. zu dem letzten Aspekt: Elegante Welt,<br />
6, 1919, S. 5 f.; 11 , 1919, S. 4; 10, 1920, S. 17 f.<br />
27 Vgl. z. B. Bettina Gruber, »Hoffmann, Chamisso,<br />
Caligari, ›Der Student von Prag‹ und ›Das<br />
Cabinet des Dr. Caligari‹. Zu den romantischen<br />
Prämissen zweier deutscher Stummfilme«, in:<br />
E. T. A. HoffmannJahrbuch, 13, 2005, S. 117–132;<br />
oder allgemeiner: Dietrich Scheunemann, »The<br />
Double, the Décor and the Framing Device.<br />
Once More on Robert Wiene’s ›The Cabinet<br />
of Dr. Caligari‹«, in: Dietrich Scheunemann<br />
(Hrsg.), Expressionist Film. New Perspectives,<br />
Rochester, N. Y., 1993, S. 125–156.<br />
28 Titel Nr. LXII. KlausPeter Hess, Das Cabinet<br />
des Dr. Caligari, Stuttgart 1985, S. 70.<br />
29 Anton Kaes (Shell Shock Germany. Weimar<br />
Culture and the Wounds of War, Princeton /<br />
Oxford 2009, S. 68 f.) behauptet gar, die<br />
CaligariFigur im Film habe »eine unheim liche<br />
Ähnlichkeit mit Beschreibungen und Karikaturen<br />
Charcots« (»an uncanny resemblance to<br />
descriptions and caricatures of Charcot«).<br />
30 Vgl. Andreas Killen, »The Scene of the Crime.<br />
Psychiatric Discourses on the Film Audience<br />
in Early Twentieth Century Germany«, in:<br />
Annemone Ligensa und Klaus Kreimeier (Hrsg.),<br />
Film 1900. Technology, Perception, Culture,<br />
New Barnet 2009, S. 99–111, und besonders<br />
Stefan Andriopoulos, Besessene Körper.<br />
Hypnose, Körperschaften und die Erfindung<br />
des Kinos, München 2000.<br />
31 Vgl. Scheunemann 1993 (wie Anm. 27), S. 139.<br />
32 Angel 1920 (wie Anm. 23), S. 105.<br />
33 Vgl. »›Du mußt Caligari werden‹!«, in: Der Film,<br />
17. 4. 1920.<br />
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313
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Joachim Fontaine<br />
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»[...] und eines Tages wird der wirklich große<br />
Kunst-Tonfilm da sein, Produkt eines einzigen<br />
Menschen, der Filmdichter, Regisseur und<br />
Komponist zugleich sein wird, ein Wagner<br />
des Films!«<br />
316<br />
1 Giuseppe Becce (1877–1973)<br />
wusste, wovon er sprach. Der »Toscanini des<br />
Kintopps« 2 war von Anfang an dabei gewesen,<br />
ab den Jahren, in denen der Film sich<br />
auch in Deutschland von einer Jahrmarktsattraktion<br />
zur akzeptierten Kunstform wandelte.<br />
Die Kinoarchitektur veränderte sich<br />
zu repräsentativen Filmtheatern, und an die<br />
Stelle kurzer Slapsticks traten Langfilme, deren<br />
Sujets sich fortan an literarischen Stoffen<br />
des etablierten Sprechtheaters orientierten.<br />
Renommierte Autoren und bekannte Bühnenschauspieler<br />
wurden gewonnen. Technischer<br />
Fortschritt zum einen, neue Vermarktungsstrategien<br />
zum anderen eroberten dem Film<br />
ein neues, gehobenes Publikum.<br />
1913, als die Welt den 100. Geburtstag Richard<br />
Wagners feierte und seine Büste in der Walhalla<br />
aufgestellt wurde, war Becce als junger<br />
Dirigent und Komponist zum ersten Mal mit<br />
dem neuen Medium Film in Berührung gekommen.<br />
Der Regisseur Oskar Messter engagierte<br />
ihn als Komponisten und Darsteller des Titelhelden<br />
in Richard Wagner – eine Filmbiographie.<br />
Das Angebot zur Hauptrolle hatte Becce<br />
seiner ähnlichen Physiognomie zu verdanken,<br />
den Kompositionsauftrag der Tatsache, dass<br />
Messter die horrenden Tantiemen-Forderungen<br />
der Wagner-Erben vermeiden wollte. 3<br />
Eine nicht minder heikle Aufgabe stellte sich<br />
sechs Jahre später dem bis dahin bereits arrivierten<br />
Kinomusiker: 4 Das Cabinet des Dr.<br />
Cali gari hatte am 26. Februar 1920 Pre miere<br />
im Berliner Marmorhaus. Robert Wienes<br />
Film (Abb. S. 307 / 308) bleibt in vieler Hinsicht<br />
ein einzigartiges Dokument der Filmgeschichte.<br />
Seine Singularität spiegelt sich<br />
nicht nur in einer Vielzahl filmhistorischer,<br />
so ziologischer und ästhetischer Analysen,<br />
sondern auch in – großenteils widersprüch lichen<br />
– Legenden, insbesondere wenn es darum<br />
ging, dass Regisseur, Drehbuch-Autoren<br />
oder Darsteller sich gegenseitig das historische<br />
Verdienst an Entstehung und Erfolg des<br />
Caligari streitig machten. 5<br />
Auch der Komponist Giuseppe Becce war<br />
stolz, seinen Beitrag zum Durchbruch des<br />
expressionistischen Klassikers geleistet zu<br />
haben. Ein Kollege hatte es zunächst mit einer<br />
Kompilation versucht: Geschmack und<br />
Usus der Zeit gemäß verwendete er Ausschnitte<br />
aus Werken von Franz Schubert,<br />
Gioacchino Rossini, Vincenzo Bellini,<br />
Gaetano Donizetti und Paul Lincke6 – ohne<br />
Erfolg. Becce wurde beauftragt, eine wirkungsvollere<br />
Musik beizusteuern. 7 Becces<br />
Partituren allerdings gelten großen teils als<br />
verloren. Lediglich zwei Briefe und eine<br />
Mitteilung an den Regisseur und begeisterten<br />
Filmhistoriker Gerhard Lamprecht helfen<br />
weiter. 8 Vier Nummern, heißt es dort,<br />
seien aus Das Cabinet des Dr. Cali gari<br />
später in Becces Kinothek übernommen<br />
worden, einer Sammlung eigens kom po -<br />
nier ter, künstlerisch anspruchsvoller Begleitmusiken<br />
für den Stummfilm, cha rakteristisch<br />
im Stimmungsgehalt und theatra<br />
lisch betitelt: Lotta, Aiuto! Aiuto!, Spettri<br />
und Notte misteriosa. 9 »Sie können«, so<br />
Becce, »als typische Beispiele für meine<br />
Kompositionen zu diesem Film gelten. Erst<br />
nachträglich sind dann diese Nummern<br />
in meine Kinothek-Bände aufgenommen<br />
worden.« 10<br />
Damit standen die Caligari-Musiken am Anfang<br />
einer wichtigen Etappe der Filmmusikgeschichte.<br />
Becces ab 1920 nach und nach auf den Markt gebrachte<br />
Bände der Kinothek waren nicht nur qualitativ<br />
hochwertig, sondern auch praktikabel, da<br />
ihre Dauer den betreffenden Filmszenen mühelos<br />
angepasst werden konnte. Sie lösten die langjährige<br />
Praxis mehr oder minder beliebig zusammengestellter<br />
Kompilationen aus dem Repertoire<br />
der Salonkapellen ab.<br />
Stilistisch orientierten sich Becces Werke an<br />
der Spätromantik. Zwar erlaubte die Kinothek<br />
mit ihrer Besetzung für die 13 Stimmen<br />
eines Salonorchesters keine üppige sinfonische<br />
Klangentfaltung, bewegte sich jedoch<br />
ansonsten durchaus auf der Höhe der Zeit.<br />
Was Melodik und Harmonik betraf, waren ihre<br />
Vorbilder die expressionistischen Partituren<br />
eines Richard Strauss oder der italienischen<br />
Meister des hochdramatischen Verismo. Auf<br />
fließende Übergänge und weiträumige Entwicklungen<br />
wurde zugunsten »harter Fügung«<br />
und effektvoll aufeinander prallender Extreme<br />
verzichtet: eine kompositorische Praxis, die<br />
durchaus auch Parallelen zur Schnitttechnik<br />
des Films hatte. 11<br />
Abgesehen von den vier in Becces Briefen<br />
genannten Kinothek-Titeln bleiben uns<br />
noch weitere Spuren, die wiederum auf die<br />
Einzigartigkeit des Caligari-Unternehmens<br />
verweisen, auch was die Filmmusik betrifft.<br />
Ausländische Erstaufführungen des expressionistischen<br />
Klassikers standen zunächst<br />
noch im Schatten des Ersten Weltkriegs.<br />
Um sich gegen germanische Nachkriegspropaganda,<br />
vor allem gegen die Konkurrenz<br />
der immer stärker werdenden deutschen<br />
Filmindustrie 12 zu wappnen, waren in<br />
England und Frankreich Importverbote geplant.<br />
13 Die mächtige amerikanische Filmindustrie<br />
hielt sich mit derlei Maßnahmen<br />
zwar zurück, doch fehlte es auch hier nicht<br />
an Protesten. In Los Angeles kam es anlässlich<br />
der Erstaufführung von Caligari<br />
am 7. Mai 1921 zu einer Demonstration der<br />
Studioarbeiter aus Hollywood, unter ihnen<br />
Kriegsveteranen, die die Absetzung zur<br />
Folge hatte. 14<br />
Der erste deutsche Film der Nachkriegszeit in<br />
den Vereinigten Staaten war Ernst Lubitschs<br />
Revolutionsdrama Madame Dubarry (1919), der<br />
in den USA unter dem Titel Passion lief und<br />
dermaßen hohe Profite einspielte, dass Samuel<br />
Goldwyn sich für den Import eines weiteren<br />
Films entschied, über den in Deutschland viel<br />
gesprochen wurde: The Cabinet of Dr. Caligari.<br />
Amerikanisches Uraufführungsthea ter wurde<br />
das Capitol, das größte Kino in New York mit<br />
fünftausend Sitzplätzen, wo der Film vom 7. bis<br />
13. April 1921 lief – viermal täglich vor ausverkauftem<br />
Haus. 15 Für das sinfonische Filmorchester<br />
stellten Samuel »Roxy« Rothafel und<br />
sein Orchesterchef Ernö Rapée 16 Musik stücke<br />
zusammen, die man niemals zuvor in einem<br />
Kino gehört hatte. Zur Auswahl der Komponisten<br />
zählten neben Richard Strauss und Claude<br />
Debussy auch die »ultramodernen« Igor Strawinsky<br />
und Arnold Schönberg. 17<br />
Lange Zeit wurde der Einzug des Modernism<br />
in Amerika mit zwei anderen Aufführungen in<br />
Verbindung gebracht, nämlich der Erstaufführung<br />
von Arnold Schönbergs Pierrot lunaire<br />
durch Edgar Varèse im Februar 1923 und mit<br />
Leopold Stokowskis viel beachteter Erstaufführung<br />
von Igor Strawinskys Le sacre du printemps<br />
im März 1922. Beiden aber ging offensichtlich<br />
die Caligari-Premiere voraus, und<br />
beiden stand das Filmereignis an Publi city in<br />
nichts nach. Das Journal Musical America vom<br />
16. April 1921 widmete eine ganze Seite dem<br />
Phänomen »Comes Stravinsky to the Film<br />
Theater« (Abb. 2), wobei Theaterchef Samuel<br />
Rothafel ausführlich erläuterte, wie die ultramoderne<br />
Musik des Films »kalkuliert« war,<br />
»den exotischen Charakter und die fantastischen<br />
Aspekte des Lichtspiels noch [zu] verstärken«.<br />
(s. S. 334) 18 Für die Person des Caligari<br />
und ihren Irrwitz wählten Rothafel und<br />
Rapée als Leitmotiv das Thema aus Richard<br />
Strauss’ Sinfonischer Dichtung Till Eulenspiegels<br />
lustige Streiche (1895), für den somnambulen<br />
Cesare Claude Debussys Prélude à<br />
l’après-midi d’un faune (1895).<br />
Dass die Avantgarde eines Strawinsky und<br />
Schönberg, und wohl auch die Musik des<br />
»mad futurist« 19 Sergej Prokofjew sowie<br />
des jungen Wilden Leo Ornstein, des »high<br />
apostle of the new art in America«, 20 ihre<br />
Premiere vor großem Publikum in einem<br />
Film feierten, blieb nicht unbeachtet. Im<br />
Gegenteil: »Roxy« Rothafel nutzte die musikalische<br />
Extravaganz, um den <strong>Expressionismus</strong><br />
des Films zu legitimieren und zugleich<br />
zu nobilitieren: »›Für mein Empfinden ist<br />
Dr. Caligari ein Meisterwerk der Vorstellungskraft,<br />
ein Triumph der Regie. Nicht<br />
nur die Bildsprache, auch die Filmmusik<br />
stößt hier auf Neuland vor.‹ Noch vor fünf<br />
Jahren wären Strawinsky oder Schönberg<br />
in einem Lichtspieltheater völlig undenkbar<br />
gewesen. Doch inzwischen schluckt das<br />
Publikum diese Pille ohne Murren.« 21<br />
Fragwürdig bleibt natürlich, inwieweit die musi<br />
kalische Avantgarde ausschließlich in einem<br />
filmischen »nightmare country« Sinn macht,<br />
und ob man dem Anspruch von Kunstmusik<br />
ent gegenkam, wenn Partituren frei und ausgiebig,<br />
doch auch selektiv und willkürlich den<br />
Be langen der Filmhandlung unter geordnet<br />
wurden. Nichtsdestotrotz bleibt die amerikanische<br />
Premiere des Caligari ein Meilenstein<br />
der Filmmusik-Geschichte und damit auch der<br />
Überbrückung kultureller Klassenunterschiede.<br />
Als Massenmedium konfrontierte der Film<br />
ein breites Publikum und damit verschiedene<br />
soziale Klassen mit musikalischer Avantgarde<br />
und der unbändigen Experimentierfreude der<br />
Weimarer Moderne, die selbst die Fachpresse<br />
irritierte. Das beschreibende Stilvokabular<br />
der Filmkritiker reichte von »cubism« über<br />
»futurism« bis hin zu »impressionist« und »expressionist«.<br />
Eine begriffliche Verwirrung, die<br />
nicht allein dem Unwissen, sondern auch der<br />
Tatsache zu verdanken war, dass die kreativen<br />
Köpfe der Weimarer Jahre vieles bisher<br />
Dagewesene negierten. Für das Neue – auch<br />
innerhalb des <strong>Expressionismus</strong> – fehlten die<br />
ästhetischen Kate gorien vorerst.<br />
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1<br />
Unbekannt, Plakat zum Film Das Cabinet des Dr. Caligari, 1920,<br />
Regie: Robert Wiene, Lithografie, Deutsche Kinemathek – Museum<br />
für Film und Fernsehen, Berlin<br />
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317
2<br />
Bernard Rogers, Comes Stravinsky to the Film Theater,<br />
in: Musical America, 16. April 1921, S. 5 (Übersetzung s. S. 334)<br />
318<br />
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Das junge Medium Film, das sich in Weimar nicht<br />
nur zur Kunst, sondern dank Inflation und cineastischen<br />
Einfallsreichtums zum Exportschlager<br />
entwickelte, fand in der zeitgenössischen Musik<br />
ein Pendant, das zwischen den Weltkriegen nicht<br />
minder vielen Einflüssen ausgesetzt war. Über<br />
einen davon schreibt Hans Janowitz, einer der<br />
beiden Drehbuchautoren von Das Cabinet des<br />
Dr. Caligari, 22 den ersten deutschen Roman:<br />
»Jazz!. So hieß der Ausdruck der Zeit, die sich<br />
den Lehrsatz unseres närrischen Psychiaters:<br />
›Du sollst Caligari werden‹ auf ihre Art zu Herzen<br />
genommen hatte. Die Welt war nicht gerade<br />
Caligari, aber Jazz war sie geworden, gründlich<br />
Jazz geworden.« 23<br />
Einer der Ersten, die in Deutschland Jazz in<br />
Kunstmusik verwandelten, war Paul Hinde mith<br />
gewesen, der in seiner Klavier-Suite 1922 gerade<br />
das rhythmische Element herausstreicht: 24<br />
»Nimm keine Rücksicht auf das, was Du in der<br />
Klavierstunde gelernt hast [...]. Spiele das Stück<br />
sehr wild, aber stets sehr stramm im Rhythmus,<br />
wie eine Maschine. Betrachte hier das Klavier<br />
als eine intressante [sic!] Art Schlagzeug u.<br />
handle dementsprechend.« Wenige Jahre später<br />
wird Hindemith Filmmusik für mechanische<br />
Instrumente schrei ben, im Rahmen einer »in Ge -<br />
meinschaft mit der Gesellschaft der Filmmusik-<br />
Autoren Deutschlands« veranstalteten »Ex perimentalvorführung<br />
Film und Musik«: 25 »Ich habe<br />
vorgezogen, die Musik für ein mechanisches Instrument<br />
zu schreiben, nicht nur, weil nur damit<br />
ein genaues Zusammenlaufen erreicht werden<br />
kann, sondern weil ich der festen Ueberzeugung<br />
bin, dass zu einer mechanisch abrollenden Bilderfolge<br />
auch eine mechanisch zu reproduzierende<br />
Musik gehört.« 26<br />
Da technische Neuerungen, die insbesondere<br />
die Synchronizität garantierten, 27 sich aus Kostengründen<br />
nicht durchsetzten oder für Komponisten<br />
schlichtweg unerreichbar blieben,<br />
sollte die Idee des filmischen <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s,<br />
einer »Lichtspielsymphonie«, wie »die<br />
neue musikalische Kunstform heißen« würde,<br />
sich nur in Experimenten realisieren, allen voran<br />
im Schaffen eines Alexander Skrjabin und<br />
Arnold Schönberg.<br />
Was Skrjabin in Werken wie Promethée.<br />
Le poème du feu (1909/10) als synästhetische<br />
»Poly phonie« 28 realisiert sehen wollte,<br />
versuchte auch Schönberg: Das Werk, welches<br />
ihn vor der endgültigen Formulierung<br />
der Zwölf tonmethode über Jahre beschäftigt<br />
hatte, war das Orato rium Die Jakobsleiter<br />
(1916/17), für dessen Text der Komponist<br />
Anleihen bei August Strindberg, Emanuel<br />
Swedenborg (bzw. Honoré Balzacs Roman<br />
Séraphita, 1835), Rudolf Steiner und Helena<br />
Blavatsky machte.<br />
Bereits zuvor, in seinem »Drama mit Musik« Die<br />
glückliche Hand aus dem Jahr 1913, hatte Schönberg<br />
ein multimediales Farben-Licht-Spiel inszeniert,<br />
für welches er Lichtquellen, Aufbau von<br />
Bühne und Bild und sogar die Aufstellung der<br />
Schauspieler minutiös festlegte, 29 um ein optimales<br />
synästhetisches »Musizieren mit den Mitteln<br />
der Bühne« zu erreichen, »daß es jedes Wort,<br />
jede Geste, jeder Lichtstrahl, jedes Kostüm und<br />
jedes Bild tut: keines will etwas anderes symbolisieren<br />
als das, was Töne sonst zu symbolisieren<br />
pflegen. Alles will nicht weniger bedeuten, als<br />
klingende Töne bedeuten.« 30<br />
Im Sinne des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s forderten<br />
andere die Wiederbelebung der »längst verloren<br />
gegangenen Kunst des Improvisierens«,<br />
»die Fremdes und Eigenes – nach Kenntnis des<br />
Films, versteht sich – zu einem musikalischen<br />
Bilde improvisatorisch verflechten könnte, das<br />
einem künstlerisch gedachten Film adaequat<br />
wäre«. 31 Wieder andere sahen in der künstlerischen<br />
Ausgestaltung des Films eine Chance<br />
für die Atonale Musik:<br />
»[...] sie vereinigt sich viel zwangloser mit dem<br />
Kostüm von heute, mit den Fabrikanlagen, Maschinen,<br />
sozialen Einrichtungen unserer gegenwärtigen<br />
Welt, und ist darum, glaube ich, für den Film,<br />
der ganz aus den technischen Bedingungen unserer<br />
Zeit heraus gewachsen ist, das gegebene. Ihre<br />
freiere Formgebung, ihre ungebundenere (nicht<br />
aber willkürliche!) heterophone Linienführung,<br />
der ihr eigentümliche weitere Spielraum in der<br />
Bildung von Schlüssen, Übergängen etc. befähigt<br />
sie darum, sich dem wechselnden Geschehen des<br />
Filmbildes weitaus elastischer anzuschmiegen,<br />
als die starrere herkömmliche Tonalität [...] eines<br />
erscheint mir sicher: gerade der Film wird mehr<br />
und mehr die Domäne der sogenannten atonalen<br />
Musik werden.« 32 Eine Prophezeiung, die Caligari<br />
in den USA schon teilweise eingelöst hatte.<br />
Neue expressionistische Ideale, inspiriert<br />
von Synästhesie und <strong>Gesamtkunstwerk</strong>,<br />
verlangten nach theoretischer Untermauerung.<br />
Auch daran fehlte es nicht. »Wegen<br />
der Überschätzung der Umrisse, Anordnungen<br />
usw.« 33 wurden in den 1920er-Jahren<br />
akademische Formenlehren mehr und mehr<br />
durch Werkanalysen ersetzt, die ein »lebhaftes<br />
Vordringen« in die Werke versuchten.<br />
Die »harmonikalen« Forschungen und<br />
Schriften des Philosophen, Musikkritikers<br />
und Kinomusikers Hans Kayser 34 wurden<br />
insbesondere für Paul Hindemith eine wichtige<br />
musiktheoretische Basis. Hans Kayser,<br />
den Alfred Döblin 1927 in der Vossischen Zeitung<br />
als »Außenseiter der Wissenschaft« 35<br />
charakterisiert, fand Übereinstimmungen<br />
zwischen kristallo grafischen Forschungen<br />
des Mineralogen Victor Goldschmidt und<br />
Theorien Johannes Keplers in den Berechnungen<br />
der Harmonikalen Symbolik des Alterthums<br />
36 bestätigt. Diese von Albert von<br />
Thimus veröffentlichte Schrift sollte »für<br />
die Musik von ähnlicher Bedeutung werden<br />
wie Goethes Farbenlehre für die Optik«, als<br />
»Grundbuch des Wesens der Musik, in dem<br />
für den Musiker eigentlich Alles steht«. 37<br />
Kayser griff insbesondere Thimus’ Theo rien<br />
einer Identität von Gesetzmäßigkeiten in Natur,<br />
Musik und psychologischem Erleben auf:<br />
Zahlenverhältnisse einfachster geometrischer<br />
Figuren würden nicht nur als Intervalle am<br />
Mono chord unmittelbar erfahrbar, ihre Proportionen<br />
stimmten auch überein mit den<br />
Strukturen von Kristallbildung, von mikrobiologischen<br />
Dia tomeen und Radiolarien und Pflanzenwuchs,<br />
bis hin zu den Proportionen antiker<br />
Kunst- und Architekturstile. Zusammen mit<br />
Hinde mith plante Kayser die Gründung einer<br />
Akademie harmonikaler Forschung. Sowohl<br />
Hindemiths Unterweisung im Tonsatz (1940),<br />
die das Tonsystem aus einfachen Zahlenproportionen<br />
und Intervallen herleitet, als auch<br />
seine Kepler-Oper Die Harmonie der Welt<br />
(1957) verdanken Kayser Anregungen.<br />
Synästhetische Phänomene wurden zwischen<br />
1925 und 1936 auch zum Forschungsgegenstand<br />
von vier Farbe-Ton-Kongressen, auf denen »empirisch<br />
gegebene Tatbestände beim Farbenhören«<br />
präsentiert wurden, unter »vorläufiger Beschränkung<br />
auf die Erforschung der zwischen<br />
den beiden hervorragenden Sinnesgebieten<br />
bestehenden Zusammenhänge«. 38 Dabei setzte<br />
sich auch auf dem jungen Forschungsgebiet<br />
der Psychologie die Tendenz durch, die »früher<br />
vorherrschend analytische Betrachtungsweise<br />
durch eine synthetische zu ersetzen«. 39<br />
Der maßgebliche Forscher Albert Wellek definierte<br />
Synästhesie als etwas »allgemeinmenschliches«,<br />
als »Verbindung, ja Verschmelzung<br />
zweier oder mehrerer Sinnessphären (-modi)<br />
in einem übergreifenden Akt der Wahrnehmung<br />
oder Vorstellung«. 40 Entsprechend dieser unscharfen<br />
Definition war bald auch in der Fachpresse<br />
unkritisch von allerlei synästhetischen<br />
Phänomenen die Rede. Intersensorische Wechselwirkungen<br />
wurden in Fachzeitschriften für<br />
Psychologie, Geistesgeschichte, Musik, Kunst<br />
und Literatur erörtert. 41<br />
Insbesondere die großen Kunst- und Musikmetropolen,<br />
aber auch viele kleinere Städte waren<br />
noch auf anderem Wege mit einer neuen Spielart<br />
des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s bekannt geworden:<br />
durch die Ballets russes Sergej Diaghilews, die<br />
Ballets suédois Rolf de Marés oder auch die<br />
Inszenierungen Jacques Rouchés in Paris. Zu deren<br />
Konzept zählten neuartige Choreografien und<br />
ein Bewegungsrepertoire, das sich am moder nen<br />
Ausdruckstanz orientierte und vom klassischen<br />
»weißen« Ballett befreite.<br />
Die Darbietungen der Tänzer und Choreografen<br />
Waslaw Nijinsky, George Balanchine<br />
oder Michel Fokine waren ebenso in aller<br />
Munde wie die musikalischen Vorlagen, zu<br />
denen Klassiker der Moderne zählen, wie<br />
Debussys Prélude à l’après-midi d’un faune<br />
(1895), Nikolaj Rimski-Korsakows Scheherazade<br />
(1888), Erik Saties Parade (1917)<br />
oder Strawinskys Le sacre du printemps<br />
(1922). Komplettiert wurden die <strong>Gesamtkunstwerk</strong>e<br />
durch Kostüme und hochgradig<br />
stilisierte Bühnenbilder aus den Ateliers<br />
der jüngsten Künstlergeneration, darunter<br />
Léon Bakst, Alexandre Benois, Fernand<br />
Léger, José Maria Sert y Badia, Giorgio de<br />
Chirico oder Pablo Picasso. 42<br />
An eben diese Kreationen fühlten sich die<br />
ersten französischen Kritiker des Cabinet<br />
du Docteur Caligari erinnert. Deren Begeisterung<br />
für Caligari, der Beginn eines<br />
regelrechten »Caligarisme« in Frankreich,<br />
fiel auf den 3. März 1922, als der Film<br />
in der Ciné-Opéra, einem der großen<br />
Boulevard-Kino paläste in Paris, anlief. 43<br />
Ob sich Giuseppe Becces expressionistische<br />
Vision eines »Wagner des Films« je<br />
erfüllt, bleibt abzuwarten.<br />
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319
1 Giuseppe Becce, »Tonfilm und künstlerische<br />
Filmmusik«, in: Anbruch, 11, 1929, S. 141.<br />
2 Lothar Prox, Begleittext zum Tonträger<br />
Giuseppe Becce. Das Cabinet des Dr. Caligari,<br />
CD 3-6751-2, Koch Schwann 2001, S. 3.<br />
3 Vgl. Christoph Henzel, »Giuseppe Becces Musik<br />
zu ›Richard Wagner. Eine Film-Biographie‹«<br />
(1913), in: Archiv für Musikwissenschaft, 60,<br />
2003, S. 136–161.<br />
4 Giuseppe Becce war inzwischen zum Chef<br />
der Musikabteilung der Decla-Bioscop AG und<br />
Chefdirigenten ihres Filmorchesters, des späteren<br />
UFA-Orchesters, aufgestiegen; vgl. den<br />
biografischen Eintrag in: CineGraph. Lexikon<br />
zum deutschsprachigen Film, München 1984 ff.<br />
5 Zur Rezeptionsgeschichte vgl. insbesondere<br />
Mike Budd, »The Moments of Caligari«, in:<br />
ders., The Cabinet of Dr. Caligari. Texts, Contexts,<br />
Histories, New Brunswick / London 1990,<br />
S. 7–119; Kristin Thompson, »Dr. Caligari at<br />
the Folies-Bergères, or, The Successes of an<br />
Early Avant-Garde Film«, in: ebd., S. 121–169.<br />
6 Cristiano Biz, Sonorizzazioni e post-sonorizzazioni<br />
nelle edizioni e riedizioni del film. Das<br />
Cabinet des Dr. Caligari, Diss. Udine 2005, S. 11.<br />
7 Ursprünglich erschie nen in: Le Venezie e<br />
l’Italia. Rivista di Cultura e Turismo delle<br />
Regioni Ita liane, IX, 2, (1970), S. 17, bei Biz<br />
2005 (wie Anm. 6), S. 10.<br />
8 Die »Bestätigung« für Lamprecht wurde erst<br />
am 10. 8. 1957 gegeben; vgl. Deutsche Kinemathek<br />
Berlin, Signatur 4.3-198306-0, Sammlung<br />
Gerhard Lamprecht. Zu den Briefen aus<br />
den Jahren 1951 und 1957 vgl. Biz 2005 (wie<br />
Anm. 6), S. 11.<br />
9 Von dreien dieser Titel existieren im Archiv<br />
des Deutschen Filminstituts in Frankfurt Original-Einspielungen,<br />
die Mitte der 1920er-Jahre<br />
für die Cinema-Serie der Deutschen Grammophon<br />
aufgenommen wurden, gedacht für<br />
kleinere Kinos: Cinema Nr. 706: Aiuto! Aiuto!;<br />
Cinema Nr. 905: Spettri; Cinema Nr. 906:<br />
Notte misteriosa.<br />
10 Diese Praxis war kein Einzelfall: Auch Hans<br />
Erdmanns Filmmusik zu Nosferatu wurde<br />
wieder veröffentlicht als Fantastisch-romantische<br />
Suite für die Walhalla-Serie des Musikverlags<br />
Bote & Bock.<br />
11 Pietro Mascagni, Komponist der veris ti schen<br />
Oper Cavalleria rusticana (1890), wurde von der<br />
italienischen Filmgesellschaft CINES gebeten,<br />
die Poema Cinema-Musicale Rapso dia satanica<br />
zu komponieren, der wohl früheste und singuläre<br />
Fall in der Filmmusik geschichte, dass der<br />
Kompo nist der Alleinverantwortliche für das<br />
End resultat blieb; vgl. Oliver Huck, »Pietro<br />
Mascagnis ›Rapsodia satanica‹ und die Geburt<br />
der Filmkunst aus dem Geiste der Musik«,<br />
in: Archiv für Musikwissenschaft, 61, 2004,<br />
S. 190–206.<br />
12 Zur Nachkriegssituation des Weimarer Films<br />
vgl. Thompson 1990 (wie Anm. 5), S. 124–127.<br />
13 Die englische CEA – Cinematograph Exhibitor’s<br />
Association – sprach sich für ein fünfjähriges<br />
Importverbot deutscher Filme aus, das französische<br />
Syndicat français des directeurs de<br />
cinématographes gar für eine 15-jährige Einfuhrsperre.<br />
320<br />
14 Vgl. Budd 1990 (wie Anm. 5), S. 75.<br />
15 Vgl. Julie Hubbert, »Modernism at the Movies.<br />
›The Cabinet of Dr. Caligari‹ and a Film Score<br />
Revisited«, in: Musical Quarterly, 88, 2005,<br />
S. 63–94, hier S. 64.<br />
16 Ernö Rapée (amerikanische Schreibweise Erno<br />
Rapee, eigtl. Ernest Rappaport, 1891–1945)<br />
zählte zu den Größen der Stummfilmmusik, sowohl<br />
als Komponist und Autor wie als Dirigent<br />
großer Filmorchester, darunter die der großen<br />
Kinopaläste in New York (Rialto Theatre, Rivoli<br />
Theatre, später Roxy Theatre und Radio City<br />
Music Hall). Rapée dirigierte auch in Europa,<br />
so die Berliner Philharmoniker, die Budapester<br />
Philharmonie und das Orchester des UFA-<br />
Palas tes.<br />
17 Verschiedene Journale erwähnen weitere<br />
Komponisten, darunter Leo Ornstein, Sergej<br />
Prokofjew, Modest Mussorgsky, Alexander<br />
Skrjabin, Erik Satie sowie »other revolutionists<br />
and evolutionists«; vgl. Hubbert 2005 (wie<br />
Anm. 15), S. 77. Die verwirrende Vielfalt an<br />
Kom ponistennamen ist Indiz dafür, wie Wissen<br />
und Erfahrung divergierten. Vielen Zeitgenossen<br />
waren die Namen junger Komponisten aus der<br />
international ausgerichteten Fachpresse geläufig,<br />
die wenigsten jedoch hatten deren Musik in<br />
amerikanischen Konzertsälen hören können.<br />
18 Samuel L. Rothafel, zit. nach: Bernard Rogers,<br />
»Comes Stravinsky to the Film Theater«, in:<br />
Musical America, 16. April 1921, S. 5: »to heighten<br />
its exotic character, to underline its fantastic<br />
aspects«.<br />
19 Hubbert 2005 (wie Anm. 15), S. 84.<br />
20 Carl van Vechten, Music and Bad Manners, New<br />
York 1916, S. 227, 233.<br />
21 Samuel L. Rothafel, zit. nach: Bernard Rogers<br />
1921 (wie Anm. 18): »›Caligari‹ is, to my mind,<br />
an imaginative masterpiece and a triumph [of]<br />
directing. Musically no less than pictorially it<br />
opens up a virgin country. As briefly back as<br />
five years Stravinsky or Schönberg in the movie<br />
house belonged to the inconceivable. To-day it<br />
calmly happens, and the audience calmly swallows<br />
the pill.«<br />
22 Janowitz war durch Das Cabinet des Dr. Caligari<br />
quasi über Nacht zu einer Berühmtheit geworden<br />
und viel beschäftigt als Autor von Dreh büchern,<br />
die das »Caligarische« betonten: Außenseiter,<br />
Mord, seelische Nöte als Motiv. Auch an<br />
einer Bühnenfassung des Caligari-Stoffes hat<br />
Janowitz gearbeitet; vgl. das Nachwort von Rolf<br />
Rieß zu: Hans Janowitz, Jazz, Neuausg., Bonn<br />
1999, S. 128 f.<br />
23 Paul Leppin, »Rezension zu Hans Janowitz,<br />
›Jazz‹«, in: Die Literatur, 1926 / 27, zit. nach:<br />
Rieß 1999 (wie Anm. 22), S. 129.<br />
24 Paul Hindemith, Suite 1922, Mainz 1922,<br />
S. 19 (Anmerkung des Komponisten zum<br />
Satz Toccata).<br />
25 Am 14. 7. 1928 in Baden-Baden, Hindemith kom-<br />
po nierte hierfür Stücke für mechanisches Klavier<br />
und Film. Bereits im Vorjahr ent stan den<br />
Kompositionen für Film und mecha nische Orgel<br />
(in Zusammenarbeit mit der Freiburger Firma<br />
Welte); vgl. Michael Beiche, »Musik und Film im<br />
deutschen Musikjournalismus der 1920er Jahre«,<br />
in: Archiv für Musik wissen schaft, 63, 2006, S. 96.<br />
26 Ebd., S. 99.<br />
27 Etwa das Tri-Ergon-Verfahren oder der von Karl<br />
Robert Blum entwickelte Musik-Chrono meter;<br />
vgl. Michael Wedel, »Aggregat der Avantgarde.<br />
Das Blumsche Musik-Chrono meter zwischen<br />
Film, Konzertsaal und Bühne«, in: Nils Grosch<br />
(Hrsg.), Aspekte des Modernen Musiktheaters in<br />
der Weimarer Republik, Münster 2004, S. 73–100.<br />
28 Vgl. Barbara Kienscherf, Das Auge hört mit.<br />
Die Idee der Farblichtmusik und ihre Problematik,<br />
Frankfurt a. M. 1996, S. 141.<br />
29 Vgl. ebd., S. 177.<br />
30 Arnold Schönberg, »Die glückliche Hand«,<br />
in: ders., Stil und Gedanke. Aufsätze zur<br />
Musik, hrsg. von Ivan Vojtěch, Frankfurt a. M.<br />
1976, S. 238. Zur Idee der Farblichtmusik vgl.<br />
Kienscherf 1996 (wie Anm. 28) und Adrian<br />
Bernard Klein, Colour-Music. The Art of Light,<br />
London 1930.<br />
31 Rudolf Stephan Hoffmann, »Kinomusik«, in:<br />
Musikalischer Kurier, 2, 1920, S. 117, zit. nach:<br />
Beiche 2006 (wie Anm. 25), S. 110.<br />
32 Harburger, »Ueber Filmmusik«, in: Neue Musikzeitung,<br />
49, 1928, S. 157, zit. nach: Beiche 2006<br />
(wie Anm. 25), S. 114.<br />
33 Ernst Kurth, Bruckner, Berlin 1925, Bd. 1,<br />
S. 238 f. Ernst Kurths (1886–1946) Schriften,<br />
wie auch die von August Halm (1869–1929),<br />
waren sowohl von den ersten musikpsycho lo gi -<br />
schen Forschungen als auch vom Gedankengut<br />
der Lebens reform beeinflusst; vgl. hierzu<br />
Joachim Fontaine, »›... ja, die rechte Musik<br />
muß veredeln.‹ Zu Beziehungen zwischen<br />
Lebens reform und Musik«, in: Die Lebensreform.<br />
Entwürfe zur Neugestaltung von Leben<br />
und Kunst um 1900, hrsg. von Kai Buchholz u. a.,<br />
Ausst.-Kat. Institut <strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt,<br />
Darmstadt 2001, S. 335–342.<br />
34 In seiner Jugend war Kayser auch kurzzeitig<br />
Schüler von Schönberg gewesen. Später zählten<br />
zu seinem Bekannten- und Freundes kreis Mitglieder<br />
des Bauhaus.<br />
35 Alfred Döblin, »Außenseiter der Wissen schaft«,<br />
in: Vossische Zeitung, 31. 12. 1927, zit. nach:<br />
Rudolf Haase, Hans Kayser. Ein Leben für die<br />
Harmonik der Welt, Basel / Stuttgart 1968, S. 58.<br />
36 Albert von Thimus, Die harmonikale Symbolik<br />
des Alterthums, 2 Bde. (1868 und 1876), Nachdr.,<br />
Hildesheim 1988.<br />
37 Zit. nach: Haase 1968 (wie Anm. 35), S. 65.<br />
38 Georg Anschütz, Farbe-Ton-Forschungen, Bd. 1,<br />
Leipzig 1927, S. IV.<br />
39 Ebd.<br />
40 »Farbenhören«, in: Die Musik in Geschichte und<br />
Gegenwart, 1954, Bd. 4, Sp. 1804.<br />
41 Eine Liste von Veröffentlichungen gibt Jörg<br />
Jewanski, »Die Institution. Albert Welleks Bedeutung<br />
für die Erforschung der Synästhesie«,<br />
in: Musikpsychologie. Jahrbuch der Deutschen<br />
Gesellschaft für Musikpsychologie, 12, 1995.<br />
42 Vgl. hierzu etwa Louis Delluc: »Le Cabinet<br />
du Docteur Caligari«, in: Cinéa, 44, 10. 3. 1922,<br />
S. 5; Thompson 1990 (wie Anm. 5), S. 153.<br />
43 Der Film wurde dort bis zum 5. 5. 1922 gezeigt,<br />
eine für damalige Verhältnisse außergewöhnlich<br />
lange Zeit.<br />
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4<br />
Unbekannt, Plakat zum Film<br />
The Cabinet of Dr. Caligari, 1920,<br />
Regie: Robert Wiene, Lithografie<br />
Anzeige, The Cabinet of Dr. Caligari.<br />
Rich in Exploitation Cues, in: Moving<br />
Picture World, 23. April 1920, S. 791<br />
12_Fontaine_V2.indd 321 09.10.2010 6:59:03 Uhr<br />
3<br />
321
Robert Wiene, Titelblatt des Originaldrehbuchs zu Das Cabinet des Dr. Caligari,<br />
1919 / 20, Regie: Carl Mayer und Hans Janowitz, Kohle und Tinte, Deutsche Kinemathek –<br />
Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
12_Fontaine_V2.indd 322 09.10.2010 6:59:03 Uhr
STATUS:<br />
LITHO-LAYFILE ERHALTEN<br />
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Walter Reimann, Ohne Titel (Brücke), Bautenentwurf zum Film Das Cabinet des Dr. Caligari, 1919,<br />
Regie: Robert Wiene, Pastell, Deutsches Filminstitut – DIF / Deutsches Filmmuseum, Frankfurt a. M.<br />
324<br />
12_Fontaine_V2.indd 324 09.10.2010 6:59:04 Uhr
Das Cabinet des Dr. Caligari, 1919 / 20, Regie: Robert Wiene,<br />
Standfotografie, Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt a. M.<br />
12_Fontaine_V2.indd 325 09.10.2010 6:59:04 Uhr<br />
325
Lyonel Feininger, Brücke IV. Brücke in Weimar, 1918, Öl auf Leinwand, Kirchner Museum Davos<br />
326<br />
12_Fontaine_V2.indd 326 09.10.2010 6:59:04 Uhr
Paul Adolf Seehaus, Bergstadt, 1915, Öl auf Leinwand, Museum Ludwig, Köln<br />
12_Fontaine_V2.indd 327 09.10.2010 6:59:05 Uhr<br />
327
Peter Panter alias Kurt Tucholsky, Dr. Caligari, 1920,<br />
Erstveröffentlichung: Die Weltbühne, H. 11, 11. März 1920<br />
328<br />
Seit Jahren, seit den großen Wegener-Filmen,<br />
habe ich nicht so aufmerksam im Kino gesessen<br />
wie beim Kabinett des Dr. Caligari.<br />
Dieser Film, verfaßt von Karl Mayer und<br />
Hans Janowitz, inszeniert von Robert Wiene<br />
mit Hilfe der Maler Hermann Warm, Walter<br />
Reimann und Walter Röhrig, ist etwas ganz<br />
Neues. Der Film spielt – endlich! endlich! – in<br />
einer völlig unwirklichen Traumwelt, und hier<br />
ist ohne Rest gelöst, was seinerzeit bei der Inszenierung<br />
der Wupper im Deutschen Theater<br />
erstrebt wurde und nicht ganz erreicht werden<br />
konnte. Wenn man nun noch die Schauspieler<br />
in weniger reale Kostüme steckte – wo gibt es in<br />
diesen schiefen, verqueren, hingehauenen Häusern<br />
solche soliden Kragen? –: dann wäre alles<br />
gut. (Fast alles: Herr Fehér ist es nicht, weil<br />
er sich, wie seine Partnerinnen, grade so bewegt,<br />
als ob er in einem schlechten Porten-Film<br />
mitwirkte.)<br />
Aber nun laßt mich loben. Ein Wahnsinni<br />
ger erzählt einem Kollegen der gleichen Fakul<br />
tät sein Schicksal. Das Ganze unheimlich<br />
aufgebaut, verwischt, aber nicht ganz vom<br />
Rai sonnement befreit. Fast jedes Bild ist gelungen:<br />
namentlich jene kleine Stadt auf dem<br />
Berge (alle Szenerien sind gemalt, nichts spielt<br />
vor wirklichen Dingen), ein Platz mit Karussells,<br />
merkwürdige Zimmer, entzückend stilisierte<br />
Amtsräume, in denen Hoffmannsche Beamte<br />
auf spitzen Stühlen sitzen und regieren.<br />
Verzwackt die Gebärden, verzwickt Licht und<br />
Schattenspiel an den Wänden ...<br />
Die Fabel vom Mißbrauch des Somnambulen<br />
eben nicht neu – aber höchst einprägsam<br />
gemacht. Manche Bilder haften: der Mörder in<br />
seiner hohen Zelle, Straßen mit laufenden Leuten,<br />
ein[e] dunkle Gasse – man muß an Wunder<br />
glauben, um das gestalten zu können. Und<br />
die Mimen?<br />
Werner Krauß wie aus einer Hoffmannschen<br />
Erzählung herausgeschnitten, er ist wie<br />
ein dicker Kobold aus einem deutschen Märchen,<br />
ein Bürgerteufel, eine seltsame Mischung<br />
von Realistik, und Phantasie. Besonders bei<br />
ihm ist zu spüren: Niemand geht durch solche<br />
Gassen, weil es sie nicht gibt – ginge aber einer,<br />
dann könnte er nur so gehen wie dieser unheimliche<br />
Kerl. (Goethe nannte das einmal die solide<br />
Mache in der Phantastik.) Veidt stelzt dünn und<br />
nicht von dieser Erde durch seine wirre Welt:<br />
einmal ein herrlicher Augenaufschlag, einmal<br />
wie von Kubin, schwarz und schattenhaft und<br />
ganz lang an einer Mauer hingespensternd.<br />
Ein Mord wird sichtbar – als Schattenspiel<br />
an einer grauen Wand. Und zeigt wieder, wie das<br />
Geahnte schrecklicher ist als alles Gezeigte. Mit<br />
unserer Phantasie kann kein Kino mit. Und daß<br />
in diesem Film, von einer geraubten Frau, ein<br />
Schrei ertönt, den man hört, wirklich hört (wenn<br />
man Ohren hat) – das soll ihm unvergessen sein.<br />
Das Publikum schwankte zwischen Heiterkeit<br />
und Unverständnis: der Berliner hat,<br />
wenn er sich grault, einen Lacher zur Verfügung,<br />
der durch die Nase geblasen wird, das ist<br />
höchst effektvoll. Ein Provinzgeschäft ist es<br />
nicht, und ich fürchte, nicht einmal ein berliner<br />
Geschäft.<br />
Aber – die größeste von allen Seltenhei-<br />
ten –: ein guter Film. Mehr solcher!<br />
Dr. Caligari<br />
12_Fontaine_V2.indd 328 09.10.2010 6:59:05 Uhr
Walter Reimann, Passage 1, Szenenbildentwurf zum Film Das Cabinet des<br />
Dr. Caligari, 1919 / 20, Regie: Robert Wiene, Gouache, Deutsche Kinemathek –<br />
Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
12_Fontaine_V2.indd 329 09.10.2010 6:59:05 Uhr<br />
329
Ludwig Sievert, Penthesilea, Bühnenbildentwurf, 1920, Schauspiel Frankfurt,<br />
Regie: Richard Weichert, Pastell auf Karton, Theaterwissenschaftliche Sammlung<br />
der Universität zu Köln<br />
330<br />
12_Fontaine_V2.indd 330 09.10.2010 6:59:06 Uhr
Das Cabinet des Dr. Caligari, 1919 / 20, Regie: Robert Wiene, Standfotografie,<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
12_Fontaine_V2.indd 331 09.10.2010 6:59:06 Uhr<br />
331
332<br />
Otto Arpke und Erich Ludwig Stahl, Plakat Du musst Caligari werden zum<br />
Film Das Cabinet des Dr. Caligari, 1919 / 20, Regie: Robert Wiene, Lithografie,<br />
Sammlung Sachs, Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin<br />
12_Fontaine_V2.indd 332 09.10.2010 6:59:07 Uhr
E. K., »... ob Kunst im Film möglich ist, wurde gestern endgültig entschieden«, 27. Februar 1920,<br />
Erstveröffentlichung: Nationalzeitung. 8-Uhr-Abendblatt, 27. Februar 1920<br />
Die Frage, ob Kunst im Film möglich ist, wurde<br />
gestern endgültig entschieden. Mit dem Filmwerk<br />
Caligari beginnt in der Beurteilung des<br />
Films eine neue Epoche. Es gilt, einen neuen<br />
Wertmesser zu finden für etwas bisher Nochnicht-dagewesenes.<br />
Denn soviel steht fest: Der<br />
Film von gestern hat mit diesem Werk nichts,<br />
gar nichts mehr gemein. Das, was man im Marmorhaus<br />
sah, wächst weit über den Rahmen<br />
des Films hinaus. Stärkste Eindrücke, erzeugt<br />
mit künstlerischen Mitteln! Nicht mehr Film,<br />
nicht mehr Kientopp! Eine neue Aera ist angebrochen<br />
– der großen Kunst der Sprechbühne<br />
ist ein ebenbürtiger Faktor gegenübergestellt.<br />
Aber auch selbst die Wucht solcher Worte kann<br />
diese Schöpfung nicht restlos würdigen. Nur die<br />
elementare Eindringlichkeit, mit der sich das<br />
Gefühl »Kunst« dem Zuschauer einimpft, kann<br />
hier den richtigen Eindruck erwecken, daß dieser<br />
– sagen wir ruhig das Wort – Film ein Erlebnis<br />
ist. Diese Wirkung ist erzielt durch die restlose<br />
Ausnutzung des Rein-Bildmäßigen, in der<br />
vollendeten Anpassung von Handlung, Szene<br />
und Darstellung. Die Idee, die Vorstellung in<br />
den kranken Gehirnen (die Handlung spielt in<br />
einem Irrenhaus) in expressionistischen Bildern<br />
auszudrücken, ist ebenso glücklich gewählt wie<br />
gelöst. Hier hat dieser Stil eine Berechtigung,<br />
ergibt sich von selbst mit restloser Logik. Verständlich<br />
auch für jene Kreise, die für diese<br />
eindringliche Kunst noch nicht reif sind. Der<br />
Schöpfer dieses Werkes ist Regisseur Dr. Wiene.<br />
Ihm gebürt die weitgehendste Anerkennung<br />
für sein künstlerisches Schaffen. Ebenso den<br />
Malern Hermann Warm, Walter Röhrig und<br />
Walter Reimann. Lebhaften Anteil am Erfolge<br />
haben ferner die Verfasser Karl Mayer und Hans<br />
Janowitz. Um die Darstellung machten sich vor<br />
allem Werner Krauß, Conrad Veidt und Hanns<br />
Heinz von Twardowski, dann aber auch Fritz<br />
Féher und Lil Dagover verdient. Der »DECLA«<br />
(Aegide Rudolf Meinert) soll es hoch angerechnet<br />
werden, daß sie dem deutschen Film mit<br />
großzügigem Mut zu einer neuen Epoche verholfen<br />
hat.<br />
E. K.<br />
»... ob Kunst im Film<br />
möglich ist, wurde gestern<br />
endgültig entschieden«<br />
12_Fontaine_V2.indd 333 09.10.2010 6:59:07 Uhr<br />
333
Bernard Rogers, Strawinsky im Lichtspielhaus, 1921, Erstveröffentlichung:<br />
Musical America, 16. April 1921, S. 5 (Abb. S. 318, Übersetzung: Christian Quatmann)<br />
334<br />
Avantgardistische Kompositionen begleiten<br />
im Capitol Theater einen bemerkenswerten<br />
Film – Musikalische<br />
Motive, die durch Verfremdung an das<br />
Albtraumszenario des Films adaptiert<br />
werden – Der Film: eine originelle<br />
PSYCHOPATHOLOGISCHE Studie – Zwei<br />
Kunstrichtungen: ein expressionistischer<br />
Stil – Ein echter musikalischer<br />
Aufbruch<br />
An diesem Punkt beendete der junge Mann seinen<br />
unheimlichen Vortrag ...<br />
Gemeinsam mit seinem einzigen Zuhörer<br />
betrat er das Marmorhaus, das sich aus dem verschlungenen<br />
feuchten Gestrüpp erhob ...<br />
Als die Macher des Films Das Cabinet des Dr.<br />
Caligari die Tür zu diesem Irrenhaus aufstießen,<br />
fiel erstmals der Lichtstrahl der Imagination<br />
in die Welt des Kinos. Eine ebenso kühne wie<br />
bewundernswerte Tat. So pflanzten die Filmpioniere<br />
die leuchtende Fahne des Futurismus<br />
genau dort auf, wo zuvor das Prosaische unangefochten<br />
das Feld behauptet hatte. Nun gibt<br />
es die Hoffnung, die Kamera könnte in Zukunft<br />
endlich die ihr gebührende Rolle ausfüllen.<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari verhält sich zum<br />
gängigen Lichtspiel wie ein Cézanne-Gemälde zu<br />
einem Bild von Meissonier. Das eine lässt einen<br />
Standpunkt, einen persönlichen Blick erkennen,<br />
das andere dagegen hält bloß das Mikroskop der<br />
Masse empor. Das eine ist Kunst, das andere<br />
nichts als Kunsthandwerk.<br />
Die Macher des Dr. Caligari lassen sich von<br />
der Annahme leiten, die Prinzipien der Moderne,<br />
die in der bildenden Kunst heute den Ton angeben,<br />
besäßen auch im Bereich der bewegten<br />
Bilder Geltung. In dem merkwürdigen Reich, in<br />
dem Dr. Caligari seinen grässlichen Geschäften<br />
nachgeht, ist alles aus dem Lot geraten: Fenster,<br />
Türen, Dächer. Das Licht dringt wie von<br />
fremden Planeten in diese Welt – eine Welt harter<br />
Kontraste und düsterer Schatten. Von der<br />
uns vertrauten Ordnung der Dinge keine Spur<br />
mehr. So befremdlich dies alles erscheinen mag,<br />
entfaltet es im Fortgang des Geschehens gleichwohl<br />
seine eigene Logik, seine eigene Zwangsläufigkeit.<br />
Wir sehen nämlich vor uns auf der<br />
Leinwand nichts anderes als in einem kranken<br />
Gehirn tanzende Marionetten. Kurz: Der Film<br />
ist eine psychopathologische Studie.<br />
Bei der amerikanischen Premiere des Dr.<br />
Caligari hatte die musikalische Untermalung<br />
vor allem einen Zweck: Sie sollte den exo tischen<br />
Charakter und die fantastischen Aspekte des<br />
Lichtspiels noch verstärken. Und so spielte<br />
im Capitol Theater, wo der Film erstmals in<br />
den USA zu sehen war, das glänzend aufgelegte<br />
Orches ter ein musikalisches Arrangement,<br />
das sich bei zeitgenössischen Komponisten wie<br />
Debussy, Strauss oder Strawinsky bediente.<br />
S. L. Rothafel, der künstlerische Leiter des großen<br />
Lichtspieltheaters, äußerte sich wie folgt<br />
zur Kompilation und Bearbeitung der Musik:<br />
»Mr. Rapee (der Dirigent) und ich haben<br />
uns Gedanken über die musikalische Herausforderung<br />
gemacht, vor die uns Das Cabinet des<br />
Dr. Caligari stellte. Dabei waren wir uns darin<br />
einig, dass wir hier mit den üblichen Mitteln<br />
nicht weiter kommen. Zweifellos erforderte ein<br />
derart revolutionärer Film sorgfältige auf die<br />
Atmosphäre und die Dramaturgie des Geschehens<br />
abgestimmte musikalische Begleitung.<br />
Und natürlich spielte auch die Psychologie eine<br />
wichtige Rolle – die psychologische Situation<br />
des Publikums wie der Film-Figuren. In dem<br />
phantasmagorischen Strudel, in den Dr. Caligari<br />
uns hineinzieht, agieren die Figuren in einer<br />
völlig aus den Fugen geratenen Welt. Was wir<br />
hier sehen, ist ein dem Wahnsinn verfallenes<br />
Land mit grotesk verfremdeten Häusern, bizarr<br />
verdrehten spindeldürren Bäumen, bestürzend<br />
steilen zerklüfteten Wegen ...<br />
Das Leitprinzip dieser wuchernden Architektur,<br />
dieser wüsten Landschaft ist die Verfremdung.<br />
Das stand uns bei der Kompilation und<br />
Bearbeitung der Musik stets deutlich vor Augen.<br />
Und so haben wir bei Schönberg, Debussy,<br />
Strawinsky, Prokofjew und Richard Strauss<br />
nach geeignetem Material Ausschau gehalten.<br />
Zuerst haben wir passende Themen zusammengesucht<br />
und sie auf die Dramaturgie<br />
des Films abgestimmt. Anschließend haben wir<br />
die Musik dann so verfremdet, dass sie sich wie<br />
ein Echo jenes Albtraumlands und seiner Bewohner<br />
anhörte.<br />
Dabei haben wir uns von Wagner inspirieren<br />
lassen und die Musik leitmotivisch strukturiert.<br />
So haben wir etwa das Caligari-Motiv<br />
in Strauss’ ›Till Eulenspiegel‹ entdeckt. Sooft<br />
Caligari auf der Leinwand erscheint oder etwas<br />
im Schilde führt, wird es explizit oder bloß andeutungsweise<br />
angestimmt. Zur Charakterisierung<br />
des somnambulen Mediums Cesare machten<br />
Mr. Rapee und ich einige Anleihen bei<br />
Debussys ›Nachmittag eines Fauns‹. Die erwähnten<br />
Hauptmotive tauchen mal einzeln,<br />
mal gemeinsam auf – mal komplett, mal lediglich<br />
angedeutet, je nachdem wie es die Dramaturgie<br />
des Geschehens gerade verlangt. Mit der<br />
Originalmusik des Films ist diese musikalische<br />
Untermalung freilich nicht identisch. Vielmehr<br />
haben wir sie eigens so konzipiert, dass sie die<br />
makabre Atmosphäre des Films noch verstärkt.<br />
Den gleichen Zweck erfüllen auch die gedämpften<br />
Blechbläserklänge, die immer wieder einmal<br />
zu hören sind.<br />
Ich darf wohl mit Fug und Recht sagen,<br />
dass wir es hier mit dem bisher kühnsten musikalischen<br />
Unternehmen in der Geschichte des<br />
amerikanischen Filmtheaters zu tun haben.<br />
Wir haben uns bei dem Projekt tatsächlich besonders<br />
viel Mühe gegeben, weil der Film uns so<br />
tief beeindruckt hat. Für mein Empfinden ist<br />
Dr. Caligari ein Meisterwerk der Vorstellungskraft,<br />
ein Triumph der Regie. Nicht nur die<br />
Bildsprache, auch die Filmmusik stößt hier auf<br />
Neuland vor.«<br />
Noch vor fünf Jahren wären Strawinsky<br />
oder Schönberg in einem Lichtspieltheater völ lig<br />
undenkbar gewesen. Doch inzwischen schluckt<br />
das Publikum diese Pille ohne Murren. Natürlich<br />
hätte man zur Untermalung des Films auch<br />
auf das übliche – bis zum Überdruss strapazierte<br />
– Musik-Potpourri zurückgreifen können.<br />
Umso mehr Bewunderung verdienen die Herren<br />
Rothafel und Rapee dafür, dass sie hier etwas<br />
völlig Neues gewagt haben. Das war nicht nur<br />
mutig, sondern auch ungemein arbeitsaufwendig<br />
und kostspielig. So wurden etwa eigens vier<br />
Proben angesetzt. Doch dieser Aufwand hat<br />
sich zweifellos gelohnt. Und so hat Strawinkys<br />
sperrige Musik Einzug in das Filmtheater gehalten.<br />
Wer weiß – vielleicht trägt sie ja dazu<br />
bei, dass sich dort einmal jene süßlichen Nebelschwaden<br />
lichten, bevor die letzte Filmrolle ab-<br />
gespielt wird.<br />
12_Fontaine_V2.indd 334 09.10.2010 6:59:07 Uhr
Strawinsky<br />
im Lichtspielhaus<br />
Walter Röhrig, Das Cabinet des Dr. Caligari, Szenenbildentwurf, 1919,<br />
Regie: Robert Wiene, Bleistift und Kreide, unten: Das Cabinet des<br />
Dr. Caligari, Szenenbildentwurf, 1919, Regie: Robert Wiene, Bleistift<br />
und Gouache auf grauem Karton, Cinémathèque française, Paris<br />
12_Fontaine_V2.indd 335 09.10.2010 6:59:08 Uhr<br />
335
13_Durth_V2.indd 336 09.10.2010 7:02:33 Uhr
ESSAY<br />
Die Neuerfindung der Welt als<br />
gute Wohnung im All<br />
Bruno Taut und die Gläserne Kette<br />
Werner Durth<br />
Werner Durth<br />
13_Durth_V2.indd 337 09.10.2010 7:02:33 Uhr
»Das bunte Glas / zerstört den Hass.« Mit<br />
diesen Worten des Dichters Paul Scheerbart,<br />
schon von weitem als Inschrift über dem Eingang<br />
zum spektakulären Glashaus der Ausstellung<br />
des Deutschen Werkbunds in Köln 1914 zu<br />
lesen, die seit dem 16. Mai Tausende von Besuchern<br />
aus aller Welt anzog, begrüßte der Architekt<br />
Bruno Taut die Gäste.<br />
338<br />
1 Mit Böllerschüssen<br />
und Flaggenbomben pompös eröffnet, war diese<br />
Ausstellung die erste Leistungsbilanz des 1907<br />
gegründeten Bundes, der sich als Vereinigung<br />
von Architekten und bildenden Künstlern, Politikern<br />
und Industriellen eine alle Lebensbereiche<br />
umfassende Form der Produktgestaltung – »vom<br />
Sofakissen zum Städtebau« 2 – zur Aufgabe gemacht<br />
und in wenigen Jahren bereits internationale<br />
Anerkennung gewonnen hatte. Neben den<br />
prominenten Baumeistern aus der Gründungsgruppe<br />
des Werkbunds, wie Peter Behrens,<br />
Theodor Fischer und Hermann Muthesius,<br />
die in der Gestalt ihrer Gebäude noch einen<br />
moderaten Historismus vertraten, waren auch<br />
zwei Architekten der jüngeren Generation eingeladen,<br />
deren Bauten rasch große Aufmerksamkeit<br />
fanden.<br />
Walter Gropius präsentierte eine Musterfabrik mit<br />
gläserner Vorhangfassade und runden Treppentürmen,<br />
die über zwei Geschosse mit gebogenen<br />
Glasscheiben umgeben waren. »Ein neuartiger<br />
Wagemut zeigt sich uns da«, berichtete die Zeitschrift<br />
Architectural Tribune ihren Lesern in Amerika:<br />
»Die Wände verschwinden. Treppen häuser,<br />
wie durch einen architektonischen Röntgenstrahl<br />
skelettiert, schrauben ihre schwebenden Spiralen<br />
in die Luft. Die Ecktürme sind transparent<br />
geworden und scheinen überkommenen Lastvorstellungen<br />
zu spotten.« 3 Auch der wegen seines<br />
Erscheinungsbilds »Spargelkopf« genannte Kuppelbau<br />
Tauts verweigerte sich den Prinzipien herkömmlicher<br />
Tektonik (Abb. 1).<br />
Über kreisrundem Grundriss führten geschwungene<br />
Treppen mit gläsernen Stufen<br />
entlang der gebogenen Wände aus Glasbausteinen<br />
in einen Kuppelsaal, der durch sein<br />
Dach aus farbigem Glas im Wechsel von<br />
Tages licht und künstlicher Beleuchtung geradezu<br />
psychedelische Raumerleb nisse vermittelte.<br />
Trotz der symmetrischen Grund rissfigur<br />
war das Konzept des Hauses auf einen ständigen<br />
Per spektivwechsel der Besucher hin<br />
angelegt, die nach dem Aufstieg über die gewundene<br />
Treppe schließlich unter den vielfach<br />
gebrochenen Linien der filigranen Kuppelkonstruktion<br />
kreisförmig eingehängte Lichtkugeln<br />
und in der Mitte eine Traube aus farbigen<br />
Leuchtkörpern wahrnehmen konnten, »deren<br />
warme ge dämpfte Lichtwellen den Kuppelsaal<br />
durch wallen und eine unbeschreibliche<br />
Mär chenstimmung über den Raum legen.« 4<br />
Der Abstieg führte die Besucher über einen<br />
anderen Treppenlauf zu einem Wasserfall in<br />
der Mitte des Hauses, der durch illuminierte<br />
Kaskaden den Raum mit einem »die Sinne betörenden<br />
Spektrum von Licht, Raum und Bewegung«<br />
5 erfüllte.<br />
In seinem 1919 erschienen Aufsatz über<br />
die »Farbenwirkungen aus meiner Praxis«<br />
sprach Taut im Rückblick von einem<br />
»Lichtschein, dessen Farben unten<br />
tiefblau begannen, von moosgrün nach<br />
oben in goldgelb übergingen und in<br />
der Spitze des Raumes in strahlendem<br />
Weißgelb ausklangen.« Seine Aufgabe<br />
sei, durch solche Architektur aus farbigem<br />
Glas »ein Gewand für die Seele<br />
zu bauen«, 6 erklärte Taut, und er folgte<br />
damit der Verheißung Scheerbarts, »daß<br />
die Glasarchitektur den Menschen auch<br />
in ethischer Beziehung bessert«. 7<br />
Mit diesem Glashaus konnte sich Taut, seit<br />
seiner Jugend selbst passionierter Maler, 8<br />
einen Wunsch erfüllen, den er Anfang 1914<br />
emphatisch beschrieben hatte. Unter dem<br />
Titel »Die Notwendigkeit« forderte er in<br />
Herwarth Waldens Zeitschrift Der Sturm die<br />
Zusammenführung aller bildenden Künste in<br />
einem radikal neuen Verständnis vom Bauen<br />
im Sinne eines weltumspannenden <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s.<br />
»Bauen wir zusammen an einem<br />
großartigen Bauwerk, das nicht allein Architektur<br />
ist, in dem alles, Malerei, Plastik, alles<br />
zusammen eine große Architektur bildet, und<br />
in dem die Architektur wieder in den anderen<br />
Künsten aufgeht.« 9 Taut beteuerte euphorisch:<br />
»Eine Intensität hat Künstler aller<br />
Künste ergriffen, eine Religiosität, die sich<br />
nicht mit weichen Anwandlungen begnügen<br />
will, sondern nach gesetzmäßigen Formen<br />
strebt. Die Plastik und die Malerei finden<br />
sich auf rein synthetischen und abstrakten<br />
Wegen und man spricht überall von dem Aufbauen<br />
der Bilder.«<br />
Nun müsse auch die Architektur »bei den großen<br />
Arbeiten, die sich über den wirtschaftlichen<br />
Rahmen hinaus erheben, zum Ausdruck,<br />
zu einer klingenden Rhythmik und Dynamik<br />
kommen«. Der Architekt kam zu der Einsicht:<br />
»Es liegt eine Notwendigkeit in der neuen<br />
Kunst, daß sich dieser Zusammenschluß von<br />
Architektur, Malerei und Plastik vollziehen soll.<br />
Moderne Architekten werden nur so schöpferisch<br />
und in einem höheren Sinne traditionell<br />
gestalten, wie sie die Notwendigkeit dieses<br />
Zusammenschlusses erkennen.«<br />
Solcher Zusammenschluss setzte permanente<br />
Grenzüberschreitung voraus, Überwindung der<br />
Grenzen zwischen den Kunstgattungen und<br />
Tätig keitsfeldern auch über die bildenden Künste<br />
hinaus. Mit einer fiebrig gesteigerten Intensität<br />
im Erleben der Wirklichkeit, in dem auch das<br />
subjektive Empfinden, Rausch und Ekstase als<br />
Wirklichkeiten eigener Art Geltung erlangten,<br />
wurden Architekten zu Malern, Maler zu Dichtern,<br />
Dichter zu Entwerfern fantastischer Szenerien,<br />
die wiederum den Baumeistern neue Ideen<br />
schenkten. Nicht nur die Architektur sollte »zu<br />
einer klingenden Rhythmik und Dynamik kommen«,<br />
in der die Regeln der Tektonik ebenso wie<br />
die Gesetze der Perspektive außer Kraft gesetzt<br />
würden. Vor allem die jungen Maler erkundeten<br />
mit Leidenschaft neue Wege ihrer Kunst, indem<br />
sie dabei zugleich ihre Wahrnehmung der Welt<br />
thematisierten.<br />
»Zwischen hohen Häuserreihen blendet uns<br />
ein Tumult von Hell und Dunkel. Lichtflächen<br />
liegen breit auf Wänden. Mitten im Gewühl von<br />
Köpfen zerplatzt eine Lichtrakete«, schrieb<br />
der gerade 30jährige Ludwig Meidner Anfang<br />
1914 in seiner »Anleitung zum Malen von Großstadtbildern«:<br />
»Zwischen Fahrzeugen zuckt<br />
es hell auf. Der Himmel dringt wie ein Wasserfall<br />
auf uns ein.« Er beobachtete: »Je weiter<br />
vom Blickpunkt entfernt, desto mehr neigen<br />
sich die Linien. Stehen wir zum Beispiel<br />
geradeausblickend mitten auf der Straße, so<br />
sind vor uns, weit unten, alle Häuser senkrecht<br />
zu sehen, und ihre Fensterreihen scheinen<br />
der landläufigen Perspektive Recht zu geben,<br />
denn sie laufen dem Horizont zu. Doch die<br />
Häuser neben uns – wir fühlen sie nur mit halbem<br />
Auge – scheinen zu wanken und zusammenzubrechen.<br />
Hier schießen Linien, die in<br />
Wirklichkeit parallel laufen, steil empor und<br />
schneiden sich. Giebel, Schornsteine, Fenster<br />
sind dunkle, chaotische Massen, fantastisch<br />
verkürzt, vieldeutig.« (s. S. 216 / 217) 10<br />
1912 hatte Meidner mit seinen Freunden Richard<br />
Janthur und Jakob Steinhardt eine Gruppe gegründet,<br />
die sich Die Pathetiker nannten und<br />
noch im selben Jahr zur Ausstellung in Herwarth<br />
Waldens Galerie Der Sturm eingeladen wurde,<br />
in der zuvor mit Werken von Giacomo Balla,<br />
Umberto Boccioni, Carlo Carrà, Luigi Russolo<br />
und Gino Severini erstmals in Berlin futuristische<br />
Malerei aus Italien zu sehen war. Programmatisch<br />
war schon der Name der auf Anregung von<br />
Waldens’ erster Frau, der Dichterin Else Lasker<br />
Schüler, Der Sturm genannten Galerie und Zeitschrift.<br />
»Was war der STURM?«, 11 fragte Lothar<br />
Schreyer, einer jener Künstler aus dem Kreis um<br />
Walden, die – wie Lyonel Feininger, Johannes<br />
Itten, Paul Klee und Wassily Kandinsky – Walter<br />
Gropius ab 1919 als Lehrer an das in Weimar neu<br />
gegründete Bauhaus holte: »Der Sturm reinigt,<br />
entwurzelt, zerstört. Aber er braust auch als der<br />
Heilige Geist durch die Welt. Er ist die immerwährende<br />
Verwandlung, die Erneuerung von Grund<br />
auf, das Signal, in dem die geistige Wirklichkeit<br />
des Vollkommenen sich mit der Hinfälligkeit und<br />
der Hoffnung des irdischen Lebens begegnet.«<br />
Auf die Galerie als Treffpunkt bezogen bedeutete<br />
Sturm: »Er war gleichsam der Drehpunkt der<br />
europäischen Kunstwende. Hier war ein Magnet,<br />
der die für die Kunstwende der ersten Jahrzehnte<br />
des 20. Jahrhunderts entscheidenden Künstler<br />
un widerstehlich anzog. Dieser Magnet war ein<br />
Mensch, Herwarth Walden.«<br />
In Waldens Galerie trafen sich ab 1913 auch<br />
Taut und Scheerbart, hier wurden Tauts<br />
Aufsatz über »Die Notwendigkeit« einer<br />
Vereinigung der Künste und Scheerbarts<br />
Buch Glasarchitektur als Programmschrift<br />
eines radikal neuen Bauens zur Publikation<br />
vorgelegt, die der Dichter seinem Freund<br />
Bruno Taut widmete. In einer gleichsam<br />
gat tungs geschichtlichen Perspektive forderte<br />
er darin die Entmaterialisierung des<br />
Gebauten durch den universellen Einsatz<br />
von farbigem Glas als Voraussetzung einer<br />
kulturellen Revolution. Unter dem Titel »Das<br />
Milieu und sein Einfluß auf die Entwicklung<br />
der Kultur« liest man in den ersten Sätzen<br />
der furiosen Einleitung: »Wir leben zumeist<br />
in geschlossenen Räumen. Diese bilden das<br />
Milieu, aus dem unsre Kultur herauswächst.<br />
Unsre Kultur ist gewissermaßen ein Produkt<br />
unsrer Architektur. Wollen wir unsre<br />
Kultur auf ein höheres Niveau bringen, so<br />
sind wir wohl oder übel gezwungen, unsre<br />
Architektur umzuwandeln. Und dieses wird<br />
uns nur dann möglich sein, wenn wir den<br />
Räumen, in denen wir leben, das Geschlossene<br />
nehmen. Das aber können wir nur<br />
durch Einführung der Glasarchitektur, die<br />
das Sonnenlicht und das Licht des Mondes<br />
und der Sterne nicht nur durch ein paar<br />
13_Durth_V2.indd 338 09.10.2010 7:02:34 Uhr
1<br />
Bruno Taut, Glashaus auf der Ausstellung des Deutschen Werkbundes, Köln, 1914<br />
13_Durth_V2.indd 339 09.10.2010 7:02:34 Uhr<br />
339
2<br />
Bruno Taut, Erde, asiatische Seite, aus: Alpine<br />
Architektur, Hagen 1919, Teil 4, Blatt 25<br />
340<br />
Bruno Taut, Auflösung der Städte, Hagen 1919, Blatt 1<br />
3<br />
4<br />
Bruno Taut, Firnen im Eis und Schnee, aus:<br />
Alpine Architektur, Hagen 1919, Teil 2, Blatt 10<br />
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Fenster in die Räume läßt – sondern gleich<br />
durch möglichst viele Wände, die ganz aus<br />
Glas sind – aus farbigen Gläsern. Das neue<br />
Milieu, das wir uns dadurch schaffen, muß<br />
uns eine neue Kultur bringen.« 12<br />
Wie schon in früheren Publikationen wandte<br />
sich Scheerbart auch in diesem Buch gegen<br />
die Folgen der Industrialisierung und die menschenunwürdigen<br />
Lebensbedingungen in großen<br />
Städten. »Durch die Dampfbahn ist die<br />
heutige Back steingroßstadtkultur erzeugt, an<br />
der wir alle leiden. Die Glasarchitektur wird<br />
erst kommen, wenn die Großstadt in unserem<br />
Sinn aufgelöst ist. Daß diese Auflösung kommen<br />
muß, ist allen denen, die eine weitere Entwicklung<br />
unsrer Kultur im Auge haben, vollkommen<br />
klar.« Der Dichter schwärmte: »Die Erdoberfläche<br />
würde sich sehr verändern, wenn überall<br />
die Backsteinarchitektur von der Glasarchitektur<br />
verdrängt würde.« Und weiter: »Wir hätten<br />
dann ein Paradies auf der Erde und brauchten<br />
nicht sehnsüchtig nach dem Paradiese im Himmel<br />
auszuschauen.« Im Weltall würde man staunen:<br />
»Auf der Venus und auf dem Mars wird man<br />
große Augen machen und die Erdoberfläche gar<br />
nicht mehr wiedererkennen.« Für Tauts Kölner<br />
Glashaus dichtete Scheerbart den Spruch:<br />
»Das Licht will durch das ganze All / Und ist<br />
lebendig im Kristall.« 13<br />
Absturz und Aufbruch<br />
Dieser planetarischen Vision eines ewigen Friedens<br />
auf dem glasgeschmückten Planeten Erde<br />
folgte nach dem Attentat vom 28. Juni 1914 in<br />
Sarajevo der Ausbruch des Ersten Weltkriegs<br />
und damit die »Urkatastrophe« 14 des 20. Jahrhunderts.<br />
Die Ausstellung des Werkbunds in Köln<br />
wurde vorzeitig beendet, in die Hallen zogen Rekruten<br />
ein, wenig später verwundete Soldaten.<br />
Tauts Glashaus wurde einem PionierBataillon<br />
für Übungen im Sprengen angeboten, beim Räumen<br />
des Schutts verschwand auch die Inschrift:<br />
»Das bunte Glas / zerstört den Hass.«<br />
Solche Hoffnung war im Krieg versunken.<br />
Als überzeugte Pazifisten erlebten<br />
Taut und Scheerbart den Ausbruch und<br />
den Verlauf des Krieges als Weltuntergang.<br />
Der Dichter versuchte vergeblich,<br />
seine Verzweiflung über »das große Völkermorden«<br />
in Alkohol zu ertränken und<br />
starb 1915 »am Kriege«, wie Taut notierte.<br />
15 Der Architekt, als »kriegsuntauglich<br />
erklärt«, skizzierte als utopischen<br />
Gegenentwurf zur Zerstörung der Welt<br />
durch Waffengewalt ganze Serien von<br />
Architekturfantasien, in denen sich die<br />
Erde im Weltall als farbenfroh leuchtender<br />
Stern zeigen sollte, besiedelt von<br />
friedvollen Menschen (Abb. 2).<br />
Wie ein nachgetragenes Vermächtnis<br />
Scheerbarts klingt der Titel des 1919 im<br />
Folkwang Verlag zu Hagen erschienen<br />
Buchs Die Auflösung der Städte oder Die<br />
Erde eine gute Wohnung oder auch: Der<br />
Weg zur Alpinen Architektur, gewidmet<br />
den »Schneeflocken, allen Kindern, den<br />
Blumen und Sternen«, wie Taut in lockerer<br />
Schrift auf der Titelseite notierte: »Es ist<br />
natürlich nur eine Utopie und eine kleine<br />
Unterhaltung, wenn auch mit ›Beweisen‹<br />
versehen, im LitteraturAnhang.« 16<br />
Die Reihe der im expressionistischen Gestus<br />
skizzierten Zeichnungen eröffnet ein Blatt, auf<br />
dem stilisierte Mietskasernen mit schmalen<br />
Fenstern zu explodieren scheinen. »Lasst sie zusammenfallen<br />
die gebauten Gemeinheiten«, ist<br />
quer über die gesprengten Trümmer geschrieben:<br />
»Steinhäuser machen Steinherzen«, Fanal<br />
für das Ende der von Scheerbart angeprangerten<br />
»Backsteingroßstadtkultur« (Abb. 3). Weit<br />
unter den steinernen Brocken finden sich in<br />
offe ner Landschaft floral geformte Siedlungsgebilde,<br />
dazwischen die schüttere Schrift: »Nun<br />
blüht unsere Erde auf!«<br />
Die folgenden Blätter zeigen abwechslungsreich<br />
verschiedene Siedlungsstrukturen<br />
in jeweils anderem landschaftlichen<br />
Kontext, allesamt Zeichen für eine<br />
kommende Versöhnung von Mensch und<br />
Natur, bis hin zur Gestaltung der eigenen<br />
Häuser, in deren Formen sich der<br />
Mensch, selbst Teil der beseelten Natur,<br />
seiner Umgebung anzuverwandeln<br />
scheint. »Heilige Erde! Stoff und Geist<br />
in einem; also auch der Mensch. Erzeugt<br />
und erzeugend, eins mit der Erde – – ihr<br />
als Einheit, Einzelheit einer großen Vielheit<br />
gegenüber«, schrieb Taut über eine<br />
Zeichnung kristalliner Faltwerke, die<br />
neue Formen gezackter Häuser aus vielfältig<br />
variablen Elementen ermöglichen<br />
sollten, »Form je nach Wind, Sonne und<br />
Lage wechselnd«.<br />
In pantheistischer Emphase warb Taut in den<br />
Zeichnungen und den zugehörigen Texten für sein<br />
»Weltbild«, denn »für den wirklichen Menschen ist<br />
alle Materie, jede Naturkraft, jede Erscheinung in<br />
der Welt mehr als bloß das«, wie er 1920 erläuterte:<br />
»Es ist ebenso gut Leben oder Geist, wie<br />
es der Mensch ist, der für den Stein, den Wind,<br />
das Wasser, den elektrischen Strom doch auch<br />
nur ein Körper sein könnte.« 17 In diesem Weltbild<br />
entfaltet noch der kleinste Gegenstand sein eigenes<br />
Leben, erscheint alles antropomorph: »Jedes<br />
›Ding‹ auf der Welt ist nicht bloß ein Ding, sondern<br />
alles lebt und es lebt im vollsten Sinne, da<br />
es in seiner Weise zu uns spricht.« 18<br />
Den 30 Zeichnungen zur Auflösung der Städte<br />
folgte der »LitteraturAnhang« mit Auszügen<br />
aus Schriften von JeanJacques Rousseau bis<br />
Friedrich Nietzsche, aus Manifesten des Anarchisten<br />
Pjotr Kropotkin und Gustav Landauers<br />
»Aufruf zum Sozialismus« von 1911. Neben<br />
Scheer bart und zahlreichen anderen Dichtern<br />
von Friedrich Hölderlin bis Walt Whitman findet<br />
sich unter den Autoren auch Gustav Theodor<br />
Fechner, der in seinem wissenschaftlichen Werk<br />
eine enge Verbindung zwischen neuesten Ergebnissen<br />
empirischer Forschung und einem<br />
romantischen Pantheismus herzustellen suchte;<br />
insbesondere seine Vorschule der Ästhetik übte<br />
auch auf Architekten eine starke Anziehungskraft<br />
aus. 19<br />
Gegenüber dem schmalen Band zur Auflösung<br />
der Städte erschien das ebenfalls<br />
1919 und vom Folkwang Verlag herausgegebene<br />
Werk Alpine Architektur in programmatischer<br />
Bedeutungssteigerung als<br />
großformatige Sammlung farbiger Blätter<br />
in exzellenter Druckqualität, für die sich<br />
Taut in jener Zeit bitterster Not zäh eingesetzt<br />
hatte. Auf einem der Blätter kommentierte<br />
Taut seine fantastische Idee einer<br />
Bekrönung der höchsten Berge der Welt<br />
mit gläsernen Bauten lapidar durch einen<br />
Satz Goethes: »Man verlangt so selten von<br />
den Menschen das Unmögliche.« Die Ausführung<br />
seiner Pläne sei »gewiss ungeheuer<br />
schwer und opfervoll, aber nicht unmöglich«<br />
(Abb. 4).<br />
341<br />
20<br />
Eine Karte des Baugebiets in den Alpen umrahmte<br />
der Architekt handschriftlich mit einem<br />
»Aufruf an die Völker Europas«: 21 »Der<br />
Monte Rosa und sein Vorgebirge bis zur<br />
grünen Ebene soll umgebaut werden. Ja,<br />
unpraktisch und ohne Nutzen! Aber sind wir<br />
vom Nützlichen glücklich geworden?« Taut<br />
entgegnete: »Bloß Nützliches und Bequemes<br />
zu wollen ohne höhere Idee ist Langeweile.<br />
Langeweile bringt Zank, Streit und<br />
Krieg: Lüge, Raub, Mord, Elend, millionen,<br />
millionenfach fließendes Blut – predigt: Seid<br />
friedfertig! Predigt die soziale Idee: Ihr seid<br />
alle Brüder, organisiert Euch, Ihr könnt alle<br />
gut leben, gut gebildet sein und Frieden haben!<br />
– Eure Predigt verhallt, so lange Aufgaben<br />
fehlen, Aufgaben, die die Kräfte bis zum<br />
Äußersten aufs Blut anspannen.« Es folgte<br />
die Forderung: »Spannt die Masse in eine<br />
große Aufgabe ein, die sie alle erfüllt, vom<br />
Geringsten bis zum Ersten.«<br />
Gleichzeitig mit der Arbeit an der Alpinen<br />
Architektur formulierte Taut seine Programmschrift<br />
Die Stadtkrone als Utopie<br />
eines Sozialismus freier Menschen, ohne<br />
Staat und Ordnungszwang. Mitreißend<br />
beschrieb er das am Ende des Weltkriegs<br />
weit verbreitete »Gefühl, irgendwie an<br />
dem Wohl der Menschheit mithelfen zu<br />
müssen, irgendwie für sich und damit auch<br />
für andere sein Seelenheil zu erringen und<br />
sich eins, solidarisch mit allen Menschen<br />
zu fühlen«. Dieses Gefühl sei Grundlage<br />
einer kommenden Gesellschaft solidarischer<br />
Menschen: »Der Sozialismus im<br />
unpolitischen, überpolitischen Sinne, fern<br />
von jeder Herrschaftsform als die einfache<br />
schlichte Beziehung der Menschen<br />
zueinander, schreitet über die Kluft der<br />
sich befehdenden Stände und Nationen<br />
hinweg und verbindet den Menschen mit<br />
den Menschen. – Wenn etwas heute die<br />
Stadt bekrönen kann, so ist es zunächst<br />
der Ausdruck dieses Gedankens. Dies<br />
wird der Architekt gestalten müssen, will<br />
er sich nicht selbst überflüssig machen<br />
und will er wissen, wofür er lebt.« 22<br />
Solche Sätze trafen den Nerv der Zeit.<br />
Mit seiner in revolutionärem Überschwang<br />
enthemmten Begeisterungsfähigkeit<br />
gelang es Taut, im Herbst 1918<br />
innerhalb weniger Wochen Freunde und<br />
Kollegen aus allen Bereichen künstlerischen<br />
Schaffens in einem Arbeitsrat<br />
für Kunst um sich zu sammeln und diesem<br />
gemeinsam mit César Klein, Adolf<br />
Behne und Walter Gropius im Winter<br />
1918 / 19 ein Programm zu geben, unter<br />
den Leitsätzen: »Kunst und Volk müssen<br />
eine Einheit bilden. Die Kunst soll<br />
nicht mehr Genuss Weniger, sondern<br />
Glück und Leben der Masse sein. Zusammenschluß<br />
der Künste unter den<br />
Flügeln einer großen Baukunst ist das<br />
Ziel.« 23 Neben Behne, Gropius, Bruno<br />
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Taut und seinem Bruder Max kamen mit Otto<br />
Bartning und Paul Zucker weitere Vertreter der<br />
modernen Bewegung in der Architektur hinzu.<br />
Im Geschäftsausschuss des Arbeitsrats waren<br />
die Künstler Erich Heckel, Georg Kolbe, Gerhard<br />
Marcks, Ludwig Meidner, Max Pechstein und Karl<br />
SchmidtRottluff vertreten (Abb. S. 146).<br />
Noch im Dezember 1918 übernahm Walter<br />
Gropius von Bruno Taut den Vorsitz des<br />
Arbeitsrats und berichtete seinem Freund<br />
und Förderer Karl Ernst Osthaus: »Bei der<br />
jetzigen politischen Lage ist es unumgänglich<br />
nötig, die Kräfte nicht zu zersplittern und an<br />
einem Haupthebel mitzudrehen. Wir haben<br />
jetzt wirklich fast alle wichtigen Leute unter<br />
den Künstlern und Kunstfreunden, die auf der<br />
radikalen Seite stehen, für uns und stellen<br />
bereits eine Macht dar.« 24 Von der schwärmerischen<br />
und leidenschaftlichen Suche<br />
nach einem neuen, ganz anderen Bauen im<br />
Sinne Scheerbarts wurde auch Gropius erfasst,<br />
der im Februar 1919 das Konzept einer<br />
neuen Hochschule als Staatliches Bauhaus in<br />
Weimar erarbeitete, das am 1. April eröffnet<br />
wurde. In jenem Februar schrieb er das Gedicht<br />
Spectrum mysticum als Zuruf an jene<br />
Kollegen, mit denen er sich in dem Freundeskreis<br />
um Bruno Taut traf, der sich die Gläserne<br />
Kette nannte:<br />
Iris leuchtet im Kristall,<br />
Farbenbrüder im Weltenall.<br />
Goldnes Gelb Wahrhaftigkeit,<br />
Violett Verschwiegenheit,<br />
Feuerrot der Heiterkeit,<br />
Gütig Grün und einfach Blau<br />
Einen sich zum großen Bau.<br />
Brüder neuer Brüderschaft<br />
Baut! – Aus tiefer Leidenschaft<br />
Baut den strahlenden Museturm,<br />
Trotzt dem Jammer. Erdenwurm!<br />
Lasst nicht ab zu rasen,<br />
Brecht die morschen Phrasen.<br />
Glaubenstreu wie Ekkehard<br />
Wirkt das Werk, bis es vollbracht.<br />
Glied um Glied zum Himmel reckt,<br />
Geist den toten Stoff erweckt.<br />
Heiliger Sinn im klaren Glas,<br />
Farbenklang und Formenmaß!<br />
Baut den Bau!<br />
342<br />
Verschlüsselt finden sich in diesem Gedicht<br />
25 einige jener Decknamen, unter<br />
denen die Freunde korrespondierten.<br />
Das Kölner Glashaus hatte Bruno Taut<br />
den Namen Glas eingetragen, Adolf<br />
Behne war Ekkehard, Hermann Finsterlin<br />
Prometheus, Walter Gropius Maß,<br />
Wassili Luckhardt Zacken, sein Bruder<br />
Hans Angkor, Hans Scharoun Hannes,<br />
der jüngste in diesem Kreis. Den Freunden<br />
ging es dabei nicht nur um fantastische<br />
Entwürfe und Modelle künftiger<br />
Bauten, ja, ganzer Städte als Symbole<br />
einer radikal erneuerten Gesellschaft,<br />
die sich in planetarischem Bewusstsein<br />
als Teil der Menschengattung dem Weltganzen<br />
verpflichtet fühlen würde. Unter<br />
solchem Auftrag regte Taut eine Selbstverständigung<br />
der Freunde über Fragen<br />
der Metaphysik und Religion, des Glaubens<br />
und Hoffens an, die in jenen Jahren<br />
nach dem Menschengemetzel des Weltkriegs<br />
viele der Überlebenden seiner<br />
Generation umtrieben.<br />
Ein grelles Symptom für die wirre Gleichzeitigkeit<br />
von Leiden und Suchen, Lust und Entrückung<br />
war 1918 das Buch Im Nacken das Sternemeer von<br />
Ludwig Meidner, der dem Freundeskreis um Taut<br />
durch seine Mitwirkung im Arbeitsrat für Kunst<br />
eng verbunden war. Seine ab 1912 bekannten<br />
Ge mälde apokalyptischer Landschaften galten<br />
inzwischen als Zeichen der Vorahnung kommender<br />
Weltverheerung, die Meidner im Krieg an<br />
den Fronten hautnah erlebt hatte. »Gotteswinter<br />
rast über uns hin«, schrieb der Maler im Kapitel<br />
»Anno 1917«: »Europa knirscht die Zähne. Die<br />
Türen kreischen auf. Weh, weh, und Millionen<br />
Kreaturen fallen um und vergehen blau und Millionen<br />
erstarren ganz zerkrümmt in Gräben und die<br />
Gotteslästerungen erfrieren auf ihren Lippen«. 26<br />
Ein metaphysisches Bedürfnis erfasste die<br />
Künstler. Die Suche nach Gott sollte Teil<br />
ihrer Arbeit sein und zu seiner Offenbarung<br />
beitragen: »Er singt auf jedem Ast. In den<br />
Steinen ist es nicht stumm. In den Felsen rumort<br />
sein Fuß. Und auf den Wolkenbergen,<br />
Gletscherfirnen und Kuppen der Einöden<br />
singt sein schallender, furchtbarer Mund.«<br />
Doch im Elend wuchs Hoffnung: »Ich habe<br />
nicht Haus, nicht Heimat; bin arm, verfemt<br />
und viel gehasst [...] aber ich darf zeichnen,<br />
frei mich hinschwingen, in Gottesliebe mich<br />
tummeln auf warmer Fläche pochendem<br />
Grund und ich jubiliere mit dem Stift, singe,<br />
bete und lobe die große Allgüte.« 27<br />
In solchen Tonfall stimmten auch die<br />
Freunde der Gläsernen Kette ein. »GötterAufgaben<br />
warten auf Euch! Redet! Es<br />
gilt – dem Menschen – Mann und Weib,<br />
Jungfrau und Kind – das Freuen zu lehren!<br />
Redet!, redet! Das Freuen am Sein –<br />
am All – am Werden und Vergehen. –<br />
Es gilt – den Gedanken ›Krieg‹ auszumerzen<br />
aus dem Herzen der ganzen Menschheit!«,<br />
schrieb Wenzel Hablik im Januar<br />
1920 in einem der Briefe, die im Freundeskreis<br />
zirkulierten, und er fragte: »Wo<br />
seid Ihr!, Propheten! – Verkünder des<br />
neuen Lebens!, Erzähler von den neuen<br />
Sonnen – Monden – Sternen! – die Millionen<br />
warten auf Euch!« Der Verheerung<br />
der Welt folgte die Verehrung des Alls.<br />
Hablik forderte seine Freunde auf: »Lehrt<br />
Sie von neuem zu glauben – daß es eine<br />
Religion gibt, die keine Pfaffen und Rabbiner<br />
braucht – zeigt ihnen die göttliche<br />
Kraft der eigenen Herzen!« 28<br />
Solch missionarisches Bewusstsein erfasste auch<br />
den Jüngsten im Kreis, den gerade 25jährigen<br />
Architekten Hans Scharoun: »Unsere Arbeit ist<br />
Rauschtraum unseres heißen Blutes, vervielfacht<br />
um die Blutspannungen in der Millionenhaftigkeit<br />
des Mitmenschtums. Unser Blut ist das Blut<br />
unserer Zeit, unserer Zeit Ausdrucksmöglichkeit.«<br />
Der Baumeister wird zum Boten einer<br />
höhe ren Macht: »Wir formen, müssen formen,<br />
wie das Blut unserer Vorfahren Formwellen erzwang;<br />
und wollen Glücklichsein, wenn wir<br />
selbst hernach noch die ganzen Erkenntnisse aus<br />
Wesen und Ursächlichkeit unserer Schöpfung ans<br />
Licht zu stellen vermögen« (Abb. 5). 29 Dies war<br />
ganz im Sinne Tauts, der im ersten Brief an<br />
die Freunde im Dezember 1919 gefordert hatte:<br />
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Hans Scharoun, Die zu- und die<br />
abgekehrten Prinzipien der Baukunst,<br />
1919–1921, Aquarell, Bleistift und<br />
Deckfarbe, Akademie der Künste, Berlin<br />
5<br />
Wassili Luckhardt, Festhalle,<br />
1919, Bleistift, Farbstift und Pastell,<br />
Akademie der Künste, Berlin<br />
Hans Luckhardt an die Gläserne Kette,<br />
hektografiertes Rundschreiben mit Zeichnung<br />
zu einem Konzerthaus-Entwurf, Detail, 1920<br />
13_Durth_V2.indd 343 09.10.2010 7:02:36 Uhr<br />
7<br />
6<br />
343
344<br />
8<br />
Hans Scharoun, Konzerthaus des Berliner<br />
Philharmonischen Orchesters, 1956, Farbstift auf<br />
Transparentpapier, Akademie der Künste, Berlin<br />
Bruno Taut, Auflösung der<br />
Städte, Hagen 1919, Tafel 12<br />
9<br />
10<br />
Bruno Taut, Auflösung der<br />
Städte, Hagen 1919, Tafel 14<br />
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»Verschwinden der Persönlichkeit, Aufgehen im<br />
Höheren – ist die Architektur wieder einmal da,<br />
dann ist der Meister namenlos«. 30<br />
Künftiges Bauen sollte eins werden mit der<br />
Natur, in ihren Formen aufgehen, gleich,<br />
ob kristallin oder vegetativ entworfen. »Das<br />
Wesentliche ist dabei, daß die Formen nicht<br />
der Natur als Landschaft nachgebildet sein<br />
dürfen, sondern ihr wesensgleich sein müssen.<br />
Die Architektur darf nicht Natur nach ahmen,<br />
sondern muß selbst Natur sein«, mahnte Hans<br />
Luckhardt unter dem Deck namen Angkor:<br />
»Das Gebäude muß so gestaltet sein, daß<br />
es mit Boden und Himmel die selbe innere<br />
Einheit bildet, wie der Baum. Das eine Ding<br />
in der Natur ist durch pflanzliches Wachstum<br />
entstanden, das andere durch Men schenhand.<br />
Dieser scharfe Unterschied muß gewahrt<br />
bleiben. Beide müssen ihr eigenes<br />
selbständiges Strukturleben haben.« 31 Er erläuterte<br />
seine Gedanken am Beispiel einer<br />
Zeichnung: »Bei meinem Konzerthaus habe<br />
ich nicht an etwas derartiges wie Ähren und<br />
Schollen gedacht, sondern nur an die Urformen<br />
– Gerade, Rund, Aufgelöst, das starre<br />
Gerade gegen das schwingende Runde gesetzt«<br />
(Abb. 6, 7).<br />
Doch dieses Projekt sei nur ein Beispiel für<br />
eine übergreifende Absicht: »Was wir wollen<br />
ist nach meiner Meinung eine freie Gestaltung,<br />
die unschematisch ist und die man vielleicht im<br />
Gegensatz zu Früherem als aufgelöst bezeichnen<br />
kann«, auch wenn dieses Wort ungenau<br />
sei: »Auflösung im letzten Grunde ist kunstfeindlich!<br />
Abgesehen davon, daß sie überhaupt<br />
nicht möglich ist, so wird eine Formgebung<br />
in Richtung der Auflösung schon vorher<br />
begrenzt. Dadurch, daß sie nie wahllos sein<br />
kann, weil sie einen unbedingten organischen<br />
Zusammenhang in Proportion und Charakter<br />
haben muß.« Programmatisch heißt es weiter:<br />
»Unter dieser Bedingung allein kann sich<br />
die Formgebung frei nach allen Dimensionen<br />
ausleben, wobei es dann gänzlich nebensächlich<br />
ist, ob sie in Richtung der Auflösung oder<br />
Zusammenschließung geht. Ihr Merkmal wird<br />
sein Freiheit, die bis zur Grenze des Künstlerischen<br />
geht.«<br />
Die Versuche einer solchen Formfindung, die einem<br />
»unbedingten organischen Zusammenhang<br />
in Proportion und Charakter« Ausdruck verleihen<br />
sollten, wird in den folgenden Jahrzehnten<br />
einige der Künstler aus dem Freundeskreis der<br />
Gläsernen Kette zu Entwürfen führen, die auch<br />
den jungen Architekten der nachfolgenden Generationen<br />
Vorbild und Richtungsweisung sein sollten.<br />
Als Beispiel sei hier nur Hans Scharouns<br />
Bau der Philharmonie in Berlin genannt, der bis<br />
heute als ein Höhepunkt der Nachkriegsmoderne<br />
in Deutschland gilt (Abb. 8).<br />
Nachspiel<br />
Gemeinsam mit seinem Kollegen Hugo Häring<br />
entfaltete Hans Scharoun in Theorie und Praxis<br />
ein Konzept »organhaften« Bauens, 32 das<br />
ab Mitte der 1920erJahre als Opposition und<br />
Korrektiv zur Ideologie eines rigiden Funktionalismus<br />
wirksam wurde, der schon im Bauboom<br />
der Weimarer Republik, in den kurzen fünf Jahren<br />
zwischen Währungsreform und Weltwirtschaftskrise<br />
unter der Forderung nach einer<br />
durchgreifenden Industrialisierung des Bauwesens<br />
zunehmend durch Normierung, Standardisierung<br />
und Raster maße geprägt war.<br />
Jenseits aller metaphysischen Aspekte wirkte<br />
der Wunsch einer Verschmelzung von<br />
Landschafts und Siedlungsformen auch<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg weiter. Nach<br />
dem Ende dieser Katastrophe sollte vielerorts<br />
die Zerstörung der Städte als Chance<br />
genutzt und die Verwandlung der Trümmerfelder<br />
in eine durch grünte Stadtlandschaft<br />
vollzogen werden, was jedoch schon allein<br />
an den überkommenen Eigentumsverhältnissen<br />
scheitern musste. 33 Während in den<br />
zerstörten Zentren auf altem Parzellenzuschnitt<br />
häufig nur notdürftiges Flickwerk<br />
entstand, wucherten die Neubausiedlungen<br />
ins Umland der Städte und bewirkten deren<br />
Auflösung ganz anders als einst von Taut<br />
oder Scharoun imaginiert. Dennoch finden<br />
sich in vielen Städten neben banalen Missverständnissen<br />
auch herausragende Zeugnisse<br />
eines anderen Bauens im Wiederaufbau,<br />
in denen die Freiheit des Entwerfens<br />
von Gehäusen als Organismen im Sinne jener<br />
aus der Kulturrevolution des <strong>Expressionismus</strong><br />
erwachsenen Tradition anschaulich<br />
zum Ausdruck kam.<br />
Das Ethos dieser Bewegung wirkte weiter auch<br />
im Werk von Architekten wie Frei Otto, der unter<br />
der Prämisse des geringst möglichen Eingriffs in<br />
die Natur bei minimalem Materialaufwand Zeichen<br />
setzte für einen sorgsamen Umgang mit<br />
der Welt. Ottos Ausstellungsbauten und Zeltlandschaften,<br />
auch das unter seiner Mitwirkung<br />
von Günter Behnisch und Partnern geschaffene<br />
Ensemble des Olympiaparks in München, wirken<br />
aus der Ferne wie eine Reverenz an Tauts Entwürfe<br />
von Volkshäusern für Volksfeste. Auf dem Weg<br />
zur Alpinen Architektur überschrieb Taut die Skizze<br />
einer Arena für Vorführungen mit den Worten:<br />
»Gleichmäßig durch Aller Mühe ist die Erde bebaut,<br />
berieselt – überall hingestreut wohnt man –<br />
zwischen den Ozeanen von Wasser und Wald.«<br />
Freie Menschen bewohnen eine Welt ohne Grenzen:<br />
»Die grossen Spinnen – die Städte – sind<br />
nur noch Erinnerungen aus einer Vorzeit, und mit<br />
ihnen die Staaten. – Stadt und Staat sind eins mit<br />
dem andern gestorben. – – Anstelle des Vaterlandes<br />
ist die Heimat getreten – und sie findet<br />
jeder überall, wenn er arbeitet. Es gibt nicht mehr<br />
Stadt und Land, und auch nicht mehr Krieg und<br />
Frieden« (Abb. 9). 34 Friede überall! Selbst der<br />
Ausbeutung der Natur durch den schrankenlosen<br />
Verbrauch von Rohstoffen für industrielle Produktion<br />
sollte ein Ende bereitet werden. »Technik ist<br />
jetzt etwas ganz anderes als in der Fabrikschorn<br />
Steinzeit«, überschrieb Taut seinen Entwurf eines<br />
Kraftwerks zur Gewinnung und Speicherung von<br />
Solarenergie: »Heiligtum zur Aufsaugung der Sonnenenergie<br />
mit Glasplatten und Brennlinsen und<br />
spiegeln. Anstauung in Lichttürmen« (Abb. 10).<br />
Im Blick auf die Endlichkeit der natürlichen Ressourcen<br />
und die beängstigenden Folgen des<br />
Klimawandels gewinnt auch jenes planetarische<br />
Bewusstsein neue Aktualität, das Taut mit seinem<br />
Fernblick auf den blauen Planeten Erde bereits<br />
viele Jahrzehnte vor den Fotografien der Astronauten<br />
in suggestiven Bildern und Worten der<br />
Menschheit zu vermitteln versuchte, um ihr diese<br />
eine Welt auf Dauer als gute Wohnung bewahren<br />
zu helfen.<br />
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345
1 Siehe Angelika Thiekötter, »Die Ausstellung –<br />
ein rauschendes Fest«, in: Wulf Herzogenrath<br />
u. a. (Hrsg.), Der westdeutsche Impuls<br />
1900–1914. Kunst und Umweltgestaltung im<br />
Industriegebiet. Die deutsche Werkbund<br />
Ausstellung Cöln 1914, Köln 1984.<br />
2 Hermann Muthesius, »›Wo stehen wir?‹ Vortrag,<br />
gehalten auf der Jahresversammlung der DWB<br />
in Dresden 1911«, in: Deutscher Werkbund<br />
(Hrsg.), Die Durchgeistigung der deutschen<br />
Arbeit. Jahrbuch des Deutschen Werkbundes<br />
1912, Jena 1912, S. 11–16, hier S. 16.<br />
3 H. G. Scheffauer, »The Work of Walter Gropius«,<br />
in: Architectural Review, August 1924, S. 52, zit.<br />
nach: Werner Durth und Paul Sigel, Baukultur.<br />
Spiegel gesellschaftlichen Wandels, Berlin 2009,<br />
S. 102.<br />
4 Felix Linke, »Die neue Architektur«, in: Sozialistische<br />
Monatshefte, 18, 1914, S. 1 135.<br />
5 Angelika Thiekötter, »Ein Rundgang im Glashaus«,<br />
in: Kristallisationen, Splitterungen. Bruno<br />
Tauts Glashaus, hrsg. von Angelika Thie kötter<br />
u. a., Ausst.Kat. MartinGropiusBau, Berlin;<br />
Institut <strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt; KarlErnst<br />
OsthausMuseum, Hagen; Basel / Berlin / Boston<br />
1993, S. 27; siehe auch Kurt Junghanns, Bruno<br />
Taut 1880–1938, Berlin 1983, S. 27 ff.<br />
6 Bruno Taut, »Farbenwirkungen aus meiner<br />
Praxis«, in: Das Hohe Ufer, 11, 1919, zit. nach:<br />
Berlin / Darmstadt / Hagen 1993 (wie Anm. 5),<br />
S. 46, 101.<br />
7 Paul Scheerbart, Glasarchitektur, Berlin 1914,<br />
S. 56.<br />
8 Siehe Manfred Speidel, »Das Frühwerk«,<br />
in: Winfried Nerdinger u. a., Bruno Taut.<br />
Archi tekt zwischen Tradition und Avantgarde,<br />
Stuttgart / München 2001.<br />
9 Die folgenden Zitate stammen aus: Bruno Taut,<br />
»Eine Notwendigkeit«, in: Der Sturm, Februar<br />
1914, zit. nach: Bruno Taut 1880–1938, Ausst.<br />
Kat. Akademie der Künste, Berlin 1980, S. 178.<br />
10 Ludwig Meidner, »Anleitung zum Malen von<br />
Großstadtbildern«, erstmals erschienen in der<br />
Zeitschrift Kunst und Künstler, 12, 1914, wieder<br />
abgedr. in: Thomas Grochowiak, Ludwig<br />
Meidner, Recklinghausen 1966, S. 79.<br />
11 Die folgenden Zitate stammen aus: Lothar<br />
Schreyer, Erinnerungen an Sturm und Bauhaus,<br />
München 1956, S. 7 f.<br />
12 Die folgenden Zitate stammen aus: Scheerbart<br />
1914 (wie Anm. 7), S. 11, 115, 97.<br />
13 Zit. nach: Wolfgang Pehnt, Die Architektur des<br />
<strong>Expressionismus</strong>, Ostfildern 1998, S. 106.<br />
346<br />
14 Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte<br />
1866–1918, Bd. 2: Machtstaat vor Demokratie,<br />
München 1998, S. 759.<br />
15 Zit. nach: Berlin 1980 (wie Anm. 9), S. 59.<br />
16 Die folgenden Zitate stammen aus: Bruno Taut,<br />
Die Auflösung der Städte oder Die Erde eine<br />
gute Wohnung oder auch: Der Weg zur Alpinen<br />
Architektur, Hagen 1919, Titelblatt, Blätter 1<br />
und 7.<br />
17 Bruno Taut, »Mein Weltbild«, in: Die gläserne<br />
Kette. Visionäre Architekturen aus dem Kreis um<br />
Bruno Taut 1919–1920, hrsg. von Oswald Mathias<br />
Ungers, Ausst.Kat. Museum Lever kusen, Schloss<br />
Morsbroich; Akademie der Künste, Berlin;<br />
Bergisch Gladbach 1963, S. 71; siehe auch Iain<br />
Boyd Whyte und Romana Schneider (Hrsg.),<br />
Die Briefe der Gläsernen Kette, Berlin 1986,<br />
S. 177 ff.<br />
18 Bruno Taut, »Mein Weltbild«, in: Leverkusen /<br />
Berlin 1963 (wie Anm. 17).<br />
19 Gustav Theodor Fechner, Vorschule der Ästhetik,<br />
Leipzig 1876; siehe auch Matthias Schirren,<br />
Bruno Taut. Alpine Architektur. Eine Utopie,<br />
München / Berlin / London / New York 2004,<br />
S. 15 ff., sowie Pehnt 1998 (wie Anm. 13), S. 29 f.<br />
20 Bruno Taut, Alpine Architektur, Hagen 1919, Blatt<br />
10; siehe auch Pehnt 1998 (wie Anm. 13), S. 112 f.<br />
21 Siehe auch Schirren 2004 (wie Anm. 19),<br />
S. 72 ff. Die folgenden Zitate stammen aus:<br />
Taut 1919 (wie Anm. 20), Blatt 16.<br />
22 Bruno Taut, Die Stadtkrone, Jena 1919, S. 11–16,<br />
hier S. 16.<br />
23 »Programm des Arbeitsrates für Kunst«, wieder<br />
abgedr. in: Eberhard Steneberg, Arbeitsrat für<br />
Kunst Berlin 1918–1921, Düsseldorf 1987, S. 3 ff.;<br />
siehe Durth / Sigel 2009 (wie Anm. 3), S. 132 ff.<br />
Zum Namen der Gläsernen Kette siehe Pehnt<br />
1998 (wie Anm. 13), S. 130.<br />
24 Walter Gropius an Karl Ernst Osthaus, 6. 1. 1919,<br />
abgedr. in: Reginald R. Isaacs, Walter Gropius.<br />
Der Mensch und sein Werk, Bd. 1, Berlin 1983,<br />
S. 195.<br />
25 Walter Gropius, Spectrum mysticum, in: Isaacs<br />
1983 (wie Anm. 24), S. 198. Wolfgang Pehnt<br />
wies darauf hin, dass hier statt »Muse turm«<br />
ein »Nuseturm« gemeint sei: »Im 2. Kapitel von<br />
Scheerbarts ›Lesabéndio‹ hat ein ›Pallasianer‹<br />
namens Nuse einen Lichtturm, eine Meile hoch,<br />
auf einem tonnen förmigen Stern namens Pallas<br />
gebaut.« Wolfgang Pehnt an Werner Durth,<br />
2. 6. 2010.<br />
26 Ludwig Meidner, Im Nacken das Sternemeer,<br />
Leipzig 1918, S. 49.<br />
27 Ebd., S. 11, 35.<br />
28 Brief von Wenzel Hablik, Januar 1920, abgedr.<br />
in: Lever kusen / Berlin 1963 (wie Anm. 17), S. 15.<br />
29 Brief von Hans Scharoun, ohne Datum, ab gedr.<br />
in: Leverkusen / Berlin 1963 (wie Anm. 17),<br />
S. 24 f.<br />
30 Brief von Bruno Taut, 19. 12. 1919, abgedr. in:<br />
Leverkusen / Berlin 1963 (wie Anm. 17), S. 10.<br />
31 Die folgenden Zitate stammen aus einem Brief<br />
von Hans Luckhardt, 30. 3. 1920, ab gedr. in:<br />
Leverkusen / Berlin 1963 (wie Anm. 17), S. 38.<br />
32 Siehe z. B. Hans Scharoun, »Vom StadtWesen<br />
und ArchitektSein«, in: Hans Scharoun. Bauten,<br />
Entwürfe, Texte, hrsg. von Peter Pfankuch,<br />
Ausst.Kat. Akademie der Künste, Berlin 1993,<br />
S. 228 ff.; sowie Hugo Häring, neues bauen,<br />
Hamburg 1947, besonders S. 13; Hugo Häring.<br />
Architekt des Neuen Bauens 1882–1958, hrsg.<br />
von Matthias Schirren und Sylvia Claus,<br />
Ausst.Kat. Akademie der Künste, Berlin;<br />
Ostfildern 2001.<br />
33 Siehe Werner Durth und Niels Gutschow,<br />
Träume in Trümmern. Planungen zum Wiederaufbau<br />
zerstörter Städte im Westen Deutschlands,<br />
2 Bde., Braunschweig / Wiesbaden 1988.<br />
34 Bruno Taut, Die Auflösung der Städte,<br />
Hagen 1919.<br />
13_Durth_V2.indd 346 09.10.2010 7:02:37 Uhr
4<br />
Erich Mendelsohn, Arbeitsraum im Einsteinturm, 1921 / 22,<br />
Fotografie, Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin<br />
13_Durth_V2.indd 347 09.10.2010 7:02:38 Uhr<br />
347
Wassili Luckhardt, Der Kristall auf der Kugel, um 1920 (Detail, s. S. 362),<br />
Bleistift, Gouache und Tusche auf Karton, Wassili LuckhardtArchiv,<br />
Akademie der Künste, Berlin<br />
13_Durth_V2.indd 348 09.10.2010 7:02:38 Uhr
13_Durth_V2.indd 349 09.10.2010 7:02:39 Uhr
Wenzel Hablik, Ohne Titel (Kristallbau in Berglandschaft),<br />
1903, Aquarell und Bleistift, WenzelHablikStiftung, Itzehoe<br />
350<br />
Wenzel Hablik, Kristallschlösschen, o. J., Kristalle,<br />
zusammengesetzt, WenzelHablikStiftung, Itzehoe<br />
13_Durth_V2.indd 350 09.10.2010 7:02:39 Uhr
Wenzel Hablik, »Über den Sternen such Vergessen – die Sehnsucht zeiget dir<br />
den Weg«, 1903, Aquarell und Bleistift, WenzelHablikStiftung, Itzehoe<br />
13_Durth_V2.indd 351 09.10.2010 7:02:40 Uhr<br />
351
Wenzel Hablik, Ohne Titel (Kristallbau in Berglandschaft), 1903, Gouache,<br />
WenzelHablikStiftung, Itzehoe<br />
352<br />
13_Durth_V2.indd 352 09.10.2010 7:02:40 Uhr
Wenzel Hablik, Freitragende Kuppel mit fünf Bergspitzen als Basis. Material:<br />
Eisenbeton, Glasspannweite 1.000 Meter, aus dem Zyklus Glas aus Erde 1918–1924,<br />
1924, Öl auf Leinwand, WenzelHablikStiftung, Itzehoe<br />
13_Durth_V2.indd 353 09.10.2010 7:02:41 Uhr<br />
353
Otto Bartning, Sternkirche. Grundrissskizze, 1922, Bleistift und Buntstift,<br />
OttoBartningArchiv der Technischen Universität Darmstadt<br />
354<br />
13_Durth_V2.indd 354 09.10.2010 7:02:41 Uhr
Otto Bartning, Sternkirche. Modell nach dem Entwurf von 1922, um 1951, Gips,<br />
Holz und Eisen, unten: Sternkirche. Innenansichten des Modells von 1922,<br />
1922, Fotografien, OttoBartningArchiv der Technischen Universität Darmstadt<br />
13_Durth_V2.indd 355 09.10.2010 7:02:41 Uhr<br />
355
Erich Mendelsohn, Perspektivische Skizze zum Einsteinturm, 1920, Monodruck,<br />
unten: Skizze für Frank Lloyd Wright »Bach Concerto ...«, 1924, schwarzbrauner<br />
Farbstift, Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin<br />
356<br />
13_Durth_V2.indd 356 09.10.2010 7:02:42 Uhr
Arthur Köster, Einsteinturm von Erich Mendelsohn. Seitenansicht, 1923, Fotografie,<br />
Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin<br />
13_Durth_V2.indd 357 09.10.2010 7:02:42 Uhr<br />
357
358<br />
Hermann Finsterlin, Zwei Architekturentwürfe, o. J., Aquarell und Bleistift,<br />
LWL – Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Westfälisches<br />
Landesmuseum, Münster<br />
13_Durth_V2.indd 358 09.10.2010 7:02:43 Uhr
Hermann Finsterlin, Architektur, 1920, Aquarell, Bleistift und Deckweiß auf<br />
Papier aufgezogen, unten: Papyros Werkstätte, 1924–1928, Aquarell, Bleistift<br />
und Tusche, LWL – Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Westfälisches<br />
Landesmuseum, Münster<br />
13_Durth_V2.indd 359 09.10.2010 7:02:43 Uhr<br />
359
360<br />
Arbeitsrat für Kunst, Ruf zum Bauen. Zweite Publikation des Arbeitsrats für Kunst.<br />
Vier Ansichten des KonzerthausModells von Hans Luckhardt, 1920, S. 26 f.,<br />
Publikation, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie<br />
und Architektur, Berlin<br />
13_Durth_V2.indd 360 09.10.2010 7:02:43 Uhr
13_Durth_V2.indd 361 09.10.2010 7:02:44 Uhr<br />
361
Wassili Luckhardt, Der Kristall auf der Kugel, um 1920, Bleistift, Gouache und<br />
Tusche auf Karton, Wassili LuckhardtArchiv, Akademie der Künste, Berlin<br />
362<br />
13_Durth_V2.indd 362 09.10.2010 7:02:44 Uhr
Wenzel Hablik, Ausstellungsgebäude. A 8, 1919, Aquarell, Bleistift, Farbstift und Tusche,<br />
WenzelHablikStiftung, Itzehoe<br />
13_Durth_V2.indd 363 09.10.2010 7:02:45 Uhr<br />
363
Hans Luckhardt, Dresden, Stallstraße / Ostraallee. Wettbewerbsentwurf. Deutsches<br />
Hygiene Museum, 1920, Bleistift, Kohle, Kreide und Tusche, Hans LuckhardtArchiv,<br />
Akademie der Künste, Berlin<br />
364<br />
13_Durth_V2.indd 364 09.10.2010 7:02:47 Uhr
13_Durth_V2.indd 365 09.10.2010 7:02:49 Uhr<br />
365
Hans Scharoun, Ohne Titel, 1921–1923, Aquarell und Bleistift,<br />
Hans ScharounArchiv, Akademie der Künste, Berlin<br />
366<br />
13_Durth_V2.indd 366 09.10.2010 7:02:50 Uhr
Erich Mendelsohn, Das hebt sich aus der Tiefe des Meeres, 16. September 1911,<br />
Erstveröffentlichung: Erich MendelsohnArchiv, Inv.Nr. Mss 95, Transkription: Regina Stephan,<br />
Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin<br />
Das hebt sich aus der Tiefe des Meeres mit<br />
verträumten Augen, reißt sich los vom mütterlichen<br />
Boden keuscher Kraft, drängt aufwärts<br />
durch weltferne Räume klaren Kristalls,<br />
hindurch, wo schon ein Zittern anhebt kommenden<br />
Lebens, bis es auf weiter Fläche liegt,<br />
getragen vom Wellentanz und sprühendem<br />
Schaum, breitet die Arme, die zur Ferne weisen<br />
und zu dem Glanz hoch über der Flut. –<br />
Das steigt von der Höhe des Himmels mit<br />
glühendem Atem, entschwebt Grund alles<br />
Lichtes mit dem Siegerblick der Erkenntnis,<br />
drängt hinab durch die azurnen Paläste des<br />
ewigen Wiederscheins, hindurch, wo Farbe<br />
und Form schon sich bricht zu den Wunderbildern<br />
der Welt, bis es seine Strahlenbögen<br />
über sie spannt und den erzeugenden Schatz<br />
verschwendet mit dem Gold der Sonne. –<br />
Aus Lebensflut und Sonnengold schneidet die<br />
Seele, nach Erlösung bangend sich ihre Krone.<br />
Auf die Kuppelhöhe des Tempels stellt sie ihre<br />
Sehnsucht, des Wollens Wahrzeichen, Erkennungsmal<br />
für ihre Brüder –<br />
Solange das Meer rauscht und die Sonne es<br />
segnet.<br />
16. IX. 11<br />
Das hebt sich aus der<br />
Tiefe des Meeres<br />
13_Durth_V2.indd 367 09.10.2010 7:02:50 Uhr<br />
367
Hans Scharoun, Durchdringung der Form, 1921–1923, Aquarell und Bleistift,<br />
Hans ScharounArchiv, Akademie der Künste, Berlin<br />
368<br />
Hans Scharoun, Ohne Titel, 1921–1923, Aquarell, Bleistift und Deckfarbe,<br />
Hans ScharounArchiv, Akademie der Künste, Berlin<br />
13_Durth_V2.indd 368 09.10.2010 7:02:51 Uhr
Hans Scharoun, Ohne Titel, 1921–1923, Aquarell und schwarzer Stift,<br />
Hans ScharounArchiv, Akademie der Künste, Berlin<br />
13_Durth_V2.indd 369 09.10.2010 7:02:52 Uhr<br />
369
Hans Scharoun, Verhaltung, 1921–1923, Aquarell und Bleistift,<br />
Hans ScharounArchiv, Akademie der Künste, Berlin<br />
370<br />
13_Durth_V2.indd 370 09.10.2010 7:02:53 Uhr
Leo Gestel, Plakat der Firma Philips zur ArgaGlühbirne, um 1918, Lithografie,<br />
Sammlung Sachs, Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin<br />
13_Durth_V2.indd 371 09.10.2010 7:02:53 Uhr<br />
371
Bruno Taut, Brief an die Gläserne Kette, Monument des neuen Gesetzes,<br />
23. Dezember 1919, Lichtpause, WenzelHablikStiftung, Itzehoe<br />
372<br />
13_Durth_V2.indd 372 09.10.2010 7:02:54 Uhr
Bruno Taut alias Glas, »Freunde! Prometh! Zacken! ...«, Brief an die Mitglieder der Gläsernen Kette,<br />
28. Januar 1920, Sammlung Gläserne Kette, Inv.Nr. 1180161, Akademie der Künste, Berlin<br />
Freunde! Prometh! Zacken! Angkor! Antischmitz! MT! Anfang! WH!<br />
Dank, Dank! – Ihr gebt Glück, das Glück des Werdens!<br />
Das reinste vollste Glück, von dem ich a l l e i n lebe. – Kann ich auf alles antworten? Auf die<br />
mir (wenigstens fühle ich es so) verwandte Reinheit. W. H.’s, das Pulsen und Rütteln Promeths,<br />
das Formsuchen überall, die Synthesesuche Antischmitz’ u. alles?<br />
Ich will es so zusammenfassen:<br />
Ich stimme W. H. mit seinem Plan zu dem »Buch« bei. Es soll unser nächstes Ziel sein. Unser<br />
Bund, rückhaltlos ausstreuend und gebend, aber auch schweigend zugleich – er soll »an die<br />
Nieren gehen«. Es soll sich zeigen und bewähren, wo die Reinheit des Feuers ist, rücksichtslos<br />
die Schlacken abstossend und neue Nahrung anziehend.<br />
Wissen wir nach einem Jahr: da ist die Reinheit, – dann bauen wir »das Buch«: einen grossen<br />
Originalband, bei dem es Glück und Ehre ist, 1 oder 2 Seiten zeichnen oder schreiben zu dürfen.<br />
Ein paar Monate bei jedem, als Wertsendung weiter, das »Bauhaus« in Weimar schmiedet das<br />
Schloss, die Bänder, ziseliert, graviert den Deckel – wie? das wird sich finden. Am besten kein<br />
»Kunstgewerbe«, ganz primitiv, simpel, schwer.<br />
Reinheit!<br />
Inzwischen, Freunde scheut keine Äusserung, fern sei die Angst vor Blössen – man fühlt<br />
sie doch. – Wie viel habe ich nicht schon so getan, musste es tun, als Einsiedler, nicht wissend<br />
um Euch. Aber alles, was ich getan habe: Stadtkrone, Alpine Architektur, Weltbaumeister<br />
(Schreie in den Raum sind es eines Einsamen) es soll erst die Bindung finden durch die Seiten<br />
»des Buches«. Und wenn ich auch nicht dazu würdig sein sollte, wenn die Grösseren kommen<br />
sollten, die manchen von uns nur zum Rufer machen, die Erfüller und Vollender – zwar glaube<br />
ich an meine Welt, meine Träume, Sprünge, mein Licht, meine ewige Wandlung – – immer<br />
wie es auch komme, soll es mein Glück sein. »Ich«? – nichts! »Du« – alles! In mir nur: Du.<br />
Schreiben scheint heute ebenso wichtig für uns wie Zeichnen. »Gefälligkeit der Form« ist noch<br />
nichts. Wir sind keine Künstlergruppe »Bauen« steht über jedem Künstlertum. Der grosse Bogen<br />
um alles. Und aus allem wird sich, wie von selbst, die grosse Form gebären. – Ungeheuerliche<br />
Forderung an Jeden. Aber was nützt Pflichtgefühl? Nur die grosse Heiterkeit wird siegen.<br />
Tanzen und bauen!<br />
(NB. Wenn einer eine Sendung vermisst, soll er sich an den Betreffenden wenden. Dies W. H.<br />
zur Antwort!)<br />
Weltglanzgrüsse!<br />
Glas<br />
P. S. Der Beitrag zur »Erhebung« ist jetzt abgeschlossen. Mein Projekt für die Folkwang-<br />
Schule in Hagen wird Euch vielleicht interessieren, auch eine Synthese. Später davon, wenn<br />
ich Euch Drucke schicken kann. Auch dann die »Erhebung«. Bitte um Beiträge für das<br />
»Frühlicht«! Federzeichnungen und rücksichtslose ausgelassene schriftliche Sachen. Auch<br />
einen schönen Antischmitz.<br />
»Freunde! Prometh!<br />
Zacken! ...«<br />
13_Durth_V2.indd 373 09.10.2010 7:02:54 Uhr<br />
373
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Wolfgang Pehnt<br />
14_Pehnt_V2.indd 375 09.10.2010 7:11:29 Uhr
376<br />
Der <strong>Expressionismus</strong>, davon zeigten sich deutsche<br />
Zeitgenossen überzeugt, war etwas zutiefst<br />
Deutsches, Germanisches, Nordisches.<br />
»Wir hoffen zuversichtlich«, schrieb 1916 der<br />
Dichter Theodor Däubler, der mit dem Versepos<br />
Das Nordlicht (1910) berühmt wurde,<br />
»auf ein starkes deutsches Element im künftigen<br />
Kulturwerden.« Die Zeit habe »ein großes<br />
Vorhaben: einen neuen Ausbruch der Seele!« 1<br />
»Ausdruckskunst« setzte der Kirchenbauer<br />
Dominikus Böhm mit deutscher Kunst gleich;<br />
befriedigt berichtete er, als »der ausgefallenste<br />
Expressionist des Weltalls« zu gelten. 2<br />
Deutsch sei die »einzige dämonischmetaphysische<br />
Ergänzung der Mittelmeerwelt«, konnte<br />
man bei Gottfried Benn lesen. 3 Laut Thomas<br />
Mann eigne der Seele der Deutschen »etwas<br />
Tiefstes und Irrationales, was sie dem Gefühl<br />
und Urteil anderer, flacherer [natürlich: flacherer!]<br />
Völker störend, beunruhigend, fremd,<br />
ja widerwärtig und wild erscheinen läßt«. 4<br />
Hans Poelzig stellte die rhetorische Frage:<br />
»Wo ist das Volk in Europa, das dem Zwinger<br />
in Dresden, dem süddeutschen oder österreichischen<br />
Barock etwas Wesensgleiches entgegenstellen<br />
könnte? In diesen Bauten lebt<br />
die vielgestaltige, mystisch tiefe, groteske<br />
und liebliche Seele der Deutschen wieder<br />
auf.« 5 Seine eigenen Entwürfe für das Berliner<br />
Große Schauspielhaus (1919) oder das<br />
Salzburger Festspielhaus (1920–1922, Abb. 1)<br />
waren Versuche, der »mystisch tiefen Seele<br />
der Deutschen« auch in der Gegenwart zum<br />
Ausdruck zu verhelfen.<br />
Tief und irrational<br />
Mit der Ausprägung nationaler Stereotypen waren<br />
damals viele beschäftigt. Die Künstler erhielten<br />
Flankenschutz von Kunsthistorikern, die<br />
eine Chance witterten, aus dem Gelehrtenghetto<br />
auszubrechen und sich als Mittler zwischen der<br />
Kunst und einem patriotischen Publikum zu empfehlen.<br />
»In der Reihe der Stilepochen hat jede<br />
ihre besondere Physiognomie, die nationale Individualität<br />
aber ist bis zu einem gewissen Grade<br />
etwas GleichmäßigDurchgehendes, das in allem<br />
Wechsel beharrt«, erklärte Heinrich Wölfflin. 6<br />
Wilhelm Worringer, der im deutschen Sprachraum<br />
den Begriff »expressionistisch« sehr früh,<br />
nämlich bereits 1911, benutzt und auf Maler wie<br />
Cézanne, van Gogh und Matisse gemünzt hatte,<br />
behauptete nun, »uns« stehe das Geheimnis näher<br />
als die Klarheit. Mit »uns« waren die Deutschen<br />
gemeint. Sein einflussreiches Werk Abstraktion<br />
und Einfühlung (1907) beeindruckte die Fachdisziplin<br />
der Kunstwissenschaftler weniger als »den<br />
um neue Ausdrucksziele ringenden ausübenden<br />
Künstler«, für den es »eine unmittelbare Aktualität<br />
gewonnen hat«. 7<br />
<strong>Expressionismus</strong> entspreche »der alten<br />
gotischen Seele, die trotz Renaissance<br />
und Naturalismus noch immer fortlebt«,<br />
»dem uralten metaphysischen Bedürfnis<br />
der Deutschen«, schrieb Paul Fechter. 8<br />
Entsprechend wurden die Berufungsinstanzen<br />
für einen deutschen Nationalstil<br />
ausgewählt: germanische Ornamentik,<br />
gotische Malerei, Druckgrafik und Glasmalerei,<br />
Matthias Grünewald und Lucas<br />
Cranach. Der Deutsche suche in der<br />
Individualität seiner Gegenstände »das<br />
alles Einzelne im Tun, Wollen und Sein<br />
bestimmende irrationale Wesen der<br />
Ewigkeit«, sekundierte Fritz Burger, dessen<br />
emphatischer Band für das Handbuch<br />
der Kunstwissenschaft ein Beispiel<br />
lieferte, wie auch Kunstgeschichte expressionistischem<br />
Ausdrucksverlangen<br />
unterliegen konnte. 9 »Was sich unter<br />
den verwirrenden Schlagworten <strong>Expressionismus</strong><br />
und Kubismus als scheinbar<br />
nach dem Auslande orientiert darstellt,<br />
ist deutsch in seinem innersten Wesen«,<br />
behauptete während der Kriegsjahre<br />
sogar der Architekt und Kunsthistoriker<br />
Adolf Behne, der sich kurz darauf wieder<br />
zum Kosmopolitismus bekehrte. 10<br />
Die postulierte Identität zwischen <strong>Expressionismus</strong><br />
und deutschem Wesen feierte nach<br />
1945 eine Wiederauferstehung, wenn auch<br />
in dezenterer Wortwahl und unter weitgehendem<br />
Verzicht auf Welterlösungsansprüche<br />
oder rassische Prädisposition. Wo sich<br />
die Bundesrepublik als Kulturnation darstellen<br />
wollte, wurde und wird bis heute gern<br />
die Produktion expressionistischer Künstler<br />
herangezogen, 11 zumal sich mit den Auftritten<br />
der Neuen Wilden, mit Georg Baselitz,<br />
Joseph Beuys, Jörg Immendorff, Anselm<br />
Kiefer, Markus Lüpertz oder A. R. Penck die<br />
expressive Tradition in die Gegenwart fortführen<br />
ließ.<br />
Dass expressionistische oder ehemals expressionistische<br />
Künstler im Dritten Reich nicht<br />
reüssiert hatten und viele von ihnen verfolgt<br />
wurden oder emigrierten, half jetzt, nach dem<br />
Krieg, diese Phase der deutschen Kunst als<br />
Sympathieträger für die junge Bundesrepublik<br />
zu etablieren. <strong>Expressionismus</strong> ließ sich als<br />
Widerstandsbewegung gegen das NSRegime<br />
darstellen. Dabei wurden nach 1945 die zahlreichen<br />
Versuche der Betroffenen, sich nach<br />
der Regierungsübernahme durch die Nationalsozialisten<br />
1933 und in den beiden folgenden<br />
Jahren den neuen Machthabern anzudienen<br />
und die expressionistische als die eigentlich<br />
deutsche Kunst auszugeben, 12 lange Zeit mit<br />
gnädigem Schweigen übergangen.<br />
Bundeskanzler Konrad Adenauer ließ<br />
sich von Oskar Kokoschka porträtieren,<br />
mit Wohlwollen für den Maler, wenn<br />
auch nicht für dessen Werk. Helmut<br />
Schmidt »nutzte jede Möglichkeit, den<br />
Expressionisten im Bewußtsein sowohl<br />
der Deutschen als auch des Auslandes<br />
zu ihrem wohlverdienten Durchbruch<br />
zu verhelfen«. 13 Ließ Schmidt deren<br />
Bilder ins Bonner Bundeskanzleramt<br />
hängen, so brachte Gerhard Schröder<br />
die Expressionisten ins neue Berliner<br />
Amtsgebäude, angefangen bei Ernst<br />
Ludwig Kirchner und August Macke.<br />
Seit den 1960erJahren war das Bauhaus<br />
als weiterer, international vorzeigbarer Aus <br />
weis deutscher Modernität hinzugetreten.<br />
Die Bauhäusler fügten sich insofern ins Bild<br />
ein, als sie in den ersten Jahren nach der<br />
Gründung des Instituts selbst eine expressionistische<br />
Phase absolviert hatten. Ihr erstes<br />
Manifest von 1919 erlangte dank Lyonel<br />
Feiningers symbolreichem Holzschnitt, der<br />
Kathedrale des Sozialismus (Abb. S. 405), den<br />
Status einer Ikone.<br />
Die Gemeinschaft der Hoffenden<br />
Wie deutsch »in seinem innersten Wesen« der<br />
<strong>Expressionismus</strong> auch gewesen sein soll, seine<br />
Wortführer in den Künsten waren in ein engmaschiges<br />
internationales Netzwerk eingebunden.<br />
Paul Gauguin und Vincent van Gogh, Paul<br />
Cézanne und Edvard Munch, Ferdinand Hodler<br />
und Marc Chagall, Maurice de Vlaminck und<br />
André Derain, Odilon Redon und Henri de<br />
ToulouseLautrec, James Ensor und Georges<br />
Rouault, Robert Delaunay und Henri Matisse,<br />
und dann auch Pablo Picasso und Georges<br />
Braque waren Geburtshelfer des Neuen auch<br />
in Deutschland. Als der Maler Carl Vinnen<br />
und seine Gefährten 1911 gegen eine angebli<br />
che Überfremdung des deutschen Kunstmarkts<br />
protestierten, antworteten zahlreiche Künstler,<br />
Galeristen und Autoren und legten ein eindrucksvolles<br />
Bekenntnis zur Weltoffenheit der<br />
deutschen Kunstszene ab. 14<br />
Wer die Ausstellungen der Jahre vor dem<br />
Ersten Weltkrieg besuchte, konnte sich davon<br />
überzeugen. In der Kölner SonderbundAusstellung<br />
von 1912 hatten die Vorgänger des <strong>Expressionismus</strong><br />
vor allem aus Frankreich einen<br />
starken Auftritt. Mit Frankreich, Russland, Italien<br />
pflegte man in Berlin wie in München intensiven<br />
Kulturaustausch. Vor allem Herwarth<br />
Waldens Galerie Der Sturm und seine gleichnamige<br />
Zeitschrift sowie die Neue Künstlervereinigung<br />
München stellten Treffpunkte der<br />
europäischen Avantgarde dar.<br />
Von expressionistischer Baukunst war<br />
nach einer für die Gattungen charakteristischen<br />
Phasenverschiebung erst kurz<br />
vor dem Ersten Weltkrieg die Rede. Die<br />
vermutlich erste Anwendung des Begriffes<br />
»expressionistisch« auf Architektur ist<br />
Adolf Behne zu verdanken, der das Wort<br />
Anfang 1913 in einer Besprechung von<br />
Werken Bruno Tauts benutzte. 15 Behne hatte<br />
allerdings nicht Dissonanz, Formsprengung,<br />
Rhythmisierung, Gegenstandsdeformation<br />
im Sinn, wie sie die bildenden<br />
Künstler pflegten. Welche »Gegenstände«<br />
hätten Architekten auch deformieren<br />
sollen, wenn nicht die Kategorien ihrer<br />
eigenen Erfahrung: Statik, Bauaufgabe,<br />
Materialwahl? Behne dachte dagegen an<br />
die Entwicklung einer Sache aus den ihr<br />
eigenen Gesetzen, »von innen heraus«,<br />
organisch wie eine wachsende Pflanze.<br />
Von <strong>Expressionismus</strong> in der Architektur zu<br />
sprechen, wurde allgemein erst während<br />
der Kriegsjahre üblich. 16<br />
Für die Architektur galt in der Zeit vor 1914 Internationalität<br />
nicht minder als in den bildenden<br />
Künsten. Seit sich die Reformarchitektur<br />
in Deutschland durchzusetzen begann, große<br />
Unternehmen die Bedeutung der Form für die<br />
Konkurrenz auf dem Weltmarkt entdeckten<br />
und 1907 mit dem Deutschen Werkbund eine<br />
schlagkräftige Interessenvertretung für Künstler<br />
wie Produzenten gegründet war, fiel die<br />
künstlerische Handelsbilanz in diesem Resort<br />
allerdings günstiger für die Deutschen aus als<br />
in den Künsten. Beobachter wie der britische<br />
Architekt und Schriftsteller William Richard<br />
Lethaby oder der junge Le Corbusier, der damals<br />
noch CharlesÉdouard Jeanneret hieß,<br />
bekundeten staunenden oder auch besorgten<br />
14_Pehnt_V2.indd 376 09.10.2010 7:11:30 Uhr
2<br />
Henry van de Velde, Kröller-Müller Museum, Otterlo, von Süden,<br />
unausgeführter Entwurf, um 1921–1923, Grafit auf Transparentpapier,<br />
Rijksmuseum Kröller-Müller, Otterlo<br />
3<br />
1<br />
Hans Poelzig, Festspielhaus Salzburg,<br />
unausgeführte Entwurfsskizze, um 1920 –1922,<br />
Grafit auf Transparentpapier, Architekturmuseum<br />
der Technischen Universität Berlin<br />
Frank Lloyd Wright, Foyer des Imperial<br />
Hotel, Tokio, 1915 –1922, Fotografie<br />
14_Pehnt_V2.indd 377 09.10.2010 7:11:30 Uhr<br />
377
378<br />
4<br />
Peder Vilhelm Jensen-Klint, Grundtvigkirche<br />
Kopenhagen, 1921–1940, Fotografie<br />
Michel de Klerk, Hausblock 3 am Spaarndammerplantsoen,<br />
Amsterdam, 1917–1920, Detail, Grafit auf Transparentpapier,<br />
Nederlands Architectuurinstitut, Rotterdam<br />
5<br />
6<br />
Rudolf Steiner, Zweites Goetheanum,<br />
Dornach bei Basel, 1924 –1928, Fotografie<br />
14_Pehnt_V2.indd 378 09.10.2010 7:11:31 Uhr
Respekt für die »Begeisterungsfähigkeit, Unternehmungslust,<br />
vor allem auch Disziplin«<br />
der deutschen Reformer. 17<br />
In beiden Richtungen herrschte eine rege Reisetätigkeit.<br />
USAReisen standen bei deutschen Fachkollegen<br />
schon vor 1914 auf der Tagesordnung.<br />
Oft waren es die Weltausstellungen, die einen<br />
zu sätzlichen Anreiz boten, sich im Ausland umzutun.<br />
Der englischen ArtsandCraftsBewegung<br />
galten nicht nur Aufsätze in deutschen Fachorganen,<br />
sondern einschlägig interessierte Architekten<br />
wie Otto March und Emanuel von Seidl – schon<br />
1891 ! –, später auch Ernst May, informierten sich<br />
vor Ort. Vor allem war es Hermann Muthesius, der<br />
die frohe Botschaft vom englischen Landhaus als<br />
»ungebundenem Wesen« verbreitete. 18 Charles<br />
Rennie Mackintosh mit seinen ausdrucksstarken<br />
schottischen Bauten und Interieurs wurde 1900 in<br />
Wien als Star gefeiert. Auch andere Großmeister<br />
des europäischen Art Nouveau wie Hendrik Petrus<br />
Berlage in Amsterdam oder Otto Wagner in Wien<br />
und seine Schüler waren Bezugsfiguren für die<br />
ExpressionistenGeneration. Der belgische Allroundkünstler<br />
Henry van de Velde (Abb. 2), der<br />
von 1900 bis 1917 erst in Berlin und dann in Weimar<br />
arbeitete und in der Architektur die ganze Skala<br />
menschlicher Empfindungen spiegeln wollte, galt<br />
damals fast schon als Inländer. Das änderte sich<br />
freilich während des Ersten Weltkrieges, als dem<br />
verdienten Künstler der chauvinistische Hass seiner<br />
vormaligen Gastgeber entgegenschlug.<br />
Als Frank Lloyd Wright 1909 seine Europa<br />
Reise antrat und in Berlin beim Wasmuth<br />
Verlag sein berühmtes Album betreute, das<br />
dann in manchen deutschen Architektenbüros<br />
als gern befragte Inspirationsquelle<br />
auflag, besuchte er unter anderem auch<br />
Darmstadt. Die Nachricht, die Deutschen<br />
sähen in ihm, Wright, den Olbrich Amerikas,<br />
hatte ihn neugierig gemacht. 19 Wrights<br />
Präriehäuser und seine Verwaltungsbauten<br />
machten großen Eindruck auf die jüngere<br />
Generation. Bauten, die nach seiner<br />
Rückkehr in die Staaten entstanden, wie<br />
der Vergnügungspark der Midway Gardens<br />
in Chicago (1913 / 14) und das Kaiserliche<br />
(Imperial) Hotel in Tokio (1915–1922,<br />
Abb. 3), stellten sich ihrerseits in ihrer kristallinen,<br />
labyrinthisch verrätselten Sprache<br />
dem mitteleuropäischen <strong>Expressionismus</strong><br />
zur Seite. Erich Mendelsohn, zeitlebens ein<br />
loyaler Anhänger des Meisters, rhapsodierte<br />
angesichts der Midway Gardens: »Da<br />
bricht die Phantasie in den Raum ein, faßt<br />
Teile von ihm, schleudert sie durcheinander,<br />
türmt, reißt herum, schichtet, stachelt,<br />
lockt, glänzt und lacht mit dem Leben. Ein<br />
Stück Urleben, Lustleben im Raum.« 20<br />
Der Krieg unterbrach die internationalen Kontakte.<br />
Die Kameraderie der Avantgardisten<br />
war vorübergehend aufgehoben. Patriotischer<br />
Rausch erfasste auch Maler, Bildhauer und Architekten,<br />
die sich bis dahin als Kosmopoliten<br />
gefühlt hatten. Vom Krieg erhofften Dichter wie<br />
Künstler mit wenigen Ausnahmen, wenn schon<br />
nicht Ruhm und Vormachtstellung für das eigene<br />
Vaterland, so doch eine Steigerung der<br />
Lebensintensität und einen Aufbruch aus bürgerlicher<br />
Kirchhofsruhe. Viele meldeten sich<br />
freiwillig an die Front. »Wir bluten gern für’s<br />
Vaterland«, behauptete Richard Dehmel 1914 in<br />
seiner Ballade Der Feldsoldat.<br />
Gleichsetzungen von Expressivität und Deutschtum,<br />
in der Vorkriegszeit in der Distanzierung gegenüber<br />
dem »französischen« Impressionismus<br />
gebraucht, nahmen nun aggressiven Charakter<br />
an. Auf den Schlachtfeldern an der Marne und in<br />
Flandern erwiesen sich jedoch alle patriotischen<br />
Hochstimmungen schnell als Illusionen. Schon in<br />
den Anfangsmonaten fielen August Macke und<br />
die Dichter Alfred Lichtenstein, Ernst Stadler,<br />
Georg Trakl. Wer aus dem ersten volltechnisierten<br />
Weltkrieg zurückkehrte, trug bleibende Wunden<br />
an Körper und Seele davon.<br />
Verbindungen wurden bereits während des<br />
Krieges wieder gesucht, in Deutschland im<br />
Kreis um die von Franz Pfemfert herausgegebene<br />
Zeitschrift Die Aktion, in Frankreich<br />
von dem Schriftsteller Romain Rolland und<br />
dessen Freunden, die bereits im September<br />
1914 einen Appell »an die europäische<br />
Elite« veröffentlichten. Zu einem Treffpunkt<br />
deutschsprachiger Kriegsgegner wurde die<br />
Schweiz. Nach dem Krieg stellten sich die<br />
Kontakte über die Grenzen hinweg schnell<br />
wieder her. Die Hoffnung auf eine neue Gesellschaft,<br />
auf einen Neuen Menschen, auf<br />
Brüderlichkeit und Solidarität, aber auch<br />
gemeinsame berufspraktische Erfahrungen<br />
einten über die Grenzen hinweg Künstler, die<br />
auf politisch linken Positionen standen oder<br />
zumindest einem Sozialismus der Gesinnung<br />
huldigten. »Den toten Streitern in Wehmut /<br />
Allen Brüdern des Sternes Erde in Liebe«,<br />
widmete Adolf Behne 1919 sein Buch Wiederkehr<br />
der Kunst.<br />
Die intellektuellen Patenschaften in dieser paneuropäischen<br />
Weltanschauungsgemeinschaft<br />
reichten von der Verklärung des großen Individuums<br />
bei dem längst verstorbenen Friedrich<br />
Nietzsche über die Lehre vom »élan vital« bei<br />
Henri Bergson oder dem Anarchismus eines<br />
Fürsten Kropotkin, der »gegenseitige Hilfe in<br />
der Entwicklung« forderte, 21 bis zu den Mystikern<br />
des Mittelalters und Barock.<br />
Die großen »Randgermanen«<br />
Neben dieser weltoffenen Bewegung etablierte<br />
sich nach 1918 allerdings auch ein <strong>Expressionismus</strong>,<br />
der auf die Kraft der Landschaft, der Stämme,<br />
der Nation und Rasse setzte. Europäische Verbindungen<br />
waren hier weniger wichtig, das eigene<br />
Herkommen galt mehr als die Anregungen von<br />
außerhalb. Wenn der Blick nach draußen ging, so<br />
fiel er auf jene Völker, die Eckart von Sydow –<br />
leider ironiefrei – »die großen Randgermanen«<br />
nannte. 22 Edvard Munch und August Strindberg<br />
waren hier die Namen, die immer wieder fielen.<br />
In Norddeutschland berief man sich gern auf die<br />
Hanse, die eine stattliche Zahl von »Randgermanen«<br />
zusammengeführt hatte: »Der Geist von<br />
Deutschlands größter Kulturzeit, der Hansageist,<br />
muß wieder lebendig werden. Zurück zur Heimat!<br />
Oder das Hoffnungslied auf eine kommende neue<br />
Kultur ist umsonst gesungen.« 23<br />
Für die Baukunst bedeutete dieser Ordnungsruf<br />
die Besinnung auf die Ziegelsteinkultur der<br />
nordischen Backsteingotik, deren zeitgenössischexpressive<br />
Variante in den Hamburger<br />
Kontorhäusern und nicht zuletzt in der modernisierten<br />
Kathedralgotik von Peder Vilhelm<br />
JensenKlints imposanter Grundtvigkirche in<br />
Kopenhagen (1921–1940, Abb. 4) kulminierte.<br />
Zu den Niederlanden waren die Kontakte enger<br />
als zu jedem anderen Land. Wie selbstverständlich<br />
ergab sich eine große Schnittmenge<br />
an Gemeinsamkeiten. Hendrik Petrus<br />
Berlage war eine auch in Deutschland verehrte<br />
Patriarchenfigur, dessen Amsterdamer<br />
Börse als Musterbeispiel konstruktiver Wahrhaftigkeit<br />
und disziplinierter Ausdruckskraft<br />
galt. Schriften des Architekten wurden auch<br />
in deutscher Sprache veröffentlicht. 24 Bruno<br />
Taut, Adolf Behne, Erich Mendelsohn – der<br />
mit dem genialischen Formenspieler Michel<br />
de Klerk (Abb. 5) befreundet war und zusammen<br />
mit ihm nach Ägypten und Palästina<br />
reiste – gastierten in Amsterdam und konnten<br />
in der AvantgardeZeitschrift Wendingen<br />
publizieren.<br />
Sogar dem Außenseiter Hermann Finsterlin, Erfinder<br />
hybrider »Wohnlinge«, wurde ein ganzes<br />
WendingenHeft gewidmet. Die »würdige Gaststätte<br />
Wendingen« (Finsterlin) sah viele deutsche<br />
Pilger. 25 In Tauts Buch Die Stadtkrone (1919), das<br />
doch als städtebauliches Manifest zeitgenössischer<br />
Gesellschafts und Gemeinschaftsvorstellungen<br />
gilt, spürten die Amsterdamer Kollegen<br />
nicht zu viel, sondern zu wenig Aufbruchswillen:<br />
»Ein Licht, ein Brand ist Tauts Werk nicht.« 26<br />
Mit Johannes Ludovicus Mathieu Lauweriks, der<br />
an der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule und<br />
dann am Hagener Seminar für Handfertigkeitsunterricht<br />
wirkte, gelangten theosophisches Gedankengut<br />
und die auf ihm gegründeten Proportionslehren<br />
nach Deutschland. Das Werk Rudolf<br />
Steiners, der sein Nachfolger in der Leitung der<br />
deutschen Sektion der Theosophie war und mit<br />
dem Zweiten Goetheanum in Dornach eine der<br />
sonderbarsten Architektur skulpturen der Zeit<br />
entwerfen sollte (Abb. 6), illustriert diese vielfältigen<br />
Beziehungsspiele. Steiner war nicht nur<br />
der internationalen theosophischen Bewegung<br />
verpflichtet, die er zur Anthroposophie umformte.<br />
In Wien konnte er im Umkreis Otto Wagners<br />
Personen »von mys tischtheosophischer Seelenverfassung«<br />
kennenlernen, 27 unter denen Architekten<br />
wie Otto Schönthal oder Alois Bastl<br />
fantastische Tempelanlagen ersannen. In Berlin<br />
kannte und liebte Steiner die kauzigen Romane<br />
Paul Scheerbarts, der seine Figuren in Glas und<br />
Weltraumabenteuer schickte und die Freunde<br />
um Bruno Taut zu ihren Visionen inspirierte.<br />
Schließlich konnte er bei seinen Vortragsreisen<br />
in Prag die kubistische Architektur der jungen<br />
Tschechen kennenlernen, die seinen späteren<br />
eigenen Entwürfen nahekommt. Steiner pflegte<br />
bei Freunden am Altstädter Ring zu nächtigen,<br />
wo er mit dem Kaufhaus Zur Schwarzen Muttergottes<br />
ein Hauptwerk dieses scharfkantigkristallinen<br />
Stils vor Augen hatte.<br />
Den italienischen Futurismus, dank der<br />
Initiativen Herwarth Waldens auch in<br />
Deutschland präsent, trennten vom deutschen<br />
<strong>Expressionismus</strong> der vorbehaltlose<br />
Optimismus, die medienwirksame Organisation<br />
und die Faszination für Maschine<br />
und Metropole. Gleichwohl trafen Künstler<br />
wie Umberto Boccioni (mit seinem Zyklus<br />
Stati d’animo, 1911!), Mario Sironi oder<br />
Scipione (Gino Bonichi) auch den expressionistischen<br />
Empfindungsnerv, wie umgekehrt<br />
Künstler der Brücke, Ernst Barlach,<br />
Wilhelm Lehmbruck, Max Beckmann, Franz<br />
Marc oder Käthe Kollwitz in Italien gezeigt<br />
14_Pehnt_V2.indd 379 09.10.2010 7:11:32 Uhr<br />
379
wurden – so auf den Biennalen in Venedig und<br />
Rom. 28 Unter den futuristischen Architekten war<br />
es Virgilio Marchi, dessen Innengestaltungen und<br />
Bühnenbilder expressionistischer Höhlenrom antik<br />
am nächsten kamen (Abb. 7). Baukunst sollte den<br />
Zustand der Seele spiegeln; »daher keine Pedanterie<br />
bei solchen Studien, die natürlicherweise<br />
nervös, fiebrig und sogar von einem naiven Primitivismus<br />
erfüllt sein werden.« 29<br />
Die vermeintlich »im innersten Wesen«<br />
deutsche Expressivität war somit eine<br />
durchaus europäische Angelegenheit. In<br />
den ersten Jahren nach der russischen Revolution<br />
häufen sich in den Wettbewerben<br />
für Denkmäler und Gesellschaftsbauten,<br />
in den Studienarbeiten an den Hochschulen,<br />
auf der Ausstellung der Künstlervereinigung<br />
Shiwskulptarch (Kommission für<br />
die Synthese von Malerei, Skulptur und<br />
Architektur) von 1920 die Arbeiten, in denen<br />
Formen destruiert, dynamisiert und<br />
zur Explosion gebracht wurden. 30 Wer es<br />
nicht wüsste, würde Nikolai Iwanowitsch<br />
Iszelenows hochgetürmten, kubisch aufgesplitterten<br />
Kathedralbau zum Thema<br />
Treffpunkt der Völker (Abb. 8) für eines<br />
der Projekte halten, die in Berlin oder<br />
Amsterdam entstanden. Sein kleiner Aufsatz<br />
über die stufenförmige Gliederung<br />
des Kollektivs und mit ihr der Architektur,<br />
den Bruno Taut in seiner Zeitschrift Frühlicht<br />
abdruckte, wurde auch in Deutschland<br />
wahrgenommen. Infolge der schweren<br />
wirtschaftlichen Situation liege die<br />
Bautätigkeit völlig danieder, »und die Arbeit<br />
beschränkte sich auf Zukunftsprojekte<br />
und theoretische Ausarbeitungen architektonischer<br />
Formen«: Das musste auch<br />
den Deutschen bekannt vorkommen. 31<br />
International und regional zugleich<br />
Schon einmal hatte in jüngerer Zeit eine Aufund<br />
Ausbruchsbewegung von ausgesprochen<br />
internationalem Zuschnitt gleichzeitig regionalen<br />
Abgrenzungsbedürfnissen und Selbstbestätigungen<br />
gedient. Der Art Nouveau, in Deutschland<br />
Jugendstil genannt, war ebenfalls eine durch<br />
und durch weltläufige Bewegung gewesen. Man<br />
wusste voneinander, lud sich zu Ausstellungen<br />
und Gastspielen ein, publizierte, was die anderen<br />
taten, kaufte und übernahm, was die Künstler<br />
benachbarter oder entfernter Nationen anboten.<br />
Stoffe des Kaufhauses Liberty ließen sich in Rom<br />
erwerben, TiffanyGlas in Paris, Produkte von<br />
William Morris and Company in Brüssel, und der<br />
Schmuck René Laliques löste auch in St. Petersburg<br />
Entzücken aus. Der Schotte Charles Rennie<br />
Mackintosh richtete Wiener Interieurs ein, und<br />
die Engländer Mackay Hugh Baillie Scott und<br />
Charles Robert Ashbee Räume im Neuen Palais<br />
zu Darmstadt.<br />
Zugleich erfüllte dieser internationale<br />
Stil in den einzelnen Ländern auch<br />
jeweils ganz unterschiedliche Profilierungswünsche.<br />
In England, vor allem<br />
in Schottland, schlug das keltische<br />
Element durch. In Finnland berief man<br />
sich auf nordische Nationalkultur, um<br />
sich gegen russische Großmachtansprüche<br />
abzugrenzen. In der Schule<br />
380 von Nancy boten Dekorationsmotive<br />
aus der heimischen Flora und Fauna<br />
und nicht zuletzt das Wappen mit dem<br />
Lothringer Kreuz Motive, den Verlust<br />
Ostlothringens nach dem Deutsch<br />
Französischen Krieg von 1870 / 71 wach<br />
zu halten.<br />
Dieses Doppelspiel von Kosmopolitismus<br />
und Regionalismus wiederholte<br />
sich noch einmal in den expressionistischen<br />
Jahren. In Holland<br />
beschworen die vielen Anspielungen<br />
aus NiederländischFernost die pazifische<br />
Kolonialmacht, die das kleine<br />
Land bald nicht mehr sein würde.<br />
»Ewig kommt das Licht aus dem<br />
Osten«, rief Behne. Doch die Niederländer<br />
hatten noch mehr Grund<br />
als ihre Freunde im übrigen Europa,<br />
sich auf die javanischen Tempel von<br />
Borobudur oder Prambanan zu beziehen,<br />
auf »diese höchste Schön<br />
heit der Erde«. Die Beschwörung<br />
der »reinsten Transzendenz« diente<br />
zugleich der nationalen Selbstvergewisserung.<br />
32<br />
Anders und doch vergleichbar die Künstler des<br />
tschechischen Kubismus. Fast alle kamen sie, direkt<br />
oder indirekt, aus der Wiener Schule Otto<br />
Wagners. Indem sie sich jedoch an der Pariser<br />
Avantgarde orientierten und zugleich die scharfgratigen<br />
Gewölbeformen der böhmischen Gotik<br />
und der Barockgotik aufgriffen, setzten sie sich<br />
unübersehbar von der genussfähigen Zentrale<br />
der Doppelmonarchie ab. In der heftigen Dynamik<br />
von Design und Baukunst deutete sich eine<br />
kulturelle Unabhängigkeit vom sezessionistischen<br />
Wien an, in der die politische Selbstständigkeit<br />
nach dem Ersten Weltkrieg vorweggenommen<br />
war (Abb. 9).<br />
Ein fulminantes Beispiel regionaler Selbstbehauptung<br />
bei europaweiten Verbindungen bot<br />
der katalanische Modernisme. Im Gegensatz<br />
zu anderen Ländern trennt hier keine deutliche<br />
Zäsur die Baukunst um 1910 von der um 1900.<br />
Die bedeutenden Architekten dieser Epoche,<br />
Lluís Domènech i Montaner, Antoni Gaudí<br />
(Abb. 10) und Josep Puig i Cadafalch und deren<br />
Schüler, waren engagierte Anhänger des<br />
katalanischen Nationalismus, der gesellschaftlich<br />
vom Großbürgertum Barcelonas getragen<br />
wurde, politisch durch die konservative Lliga<br />
regionalista vertreten war und sich religiös<br />
mit der katholischen Orthodoxie identifizierte.<br />
Kulturell wie politisch opponierte diese Kunst<br />
mit ihren folkloristischen und lokalhistorischen<br />
Anspielungen gegen den spanischkastilischen<br />
Zentralismus, gegen Madrid. Andererseits verarbeitete<br />
man hier wie selbstverständlich das<br />
Allerneueste aus London, Glasgow, Paris und<br />
Wien, so wie auch die Auftraggeber aus Industrie<br />
und Kaufmannschaft, die »gent de bé«,<br />
ihre Verbindungen europaweit pflegten.<br />
Mit ihren wilden und fantastischen Erfindungen,<br />
der animistischen Vitalität ihrer Metaphern, ihrem<br />
Dämonenreich, aber auch ihren handwerklichtechnischen<br />
Hochleistungen bildete diese Kunst<br />
ein mediterranes Gegenstück zum mitteleuropäischen<br />
<strong>Expressionismus</strong>. Persönliche Beziehungen<br />
gab es, wenn auch nicht besonders<br />
zahlreich. Gelegentlich publizierte man in den<br />
1920erJahren die eine oder andere Abbildung<br />
katalanischer Absonderlichkeiten in deutschen<br />
Zeitschriften. Hermann Finsterlin will mit Gaudí<br />
korrespondiert haben, der bis zu seinem Tode<br />
1927 an dem Jahrhundertwerk der »Kathedrale«<br />
Sagrada familia arbeitete. Walter Gropius suchte<br />
Gaudí während einer Spanienreise 1907 / 08 auf,<br />
drei andere Bauhäusler, darunter Ernst Neufert,<br />
zwölf Jahre später. 33<br />
Der <strong>Expressionismus</strong> – ein deutsches Ereignis?<br />
Auch, aber gleichzeitig ein europäisches,<br />
das offen für die unterschiedlichsten<br />
regionalen Ausbildungen war. Auch in dieser<br />
kulturpolitischen Ambivalenz und nicht nur in<br />
seinem Pathos, seinem Künstlerehrgeiz, seinen<br />
metaphysischen Spekulationen, seinem<br />
Vertrauen auf das schöpferische Potenzial<br />
des Handwerks und seiner Gleichgültigkeit<br />
gegenüber Ökonomie und Zweckmäßigkeit<br />
unterschied sich der <strong>Expressionismus</strong> von der<br />
internationalistischen Moderne der 1920er<br />
und frühen 1930erJahre und später der<br />
Nachkriegsmoderne.<br />
14_Pehnt_V2.indd 380 09.10.2010 7:11:32 Uhr
7<br />
Virgilio Marchi, Bar in der<br />
Casa Bragaglia, Rom, 1921,<br />
aus: Architettura futurista,<br />
Foligno 1924<br />
Josef Chochol, Mietshaus in der<br />
Neklanowa-Straße, Prag-Vysehrad,<br />
1913, Fotografie<br />
8<br />
Nikolai Iwanowitsch Iszelenow,<br />
Treffpunkt der Völker, unausgeführte<br />
Entwurfsskizze, 1919, Grafit<br />
14_Pehnt_V2.indd 381 09.10.2010 7:11:33 Uhr<br />
9<br />
381
10<br />
Antoni Gaudí, Krypta der Kapelle in der Colònia Güell,<br />
Santa Coloma de Cervelló, 1898–1914, Fotografie<br />
382<br />
14_Pehnt_V2.indd 382 09.10.2010 7:11:33 Uhr
1 Theodor Däubler, Der neue Standpunkt (1916),<br />
Neuaufl., Dresden 1957, S. 24, 117.<br />
2 Dominikus Böhm an Johannes van Acken,<br />
24. 5. 1923, zit. nach: Gesine Stalling, Studien<br />
zu Dominikus Böhm mit besonderer Berücksichtigung<br />
seiner »Gotik«Auffassung, Diss. Tübingen<br />
1974; Frankfurt / Bern 1974, S. 169. Dominikus<br />
Böhm an Rudolf Schwarz, 20. 5. 1927, Nachlass<br />
Rudolf Schwarz, Köln.<br />
3 Gottfried Benn, 1934, zit. nach: Werner<br />
Hofmann, Wie deutsch ist die deutsche Kunst?,<br />
Leipzig 1999, S. 33.<br />
4 Thomas Mann, »Gedanken im Kriege« (1914),<br />
zit. nach: Hofmann 1999 (wie Anm. 3), S. 43. Zur<br />
Stereotypenbildung beim Thema »deutsch« vgl.<br />
auch Hans Belting, Identität und Zweifel. Ansichten<br />
der deutschen Kunst, Köln 1999; Volker<br />
Gebhardt, Das Deutsche in der deutschen Kunst,<br />
Köln 2004. Zur »Nationalisierung des <strong>Expressionismus</strong>«:<br />
Magdalena Bushart, Der Geist der<br />
Gotik und die expressionistische Kunst, München<br />
1990, S. 93 ff.<br />
5 Hans Poelzig, »Festspielhaus in Salzburg«<br />
(1921), zit. nach: Julius Posener (Hrsg.), Hans<br />
Poelzig, Berlin 1970, S. 144.<br />
6 Heinrich Wölfflin, »AkademieRede« (1914),<br />
zit. nach: Fritz Schumacher, Strömungen in<br />
deutscher Baukunst seit 1800, Köln 1935 / 1955,<br />
S. 179.<br />
7 Wilhelm Worringer, in: Kunst und Künstler, 13,<br />
1915, S. 85 ff., zit. nach: Walter Zimmermann,<br />
»Wem gehört die Gotik?«, in: Hannes Böhringer<br />
und Beate Söntgen (Hrsg.), Wilhelm Worringers<br />
Kunstgeschichte, München 2002, S. 226.<br />
Wilhelm Worringer, »Vorwort zur dritten Auflage«,<br />
in: ders., Abstraktion und Einfühlung. Ein<br />
Beitrag zur Stilpsychologie, 3. Aufl., München<br />
1918, S. VII f.<br />
8 Paul Fechter, Der <strong>Expressionismus</strong>, München<br />
1919, S. 33.<br />
9 Fritz Burger, Die Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts<br />
(Handbuch der Kunstwissenschaft,<br />
o. Nr.), T. 1: Einführung in die moderne Kunst,<br />
BerlinNeubabelsberg 1917, S. 115.<br />
10 Adolf Behne, »Organisation, Deutschtum und<br />
die Kunst«, in: ZeitEcho, 1, 1914 / 15, S. 364, zit.<br />
nach: Bushart 1990 (wie Anm. 4), S. 114.<br />
11 Vgl. Ausstellungen wie Expressionism. A German<br />
Intuition in den USA (1980 / 81), German Ex pressionists<br />
Paintings in NeuDelhi (1982), German<br />
Art in the 20th Century (London 1985; Stuttgart<br />
1986), Espressionismo tedesco. Arte e società<br />
(Venedig 1997).<br />
12 Vgl. u. a. John Willett, Expressionism,<br />
London 1970 (dt.: <strong>Expressionismus</strong>, München<br />
1970), S. 192 ff. Stefan Germer, »Kunst der<br />
Nation. Zu einem Versuch, die Avantgarde zu<br />
nationalisieren«, in: Bazon Brock und Achim<br />
Preiß (Hrsg.), Kunst auf Befehl? Dreiunddreißig<br />
bis Fünfundvierzig, München 1990, S. 21 ff.<br />
13 Helmut Schmidt, Menschen und Mächte, Berlin<br />
1998, S. 211 ff.<br />
14 Vgl. Im Kampf um die Kunst. Die Antwort auf<br />
den »Protest deutscher Künstler«, München 1911.<br />
15 Adolf Behne, »Bruno Taut«, in: Pan, 3, 23,<br />
1912 / 13, S. 538 ff.<br />
16 Vgl. Wolfgang Pehnt, Die Architektur des Expres <br />
sionismus, 3. Aufl., OstfildernRuit 1998, S. 14.<br />
17 William Richard Lethaby, »Modern German<br />
Architecture and What We May Learn From It«,<br />
in: The Architectural Association Journal, 1, 1915,<br />
abgedr. in: Form in Civilization, London 1922,<br />
S. 96 ff. CharlesÉdouard Jeanneret, Étude sur<br />
le mouvement d’art décoratif en Allemagne, La<br />
ChauxdeFonds 1912, S. 14 (dt.: Mateo Kries<br />
(Hrsg.), Le Corbusier. Studie über die deutsche<br />
Kunstgewerbebewegung, Weil 2008).<br />
18 Hermann Muthesius, Das englische Haus,<br />
3 Bde., Berlin 1904 / 05, zit. nach: ders.,<br />
Das moderne Landhaus und seine innere<br />
Ausstattung, 2. Aufl., München 1905, S. XI.<br />
19 Vgl. Anthony Alofsin, Frank Lloyd Wright. The<br />
Lost Years 1910–1922. A Study of Influence,<br />
Chicago / London 1993, S. 12 ff., hier S. 39:<br />
»When I came to Europe in 1909 only one<br />
architect interested me, Josef Maria Olbrich,<br />
for his work at Darmstadt.«<br />
20 Erich Mendelsohn an Luise Mendelsohn,<br />
8. 11. 1924, Kunstbibliothek, Staatliche Museen<br />
zu Berlin, zit. nach: Oskar Beyer (Hrsg.), Erich<br />
Mendelsohn. Briefe eines Architekten, München<br />
1961, S. 76.<br />
21 Pjotr Kropotkin, Mutual Aid. A Factor of Evolution,<br />
London 1902 (dt.: Gegenseitige Hilfe in der Ent<br />
wicklung, Leipzig 1904).<br />
22 Eckart von Sydow, Die deutsche expressionistische<br />
Kultur und Malerei, Berlin 1920, S. 8.<br />
23 Hans Much, Heimatkultur (Deutschtum. Flugschriften<br />
des Reichsbundes für Heimatkunst, 1),<br />
Siegen 1918.<br />
24 Hendrik Petrus Berlage, Gedanken über Stil<br />
in der Baukunst, Leipzig 1905; ders., Grundlagen<br />
und Entwicklung der Architektur, Rotterdam<br />
/ Berlin 1908.<br />
25 Hermann Finsterlin an Erich Mendelsohn,<br />
22. 5. 1924, Kunstbibliothek, Staatliche Museen<br />
zu Berlin.<br />
26 Jan Frederik Staal, »Die Stadtkrone von Bruno<br />
Taut«, in: Wendingen, 2, 4, 1919, S. 9 f.<br />
27 Rudolf Steiner, Gesamtausgabe, Bd. 28: Mein<br />
Lebensgang, 7. Aufl., Dornach 1962, S. 454.<br />
28 Maurizio Calvesi, »L’Espressionismo tedesco e<br />
l’arte italiana«, in: Stephanie Barron und Wolf<br />
Dieter Dube (Hrsg.), Espressionismo tedesco.<br />
Arte e società, Mailand 1997, S. 59 ff.<br />
29 Virgilio Marchi, Architettura futurista, Foligno<br />
1924, S. 64.<br />
30 Vgl. Selim O. ChanMagomedow, Pioniere der<br />
sowjetischen Architektur, Dresden 1983.<br />
31 Nikolai Iwanowitsch Iszelenow, »Die Architektur<br />
in Russland«, in: Frühlicht, 3, 1921 / 22, S. 89.<br />
Der junge Rudolf Schwarz exzerpierte den<br />
Aufsatz und baute das beigefügte grafische<br />
Schema des Stufenbergs in seinen eigenen<br />
Schriften aus.<br />
32 Adolf Behne, »Wiedergeburt der Baukunst«, in:<br />
Bruno Taut, Die Stadtkrone, Jena 1919, S. 130 f.<br />
33 Reginald Isaacs, Walter Gropius. Der Mensch<br />
und sein Werk, Bd. 1, Berlin 1983, S. 89. Daniel<br />
Schreiber, »Die Offenbarung. Zur frühen Rezep<br />
tion Gaudís in Deutschland«, in: Gaudí<br />
in Deutschland, hrsg. von Rainer Stamm und<br />
Daniel Schreiber, Ausst.Kat. Kunstsammlungen<br />
Böttcherstraße Bremen, Köln 2004.<br />
14_Pehnt_V2.indd 383 09.10.2010 7:11:33 Uhr<br />
383
Der Golem, wie er in die Welt kam, 1920, Regie: Paul Wegener, Standfotografie,<br />
Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt a. M.<br />
14_Pehnt_V2.indd 384 09.10.2010 7:11:34 Uhr
14_Pehnt_V2.indd 385 09.10.2010 7:11:34 Uhr
Hans Poelzig, Ohne Titel (Ghettostadt, Straßen), Skizze für einen Bautenentwurf zum<br />
Film Der Golem, wie er in die Welt kam, 1920, Kohle, Adolf und Luisa HaeuserStiftung für<br />
Kunst und Kulturpflege, Frankfurt a. M.<br />
386<br />
14_Pehnt_V2.indd 386 09.10.2010 7:11:35 Uhr
Hans Poelzig, Ohne Titel, Architekturskizze mit handschriftlicher Notiz, o. J., Bleistift,<br />
unten: Ohne Titel, Architekturskizze, o. J., Bleistift, Adolf und Luisa HaeuserStiftung für<br />
Kunst und Kulturpflege, Frankfurt a. M.<br />
14_Pehnt_V2.indd 387 09.10.2010 7:11:35 Uhr<br />
387
Der Golem, wie er in die Welt kam, 1920, Regie: Paul Wegener, Standfotografie,<br />
Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt a. M.<br />
388<br />
14_Pehnt_V2.indd 388 09.10.2010 7:11:36 Uhr
Hans Poelzig, Plakat zum Film Der Golem, wie er in die Welt kam, 1920, Regie:<br />
Paul Wegener, Lithografie, Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin<br />
14_Pehnt_V2.indd 389 09.10.2010 7:11:36 Uhr<br />
389
Hans Poelzig, Plakat zum Film der UFA Union Der Golem, wie er in die Welt kam, 1920,<br />
Regie: Paul Wegener, Lithografie, Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin<br />
390<br />
14_Pehnt_V2.indd 390 09.10.2010 7:11:37 Uhr
Der Golem, wie er in die Welt kam, 1920, Regie: Paul Wegener, Standfotografie,<br />
Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt a. M.<br />
14_Pehnt_V2.indd 391 09.10.2010 7:11:37 Uhr<br />
391
Hans Poelzig, Ohne Titel, Architekturskizze, o. J., Bleistift, unten: Ohne Titel, Skizze<br />
für einen Bautenentwurf zum Film Der Golem, wie er in die Welt kam, 1920, Bleistift,<br />
Adolf und Luisa HaeuserStiftung für Kunst und Kulturpflege, Frankfurt a. M.<br />
392<br />
14_Pehnt_V2.indd 392 09.10.2010 7:11:38 Uhr
Hans Poelzig, Ohne Titel, Skizze zum unrealisierten Filmprojekt Vineta, 1920,<br />
Mischtechnik, unten: Ohne Titel, Architekturskizze, 1918 / 19, Kohle, Adolf und<br />
Luisa HaeuserStiftung für Kunst und Kulturpflege, Frankfurt a. M.<br />
14_Pehnt_V2.indd 393 09.10.2010 7:11:39 Uhr<br />
393
Hans Poelzig, Ohne Titel (Ghettohügel), Skizze zu einem Bautenentwurf<br />
zum Film Der Golem, wie er in die Welt kam, 1920, Bleistift, Adolf und<br />
Luisa HaeuserStiftung für Kunst und Kulturpflege, Frankfurt a. M.<br />
394<br />
14_Pehnt_V2.indd 394 09.10.2010 7:11:39 Uhr
Hans Poelzig, Ohne Titel, Skizzen für einen Bautenentwurf zum Film Der Golem, wie er in<br />
die Welt kam, 1920, 1. Reihe: Doppelturm, Kohle, Doppelturm, Bleistift, Ghettomauer, Stadttor,<br />
Bleistift, 2. Reihe: Ghettomauer, Stadttor, Bleistift, Ghettomauer, Stadttor, schwarze Wachskreide,<br />
Gewölbe, Golem, Bleistift und Kohle, Adolf und Luisa HaeuserStiftung für Kunst und<br />
Kulturpflege, Frankfurt a. M.<br />
14_Pehnt_V2.indd 395 09.10.2010 7:11:40 Uhr<br />
395
Otto Bartning, Modell einer expressionistischen Kirche mit Pfarr und Gemeindehaus,<br />
um 1921, unten: Modell einer expressionistischen Kirche, um 1921, Fotografien,<br />
OttoBartningArchiv der Technischen Universität Darmstadt<br />
396<br />
14_Pehnt_V2.indd 396 09.10.2010 7:11:41 Uhr
Lyonel Feininger, Ohne Titel, um 1914, Fotografien, unten: Die Stadt am Ende der Welt,<br />
um 1914, Holz, farbig gefasst, 14 Häuser, Sammlung Dr. Hermann Klumpp. LyonelFeininger<br />
Galerie Quedlinburg<br />
14_Pehnt_V2.indd 397 09.10.2010 7:11:41 Uhr<br />
397
Lyonel Feininger, Villa am Strand, aus: BauhausMappe I. Neue europäische Grafik, Nr. 4,<br />
Weimar 1921 / 22, Holzschnitt, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin<br />
398<br />
14_Pehnt_V2.indd 398 09.10.2010 7:11:42 Uhr
Erich Heckel, Kniende am Stein, 1914, Holzschnitt, Kupferstichkabinett,<br />
Staatliche Museen zu Berlin<br />
14_Pehnt_V2.indd 399 09.10.2010 7:11:42 Uhr<br />
399
Walter Gropius, Programm des Bauhauses, April 1919, Erstveröffentlichung: vierseitiges<br />
Flugblatt, April 1919 (mit dem Holzschnitt einer Kathedrale von Lyonel Feininger)<br />
400<br />
Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit<br />
ist der Bau! Ihn zu schmücken war einst<br />
die vornehmste Aufgabe der bildenden Künste,<br />
sie waren unablösliche Bestandteile der großen<br />
Baukunst. Heute stehen sie in selbstgenügsamer<br />
Eigenheit, aus der sie erst wieder erlöst werden<br />
können durch bewußtes Mit- und Ineinanderwirken<br />
aller Werkleute untereinander. Architekten,<br />
Maler und Bildhauer müssen die vielgliedrige<br />
Gestalt des Baues in seiner Gesamtheit und<br />
in seinen Teilen wieder kennen und begreifen<br />
lernen, dann werden sich von selbst ihre Werke<br />
wieder mit architektonischem Geiste füllen, den<br />
sie in der Salonkunst verloren.<br />
Die alten Kunstschulen vermochten diese<br />
Einheit nicht zu erzeugen, wie sollten sie auch,<br />
da Kunst nicht lehrbar ist. Sie müssen wieder in<br />
der Werkstatt aufgehen. Diese nur zeichnende<br />
und malende Welt der Musterzeichner und<br />
Kunstgewerbler muß endlich wieder eine bauende<br />
werden. Wenn der junge Mensch, der Liebe<br />
zur bildnerischen Tätigkeit in sich verspürt,<br />
wieder wie einst seine Bahn damit beginnt, ein<br />
Handwerk zu erlernen, so bleibt der unproduktive<br />
»Künstler« künftig nicht mehr zu unvollkommener<br />
Kunstübung verdammt, denn seine<br />
Fertigkeit bleibt nun dem Handwerk erhalten,<br />
wo er Vortreffliches zu leisten vermag.<br />
Architekten, Bildhauer, Maler,<br />
wir alle müssen zum Handwerk zur<br />
ü c k ! Denn es gibt keine »Kunst von Beruf«.<br />
Es gibt keinen Wesens un ter schied zwischen dem<br />
Künstler und dem Handwerker. D e r Kü n s t l e r<br />
ist eine Steigerung des Hand werkers.<br />
Gnade des Himmels läßt in seltenen Lichtmomenten,<br />
die jenseits seines Wollens stehen, unbewußt<br />
Kunst aus dem Werk seiner Hand erblühen, d i e<br />
Grundlage des Werkmäßigen aber ist<br />
u n e r l ä ß l i c h für jeden Künstler. Dort ist der<br />
Urquell des schöpferischen Gestaltens.<br />
Bilden wir also eine neue Zunft der<br />
Handwerker ohne die klassentrennende Anmaßung,<br />
die eine hochmütige Mauer zwischen<br />
Handwerkern und Künstlern errichten wollte!<br />
Wollen, erdenken, erschaffen wir gemeinsam<br />
den neuen Bau der Zukunft, der alles in einer<br />
Gestalt sein wird: Architektur und Plastik<br />
u n d Malerei, der aus Millionen Händen der<br />
Handwerker einst gen Himmel steigen wird als<br />
kristallenes Sinnbild eines neuen kommenden<br />
Glaubens.<br />
PROGRAMM DES STAATLICHEN<br />
BAUHAUSES IN WEIMAR<br />
Das Staatliche Bauhaus in Weimar ist<br />
durch Vereinigung der e h e m a l i g e n G r o ß -<br />
herzoglich Säch sischen Hochschule<br />
für bildende Kunst mit der ehemaligen<br />
Großherzoglich Sächsischen Kunstgewe<br />
r b e s c h u l e unter Neuangliederung einer<br />
Abteilung für Baukunst entstanden.<br />
Ziele des Bauhauses.<br />
Das Bauhaus erstrebt die Sammlung alles<br />
künstlerischen Schaffens zur E i n h e i t , d i e<br />
Wiedervereinigung aller werkkünstlerischen<br />
Diszi p l i n e n – Bildhauerei, Malerei,<br />
Kunstgewerbe und Handwerk – zu einer<br />
neuen Baukunst als deren unablösliche Bestandteile.<br />
Das letzte, wenn auch ferne Ziel<br />
des Bauhauses ist d a s E i n h e i t s k u n s t -<br />
werk – der große Bau –, in dem es keine<br />
Grenze gibt zwischen monumentaler und<br />
dekorativer Kunst.<br />
Das Bauhaus will Architekten, Maler und<br />
Bildhauer aller Grade je nach ihren Fähigkeiten<br />
zu tüchtigen Handwerkern oder<br />
selbstständig schaffenden Künstler<br />
erziehen und eine Arbeits gemeinschaft führender<br />
und werdender Werkkünstler gründen, die<br />
Bauwerke in ihrer Gesamtheit – Rohbau, Ausbau,<br />
Ausschmückung und Einrichtung – aus<br />
gleich geartetem Geist heraus einheitlich zu gestalten<br />
weiß.<br />
Grundsätze des Bauhauses.<br />
Kunst entsteht oberhalb aller Methoden,<br />
sie ist an sich nicht lehrbar, wohl aber d a s<br />
H a n d w e r k . Architekten, Maler, Bildhauer<br />
sind Handwerker im Ursinn des Wortes,<br />
deshalb wird als unerläßliche Grundlage<br />
für alles bildnerische Schaffen die<br />
gründliche handwerkliche Ausbild<br />
u n g aller Studierenden in Werkstätten und<br />
auf Probier- und Werkplätzen gefordert. Die<br />
eigenen Werkstätten sollen allmählich ausgebaut,<br />
mit fremden Werkstätten Lehrverträge<br />
abgeschlossen werden.<br />
Die Schule ist die Dienerin der Werkstatt,<br />
sie wird eines Tages in ihr aufgehen. Deshalb<br />
nicht Lehrer und Schüler im Bauhaus, sondern<br />
Meister, Gesellen und Lehrlinge.<br />
Die Art der Lehre entspringt dem Wesen<br />
der Werkstadt:<br />
Organisches Gestalten aus handwerklichem<br />
Können entwickelt.<br />
Vermeidung alles Starren: Bevorzugung<br />
des Schöpferischen; Freiheit der Individualität,<br />
aber strenges Studium.<br />
Zunftgemäße Meister- und Gesellenproben<br />
vor dem Meisterrat des Bauhauses oder vor<br />
fremden Meistern.<br />
Mitarbeit der Studierenden an den Arbeiten<br />
der Meister.<br />
Auftragsvermittlung auch an Studierende.<br />
Gemeinsame Planung umfangreicher utopischer<br />
Bauentwürfe – Volks- und Kultbauten<br />
– mit weitgestecktem Ziel. Mitarbeit aller<br />
Meister und Studierenden – Architekten, Maler,<br />
Bildhauer – an diesen Entwürfen mit dem Ziel<br />
allmählichen Einklangs aller zum Bau gehörigen<br />
Glieder und Teile.<br />
Ständige Fühlung mit Führern des Handwerks<br />
und Industrien im Lande.<br />
Fühlung mit dem öffentlichen Leben, mit<br />
dem Volke durch Ausstellungen und andere<br />
Veranstaltungen.<br />
Neue Versuche im Ausstellungswesen zur<br />
Lösung des Problems, Bild und Plastik im architektonischen<br />
Rahmen zu zeigen.<br />
Pflege freundschaftlichen Verkehrs zwischen<br />
Meistern und Studierenden außerhalb der<br />
Arbeit; dabei Theater, Vorträge, Dichtkunst,<br />
Musik, Kostümfeste. Aufbau eines heiteren Zeremoniells<br />
bei diesen Zusammenkünften.<br />
14_Pehnt_V2.indd 400 09.10.2010 7:11:43 Uhr<br />
[…]
Programm<br />
des Bauhauses<br />
Bauhaus Manifest<br />
14_Pehnt_V2.indd 401 09.10.2010 7:11:43 Uhr<br />
401
15_Breuer_V2.indd 402 08.10.2010 14:55:33 Uhr
ESSAY<br />
»Kristallenes Sinnbild eines neuen<br />
kommenden Glaubens«<br />
Expressionistisches Handwerk und<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong> am Bauhaus<br />
Gerda Breuer<br />
Gerda Breuer<br />
15_Breuer_V2.indd 403 08.10.2010 14:55:34 Uhr
Der Unterschied zwischen Kunsthandwerk<br />
und Design, den die Designgeschichte zu<br />
ihrem Gründungsmythos zählt und der einhergeht<br />
mit der Vorstellung, dass sich das<br />
an der Industrie orientierte Design in Opposition<br />
zum handwerklichen Unikat entwickelt<br />
hat, ist an einem der bekanntesten<br />
Pro tagonisten der Moderne nachzuvollziehen:<br />
dem Staatlichen Bauhaus Weimar.<br />
Wenn heute von der BauhausModerne die<br />
Rede ist, denkt man zuerst an ein sachlichfunktionales<br />
Design, das die Gestalterschule<br />
als eine der ersten geprägt haben soll. 1<br />
Zahllose Neuauflagen der Möbelklassiker<br />
aus dem Bauhaus zeugen von dem Image<br />
einer zeitlosen Modernität, wie auch die<br />
Architektur der Schule mit dem Bild von<br />
der »weißen Moderne«, dem schmucklosen<br />
Funktionalismus, verbunden ist. 2 Lange Zeit<br />
wurden in der Rückerinnerung die expressionistischen<br />
Anfänge vom BauhausBild<br />
ab gekoppelt und ausgeblendet. Erst in den<br />
letzten Jahren wird verstärkt darauf hingewiesen,<br />
dass die langlebige Wirk mäch tigkeit<br />
der modernen Schule gerade auf der<br />
Anfangseuphorie beruht, die ganz mit dem<br />
<strong>Expressionismus</strong> und dem Handwerk verbunden<br />
ist. 3<br />
Begriffsverwirrungen<br />
Der Begriff »<strong>Expressionismus</strong>« ist als Stilbezeichnung<br />
der bildenden Kunst entliehen und<br />
wird schon seit Langem auf die Architektur<br />
übertragen – nicht immer überzeugt und anfangs<br />
als kulturgeschichtliche Randerscheinung<br />
oder »störendes Zwischenspiel«<br />
404<br />
4 betrachtet.<br />
Der Durchbruch, den die Wertung der expressionistischen<br />
Architektur durch Ulrich Conrads<br />
und Hans G. Sperlichs Phantastische Architektur<br />
1960 und Wolfgang Pehnts Standardwerk<br />
Die Architektur des <strong>Expressionismus</strong> 1973 erlangte,<br />
ist ihr im Design nie gelungen. Hier ist<br />
der Begriff vergleichsweise unspezifisch geblieben.<br />
Es ist kein Zufall, dass er sich vor allem<br />
mit Reproduktionsgrafiken verbindet, kommen<br />
sie doch der bildenden Kunst am nächsten: beispielsweise<br />
der Holzschnitt von Max Pechstein<br />
auf einem Pamphlet des Arbeitsrats für Kunst<br />
(Abb. S. 146), der von Bruno Taut gestaltete<br />
Buchdeckel zu Ja! – Stimmen des Arbeitsrates<br />
für Kunst in Berlin und das Titelblatt des BauhausManifests<br />
von Lyonel Feininger (Abb. 1),<br />
alle drei von 1919. Typografie, Möbeldesign,<br />
Textil, Metallgeräte, Keramik, all die anderen<br />
Produkte aus den Werkstätten des Bauhauses,<br />
werden ungleich seltener mit dem <strong>Expressionismus</strong><br />
in Verbindung gebracht.<br />
Viele BauhausSpezialisten reduzieren die<br />
expressionistische Phase auf das kurzzeitige<br />
Vorspiel der Gründungsjahre, das in die Weimarer<br />
Anfangszeit hineinreicht. 5 Aus dem<br />
Zu sammenhang großer Ereignisse mit dem<br />
Cha rakter eines <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s herausgenommen,<br />
fehlen dem Design (im heutigen<br />
Wort gebrauch) allerdings häufig die typischen<br />
stilistischen Erkennungsmerkmale, die<br />
bei der Grafik, Skulptur und der Architektur<br />
selbstverständlich sind.<br />
Den sich sukzessive vollziehenden Stilwechsel<br />
in der Formentwicklung seiner<br />
Möbel veranschaulicht Marcel Breuer<br />
beispielsweise an der Aneinanderreihung<br />
mehrerer Stills eines geplanten Films,<br />
die jeweils einen seiner Stühle abbilden:<br />
Am Anfang steht sein Afrikanischer Stuhl<br />
(Abb. 2) aus der Frühzeit des Bauhauses,<br />
ein Gemeinschaftswerk mit Gunta Stölzl.<br />
Thronähnlich wie für einen Stammesfürsten<br />
geschaffen, das konstruktive Gerüst<br />
aus Kirschholz und Eiche, grob geschnitten<br />
und bemalt, bespannt mit Textil fasern<br />
aus Seide, Hanf, Wolle und Baumwolle<br />
in Form eines farbigen abstrakten Gemäldes,<br />
hat das Möbel eine exotischüber<br />
höhende Formensprache. Der Sinn<br />
für Außereuropäisches, für sogenannte<br />
»primitive« Gesellschaften, kommt den<br />
Bildern der BrückeMaler nahe. Das Individuum,<br />
und daher das Unikat und die<br />
Handschrift des Künstlers, der sichtbare<br />
handwerkliche Herstellungsprozess stehen<br />
im Vordergrund – nicht die abstrakt<br />
sachliche Formensprache wie sie das<br />
moderne industrielle Serienprodukt kennzeichnen<br />
sollte, für das in den letzten<br />
Stills der hinterbeinlose Stahlrohrstuhl<br />
oder der Clubsessel B3, der heute sogenannte<br />
Wassily Chair, stehen, ein<br />
aus zwei Stahlrohrstangen zusammengestecktes<br />
transparentes Gebilde, mit<br />
robus tem »Eisengarn« bespannt. Sie<br />
verkörperten das Möbel der neuen Zeit.<br />
In diesem Fall stehen sich stilistische Elemente<br />
gegenüber – ein Gegensatz zwischen dem<br />
künstlerischhandwerklichen Einzelstück auf<br />
der einen Seite und dem industriellen Serienprodukt<br />
auf der anderen Seite. Die Definition<br />
dessen, was die Merkmale des <strong>Expressionismus</strong><br />
in den angewandten Künsten sind, war<br />
aber bei den Zeitgenossen widersprüchlich.<br />
Sie reicht vom Schrei und der Eruption bis zur<br />
inneren Intensität, dem Schaffen »von innen heraus«,<br />
6 vom Gemeinschaftsprodukt der Handwerker<br />
bis zum individuellen Einzelstück des<br />
Kunsthandwerks, vom regellosen Ausdrucksbedürfnis<br />
jenseits der Erfahrung und jenseits<br />
des Akademismus bis zu gemeinsamen stilistischen<br />
Elementen wie der Deformation der<br />
Gegenstandswelt und der Nähe zur bildenden<br />
Kunst. Das auf Gebrauch hin angelegte Design<br />
und der <strong>Expressionismus</strong> erscheinen deshalb<br />
auf den ersten Blick als Gegensatz.<br />
Gleichwohl vertraten auch die »Konstruktivisten«,<br />
die sich in Opposition zum Bauhaus um<br />
den DeStijlVertreter Theo van Doesburg in der<br />
Nähe der Schule und mit einigen begeisterten<br />
BauhausSchülern zusammenfanden, die Idee<br />
des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s, auch wenn sie das<br />
schmucklose, ganz aus dem Geist der Maschinenproduktion<br />
heraus entwickelte Serienprodukt<br />
anstrebten. »Wir schaffen das <strong>Gesamtkunstwerk</strong>.<br />
Die Zusammenarbeit von Architektur und Plastik<br />
und Malerei (gemeinsam) mit Industrie und<br />
Technik, Leben«, schreibt der BauhausSchüler<br />
Werner Graeff, der zu den Opponenten und zur<br />
Weimarer Gruppe der Aufrührer gehört, in seinem<br />
Pamphlet »Für das Neue«. 7<br />
Gemeinschaft der Handwerker<br />
In diesem Fall erschließt sich der <strong>Expressionismus</strong><br />
als Gegenbild eines modernen Weltbildes:<br />
Ein ästhetischer Überschuss und das indivi<br />
duelle Handwerk stören die neue Auffassung<br />
von sachlicher, an der neuesten Technik orientierten<br />
Massenproduktion, die eine bessere<br />
Voraussetzung für die Einlösung einer modernen<br />
und gerechteren Welt sein soll. Das <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
bleibt aber in Wirklichkeit eine<br />
übergreifende Idee. Denn <strong>Expressionismus</strong><br />
und Handwerk waren in den Anfängen des<br />
Bauhauses essenziell auf eine Gemeinschaft<br />
hin angelegt.<br />
Mit der Gründung des Bauhauses wollte sein<br />
Direktor Walter Gropius den Studierenden<br />
eine solide handwerkliche Ausbildung angedeihen<br />
lassen. Sie setzte sich, trotz fehlender<br />
Kurse am Bauhaus selbst, als eine Mischung<br />
aus baumeisterlicher Grundausbildung an<br />
der benachbarten Baugewerkenschule, dem<br />
Privatbüro von Gropius und der Vermittlung<br />
der Gedanken der Berliner Avantgarde des<br />
Arbeitsrats für Kunst und der Gläsernen Kette<br />
zusammen. Der pathetischbeschwörende<br />
Duktus des Gründungsmanifestes der Schule<br />
von 1919, das das erste Programm der Lehrfächer<br />
begleitete, entspricht ganz dem Geist<br />
des <strong>Expressionismus</strong> der Vor und unmittelbaren<br />
Nachkriegszeit. Gropius, vorbildlich<br />
informiert über die Reformpädagogik seit der<br />
Jahrhundertwende, hatte bereits 1915 / 16, als<br />
er als Nachfolger Henry van de Veldes für die<br />
Leitung der Weimarer Kunstgewerbeschule<br />
diskutiert wurde, die Idee von der Werkgemeinschaft<br />
von »Architekten, Bildhauer[n]<br />
und Handwerker[n] aller Grade« 8 vorformuliert,<br />
wie sie in das spätere BauhausManifest<br />
einfloß, und auch schon hier die romantische<br />
Idee der mittelalterlichen Bauhütte als Vorbild<br />
zugrunde gelegt. Als Gründungsmitglied und<br />
Teil des Leitungsgremiums des Arbeitsrats<br />
wollte Gropius Kunst und Architektur im Sinne<br />
der räterepublikanischen Initiativen dieser<br />
Zeit im Volk fundieren. »An der Spitze steht<br />
der Leitsatz: Kunst und Volk müssen eine Einheit<br />
bilden. Die Kunst soll nicht mehr Genuss<br />
Weniger, sondern Glück und Leben der Masse<br />
sein. Zusammenschluss der Künste unter<br />
den Flügeln einer großen Baukunst ist das<br />
Ziel«, heißt es in einem Flugblatt des Arbeitsrats<br />
vom 1. März 1919 (Abb. S. 166 / 167). 9<br />
Gegen die Partikularinteressen Einzelner stand<br />
nun die Gemeinschaft des Volkes. Moralische<br />
Kategorien durchdrangen die programmatischen<br />
Äußerungen der künstlerischen Gemeinschaften,<br />
von Brüderlichkeit, Nächstenliebe und Wahrheit<br />
war die Rede. Wie sich die Menschen verbünden<br />
sollten, so auch die Künste unter der Fahne der<br />
Mutter aller Künste: der Architektur. Es wurden<br />
die Bauwerke der Vergangenheit beschworen, die<br />
gotischen Kathedralen vor allem, aber auch die<br />
indischen Tempel oder die Tempelanlage Angkor<br />
Vat im heutigen Kambodscha – Hans Luckhardt<br />
gab sich in der Gläsernen Kette den Geheimnamen<br />
Angkor –, die ägyptischen Pyramiden oder<br />
die fernöstlichen Pagoden, in denen die Volksgemeinschaft<br />
ihren künstlerischen Ausdruck fand<br />
(Abb. S. 364 / 365). Es war jene »Geisteseinheit«,<br />
die Gropius in ihnen eingelöst sah. 10<br />
Die Aufbruchphase kurz nach Kriegsende beflügelte<br />
Künstler, Architekten und Designer zu<br />
einer Euphorie für neue Entwürfe, wenn auch<br />
zunächst nur auf dem Papier. Hohe Kriegsverschuldung,<br />
wirtschaftliche Not, politische Krisen,<br />
die mit Aufständen einhergingen, führten<br />
15_Breuer_V2.indd 404 08.10.2010 14:55:34 Uhr
1<br />
Lyonel Feininger, Kathedrale des Sozialismus, Titelblatt zum Programm<br />
des Staatlichen Bauhauses in Weimar, 1919, Holzschnitt, Privatbesitz<br />
15_Breuer_V2.indd 405 08.10.2010 14:55:35 Uhr<br />
405
406<br />
Gerhard Marcks, Postkarte zur<br />
Bauhaus-Ausstellung in Weimar, 1923,<br />
Lithografie, Privatbesitz, Bremen<br />
3<br />
2<br />
Marcel Breuer und Gunta Stölzl, Afrikanischer Stuhl, 1921,<br />
Eiche und Kirschholz, bemalt mit wasserlöslichen Farben,<br />
Hanf, Wolle, Baumwolle, Seide, Bauhaus-Archiv, Berlin<br />
4<br />
Paul Klee, Postkarte zur Bauhaus-Ausstellung in<br />
Weimar, 1923, Lithografie, Privatbesitz, Bremen<br />
15_Breuer_V2.indd 406 08.10.2010 14:55:36 Uhr
zum Ende der Monarchie und zur Ausrufung<br />
der Weimarer Republik. Gleichwohl war die<br />
Zeit offen für soziale Reformen. Architekten,<br />
Künstler und Designer suchten sich nicht zuletzt<br />
am Bedarf und der Verbesserung der Lebensumstände<br />
unterer Volksschichten zu orientieren.<br />
Während sich der Unmut der Künstler<br />
vor allem gegen die Akademien wendete, setzten<br />
die Architekten, Designer und Archi tektur<br />
theoretiker das Programm des Deut schen<br />
Werkbunds fort, dessen Mitglieder sie nahezu<br />
alle waren. Jetzt war man aber weniger<br />
an nationalökonomischen und unternehmerischen<br />
Interessen orientiert, sondern sozial<br />
gemein schaftliche Ziele dienten als Remedur<br />
der Fehl entwicklungen des Kriegs, des großen<br />
Völker mordens. Der linke und halblinke Flügel<br />
des Werkbunds setzte sich durch. 11<br />
Sie schlossen sich zu Arbeitsgemeinschaften,<br />
zu Bünden, Räten, kleinen funktionstüchtigen<br />
Zellen und nicht zuletzt zu einer<br />
Schule zusammen, die einen ganzheitlichen<br />
Aufbau der Volksgemeinschaft anstrebte.<br />
Die Idee des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s<br />
wurde hier auf die soziale Gemeinschaft<br />
hin angewendet. Nicht selten wurde das<br />
Bild der »Brüderkette« bemüht. »Brüder!<br />
Nicht schießen«, lautete das Schild, das<br />
die Novemberrevolutionäre bei jeder Kundgebung<br />
vor sich hertrugen. Die wehrpflichtigen<br />
Aufständischen revoltierten gegen<br />
den unbedingten Gehorsam, der ihnen als<br />
Soldaten vom Monarchen Wilhelm II. auferlegt<br />
worden war. Notfalls sollten sie die<br />
eigenen Verwandten, Brüder und Eltern<br />
niederschießen, wenn diese sich gegen<br />
die herrschende Ordnung auflehnten. Zum<br />
ersten Mal stritten die Soldaten nun für<br />
Bürger sinn, Freiheit und Demokratie. Infolgedessen<br />
strebten die Architekten nicht<br />
nur Versammlungs, Bildungs, Kultur und<br />
Erholungsstätten an, sondern ihre Bauten<br />
sollten symbolischen Charakter haben: Es<br />
waren Volkshäuser – Mittelpunkt und Symbol<br />
der sozialen Gemeinschaft. Viele Entwürfe<br />
waren allerdings so utopisch, dass<br />
sie kaum zu realisieren waren. Das Gesteigerte,<br />
Überhöhte kennzeichnete den <strong>Expressionismus</strong>,<br />
das OMenschPathos.<br />
Lyonel Feinigers kubistischzersplitterte gotische<br />
Kirche auf dem Titelblatt des BauhausProgramms<br />
(Abb. 1), Sinnbild des Zukunftsbaus, verbildlicht<br />
die Emphase, mit der das expressionistische<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong> auch am Bauhaus verwirklicht<br />
werden sollte: »Das Endziel aller bildnerischen<br />
Tätigkeit ist der Bau! [...] Wollen, erdenken,<br />
erschaffen wir gemeinsam den neuen Bau<br />
der Zukunft, der alles in einer Gestalt sein wird:<br />
Archi tektur und Plastik und Malerei, die aus Millionen<br />
Händen der Handwerker einst gen Himmel<br />
steigen wird als kristallenes Sinnbild eines neuen<br />
kommenden Glaubens«, heißt es dort (s. S. 400). 12<br />
Die Kirche war das überhöhende Sinnbild eines<br />
einstigen gelungenen Gesamtkunst werks aus<br />
Architektur, Malerei, Bildhauerei, wie es die gotische<br />
Kathedrale für die Romantik darstellt, in der<br />
die Handwerker in Gemeinschaftsarbeit und kollektiven<br />
Entscheidungen am Bau arbeiteten. Die<br />
Kirche war mithin eine Metapher für eine nicht<br />
entfremdete Societas, eine Art basisdemokratische<br />
Zelle, in der das Individuum in Gemeinschaft,<br />
Nation, Menschheit und einer gemeinsa<br />
men Spiritualität aufging und Entscheidungen für<br />
die Gemeinschaft traf. Sie war im wahrsten Sinne<br />
des Wortes Baustein für den Aufbau einer demokratischen<br />
Gesellschaft.<br />
Der Holzschnitt Feiningers griff in seinem aufsprengenden<br />
Zeichenduktus nicht nur die stilistischen<br />
Elemente des <strong>Expressionismus</strong> auf,<br />
sondern auch dessen Amalgam aus Praxisorientierung<br />
und Zukunftsgläubigkeit: Er überhöhte<br />
das Programm der Schulreform zu einem visionären<br />
Künstlermanifest und evozierte bei den<br />
Schülern, die geworben werden sollten, Begeisterung.<br />
Er vermittelte ein Gemeinschaftsgefühl,<br />
am Aufbau einer großen Zukunftsidee<br />
mitzuwirken und die Rolle einer Avantgarde zu<br />
übernehmen. Später, als Gropius längst seine<br />
Losung für die Neuorientierung des Bauhauses<br />
herausgegeben hatte, »Kunst und Technik«<br />
zu einer »neuen Einheit« zu verbinden, 13 und<br />
die Alltagsgegenstände wie auch der Bau von<br />
Georg Muche auf der ersten wichtigen öffentlichen<br />
Ausstellung in Weimar 1923 eine neue<br />
Formen sprache annahmen, nämlich die der<br />
funktionalen Sachlichkeit, spielten Elemente der<br />
alten Metaphern eine identitätsstiftende Rolle.<br />
So sind es beispielsweise auf der Postkarte<br />
von Gerhard Marcks zu dieser Aus stellung,<br />
die Manifest der programmatischen Wende<br />
von den kunsthandwerklichen Anfängen<br />
zum industriellen Prototyp sein sollte, die<br />
Hände, die den Bau tragen. Die lang gezogenen<br />
Finger, die das schlichte Versuchshaus<br />
am Horn in Weimar tragen, das das<br />
überhöhende Bild der gotischen Kathedrale<br />
nun durch einen »Zweckbau« ersetzte, erwecken<br />
die Assoziation an Flammen, Symbol<br />
der Reinigung und des Lichtes (Abb. 3).<br />
Und auch die zweite Postkarte zur Ausstellung<br />
lässt Anklänge an expressionistische<br />
Ideen erkennen. Auch das abstraktere Bild<br />
der geometrischen aufgetürmten Farbfelder<br />
von Paul Klee, auf deren Spitze sich das<br />
Versuchshaus erhebt, erinnert an den Turm<br />
vieler expressionistischer Volkshäuser und<br />
greift ein Symbol des <strong>Expressionismus</strong> auf:<br />
den Kristall (Abb. 4).<br />
Selbst beim neuen Schulgebäude in Dessau, das<br />
Gropius zwei Jahre später nach dem Umzug verwirklichen<br />
konnte, sticht der mehrgeschossige<br />
vollverglaste Werkstättentrakt wie ein Monument<br />
der Arbeit hervor (Abb. 5). Durch die Spiegelungen<br />
im Glas wirkt er wie ein Kristall. Trotz der Anmutung<br />
einer neuen Sachlichkeit der Objekte, die<br />
das Kunstvolle des <strong>Expressionismus</strong> abgestreift<br />
hatten, trotz einer Architektur, die wie ein »moderner<br />
Zweckbau« wirken wollte und die in ihrer<br />
Funktion den Werkstätten als »Laboratorien« – die<br />
nach dem Vorbild der Industrie neue Produktentwicklungen<br />
erforschen, planen, in kleinen Serien<br />
selbst herstellen und ansonsten synergetisch mit<br />
oder im Auftrag der Industrie arbeiten sollten –<br />
entsprechen sollte, blieb die Idee des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s<br />
erhalten. Nur wurde diese Idee jetzt<br />
in eine von der neuen zukunftsweisenden Produktivkraft<br />
Industrie geformte Welt übertragen,<br />
die den Menschen Gleichheit und Gerechtigkeit<br />
bringen sollte. Erst Hannes Meyer, ab 1928 der<br />
zweite Direktor des Bauhauses, setzte der Idee<br />
des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s, der Gropius noch durch<br />
die künstlerische und inhaltliche Überhöhung der<br />
Form anhing, einen strengen Funktionalismus<br />
entgegen: Planen durch Funktionsanalyse und<br />
Konstruktion sowie eine Arbeitsmethode, die sich<br />
am Teamwork des Kollektivs orientiert; höhere<br />
Wirtschaftlichkeit, gesteigerte Effektivität und<br />
eine dezidierte soziale Orientierung: »Volksbedarf<br />
statt Luxusbedarf« – sie waren nun die neuen<br />
Ziele. Am Erscheinungsbild machte sich dies<br />
deutlich: Die Gegenstände und die Architektur<br />
verloren ihre Strahlkraft, waren nur mehr »nützliche«<br />
Dinge.<br />
Wohnhaus Adolf Sommerfeld<br />
Es war der langjährige Freund von Gropius und<br />
Gönner des Bauhauses, der Bauunternehmer<br />
Adolf Sommerfeld, der Gropius und seiner<br />
Schule in den Jahren der Not mit einer Schiffsladung<br />
Bauholz ermöglichte, die Vorstellung<br />
vom ganzheitlichen Bauen am Beispiel eines<br />
Wohnhauses umzusetzen. Haus Sommerfeld<br />
wurde von Gropius 1920, das heißt unmittelbar<br />
nach der Gründung der Schule, zusammen mit<br />
seinem Partner, dem Architekten Adolf Meyer,<br />
entworfen, ein Jahr später im Berliner Vorort<br />
Dahlem realisiert und mit BauhausLehrern und<br />
schülern aus den einzelnen Werkstätten ausgebaut.<br />
Das Haus sollte von dem geprägt sein,<br />
was Gropius im BauhausManifest als »einer<br />
Gestalt« bezeichnet: ein Haus wie aus einem<br />
formalen Guss und ganz dem Handwerk, dem<br />
in der BauhausSchule vermittelten »Werkmäßigen«,<br />
geschuldet sein. Die Ankündigung<br />
des Richtfestes, das Bauherr und Bauhäusler<br />
am 18. Dezember 1920 feierten, kommt dem<br />
gesteigerten Effekt nahe, den die Stimmung<br />
des BauhausManifestes vermittelte: In einem<br />
Strahlenkranz von BleistiftSchraffuren eingebettet,<br />
gebrochen in kubische Felder, leuchtet<br />
das Haus wie ein dunkler Kristall (Abb. 6).<br />
Das Haus wurde zu einem Paradigma der<br />
Einheit von Kunst und Kunsthandwerk, ein<br />
Bau, an dem die einzelnen Bauhäusler<br />
zwar mit eigener Handschrift arbeiteten,<br />
sich aber einem Geist verbunden fühlten.<br />
Dörte Helm und Marcel Breuer realisierten<br />
die kubischen Holzmöbel, die schon die<br />
einfachen Formen der späteren Stahlrohrmöbel<br />
vorwegnehmen. Die Eingangstüren<br />
und die Holzvertäfelungen der Wände des<br />
Treppenhauses wurden mit ihren künstlerischdekorativen<br />
Einkerbungen von Joost<br />
Schmidt gestaltet, von Josef Albers stammten<br />
die BuntglasFenster im Treppenaufgang<br />
(Abb. 7). Die Studentinnen der Textilwerkstatt<br />
entwarfen die Vorhänge und<br />
Sesselpolsterungen.<br />
Das Denkmal der Märzgefallenen<br />
von Walter Gropius<br />
Im selben Jahr realisierte Gropius das Grabdenkmal<br />
für die Märzgefallenen (Abb. 8). Die Verbundenheit<br />
mit dem Nachkriegsexpressionismus ist<br />
hier in seinem Engagement für die Revolutionäre<br />
und zugleich in der Formensprache des Monuments<br />
auf die Spitze getrieben.<br />
Sein Entwurf zeigt eine schroff in<br />
die Höhe steigende Keilform, die<br />
aus mehreren unregelmäßigen kantigen<br />
Teilelementen zusammengefügt<br />
ist und sich ohne Sockel wie<br />
aus der Erde erhebt. Das Ensemble<br />
mehrerer kleiner und einer großen 407<br />
15_Breuer_V2.indd 407 08.10.2010 14:55:36 Uhr
Grabstelle auf einer trapezförmigen Anlage<br />
auf dem Weimarer Friedhof war als Er innerung<br />
an die neun während des KappPutsches<br />
erschossenen Arbeiter gedacht. 14 Als<br />
»Endgrab« in der »Brüdergräberkette« kam<br />
ihm eine besondere Bedeutung zu: Beauftragt<br />
vom Gewerkschaftskartell Weimars<br />
wirkte es wie ein »Blitzstrahl«, der sich »aus<br />
dem Grabesboden als Wahrzeichen des lebendigen<br />
Geistes« erhob und war ein politisches<br />
Fanal für die ungebrochene Kraft der<br />
Aufständischen.<br />
Wie auch Ludwig Mies van der Rohes späteres<br />
Denkmal für Karl Liebknecht und Rosa<br />
Luxemburg (1926) transformierte Gropius das<br />
Monument von der Figuration und Symbolhaftigkeit<br />
tradierter Zeichen in eine Abstraktheit,<br />
bei der allein die Form und das Material Beton<br />
die Idee bestimmen.<br />
Johannes Ittens Turm des Feuers<br />
Gropius wollte wie die alten Baumeister<br />
großer vergangener Zeiten bauen. »Als<br />
Ideal der Ausbildung eines Architekten<br />
stellte uns – 1922 bei der Immatrikulation<br />
– Gropius den angeblichen Werdegang<br />
indi scher Baumeister dar: Dieser<br />
erlerne erst ein Handwerk, und wenn<br />
er dieses vollkommen beherrsche, ein<br />
zweites, dann ein drittes, ein viertes, ein<br />
fünftes – bis er sich endlich Baumeister,<br />
Architekt nennen dürfe«, erinnerte sich<br />
der BauhausSchüler Werner Graeff.<br />
408<br />
15 In<br />
die Idee des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s wurden<br />
daher ma teriale und formale Übernahmen<br />
aus außereuro päischen Ländern<br />
integriert. Es war vor allem der neue<br />
Be deutungsgehalt der Zi tate, der die<br />
künstlerischen Kon strukte und die Alltagsdinge<br />
metaphorisch auflud und mit<br />
dem man die Dinge beleben wollte.<br />
Als eine symbolische Zusammenfassung vieler<br />
Elemente des Lebens und Zeichen für<br />
eine neue Synthese von Weltbildern dient der<br />
spiralförmige Turm des Feuers von Johannes<br />
Itten. 16 Itten begann mit dem Bauprojekt vor<br />
seinem Atelier im Park an der Ilm unmittelbar<br />
nach seinem Amtsantritt am Bauhaus im<br />
November 1919, anfänglich nannte er ihn »Glockenturm«,<br />
»Glasturm« oder auch »Turm des<br />
Lichts«, später dann Turm des Feuers.<br />
Wie viele Vertreter der Gläsernen Kette,<br />
unter anderen Wenzel Hablik, Bruno<br />
Taut oder Hermann Finsterlin, betrachtete<br />
Itten Materialien in Bedeutungskon <br />
stellationen, die er esoterischen Zusammen<br />
hängen entnahm. Er war Anhänger<br />
der MazdaznanLehre und generell den<br />
Weltreligionen und Lebensphilosophien,<br />
der an throposophischen Lehre Rudolf<br />
Steiners sowie der Theosophie verbunden<br />
und lernte den indischen Nobelpreisträger<br />
für Literatur Rabindranath<br />
Tagore 1920 in Weimar kennen. Für Itten<br />
war Gestalten weit mehr als das Entwerfen<br />
von Alltags gegenständen, und er versuchte<br />
es in ein ganzheitliches Konzept<br />
der Pädagogik, zu dem auch eine neue<br />
Atem, Ernährungs und Sexuallehre<br />
zählte, zu integrieren. Den esoterischen<br />
Richtungen fühlten sich am Bauhaus<br />
auch Wassily Kandinsky, Georg Muche<br />
und Lothar Schreyer verbunden.<br />
Aus seinen Tagebuchblättern ist uns das<br />
Konzept für den Turm des Feuers durch<br />
Skizzen und Beschriftung bekannt (Abb. 9):<br />
Er vereinte Farbklänge, astrologische Tierkreiszeichen,<br />
verschiedene Materialien, geo<br />
metrische und stereometrische Formen. Im<br />
Glaspavillon von Bruno Taut auf der WerkbundAusstellung<br />
in Köln 1914 traten in einem<br />
völlig anderen Erscheinungsbild, aber<br />
dennoch durchaus verwandt, die Kombinationen<br />
aus Naturmaterialien und Artefakten,<br />
Farben und Metallen, Glas und Beton, ja sogar<br />
Schriftelementen von Paul Scheerbart,<br />
dem Dichter der Lebensreform, zutage. Eigentlich<br />
ein Auftragswerk der Glasindustrie<br />
veranschaulichte der Pavillon als kristalline<br />
Glas, Farb und Lichtarchitektur die Vision<br />
von einer neuen Zeit jenseits einer reinen<br />
Zweckarchitektur. Auch Wenzel Hablik kombinierte<br />
in seinen KuppelbauZeichnungen<br />
Angaben zu den verschiedensten Materialien;<br />
er beschrieb sie in seiner »WeltSchule<br />
für das Werk aus Menschenhand« als »Bau<br />
Material Eisenbeton, Stahl, Kupfer, Glas<br />
in allen Farben und Arten – Platin, Gold,<br />
Silber – Marmor«. Und er sah die Umsetzungen<br />
seiner Zeichnungen als Symbole für<br />
ein menschenwürdigeres Leben. »Nicht um<br />
›Riesenunternehmen fürs Geschäft‹ zu organisieren,<br />
wohl aber um die Menschen in der<br />
Idee zur positiven Tat zu einen, um die Kräfte<br />
der Zerstörung zu binden im Gedanken an<br />
die schöpferische Kraft in uns [...].« 17 Solche<br />
neuartigen Zusammenspiele auszuprobieren,<br />
war folglich in der Zeit unmittelbar vor<br />
Ausbruch des Weltkrieges und danach verbreitet.<br />
Itten versuchte nun, sie für die Lehre<br />
fruchtbar zu machen.<br />
Metallwerkstatt und Materialmystik<br />
Die besondere Bedeutung der BauhausMetallwerkstatt<br />
unter der Leitung von Johannes Itten,<br />
zeitweilig auch unter der von Oskar Schlemmer,<br />
bestand darin, dass Itten die mystische Bedeutung<br />
von Metallen auch in diese Werkstatt einbrachte.<br />
Er sah die »GoldSilberKupferschmiede«, eine<br />
der wichtigsten Abteilungen der Metallwerkstatt,<br />
nicht nur als Übungsfeld für seine Grundlehre an,<br />
die Übungen in Proportion, Kontrast, Rhythmus<br />
und Textur erprobte, sondern betrachtete sie<br />
auch als Teil seiner ganzheitlichen, esoterischen<br />
Lehre. Metall hatte im Mittelalter eine besondere<br />
Bedeutung in der Alchemie, die Itten nicht unbekannt<br />
gewesen sein dürfte. So erinnern manche<br />
handwerklichen Objekte aus der Zeit bis 1923<br />
auch an Kultgeräte wie liturgisches Gerät oder<br />
haben Anklänge an »Kosmisches«, wie die Weltkugel<br />
bei einer Deckelschale aus Kupfer von<br />
Naum Slutzky (Abb. 10).<br />
Um 1922 meldete sich aber auch Kritik an, ob<br />
die Orientierung am mittelalterlichen Handwerk<br />
noch zeitgemäß sei, auch wenn man sie aktualisieren<br />
würde. So meinte Oskar Schlemmer:<br />
»Ich glaube nicht an das Handwerk. Das Handwerk<br />
des Mittelalters stellen wir nicht wieder<br />
her, so wenig wie die Kunst des Mittelalters,<br />
auch nicht relativ im entsprechend modernen<br />
Sinn. Es ist überholt durch die ganz moderne<br />
Entwicklung. Handwerkliches Kunstgewerbe im<br />
Zeitalter der Maschine und Technik wird Ware<br />
für die Reichen, ohne die breite Basis von ehedem<br />
und Wurzel im Volk. Das Handwerk von<br />
ehedem macht heute die Industrie, oder sie<br />
wird es machen nach ihrer ganzen Entwicklung:<br />
typisierte solide, materialechte Gebrauchsgegenstände<br />
[...].« 18<br />
Gleichwohl hatte auch László MoholyNagy,<br />
der die Metallwerkstatt 1923 übernahm und<br />
der der von Gropius neu ausgerufenen Orientierung<br />
von Kunst an Technik Ausdruck<br />
verleihen wollte, eine geradezu mystische<br />
Relation zur Materialität des Metalls, auch<br />
wenn er nun den Auftrag hatte, eine Industrieform<br />
zu entwickeln. »Als Gropius mir die<br />
Leitung der Metallwerkstatt übertrug, bat<br />
er mich, sie unter dem Gesichtspunkt der<br />
industriellen Formgebung neu aufzubauen.<br />
Bis dahin war sie eine Gold und Silberschmiedewerkstatt<br />
gewesen, die Weinkrüge<br />
und Samowars, kunstvolle Schmuckstücke,<br />
Kaffeegeschirr usw. herstellte. Es kam einer<br />
Revolution gleich, die Arbeit dieser Werkstatt<br />
ändern zu wollen, denn ihr Berufsstolz<br />
verbot den Gold und Silberschmieden die<br />
Verwendung von Eisenmetallen, Nickel und<br />
Chrom.« 19<br />
MoholyNagys Faszination für die Phänomene<br />
des Lichts, wie er sie in seinen Schriften beschrieb<br />
und in der Fotografie, den Fotogrammen,<br />
dem Film und vor allem bei seinem Licht<br />
RaumModulator immer wieder durchspielte, ist<br />
aber auch bei den modernen Metallgeräten zu<br />
erkennen. Spiegelungen im Glanz der Silbergeräte<br />
und des verchromten Metalls wurden eingefangen<br />
und waren ein beliebtes Motiv in den<br />
Fotografien seiner Schüler. Diese Wirkungen<br />
des Materials gingen über eine reine Zweckrationalität<br />
hinaus, die ja eigentlich gefordert<br />
war. Glas und glänzende Metalle, sie waren<br />
nicht nur Zeichen der modernen Industriekultur,<br />
sondern auch noch der Metaphorik der expressionistischen<br />
angewandten Kunst verbunden.<br />
Epilog<br />
Gropius hatte schon zu Beginn, als er 1919<br />
in Weimar das Direktorat der beiden Zweige<br />
der Lehreinrichtung, der Hochschule für bildende<br />
Kunst und der Kunstgewerbeschule,<br />
übernahm, deren Zusammenlegung durchgesetzt.<br />
Die Vereinigung von »hoher« und »niederer«<br />
Kunst war mithin ein reformerischer<br />
Akt – schon die Wortmarke »Bauhaus« wies<br />
darauf hin. Heute erinnert man sich jedoch<br />
kaum mehr an die ursprüngliche Idee von<br />
der Einheit der Künste. Unter dem Druck,<br />
Prototypen für die Industrie zu entwickeln,<br />
entschied sich Gropius für eine Neuorientierung,<br />
in der nicht mehr Kunst und Handwerk<br />
verquickt, sondern eine moderne Industrieform<br />
entwickelt werden sollte. Es war diese<br />
Ausrichtung, die, gestützt durch den Einfluss<br />
mehrerer Lehrer wie László MoholyNagy<br />
und Herbert Bayer, in unser heutiges BauhausBild<br />
eingeflossen ist. Doch unabhängig<br />
von der Neuausrichtung hin zu einem technikorientierten<br />
Bauhaus mit einer gewandelten<br />
ästhetischen Formensprache blieb die Idee<br />
des <strong>Gesamtkunstwerk</strong>s für das Bauhaus wäh<br />
rend der gesamten Zeit des Direktorates von<br />
Gropius essenziell.<br />
15_Breuer_V2.indd 408 08.10.2010 14:55:36 Uhr
7<br />
Eingangshalle des Hauses Sommerfeld, Schnitzereien von Joost Schmidt<br />
und Sessel von Marcel Breuer, Fotografie, Bauhaus-Archiv, Berlin<br />
5<br />
Lucia Moholy, Die Fassade des Werkstättentraktes<br />
am Bauhaus-Dessau, 1926, Fotografie<br />
Martin Jahn, Programm für das<br />
Richtfest des Hauses Sommerfeld<br />
am 18. Dezember 1920, Holzschnitt<br />
15_Breuer_V2.indd 409 08.10.2010 14:55:37 Uhr<br />
6<br />
409
410<br />
9<br />
Johannes Itten, Entwurfsskizze,<br />
Turm des Feuers, Einzelseite<br />
aus dem Tagebuch, 1919, Stift,<br />
Bauhaus-Archiv, Berlin<br />
Naum Slutzky, Kugelförmige Dose,<br />
1920, Kupfer, Bauhaus-Archiv, Berlin<br />
10<br />
8<br />
Walter Gropius, Denkmal<br />
für die Märzgefallenen, 1920 / 21,<br />
Fotografie<br />
15_Breuer_V2.indd 410 08.10.2010 14:55:38 Uhr
Das im Titel verwendete Zitat stammt aus dem<br />
Gründungsmanifest des Bauhauses, 1919.<br />
1 Das Bauhaus war ein Spiegel der Weimarer Republik<br />
und unterlag insofern auch den Wandlungen<br />
dieser Zeit. In der neueren Literatur rückt<br />
man heute stark von der Stilisierung der Schule<br />
als einziger Quelle modernen Designs ab.<br />
2 Vgl. Gerda Breuer, Die Erfindung des Modernen<br />
Klassikers. Avantgarde und ewige Aktualität,<br />
OstfildernRuit 2001; Bauhausstil zwischen<br />
International Style und Lifestyle, hrsg. Regina<br />
Bittner, Ausst.Kat. Stiftung Bauhaus Dessau,<br />
Berlin 2003.<br />
3 Siehe vor allem die letzten Veröffentlichungen<br />
zum 90. Gründungsjubiläum des Bauhauses:<br />
Das Bauhaus kommt aus Weimar, hrsg. von Ute<br />
Ackermann und Ulrike Bestgen für die Klassik<br />
Stiftung Weimar, Ausst.Kat. BauhausMuseum,<br />
Weimar; Berlin / München 2009; modell bauhaus,<br />
Ausst.Kat. BauhausArchiv, Museum für<br />
Gestaltung, Berlin; Stiftung Bauhaus Dessau;<br />
Klassik Stiftung Weimar; Ostfildern 2009.<br />
4 Neben Sigfried Giedion und Ernst Bloch war es<br />
vor allem Nikolaus Pevsner, der den <strong>Expressionismus</strong><br />
ablehnte: »Der <strong>Expressionismus</strong> galt ihm<br />
gar als ein störendes Zwischenspiel, das nur<br />
den Fortschritt der Moderne aufgehalten habe.«<br />
Wolfgang Pehnt, [Nachwort], in: Nikolaus<br />
Pevsner, Wegbereiter moderner Formgebung von<br />
Morris bis Gropius, Köln 1983, S. 245; unter dem<br />
Titel Pioneers of Modern Movement erstmals<br />
erschienen 1936.<br />
5 Vgl. z. B. Magdalena Droste, »Bauhaus Weimar.<br />
Das expressionistische Bauhaus« in: dies. für<br />
das BauhausArchiv Berlin, Bauhaus 1919–1933,<br />
Köln 1998, S. 21.<br />
6 Adolf Behne, »Bruno Taut«, in: Pan, 3, 23,<br />
7. 3. 1913, S. 538 ff.<br />
7 Werner Graeff, »Für das Neue«, in: De Stijl, 5,<br />
5, 1922, S. 74 f.<br />
8 Aus der Denkschrift zur Neuorganisation des<br />
Bauhauses unter der Ägide von Henry van de<br />
Velde, zit. nach: Annemarie Jaeggi, »Modell<br />
Bauhaus«, in: Berlin / Dessau / Weimar 2009<br />
(wie Anm. 3), S. 14.<br />
9 Am 1. 3. 1918 wählt die Vollversammlung des<br />
Arbeitsrats für Kunst den Geschäftsausschuss<br />
und die Leitung, neben dem Architekten Bruno<br />
Taut der Architekt und spätere BauhausDirektor<br />
Walter Gropius, der Maler und Grafiker César<br />
Klein und der Kunstkritiker Adolf Behne.<br />
10 »Gebilde, die Zweck und Notdurft schaffen, stillen<br />
nicht Sehnsucht nach einer von Grund aus<br />
neu erbauten Welt der Schönheit, nach Wiedergeburt<br />
jener Geisteseinheit, die sich zur Wundertat<br />
der gotischen Kathedrale aufschwang.«<br />
Walter Gropius, »Der neue Baugedanke«, in:<br />
Das hohe Ufer, 1, 1919, S. 87 f.<br />
11 Vgl. Gerda Breuer, »<strong>Expressionismus</strong> und Politik«,<br />
in: Bau einer neuen Welt. Architektonische<br />
Visionen des <strong>Expressionismus</strong>, hrsg. von Rainer<br />
Stamm und Daniel Schreiber, Ausst.Kat. Kunstsammlungen<br />
Böttcherstraße, Bremen; Bauhaus<br />
Archiv, Museum für Gestaltung, Berlin; Köln<br />
2003, S. 150–164.<br />
12 Gründungsmanifest des Staatlichen Bauhauses<br />
Weimar, zit. nach: Hans M. Wingler, Das Bauhaus<br />
1919–1933, Weimar, Dessau, Berlin, Köln<br />
1962, S. 38 f.<br />
13 Gropius merkte im Februar 1922 die »breite<br />
Kluft zwischen der Tätigkeit, wie wir sie in<br />
unseren Werkstätten üben, und dem gegenwärtigen<br />
Stand der Industrie und des Handwerks<br />
draußen« an; Walter Gropius, »Notizen zu<br />
einem Rundschreiben an die BauhausMeister<br />
vom 3. 2. 1922«. Im Oktober desselben Jahres<br />
forderte er die Meister der Werkstätten auf,<br />
sich von der »romantischen Arbeitsweise« zu<br />
distanzieren, bei der Dinge geschaffen werden<br />
»die vielleicht besonders kostbar, sicher aber<br />
besonders zeitraubend seien und mit den praktischen<br />
Anforderungen, die das heutige Leben<br />
stellt, nichts zu tun haben.« Man solle sich stattdessen<br />
auf die rationellen Herstellungsmethoden<br />
und den Entwurf »nützlicher Gegenstände«<br />
konzentrieren; Pro to koll der Besprechung der<br />
Meister am Bau haus, 3. 10. 1922, BauhausArchiv<br />
Berlin, zit. nach: Klaus Weber, »›Vom Weinkrug<br />
zur Leuchte‹. Die Metallwerkstatt am Bauhaus«,<br />
in: Die Metallwerkstatt am Bauhaus, hrsg. von<br />
dems., Ausst.Kat. BauhausArchiv, Museum für<br />
Gestaltung, Berlin 1992. S. 9–39, hier S. 15.<br />
14 Allerdings wurden hier nur sieben Arbeiter<br />
beerdigt.<br />
15 Werner Graeff, »Gründungsmanifest«, in: ders.,<br />
Hürdenlauf durch das 20. Jahrhundert, hrsg. von<br />
Ursula Hirsch, Wiesbaden 2010, S. 23.<br />
16 Siehe u. a. Michael Siebenbrodt, »Eine ArchitekturFarbLichtKlangPlastik<br />
als ›Weltanschauungskunstwerk‹«,<br />
in: Berlin / Dessau /<br />
Weimar 2009 (wie Anm. 3), S. 64 ff.<br />
17 Hablik beschreibt den Sinn seiner Kuppelbauten<br />
in dem Zyklus Architektur auf Blatt 10, 1920, zit.<br />
nach dem Kommentar von Daniel Schreiber in:<br />
Bremen / Berlin 2003 (wie Anm. 11), S. 61.<br />
18 Tagebuch Oskar Schlemmer, ohne Datum<br />
[1922], typograf. Abschrift, BauhausArchiv<br />
Berlin, zit. nach Weber 1992 (wie Anm. 13),<br />
S. 15.<br />
19 László MoholyNagy, »Vom Weinkrug zur<br />
Leuchte«, in: Herbert Bayer, Walter Gropius<br />
und Ise Gropius (Hrsg.), Bauhaus 1919–1928,<br />
Stuttgart 1955, S. 134; amerikan. Originalausg.:<br />
New York 1938.<br />
15_Breuer_V2.indd 411 08.10.2010 14:55:38 Uhr<br />
411
Wenzel Hablik, Dekorationsstoff Zackenmuster, 1911, Baumwolle,<br />
WenzelHablikStiftung, Itzehoe<br />
15_Breuer_V2.indd 412 08.10.2010 14:55:38 Uhr
15_Breuer_V2.indd 413 08.10.2010 14:55:39 Uhr
Otto Heinrich Strohmeyer, ChileHaus, aus der Mappe Hamburgische Abstraktion,<br />
1925, Linoldruck, Leihgabe Inken Drozd<br />
414<br />
15_Breuer_V2.indd 414 08.10.2010 14:55:39 Uhr
Hans Scharoun, Architekturphantasie, 1919, Aquarell und Bleistift auf Karton,<br />
Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt a. M.<br />
15_Breuer_V2.indd 415 08.10.2010 14:55:40 Uhr<br />
415
Gebrüder Dransfeld, ChileHaus von Fritz Höger, 1922–1924, Fotografie,<br />
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
416<br />
15_Breuer_V2.indd 416 08.10.2010 14:55:40 Uhr
Fritz Dibbert, ChileHaus, 1924, Holzschnitt, koloriert,<br />
Kupferstichkabinett, Hamburger Kunsthalle<br />
15_Breuer_V2.indd 417 08.10.2010 14:55:41 Uhr<br />
417
Ludwig Mies van der Rohe (Entwurf) und Curt Rehbein (Fotografie),<br />
Hochhaus am Bahnhof Friedrichstraße, Berlin, 1921 / 22, Fotografie der Fotomontage,<br />
Vintage Print, Silbergelatinabzug, Stiftung Bauhaus Dessau<br />
418<br />
15_Breuer_V2.indd 418 08.10.2010 14:55:41 Uhr
Hans Poelzig, Wettbewerbsentwurf. Hochhaus Bahnhof Friedrichstraße,<br />
Berlin. Perspektivische Ansicht Standpunkt D, Lösung B, 1921 / 22, Kohle<br />
auf Transparentpapier, Faksimile, Architekturmuseum der Technischen<br />
Universität Berlin<br />
Hugo Häring, Wettbewerbsentwurf. Hochhaus Bahnhof Friedrichstraße,<br />
1921 / 22, Bleistift und Kohle auf Transparentpapier, Hugo HäringArchiv,<br />
Akademie der Künste, Berlin<br />
15_Breuer_V2.indd 419 08.10.2010 14:55:42 Uhr<br />
419
Wenzel Hablik, Ohne Titel (CentralHotel. Sitzreihe mit Pfeilern),<br />
1922, Aquarell und Tempera, WenzelHablikStiftung, Itzehoe<br />
420<br />
Wenzel Hablik, CentralHotel, 1922, Fotografie,<br />
WenzelHablikStiftung, Itzehoe<br />
15_Breuer_V2.indd 420 08.10.2010 14:55:42 Uhr
Wenzel Hablik, Entwurf zum Dekorationsstoff Zackenmuster, 1911, Aquarell,<br />
Bleistift und Tusche auf Patronenpapier, WenzelHablikStiftung, Itzehoe<br />
15_Breuer_V2.indd 421 08.10.2010 14:55:42 Uhr<br />
421
Wenzel Hablik, Cape mit großem Mäander, 1920erJahre, Baumwolle,<br />
WenzelHablikStiftung, Itzehoe<br />
422<br />
15_Breuer_V2.indd 422 08.10.2010 14:55:43 Uhr
Wenzel Hablik, Schale, um 1919, Holz und Ölfarbe,<br />
WenzelHablikStiftung, Itzehoe<br />
Wenzel Hablik, Tischuhr, 1911, Messing und Kupfer (Uhrzeiger),<br />
Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Stiftung Schleswig<br />
Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf und Dauerleihgeber<br />
15_Breuer_V2.indd 423 08.10.2010 14:55:44 Uhr<br />
423
Sascha Wiederhold, Umschlaggestaltung zu Melchior Vischer,<br />
Sekunde durch Hirn: ein unheimlich schnell rotierender Roman<br />
(Reihe: Die Silbergäule, hrsg. von Paul Steegemann), Hannover<br />
1920, Gouache auf Pappe, Berlinische Galerie, Landesmuseum<br />
für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin<br />
424<br />
Sascha Wiederhold, Umschlaggestaltung zu Kasimir Edschmid,<br />
Stehe von Lichtern gestreichelt (Reihe: Die Silbergäule, hrsg.<br />
von Paul Steegemann), Hannover 1919, Gouache auf Pappe,<br />
Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie<br />
und Architektur, Berlin<br />
15_Breuer_V2.indd 424 08.10.2010 14:55:45 Uhr
Sascha Wiederhold, Umschlaggestaltung zu Wilhelm Klemm, Traumschutt: Gedichte<br />
(Reihe: Die Silbergäule, hrsg. von Paul Steegemann), Hannover 1920, Gouache<br />
auf Pappe, Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und<br />
Architektur, Berlin<br />
15_Breuer_V2.indd 425 08.10.2010 14:55:45 Uhr<br />
425
426<br />
Auf der ho<br />
Woge des E<br />
Die Hambu<br />
Künstlerf<br />
1914 — 192<br />
16_Schuett_V2.indd 426 09.10.2010 7:14:01 Uhr
ESSAY<br />
Auf der hochtürmenden Woge des<br />
<strong>Expressionismus</strong><br />
Die Hamburger Künstlerfeste 1914–<br />
1924<br />
Rüdiger Schütt<br />
ochtürmenden<br />
Expres ionismus<br />
urger<br />
24<br />
fest<br />
Rüdiger Schütt<br />
16_Schuett_V2.indd 427 09.10.2010 7:14:01 Uhr<br />
427
In kulturhistorischen Darstellungen zum expressionistischen<br />
Aufbruch in Deutschland standen<br />
lange Zeit Metropolen wie Dresden oder Berlin<br />
im Fokus. Der Name Hamburgs erschien in<br />
diesem Zusammenhang bis vor Kurzem nur als<br />
Marginalie. 1 Dabei hatte sich in der Hansestadt –<br />
wenn auch verspätet – eine sehr vitale kulturelle<br />
Szene entwickelt: Hier rief Erich Ziegel<br />
1918 die Hamburger Kammerspiele als Spielstätte<br />
moder nen, expressionistischen Theaters<br />
ins Leben und schrieb Hans Henny Jahnn seine<br />
skandalumwitterten Stücke, hier schlossen sich<br />
junge bildende Künstler zur Hamburgischen<br />
Sezes sion zusammen, hier kreierten die Tänzer<br />
Lavinia Schulz und Walter Holdt ihre expressivskurrilen<br />
Ganzkör permasken. Die legendären,<br />
drei Tage dau ern den Künstlerfeste im Curiohaus<br />
liefen ähnlichen Veranstaltungen in anderen<br />
Städten den Rang ab und lockten Kulturschaffende<br />
aus ganz Deutschland an die Alster.<br />
Von einem einzigartigen <strong>Gesamtkunstwerk</strong> ist<br />
die Rede, von einem Brennspiegel, in dem die<br />
Aktionen der jungen Kunstavantgarde gebündelt<br />
wurden. Dies gilt vor allem für die frühen Feste,<br />
für die Künstlerfeste des <strong>Expressionismus</strong>.<br />
Ambitionierte Anfänge<br />
Künstlerfeste sind keine Erfindung des 20. Jahrhunderts,<br />
und auch eine topografische Eingrenzung<br />
lässt sich nicht vornehmen. Schon Albrecht<br />
Dürer wusste zu berichten, dass er in Antwerpen<br />
in den Zunftstuben seiner Malerkollegen ausgiebig<br />
bis spät in die Nacht gefeiert hatte. 2 Im Rom<br />
des 17. Jahrhunderts huldigten die Bamboccianti<br />
in ausschweifenden Festgelagen Bacchus, 3 und<br />
auch in München wurden ab 1819 Künstlerfeste<br />
veranstaltet, die weit über Bayern hinaus Beachtung<br />
fanden. 4<br />
In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg etablierten<br />
sich in vielen Metropolen Deutschlands<br />
multidisziplinär ausgerichtete Künstlerfeste,<br />
etwa in Berlin und Düsseldorf, 5 Köln 6<br />
und Kiel, 7 am Bauhaus in Weimar 8 und – von<br />
Kurt Schwitters initiiert – in Hannover. 9 Doch<br />
erlangten die Hamburger Feste »hinsichtlich<br />
Vielfalt, Kontinuität und Gestaltungsaufwand«<br />
10 einen besonderen Status. Erstmals<br />
in der Geschichte der Künstlerfeste hatten<br />
sich Kreative aller Sparten zusammengefunden,<br />
um mit großem Aufwand eine Art <strong>Gesamtkunstwerk</strong><br />
zu schaffen, in dem sämtliche<br />
Künste gleichermaßen repräsentiert waren:<br />
»Architektur, Gartenkunst und Kunstgewerbe,<br />
Malerei, Plastik, Schauspielkunst, Musik und<br />
Gesang, Tanz und schließlich Literatur«. 11 Dies<br />
waren die Disziplinen, aus denen sich die<br />
jungen Künstler rekrutierten, die alljährlich in<br />
einem gemeinsamen Kraftakt beeindruckende<br />
Werke auf Zeit schufen.<br />
»Wir hatten eben damals mit der hochtürmenden<br />
Woge des <strong>Expressionismus</strong> eine<br />
gemeinschaftliche Begeisterung, einen<br />
Zu sammenklang der Gefühle, dem keine<br />
Materialschwierigkeiten Widerstand leisten<br />
konnten.« 12 So beschrieb der Architekt<br />
und Bildhauer Emil Maetzel das große<br />
Gemeinschaftsgefühl der Künstlerfest<br />
Pio niere, die die hanseatische Kunstszene<br />
in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rü<br />
428<br />
cken wollten, unter enormem Aufwand an<br />
Material und Zeit.<br />
Die Anfänge waren allerdings bescheiden<br />
und lassen sich vielfach aufgrund<br />
fehlender Überlieferung kaum mehr<br />
nachvollziehen. Fest steht jedoch, wann<br />
das erste Fest gefeiert wurde, auf das<br />
sich alle folgenden Künstlerfeste als Vorbild<br />
berufen sollten. Es war der Tag nach<br />
Aschermittwoch, der 26. Februar 1914:<br />
Auf Anregung ihres Lehrers Friedrich<br />
Adler veranstalteten die Schülerinnen<br />
und Schüler der Hamburger Kunstgewerbeschule<br />
am Ler chenfeld ein Künstlerfest,<br />
das als die Keimzelle der großen<br />
Feste der 1920erJahre gilt (Abb. 1):<br />
»Die Veranstalter brachten als Hauptgabe zum Fest<br />
ihre Jugend und gute Laune mit, sie spritzten ihre<br />
talentvollen Farbflecken an die Wände des Saals,<br />
[...] sie tanzten selbst in Zeit und zeitlosen Kostümen,<br />
wild und unermüdlich und ganz dem Rhythmus<br />
hingegeben, der damals Tango hieß, Puppen<br />
und Pierrots, groteske Masken und Ungeheuer. [...]<br />
Es ging durchaus nicht großartig zu, Geld hatte<br />
keiner übrig, die wenigsten wagten sich bis zu<br />
einem sauern Mosel, und Protzen, die die jungen<br />
Künstler mit Sekt tränkten, gab es nicht. In einer<br />
Ecke saßen ein paar hilflose Mütter zum Knäuel<br />
geballt; aber nicht allzulange. Der Bacchantismus<br />
vertrieb sie. Er kam aus der Trunkenheit ohne<br />
Wein, und das Ganze, ohne grobe Entladungen,<br />
ließ die feinen Spannungen einer erotisch geladenen<br />
Atmosphäre in allen Nerven spüren.« 13<br />
Der lautmalerische Titel Futurubumbum<br />
verwies in eine hoffnungsfrohe Zukunft –<br />
wenige Monate vor Ausbruch des Ersten<br />
Weltkriegs, aus dem viele der Organisatoren<br />
nicht mehr zurückkehrten.<br />
Während zunächst noch die Räume der Kunstgewerbeschule<br />
genutzt wurden, wechselte man<br />
nach dem Krieg in die Säle des Curiohauses an<br />
der Rothenbaumchaussee, eines der damals<br />
renommiertesten Veranstaltungsorte der Hansestadt.<br />
Dort wurde das zweite Künstlerfest am<br />
27. März 1919 unter dem Motto Dämmerung der<br />
Zeitlosen gefeiert (Abb. 2). Man wollte für einige<br />
wenige Stunden der Tristesse der Nachkriegszeit<br />
entfliehen, eintauchen in eine bunte Glitzer<br />
und Farbenwelt, die den späteren Glamour der<br />
großen Künstlerfeste schon in sich trug.<br />
Warum Hamburg?<br />
Diese ersten Künstlerfeste wurden von einer<br />
jungen Kunstavantgarde ausgerichtet und standen<br />
schon im Zeichen des <strong>Expressionismus</strong>.<br />
Sie waren Experimentierfeld all derer, die in<br />
neuen Kunst und Lebensformen nach Sinn und<br />
Ausdruck suchten. Dabei ging es auch um die<br />
Emanzipation von Kunst und Kultur gegenüber<br />
einer Stadt, die in dieser Hinsicht vielen als eher<br />
unterentwickelt galt. Eine Künstlergemeinschaft,<br />
die durch selbst genommenen Freiraum die Möglichkeit<br />
zu experimentieren besaß und dies auch<br />
demonstrativ praktizierte, hatte es zur Zeit des<br />
wilhelminischen Deutschlands an der Niederelbe<br />
nicht gegeben. Während in Berlin und andernorts<br />
<strong>Expressionismus</strong> und Dada überkommene Kunstauffassungen<br />
und Konventionen zerschlugen,<br />
kam es in der Hansestadt erst spät zum Durchbruch<br />
der Moderne. Vielleicht liegt gerade in<br />
diesem unspektakulären Kontext der Kaufmannsstadt<br />
der Grund dafür, dass sich die Hamburger<br />
Künstlerfeste zu einer solchen Sensation entwi<br />
ckeln konnten und zum Vorbild für vergleichbare<br />
Aktivitäten in anderen Städten wurden.<br />
Hinzu kam die relative Übersichtlichkeit<br />
der hanseatischen Kunstszene, in der jeder<br />
jeden kannte. Außerdem gab es engagierte<br />
Förderer, Kunstenthusiasten wie<br />
den Feuilletonchef der Neuen Hambur ger<br />
Zeitung, Hans Waldemar Fischer, der eine<br />
starke Anziehungskraft auf die Kunstavantgarde<br />
ausübte. 14 Dem Journalisten gelang<br />
es, die jungen Künstler in seiner Tafelrunde<br />
zu versammeln, einer zwanglosen<br />
Gemeinschaft, die sich regelmäßig in einem<br />
Alsterlokal am Jungfernstieg, Ecke<br />
Neuer Wall, traf. Hier fanden literarische<br />
Lesungen und kleine Konzerte, Tanzdarbietungen<br />
und Diskussionen statt. Künstlerische<br />
Experimente und Projekte wurden<br />
vorgestellt. Viele Darbietungen der<br />
Hamburger Künstlerfeste hatten zuvor<br />
ihre Feuer probe vor dem kleinen Kreis<br />
der Tafelrunde. So fungierte Hans W.<br />
Fischers Jour fix auch als Ideenschmiede<br />
für die Künstlerfeste, als ein Impulsgeber<br />
für deren Veranstalter und Orga nisatoren,<br />
die – selbstverständlich – alle Mitglieder<br />
der Tafelrunde waren.<br />
Ein Fest für alle Künste<br />
In Anspielung auf die Sieben Freien Künste<br />
gelang es 1920 mit der Gelben Posaune der 7,<br />
die Künstlerfeste weiter zu etablieren und ihnen<br />
eine beachtliche Popularität zu sichern,<br />
die nötig war, um in einer erweiterten (und<br />
somit kostspieligeren!) Form fortbestehen zu<br />
können (Abb. 3): »Es ist geglückt! – Geglückt<br />
in einer vollständigen Einheitlichkeit, weil sich<br />
alle Künstler, ob Architekt, Maler, Bildhauer<br />
oder Puppenspieler im stärksten Ausdruck –<br />
im <strong>Expressionismus</strong> – fanden«, 15 freute sich<br />
der Rezensent der Architekturzeitschrift Bau-<br />
Rundschau, in der es weiter heißt:<br />
»Die grauen Räume waren entmaterialisiert, Formen<br />
und Farben waren Explosionen, waren von so<br />
elementarer Gewalt, daß sie unmittelbar Freude<br />
auslösten.<br />
Der Erdgeschoßraum der ›Enthaupteten‹ von Prof.<br />
[Anton] Kling ließ in glänzenden Ausdrucksmitteln<br />
erkennen, daß man für Stunden nur noch ›Geist‹<br />
zu sein hatte. Hier war mehr Kunst als in manchen<br />
Hamb[urger] Kunstsalons. Der kleine anstoßende<br />
Saal war mit sehr feinen Beleuchtungskörpern,<br />
Masken und wenigem Dekor […] umgestaltet. Die<br />
Marionettenbühne von Hans Leip war in sehr gutem<br />
Maßstab. Die kubistischen Formen und Flächenteilungen<br />
der Klasse [Willi] Titze wären besser<br />
im Treppenhause angebracht gewesen, denn<br />
sie waren raumzerstörend.<br />
Desto stärker empfand man die Raumgeschlossenheit<br />
im großen Saal, den Baurat [Emil] Maetzel zu<br />
einem großen Zelt zusammengefasst hatte, und<br />
durch welches das vielfarbige Licht sternenhaft<br />
auf alle Kostümierten herabschwebte. Durch die<br />
gelbschwarze, flächige Ornamentierung der Balkonbrüstung<br />
von [Otto] FischerTrachau waren<br />
diese gleich einem Strich am Himmelgewölbe vollständig<br />
entmaterialisiert und fanden Halt in den<br />
schwarzen, großornamentierten Kabarettnischen<br />
des Architekten Kurt F. Schmidt. Andere reizvolle<br />
Arbeiten von Prof. [Otto] Czeschka und Prof.<br />
[Arthur] Illies und [Friedrich] Adler mit ihren<br />
16_Schuett_V2.indd 428 09.10.2010 7:14:01 Uhr
3<br />
Ignaz Wiemeler, Die gelbe Posaune der 7,<br />
1920, Linoldruck, Museum für Kunst und<br />
Gewerbe Hamburg<br />
2<br />
Die Kunstgewerbeschüler auf dem<br />
ersten Künstlerfest Futurubumbum, 1914,<br />
in: Hamburger Woche, 5. März 1914, S. 3<br />
Hans Leip, Einladung zum Künstlerfest<br />
Dämmerung der Zeitlosen, 1919, Linolschnitt,<br />
Museum für Hamburgische Geschichte<br />
16_Schuett_V2.indd 429 09.10.2010 7:14:02 Uhr<br />
1<br />
429
430<br />
4<br />
Friedrich Adler, Richard Luksch und Kurt F. Schmidt,<br />
Dekoration des Curiohauses zum Künstlerfest »Götzenpauke«,<br />
aus: Bau-Rundschau, H. 6, 31. März 1921, S. 82 f., Fotografien,<br />
Deutsche 5 Nationalbibliothek Leipzig<br />
16_Schuett_V2.indd 430 09.10.2010 7:14:03 Uhr
Schülern der Kunstgewerbeschule gingen in dieser<br />
ganzen Skala mit, sodaß man nur immer wieder<br />
den Wunsch äußern möchte: Architekten, Maler<br />
und Bildhauer, kommt im täglichen Leben auch in<br />
so nahe Arbeitsgemeinschaft wie hier!« 16<br />
Für die Unterhaltung sorgte ein von Erich<br />
Pabst einstudiertes Kabarett sowie eine Tanzaufführung<br />
der lokalen Stars des modernen<br />
Ausdruckstanzes, Gertrud und Ursula Falke.<br />
Lange bevor der Ausdruckstanz durch Rudolf<br />
von Laban und seine Schülerin Mary Wigman<br />
populär wurde, hatten die FalkeSchwestern<br />
das Hamburger Publikum für neue Tanzformen<br />
sensibilisiert. 17 Maßgeblichen Anteil an deren<br />
breiter Akzeptanz hatte – auch hier wieder –<br />
Hans W. Fischer, der sich unermüdlich für den<br />
Ausdruckstanz einsetzte, als Publizist und als<br />
Organisator von Tanzabenden.<br />
Ein Höhepunkt des Künstlerfestes war<br />
die Premiere des wildexpressionistischen<br />
Marionettenstücks Der betrunkene<br />
Lebenskelch oder wider Willen ins Grab<br />
zurück der von dem Schriftsteller und<br />
Maler Hans Leip kurz zuvor gegründeten<br />
Hamburger Puppenspiele. 18 Allerdings<br />
waren die Akteure mit einer enormen<br />
Geräuschkulisse konfrontiert, verursacht<br />
durch die riesige Menge der ausgelassen<br />
feiernden Festbesucher, sodass das<br />
Puppenstück schließlich nur noch pantomimisch<br />
dargeboten werden konnte:<br />
»Im weißen Saal war eine überaus zierliche<br />
Bühne aufgebaut: die Hamburger Puppenspiele<br />
von Hans Leip. [...] Särge klappten<br />
gähnende Mäuler auf, und ihnen entstiegen<br />
der expressionistische Dichter Owelahuwi<br />
(jüngst durch Selbstmord geendet), die alte<br />
Waschfrau Chamissos, der Maler Röterich<br />
von Borstewald, und endlich – aus der Erdbodenperspektive<br />
erspähte ich eine feine<br />
Mädchenhand, die den Faden hielt – Zippe<br />
Semmelzeh, die Krone der Tänzerinnen. Der<br />
wilde Dichter warf seine Wortkaskaden von<br />
der Bühne, sie stürzten in das Gebrause und<br />
Gemurmel des Saals, der nicht zur Ruhe<br />
zu bringen war, und gingen dort unter. Es<br />
erwies sich als unmöglich, die Stille herzustellen.<br />
So musste schließlich auf das Wort<br />
ganz verzichtet werden, und die vier Puppen<br />
tanzten und gestikulierten stumm, aber mit<br />
eindrucksvoller Zappeligkeit.« 19<br />
Zur Gelben Posaune der 7 wurde erstmals ein<br />
Festalmanach mit einigen Texten sowie zwanzig<br />
Originalholzschnitten herausgegeben, geschaffen<br />
vor allem von Mitgliedern der kurz zuvor gegründeten<br />
Hamburgischen Sezession. Der Almanach<br />
setzte in Aufmachung und Inhalt hohe Maßstäbe<br />
an seine Nachfolger, die in den Folgejahren zu jedem<br />
Künstlerfest erschienen und heute wichtige<br />
Anhaltspunkte zur Rekonstruktion der Künstlerfeste<br />
geben.<br />
Künstler im Verein<br />
Um das einmal erreichte Niveau zu<br />
halten, schien es nötig, künftigen Festen<br />
einen orga nisatorischen Rahmen<br />
zu geben. Daher wurde am 4. Februar<br />
1921 ein eigener Verein gegründet:<br />
Künstlerfest Hamburg e. V. Dem Wortlaut<br />
der Satzung zufolge wollte man<br />
den »geselligen Zusammenschluss<br />
Hamburger Künstler und Kunstfreunde«<br />
fördern, »namentlich durch Veranstaltung<br />
von Künstlerfesten, um<br />
hierdurch auch allgemein die Beziehungen<br />
zwischen Künstlern, Kunstfreunden<br />
und Kunst zu stärken«. 20 Es<br />
sollte demnach zum einen der Zusammenhalt<br />
unter den Künstlern selbst<br />
gefestigt werden, zum anderen ging<br />
es aber auch um etwas anderes: Die<br />
Künstlerfeste sollten zwischen Künstler<br />
und Publikum vermitteln, sollten –<br />
und das war neu – vielleicht sogar<br />
potenzielle Mäzene ansprechen.<br />
Gründer und Erster Vorsitzender des Vereins<br />
war der charismatische Bildhauer Paul Hamann,<br />
der bis zu seiner Emigration 1933 für die Künstlerfeste<br />
von großer Bedeutung war. Als zweiter<br />
Vorsitzender fungierte der Lili-Marleen-Dichter<br />
Hans Leip. Die Zusammensetzung der Kommission<br />
spiegelte das gesamte Spektrum des damaligen<br />
Hamburger Kunst und Kulturlebens wider.<br />
Mitglieder waren der Maler und Bühnenbildner<br />
Willy Davidson, der Kapellmeister der Hamburger<br />
Kammerspiele Ernst Roters, die Architekten<br />
Max Gerntke, Kurt F. Schmidt und Karl Wenderoth,<br />
die Raumkünstler und Designer Friedrich<br />
Adler und Otto FischerTrachau, der Bildhauer<br />
Richard Luksch, die Schriftsteller Lovis H. Lorenz<br />
und Otto Palitzsch, Oberbaurat Emil Maetzel,<br />
die Grafiker Wilhelm Bauche und Willi<br />
Titze. Außerdem waren der Theaterregisseur<br />
Erich Engel, der Maler und Schriftsteller Otto<br />
Tetjus Tügel sowie der Verleger Bruno Sachse<br />
Mitglieder des Vereins. Später kamen noch die<br />
Schriftsteller Hans Henny Jahnn, Hans Harbeck<br />
und Harry ReußLöwenstein dazu. Zentrale Figur<br />
der Kommission und Ideengeber war, bis zu<br />
seinem Fortgang aus Hamburg 1923, 21 Hans W.<br />
Fischer, der sich aufgrund seines Engagements<br />
für die neue Kunst – Fischer war »literarisches<br />
Mitglied« der Hamburgischen Sezession – und<br />
als Förderer des Ausdruckstanzes den Ruf eines<br />
Mentors der Moderne erworben hatte.<br />
Da die Ausstattung der Künstlerfeste mit gehobenem<br />
Anspruch auch immer teurer, der<br />
Publikumsandrang immer größer wurde, beschloss<br />
man, sie nicht auf einen Tag zu beschränken,<br />
sondern ab 1921 auf drei, später<br />
sogar bis auf sechs Tage auszudehnen. So<br />
konnten die aufwendigen Dekorationen besser<br />
genutzt und zwischen den Feiern tagsüber<br />
von einem zahlenden Publikum besichtigt<br />
werden. Denn der Verein brauchte dringend<br />
Einnahmen, kosteten die Feste doch inzwischen<br />
so viel wie »eine Villa an Hamburgs<br />
schönem Alsterufer«. 22 Überschüsse erzielte<br />
der Verein allein dadurch, dass alle Künstler<br />
ohne Honorar, einfach aus Spaß an der Sache<br />
mitarbeiteten.<br />
Mit der Festplanung wurde schon im Herbst<br />
des Vorjahres begonnen. Die Kommission<br />
traf sich entweder in der »üppigen Mietsbude«<br />
23 des Vorsitzenden Hamann oder aber im<br />
Curio haus. Man einigte sich auf ein Thema,<br />
das den Rahmen des Künstlerfestes absteckte<br />
und Anregungen für Dekoration und Kostüme,<br />
Programm und Almanach gab. Außerdem<br />
mussten Tänzer und Schauspieler gefunden<br />
werden. Bei der Auswahl kam es nicht so sehr<br />
darauf an, wie etabliert und bekannt ein Künstler<br />
war, denn auch junge Talente ohne großen<br />
Namen sollten die Möglichkeit haben aufzutreten.<br />
Dieser Grundsatz ließ die Künstlerfeste<br />
zu einem frühen Forum des Ausdruckstanzes<br />
werden und trug dazu bei, dass die Hansestadt<br />
zum Zentrum dieser neuen Kunstform<br />
werden konnte. Ein anderer Schwerpunkt war<br />
die Raumgestaltung, bei der Künstler aus den<br />
Bereichen Architektur, Malerei und Plastik<br />
zusammenwirkten. Ausgeführt wurden die<br />
Ent würfe von den Schülern der Kunstgewerbeschule<br />
am Lerchenfeld, die sich durch ihre<br />
Mitarbeit freien Eintritt sicherten.<br />
Tigertanz und Götzenpauke<br />
Maßstab für alle weiteren Künstlerfeste wurde<br />
1921 die an außereuropäischer, vor allem<br />
afri kanischer Kunst orientierte Götzenpauke<br />
(Abb. 4). Die dreitägige Veranstaltung gilt als<br />
Höhepunkt aller Künstlerfeste überhaupt und<br />
als »das am stärksten besuchte [...], das je<br />
in Deutschland abgehalten wurde«.<br />
431<br />
24 »Keins<br />
der bisherigen Künstlerfeste hat in einem so<br />
prachtvollen Rahmen gestanden«, 25 stellte<br />
Hans W. Fischer fest: »[M]ärchenhafte Buntheit,<br />
oft aus ganz wenigen starken Farben zu<br />
gewaltigen Mustern, zuweilen zu einem verwirrenden<br />
Teppichglanz gewoben«. 26<br />
Der große Saal war als flammend rotes Kuppelzelt<br />
ausgestaltet. Galerien und Loggien<br />
kontrastierten dazu im kalt blauen Licht. Den<br />
Blickfang bildeten zwei acht Meter hohe<br />
Götzenfiguren von Richard Luksch zu beiden<br />
Seiten der Bühne. Wände und Decken waren<br />
in einem geometrischexpressionistischen<br />
Dekorstil gehalten, der mit Parallelstrichen,<br />
ZickZackDekor, Rhomben und Dreiecken<br />
die Aufmerksamkeit der Festbesucher auf<br />
sich zog. »Afrikanische oder atztekische Stilelemente<br />
wurden einer rasanten, freien Behandlung<br />
unterzogen, die auch heute noch<br />
auf den überlieferten SchwarzWeißAbbildungen<br />
spritzig und schrill anmutet.« 27<br />
Ebenso ambitioniert wie die aufwendige Raumdekoration<br />
war das Programm. Da die Hamburger<br />
Künstlerfeste mittlerweile überregional<br />
bekannt und angesehen waren, hatten sich nicht<br />
nur lokale Künstlerinnen und Künstler angesagt,<br />
sondern auch so bekannte wie die Tänzerinnen<br />
Mary Wigman und Valeska Gert. Allerdings ist<br />
zweifelhaft, ob alle geplanten Aufführungen<br />
auch tatsächlich präsentiert werden konnten,<br />
stand der Geräuschpegel im Saal doch – noch<br />
mehr als beim Vorgängerfest – auf Anschlag,<br />
wie sich ein Akteur, der Maler und Schriftsteller<br />
Harry ReußLöwenstein, erinnerte:<br />
»In dem Trubel ging das vorgesehene Programm<br />
einfach unter. Nur ein SüdseeDuk<br />
DukTanz, den wir mit Tetje Tügel eingeübt<br />
hatten, konnte über die Bühne gehen, aber<br />
auch das erst, nachdem wir unter unseren<br />
riesigen Tanzmasken eine halbe Stunde<br />
schwitzend hinter dem Vorhang Ruhe abgewartet<br />
hatten.« 28 An den von Otto Tetjus<br />
Tügel einstudierten SüdseeTanz erinnerte<br />
sich auch Hans W. Fischer: »Und als Otto<br />
Tügel mit seinen Tigertänzern den Duk<br />
DukTanz der Südsee vorführte, zwischen<br />
den Strohmänteln und spitzen Masken ein<br />
Häuptling in ekstatischer Wildheit, schlug<br />
die Stimmung von der Bühne durch den<br />
ganzen Saal.« 29<br />
16_Schuett_V2.indd 431 09.10.2010 7:14:04 Uhr
Daneben gab es die Tanznummer Götzenbumbum<br />
der FalkeSchwestern zusammen mit dem<br />
Bildhauer Richard Luksch. Die skizzenhaften<br />
Regiean wei sungen vermitteln einen Eindruck<br />
des Spektakels:<br />
»Großer, lebender Ton bei Vorhangaufgang. / Urgeräusche!<br />
/ Wand mit gemalten, abstrakten Körpern,<br />
auf die Köpfe durchgesteckt werden. / Tanz<br />
der beiden südl. und nördl. Priesterinnen um die<br />
Götzenpauke. (Gertr. u. Ursula Falke, Luksch!)<br />
/ Musik auf Rhythmus (Rothers!) / Rhytm Licht<br />
/ Geräusche aller Kulturproduktionen zum anschwellenden<br />
Chaos. / Schalltrichterstimmen. /<br />
Antwort im Saal. / [...] Götze der Bühne Urlaute. /<br />
Götze im Saal Antwort. / Letzte Stimme: Es ist !!!<br />
/ Strahlendes Licht. / Geruch! Qualm! Erlösung. /<br />
Weib im Schosse des Bühnengötzen / Großer fallender<br />
Ton bei Vorhangsenkung.« 30<br />
Während die Künstlerfeste bei ihren Machern<br />
Rausch und Ekstase hervorriefen, lösten sie<br />
bei vielen Bürgern Entsetzen und Empörung<br />
aus: »Es ward zum Greuel in den Augen der<br />
Tugendhaften, weil es wirklich festlich, unerhört<br />
schwungvoll und bunt war, vor allem<br />
aber, weil die ganze künstlerische Freiheit ihnen<br />
die eigene Philisterfreude vermieste.« 31<br />
Immer wieder kam es zu Beschwerden und<br />
Prozessen, wegen zu viel Freizügigkeit in einer<br />
politisch und wirtschaftlich schwierigen<br />
Zeit (Abb. 5).<br />
Ein Fest für den Tanz<br />
Obwohl Inflation und Arbeiterstreiks viele Bereiche<br />
lahm legten, gelang es, auch 1922 ein Künstlerfest<br />
stattfinden zu lassen. Unter dem Titel Der<br />
Himmlische Kreisel war es fast ausschließlich<br />
dem modernen Tanz gewidmet. Hans W. Fischer<br />
hatte die Gesamtregie des Festes übernommen<br />
und zeichnete für die Astrale Tanzschau verantwortlich,<br />
bei der mehr als zwanzig Tänzerinnen<br />
und Tänzer ihr Können unter Beweis stellten. Unter<br />
anderem hatte Fischer die sogenannte Münchner<br />
Gruppe um die Tänzerin Jutta von Collande<br />
engagiert.<br />
Innerhalb des großen Planetentanzes trat zum<br />
ersten Mal auch das aus der Kampf bühne<br />
von Lothar Schreyer stammende Tänzerpaar<br />
Lavinia Schulz und Walter Holdt bei einem<br />
Künstlerfest auf (Abb. 8).<br />
432<br />
32 In ihren selbst gefertigten<br />
skurrilgrotesken Ganzkörpermasken<br />
stellten sie das Ungeheuer vom Sirius dar und<br />
boten dem staunenden Publikum beeindruckende<br />
Beispiele ihrer Kunst, die der Journalist<br />
Erich Lüth als »eine Grimasse gelebten<br />
Lebens« 33 bezeichnete.<br />
Die bizarren Maskentänzer nahmen eine<br />
absolute Sonderstellung ein und standen<br />
weit außerhalb der Bewegung des modernen<br />
Ausdruckstanzes. Ihre aus Sackleinen<br />
und Sperrholz gefertigten Masken<br />
mit Namen wie Toboggan, Springvieh,<br />
Skirnir oder Tote Frau waren teilweise so<br />
schwer, dass herkömmliche Tanzbewegungen<br />
kaum mehr möglich waren: »Ihre<br />
Masken, die den ganzen Körper wie ein<br />
Fell oder eine Rüstung einhüllen, entstammen<br />
einer abgründigen Phantasie,<br />
die ohne Anlehnung frei schafft [...]. Ihr<br />
Bewegung stellt neue Aufgaben, die noch<br />
nicht gelöst sind [...]. Aber in diesen Anfängen<br />
führt der Weg zu ungeheuerlich<br />
grotesken Tanzvisionen; denn hier ist die<br />
Maske nicht aufgesetzt, sondern der eigentliche<br />
Tanzkörper, dem der lebendige<br />
Leib nur seine Kräfte leiht.« 34<br />
Zwischen Großstadtkritik und -euphorie<br />
Nachdem auf dem Gipfel der Inflation 1923<br />
nur ein bescheidenes Fest der Namenlosen<br />
stattgefunden hatte, konnte im Folgejahr wieder<br />
aufwendiger gefeiert werden. Auf dem<br />
von der Großstadtthematik geprägten Künstlerfest<br />
Cubicuria, die seltsame Stadt von 1924<br />
entwarfen die Macher die Vision einer von<br />
Künstlern für Künstler geschaffenen Stadt.<br />
Das Thema gab Anregungen für den von Otto<br />
Tetjus Tügel illustrierten Festalmanach, 35 in<br />
dem die Idee einer Stadt vorgestellt wird, die<br />
von KünstlerfestAktivisten verwaltet wird: Da<br />
gibt es einen Stadtbonzen (Paul Hamann), einen<br />
SubBonzen (Emil Maetzel), einen Stadt<br />
Sackmeister (Willy Davidson, der Kassenwart<br />
des KünstlerfestVereins) und viele mehr.<br />
Die Texte, zumeist Gedichte Hamburger Autoren,<br />
sind keineswegs durchweg Lobeshymnen<br />
auf die moderne Großstadt, sondern üben vielfach<br />
scharfe Kritik, wie der einleitende Prosatext<br />
Joachim Ringelnatz’ Das Gesicht der Straße:<br />
»Stadt ist Fels. Würmer nagten Löcher und Gänge<br />
hinein. Aber an aufgerissenen Baustellen, an den<br />
Wunden der Stadt und in den Oasen der Straße,<br />
den Raseninseln, wo Wallwurz und Löwenzahn<br />
wuchern, dort offenbart es sich, daß unter dem<br />
Stein noch Erde, feuchte Erde dünstet. Kalt und<br />
starr blickt die Stadt einem vorbei.« 36<br />
Über die aufwendigen Raumdekorationen<br />
von Friedrich Adler, Richard Luksch und<br />
ihren Freunden liegen keine detaillierten<br />
Beschreibungen vor. Überliefert ist, dass<br />
die Räume des Curiohauses in fantasievolle<br />
Stadtlandschaften verwandelt worden<br />
waren. Den großen Saal hatte man<br />
mit Hafenbildern dekoriert.<br />
Mehr Aufmerksamkeit schenkte die Tagespresse<br />
den Tanzaufführungen, vor allem dem<br />
Cubicurianischen Straßenbild von Lavinia<br />
Schulz und Walter Holdt:<br />
»Was auch immer an Maskentänzen versucht wurde<br />
in Hamburg: der exakten Bizarrheit Holdtscher<br />
Spiele mit dem Material konnte bislang nichts das<br />
Wasser reichen. Hier kriecht der Leib, seine eigene<br />
Wesenheit verlierend, hinein ins Gehäuse aus Glas<br />
und Holz, in rasselnde Gelenke, in kantig scharfe,<br />
flächig breite Hüllen, die eine seltsame Projektion<br />
vertrackter Seelen auf tote Dinge darstellen, die<br />
ein eigenes phantastischungeheuerliches Leben<br />
bekommen, eine fast ›abstrakte Organik‹. Diese<br />
Maskentänze, die sich vollends vom Körperhaften<br />
lösen, sind in verwegendster Bedeutung dämonische<br />
Selbstherrlichkeit, sie sind eine Grimasse<br />
gelebten Lebens, die aus Urgründen bricht und<br />
im vollendetsten Unsinn den Sinn des unbedingten<br />
Widerspruchs findet. Die Gesetzlosigkeit dieser<br />
Masken hat eine eigene Form, einen eigenen<br />
strengen Stil, die in der Weite der Bereiche, die<br />
künstlerische ganz ausgefüllt werden, uns zutiefst<br />
Wunder nehmen können« (s. S. 440). 37<br />
Das Tänzerpaar war alles andere als großstadt<br />
und technikbegeistert. Im Gegenteil: Mit ihren<br />
Ganzkörpermasken wandten sie sich in spektakulärer<br />
Weise gegen die Glorifizierung der modernen<br />
Industriegesellschaft. Erich Lüth sah sie<br />
als »Maschinenmenschen, [...] als Abgesandte<br />
einer Hölle der Technik, als Warner vor der<br />
Tyran nei der Hochöfen und Walzwerke über<br />
die Menschen, als entmenschte Kinder des unbarmherzigen<br />
technischen Zeitalters«. 38<br />
Auf dem Künstlerfest Cubicuria hatten<br />
Lavinia Schulz und Walter Holdt einen<br />
ihrer letzten öffentlichen Auftritte. Im<br />
Juni 1924 nahmen sie sich gemeinsam<br />
das Leben.<br />
Vom Künstler- zum Mäzenatenfest<br />
Auch in den folgenden Jahren wurden Künstlerfeste<br />
in Hamburg gefeiert. 39 Während Ausdruckstanz<br />
und expressionistische Kunst an<br />
Bedeutung verloren, rückte der unterhaltende<br />
Charakter der Darbietungen in den Vordergrund.<br />
Revue und Kabarett standen auf<br />
dem Programm. Denn die Feste sollten in zunehmenden<br />
Maße auch die Kunstmäzene der<br />
Hansestadt ansprechen. So entwickelten sie<br />
sich zu gesellschaftlichen Großereignissen<br />
für die betuchte Bevölkerung. Kommerzialisierung<br />
und Kalkül übernahmen die Oberhand<br />
und verdrängten künstlerische Experimentierfreude<br />
und Innovation.<br />
Sicher, auch in den Jahren bis 1933 gab es Programmpunkte,<br />
die aus dem Rahmen fielen und<br />
das Publikum erstaunten oder schockierten,<br />
doch die Aufbruchsstimmung der Jahre nach<br />
dem Ersten Weltkrieg, die es ermöglicht hatte,<br />
expressionistische <strong>Gesamtkunstwerk</strong>e zu schaffen,<br />
war verflogen. Übrig blieb die Erinnerung,<br />
an »die Künstlerfeste jener Jahre! Sie waren unvergleichbar<br />
unpolizeilich; es wird sie niemals<br />
wiedergeben. So viel Freiheit, wie damals verbraucht<br />
wurde, gibt es auf dem ganzen Erdenrund<br />
nicht mehr.« 40<br />
16_Schuett_V2.indd 432 09.10.2010 7:14:04 Uhr
Szene aus: Im Bauche des Götzen Kaababuku, (mit Werner<br />
Zeppenfeld), 1920er-Jahre, Fotografie, Privatbesitz<br />
5<br />
6<br />
Heinrich Stegemann, Einladung zum »Abend der Tafelrunde«<br />
am 7. Febr. 1921, 1921, Holzschnitt, Museum für Kunst und<br />
Gewerbe Hamburg<br />
Martin Schwemer, Tanz. Der schwarze Turm, Nr. 5, 1919,<br />
Holzschnitt, Sammlung der Hamburger Sparkasse, Dauerleihgabe<br />
im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
16_Schuett_V2.indd 433 09.10.2010 7:14:05 Uhr<br />
7<br />
433
8<br />
Minya Diez-Dührkoop, Tanzmaske Toboggan Frau von Lavinia Schulz, um 1924,<br />
Fotografie, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
434<br />
16_Schuett_V2.indd 434 09.10.2010 7:14:05 Uhr
1 Erst jüngst erschien der umfangreiche Band<br />
Dirk Hempel und Friederike Weimar (Hrsg.),<br />
Himmel auf Zeit. Die Kultur der 1920er Jahre in<br />
Hamburg, Neumünster 2010.<br />
2 Vgl. Gerd Unverfehrt, Da sah ich viel köst liche<br />
Dinge. Albrecht Dürers Reise in die Niederlande,<br />
Göttingen 2007, S. 130 f.<br />
3 Vgl. David A. Levine und Ekkehard Mai (Hrsg.),<br />
I Bamboccianti. Niederländische Maler rebellen<br />
im Rom des Barock, Mailand 1991.<br />
4 Vgl. Georg Jacob Wolf und Franz Wolter(Hrsg.),<br />
Münch ner Künstlerfeste. Münchner Künstlerchroniken,<br />
München 1925. Die Chronik umfasst<br />
die Zeit bis zum Ersten Weltkrieg.<br />
5 Vgl. Ingrid Bodsch (Hrsg.), Feste zur Ehre<br />
und zum Vergnügen. Künstlerfeste des 19. und<br />
frühen 20. Jahrhunderts, Bonn 1998. – Der<br />
Band the ma tisiert ausschließlich die Feste des<br />
1848 gegründeten Düsseldorfer Künstler<br />
Vereins Malkasten.<br />
6 Vgl. Michael Zepter, »Das karnevalistische<br />
Ding an sich. Kölner Künstlerfeste zwischen<br />
den Weltkriegen«, in: Rheinisches Jahrbuch<br />
für Volks kunde, 31, 1995–1998, S. 81–140.<br />
7 Zu dem Thema fand vom 20. 5. bis 1. 7. 2007<br />
eine Ausstellung im Kieler Stadtmuseum statt:<br />
Muthesius feiert. Künstlerfeste der KIHAUKU in<br />
den 20er Jahren.<br />
8 Vgl. Mercedes Valdivieso, »›Sage mir, wie Du<br />
Feste feierst, und ich werde Dir sagen, wer<br />
Du bist.‹ (Oskar Schlemmer) BauhausFeste in<br />
Dessau«, in: Modell Bauhaus, hrsg. vom BauhausArchiv,<br />
Berlin, Ostfildern 2009, S. 230 ff.<br />
9 Gemeint sind die sogenannten »Zinnober feste«.<br />
10 Roland Jaeger, Hamburgs Künstlerfeste der<br />
Zwanziger Jahre, unveröff. Magisterarbeit,<br />
Hamburg 1985. Jaegers Arbeit ist die erste wissenschaftliche<br />
Beschäftigung mit den Hamburger<br />
Künstlerfesten.<br />
11 Hugo Koch, »Geleitwort«, in: Hugo Koch und<br />
Emil Maetzel (Hrsg.), Der Gelben Posaune<br />
der Sieben gewidmet von der Baurundschau,<br />
Hamburg 1920, S. 4 f.<br />
12 Emil Maetzel, »Unsere Feste und die Raumgestaltung«,<br />
in: Erich Engel und Paul Hamann<br />
(Hrsg.), Prisma im Zenith. Der 10. Kostüm-<br />
Künstler-Karneval, Hamburg 1928, S. 13.<br />
13 Hans W. Fischer, Hamburger Kulturbilder bogen.<br />
Eine Kulturgeschichte 1909–1922, neu hrsg.<br />
und kommentiert von KaiUwe Scholz, Mathias<br />
Mainholz und Rüdiger Schütt, Hamburg 1998,<br />
S. 118.<br />
14 Zu Hans W. Fischer und seiner Tafelrunde<br />
vgl. KaiUwe Scholz, »Mentor der Moderne im<br />
Hamburg der 20er Jahre. Der Feuilletonist und<br />
Kulturkritiker Hans W. Fischer (1876–1945)«,<br />
in: Fischer 1998 (wie Anm. 13), S. 166–171. Vgl.<br />
außerdem die kritische Einschätzung Fischers<br />
von Nele Lipp, »›Tatort‹ Hamburg. Der Fall<br />
Fischer«, in: Hempel / Weimar 2010 (wie<br />
Anm. 1), S. 114 ff.<br />
15 Bau-Rundschau. Zeitschrift für die gesamte<br />
Bau- und Wohnungskultur des Nordens, hrsg.<br />
von Konrad Hanf, 11, 5 / 6, 12. 2. 1920, S. 20.<br />
16 Ebd.<br />
17 Vgl. vor allem Nils Jockel, »Elbischer Kobold<br />
und versunkene Kathedrale. Die Ausdrucks und<br />
Maskentänze von Ursula Falke«, in: Rüdiger<br />
Joppien (Hrsg.), Entfesselt. Expres sionismus in<br />
Hamburg um 1920, Hamburg 2006, S. 92–98.<br />
Zum Ausdruckstanz in Hamburg allgemein vgl.<br />
Nele Lipp, »›Landen und Stranden‹. Künst lerischer<br />
Tanz«, in: Hempel / Weimar 2010 (wie<br />
Anm. 1), S. 93–116.<br />
18 Vgl. Hans Leip, Tage- und Nächtebuch der<br />
Hamburger Puppenspiele. Expressionistisches<br />
Puppentheater in Hamburg, hrsg. von Rüdiger<br />
Schütt, Kiel 2005.<br />
19 Hans W. Fischer, »Die Gelbe Posaune der 7«,<br />
in: Neue Hamburger Zeitung, 9. 2. 1920.<br />
20 Zitat aus der Vereinssatzung. Der Verein Künstlerfest<br />
Hamburg wurde unter der Nummer 1 244<br />
am 4. 2. 1921 ins Hamburger Vereins register<br />
eingetragen.<br />
21 Hans W. Fischer verließ Hamburg, weil er seinen<br />
Arbeitsplatz verlor, da die Neue Hamburger<br />
Zeitung inflationsbedingt eingestellt wurde.<br />
22 Willy Davidson, »Zehn Jahre Künstlerfest«, in:<br />
Engel / Hamann 1928 (wie Anm. 12), S. 21.<br />
23 Leip 2005 (wie Anm. 18), S. 69.<br />
24 Willy Davidson »Zehn Jahre Künstlerfest«, in:<br />
Engel / Hamann 1928 (wie Anm. 12), S. 15.<br />
25 Hans W. Fischer, »Die Götzenpauke«, in: Neue<br />
Hamburger Zeitung, 14. 2. 1921.<br />
26 Ebd.<br />
27 Rüdiger Joppien und Almut Klingbeil, »Friedrich<br />
Adler und die Hamburger Künstlerfeste«, in:<br />
Brigitte Leonhardt und Dieter Zühlsdorff (Hrsg.),<br />
Spurensuche. Friedrich Adler zwischen Jugendstil<br />
und Art Déco, Stuttgart 1994, S. 73 f.<br />
28 Harry ReußLöwenstein, Kreuzfahrt meines<br />
Lebens, Hamburg 1962, S. 118.<br />
29 Fischer 1921 (wie Anm. 25).<br />
30 Das Manuskript befindet sich im Nachlass Hans<br />
Leips im hamburgmuseum (früher: Museum<br />
für Hamburgische Geschichte), hier zit. nach:<br />
Mathias Mainholz, Rüdiger Schütt und Sabine<br />
Walter, Hamburger Künstlerfeste 1914–1933,<br />
Hamburg 1994, S. 14<br />
31 Fischer 1998 (wie Anm. 13), S. 117.<br />
32 Zu Lavinia Schulz und Walter Holdt vgl. vor<br />
allem entsprechende Beiträge in: Joppien 2006<br />
(wie Anm. 17).<br />
33 Erich Lüth, »Die Tanzschau der Cubicuria.<br />
Das Künstlerfest im Curiohaus«, in: Hamburger<br />
Anzeiger, 23. 2. 1924.<br />
34 Fischer 1998 (wie Anm. 13), S. 103.<br />
35 Cubicuria, die seltsame Stadt. Kostüm-Künstlerfest<br />
am 22., 23. und 26. Februar 1924 in sämtlichen<br />
Räumen des Curiohauses. Festalmanach,<br />
hrsg. vom Verein Künstlerfest Hamburg e. V.,<br />
Hamburg 1924.<br />
36 Ebd., S. 6.<br />
37 Lüth 1924 (wie Anm. 33).<br />
38 Lüth 1924 (wie Anm. 33).<br />
39 Zu den späteren Hamburger Künstlerfesten<br />
vgl. Sandra Hirsch u. a., Hans Leip und die<br />
Ham burger Künstlerfeste, Herzberg 1993;<br />
Mainholz / Schütt / Walter 1994 (wie Anm. 30);<br />
Friederike Weimar, »›Höhlen, Grotten, schimmernde<br />
Tempel‹. Hamburgs Künstlerfeste«,<br />
in: Expressionistischer Aufbruch in Hamburg.<br />
Publikationen, Bilder, Künstlerfeste, hrsg. von<br />
der Hamburger Sparkasse, konzip. und realis.<br />
von Ina EwersSchultz, Hamburg 2004; Rüdiger<br />
Schütt, »Formen, Farben, Explosionen. Die<br />
Hamburger Künstlerfeste der Jahre 1914–1926«,<br />
in: Joppien 2006 (wie Anm. 17).<br />
40 Hans Henny Jahnn, Werke und Tagebücher in<br />
sieben Bänden, Bd. 7: Schriften und Tage bücher,<br />
hrsg. von Thomas Freeman und Thomas<br />
Scheuffelen, Hamburg 1974, S. 334.<br />
16_Schuett_V2.indd 435 09.10.2010 7:14:05 Uhr<br />
435
Minya DiezDührkoop, Tanzmasken Tanzpaar Toboggan von Lavinia Schulz und<br />
Walter Holdt, um 1924, Fotografie, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
16_Schuett_V2.indd 436 09.10.2010 7:14:05 Uhr
16_Schuett_V2.indd 437 09.10.2010 7:14:06 Uhr
Lavinia Schulz, Tanzmaske Toboggan Frau, um 1923, Draht, Pappmaché, Sackleinen<br />
und Wolle, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
438<br />
16_Schuett_V2.indd 438 09.10.2010 7:14:06 Uhr
Lavinia Schulz, Tanzschrift Vier Sätze der Toten Frau, 1921, S. 1, Lithografie,<br />
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
16_Schuett_V2.indd 439 09.10.2010 7:14:06 Uhr<br />
439
Erich Lüth, Die Tanzschau der Cubicuria. Das Künstlerfest im Curiohaus,<br />
1924, Erstveröffentlichung: Hamburger Anzeiger, 23. Februar 1924<br />
440<br />
Der kunterbunte Dreh des ersten Tages der<br />
Cubicuria-Schau ist verrauscht und eingeebt<br />
in die Welten ihrer müden Besucher. Ueber das<br />
Fest wird an dieser Stelle ausführlich am Montag<br />
berichtet, denn der Haupttrubel steht für<br />
heute abend noch bevor. Eigenartig genug ist<br />
es, daß die Künstlerschaft für ihren tollen Karneval<br />
trotz der gegenwärtigen Tanzflaute in<br />
Hamburg eine wenn auch kleine so doch außerordentlich<br />
wesentliche Tanzschau brachte. Sie<br />
stand den Dingen, die in vergangenen Jahren<br />
wohl unter Hans W. Fischers Einfluß gebracht<br />
wurden, im Umfang nach. Aber sie hatte in<br />
Walter Holdt und Lavinia Schulz wieder<br />
ihre eigenen Werte. Was auch immer an<br />
Mas kentänzen versucht wurde in Hamburg:<br />
der exakten Bizarrheit Holdtscher Spiele<br />
mit dem Material konnte bislang nichts das<br />
Wasser reichen.<br />
Hier kriecht der Leib, seine eigene Wesenheit<br />
verlierend, hinein ins Gehäuse aus Glas und<br />
Holz, in rasselnde Gelenke, in kantig scharfe, flächig<br />
breite Hüllen, die eine seltsame Projektion<br />
vertrackter Seelen auf tote Dinge darstellen, die<br />
ein eigenes phantastisch-ungeheuerliches Leben<br />
bekommen, eine fast »abstrakte Organik«. Diese<br />
Maskentänze, die sich vollends vom Körperhaf<br />
ten lösen, sind in verwegendster Bedeutung<br />
dä mo nische Selbstherrlichkeit, sie sind<br />
eine Gri masse gelebten Lebens, die aus Urgründen<br />
bricht und in vollendetstem Unsinn den<br />
Sinn des unbedingten Widerspruchs findet.<br />
Heinrich Stegemann, Tanzschrift Vier Sätze der Toten Frau<br />
von Lavinia Schulz, 1921, Holzschnitt, Museum für Kunst und<br />
Gewerbe Hamburg<br />
Die Gesetzlosigkeit dieser Masken hat<br />
eine eigene Form, einen eigenen strengen Stil,<br />
die in der Weite der Bereiche, die künstlerisch<br />
ganz aus gefüllt werden, und zutiefst Wunder<br />
nehmen können. In dem Maskentanz des Walter<br />
Holdt und der Lavinia Schulz hätte eine Institution<br />
wie die Deutsche Bühne endlich wieder<br />
einen wertvollen Gegenstand der Förderung.<br />
Die Tänze selbst der erfreulichen Elsbeth<br />
B a a l , die ein »Signal« in stolzer Reckung tanzte,<br />
und der drallen Tr o p l ow i t z schienen blaß<br />
neben der eigenen Welt der Maske, die vorher<br />
auf dem Podium zuckte. Sie waren eine nach<br />
wildem ku bistischen Anschwung nahezu konventionell<br />
zahme Fortsetzung. Selbst der tolle<br />
Wirbel des »Sprühteufels« der Troplowitz, der<br />
mehr Wirbel als Tanz, mehr Geschwindigkeit<br />
als Ausbruch ist, blieb bescheidenes Feuerwerk<br />
nach der Kanonade der wuchtigen verrenkten<br />
Masken-Einfälle. Und in den Beifall der im<br />
Saal gelagerten Bevölkerung Cubicurias für das<br />
brave Mühen dieser beiden klang am stärksten<br />
die haltende Erinnerung an die Teufelei<br />
verbauter Gelenke. In der Parodierung Labanscher<br />
Choreographie fehlte die spezifisch groteske<br />
Note, die wirksam geworden wäre in einer<br />
glücklichen Bestärkung der Bewegung durch<br />
Verkleidungen. Hier blieb die Sprache des<br />
sichtbar gespannten Leibes reichlich angeglättetes<br />
Spiel der Oberflächen, unter der bei Laban<br />
selbst größere Tiefen ruhen, als sie hier persiflierend<br />
angedeutet wurden.<br />
Die Tanzschau<br />
der Cubicuria.<br />
Das Künstlerfest<br />
im Curiohaus<br />
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Karl Lorenz, Lavinia Schulz und Walter Holdt, 1922, Erstveröffentlichung:<br />
Die Rote Erde, Folge 2, Buch 1, Frühjahr 1922<br />
Anläßlich ihres Abends für Tanz und Tongestaltung<br />
am fünften Dezember neunzehnhunderteinundzwanzig<br />
im Museum für Kunst und Gewerbe<br />
in Hamburg, Frühjahr 1922<br />
Zwei Menschen eröffnen sich, hell, jung, freudig,<br />
kämpfend und heiß. Ein paar zurückgelegte<br />
Arbeits meilen fühlt man von beiden Seiten, hier<br />
heller, freudiger, dort erregter noch und mehr ins<br />
Dunkle gewendet. Daß ihr erster großer Kreis in<br />
ein Museum fällt, ist Vorahnung einer späteren<br />
Landung. Lavinia Schulz, die Erstbegonnene,<br />
die zunächst Treibende, ist die noch chaotisch<br />
mehr Behaftete. Bei ihr scheint die Begnadung<br />
weniger zu sein als das durch Arbeit Eroberte.<br />
Ich will versuchen, ihre dargelegte Linie auszuschürfen<br />
und will versuchen, mir Klarheit zu<br />
geben über ihre Wegmöglichkeit. Ich beginne<br />
mit Mann und tote Frau. Dieses Stück wurde<br />
als letztes am Abend gegeben, es hätte das erste<br />
am Abend sein müssen. Dieses Stück ist das<br />
Düsterste, das physisch am schwersten noch<br />
belastete. Leiden, Keuchen, Gellen, Wirren.<br />
Ein Sterben aber, nie ein zu Ende sterben. Der<br />
Körper wirbelt, dreht, wälzt, sinkt zusammen.<br />
Ermüdet?! Ja! Aber, sie steht aus ihrer Ermüdung<br />
wieder empor. Sie setzt die Achse neu wieder<br />
in Bewegung. Sie keucht, schnaubt, quält,<br />
sie mündet wieder am Boden. Tot?! Sie steht<br />
wieder aus sich empor. Sie quellt: dampfend,<br />
schnaubend, rafft, kurvt, wirft sich, schleudert,<br />
schiebt sich, zerreißt und: sinkt, Weh-atmend<br />
zu Boden. Tot?! Sie hebt neu wieder an, Leidengepeitscht,<br />
Schmerz-zerquält, Schnauben-zersprengt.<br />
Sie bohrt sich wieder neu-ge speichert<br />
in den wehen, wunden Weltkörper. So ringt sie<br />
ein Bündel Weh, ein Häuflein Schmerz, zermalmt,<br />
zerrädert, zerbrannt: auf in das schmerzende<br />
Weltantlitz und: stirb nicht, kann nicht<br />
sterben. Hier ist im Dunkelsten der Uranfang<br />
ihres Weges. Lavinia Schulz gab uns das Gedicht<br />
»Bruder« von Lothar Schreyer. Dieses<br />
Ge dicht hätte als Bindebrücke gut gepaßt.<br />
Eine geringe Abhebung vom Körper restloser<br />
Verwesung, die dunkle Erde mit einem kleinen<br />
Himmelschnitt. Ganz klar, ganz groß, bewußt<br />
und vollverständlich wurde sie erst in ihrem<br />
Akt »Kräfte« von August Stramm. Sie kommt<br />
suchend, tastend, heimlich quellend, wirbelnd,<br />
quirlend, schießend, sausend. Man braucht nur<br />
den Bewegungen zu folgen und man hat rein<br />
äußerlich schon ein Strammsches Gedicht. In<br />
diesem Stück ist sie viel leichter schon, viel<br />
mehr dem Kosmischen nahegekommen, als es<br />
im Willen ihrer Absicht vielleicht gelegen. Sie<br />
erhebt die Waffe. Sie zerschießt den Himmel,<br />
sie zerschießt das Licht und die Luft, sie zerschießt<br />
sich als Symbol der Menschheit. Mit<br />
welcher Ruhe, mit welcher Weltbewegung?!<br />
In diesem Stück liegt, allerdings noch dunkel<br />
belastet, ein wenig noch eingeengt, schon ein<br />
Zug Madonna in Lavina Schulz. Und, das Zerschießen<br />
gibt ihr noch nicht die letzte Ruhe.<br />
Der zerschossene Himmel wird zersichelt, das<br />
zerschossene Licht, der Duft wird zersichelt,<br />
sie als Symbol der Menschheit zersichelt ihren<br />
zerschossenen Körper. Dann der Tanz um die<br />
Waffen. Und nun kommt das Wesentliche dieses<br />
Abends für die Zukunft Lavinia Schulz’.<br />
Zum Schluß macht sie einige Kreis-formende,<br />
Schöpfung-gebende Bewegungen. Die Erneuerung<br />
der Erde. Das ist Verabschiedung vom bisherigen<br />
Weg, es ist Begrüßung des neuen Beginns.<br />
Ich bin, nicht gespannt, mir bewußt, was<br />
nun kommt, kommen muß auf der Grundlage<br />
dieses Abends: Die Gestaltung der Ruhe, die<br />
Verkündung des Helleren, der kosmischen Neulebendigkeit.<br />
Bei Walter Holdt muß ich aus persönlichen<br />
Gründen den Abschnitt meiner Dichtung<br />
fortlassen. Seine Maske »Mann« ist nur als<br />
solche zu werten, da er in diesem Stück nicht<br />
eigentlich in Arbeit trat. Sie ist knappe, feste<br />
und beste Leistung, großzügig gesehen und<br />
gefärbt. In den Strammschen Dichtungen war<br />
er ganz dem Kosmischen nahe, obgleich diese<br />
Gedichte jäh und schmerzlich, zackend und<br />
hart, gebündeltes Kriegsweh, geknüllter Erde-<br />
Schmerz sind. Er läßt sich nie vom Innern des<br />
Gedichtes übermannen, bleibt immer Herr seiner<br />
Kraft. Seine Mittel gebraucht er in allerweisester<br />
Meisterschaft. Er war kosmisch auch in<br />
seinem Skirnismol. Selbst wo der Ton ins tiefste<br />
Dunkel schneiden mußte, war er noch hell klingend<br />
überkrustet. Man spürt bei ihm immer die<br />
reinste Kunst in hellster Führung. Holdt ist eine<br />
von innen bedrängte kosmische Begnadung. Im<br />
Ganzen. Wir haben zwei prächtige, ehrlich arbeitende<br />
Menschen vor uns. Daß sie nicht gleich<br />
letzte Vollendung sind, ist selbstverständlich.<br />
Alles Wahre, Echte muß schwer erarbeitet werden,<br />
braucht langen Weg und lange Zeit. Aber,<br />
ist es nicht schön, mitzufühlen, was hier wird?!<br />
Ist es nicht ein Geschenk für uns, hier einen so<br />
ganz neuen und doch schon so festen Anfang<br />
zu erleben?! Die Auf gabe ist groß, ist breit, ist<br />
weit. Tanz, Tongestaltung und Maske. Das ist<br />
ein Drei-Klang, ein Drei-Gebiet. Die Lösung<br />
dieser Aufgabe wird sicher von großer Bedeutung<br />
sein für die deutsche Sprach-, Tanz-,<br />
und Theaterkultur. Wo sind die Menschen, die<br />
weitsehend genug sind und diese beiden Menschen<br />
stützen?! Zum Schluß noch einmal das<br />
Ergebnis des Abends bildlich zusammengerafft:<br />
Lavinia Schulz: Das Durchgreifende, das Durchpeitschend-Wirbelnde.<br />
Tier-Mensch, der Blume<br />
zustrebend. Walter Holdt: Das erhebend leuchtend<br />
Freudige, das verkündend Klingende. Blume-Mensch<br />
in letzter Reinheit, schon klingend!<br />
Lavinia Schulz<br />
und<br />
Walter Holdt<br />
16_Schuett_V2.indd 441 09.10.2010 7:14:06 Uhr<br />
441
Lavinia Schulz, Szenenbildentwürfe für einen geplanten Tanzfilm, um 1922 / 23,<br />
Bleistift, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
442<br />
16_Schuett_V2.indd 442 09.10.2010 7:14:07 Uhr
16_Schuett_V2.indd 443 09.10.2010 7:14:08 Uhr<br />
443
Lavinia Schulz, Tanzmaske Bertchen schwarz, um 1923, Draht, Sackleinen,<br />
Schnallen und Watte, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
444<br />
16_Schuett_V2.indd 444 09.10.2010 7:14:08 Uhr
Lavinia Schulz, Tanzmaske Toboggan Frau, um 1923, Draht, Pappmaché, Sackleinen,<br />
Schnallen und Leder, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
16_Schuett_V2.indd 445 09.10.2010 7:14:08 Uhr<br />
445
Emil Maetzel, Die Götzenpauke, 1921, Druck nach Linolschnitt,<br />
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
446<br />
16_Schuett_V2.indd 446 09.10.2010 7:14:09 Uhr
Ignaz Wiemeler, Die gelbe Posaune der 7, 1920, Linoldruck,<br />
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
16_Schuett_V2.indd 447 09.10.2010 7:14:09 Uhr<br />
447
Unbekannt, Fassade der Wohnung von Carl M. H. Wilkens, Am Jungfernstieg 12 /<br />
Neuer Wall 2, um 1925, Fotografie, Hamburger Kunsthalle<br />
448<br />
16_Schuett_V2.indd 448 09.10.2010 7:14:09 Uhr
Unbekannt, Eingangstür von innen in der Wohnung von Carl M. H. Wilkens,<br />
Am Jungfernstieg 12 / Neuer Wall 2, um 1925, Fotografie, Hamburger Kunsthalle<br />
16_Schuett_V2.indd 449 09.10.2010 7:14:10 Uhr<br />
449
Unbekannt, Wohnung von Carl M. H. Wilkens, Am Jungfernstieg 12 /<br />
Neuer Wall 2, um 1925, Musikzimmer, Bar, Herrenschlafzimmer<br />
Fotografien, Hamburger Kunsthalle<br />
450<br />
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Unbekannt, Podium in der Wohnung von Carl M. H. Wilkens, Am Jungfernstieg 12 /<br />
Neuer Wall 2, um 1925, Fotografie, Hamburger Kunsthalle<br />
16_Schuett_V2.indd 451 09.10.2010 7:14:11 Uhr<br />
451
Hermann Höger und Ludwig Kunstmann, Armlehnsessel, 1925, Eiche und Velours,<br />
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
452<br />
16_Schuett_V2.indd 452 09.10.2010 7:14:11 Uhr
Unbekannt, Inneneinrichtung der Wohnung Hertling / Werdemann, Erikastraße 126,<br />
Hamburg, 1925, Fotografien, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
16_Schuett_V2.indd 453 09.10.2010 7:14:12 Uhr<br />
453
Dr. Mabuse, der Spieler. 1. Teil: Der große Spieler – Ein Bild der Zeit,<br />
1921 / 22, Regie: Fritz Lang, ausbelichtete Filmbilder, FriedrichWilhelm<br />
MurnauStiftung, Wiesbaden<br />
454<br />
16_Schuett_V2.indd 454 09.10.2010 7:14:13 Uhr
Paul Leni, Umschlag zu <strong>Expressionismus</strong> und Film von Rudolf Kurtz, 1926,<br />
Publikation, Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
16_Schuett_V2.indd 455 09.10.2010 7:14:13 Uhr<br />
455
456<br />
Kurt Tucholsky, Dämmerung, 1920, Erstveröffentlichung:<br />
Die Weltbühne, Jg. 16, H. 11, 11. März 1920,<br />
»Es konnte die Augen aufschlagen: wie ein richtiger<br />
Mensch. Es konnte lange Sätze sprechen<br />
und die Arme hin- und herschlenkern: wie ein<br />
richtiger Mensch. Es konnte sich an- und ausziehen,<br />
laufen, springen, tanzen und Cricket<br />
spielen, Whisky trinken und Zeitungen lesen:<br />
alles wie ein richtiger Mensch.«<br />
Diese Zeit hat etwas durchaus Gespensterhaftes.<br />
Die Leute gehen täglich ihren Geschäften<br />
nach, machen Verordnungen und durchbrechen<br />
sie, halten Feste ab und tanzen, heiraten und<br />
lesen Bücher –: aber es ist alles nicht wahr.<br />
Was man so gemeinhin Kunst und Kultur<br />
nennt: sie sind nicht möglich ohne gemeinsame<br />
Voraussetzungen. Die sind nicht mehr da.<br />
Die Grundfesten wanken. Es ist durchaus nicht<br />
Allen gemeinsam und selbstverständlich, daß<br />
das Vater land das Höchste ist, woran sich anzuschließen<br />
Pflicht und Gewinn sei – sondern das<br />
ist sehr bestritten. Es ist durchaus nicht Allen<br />
gemeinsam, daß die Familie der Endpunkt der<br />
Entwicklung und etwas Selbstverständliches<br />
sei – das ist sehr bestritten. Es ist durchaus<br />
nicht selbstverständlich, daß der Kapitalismus<br />
notwendig oder gar nutzbringend sei – das ist<br />
sehr bestritten. Sie reden verschiedene Sprachen,<br />
die babylonischen Menschen, und sie verstehen<br />
ei nander nicht. Sie sprechen aneinander vorbei,<br />
und sie haben weniger gemeinsam denn je.<br />
Seltsam, dieses Bürgertum. (Und in<br />
Deutsch land sind Alle Bürger.) Seltsam dieses<br />
starre Festhalten an Formen, die leer sind, an<br />
Dingen, die es eigentlich nicht mehr gibt. Vorbei,<br />
vorbei – fühlt Ihr das nicht?<br />
Berühmtheiten, die kaum welche sind –<br />
denn es dämmert eine Zeit herauf, die das nicht<br />
mehr anerkennt; Feste, die keine sind – denn es<br />
rumort in der Tiefe, und der Boden schwankt<br />
leise; Geschäfte, die zwar immer noch nach<br />
einem alten »Recht« abgeschlossen werden –<br />
aber die Vorstellungen von diesem Recht lösen<br />
sich auf, lösen sich langsam auf wie Kristalle<br />
im Wasser und zergehen zu nichts. Wohin führt<br />
das alles –?<br />
Wir versuchen, dem gänzlich Neuen mit<br />
den alten Mitteln, den alten Witzchen beizukommen.<br />
Und werden seiner nicht Herr. Es verfängt<br />
alles nicht: Humor nicht, Satire nicht; offener<br />
Kampf, Gewalt, Propaganda – die Pfeile fallen<br />
matt zu Boden, Wohin führt das alles –?<br />
Wir wissen es nicht. Töricht, sich dagegen<br />
zu sträuben. Töricht, die Zerfallsymptome<br />
zu leugnen. Eine Welt wankt, und ihr haltet an<br />
den alten Vorstellungen fest und wollt euch einreden,<br />
sie seien so nötig und natürlich wie die<br />
Sonne. Empfinden nur wir in den großen Städten<br />
das stärker als Andre? Haben wir zu wenig<br />
Distanz? Leuchtet hier, in den Brennpunkten<br />
des Hohlspiegels, alles stärker auf? Richtig mag<br />
sein, daß die Provinz das alles noch nicht fühlt –<br />
daß dort noch die Leute über uns und unsern<br />
scheinbaren Übereifer lächeln und vermeinen,<br />
das gute Alte sei noch nicht tot und werde eines<br />
Tages wiederkommen. Es kommt nie wieder,<br />
und der erste August 1914 hat nur beschleunigt,<br />
was so wie so schon im Rollen war. In leisem<br />
Rollen – und nun stürzt es.<br />
Spaßmacher besingen die neue und die<br />
alte Zeit; in bürgerlichen Zeitschriften untersucht<br />
Einer ganz ernsthaft, ob die Exposition<br />
in dem neuen Roman des Schriftstellers W. ganz<br />
geglückt sei; Theater spielen in viele Akte zerdehnte<br />
Aphorismen, die wir ohnehin gewußt<br />
haben; Schemen wanken auf der Erde einher –<br />
und es ist alles nicht wahr. Der Sinn des Lebens<br />
ist in Frage gestellt, und ich glaube fest<br />
daran, daß diese grauenvolle Krankheit auch<br />
kräftigere Länder als dieses arme Deutschland<br />
anfressen wird.<br />
Was es ist, weiß ich nicht. Ich glaube auch<br />
nicht, daß die russischen Theoretiker es ganz<br />
genau wissen – sie sind sicherlich mehr Werkzeug<br />
als Inspiratoren, Werkzeug, wie Luther<br />
ein Werkzeug war. Ist es die geknebelte Menschenseele,<br />
die nicht mehr Maschine einer<br />
Maschine sein will – ist es das Aufbegehren, der<br />
Aufschrei der Mutter selbst? Ich weiß es nicht.<br />
Ich fühle nur dumpf, daß da etwas herankriecht,<br />
das uns Alle zu vernichten droht. Uns: das ist<br />
unser altes Leben, das sind die grünen Inseln,<br />
die wir uns im Strom des lächerlich lauten Getriebes<br />
noch zu bauen verstanden haben – uns:<br />
das ist unsre alte Welt, an der wir – trotz allem –<br />
so gehangen haben. Wohin treiben wir?<br />
Horcht hin, und ihr hört einen neuen<br />
Herzschlag der Zeit. Ich wundre mich jeden<br />
Tag, daß noch die Zeitungen erscheinen, daß<br />
16_Schuett_V2.indd 456 09.10.2010 7:14:14 Uhr
die Leute ernsthaft über Bilder disputieren,<br />
über Musik sich ereifern. Ist das noch wahr?<br />
Gibts das noch?<br />
Ein tiefes Erschrecken ist jäh durch Alle<br />
gegangen, und sie hangen an viel mehr als nur<br />
am Geld, wenn sie in blinder Wut die Bolschewisten<br />
bekämpfen und bespeien. Es geht um<br />
viel mehr als um den Bolschewismus, der ein<br />
dummes Schlagwort geworden ist, dazu da, daß<br />
sich jeder nationalistische dumme Junge den<br />
Mund dran verbrenne. Fest steht und treu ...<br />
Aber Ihr wankt, leugnet nicht. Ihr wankt.<br />
Kultur und Kunst sind ihre verschlungenen<br />
Pfade so oft gegangen, daß die Bahnen ausgeschliffen<br />
sind – wir legen sie mit einem Ruck<br />
zurück. Die Alten haben, nach dem schönen<br />
Satz: »Der Weg ist das Ziel«, freiwillig der Form<br />
geopfert, und sie haben weise daran getan. Wir<br />
tun es nicht mehr. Wir brauchen die fünf Akte<br />
eines Dramas nicht mehr, nicht mehr die feierlichen<br />
Formen des Rechts und der verschleierten<br />
Egoismen. Wir wissen zu viel, haben zu tief<br />
in den Menschen hineingesehen und entblößen<br />
ihn fast ganz. Der Materialismus ist eine platte<br />
und öde Sache – in der Hand eines Geistigen<br />
ist er eine gefährliche Waffe. Lange Reden und<br />
dicke Bücher schaffen es nicht mehr; ungeduldig<br />
steht etwas an dem großen Tor und klopft<br />
und klopft. Und es wird ihm wohl eines Tages<br />
aufgetan werden müssen …<br />
Manche verkriechen sich. Nicht nur die<br />
Feigen – auch die Feinen und die Stillen. Sie wollen<br />
nicht mehr mittun. Aber es wird mit ihnen<br />
etwas getan; es reißt sie immer wieder hi nein;<br />
es hilft gar nichts, Scheuklappen anzutun. Armselig<br />
versagt selbst die aus dem Alten herübergenommene<br />
Sprache mit den alten Floskeln,<br />
mit den schwerfälligen Bildern, mit den Ornamenten<br />
einer alten Zeit. Nichts stimmt mehr,<br />
kraftlos fallen die alten Worte herunter, weil<br />
sie am Neuen keinen Halt mehr haben. Mit keinem<br />
Scherz, keinem Witzwort, keiner Weisheit<br />
triffst du in diese Höhen.<br />
Das bürgerliche Zeitalter ist dahin. Was<br />
jetzt kommt, weiß Niemand. Manche ahnen es<br />
dumpf und werden verlacht. Die Massen ahnen<br />
es dumpf, können sich nicht ausdrücken und<br />
werden – noch – unterjocht. Was sich da träge<br />
gegeneinander schiebt, gereizt sich anknurrt<br />
und tobend aufeinander losschlägt –: im tiefsten<br />
ist es der unüberbrückbare Gegensatz zwischen<br />
Alt und Neu, zwischen dem, was war, und<br />
dem, was sein wird. Das sind Worte: Bolschewismus<br />
und Preußentum, Revolution und Konsistenz<br />
– gemeint ist die Angst vor dem Neuen,<br />
das Keiner kennt.<br />
Was wissen wir von der Zeit? Wir stehen<br />
davor wie der Wanderer vor der roten Felswand,<br />
viel zu nah, um ihre Struktur, geschweige denn<br />
ihre Schönheit zu sehen! Was wissen wir von<br />
unsrer Zeit? Wir sind ihre Instrumente, und ich<br />
glaube, daß Der noch ihr bestes ist, der sich ihr<br />
nicht entgegenstemmt.<br />
Eine Welle flutet über die Erde. Sie ist<br />
nicht rein ökonomischer Natur, es geht nicht<br />
nur ums Fressen und Saufen und Verdienen. Es<br />
handelt sich nicht nur um die Frage, wie man<br />
die wirtschaftlichen Güter der Welt verteilen<br />
wird, wer arbeiten und wer ausnutzen soll. Es<br />
geht um mehr, um alles.<br />
Es scheint wieder eine der Perioden gekommen<br />
zu sein, wo ganz von vorn angefangen<br />
werden wird, wo wieder der Mensch auf der<br />
Scholle steht und Gräser, Tiere und sich selbst<br />
mit grenzenlosem Erstaunen betrachtet. Und<br />
die Hände ausstreckt und nichts wissen will als<br />
von einem ausgestirnten Himmel und von seiner<br />
eignen Macht. Erwachen sie aus dem dumpfen<br />
Traum von Bräuchen und Kulturen?<br />
Daß uns das die Kunst kosten wird, nebenbei.<br />
Daß wir die »ewigen Werte« draufgeben<br />
müssen, sei erwähnt. Urtriebe bestehen – aber<br />
die Modalitäten ihrer Auswirkung sind keinen<br />
immer gültigen Gesetzen unterworfen. Wohin<br />
treiben wir?<br />
Die Form ist angefressen, an vielen Stellen<br />
gesprengt, hinfällig und unnütz. Der Inhalt<br />
fiktiv wie des Königs Kleider. Man muß an ihn<br />
glauben, wenn man ihn sehen will.<br />
Wohin treiben wir? Wir lenken schon<br />
lange nicht mehr, führen nicht, bestimmen<br />
nicht. Ein Lügner, wer’s glaubt. Schemen und<br />
Ge spenster wanken um uns herum – taste sie<br />
nicht an: sie geben nach, zerfallen, sinken um.<br />
Es dämmert, und wir wissen nicht, was das<br />
ist: eine Abenddämmerung oder eine Morgendämmerung.<br />
Dämmerung<br />
16_Schuett_V2.indd 457 09.10.2010 7:14:14 Uhr<br />
457
Dr. Mabuse, der Spieler. 1. Teil: Der große Spieler – Ein Bild der Zeit,<br />
1921 / 22, Regie: Fritz Lang, ausbelichtete Filmbilder, FriedrichWilhelm<br />
MurnauStiftung, Wiesbaden<br />
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16_Schuett_V2.indd 459 09.10.2010 7:14:14 Uhr
17_Anhang_RZ.indd 460 13.10.2010 9:50:25 Uhr
Gottfried Benn, Der Arzt II, 1917<br />
17_Anhang_RZ.indd 461 13.10.2010 9:50:25 Uhr
Kleines Lexikon<br />
des <strong>Expressionismus</strong><br />
Protagonisten,<br />
Institutionen,<br />
Bühnen- und<br />
Filmkunstwerke<br />
Susanne Neubronner<br />
Mit � versehene Begriffe verweisen auf<br />
weitere Stichwörter.<br />
462<br />
A<br />
Die Aktion. Wochenschrift für Politik,<br />
Literatur und Kunst<br />
Zeitschrift (Berlin 1911–1932),<br />
Hrsg.: �Franz Pfemfert (Abb. S. 125)<br />
Mitarbeiter / Künstler / Autoren (u. a.):<br />
�Hugo Ball, �Johannes R. Becher, �Gottfried<br />
Benn, Ernst Blass, Max Brod, Theodor Däubler,<br />
Albert Ehrenstein, Carl Einstein, �Lyonel<br />
Feininger, �Conrad Felixmüller (Abb. S. 124),<br />
Salomon Friedlaender (Mynona), Ivan Goll,<br />
�George Grosz, �Max Herrmann-Neiße, �Georg<br />
Heym, �Kurt Hiller, �Jakob van Hoddis, �Ernst<br />
Ludwig Kirchner, Wilhelm Klemm, �Alfred Kubin,<br />
Rudolf Kurtz, �Else Lasker-Schüler, �Wilhelm<br />
Lehmbruck, �Hans Leybold, Alfred Lichtenstein,<br />
Heinrich Mann, �Franz Marc, �Ludwig<br />
Meidner (Abb. S. 123), �Moriz Melzer, Carlo<br />
Mense, �Walter Rheiner, �Paul Scheerbart,<br />
René Schickele, �Egon Schiele, �Karl Schmidt-<br />
Rottluff, �Franz Wilhelm Seiwert, Ernst Stadler,<br />
Carl Sternheim, �Ernst Toller, �Franz Werfel<br />
Inhalt / Ausrichtung: politische und zeitkritische<br />
Kommentare; Aufbau eines Verlages, Buchreihen,<br />
Buchhandlung und Autorenabende<br />
Andrejew, Andrej<br />
(Schawli, Russland 21. 1. 1887–13. 3. 1967<br />
Loudon, Frankreich)<br />
Bühnenbildner, Filmarchitekt<br />
Tätigkeit (u. a.): Bühnenbildner unter �Max<br />
Reinhardt; Film designs und Filmarchitekturen<br />
für �Raskolnikow (Abb. S. 301 ff.), Die Büchse<br />
der Pandora nach Frank Wedekind, Die Dreigroschenoper<br />
nach �Bertolt Brecht<br />
Arbeitsrat für Kunst<br />
Künstlervereinigung (Berlin 1918–1921)<br />
Vorsitzende (u. a.): �Adolf Behne, �Walter<br />
Gropius, �César Klein, �Bruno Taut<br />
Mitglieder (u. a.):<br />
�Otto Bartning, �Rudolf Belling, �Lyonel<br />
Feininger, Otto Freundlich, Erwin Hahs,<br />
Hermann Hasler, �Erich Heckel, Paul Rudolf<br />
Henning, Karl Jakob Hirsch, Walter Kaesbach,<br />
Georg Kolbe, �Hans Luckhardt, �Wassili<br />
Luckhardt, Gerhard Marcks, �Ludwig Meidner,<br />
�Moriz Melzer, Otto Mueller, Franz Mutzen -<br />
becher, �Emil Nolde, �Max Pechstein (Abb.<br />
S. 146), Friedrich Perzynski, �Heinrich Richter-<br />
Berlin, �Hans Scharoun, Richard Scheibe,<br />
�Karl Schmidt-Rottluff, Fritz Stuckenberg,<br />
Georg Tappert, �Max Taut, Paul Zucker<br />
Inhalt / Ausrichtung: Zusammenschluss von Malern,<br />
Architekten, Bild hauern und Schriftstellern als<br />
Reaktion auf Auftragsknappheit vor allem für junge<br />
Architekten; Forderungen: Befreiung der Künste<br />
aus ihren Institutionalisierungen, Einheit von Volk<br />
und Kunst; über einhundert Unterstützer u. a. Paul<br />
Cassirer, �Hermann Finsterlin, �Wenzel Hablik,<br />
Oswald Herzog, Bernhard Hoetger, Willy Jaeckel,<br />
�Käthe Kollwitz, Julius Meier-Graefe, Adolf Meyer,<br />
�Erich Mendelsohn, �Karl Ernst Osthaus, �Hans<br />
Poelzig, �Milly Steger, Wilhelm Worringer<br />
Aktivitäten: Aufrufe, Ausstellungen, Flugblätter<br />
(s. S. 166 f.), Publikationen (Abb. S. 360 f.) sowie<br />
der sich aus ihm herausbildende Korrespondenzzirkel<br />
�die Gläserne Kette (mit Texten und Zeichnungen<br />
von u. a. �Hermann Finsterlin, �Walter<br />
Gropius, �Wenzel Hablik, �Hans Luckhardt,<br />
�Wassili Luckhardt, �Hans Scharoun, �Bruno<br />
Taut, Abb. S. 372)<br />
B<br />
Ball, Hugo<br />
(Pirmasens 22. 2. 1886–14. 9. 1927<br />
Sant’Abbondio-Gentilino, Schweiz)<br />
Schriftsteller, Dramaturg, Schauspieler<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.): �Gottfried<br />
Benn, Franz Blei, �Kurt Hiller, �Wassily Kandinsky,<br />
�Franz Marc, �Herwarth Walden<br />
Tätigkeit (u. a.): Mitbegründer der Dada-<br />
Bewegung; Mitarbeit und Veröffentlichungen in<br />
den Zeitschriften �Die Aktion und �Revolution<br />
(Abb. S. 128 f., 145)<br />
Barlach, Ernst<br />
(Wedel, Holstein 2. 1. 1870–24. 10. 1938 Rostock)<br />
Bildhauer (Abb. S. 131, 292), Maler, Grafiker (Abb.<br />
S. 130), Schriftsteller<br />
Mitgliedschaft: �Berliner Secession<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Max Beckmann, �Peter Behrens, Theodor<br />
Däubler, �Käthe Kollwitz<br />
Bartning, Otto<br />
(Karlsruhe 12. 4. 1883–20. 2. 1959 Darmstadt)<br />
Architekt (Abb. S. 354 f., 396)<br />
Mitgliedschaft: �Arbeitsrat für Kunst, Architektengruppe<br />
Der Ring, Deutscher Werkbund (Vorstand)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Walter Gropius, �Hans Scharoun, �Bruno Taut<br />
Becher, Johannes R. (Robert)<br />
(München 22. 5. 1891–11. 10. 1958 Berlin)<br />
Dichter, Politiker<br />
Mitgliedschaft: Spartakusbund<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Bertolt Brecht, �Kurt Pinthus<br />
Tätigkeit (u. a.): Mitarbeit bei der Zeitschrift �Die<br />
Aktion; Lyrikanthologie �Menschheitsdämmerung<br />
von �Kurt Pinthus<br />
Beckmann, Max<br />
(Leipzig 12. 2. 1884–27. 12. 1950 New York)<br />
Maler, Grafiker, Bildhauer, Autor<br />
Mitgliedschaft: �Berliner Secession, �Darmstädter<br />
Sezession (Gründungsmitglied), Freie<br />
Secession (Gründungsmitglied), Ablehnung der<br />
�Brücke-Mitgliedschaft<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Ernst Barlach, �Otto Dix, �Kasimir Edschmid<br />
(Abb. S. 168), Heinrich George, �Erich Heckel,<br />
�Harry Graf Kessler, �Ernst Ludwig Kirchner,<br />
�Emil Nolde<br />
Tätigkeit (u. a.): Arbeiten für �Das Tribunal. Hes sische<br />
radikale Blätter; Beteiligung an der Ausstellung<br />
Neue Sachlichkeit in Mannheim, 1925<br />
Behrens, Peter<br />
(Hamburg 14. 4. 1868–27. 2. 1940 Berlin)<br />
Architekt, Maler, Designer, Typograf<br />
Mitgliedschaft: Darmstädter Künstlerkolonie<br />
<strong>Mathildenhöhe</strong>, Münchner Sezession (Gründungsmitglied)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Ernst Barlach, �Walter Gropius, Le Corbusier,<br />
�Ludwig Mies van der Rohe, �Karl Ernst Osthaus,<br />
�Herwarth Walden<br />
Behne, Adolf<br />
(Magdeburg 13. 7. 1885–22. 8. 1948 Berlin)<br />
Architekt, Wissenschaftler<br />
Mitgliedschaft: �Arbeitsrat für Kunst (Gründungsmitglied,<br />
Vor sitzender), Deutscher Werkbund,<br />
17_Anhang_RZ.indd 462 13.10.2010 9:50:25 Uhr
Architektengruppe Der Ring<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�César Klein, �Erich Mendelsohn, �Herwarth<br />
Walden, Künstlergruppe �Der Blaue Reiter<br />
Tätigkeit (u. a.): Veröffentlichungen in �Der Sturm<br />
Belling, Rudolf<br />
(Berlin 26. 8. 1886–9. 6. 1972 Krailling<br />
bei München)<br />
Bildhauer (Abb. S. 34, 164), Architekt, Ausstatter<br />
Mitgliedschaft: �Novembergruppe, �Arbeitsrat<br />
für Kunst<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Hans Poelzig, �Max Reinhardt, �Ernst Stern,<br />
�Max Taut<br />
Tätigkeit (u. a.): Modell für Orchesterpavillon<br />
(Musik: �Paul Hindemith, �Arnold Schönberg,<br />
Igor Strawinsky); Maskengestaltung für den<br />
Film �Der Golem, wie er in die Welt kam;<br />
Zusammen arbeit mit �Walter Würzbach am<br />
Scala-Restaurant Berlin (Abb. S. 49)<br />
Benn, Gottfried<br />
(Mansfeld 2. 5. 1886–7. 7. 1956 Berlin)<br />
Arzt, Lyriker (s. S. 253), Essayist<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Hugo Ball, Carl Einstein, �George Grosz,<br />
�Klabund, �Else Lasker-Schüler (Liebesbeziehung),<br />
Alfred Lichtenstein, �Ludwig Meidner,<br />
�Franz Pfemfert, �Kurt Pinthus, �Herwarth<br />
Walden, �Paul Zech<br />
Tätigkeit (u. a.): Veröffentlichungen in den<br />
Zeit schriften �Die Aktion, �Das neue Pathos<br />
und �Das Tribunal. Hessische radikale Blätter;<br />
Lyrik anthologie �Menschheitsdämmerung von<br />
�Kurt Pinthus<br />
Berber, Anita<br />
(Leipzig 10. 6. 1899–10. 11. 1928 Berlin)<br />
Tänzerin, Schauspielerin, Lyrikerin<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Otto Dix, Sebastian Droste (Liebesbeziehung,<br />
Zusammenarbeit), Klaus Mann, �Conrad Veidt<br />
Tätigkeit (u. a.): Gedichte in der Zeitschrift<br />
�Der Sturm; Autorin des Lyrikbands Tänze des<br />
Lasters, des Grauens und der Ekstase; Tänzerin;<br />
Darstel lerin in den Filmen �Das gelbe Haus /<br />
Die Prostitution, �Dr. Mabuse, der Spieler, Nachtgestalten<br />
(u. a.); von �Dora Kallmus fotografiert<br />
(Abb. S. 243, 248, 251 f., 254 f.), von �Otto Dix<br />
porträtiert (Abb. S. 38, 245)<br />
Berg, Alban<br />
(Wien 9. 2. 1885–24. 12. 1935 Wien)<br />
Komponist, Musiker<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Theodor W. Adorno, Gustav Klimt, Adolf Loos,<br />
�Alma Mahler-Werfel, �Arnold Schönberg<br />
Tätigkeit (u. a.): Komponist der Opern<br />
�Wozzeck nach Georg Büchners Dramenfrag-<br />
ment �Woyzeck, Lulu nach Frank Wedekinds<br />
Die Büchse der Pandora<br />
Berliner Secession<br />
Künstlervereinigung (Berlin ab 1898)<br />
Mitglieder (u. a.):<br />
�Ernst Barlach, �Max Beckmann, Charlotte<br />
Berend-Corinth, Lovis Corinth, �Lyonel Feininger,<br />
�Erich Heckel, �Ernst Ludwig Kirchner, Max<br />
Klinger, Georg Kolbe, �Käthe Kollwitz, Leo von<br />
König, August Kraus, Walter Leistikow, Max<br />
Liebermann, �Moriz Melzer, Otto Modersohn,<br />
Edvard Munch, �Emil Nolde, Emil Orlik,<br />
�Karl Schmidt-Rottluff, Max Slevogt, Wilhelm<br />
Trübner, Lesser Ury, Heinrich Zille<br />
Aktivitäten: Ausstellungen u. a. von �Wassily<br />
Kandinsky; aus ihr entstanden die �Neue Secession<br />
und die Freie Secession<br />
Der Bettler. Eine dramatische Sendung<br />
Drama von �Reinhard Johannes Sorge (1912)<br />
Uraufführung: 23. 12. 1917 in Berlin<br />
Beispiel Inszenierung / Bühne:<br />
Deutsches Theater Berlin, 1917<br />
Regie: �Max Reinhardt<br />
Ausstattung / Bühnenbild: �Ernst Stern (Abb.<br />
S. 196)<br />
Inhalt: Eines der ersten expressionistischen Dramen,<br />
das die hymnische Sprache des Zarathustra<br />
�Friedrich Nietzsches in Form einer scheinbar<br />
verworrenen Handlung mit Personen ohne Namen<br />
mit realistischen Umweltschilderungen kombiniert.<br />
Forderung des Dichters nach einer neuen<br />
Bühne als Stätte der Meditation und Verkündigung<br />
des Glaubens.<br />
Der Blaue Reiter<br />
Künstlervereinigung (München 1912–1914),<br />
Ab spaltung von der Neuen Künstlervereinigung<br />
München<br />
Mitglieder (u. a.): Heinrich Campendonk,<br />
�August Macke, �Franz Marc, Alexej von<br />
Jawlensky, �Wassily Kandinsky, �Alfred Kubin,<br />
Gabriele Münter, �Arnold Schönberg, Marianne<br />
von Werefkin<br />
Unterstützer / Umfeld: �Adolf Behne, �Erich<br />
Mendelsohn<br />
Aktivitäten: Gruppenausstellungen von Künstlern,<br />
u. a. �Karl Schmidt-Rottluff, Publikation des<br />
Almanachs Der Blaue Reiter in München<br />
(Abb. S. 106)<br />
Brecht, Bertolt<br />
(Augsburg 10. 2. 1898–14. 8. 1956 Ost-Berlin)<br />
Schriftsteller, Dramaturg<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Hans Eisler, �Georg Kaiser, Kurt Weill<br />
Tätigkeit (u. a.): Dramaturg unter �Max Reinhardt;<br />
Autor des Stücks �Trommeln in der Nacht (Abb.<br />
S. 197 ff.)<br />
Brücke<br />
Künstlervereinigung (Dresden 1905–1913 Berlin)<br />
(Programm Abb. S. 80)<br />
Mitglieder (u. a.): Fritz Bleyl, �Erich Heckel,<br />
�Ernst Ludwig Kirchner, �Karl Schmidt-Rottluff,<br />
später Cuno Amiet, Kees van Dongen, Akseli<br />
Gallen-Kallela, Otto Mueller, �Emil Nolde, �Max<br />
Pechstein; »passive Mitglieder« u. a. Richard<br />
Dehmel, �Harry Graf Kessler, �Rosa Schapire,<br />
Gustav Schiefler, Philipp Trüdinger<br />
Aktivitäten: Ausstellungen, 1906 / 07 Ausstellungsbeteiligung<br />
von �Wassily Kandinsky<br />
C<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari<br />
Film (1919 / 20), Regie: �Robert Wiene,<br />
Buch / Vorlage: �Carl Mayer, Hans Janowitz,<br />
Szenenbild / Ausstattung: �Walter Reimann<br />
(Abb. S. 324, 329), �Hermann Warm (Abb.<br />
S. 311 ff.), �Walter Röhrig (Abb. S. 335)<br />
Darsteller (u. a.): Lil Dagover, �Werner Krauss,<br />
�Conrad Veidt (Abb. S. 237, 241)<br />
Inhalt: Der Somnambule Cesare begeht unter dem<br />
hypnotischen Einfluss des Jahrmarktbudenbesit-<br />
zers Dr. Caligari im Städtchen Holstenwall furchtbare<br />
Morde. Nach dem Mord an seinem Freund<br />
kommt der junge Francis dem Hypnotisierten auf<br />
die Schliche.<br />
Curiohaus<br />
Büro- und Versammlungsgebäude (Rothenbaumchaussee<br />
15, Hamburg), erbaut 1908–1911<br />
Ver anstaltungsort der �Hamburger Künstlerfeste,<br />
u. a. Die Götzenpauke (Abb. S. 446),<br />
Der Himm lische Kreisel, Die gelbe Posaune<br />
der 7 (Abb. S. 429, 447), Der siebente Krater<br />
(Abb. S. 42)<br />
D<br />
Die Dachstube<br />
Zeitschrift (Darmstadt 1915–1918), Hrsg.: �Carlo<br />
Mierendorff, Theodor Haubach, Joseph Würth<br />
Mitarbeiter / Autoren (u. a.): F. C. Lehr,<br />
Ludwig Breitwieser, Karl Roller, Ernst Müller,<br />
Leonhard Schüler<br />
Inhalt / Ausrichtung: Anfangs kostenlose Schülerzeitschrift<br />
in loser Flugblattform, 65 Nummern mit<br />
Gedichten, Er zählungen, Aufrufen (s. S. 154)<br />
Darmstädter Sezession<br />
Künstlervereinigung (Darmstadt ab 1919)<br />
Mitglieder (u. a.): �Max Beckmann (Gründungsmitglied),<br />
�Kasimir Edschmid (Gründungsmitglied),<br />
�Ernst Moritz Engert, Karl Gunschmann<br />
(Gründungsmitglied), Frans Masereel, �Ludwig<br />
Meidner (Gründungsmitglied)<br />
Hervorgegangen aus dem Freundeskreis um die<br />
Zeitschriften �Die Dachstube und �Das Tribunal.<br />
Hessische radikale Blätter; Gründungsmanifest<br />
in Das Tribunal, 1, 6, 1919 (Abb. S. 168)<br />
Aktivitäten (u. a.): Ausstellungen, z. B. Deutscher<br />
<strong>Expressionismus</strong> Darmstadt 1920 (Abb. S. 5)<br />
Davringhausen, Heinrich Maria<br />
(Aachen 21. 10. 1894–13. 12. 1970 Nizza)<br />
Maler (Abb. S. 257)<br />
Mitgliedschaft: �Das Junge Rheinland,<br />
�Novembergruppe<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�George Grosz, Carlo Mense<br />
Tätigkeit (u. a.): Beteilung an der Ausstellung<br />
Neue Sachlichkeit in Mannheim, 1925<br />
Deutsch, Ernst<br />
(Prag 16. 9. 1890–22. 3. 1969 Berlin)<br />
Schauspieler<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Heinrich George, �Walter Hasenclever, �Oskar<br />
Kokoschka, �Paul Kornfeld, �Franz Werfel<br />
Tätigkeit (u. a.): Darsteller unter �Max Reinhardt;<br />
Hauptrolle in �Walter Hasenclevers �Der Sohn,<br />
Filmdarsteller in �Von morgens bis mitternachts,<br />
�Der Golem, wie er in die Welt kam, Hass, Der<br />
gelbe Tod u. a.<br />
Dix, Otto<br />
(Gera 2. 12. 1891–25. 7. 1969 Singen)<br />
Maler, Grafiker (Abb. S. 132 f.)<br />
Mitgliedschaft: �Novembergruppe, �Dresdner<br />
Sezession Gruppe 1919 (Gründungsmitglied, Abb.<br />
S. 163), �Das Junge Rheinland<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Max Beckmann, �Anita Berber, Johanna Ey<br />
(�Galerie Junge Kunst – Frau Ey), �Conrad<br />
Felixmüller, �George Grosz<br />
17_Anhang_RZ.indd 463 13.10.2010 9:50:26 Uhr<br />
463
Döblin, Alfred<br />
(Stettin 10. 8. 1878–26. 6. 1957 Emmendingen)<br />
Schriftsteller<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Ernst Ludwig Kirchner (Abb. S. 59), �Else Lasker-<br />
Schüler, Ludwig Marcuse, �Herwarth Walden<br />
Tätigkeit (u. a.): Mitgründer und Mitarbeiter der<br />
Zeitschrift �Der Sturm<br />
Dresdner Sezession Gruppe 1919<br />
Künstlervereinigung (Dresden ab 1919)<br />
Mitglieder (u. a.): �Otto Dix (Gründungsmitglied;<br />
Abb. S. 163), �Conrad Felixmüller (Gründungsmitglied,<br />
Prä sident), �Oskar Kokoschka (Ehrenmitglied),<br />
Elfriede Lohse-Wächtler, Constantin<br />
von Mitschke-Collande (Gründungsmitglied), Otto<br />
Pankok, Gert Heinrich Wollheim<br />
Aktivitäten: Ausstellungen, u. a. von Carl Lohse;<br />
1922 Zusammenschluss mit der Gruppe �Das<br />
Junge Rheinland und der �Novembergruppe<br />
zum Kartell fortschrittlicher Künstlergruppen<br />
in Deutschland<br />
Dr. Mabuse, der Spieler. 1. Teil:<br />
Der große Spieler – Ein Bild der Zeit<br />
Film (1921 / 22), Regie: Fritz Lang, Buch: Thea<br />
von Harbou, Fritz Lang (Abb. S. 41, 46, 454, 459),<br />
Szenenbild / Ausstattung: Otto Hunte, Karl<br />
Stahl-Urach<br />
Darsteller (u. a.): �Anita Berber, Rudolf Klein-<br />
Rogge, Aud Egede Nissen<br />
Inhalt: Dr. Mabuse, ein Meister der Tarnung, tritt<br />
in unterschiedlichster Verkleidung, mal als Psychologe,<br />
mal als Spieler auf, um durch Hypnose<br />
Kapital für seine angestrebte Welt herrschaft zu<br />
beschaffen. Ein Anwalt nimmt die Jagd auf und<br />
versucht, den kriminellen Hochstapler zu enttarnen.<br />
E<br />
Edschmid, Kasimir (eigtl. Eduard Schmid)<br />
(Darmstadt 5. 10. 1890–31. 8. 1966 Vulpera, Engadin)<br />
Schriftsteller<br />
Mitgliedschaft: �Darmstädter Sezession<br />
(Gründungsmitglied)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Max Beckmann (Abb. S. 168), �George Grosz,<br />
�Ludwig Meidner, �Carlo Mierendorff, René<br />
Schickele, Ernst Stadler<br />
Tätigkeit (u. a.): Veröffentlichungen im �Kurt<br />
Wolff Verlag und bei Paul Steegemann (Reihe<br />
Die Silbergäule, Abb. S. 424); Mitarbeit an den<br />
Zeitschriften �Das neue Pathos und �Das Tri <br />
bunal. Hessische radikale Blätter<br />
Engert, Ernst Moritz<br />
(Yokohama, Japan 24. 2. 1892–14. 8. 1986 Lich)<br />
Grafiker (Abb. S. 168), Maler<br />
Mitgliedschaft: �Der Neue Club, �Darmstädter<br />
Sezession<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Georg Heym, �Kurt Hiller, �August Macke<br />
Tätigkeit: Scherenschnitt; Veröffentlichung in der<br />
Zeitschrift �Das Tribunal. Hessische radikale Blätter<br />
F<br />
Feininger, Lyonel<br />
(New York 17. 7. 1871–13. 1. 1956 New York)<br />
Maler, Grafiker, Komponist<br />
464<br />
Mitgliedschaft: �Arbeitsrat für Kunst, �Berliner<br />
Secession, �Novembergruppe, Bauhaus (Abb.<br />
S. 401, 405)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Erich Heckel, �Franz Marc, �Karl Schmidt-<br />
Rottluff<br />
Tätigkeit (u. a.): Teilnahme am Ersten Deut<br />
schen Herbstsalon in der �Sturm-Galerie<br />
�Herwarth Waldens, dort 1917 erste Ausstellung;<br />
Arbeiten für die Zeitschrift �Die Rote Erde.<br />
Monatsschrift für Kunst und Kultur; Leiter der<br />
grafischen Werkstatt am Bauhaus in Weimar<br />
Felixmüller, Conrad<br />
(Dresden 21. 5. 1897 – 24. 3. 1977 Berlin)<br />
Maler, Grafiker<br />
Mitgliedschaft: �Dresdner Sezession Gruppe<br />
1919 (Gründungsmitglied, Präsident), �November<br />
gruppe<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Otto Dix, �Oskar Kokoschka, �Walter Rheiner<br />
(Abb. S. 41)<br />
Tätigkeit (u. a.): Ausstellung in der �Sturm-<br />
Galerie �Herwarth Waldens; Arbeiten für �Franz<br />
Pfemferts (Abb. S. 124) Zeitschrift �Die Aktion<br />
und den �Kunstsalon Emil Richter<br />
Fenneker, Josef<br />
(Bocholt 6. 12. 1895–9.1. 1956 Frankfurt a. M.)<br />
Maler, Grafiker, Bühnenbildner<br />
Tätigkeit (u. a.): Plakate / Anzeigen für Filme wie<br />
�Das gelbe Haus / Die Prostitution (Abb. S. 244),<br />
�Genuine (Abb. S. 290), Totentanz (Abb. S. 233),<br />
Nerven (Abb. S. 225) u. a.; Innenausstattung für das<br />
Berliner Premierenkino �Marmorhaus; Bühnenbildner<br />
für Oper und Theater u. a. in Frankfurt a. M.<br />
Finsterlin, Hermann<br />
(München 18. 8. 1887–16. 9. 1973 Stuttgart)<br />
Architekt (Abb. S. 358 f.), Maler, Dichter<br />
Mitgliedschaft: �Arbeitsrat für Kunst, Korrespondenzzirkel<br />
�die Gläserne Kette (Pseud. Prometh)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.): �Bruno Taut<br />
G<br />
Galerie Junge Kunst – Frau Ey<br />
Galerie, Veranstaltungsraum (Düsseldorf, Hindenburgwall),<br />
gegr. im Ersten Weltkrieg von Johanna<br />
Ey (1864–1947)<br />
Tätigkeit (u. a.): Mittelpunkt der Künstlergruppe<br />
�Das Junge Rheinland; Freundschaft Johanna Eys<br />
mit �Otto Dix, Max Ernst, Gert Heinrich Wollheim<br />
Das gelbe Haus / Die Prostitution<br />
Film (1919), Regie: Richard Oswald, Buch / Vorlage:<br />
Richard Oswald, Szenenbild / Ausstattung:<br />
Emil Linke<br />
Darsteller (u. a.): �Anita Berber, �Werner<br />
Krauss, �Conrad Veidt<br />
Uraufführung: �Marmorhaus (Plakat von �Josef<br />
Fenneker, Abb. S. 244)<br />
Inhalt: Sittenfilm über das Schicksal zweier gefallener<br />
Mädchen, deren sozialer und moralischer<br />
Niedergang im Bordell endet. Der Film macht<br />
jedoch nicht die Frauen selbst, sondern die Gesellschaft<br />
dafür verantwortlich.<br />
Genuine<br />
Film (1920), Regie: �Robert Wiene, Buch: �Carl<br />
Mayer (Abb. S. 291), Szenenbild / Ausstattung:<br />
�César Klein (Abb. S. 289), �Walter Reimann<br />
Darsteller (u. a.): Hans Heinrich von Twardowski,<br />
Ernst Gronau<br />
Uraufführung: �Marmorhaus (Plakat von �Josef<br />
Fenneker, Abb. S. 290)<br />
Inhalt: Ein verschrobener Einzelgänger hält die<br />
blutrünstige Genuine in seiner Villa in einem<br />
künstlichen Para dies gefangen. Diese versucht,<br />
zwei der ihr verfallenen Jünglinge, die durch<br />
Zufall in ihr Refugium eindringen, zu Mord und<br />
Selbst mord zu treiben. Ihr Spiel wird durchschaut,<br />
und sie kommt selbst zu Tode.<br />
Die Gläserne Kette<br />
Korrespondenzzirkel (Berlin 1919 / 20)<br />
Mitglieder (u. a.): �Hermann Finsterlin<br />
(Prometh), �Walter Gropius (Maß),<br />
�Wenzel Hablik (W. H.), Hans Hansen<br />
(Antischmitz), Carl Krayl (Anfang),<br />
�Hans Luckhardt (Angkor), �Wassili<br />
Luckhardt (Zacken), �Hans Scharoun<br />
(Hannes), �Bruno Taut (Glas, Abb. S. 372),<br />
�Max Taut (M. T.)<br />
Inhalt / Ausrichtung: Künstlergemeinschaft von<br />
Architekten; gegenseitiger Austausch von mit<br />
Pseudonymen signierten Briefen zu Architekturutopien<br />
(s. S. 373); gegründet aus dem �Arbeits -<br />
rat für Kunst<br />
Der Golem, wie er in die Welt kam<br />
Film (1920), Regie: �Paul Wegener, Carl Boese,<br />
Buch / Vorlage: �Paul Wegener, Henrik Galeen<br />
nach einer alten Sage (Abb. S. 294 f., 385, 388 ff.),<br />
Szenenbild / Ausstattung: �Rudolf Belling,<br />
Rochus Gliese, �Hans Poelzig (Abb. S. 386, 392,<br />
394 f.), Kurt Richter<br />
Darsteller (u. a.): �Ernst Deutsch, Albert Steinrück,<br />
�Paul Wegener<br />
Inhalt: Durch einen archaischen Zauber gelingt<br />
es dem Rabbi Löw, eine Lehmfigur, den Golem,<br />
zum Leben zu erwecken, um ihn für die Rettung<br />
des Juden-Ghettos vor einem königlichen Beschluss<br />
einzusetzen. Durch den Missbrauch seiner<br />
Kraft seitens des liebesenttäuschten Gehilfen des<br />
Rabbis gerät der Golem außer Kontrolle. Erst<br />
die Unschuld eines Kindes vermag den rasenden<br />
Golem zu stoppen.<br />
Gramatté, Walter<br />
(Berlin 8. 1. 1897–9. 2. 1929 Hamburg)<br />
Maler, Grafiker (Abb. S. 218, 220, 222 f.)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Erich Heckel, �Karl Schmidt-Rottluff<br />
Gropius, Walter<br />
(Berlin 18. 5. 1883–5. 7. 1969 Boston)<br />
Architekt, Industriedesigner<br />
Mitgliedschaft: �Arbeitsrat für Kunst (Vorsitzender),<br />
Korrespondenzzirkel �Die Gläserne<br />
Kette (Pseud. Maß), Bauhaus (Gründungsmitglied,<br />
Direktor)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Otto Bartning, �Peter Behrens, �César Klein,<br />
�Alma Mahler-Werfel (Ehefrau), �Karl Ernst<br />
Osthaus, �Herwarth Walden<br />
Grosz, George (eigtl. Georg Ehrenfried Groß)<br />
(Berlin 26. 6. 1893–6. 6. 1959 Berlin)<br />
Maler, Grafiker (Abb. S. 16, 209, 213, 215),<br />
Bühnenbildner, Schriftsteller (s. S. 214)<br />
Mitgliedschaft: �Novembergruppe, KPD<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Gottfried Benn, �Heinrich Maria Davringhausen,<br />
�Otto Dix, �Kasimir Edschmid, �Max Herrmann-<br />
Neiße, �Harry Graf Kessler, �Ludwig Meidner,<br />
17_Anhang_RZ.indd 464 13.10.2010 9:50:26 Uhr
�Hans Heinz Stuckenschmidt, �Ernst Toller,<br />
�Paul Zech<br />
Tätigkeit (u. a.): Veröffentlichungen in �Die Aktion;<br />
Auftritte in der �Tribüne<br />
Gurlitt, Wolfgang<br />
(Berlin 15. 2. 1888–26. 3. 1965 München)<br />
Kunsthändler, Galerist, Verleger<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�César Klein, �Oskar Kokoschka, �Alfred Kubin<br />
Tätigkeit (u. a.): Förderer expressionistischer Kunst;<br />
Weiterführung der von seinem Vater Fritz gegründeten<br />
Galerie (ausgestaltet von �César Klein)<br />
H<br />
Hablik, Wenzel<br />
(Brüx, Böhmen, 4. 8. 1881–23. 3. 1934 Itzehoe)<br />
Architekt (Abb. S. 363), Maler, Grafiker, Kunsthandwerker<br />
(Abb. S. 261, 350 ff., 420 ff.)<br />
Mitgliedschaft: Deutscher Werkbund, �Arbeitsrat<br />
für Kunst, Korrespondenzzirkel �die Gläserne<br />
Kette (Pseud. W. H.)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Bruno Taut (s. S. 24), �Karl Schmidt-Rottluff,<br />
Arthur Schnitzler, �Herwarth Walden<br />
Hamburger Künstlerfeste<br />
Veranstaltungsreihe (Hamburg 1919–1968)<br />
Organisatoren (u. a.): Friedrich Adler, Emil<br />
Maetzel, Verein Künstlerfest Hamburg e. V.<br />
Im Hamburger �Curiohaus stattfindende Kostümfeste;<br />
Gestaltung der Festräume (Abb. S. 430),<br />
Plakate und Almanache durch Künstler; Titel<br />
der Feste: Dämmerung der Zeitlosen (1919), Die<br />
gelbe Posaune der 7 (1920, Abb. S. 429), Die<br />
Götzenpauke (1921, Abb. S. 446), Der Himm lische<br />
Kreisel (1922), Das Fest der Namenlosen (1923),<br />
Cubicuria, die seltsame Stadt (1924), Der siebente<br />
Krater (1925, Abb. S. 42) u. a.<br />
Auftretende Künstler (u. a.): Gustaf Gründgens,<br />
die Geschwister Falke, �Walter Holdt, Paul Kemp,<br />
Hans Leip, �Lavinia Schulz, �Mary Wigman<br />
Häring, Hugo<br />
(Biberach a. d. Riss 22. 5. 1882–17. 5. 1958<br />
Göppingen)<br />
Architekt (Abb. S. 419)<br />
Mitgliedschaft: Architektengruppe Der Ring<br />
(Gründungsmitglied)<br />
Bekanntschaft (u. a.): �Ludwig Mies van der Rohe<br />
Hasenclever, Walter<br />
(Aachen 8. 7. 1890–21. 6. 1940 Les Milles<br />
bei Aix-en-Provence, Frankreich)<br />
Schriftsteller, Übersetzer, Schauspieler, Drehbuchautor<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Ernst Deutsch, �Oskar Kokoschka, �Paul<br />
Kornfeld, �Ludwig Meidner, �Kurt Pinthus,<br />
�Walter Rheiner, René Schickele, �Paul<br />
Wegener, �Franz Werfel<br />
Tätigkeit (u. a.): Autor des Dramas �Der Sohn;<br />
Stücke in der �Tribüne uraufgeführt; Lyrikanthologie<br />
�Menschheitsdämmerung von �Kurt Pinthus;<br />
Veröffentlichungen im �Kurt Wolff Verlag und in<br />
der Zeitschrift �Das neue Pathos<br />
Das Haus zum Mond<br />
Film (1920), Regie: �Karlheinz Martin, Buch / Vorlage:<br />
Rudolf Leonhardt, Karlheinz Martin, Szenenbild<br />
/ Ausstattung: �Robert Neppach<br />
Darsteller (u. a.): �Fritz Kortner, Leontine Kühnberg,<br />
Erich Pabst<br />
Inhalt: Ein Wachsfigurenhersteller erschafft eine<br />
Puppe, Ebenbild der mondsüchtigen jungen<br />
Frau Luna, mit der er in einem seltsamen Haus<br />
zu sammenlebt. Als er glaubt, sein Werk sei zum<br />
Leben erwacht, wird er zunehmend verrückt.<br />
Heckel, Erich<br />
(Döbeln 31. 7. 1883–27. 1. 1970 Radolfzell<br />
am Bodensee)<br />
Maler, Grafiker (Abb. S. 113, 139 ff., 399)<br />
Mitgliedschaft: �Brücke (Gründungsmitglied),<br />
�Berliner Secession, �Arbeitsrat für Kunst<br />
(Gründungsmitglied)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Max Beckmann, �Lyonel Feininger, �Walter<br />
Gramatté, �Ernst Ludwig Kirchner, �August<br />
Macke, �Franz Marc, Otto Mueller, �Emil Nolde,<br />
�Karl Ernst Osthaus, �Max Pechstein, �Rosa<br />
Schapire, �Karl Schmidt-Rottluff<br />
Tätigkeit (u. a.): Gestaltung Programmzettel für<br />
das �Neopathetische Cabaret; Arbeiten für die<br />
Zeitschrift �Das neue Pathos<br />
Herrmann-Neiße, Max<br />
(Neiße, Schlesien, 23. 5. 1886–8. 4. 1941 London)<br />
Lyriker, Romancier, Dramatiker, Kritiker<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�George Grosz, �Else Lasker-Schüler, �Karlheinz<br />
Martin, �Ludwig Meidner (Abb. S. 126 f.), René<br />
Schickele<br />
Tätigkeit (u. a.): Veröffentlichungen in �Die Aktion<br />
und PAN; Mitwirkung in dem Film �Von morgens<br />
bis mitternachts; Auftritte in der �Tribüne<br />
Heym, Georg<br />
(Hirschberg, Schlesien 30. 10. 1887–16. 1. 1912<br />
Berlin)<br />
Schriftsteller, Lyriker (s. S. 116)<br />
Mitgliedschaft: �Der Neue Club<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Ernst Moritz Engert, Wilhelm Simon G(h)uttmann;<br />
beeinflusst von der Philosophie �Friedrich<br />
Nietzsches<br />
Tätigkeit (u. a.): posthume Veröffentlichung nachgelassener<br />
Gedichte im Band Umbra vitae durch<br />
Mitglieder des �Neuen Clubs (1912, 1924 mit<br />
Holz schnitten von �Ernst Ludwig Kirchner, Abb.<br />
S. 114 f., 117); Veröffentlichungen in der Zeitschrift<br />
�Das neue Pathos; Lyrikanthologie �Menschheitsdäm<br />
merung von �Kurt Pinthus; Protagonist des<br />
�Neopathetischen Cabarets (mit u. a. �Kurt<br />
Hiller, �Jakob van Hoddis; s. S. 29)<br />
Hiller, Kurt<br />
(Berlin 17. 8. 1885–1. 10. 1972 Hamburg)<br />
Schriftsteller, Publizist<br />
Mitgliedschaft: �Der Neue Club (Gründungsmitglied),<br />
Cabaret GNU (Gründungsmitglied)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Hugo Ball, �Ernst Moritz Engert, �Jakob van<br />
Hoddis, �Ludwig Meidner, Karl Loewenson,<br />
�Ernst Wilhelm Lotz, �Franz Pfemfert, �Kurt<br />
Pinthus, Georg Simmel<br />
Tätigkeit (u. a.): Veranstalter �Neopathetisches<br />
Cabaret (mit u. a. �Georg Heym, �Jakob van<br />
Hoddis); Veröffentlichungen in den Zeitschriften<br />
Der Demokrat, PAN, �Der Sturm und �Die Aktion<br />
Hindemith, Paul<br />
(Hanau 16. 11. 1895–28. 12. 1963 Frankfurt a. M.)<br />
Komponist, Musiker<br />
Tätigkeit (u. a.): Konzertmeister der Frankfurter<br />
Opernbühne; Komponist der Operneinakter<br />
Sancta Susanna nach �August Stramm, �Mörder,<br />
Hoffnung der Frauen nach �Oskar Kokoschka<br />
(Abb. S. 262, 275) und Das NuschNuschi nach<br />
Franz Blei (Abb. S. 33); in Musikauswahl für<br />
Orchesterpavillon von �Rudolf Belling vertreten;<br />
Filmmusik zu Arnold Fancks Bergsteigerfilm Im<br />
Kampf mit dem Berge<br />
Hoddis, Jakob van (eigtl. Hans Davidsohn)<br />
(Berlin 16. 5. 1887–Mai / Juni 1942 Vernichtungslager<br />
Sobibór, Polen)<br />
Schriftsteller, Lyriker (s. S. 46, 118)<br />
Mitgliedschaft: �Der Neue Club (Gründungsmitglied)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Ludwig Meidner (Abb. S. 118), �Franz Pfemfert<br />
Tätigkeit (u. a.): Veranstalter des �Neopathetischen<br />
Cabarets (mit u. a. �Georg Heym, �Kurt<br />
Hiller, s. S. 29); Veröffentlichungen in den Zeitschriften<br />
�Die Aktion und �Der Sturm; Lyrikanthologie<br />
�Menschheitsdämmerung von �Kurt Pinthus<br />
Holdt, Walter<br />
(1898–18. 6. 1924 Hamburg)<br />
Tänzer, Theaterschauspieler<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Minya Diez-Dührkoop (Abb. S. 437), �Lothar<br />
Schreyer, �Lavinia Schulz (Ehefrau, Tanzpartnerin),<br />
�Hans Heinz Stuckenschmidt<br />
Tätigkeit (u. a.): Ganzkörpermaskentänze mit<br />
�Lavinia Schulz<br />
Hölle Weg Erde<br />
Drama von �Georg Kaiser (1919)<br />
Uraufführung: 5. 12. 1919 in Frankfurt a. M.<br />
Beispiel Inszenierung / Bühne: Lessingtheater<br />
Berlin, 1921<br />
Regie: Victor Barnowsky<br />
Ausstattung / Bühnenbild: �César Klein<br />
Inhalt: Symbolisches Läuterungsspiel. Ein Flaneur<br />
möchte helfen und Gutes tun, was erst durch<br />
einen Juwelenraub möglich wird.<br />
J<br />
Das Junge Deutschland<br />
Theatervereinigung (Berlin 1917–1920),<br />
Gründer: �Max Reinhardt, Deutsches<br />
Theater Berlin<br />
Inhalt / Ausrichtung: Verein, Zeitschrift und<br />
Ver suchsbühne zur Förderung junger Dramatiker;<br />
Aufführung von Stücken junger Expressionisten<br />
Aktivitäten: Verbreitung des Bühnenexpressionis<br />
mus; Erstaufführung von Stücken �Oskar<br />
Kokosch kas, �Else Lasker-Schülers, �Franz<br />
Werfels<br />
Das Junge Rheinland<br />
Künstlervereinigung (Düsseldorf 1919–1933)<br />
Mitglieder (u. a.): �Heinrich Maria Davringhausen,<br />
�Otto Dix, Max Ernst, Arthur Kaufmann,<br />
Carlo Mense, Heinrich Nauen, Walter Orphey,<br />
Otto Pankok, Gert Heinrich Wollheim<br />
Inhalt / Ausrichtung: Künstlervereinigung um die<br />
�Galerie Junge Kunst – Frau Ey<br />
Aktivitäten: Herausgabe der Zeitschrift Das<br />
Ey; Ausstellungen; 1922 Zusammenschluss<br />
mit �Dresd ner Sezession Gruppe 1919 und<br />
�Novembergruppe zum Kartell fortschritt licher<br />
Künstlergruppen in Deutschland<br />
17_Anhang_RZ.indd 465 13.10.2010 9:50:26 Uhr<br />
465
K<br />
Kaiser, Georg<br />
(Magdeburg 25. 11. 1878–4. 6. 1945 Ascona,<br />
Schweiz)<br />
Schriftsteller, Dramatiker<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Bertolt Brecht, �Ernst Toller, Kurt Weill<br />
Tätigkeit (u. a.): Verfasser viel gespielter Dramen<br />
des <strong>Expressionismus</strong>, wie Die Bürger von Calais,<br />
�Hölle Weg Erde, Gas, �Von morgens bis mitternachts<br />
(Abb. S. 175, 181, 191 f.)<br />
Kallmus, Dora / Madame d’Ora<br />
(Wien 20. 3. 1881–30. 10. 1963 Frohnleiten /<br />
Steiermark)<br />
Fotografin<br />
Tätigkeit (u. a.): Porträtfotografien berühmter<br />
Persönlichkeiten wie �Anita Berber (Abb. S. 243,<br />
248, 251 f., 254 f.), Gustav Klimt, �Alma Mahler-<br />
Werfel, Arthur Schnitzler<br />
Kandinsky, Wassily<br />
(Moskau 4. 12. 1866–13. 12. 1944 Neuilly-sur-Seine,<br />
Frankreich)<br />
Maler, Grafiker, Kunsttheoretiker<br />
Mitgliedschaft: Neue Künstlervereinigung München<br />
(Gründungsmitglied, Vorsitz), �Der Blaue<br />
Reiter (Gründungsmitglied), �Novembergruppe<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Hugo Ball, Alexej von Jawlensky, �Franz Marc,<br />
Gabriele Münter (Lebensgefährtin), �Arnold<br />
Schönberg (Abb. S. 30), Marianne von Werefkin<br />
Tätigkeit (u. a.): Teilnahme an Ausstellungen der<br />
�Berliner Secession; Mitherausgeber des Almanachs<br />
Der Blaue Reiter (Abb. S. 106); Lehrer an<br />
der Sturm-Kunstschule und später am Bauhaus<br />
(auf Einladung von �Walter Gropius); Veröffentlichung<br />
in Verlag und Zeitschrift �Der Sturm<br />
Kessler, Harry Graf<br />
(Paris 23. 05. 1868–30. 11. 1937 Lyon)<br />
Museumsdirektor, Kunstsammler, Mäzen, Literat,<br />
Publizist, Politiker<br />
Mitgliedschaft: Deutscher Künstlerbund (Gründungsmitglied),<br />
�Brücke (»passives Mitglied«)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.): �Max Beckmann,<br />
�George Grosz, �Herwarth Walden<br />
Tätigkeit (u. a.): Betreiber der Cranach-Presse<br />
(Abb. S. 153); Entwicklung eines Reformtheaterkonzepts<br />
mit �Max Reinhardt<br />
Kirchner, Ernst Ludwig<br />
(Aschaffenburg 6. 5. 1880–15. 6. 1938 Frauenkirch-<br />
Wildboden bei Davos, Schweiz)<br />
Maler, Grafiker<br />
Mitgliedschaft: �Brücke (Gründungsmitglied),<br />
�Berliner Secession<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Max Beckmann, Hugo Biallowons, �Alfred<br />
Döblin (Abb. S. 59, 87), Werner Gothein (Schüler,<br />
Abb. S. 79, 84, 91 f.), Botho Graef, Eberhard<br />
Grisebach, Wilhelm Simon G(h)uttmann, �Erich<br />
Heckel, �Wilhelm Lehmbruck, �Franz Marc,<br />
Otto Mueller, �Emil Nolde, �Max Pechstein,<br />
�Rosa Schapire, Gustav Schiefler, Erna Schilling<br />
(Lebensgefährtin, Abb. S. 30, 71, 79, 83 f., 90 f.,<br />
95 ff.), �Karl Schmidt-Rottluff, Carl Sternheim,<br />
�Mary Wigman<br />
Tätigkeit (u. a.): Gestaltung und Ausstattung von<br />
Ateliers und Wohnungen als <strong>Gesamtkunstwerk</strong>;<br />
Arbeiten für die Zeitschrift �Der Sturm; Illustra tion<br />
zu �Georg Heyms Umbra vitae (Abb. S. 114 f., 117)<br />
466<br />
Klabund (eigtl. Alfred Henschke)<br />
(Crossen a. d. Oder 4. 11. 1890–14. 8. 1928<br />
Davos, Schweiz)<br />
Lyriker, Dramatiker<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Gottfried Benn, René Schickele<br />
Klein, César<br />
(Hamburg 14. 9. 1876–13. 3. 1954 Pansdorf<br />
bei Lübeck)<br />
Maler, Bühnenbildner, Filmausstatter, Grafiker,<br />
Maler<br />
Mitgliedschaft: �Neue Secession (Gründungsmitglied),<br />
�Novembergruppe (Gründungsmitglied),<br />
Deutscher Werkbund (Vorstandsmitglied),<br />
�Arbeitsrat für Kunst (Vorsitzender)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Adolf Behne, �Walter Gropius, �Wolfgang<br />
Gurlitt, �Moriz Melzer, �Max Pechstein, �Walter<br />
Reimann, �Heinrich Richter-Berlin, �Bruno Taut,<br />
�Herwarth Walden, �Robert Wiene<br />
Tätigkeit (u. a.): Bühnenbilder am Berliner<br />
Lessingtheater für �Hölle Weg Erde, �Von morgens<br />
bis mitternachts (Abb. S. 181), �Woyzeck<br />
(u. a.); Ausstattung der Filme �Genuine (Abb.<br />
S. 289), Der Puppenmacher von KiangNing; Innenausstattung<br />
Urauffüh rungskino �Marmor haus<br />
(Wand- und Deckenmalereien, farbige Glasdecke);<br />
Ausstattung Galerie �Wolfgang Gurlitt<br />
und Villa Gurlitt (Decken- und Wand malerei,<br />
Glastüren, gläserne Wandpanele); Arbeiten für<br />
�Herwarth Waldens Zeitschrift �Der Sturm<br />
Kokain<br />
Alkaloid aus den Blättern des Kokastrauches<br />
(Erythroxylum coca)<br />
1862 Beginn der kommerziellen Produktion<br />
durch die Firma Merck in Darmstadt; ab 1879<br />
als Schmerzstiller und zur Behandlung von<br />
Morphin abhängigkeit; ab 1884 Nutzung als<br />
lokales Anästhetikum; Verwendung im Ersten<br />
und Zweiten Weltkrieg bei Frontsoldaten; als<br />
bewusstseinssteigernde Modedroge in den<br />
1920er-Jahren konsumiert u. a. von �Johannes<br />
R. Becher, �Gottfried Benn (s. S. 253), �Anita<br />
Berber (Abb. S. 243, s. S. 249), �Ernst Ludwig<br />
Kirchner, �Walter Rheiner (Abb. S. 41, s. S. 250),<br />
�Georg Trakl<br />
Kokoschka, Oskar<br />
(Pöchlarn, Niederösterreich 1. 3. 1886–22. 2. 1980<br />
Montreux, Schweiz)<br />
Maler, Grafiker, Literat, Dramatiker, Zeitschriftenredakteur<br />
Mitgliedschaft: �Dresdner Sezession Gruppe 1919<br />
(Ehrenmitglied), Freie Secession<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Ernst Deutsch, �Conrad Felixmüller, Heinrich<br />
George, �Wolfgang Gurlitt, �Walter Hasenclever,<br />
�Paul Kornfeld, �Alma Mahler-Werfel<br />
(Liebesbeziehung), �Kurt Pinthus, �Georg Trakl,<br />
�Herwarth Walden, Kurt Wolff<br />
Tätigkeit (u. a.): Autor des Dramas �Mörder,<br />
Hoffnung der Frauen (Abb. S. 263 ff., 270); Autor<br />
und Illustrator für die Zeitschriften �Der Sturm<br />
(Abb. S. 53, 270) und �Das Tribunal. Hessische<br />
radikale Blätter (Abb. S. 168); Aufführung seiner<br />
Stücke auf der Bühne �Das Junge Deutschland;<br />
Mit he raus geber der Zeitschrift �Das neue Pathos;<br />
Auto renporträts für die Lyrikanthologie �Menschheitsdämmerung<br />
von �Kurt Pinthus; Lehrer an<br />
der Sturm-Kunstschule; Schriftleitung der Zeitschrift<br />
�Der Sturm für Österreich-Ungarn; Veröffentlichung<br />
im �Sturm-Verlag<br />
Kollwitz, Käthe<br />
(Königsberg 8. 6. 1867–22. 4. 1945 Moritzburg)<br />
Grafikerin (Abb. S. 161, 292), Bildhauerin<br />
Mitgliedschaft: �Berliner Secession, Preußische<br />
Akademie der Künste<br />
Freundschaft (u. a.): �Ernst Barlach<br />
Kornfeld, Paul<br />
(Prag 11. 12. 1889–1942 Ghetto Litzmannstadt /<br />
Łódz´, Polen)<br />
Schriftsteller, Dramatiker, Dramaturg<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Ernst Deutsch, Willy Haas, �Walter Hasenclever,<br />
Heinrich George, �Oskar Kokoschka,<br />
�Franz Werfel<br />
Tätigkeit (u. a.): Dramaturg unter �Max Reinhardt<br />
am Deutschen Theater<br />
Kortner, Fritz<br />
(Wien 12. 5. 1892–22. 7. 1970 München)<br />
Schauspieler, Regisseur<br />
Tätigkeit (u. a.): Theaterdarsteller unter<br />
�Max Reinhardt und Leopold Jessner; Auf -<br />
tritte in der �Tribüne, u. a. in �Ernst Tollers<br />
�Die Wandlung; Filmdarsteller u. a. in Hintertreppe,<br />
Schatten, Orlacs Hände, �Das Haus<br />
zum Mond<br />
Krauss, Werner<br />
(Gestungshausen bei Coburg 23. 6. 1884–<br />
20. 10. 1959 Wien)<br />
Schauspieler<br />
Tätigkeit (u. a.): Theaterdarsteller unter �Max<br />
Reinhardt, �Karlheinz Martin; Filmrollen u. a.<br />
in �Das Cabinet des Dr. Caligari, Der Puppenmacher<br />
von KiangNing, �Das gelbe Haus / Die<br />
Prostitution, �Das Wachsfigurenkabinett, Das<br />
Medium, Totentanz (Plakat von �Josef Fenneker,<br />
Abb. S. 233)<br />
Kubin, Alfred<br />
(Leitmeritz, Böhmen 10. 4. 1877–20. 8. 1959<br />
Wernstein a. Inn)<br />
Illustrator, Grafiker (Abb. S. 54), Maler, Schriftsteller<br />
Mitgliedschaft: Neue Künstlervereinigung München<br />
(Gründungsmitglied), �Der Blaue Reiter<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.): Salomon<br />
Friedlaender (Mynona), �Wolfgang Gurlitt,<br />
�Fritz Schaefler, �Paul Scheerbart<br />
Tätigkeit (u. a.): Arbeiten für die Zeitschrift<br />
�Die Aktion<br />
Kunstsalon Emil Richter<br />
Galerie (Dresden, Prager Straße), Gründer:<br />
Emil Richter<br />
Inhalt / Ausrichtung: Ausstellungen zahlreicher<br />
Expressionisten, u. a. �Brücke-Künstler, Carl<br />
Lohse; Versammlungsort der Dresdner Kunstszene<br />
(�Dresdner Sezession Gruppe 1919,<br />
Abb. S. 163); finanzielle Unterstützung für Künstler<br />
wie �Conrad Felixmüller<br />
Kurt Wolff Verlag<br />
Leipzig 1913–1940, Gründer: Kurt Wolff<br />
(1887–1963)<br />
Wichtiger Verlag für expressionistische Literatur;<br />
versammelte zeitgenössische Autoren um sich,<br />
wie �Walter Hasenclever, Franz Kafka, �Kurt<br />
Pinthus, �Georg Trakl, �Franz Werfel; Broschürenreihe<br />
Der jüngste Tag mit Werken von Autoren<br />
wie �Kasimir Edschmid, �Oskar Kokoschka,<br />
Heinrich Mann, René Schickele, Carl Sternheim,<br />
�Georg Trakl, Fritz von Unruh; Das Kinobuch von<br />
�Kurt Pinthus<br />
17_Anhang_RZ.indd 466 13.10.2010 9:50:27 Uhr
L<br />
Lasker-Schüler, Else (eigtl. Elisabeth)<br />
(Elberfeld, Wuppertal 11. 2. 1869–22. 1. 1945<br />
Jerusalem)<br />
Schriftstellerin, Illustratorin<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Alfred Döblin, �Gottfried Benn (Liebesbeziehung),<br />
�Max Herrmann-Neiße, Karl Kraus, �Franz<br />
Marc, Hermann Muthesius, �Walter Rheiner, René<br />
Schickele, �Karl Schmidt-Rottluff, �Milly Steger,<br />
�Georg Trakl, �Herwarth Walden (Ehemann),<br />
�William Wauer, �Franz Werfel, �Paul Zech<br />
Tätigkeit (u. a.): Veröffentlichungen in den Zeitschriften<br />
�Der Sturm, �Die Aktion und Die Fackel;<br />
Lyrikanthologie �Menschheitsdämmerung von<br />
�Kurt Pinthus; Autorin des Dramas �Die Wupper<br />
(Abb. S. 183 f.); Aufführung ihrer Stücke auf der<br />
Bühne �Das Junge Deutschland; Lesungen in der<br />
�Tribüne; Auftritt im �Neopathischen Cabaret<br />
Lehmbruck, Wilhelm<br />
(Meiderich bei Duisburg 4. 1. 1881–25. 3. 1919<br />
Berlin)<br />
Bildhauer (Abb. S. 200), Grafiker<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Erich Heckel, �Ernst Ludwig Kirchner<br />
Tätigkeit (u. a.): Arbeiten für die Zeitschrift �Die<br />
Aktion; Porträts für die Lyrikanthologie �Menschheitsdämmerung<br />
von �Kurt Pinthus<br />
Leni, Paul<br />
(Stuttgart 8. 7. 1885–2. 9. 1929 Hollywood)<br />
Gestalter, Bühnenbildner, Szenograf, Regisseur<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.): �Fritz<br />
Kortner, �Conrad Veidt (enge Zusammenarbeit)<br />
Tätigkeit (u. a.): �Das Wachsfigurenkabinett (Szenenbild,<br />
Regie, Abb. S. 259, 285), Hintertreppe<br />
(Regie mit Leopold Jessner); Titelgestaltung der<br />
Publikation <strong>Expressionismus</strong> und Film von Rudolf<br />
Kurtz (1926, Abb. S. 455)<br />
Leybold, Hans<br />
(Frankfurt a. M. 2. 4. 1892–8. 9. 1914 Itzehoe)<br />
Dichter<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Hugo Ball, �Johannes R. Becher, Richard<br />
Huelsen beck, �Klabund; beeinflusst von der<br />
Philosophie �Friedrich Nietzsches<br />
Tätigkeit (u. a.): Herausgeber der Zeitschrift<br />
�Revolution (Abb. S. 128 f., 145); Veröffentlichung<br />
in der Zeitschrift �Die Aktion von �Franz Pfemfert<br />
Lotz, Ernst Wilhelm<br />
(Culm a. d. Weichsel 6. 2. 1890–26. 9. 1914<br />
Bouconville, Frankreich)<br />
Dichter (s. S. 221)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Ludwig Meidner (Abb. S. 137)<br />
Luckhardt, Hans<br />
(Berlin 16. 6. 1890–8. 10. 1954 Bad Wiessee)<br />
Architekt (Abb. S. 343, 360 f., 364 f.)<br />
Mitgliedschaft: �Arbeitsrat für Kunst, Korrespondenzzirkel<br />
�die Gläserne Kette (Pseud.<br />
Angkor), �Novembergruppe<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Wassili Luckhardt (Bruder, enge Zusammenarbeit),<br />
�Bruno Taut<br />
Luckhardt, Wassili<br />
(Berlin 22. 7. 1889–2. 12. 1972 Berlin)<br />
Architekt (Abb. S. 343, 362)<br />
Mitgliedschaft: �Arbeitsrat für Kunst, Korrespondenzzirkel<br />
�die Gläserne Kette (Pseud.<br />
Zacken), �Novembergruppe<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Hans Luckhardt (Bruder, enge Zusammenarbeit),<br />
�Bruno Taut<br />
M<br />
Macke, August<br />
(Meschede 3. 1. 1887–26. 9. 1914 bei Perthes-<br />
lès-Hurlus, Frankreich)<br />
Maler, Grafiker<br />
Mitgliedschaft: �Der Blaue Reiter<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.): Robert<br />
Delaunay, �Ernst Moritz Engert, �Erich Heckel,<br />
Paul Klee, �Franz Marc, �Herwarth Walden<br />
Mahler-Werfel, Alma (geb. Schindler)<br />
(Wien 31. 8. 1879–11. 12. 1964 New York)<br />
Musikerin<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Alban Berg, Leonard Bernstein, Benjamin<br />
Britten, Lion Feuchtwanger, Wilhelm Furtwängler,<br />
�Walter Gropius (Ehemann), Gerhart Haupt mann,<br />
Hugo von Hofmannsthal, �Oskar Kokoschka<br />
(Lie besbeziehung), Gustav Mahler (Ehemann),<br />
Heinrich Mann, Thomas Mann, �Max Reinhardt,<br />
�Arnold Schönberg, Richard Strauss, �Franz<br />
Werfel (Ehemann), Carl Zuckmayer<br />
Tätigkeit (u. a.): Veranstalterin von Künstlersalons;<br />
von �Dora Kallmus fotografiert;<br />
finanzielle Unterstützung der Drucklegung von<br />
�Alban Bergs Oper �Wozzeck (1922)<br />
Marc, Franz<br />
(München 8. 2. 1880–4. 3. 1916 bei Verdun,<br />
Frankreich)<br />
Maler, Grafiker (Abb. S. 105, 109 f.)<br />
Mitgliedschaft: Neue Künstlervereinigung München,<br />
�Der Blaue Reiter (Gründungsmitglied)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Hugo Ball, Robert Delaunay, �Lyonel<br />
Feininger, �Erich Heckel, �Wassily Kandinsky,<br />
�Ernst Ludwig Kirchner, �Else Lasker-Schüler,<br />
�August Macke, �Herwarth Walden; beeinflusst<br />
von der Philosophie �Friedrich Nietzsches<br />
Tätigkeit (u. a.): Arbeiten für die Zeitschrift �Der<br />
Sturm, Mitherausgeber des Almanachs �Der<br />
Blaue Reiter (Abb. S. 106)<br />
Marmorhaus<br />
Premierenkino (Berlin, Kurfürstendamm 236),<br />
erbaut: 1912 / 13<br />
Expressionistische Wand- und Deckengestaltung<br />
durch �César Klein (Foyer, Zuschauerraum);<br />
Plakatgestaltung durch �Josef Fenneker als<br />
Hausgrafiker; Uraufführungen der Filme �Das<br />
Cabinet des Dr. Caligari, �Genuine, �Das gelbe<br />
Haus / Die Prostitution u. a.<br />
Martin, Karlheinz<br />
(Freiburg i. Br. 6. 5. 1886–13. 1. 1948 Berlin)<br />
Schauspieler, Drehbuchautor, Theater- und<br />
Filmregisseur<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Roma Bahn (Ehefrau), �Max Herrmann-Neiße,<br />
�Robert Neppach<br />
Tätigkeit (u. a.): Mitgründer und Spielleiter der<br />
�Tribüne, dort Inszenierung u. a. von �Ernst<br />
Tollers �Die Wandlung (Abb. S. 194 f.); Filmregie<br />
u. a. für �Von morgens bis mitternachts<br />
(Abb. S. 186, 193, 280), �Das Haus zum Mond<br />
(auch Drehbuchautor)<br />
Mayer, Carl<br />
(Graz 20. 11. 1894–1. 7. 1944 London)<br />
Drehbuchautor, Dramaturg<br />
Tätigkeit (u. a.): Drehbücher u. a. für �Das<br />
Cabinet des Dr. Caligari (mit Hans Janowitz,<br />
Abb. S. 323), �Genuine, Hintertreppe, Der<br />
letzte Mann, Torgus (Verlogene Moral)<br />
Meidner, Ludwig<br />
(Bernstadt a. d. Weide, Schlesien 18. 4. 1884–<br />
14. 5. 1966 Darmstadt)<br />
Maler, Grafiker, Bühnenbildner, Literat<br />
Mitgliedschaft: Die Pathetiker (Gründungsmitglied),<br />
�Arbeitsrat für Kunst, �Darmstädter<br />
Sezession (Gründungsmitglied)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Gottfried Benn, �Kasimir Edschmid,<br />
�Walter Hasenclever, �Max Herrmann-Neiße<br />
(Abb. S. 126 f.), �Kurt Hiller, �Jakob van Hoddis<br />
(Abb. S. 118), �George Grosz, �Ernst Wilhelm<br />
Lotz (Abb. S. 137), �Walter Rheiner, René<br />
Schickele, �Jakob Steinhardt, �Paul Zech<br />
Tätigkeit (u. a.): Szenenbild für den Film<br />
�Die Straße; Mitarbeiter der Zeitschrift �Die<br />
Aktion von �Franz Pfemfert (Abb. S. 123);<br />
Mit heraus ge ber der Zeitschrift �Das neue<br />
Pathos; Porträts für die Lyrikanthologie<br />
�Menschheitsdämmerung von �Kurt Pinthus<br />
Melzer, Moriz<br />
(Albendorf, Böhmen 22. 12. 1877–30. 6. 1966<br />
Berlin)<br />
Maler, Grafiker (Abb. S. 146, 165)<br />
Mitgliedschaft: �Arbeitsrat für Kunst, �Berliner<br />
Secession, �Neue Secession (Gründungsmitglied),<br />
�Novembergruppe (Gründungmitglied)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�César Klein, �Max Pechstein, �Heinrich<br />
Richter-Berlin, Georg Tappert<br />
Tätigkeit (u. a.): Arbeiten für die Zeitschrift<br />
�Die Aktion<br />
Mendelsohn, Erich<br />
(Allenstein, Ostpreußen 21. 3. 1887–15. 9. 1953<br />
San Francisco)<br />
Architekt (Abb. S. 347, 356 f.), Publizist<br />
Mitgliedschaft: Kontakte zu �Der Blaue Reiter,<br />
�Novembergruppe, Architektengruppe Der Ring<br />
Menschheitsdämmerung<br />
Lyrikanthologie (Berlin, 1919 / 20), Hrsg.:<br />
�Kurt Pinthus<br />
Autoren (u. a.): �Johannes R. Becher, �Gottfried<br />
Benn, Theodor Däubler, Ivan Goll, �Walter<br />
Hasen clever, �Georg Heym, �Jakob van Hoddis<br />
(Weltende, s. S. 118), Wilhelm Klemm, �Else<br />
Lasker-Schüler, Rudolf Leonhard (Der tote Liebknecht,<br />
s. S. 160), Alfred Lichtenstein (Sonntagnachmittag,<br />
s. S. 11), �Ernst Wilhelm Lotz,<br />
René Schickele, Ernst Stadler, �August Stramm,<br />
�Georg Trakl, �Franz Werfel, �Paul Zech<br />
Inhalt / Ausrichtung: Zentrale Lyrikanthologie<br />
expressionistischer Dichtung mit Autorenporträts<br />
nach Vorlagen von Künstlern wie �Ludwig<br />
Meidner, �Oskar Kokoschka, �Wilhelm Lehmbruck,<br />
�Egon Schiele<br />
Mierendorff, Carlo (eigtl. Carl)<br />
(Großenhain, Sachsen, 24. 3. 1897–4. 12. 1943<br />
Leipzig)<br />
Politiker, Schriftsteller, Sozialwissenschaftler<br />
17_Anhang_RZ.indd 467 13.10.2010 9:50:27 Uhr<br />
467
468<br />
Mitgliedschaft: SPD<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u.a.):<br />
�Kasimir Edschmid, Carl Zuckmayer<br />
Tätigkeit (u. a.): Herausgeber der Zeitschrift<br />
�Dachstube (s. S. 154); Gründer der Zeitschrift<br />
�Das Tribunal. Hessische radikale Blätter (Abb.<br />
S. 168 f.; Mitarbeit u. a. �Oskar Kokoschka,<br />
Abb. S. 168); Autor des Textes Hätte ich das Kino!<br />
Mies van der Rohe, Ludwig<br />
(Aachen 27. 3. 1886–17. 8. 1969 Chicago)<br />
Architekt (Abb. S. 209, 211, 418), Dozent<br />
Mitgliedschaft: �Novembergruppe<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Peter Behrens, �Hugo Häring<br />
Tätigkeit (u. a.): Direktor und Lehrer am<br />
Bauhaus in Dessau<br />
Mörder, Hoffnung der Frauen<br />
Einakter von �Oskar Kokoschka (1907, mehrfache<br />
Umarbeitungen)<br />
Uraufführung: 4. 7. 1909 im Gartentheater der<br />
1. Internationalen Kunstschau, Wien; 3. 6. 1917<br />
Erstaufführung im Albert-Theater Dresden, Programmheft<br />
mit einem Vorwort von �Paul Kornfeld<br />
Veröffentlichungen: �Der Sturm, 1, 21, 14. 7. 1910,<br />
S. 155 f. (Abb. S. 270); 1916 im �Sturm-Verlag; 1917<br />
in der Reihe Der Jüngste Tag im �Kurt Wolff<br />
Verlag unter dem Titel Oskar Kokoschka. Dramen<br />
und Bilder<br />
Beispiel Inszenierung / Bühne: Neues Theater<br />
Frankfurt, 1920 (Abb. S. 275), Regie: Heinrich<br />
George<br />
Inhalt: In die Antike verlagerte, ins Mythische<br />
stilisierte Auseinandersetzung der Geschlechter<br />
zwischen Hingabe und Kampf in visionären<br />
Bildern.<br />
Mörder, Hoffnung der Frauen<br />
Oper von �Paul Hindemith (1919) nach �Oskar<br />
Kokoschkas Einakter �Mörder, Hoffnung der<br />
Frauen (1907)<br />
Uraufführung: 4. 6. 1921 Württembergisches<br />
Landes theater Stuttgart<br />
Beispiel Inszenierung / Bühne: Oper Frankfurt<br />
a. M., 1922, Musikalische Leitung: Ludwig Rottenberg,<br />
Ausstattung: �Ludwig Sievert (Abb. S. 273)<br />
Inhalt: siehe Einakter �Mörder, Hoffnung der<br />
Frauen<br />
N<br />
Neopathetisches Cabaret<br />
Veranstaltungsreihe im �Neuen Club (Berlin<br />
1910–1912)<br />
Organisatoren (u. a.): �Georg Heym, �Kurt<br />
Hiller, �Jakob van Hoddis<br />
Vortragsabende in unregelmäßiger Folge,<br />
1. 6. 1910 (1. Abend), 6. 7. 1910 (2. Abend),<br />
9. 11. 1910 (3. Abend), 9. 12. 1910 (4. Abend),<br />
18. 1. 1911 (5. Abend), 27. 2. 1911 (geplanter<br />
6. Abend), 16. 11. 1911 (7. Abend), 16. 12. 1911<br />
(8. Abend, S. 29), 3. 4. 1912 (9. Abend, S. 110)<br />
Auftretende Künstler (u. a.): Martin Buber, Tilla<br />
Durieux, �Georg Heym, �Jakob van Hoddis,<br />
�Else Lasker-Schüler, �Herwarth Walden;<br />
Programmzettelgestaltung durch �Erich Heckel,<br />
�Karl Schmidt-Rottluff<br />
Neppach, Robert<br />
(Esslingen 2. 3. 1890–1933 Berlin / 1939 Zürich)<br />
Bühnenbildner, Ausstatter, Filmarchitekt<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Karlheinz Martin<br />
Tätigkeit (u. a.): Künstlerischer Leiter der �Tribüne;<br />
Ausstatter der Kammerspiele München;<br />
Ausstattung (u. a.) Drama �Die Wandlung von<br />
�Ernst Toller (Abb. S. 194 f.), Filme: �Von morgens<br />
bis mitternachts, �Das Haus zum Mond,<br />
Torgus (Verlogene Moral)<br />
Nerven<br />
Film (1919), Regie, Buch / Vorlage: Robert<br />
Reinert (Abb. S. 10, 224)<br />
Darsteller (u. a.): Eduard von Winterstein,<br />
Lya Borée, Erna Morena; Werbegrafik: �Josef<br />
Fenneker (Abb. S. 225)<br />
Inhalt: Anhand der Schicksale unterschiedlicher<br />
Menschen aus verschiedenen sozialen<br />
Schichten schildert der Regisseur »den<br />
Zündstoff, den Krieg und Not im Menschen<br />
erzeugen«, als »nervöse Epidemie, die die<br />
Menschen befallen hat und zu allerhand Taten<br />
und Schuld treibt« (Deutsche Lichtspiel<br />
Zeitung, 28, 19. 7. 1919).<br />
Der Neue Club<br />
Künstlervereinigung (Berlin 1909–1912)<br />
Mitglieder: Ernst Blass, Wilhelm Simon<br />
G(h)uttmann, �Kurt Hiller (Gründungsmitglied),<br />
�Jakob von Hoddis (Gründungsmitglied),<br />
Erwin Loewenson (Gründungsmitglied),<br />
�Ernst Moritz Engert<br />
Mitwirkende (u. a.): �Georg Heym, Rudolf Kurtz<br />
Inhalt / Ausrichtung: Keimzelle expressionistischer<br />
Dichtung; Veranstaltungsrahmen für das<br />
�Neopathetische Cabaret (Abb. S. 29, 110)<br />
Das neue Pathos<br />
Zeitschrift (Berlin 1913 / 14), Hrsg.: Hans<br />
Ehrenbaum-Degele, �Ludwig Meidner,<br />
Robert Renato Schmidt, �Paul Zech<br />
Mitarbeiter / Autoren (u. a.): �Gottfried Benn,<br />
Ernst Blass, Richard Dehmel, �Kasimir Edschmid,<br />
�Walter Hasenclever, �Georg Heym, Arno Holz,<br />
�Else Lasker-Schüler, Alfred Mombert, Arthur<br />
Rimbaud, �Franz Werfel, Stefan Zweig<br />
Inhalt / Ausrichtung: Literatur- und Lyrikzeitschrift<br />
mit Originalgrafiken u. a. von �Erich Heckel,<br />
�Ludwig Meidner, �Karl Schmidt-Rottluff,<br />
�Jakob Steinhardt<br />
Neue Secession<br />
Künstlervereinigung (Berlin 1910–1914)<br />
Mitglieder (u. a.): �Moriz Melzer, �Max Pechstein<br />
(Präsident), �Heinrich Richter-Berlin, Christian<br />
Rohlfs, �Karl Schmidt-Rottluff, Georg Tappert<br />
Inhalt / Ausrichtung: Nach Zurückweisung von<br />
Gemälden seitens der �Berliner Secession Abspaltung<br />
und Gründung; 1914 Abspaltung der<br />
Freien Secession (1914–1923)<br />
Aktivitäten: Ausstellungen<br />
Nietzsche, Friedrich (Wilhelm)<br />
(Röcken bei Lützen 15. 10. 1844–25. 8. 1900<br />
Weimar)<br />
Philosoph, Dichter, Altphilologe<br />
Tätigkeiten (u. a.): Einflussreicher Theoretiker<br />
für Expressionisten, wie die Künstler der<br />
�Brücke, �Alfred Döblin, �Wenzel Hablik,<br />
�Georg Heym, �Franz Marc, �Reinhard<br />
Sorge, �Herwarth Walden; Veröffentlichungen<br />
Die fröhliche Wissenschaft (1882 / 1887: Aphorismus<br />
»Gott ist tot«), Also sprach Zarathustra<br />
(1883–1885: »Übermensch«, Ewige Wieder-<br />
kunft, Wille zur Macht)<br />
Nolde, Emil (eigtl. Hans Emil Hansen)<br />
(Nolde, Nordschleswig, 7. 8. 1867–13. 4. 1956<br />
Seebüll, Nordfriesland)<br />
Maler, Grafiker (Abb. S. 238)<br />
Mitgliedschaft: �Brücke, �Berliner Secession,<br />
�Arbeitsrat für Kunst<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Max Beckmann, �Erich Heckel, �Ernst Ludwig<br />
Kirchner, Otto Mueller, �Max Pechstein, �Rosa<br />
Schapire, Gustav Schiefler, �Karl Schmidt-Rottluff,<br />
�Lavinia Schulz, �Mary Wigman<br />
Novembergruppe<br />
Künstlervereinigung (Berlin 1918–1935), benannt<br />
nach der Novemberrevolution 1918<br />
Gründungsmitglieder: �César Klein, �Moriz<br />
Melzer (Abb. S. 146), �Max Pechstein, �Heinrich<br />
Richter-Berlin, Georg Tappert<br />
Mitglieder (u. a.): Hans Arp, Rudolf Ausleger,<br />
Willi Baumeister, �Rudolf Belling, Marcel<br />
Breuer, Heinrich Campendonk, �Heinrich Maria<br />
Davringhausen, �Otto Dix, Hanns Eisler,<br />
�Lyonel Feininger, �Conrad Felixmüller,<br />
Oskar Fischer, Otto Freundlich, Theodor Fried,<br />
Paul Goesch, �George Grosz, John Heartfield,<br />
Wilhelm Heckroth, Oswald Herzog, Karl Jakob<br />
Hirsch, Hannah Höch, Johannes Itten, Alexej<br />
von Jawlensky, �Wassily Kandinsky, Otto Lange,<br />
El Lissitzky, László Moholy-Nagy, Ewald Mataré,<br />
�Erich Mendelsohn, Carlo Mense, �Ludwig<br />
Mies van der Rohe, Johannes Molzahn, Albert<br />
Mueller, Otto Nagel, Joachim Ringelnatz,<br />
Christian Rohlfs, Walter Ruttmann, Rudolf<br />
Schlichter, Georg Schrimpf, Heinrich Stege -<br />
mann, �Hans Heinz Stuckenschmidt, �Bruno<br />
Taut, �Max Taut, Kurt Weill, Gert Heinrich<br />
Wollheim, Stefan Wolpe<br />
Inhalt / Ausrichtung: Radikal-revolutionäre Künstlergruppe<br />
aus dem Umkreis von �Herwarth Waldens<br />
Zeitschrift �Der Sturm aus den Be reichen bildende<br />
Kunst, Architektur, Literatur und Musik; Unterstützung<br />
der sozialen Revolution in Deutschland,<br />
Forderung nach Einheit von Kunst und Volk<br />
Aktivitäten: Ausstellungen, Künstlerfeste, Veranstaltungsreihen;<br />
Aufruf und Anthologie An alle<br />
Künstler! (Abb. S. 34); 1922 Zusam menschluss mit<br />
der �Dresdner Sezession Gruppe 1919 und der<br />
Gruppe �Das Junge Rheinland zum »Kartell fortschrittlicher<br />
Künstlergruppen in Deutschland«<br />
O<br />
Osthaus, Karl Ernst<br />
(Hagen 15. 4. 1874–25. 3. 1921 Meran)<br />
Mäzen, Sammler<br />
Mitgliedschaft: Deutscher Werkbund, Sonderbund<br />
(Gründungsmitglied)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Peter Behrens, �Walter Gropius, �Erich Heckel,<br />
Adolf Loos, �Milly Steger, �Bruno Taut, Henry<br />
van der Velde<br />
Tätigkeit: Entwicklung des »Folkwang-Gedankens«<br />
(Versöhnung von Kunst und Leben); Gründung<br />
des Folkwang Museum in Hagen, später Essen<br />
P<br />
Pechstein, Max<br />
(Zwickau 31. 12. 1881–29. 6. 1955 Berlin)<br />
Maler, Grafiker<br />
17_Anhang_RZ.indd 468 13.10.2010 9:50:28 Uhr
Mitgliedschaft: �Brücke (Ausschluss 1912),<br />
�Berliner Secession, �Neue Secession (Gründungsmitglied,<br />
Präsident), �Novembergruppe<br />
(Gründungsmitglied, Aufruf An alle Künstler!;<br />
Abb. S. 34), �Arbeitsrat für Kunst (Abb. S. 146)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Minya Diez-Dührkoop, �Erich Heckel, �Ernst<br />
Ludwig Kirchner, �César Klein, �Moriz Melzer,<br />
Otto Mueller, �Emil Nolde, �Max Reinhardt,<br />
�Heinrich Richter-Berlin, �Rosa Schapire,<br />
�Karl Schmidt-Rottluff, Georg Tappert,<br />
�Herwarth Walden, �Paul Wegener<br />
Pfemfert, Franz<br />
(Lötzen, Ostpreußen, 20. 11. 1879–26. 5. 1954<br />
Mexico City)<br />
Porträtfotograf, Journalist, Schriftsteller<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Gottfried Benn, �Conrad Felixmüller (Abb.<br />
S. 124), �Kurt Hiller, �Jakob van Hoddis,<br />
�Heinrich Richter-Berlin<br />
Tätigkeit (u. a.): Mitarbeiter der Zeitschriften<br />
Das Blaubuch, Der Demokrat; Gründer der<br />
Zeitschrift �Die Aktion; Herausgeber (politische<br />
Aktions-Bibliothek, Aktions-Lyrik); Gründer der<br />
Bücherreihe Der Rote Hahn (u. a. Werke von<br />
�Jakob van Hoddis, �Max Herrmann-Neiße,<br />
Carl Sternheim)<br />
Pinthus, Kurt<br />
(Erfurt 29. 4. 1886–11. 6. 1975 Marbach a. Neckar)<br />
Schriftsteller, Publizist<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Johannes R. Becher, �Gottfried Benn, Max<br />
Brod, �Walter Hasenclever, �Kurt Hiller, Franz<br />
Kafka, �Oskar Kokoschka, �Franz Werfel<br />
Tätigkeit (u. a.): Dramaturg unter �Max Reinhardt;<br />
Journalist bei verschiedenen Zeitungen; Lektor<br />
im �Kurt Wolff Verlag; Herausgeber der Lyrik-<br />
anthologie �Menschheitsdämmerung und des<br />
Kinobuches (mit unverfilmt ge bliebenen Filmszenarien<br />
junger Autoren, darunter �Walter Hasenclever,<br />
�Else Lasker-Schüler, Albert Ehrenstein,<br />
Ludwig Rubiner)<br />
Poelzig, Hans<br />
(Berlin 30. 4. 1869–14. 6. 1936 Berlin)<br />
Architekt (Abb. S. 377, 387, 419), Bühnenbildner,<br />
Filmarchitekt, Hochschullehrer<br />
Mitgliedschaft: �Arbeitsrat für Kunst, Deutscher<br />
Werkbund (Vorsitzender)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Rudolf Belling, �Ernst Stern, �Paul Wegener<br />
Tätigkeit (u. a.): 1920 für �Max Reinhardt Umbau<br />
des Zirkus Schumann zum Großen Schauspielhaus;<br />
Bauten und Entwürfe für die Filme �Der<br />
Golem, wie er in die Welt kam (Abb. S. 386, 389 f.,<br />
392, 394 f.), Lebende Buddhas, Zur Chronik von<br />
Grieshuus; Entwürfe für eigene unrealisierte Filmprojekte<br />
(Abb. S. 393)<br />
R<br />
Raskolnikow<br />
Film (1922 / 23), Regie: �Robert Wiene,<br />
Buch / Vorlage: Robert Wiene nach Fjodor<br />
Dostojewskis Roman Schuld und Sühne (1866)<br />
(Abb. S. 283, 293, 298)<br />
Szenenbild / Ausstattung: �Andrej Andrejew<br />
(Abb. S. 301 f.)<br />
Darsteller (u. a.): Grigori Chmara, Maria<br />
Kryschanowskaja, Pawel Pawlow<br />
Inhalt: Der Student Raskolnikow, der die Meinung<br />
vertritt, eine kriminelle, doch als menschheitserlösend<br />
angesehene Handlung sei vom gesellschaftlichen<br />
Schuldspruch befreit, versucht diese durch<br />
den Mord an einer raffgierigen Pfandleiherin zu<br />
verifizieren. Sein Gewissen, die Angst vor Entdeckung<br />
und die fromme Prostituierte Sonja bringen<br />
ihn letztlich dazu, sich als schuldig zu bekennen<br />
und den Behörden zu stellen.<br />
Reimann, Walter<br />
(Berlin 2. 6. 1887–8. 11. 1936 Bad Godesberg)<br />
Filmarchitekt, Maler<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Robert Herlth, �César Klein, �Walter Röhrig,<br />
�Hermann Warm<br />
Tätigkeit (u. a.): Filmarchitektur und Ausstattung<br />
u. a. für die Filme �Das Cabinet des Dr. Caligari<br />
(Abb. S. 324, 329), �Genuine, Algol. Eine Tragödie<br />
der Macht<br />
Reinhardt, Max (eigtl. Maximilian Goldmann)<br />
(Baden bei Wien 9. 9. 1873–31. 10. 1943 New York)<br />
Schauspieler, Dramaturg, Regisseur, Intendant<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Rudolf Belling, �Alma Mahler-Werfel,<br />
�Max Pechstein<br />
Tätigkeit (u. a.): 1905–1930 Leitung des Deutschen<br />
Theaters in Berlin (Der Bettler, 1917, Abb. S. 196);<br />
Leiter der Schauspielschule, Engagement und Ausbildung<br />
namhafter Schauspieler, u. a. Fern Andra,<br />
Roma Bahn, Lil Dagover, �Ernst Deutsch, Alexander<br />
Granach, �Fritz Kortner, �Werner Krauss, Erna<br />
Morena, �Conrad Veidt, �Paul Wegener; Zusammenarbeit<br />
mit Bühnenbildnern wie �Andrej Andrejew,<br />
�Ernst Stern und Dramaturgen wie �Bertolt<br />
Brecht, �Paul Kornfeld; Leitung der Berliner Volksbühne;<br />
Gründung der Versuchsbühne �Das Junge<br />
Deutschland; mit �Harry Graf Kessler Reformtheaterkonzept;<br />
Umbau des Zirkus Schumann zum<br />
Großen Schauspielhaus durch �Hans Poelzig<br />
Revolution<br />
Zeitschrift (5 Nummern, 1913, Abb. S. 128 f., 145),<br />
Hrsg.: �Hans Leybold<br />
Mitarbeiter / Autoren (u. a.): �Hugo Ball,<br />
�Johannes R. Becher, �Jakob van Hoddis,<br />
Richard Huelsenbeck, �Walter Hasenclever,<br />
Franz Jung, �Else Lasker-Schüler, Robert<br />
Musil, Ludwig Rubiner, René Schickele<br />
Inhalt / Ausrichtung: expressionistisches, frühdada<br />
istisches Blatt mit libertären Tendenzen,<br />
in dem fast die gesamte literarische / künstlerische<br />
Avantgarde der Zeit publizierte (Revolutionsaufruf<br />
von Erich Mühsam; Nr. 5: Sondernummer<br />
für den als Anarchisten verhafteten und<br />
abgeschobenen Otto Groß, Abb. S. 129)<br />
Rheiner, Walter<br />
(eigtl. Walter Heinrich Schnorrenberg)<br />
(Köln 18. 3. 1895–12. 6. 1925 Berlin)<br />
Schriftsteller (s. S. 250)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.): Theodor<br />
Däubler, �Conrad Felixmüller (Abb. S. 41), Ivan<br />
Goll, �Walter Hasenclever, �Else Lasker-Schüler,<br />
�Ludwig Meidner, René Schickele<br />
Tätigkeit (u. a.): Veröffentlichung in �Die Aktion<br />
Richter-Berlin, Heinrich<br />
(Berlin 1894–1981 Berlin)<br />
Maler, Grafiker, Filmarchitekt<br />
Mitgliedschaft: �Berliner Secession, �Neue<br />
Secession, �Novembergruppe (Gründungsmitglied),<br />
�Arbeitsrat für Kunst<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�César Klein, �Moriz Melzer, �Max Pechstein,<br />
�Franz Pfemfert, Georg Tappert<br />
Tätigkeit (u. a.): Bauten für den Film Morphium;<br />
Arbeiten für die Zeitschrift �Der Sturm<br />
Röhrig, Walter<br />
(Berlin 13. 4. 1897–6. 12. 1945 Caputh /<br />
Brandenburg)<br />
Filmarchitekt<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Robert Herlth, �Walter Reimann, �Hermann Warm<br />
Tätigkeit (u. a.): Filmarchitektur und Ausstattung<br />
u. a. für �Das Cabinet des Dr. Caligari (Abb.<br />
S. 335), Der müde Tod, Pest in Florenz<br />
Die Rote Erde. Monatsschrift für<br />
Kunst und Kultur<br />
Zeitschrift (Hamburg 1919–1923), Hrsg.: Karl<br />
Lorenz (s. S. 441), Paul Schwemmer, später<br />
�Rosa Schapire<br />
Mitarbeiter / Künstler / Autoren (u. a.):<br />
Albert Ehrenstein, �Lyonel Feininger, Otto<br />
Mueller, �Karl Schmidt-Rottluff<br />
Inhalt / Ausrichtung: Manifeste, Gedichte, Dramen,<br />
Prosa, Essays, Ausstellungsrezensionen;<br />
Holzschnitte u. a. von den �Brücke-Künstlern<br />
S<br />
Schaefler, Fritz<br />
(Eschau im Spessart 31. 12. 1888–24. 4. 1954 Köln)<br />
Grafiker, Maler, Bühnenbildner (Abb. S. 191 f.)<br />
Mitgliedschaft: Beteiligung an der Münchner<br />
Räterepublik<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.): �Alfred Kubin<br />
Schapire, Rosa<br />
(Brody, Ostgalizien, 9. 9. 1874–1. 2. 1954 London)<br />
Kunsthistorikerin, Redakteurin, Sammlerin<br />
Mitgliedschaft: �Brücke (»passives Mitglied«)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Richard Dehmel, �Erich Heckel, �Ernst Ludwig<br />
Kirchner, Otto Mueller, �Emil Nolde, �Max Pechstein,<br />
Gustav Schiefler, �Karl Schmidt-Rottluff<br />
(Abb. S. 99)<br />
Tätigkeit (u. a.): Engagement in der Frauenrechtsbewegung;<br />
Mitherausgeberin von �Die Rote<br />
Erde. Monatsschrift für Kunst und Kultur; Wohnraumgestaltung<br />
durch �Karl Schmidt-Rottluff<br />
(Abb. S. 75, 77)<br />
Scharoun, Hans<br />
(Bremen 20. 9. 1893–25. 11. 1972 Berlin)<br />
Architekt (Abb. S. 343, 415)<br />
Mitgliedschaft: �Arbeitsrat für Kunst, Kor respondenzzirkel<br />
�die Gläserne Kette (Pseud.<br />
Hannes)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.): �Otto Bartning<br />
Tätigkeit (u. a.): Ausstellungsorganisator,<br />
z. B. für die �Brücke<br />
Scheerbart, Paul (Carl Wilhelm)<br />
(Danzig 8. 1. 1863–15. 10. 1915 Berlin)<br />
Schriftsteller, Zeichner<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Erich Mühsam, Richard Dehmel, �Bruno Taut<br />
(widmet Scheerbart sein Glashaus auf der Werkbund-Ausstellung<br />
in Köln 1914, Abb. S. 339)<br />
Tätigkeit (u. a.): Fantastische Aufsätze über Glasarchitektur;<br />
Veröffentlichung in der Publikation<br />
Die Stadtkrone von �Bruno Taut (1919)<br />
17_Anhang_RZ.indd 469 13.10.2010 9:50:28 Uhr<br />
469
Schiele, Egon<br />
(Tulln a. d. Donau 12. 6. 1890–31. 10. 1918 Wien)<br />
Maler (Abb. S. 65), Grafiker (Abb. S.61, 63, 66),<br />
Literat (Abb. S. 62, 64, 67)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.): Gustav Klimt<br />
Tätigkeit (u. a.): Veröffentlichungen in �Die<br />
Aktion; Porträts für die Lyrikanthologie �Menschheits<br />
dämmerung von �Kurt Pinthus<br />
Schmidt-Rottluff, Karl (eigtl. Karl Schmidt)<br />
(Rottluff / Chemnitz 1. 12. 1884–10. 8. 1976 Berlin)<br />
Maler, Grafiker, Gestalter<br />
Mitgliedschaft: �Brücke (Gründungsmitglied),<br />
�Berliner Secession, �Neue Secession, �Arbeitsrat<br />
für Kunst<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Richard Dehmel, Minya Diez-Dührkoop, �Lyonel<br />
Feininger, �Walter Gramatté, �Wenzel Hablik,<br />
�Erich Heckel, �Ernst Ludwig Kirchner, �Else<br />
Lasker-Schüler, Otto Mueller, �Emil Nolde, �Max<br />
Pechstein, �Rosa Schapire<br />
Tätigkeit (u. a.): Porträts, Wohnraumgestaltung<br />
(Abb. S. 75, 77) für �Rosa Schapire; Teilnahme an<br />
Ausstellungen des �Blauen Reiters, Sonderbund-<br />
Ausstellung; Gestaltung des Programmzettels für<br />
das �Neopathetische Cabaret (Abb. S. 29, 110);<br />
Arbei ten für die Zeitschrift �Die Rote Erde.<br />
Monats schrift für Kunst und Kultur<br />
Schönberg, Arnold<br />
(Wien 13. 9. 1874–13. 7. 1951 Los Angeles)<br />
Komponist, Maler, Dichter<br />
Mitgliedschaft: �Der Blaue Reiter<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Alban Berg, Richard Dehmel, �Wassily Kandinsky,<br />
�Alma Mahler-Werfel, �Herwarth Walden<br />
Tätigkeit (u. a.): Begründung der Methode der<br />
Zwölftonmusik; in Musikauswahl für Orchester pavillon<br />
von �Rudolf Belling vertreten; Bühnenbildentwürfe<br />
zu eigenen Werken (Abb. S. 269), Textbeitrag<br />
zum Almanach Der Blaue Reiter<br />
Schreyer, Lothar<br />
(Blasewitz bei Dresden 19. 10. 1886–18. 6. 1966<br />
Hamburg)<br />
Jurist, Dramaturg, Maler, Schriftsteller, Dra matiker,<br />
Essayist, Lyriker<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Walter Holdt, �Lavinia Schulz<br />
Tätigkeit (u. a.): Dramaturg am Deutschen<br />
Schauspielhaus in Hamburg; 1917–1920 Leiter<br />
der �Sturm-Bühne; Redakteur der Zeitschrift<br />
�Der Sturm von �Herwarth Walden; 1921–1923<br />
Leitung der Bühnenklasse am Bauhaus<br />
Schulz, Lavinia<br />
(Lübben, Spreewald, 1896–18. 6. 1924 Hamburg)<br />
Tänzerin, Theaterschauspielerin, Kostümbildnerin<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Minya Diez-Dührkoop, �Walter Holdt (Ehemann,<br />
Tanzpartner), �Emil Nolde, �Lothar Schreyer,<br />
�Hans Heinz Stuckenschmidt<br />
Tätigkeit (u. a.): Schülerin von �Lothar Schreyer;<br />
Darstellerin in dessen Inszenierung Sancta<br />
Susanna von �August Stramm; Engagement an der<br />
�Sturm-Bühne und Kampfbühne unter Schreyer;<br />
Ganzkörpermaskentänze mit �Walter Holdt (Abb.<br />
S. 437); eigene Tanz notation (Abb. S. 439)<br />
Seiwert, Franz Wilhelm<br />
(Köln 9. 3. 1894–3. 7. 1933 Köln)<br />
Maler, Bildhauer<br />
Tätigkeit (u. a.): Arbeiten für die Zeitschriften<br />
�Der Sturm und �Die Aktion<br />
470<br />
Sievert, Ludwig<br />
(Hannover 17. 5. 1887–11. 12. 1966 München)<br />
Bühnenbildner, Ausstatter<br />
Tätigkeit (u.a.): 1914–1919 Bühnenbildner am<br />
Staatstheater Mannheim unter �Richard<br />
Weichert, 1919–1937 an den Städtischen Bühnen<br />
Frankfurt, u. a unter Richard Weichert (»Frankfurter<br />
<strong>Expressionismus</strong>«); Ausstattungen (u. a.)<br />
Penthesilea von Heinrich von Kleist (Abb. S. 330),<br />
�Trommeln in der Nacht von �Bertolt Brecht,<br />
Nach Damaskus von August Strindberg, �Der<br />
Sohn von �Walter Hasenclever, Opern von �Paul<br />
Hindemith ( �Mörder, Hoffnung der Frauen, Abb.<br />
S. 273 ff.; Sancta Susanna)<br />
Der Sohn<br />
Drama von �Walter Hasenclever (1913 / 14)<br />
Uraufführung: 30. 9. 1916 Kammerspiele, Deutsches<br />
Landestheater, Prag<br />
Beispiel Inszenierung / Bühne: Hof- und Nationaltheater<br />
Mannheim, 1918, Regie: �Richard Weichert<br />
Ausstattung: �Ludwig Sievert (Abb. S. 179)<br />
Inhalt: Politisches Verkündigungsstück einer<br />
revoltierenden Jugend. Angestachelt durch<br />
seinen Freund, entflieht der Sohn, der die Reifeprüfung<br />
nicht bestanden hat, dem tyrannischen<br />
Joch seines Vaters. Bevor er den Vatermord<br />
begehen kann, um das höchste Maß persönlicher<br />
Freiheit zu erlangen, bricht dieser tot zusammen.<br />
Sorge, Reinhard (Johannes)<br />
(Rixdorf 29. 1. 1892–20. 6. 1916 Ablaincourt,<br />
Frankreich)<br />
Schriftsteller<br />
Einfluss: �Friedrich Nietzsche, Henrik Ibsen<br />
Tätigkeit (u. a.): Verfasser von �Der Bettler<br />
(Abb. S. 196)<br />
Steger, Milly<br />
(Rheinberg 15. 6. 1881–31. 10. 1948 Berlin)<br />
Bildhauerin (Abb. S. 160)<br />
Mitgliedschaft: �Arbeitsrat für Kunst<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Georg Kolbe, �Else Lasker-Schüler, �Karl Ernst<br />
Osthaus, Christian Rohlfs, Johann Thorn-Prikker<br />
Steinhardt, Jakob<br />
(Zerkow / Posen 23. / 27. 5. 1887–11. 02. 1968<br />
Naharija, Israel)<br />
Maler (Abb. S. 212), Grafiker<br />
Mitgliedschaft: Die Pathetiker (Gründungsmitglied)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Ludwig Meidner<br />
Tätigkeit (u. a.): Ausstellung in der �Sturm-Galerie<br />
Stern, Ernst (Julian)<br />
(Bukarest 1. 4. 1876–28. 8. 1954 London)<br />
Ausstatter, Bühnenbildner, Filmarchitekt, Maler,<br />
Lithograf, Plakatkünstler<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Rudolf Belling, �Hans Poelzig<br />
Tätigkeit (u. a.): Bühnenbildner unter �Max<br />
Rein hardt, u. a. �Der Bettler (Abb. S. 196), �Die<br />
Wupper (Abb. S. 176, 184 f.), Filmkostüme für<br />
�Das Wachs figuren kabinett; Filmbauten für Die<br />
Bergkatze; lithografischer Zyklus Revolution in<br />
Berlin (Abb. S. 154 f.)<br />
Stramm, August<br />
(Münster 29. 7. 1874–1. 9. 1915 bei Horodec /<br />
Kobryn, Weißrussland)<br />
Dramatiker, Dichter<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Herwarth Walden<br />
Tätigkeit (u. a.): Veröffentlichungen in der Zeitschrift<br />
�Der Sturm und im �Sturm-Verlag; Autor<br />
des Dramas Sancta Susanna (Inszenierung von<br />
�Lothar Schreyer mit �Lavinia Schulz; gleichnamige<br />
Oper von �Paul Hindemith); Lyrikanthologie<br />
�Menschheitsdämmerung von �Kurt Pinthus<br />
Die Straße<br />
Film (1923), Regie: Karl Grune, Buch / Vorlage:<br />
Karl Grune, Julius Urgiß (Abb. S. 226 f.), Szenenbild<br />
/ Ausstattung: Karl Görge, �Ludwig Meidner<br />
Darsteller (u. a.): Eugen Klöpfler, Aud Egede<br />
Nissen, Max Schreck<br />
Inhalt: Angeregt durch das Schattenspiel der<br />
nächtlichen Großstadt, das in die heimische Wohnung<br />
dringt, macht sich ein Kleinbürger auf die<br />
Suche nach einem verheißungsvollen Leben in den<br />
nächtlichen Straßen. Nachdem er die Stadt in all<br />
ihren Facetten, aber vor allem als Sündenpfuhl<br />
und Hort der Kriminalität erlebt hat, kehrt er geläutert<br />
zu seiner Frau in sein altes Leben zurück.<br />
Stuckenschmidt, Hans Heinz<br />
(Straßburg 1. 11. 1901–15. 8. 1988 Berlin)<br />
Musikwissenschaftler, Komponist<br />
Mitgliedschaft: �Novembergruppe<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�George Grosz, �Walter Holdt, �Lavinia Schulz<br />
Tätigkeit (u. a.): Leitung Konzertreihen der<br />
�Novembergruppe<br />
Der Sturm<br />
Galerie (Berlin, Potsdamer Straße 134a), gegr.<br />
1912, Gründer: �Herwarth Walden<br />
Inhalt / Ausrichtung: Kunstgalerie, Veranstaltungsraum<br />
Aktivitäten (u. a.): expressionistische Lesungen;<br />
Ausstellungen; Vertretung der Künstler Heinrich<br />
Campendonk, �Lyonel Feininger, Otto Gutfreund,<br />
Oswald Herzog, Johannes Itten, Alexej von<br />
Jawlensky, �Wassily Kandinsky, Paul Klee,<br />
�Oskar Kokoschka, �Franz Marc, Carl Mense,<br />
Gabriele Münter, �Jakob Steinhardt, �William<br />
Wauer, Marianne von Werefkin<br />
Der Sturm<br />
Verlag (Berlin 1912–1932), Gründer: �Herwarth<br />
Walden<br />
Inhalt / Ausrichtung: Herausgabe der Zeitschrift<br />
�Der Sturm, expressionistische Dramen, u. a.<br />
von �August Stramm, Kunstmappen, u. a. von<br />
�Oskar Kokoschka, Künstlermonografien u. a. von<br />
�Wassily Kandinsky, kunsttheoretische Schriften<br />
von �Herwarth Walden, Kunstpostkarten<br />
Der Sturm. Wochenschrift für Kultur und Kunst<br />
Zeitschrift (Berlin 1910–1932), erstes Heft<br />
3. 3. 1910, Hrsg.: �Herwarth Walden<br />
Mitarbeiter / Künstler / Autoren (u. a.):<br />
Max Brod, Richard Dehmel, �Alfred Döblin (Gründungsmitglied),<br />
Salomon Friedlaender (Mynona),<br />
Erich Godal, Knut Hamsun, �Kurt Hiller, Arno<br />
Holz, �Wassily Kandinsky, �César Klein,<br />
�Oskar Kokoschka (Abb. S. 53, 270; Schriftleitung<br />
Öster reich-Ungarn), Karl Kraus, Rudolf Kurtz,<br />
�Else Lasker-Schüler, Alfred Lichtenstein, Adolf<br />
Loos, �Franz Marc, Heinrich Mann, �Max Pechstein,<br />
�Heinrich Richter-Berlin, �Paul Scheerbart,<br />
René Schickele, �Lothar Schreyer (Red.),<br />
�Franz Wilhelm Seiwert, �August Stramm,<br />
�William Wauer<br />
Inhalt / Ausrichtung: Essays über Kunst und Kultur;<br />
Propagierung der dadaistischen, futuristischen,<br />
expressionistischen und kubistischen Avantgarde<br />
17_Anhang_RZ.indd 470 13.10.2010 9:50:28 Uhr
Sturm-Bühne<br />
Experimentalbühne (Berlin), gegr. 1918, Gründer:<br />
�Herwarth Walden und �Lothar Schreyer<br />
Aktivitäten: Versuch, expressionistisches Theater<br />
als <strong>Gesamtkunstwerk</strong> zu schaffen durch Einheit<br />
der Elemente Ton, Form, Farbe, Rhythmus, Bewegungskunst<br />
und Wortkunst, wobei der Spielgang<br />
durch Klangsprechen, Farbkomposition, Masken<br />
und Bewegung bestimmt wurde<br />
T<br />
Taut, Bruno<br />
(Königsberg 4. 5. 1880–24. 12. 1938 Istanbul)<br />
Architekt, Theoretiker, Bühnenbildner<br />
Mitgliedschaft: �Arbeitsrat für Kunst (Vorsitzender),<br />
Korrespondenzzirkel �die Gläserne<br />
Kette (Pseud. Glas, Abb. S. 372, s. S. 373),<br />
�Novembergruppe<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Otto Bartning, �Hermann Finsterlin, �Wenzel<br />
Hablik, �César Klein, �Hans Luckhardt, �Wassili<br />
Luckhardt, �Karl Ernst Osthaus, �Paul Scheerbart,<br />
�Max Taut (Bruder, enge Zusammenarbeit)<br />
Tätigkeit (u. a.): Glashaus für die Deutsche<br />
Werk bund-Ausstellung 1914 in Köln (Abb. S. 339);<br />
Utopische Architektur: Die Stadtkrone (1919),<br />
Der Weltbaumeister (1920, Abb. S. 279); Bildzyklen<br />
Die Auflösung der Städte (Überlegungen<br />
zur Neustrukturierung der Städte, Abb. S. 344),<br />
Alpine Architektur mit 30 Aquarellen (1919, Abb.<br />
S. 340); Herausgeber der Zeitschrift Frühlicht<br />
(1921 / 22)<br />
Taut, Max<br />
(Königsberg 15. 5. 1884–26. 2. 1967 Berlin)<br />
Architekt<br />
Mitgliedschaft: �Arbeitsrat für Kunst, Korrespondenzzirkel<br />
�die Gläserne Kette (Pseud. M. T.),<br />
�Novembergruppe<br />
Freundschaft (u. a.): Architekturbüro mit �Bruno<br />
Taut (Bruder, enge Zusammenarbeit)<br />
Toller, Ernst<br />
(Samotschin, Posen, 1. 12. 1893–22. 5. 1939<br />
New York)<br />
Schriftsteller, Politiker, Revolutionär<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�George Grosz, �Georg Kaiser, Kurt Tucholsky<br />
Tätigkeit (u. a.): Protagonist der Münchner Räterepublik<br />
mit anschließender Festungshaft; Autor<br />
des autobiografisch fundierten Stationendramas<br />
�Die Wandlung (s. S. 194 f.; Abb. S. 194 f.); Veröffentlichungen<br />
in �Die Aktion und �Das Tribunal.<br />
Hessische radikale Blätter<br />
Trakl, Georg<br />
(Salzburg 3. 2. 1887–3. 11. 1914 Krakau)<br />
Apotheker, Dichter, Dramatiker<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Oskar Kokoschka, Karl Kraus, �Else Lasker-<br />
Schüler, Adolf Loos<br />
Tätigkeit (u. a.): Veröffentlichungen im �Kurt<br />
Wolff Verlag; Lyrikanthologie �Menschheits dämmerung<br />
von �Kurt Pinthus<br />
Tribüne<br />
Privates Theater (Berlin, Otto-Suhr-Allee 18),<br />
gegr. 1919<br />
Inhalt / Ausrichtung: Versuchsbühne des<br />
politisch-expressionistischen Theaters; Eröffnung<br />
mit �Walter Hasenclevers Der Retter und<br />
Die Entscheidung; Uraufführung von �Ernst<br />
Tollers �Die Wandlung (1919, Abb. S. 194 f.);<br />
Autorenlesun gen / Auftritte (u. a.): �Else Lasker-<br />
Schüler, �George Grosz, Raoul Hausmann, �Fritz<br />
Kortner, �Paul Wegener<br />
Das Tribunal. Hessische radikale Blätter<br />
Zeitschrift (Darmstadt 1919–1921, Abb. S. 168 f.),<br />
Hrsg.: �Carlo Mierendorff, Verlag �Die Dachstube<br />
Mitarbeiter / Künstler / Autoren (u. a.): �Max<br />
Beckmann, Theodor Däubler, Josef Eberz,<br />
�Kasimir Edschmid, �Ernst Moritz Engert (Abb.<br />
S. 168), Theodor Haubach, Bernhard Hoetger,<br />
Paul Klee, �Oskar Kokoschka (Abb. S. 168), Frans<br />
Masereel, Wilhelm Michel, René Schickele, Hans<br />
Schiebelhuth, �Karl Schmidt-Rottluff, �Ernst Toller<br />
Inhalt / Ausrichtung: Politische Artikel; Themen<br />
aus Literatur und Kunst<br />
Trommeln in der Nacht<br />
Drama von �Bertolt Brecht (1919)<br />
Uraufführung: 23. 9. 1922 Kammerspiele München<br />
Beispiel Inszenierung / Bühne: Kammerspiele München,<br />
1922 (Uraufführung), Regie: Otto Falckenberg,<br />
Ausstattung: �Otto Reigbert (Abb. S. 197 ff.)<br />
Inhalt: Parodie auf das Illusionstheater der Naturalisten.<br />
Ein Kriegsheimkehrer gerät in Berlin in<br />
die Spartakus-Kämpfe, weigert sich jedoch, sich<br />
der Revolution anzuschließen. Stattdessen zieht<br />
er sich mit seiner Freundin zurück, die während<br />
seiner Abwesenheit von einem anderen Mann<br />
schwanger geworden ist.<br />
V<br />
Veidt, Conrad<br />
(Berlin 22. 1. 1893–3. 4. 1943 Hollywood)<br />
Schauspieler (Abb. S. 230 f., 237, 241)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.): �Anita<br />
Berber, �Paul Leni (enge Zusammen arbeit)<br />
Tätigkeit (u. a.): Schauspielvolontär unter<br />
�Max Reinhardt; Darsteller in den Filmen �Das<br />
gelbe Haus / Die Prostitution, �Das Cabinet<br />
des Dr. Caligari, �Das Wachsfigurenkabinett<br />
Von morgens bis mitternachts<br />
Drama von �Georg Kaiser (1912)<br />
Uraufführung: 28. 4. 1917 Kammerspiel München<br />
Beispiel Inszenierung / Bühne: Lessingtheater<br />
Berlin, 1921, Regie: Victor Barnowsky<br />
Ausstattung: �César Klein (Abb. S. 181)<br />
Inhalt: Stationendrama ohne Einheit von Ort,<br />
Zeit und Handlung. Um einer attraktiven Dame<br />
aus zuhelfen, entwendet ein Bankkassierer einen<br />
hohen Geldbetrag. Als diese die Verabre dung zur<br />
Flucht nicht einhält, flieht er allein vor der Polizei<br />
und seinem bisherigen, kleinbür ger lichen Leben,<br />
wobei er in verschiedenen Stationen zwischen<br />
Entzückung, Zweifeln, Gier, Genug tu ung das<br />
augen scheinliche Glück des modernen Menschen<br />
sucht. Schließlich wird er verraten und erschießt<br />
sich ob der Ausweglo sigkeit seiner Situation.<br />
Von morgens bis mitternachts<br />
Film (1920), Regie: �Karlheinz Martin<br />
(Abb. S. 193), Buch / Vorlage: Herbert Juttke,<br />
�Karlheinz Martin nach �Georg Kaisers Drama<br />
�Von morgens bis mitternachts (1912), Szenenbild<br />
/ Ausstattung: �Robert Neppach<br />
Darsteller (u. a.): Roma Bahn, �Ernst Deutsch,<br />
Erna Morena, �Max Herrmann-Neiße<br />
Inhalt: siehe Drama �Von morgens bis mitter nachts<br />
W<br />
Das Wachsfigurenkabinett<br />
Film (1923 / 24), Regie: Leo Birinski, �Paul<br />
Leni (Abb. S. 259, 285), Buch / Vorlage: Henrik<br />
Galeen, Szenenbild / Ausstattung: Alfred Junge,<br />
�Paul Leni, Fritz Maurischat, �Ernst Stern<br />
Darsteller (u. a.): Emil Jannings, �Werner<br />
Krauss, �Conradt Veidt<br />
Inhalt: In Episoden entfalten sich verwicklungsreiche<br />
Abenteuer eines verliebten Literaten,<br />
der als Geschichtenschreiber in einem Wachsfigurenkabinett<br />
tätig ist: Anekdoten über große<br />
Persönlichkeiten der Geschichte, vermischt er<br />
mit Liebesfantasien rund um seine An gebetete,<br />
die Tochter des Kabinettbesitzers.<br />
Walden, Herwarth (eigtl. Georg Levin)<br />
(Berlin 16. 9. 1878–31. 10. 1941 bei Saratow,<br />
Russland)<br />
Schriftsteller, Verleger, Galerist, Musiker,<br />
Komponist<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Hermann Bahr, �Hugo Ball, �Adolf Behne,<br />
�Peter Behrens, �Gottfried Benn, Rudolf<br />
Blümner, Theodor Däubler, Richard Dehmel,<br />
�Alfred Döblin, �Walter Gropius, �Wenzel<br />
Hablik, Arno Holz, �Harry Graf Kessler,<br />
�Oskar Kokoschka, Karl Kraus, �Else Lasker-<br />
Schüler (Ehefrau), Adolf Loos, �August<br />
Macke, Gustav Mahler, Heinrich Mann,<br />
�Franz Marc, Hermann Muthesius, �Max Pechstein,<br />
�Paul Scheerbart, �Arnold Schönberg,<br />
Georg Simmel, �August Stramm, Henry van<br />
der Velde, �William Wauer, Frank Wedekind,<br />
�Paul Zech<br />
Tätigkeit (u. a.): Gründer der Zeitschrift<br />
�Der Sturm (mit �Alfred Döblin, 1910–1932),<br />
1912 �Sturm-Galerie, 1916 Sturm-Kunstschule<br />
(Dozenten u. a. �Oskar Kokoschka, �Wassily<br />
Kandinsky), 1917 Sturm-Buchhandlung, 1918<br />
�Sturm-Bühne (mit �Lothar Schreyer);<br />
Organisation der Sturm-Abende (Portal für<br />
expressionistisch-futuristische Lyrik); Veröffentlichung<br />
im �Sturm-Verlag; Por träts<br />
von �Oskar Kokoschka und �William Wauer<br />
(Abb. S. 30, 54)<br />
Die Wandlung. Das Ringen eines Menschen<br />
Stationendrama von �Ernst Toller (1919)<br />
Uraufführung: 30. 9. 1919 �Tribüne, Berlin<br />
Beispiel Inszenierung / Bühne: Tribüne, Berlin,<br />
1919, Regie: �Karlheinz Martin, Ausstattung:<br />
�Robert Neppach (Abb. S. 194 f.)<br />
Inhalt: Das zentrale expressionistische Thema<br />
geistiger Erneuerung mit den daraus folgenden<br />
sozialen Konsequenzen wird anhand<br />
der »Wandlung« des jungen Friedrich vom<br />
Kriegsfreiwilligen und Soldaten zum überzeugten<br />
Pazifisten in Form mehrerer Stationen<br />
(s. S. 194 f.) vollzogen. Er findet seine Berufung<br />
darin, seine Mitmenschen zur Menschlichkeit<br />
zu bekehren.<br />
Warm, Hermann<br />
(Berlin 5. 5. 1889–17. 5. 1976 Berlin)<br />
Bühnenbildner, Filmarchitekt<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Robert Herlth, �Walter Reimann, �Walter Röhrig<br />
Tätigkeit (u. a.): Filmarchitektur und Ausstattung<br />
für Filme wie Pest in Florenz, Totentanz, Die<br />
Spinnen, �Das Cabinet des Dr. Caligari (Abb.<br />
S. 311 f.)<br />
17_Anhang_RZ.indd 471 13.10.2010 9:50:29 Uhr<br />
471
Wauer, William<br />
(Oberwiesenthal 26. 10. 1866–10. 3. 1962 Berlin)<br />
Bildhauer, Regisseur, Gebrauchsgrafiker,<br />
Redakteur<br />
Mitgliedschaft: Internationale Vereinigung der<br />
Expressionisten, Kubisten, Futuristen und Konstruktivisten<br />
(Gründungsmitglied)<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Else Lasker-Schüler, �Herwarth Walden<br />
Tätigkeit (u. a.): Filmskript für Oskar Messters<br />
Filmbiografie Richard Wagner (1913, mit Giuseppe<br />
Becce, vgl. S. 316); Redakteur diverser Kunstzeitschriften,<br />
darunter �Der Sturm; Ausstellungen in<br />
der �Sturm-Galerie; Büsten u. a. von �Herwarth<br />
Walden (Abb. S. 54) und Friedrich Ebert; Tätigkeit<br />
am Bauhaus<br />
Wegener, Paul<br />
(Arnoldsdorf, Westpreußen, 11. 12. 1874–13. 9. 1948<br />
Berlin)<br />
Schauspieler, Regisseur, Drehbuchautor<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Walter Hasenclever, �Max Pechstein, �Hans<br />
Poelzig<br />
Tätigkeit (u. a.): Theaterdarsteller unter �Max<br />
Reinhardt, u. a. in �Walter Hasenclevers �Der<br />
Sohn; Auftritte in der �Tribüne; Filmdarsteller<br />
in Der Student von Prag, mehreren �Golem<br />
Verfilmungen; Filmregie u. a. für �Der Golem,<br />
wie er in die Welt kam (1920, auch Drehbuchautor<br />
und Darsteller, Abb. S. 295), Lebende Buddhas<br />
(1923 / 24)<br />
Weichert, Richard<br />
(Berlin 22. 5. 1880–15. 11. 1961 Frankfurt a. M.)<br />
Regisseur, Intendant<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Ludwig Sievert (Zusammenarbeit)<br />
Tätigkeit (u. a.): Oberspielleiter 1914–1919 am<br />
Hof- und Nationaltheater Mannheim; 1920–1929<br />
an den Städtischen Bühnen in Frankfurt a. M.<br />
(»Frankfurter <strong>Expressionismus</strong>«); Produktionen:<br />
Nach Damaskus von August Strindberg, Penthesilea<br />
von Heinrich von Kleist (Abb. S. 330), �Der<br />
Sohn von �Walter Hasenclever (Abb. S. 179),<br />
�Trommeln in der Nacht von �Bertolt Brecht<br />
Werfel, Franz<br />
(Prag 10. 9. 1890–26. 8. 1945 Beverly Hills,<br />
Kalifornien)<br />
Schriftsteller<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
Max Brod, �Ernst Deutsch, Willy Haas, �Walter<br />
Hasenclever, Franz Kafka, �Paul Kornfeld,<br />
Karl Kraus, �Else Lasker-Schüler, �Alma Mahler-<br />
Werfel (Ehefrau), �Kurt Pinthus<br />
Tätigkeit (u. a.): Veröffentlichungen in der Zeitschrift<br />
�Das neue Pathos und im �Kurt Wolff<br />
Verlag; Lyrikanthologie �Menschheitsdämmerung<br />
von �Kurt Pinthus; Aufführung seiner Stücke<br />
auf der Bühne �Das Junge Deutschland<br />
Wiene, Robert<br />
(Breslau 27. 4. 1873–17. 7. 1938 Paris)<br />
Drehbuchautor, Regisseur<br />
Tätigkeit (u. a.): Filmregie für �Das Cabinet des<br />
Dr. Caligari (Abb. S. 237, 241, 307 f., 311, 323, 325,<br />
331), �Genuine (Abb. S. 289, 291), �Raskolnikow<br />
(Abb. S. 283, 293, 298), Orlacs Hände<br />
Wigman, Mary<br />
(eigtl. Karoline Sofie Marie Wiegmann)<br />
(Hannover 13. 11. 1886–19. 9. 1973 Berlin)<br />
Tänzerin, Tanzpädagogin, Choreografin<br />
472<br />
Freundschaft / Bekanntschaft (u. a.):<br />
�Ernst Ludwig Kirchner, �Emil Nolde<br />
Tätigkeit (u. a.): Auftritte bei den �Hamburger<br />
Künstlerfesten<br />
Woyzeck<br />
Dramenfragment von Georg Büchner (1879)<br />
Uraufführung: 8. 11. 1913 Residenztheater München<br />
Beispiel Inszenierung / Bühne: Lessingtheater,<br />
Berlin, 1920, Regie: Victor Barnowsky, Ausstattung:<br />
�César Klein<br />
Inhalt: Vergebliches Ringen eines Soldaten um<br />
Liebe und Erhalt seiner eigenen geistigen Gesundheit.<br />
Um sich, seiner Freundin Marie und<br />
seinem unehelichen Kind den Lebensunterhalt zu<br />
finanzieren, unterzieht sich Franz Woyzeck neben<br />
seinem Dienst in der Kaserne medizinischen<br />
Experimenten, welche Einfluss auf seine Gesundheit<br />
haben. Als er die Affäre seiner Freundin mit<br />
einem Tambourmajor aufdeckt, ersticht er Marie.<br />
Bei dem Versuch die Hände nach der Tat in einem<br />
Teich zu reinigen, ertrinkt er.<br />
Wozzeck<br />
Oper von �Alban Berg (1922) nach Georg Büchners<br />
Dramenfragment �Woyzeck (1879), �Alma<br />
Mahler-Werfel gewidmet, die die Drucklegung<br />
finanziell unterstützte<br />
Uraufführung: 14. 12. 1925 Staatsoper Berlin<br />
Beispiel Inszenierung / Bühne: Staatsoper Berlin,<br />
1925, Regie: Franz Ludwig Hörth, Ausstattung /<br />
Bühnenbild: Panos Aravantinos<br />
Inhalt: siehe Dramenfragment �Woyzeck<br />
Würzbach, Walter<br />
(Berlin 25. 8. 1885–1950)<br />
Architekt, Innenarchitekt<br />
Mitgliedschaft: Berufsverband Bildender<br />
Künstler Berlins<br />
Tätigkeit (u. a.): Zusammenarbeit mit �Rudolf<br />
Belling am Scala-Restaurant Berlin (Abb. S. 49),<br />
Architekt der Villa �Wolfgang Gurlitt<br />
Die Wupper<br />
Drama von �Else Lasker-Schüler (1908)<br />
Uraufführung: 27. 4. 1919 Deutsches Theater Berlin<br />
Beispiel Inszenierung / Bühne: Deutsches Theater<br />
Berlin, 1919, Regie: Heinz Herald, Ausstattung:<br />
�Ernst Stern (Abb. S. 176, 184 f.)<br />
Inhalt: Anhand der Schicksale von Mitgliedern<br />
einer Unternehmer- und Arbeiterfamilie im<br />
Wuppertal der beginnenden Industrialisierung<br />
offenbart sich die innere Beziehungslosigkeit und<br />
Sinnlosigkeit des Lebens. Eine »Stadtballade«<br />
zwischen Proletarier- und Fabrikantenmilieu<br />
als Stimmungsbild aus teils realistischen, teils<br />
symbolistisch-märchenhaften Erzählelementen<br />
ohne stringente Handlungsentwicklung.<br />
Z<br />
Paul Zech<br />
(Briesen, Westpreußen 19. 2. 1881–7. 9. 1946<br />
Buenos Aires)<br />
Freundschaften / Bekanntschaften (u. a.): ,<br />
�Gottfried Benn, �George Grosz, �Else Lasker-<br />
Schüler, �Ludwig Meidner, �Herwarth Walden<br />
Tätigkeiten (u. a.): Mitherausgeber und Autor für<br />
�Das neue Pathos; Autor des Dramas Das trunkene<br />
Schiff mit einem Bühnenbild von �George<br />
Grosz; Lyrikanthologie �Menschheitsdämmerung<br />
von �Kurt Pinthus<br />
17_Anhang_RZ.indd 472 13.10.2010 9:50:29 Uhr
Verzeichnis der<br />
ausgestellten Werke<br />
Friedrich . Adler, Richard Luksch und Kurt F. Schmidt<br />
Dekoration des Curiohauses zum Fest Götzenpauke,<br />
aus: BauRundschau, H. 6, 31. 3. 1921, S. 82 f.<br />
Fotografie, 30 × 23 × 5,5 cm, Deutsche Nationalbibliothek<br />
Leipzig<br />
Seite 430<br />
Andrej Andrejew<br />
Raskolnikow, Szenenbildentwurf, 1921 / 22<br />
Regie: Robert Wiene, Bleistift und Tusche auf<br />
Karton, 20,3 × 27,1 cm, Cinémathèque française,<br />
Paris<br />
Andrej Andrejew<br />
Raskolnikow, Szenenbildentwurf, 1921 / 22<br />
Regie: Robert Wiene, Bleistift und Tusche auf<br />
Karton, 20,7 × 26 cm, Cinémathèque française,<br />
Paris<br />
Seite 301<br />
Andrej Andrejew<br />
Raskolnikow, Szenenbildentwurf, 1923<br />
Regie: Robert Wiene, Bleistift und Tusche,<br />
22 × 28 cm, Cinémathèque française, Paris<br />
Seite 301<br />
Andrej Andrejew<br />
Raskolnikow, Szenenbildentwurf, 1923<br />
Regie: Robert Wiene, Tusche, 19 × 25,7 cm,<br />
Cinémathèque française, Paris<br />
Seiten 302 / 303<br />
Andrej Andrejew<br />
Raskolnikow, Szenenbildentwurf, 1923<br />
Regie: Robert Wiene, Kohle und Tusche,<br />
22,9 × 38,4 cm, Cinémathèque française, Paris<br />
Andrej Andrejew<br />
Raskolnikow, Szenenbildentwurf, 1923<br />
Regie: Robert Wiene, Tusche, 24,5 × 35,7 cm,<br />
Cinémathèque française, Paris<br />
Herbert Anger<br />
Revolution, Titelblatt, Die Aktion, hrsg. von Franz<br />
Pfemfert, Jg. 9, Nr. 45 / 46, 1919<br />
Zeitschrift, 29,5 × 22 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Seite 151<br />
Arbeitsrat für Kunst<br />
Ja! – Stimmen des Arbeitsrates für Kunst in Berlin.<br />
Mit einem Originalholzschnitt von Lyonel Feininger,<br />
Berlin, 1919<br />
Publikation, 24,5 × 19,7 cm, Privatsammlung,<br />
Darmstadt<br />
Arbeitsrat für Kunst<br />
Ruf zum Bauen. Zweite Publikation des Arbeitsrats<br />
für Kunst. Vier Ansichten des KonzerthausModells<br />
von Hans Luckhardt, 1920, S. 26 f.<br />
Publikation, 22,5 × 15,8 × 0,8 cm, Berlinische<br />
Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst,<br />
Fotografie und Architektur, Berlin<br />
Seiten 360 / 361<br />
Otto Arpke und Erich Ludwig Stahl<br />
Plakat Du musst Caligari werden zum Film<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari, 1919 / 20<br />
Regie: Robert Wiene, Lithografie,<br />
140,4 × 94 cm, Sammlung Sachs, Stiftung<br />
Deutsches Historisches Museum, Berlin<br />
Seite 332<br />
Otto Arpke und Erich Ludwig Stahl<br />
Plakat zum Film Das Cabinet des Dr. Caligari, 1920<br />
Regie: Robert Wiene, Lithografie, 138 × 87,7 cm,<br />
Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin<br />
Seite 15<br />
Ernst Barlach<br />
Der heilige Krieg, 1914<br />
Kohle, 50 × 37,2 cm, Museum Behnhaus<br />
Drägerhaus, Die Lübecker Museen<br />
Seite 130<br />
Ernst Barlach<br />
Der Rächer, 1914 (Entwurf), 1957 (Guss)<br />
Bronze, 43,8 × 58,5 × 22,6 cm, Ernst Barlach<br />
Haus, Stiftung Hermann F. Reemtsma,<br />
Hamburg<br />
Seite 131<br />
Ernst Barlach<br />
Engelskopf. Kopf des Güstrower Ehrenmals, 1927<br />
Bronze, 36 × 34 × 24 cm, Wilhelm-Hack-<br />
Museum, Ludwigshafen am Rhein<br />
Seite 292<br />
Otto Bartning<br />
Modell einer expressionistischen Kirche, um 1921<br />
Fotografie, 12 × 26,7 cm, Otto-Bartning-Archiv<br />
der Technischen Universität Darmstadt<br />
Seite 396<br />
Otto Bartning<br />
Modell einer expressionistischen Kirche mit Pfarr<br />
und Gemeindehaus, um 1921<br />
Fotografie, 12 × 26,7 cm, Otto-Bartning-Archiv<br />
der Technischen Universität Darmstadt<br />
Seite 396<br />
Otto Bartning<br />
Entwurf zur Konstanzer Kirche. Schnitt, 1922<br />
Bleistift auf Transparentpapier, 38,3 × 38,5 cm,<br />
Otto-Bartning-Archiv der Technischen<br />
Universität Darmstadt<br />
Otto Bartning<br />
Sternkirche. Grundrissskizze, 1922<br />
Bleistift und Buntstift, 78,2 × 64,7 cm,<br />
Otto-Bartning-Archiv der Technischen<br />
Universität Darmstadt<br />
Seite 354<br />
Otto Bartning<br />
Sternkirche. Grundrissskizze, 1922<br />
Bleistift auf Transparentpapier, 63 × 75 cm,<br />
Otto-Bartning-Archiv der Technischen<br />
Universität Darmstadt<br />
Otto Bartning<br />
Sternkirche. Innenansicht des Modells von 1922, 1922<br />
Fotografie, 16,4 × 16,2 cm, Otto-Bartning-Archiv<br />
der Technischen Universität Darmstadt<br />
Seiten 20 / 21<br />
Otto Bartning<br />
Sternkirche. Innenansicht des Modells von 1922, 1922<br />
Fotografie, 16,5 × 22,8 cm, Otto-Bartning-Archiv<br />
der Technischen Universität Darmstadt<br />
Seite 355<br />
Otto Bartning<br />
Sternkirche. Innenansicht des Modells von 1922, 1922<br />
Fotografie, 17,1 × 23 cm auf 20 × 25 cm,<br />
Otto-Bartning-Archiv der Technischen<br />
Universität Darmstadt<br />
Seite 355<br />
Otto Bartning<br />
Sternkirche. Modell, 1922<br />
Fotografie, 18 × 24 cm, Otto-Bartning-Archiv<br />
der Technischen Universität Darmstadt<br />
17_Anhang_RZ.indd 473 13.10.2010 9:50:29 Uhr<br />
473
Otto Bartning<br />
Sternkirche. Schnitt, 1922<br />
Lichtpause, 33,2 × 58,2 cm, Otto-Bartning-<br />
Archiv der Technischen Universität Darmstadt<br />
Otto Bartning<br />
Entwurf zur Konstanzer Kirche (?), um 1922<br />
Kohle auf Transparentpapier, 46,1 × 66,3 cm,<br />
Otto-Bartning-Archiv der Technischen<br />
Universität Darmstadt<br />
Otto Bartning<br />
Sternkirche. Modell nach dem Entwurf<br />
von 1922, um 1951<br />
Gips, Holz und Eisen, 42,5 × 80 × 79 cm,<br />
Otto-Bartning-Archiv der Technischen<br />
Universität Darmstadt<br />
Seite 355<br />
Max Beckmann<br />
Bildnis Kasimir Edschmid, 1917<br />
Radierung, 17,9 × 13 cm auf 33,4 × 24,6 × cm,<br />
Graphische Sammlung, Städel Museum,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 168<br />
Max Beckmann<br />
Ohne Titel, Titelblatt, Das Tribunal, hrsg. von<br />
Carlo Mierendorff, Jg. 1, H. 2, 1919<br />
Zeitschrift, 27,2 × 20 cm, ST 47 Die Dachstube,<br />
Stadtarchiv Darmstadt<br />
Rudolf Belling<br />
Dreiklang, 1919 (Entwurf), 1972 (Guss)<br />
Bronze, 90,5 × 85 × 77 cm, Kunsthandel<br />
Wolfgang Werner, Bremen / Berlin<br />
Seite 164<br />
Anita Berber und Sebastian Droste<br />
Die Tänze des Lasters, des Grauens und der Ekstase,<br />
Gloriette-Verlag, Wien 1923<br />
Publikation, 22 × 16 cm, Deutsches Film-<br />
institut – DIF, Frankfurt am Main<br />
Max Burchartz<br />
Raskolnikoff, Titelblatt auf Mappenvorderdeckel, 1919<br />
Lithografie, 39,2 × 30,6 cm auf 69,2 × 50,8 cm,<br />
LETTER Stiftung, Köln<br />
Seite 299<br />
Max Burchartz<br />
Raskolnikoff, Blatt 2 von 10, 1919<br />
Lithografie, 38,4 × 29,4 cm auf 68,4 × 49,6 cm,<br />
LETTER Stiftung, Köln<br />
Max Burchartz<br />
Raskolnikoff, Blatt 3 von 10, 1919<br />
Lithografie, 38,5 × 29,5 cm auf 68,5 × 49,6 cm,<br />
LETTER Stiftung, Köln<br />
Max Burchartz<br />
Raskolnikoff, Blatt 4 von 10, 1919<br />
Lithografie, 38,4 × 29,9 cm auf 68,7 × 49,5 cm,<br />
LETTER Stiftung, Köln<br />
Seite 300<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari, 1919 / 20<br />
Regie: Robert Wiene, Uraufführung:<br />
26. 2. 1920, Marmorhaus, Berlin, Friedrich-<br />
Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
Das Tribunal, hrsg. von Carlo Mierendorff, Jg. 1,<br />
H. 6, 1919<br />
Zeitschrift, 27,2 × 20 cm, ST 47 Die Dachstube,<br />
Stadtarchiv Darmstadt<br />
Seite 168<br />
474<br />
Das Wachsfigurenkabinett, 1923 / 24<br />
Regie: Leo Birinski und Paul Leni, Uraufführung:<br />
13. 11. 1924, U. T. Kurfürstendamm,<br />
Berlin, Cineteca di Bologna<br />
Heinrich Maria Davringhausen<br />
Der Träumer II, 1919<br />
Öl auf Leinwand, 119 × 121 cm, Hessisches<br />
Landesmuseum Darmstadt<br />
Seite 257<br />
Der Golem, wie er in die Welt kam, 1920<br />
Regie: Paul Wegener, Uraufführung:<br />
29. 10. 1920, Ufa-Palast am Zoo, Berlin,<br />
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
Der Neue Club<br />
Programm des Neopathetischen Cabarets, 1. 6. 1910<br />
(1. Abend), 1910<br />
Typoskript, 21 × 16,5 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Der Neue Club<br />
Programm des Neopathetischen Cabarets, 6. 7. 1910<br />
(2. Abend), 1910<br />
23,5 × 15 cm, Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
Der Neue Club<br />
Programm des Neopathetischen Cabarets, 9. 11. 1910<br />
(3. Abend), 1910<br />
29 × 15 cm, Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
Der Neue Club<br />
Programm des Neopathetischen Cabarets, 9. 12. 1910<br />
(4. Abend), 1910<br />
25,5 × 15 cm, Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
Der Neue Club<br />
Programm des Neopathetischen Cabarets, 18. 1. 1911<br />
(5. Abend), 1911<br />
22,5 × 14,5 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Der Neue Club<br />
Programm des Neopathetischen Cabarets, 16. 11. 1911<br />
(7. Abend), 1911<br />
22,5 × 14 cm, Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
Der Neue Club<br />
Programm des Neopathetischen Cabarets, 16. 12. 1911<br />
(8. Abend), Schriftzug von Karl Schmidt-Rottluff<br />
Holzschnitt, 23 × 19,5 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Seite 29<br />
Der Neue Club<br />
Programm des Neopathetischen Cabarets, 3. 4. 1912<br />
(9. Abend), Schriftzug von Karl Schmidt-Rottluff<br />
Holzschnitt, 23 × 19,5 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Seite 110<br />
Fritz Dibbert<br />
ChileHaus, 1924<br />
Holzschnitt, koloriert, 43 × 32 cm, Kupferstichkabinett,<br />
Hamburger Kunsthalle<br />
Seite 417<br />
Die Dachstube, hrsg. von Carlo Mierendorff, Jg. 4,<br />
Blatt 65, 1918<br />
Zeitschrift, 25,5 × 19,2 cm, ST 47 Die Dachstube,<br />
Stadtarchiv Darmstadt<br />
Die Straße, 1923<br />
Regie: Karl Grune, Uraufführung: 29. 11. 1923,<br />
U. T. Kurfürstendamm, Berlin, Friedrich-<br />
Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
Minya Diez-Dührkoop<br />
Tanzmaske Toboggan Frau von Lavinia Schulz,<br />
um 1924<br />
Fotografie, 22 × 16 cm, Museum für Kunst und<br />
Gewerbe Hamburg<br />
Seite 434<br />
Minya Diez-Dührkoop<br />
Tanzmasken Tanzpaar Toboggan von Lavinia Schulz<br />
und Walter Holdt, um 1924<br />
Fotografie, 22 × 16 cm, Museum für Kunst und<br />
Gewerbe Hamburg<br />
Seite 437<br />
Otto Dix<br />
Sterbender Soldat, 1915<br />
Kohle, rot laviert, 28 × 18 cm, Graphische<br />
Sammlung, Museumslandschaft Hessen Kassel<br />
Seite 136<br />
Otto Dix<br />
Die Schlacht, 1917<br />
Kreide, 41 × 39,5 cm, Graphische Sammlung,<br />
Museumslandschaft Hessen Kassel<br />
Seite 135<br />
Otto Dix<br />
Der Volltreffer I, um 1917<br />
Kreide, 40,1 × 39,3 cm, Kunstmuseum Stuttgart<br />
Seite 133<br />
Otto Dix<br />
Schwerer Granateneinschlag, um 1918<br />
Kreide, 28,6 × 29 cm, Kunstmuseum Stuttgart<br />
Seite 132<br />
Otto Dix<br />
Der Schrei, 1919<br />
Holzschnitt, 17,8 × 14,6 cm auf 42,8 × 31,3 cm,<br />
Kunstsammlung Gera<br />
Seite 159<br />
Otto Dix<br />
Plakat zur Ausstellung des Sächsischen Kunst<br />
vereins, 1919<br />
Lithografie, 90,5 × 59,7 cm, Stiftung Deutsches<br />
Historisches Museum, Berlin<br />
Seite 162<br />
Otto Dix<br />
Plakat zur Kunstausstellung der Gruppe 1919 in der<br />
Galerie Emil Richter in Dresden, 1919<br />
Lithografie, 91 × 58,5 cm, Stiftung Deutsches<br />
Historisches Museum, Berlin<br />
Seite 163<br />
Otto Dix<br />
Der Lustmörder, 1920<br />
Radierung, 29,5 × 25,5 cm auf 49,5 × 34,5 cm,<br />
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen<br />
zu Berlin<br />
Seite 238<br />
Otto Dix<br />
Lustmord, aus: Tod und Auferstehung, 1922<br />
Kaltnadel, 27 × 34,5 cm auf 37,5 × 45 cm,<br />
Kunstsammlung Gera<br />
Seite 260<br />
Otto Dix<br />
Kopf am Abend, 1923<br />
Aquarell, Deckfarbe und Tusche, 38,1 × 27,6 cm,<br />
Sammlung Sander, Darmstadt<br />
Seite 246<br />
17_Anhang_RZ.indd 474 13.10.2010 9:50:30 Uhr
Otto Dix<br />
Tod und Frau II, 1924<br />
Bleistift, 27,8 × 21,5 cm, Graphische Sammlung,<br />
Museumslandschaft Hessen Kassel<br />
Seite 238<br />
Otto Dix<br />
Anita Berber, 1925<br />
Pastell, 34 × 25 cm, Privatsammlung, Potsdam<br />
Seite 245<br />
Dr. Mabuse, der Spieler. 1. Teil: Der große Spieler –<br />
Ein Bild der Zeit, 1921 / 22<br />
Regie: Fritz Lang, Uraufführung: 27. 4. 1922,<br />
Ufa-Palast am Zoo, Berlin, Friedrich-Wilhelm-<br />
Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
Gebrüder Dransfeld<br />
ChileHaus von Fritz Höger, 1922–1924<br />
Fotografie, 23,5 × 15,3 cm, Museum für Kunst<br />
und Gewerbe Hamburg<br />
Seite 416<br />
Willy Dzubas<br />
Germany. The Chile House in Hamburg. Information<br />
and Handbooks from all Tourist Agencies and<br />
Travel Bureaus. German Tourist Information Office,<br />
665 Fifth Avenue, New York City, 1925<br />
Lithografie, 73 × 50 cm, Kunstbibliothek,<br />
Staatliche Museen zu Berlin<br />
Seite 19<br />
Ernst Moritz Engert<br />
Judith, Titelblatt, Das Tribunal, hrsg. von Carlo<br />
Mierendorff, Jg. 1, H. 1, 1919<br />
Zeitschrift, 27,2 × 20 cm, ST 47 Die Dachstube,<br />
Stadtarchiv Darmstadt<br />
Seite 168<br />
Lyonel Feininger<br />
Ohne Titel, um 1914<br />
Originalfotografie, 12,9 × 17 cm, Sammlung<br />
Dr. Hermann Klumpp, Lyonel-Feininger-<br />
Galerie Quedlinburg<br />
Seite 397<br />
Lyonel Feininger<br />
Ohne Titel, um 1914<br />
Originalfotografie, 17,9 × 32,2 cm, Sammlung<br />
Dr. Hermann Klumpp, Lyonel-Feininger-<br />
Galerie Quedlinburg<br />
Seite 397<br />
Lyonel Feininger<br />
Die Stadt am Ende der Welt, um 1914<br />
Holz, farbig gefasst, 14 Häuser, zwischen<br />
2,3 × 7,2 cm und 3,3 × 13 cm, Sammlung<br />
Dr. Hermann Klumpp, Lyonel-Feininger-<br />
Galerie Quedlinburg<br />
Seite 397<br />
Lyonel Feininger<br />
Brücke IV. Brücke in Weimar, 1918<br />
Öl auf Leinwand, 63 × 90 cm, Kirchner<br />
Museum Davos<br />
Seite 326<br />
Lyonel Feininger<br />
Kathedrale des Sozialismus, Titelblatt zum Programm<br />
des Staatlichen Bauhauses in Weimar, 1919<br />
Holzschnitt, 30,5 × 18,9 cm, Privatbesitz<br />
Seite 405<br />
Lyonel Feininger<br />
Villa am Strand, aus: BauhausMappe I. Neue<br />
euro päische Grafik, Nr. 4, Weimar 1921 / 22<br />
Holzschnitt, 26,5 × 34,5 cm auf 32,5 × 39 cm,<br />
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen<br />
zu Berlin<br />
Seite 398<br />
Conrad Felixmüller<br />
Soldat im Irrenhaus III, 1918<br />
Lithografie, 34 × 28 cm, Städtische Kunstsammlungen,<br />
Galerie Albstadt<br />
Conrad Felixmüller<br />
Menschen über der Welt, 1919<br />
Lithografie, 68 × 49 cm auf 72 × 52,5 cm,<br />
Kolumba, Köln<br />
Seite 170<br />
Conrad Felixmüller<br />
Toter Genosse, in: Die Aktion, hrsg. von Franz<br />
Pfemfert, Jg. 9, Nr. 43 / 44, 1919, S. 725<br />
Holzschnitt, 30 × 22 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Conrad Felixmüller<br />
Bildnis Franz Pfemfert, 1923<br />
Öl auf Leinwand, 68 × 59 cm, Neue Galerie,<br />
Museumslandschaft Hessen Kassel<br />
Seite 124<br />
Josef Fenneker<br />
Plakat zum Film Der Alchimist, 1918<br />
Regie: Heinz Karl Heiland, Lithografie,<br />
71 × 95 cm, Deutsche Kinemathek – Museum<br />
für Film und Fernsehen, Berlin<br />
Seite 230<br />
Josef Fenneker<br />
Plakat zum Film Totentanz, 1919<br />
Regie: Otto Rippert, Lithografie, 144 × 95 cm,<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und<br />
Fernsehen, Berlin<br />
Seite 233<br />
Josef Fenneker<br />
Werbeanzeige zum Film Nerven, in: Der Film,<br />
Jg. 4, H. 20, 1919<br />
Regie: Robert Reinert, Zeitschrift,<br />
28,2 × 22 cm, Deutsches Filminstitut – DIF,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 225<br />
Josef Fenneker<br />
Plakat zum Film Hass, 1919 / 20<br />
Regie: Manfred Noa, Lithografie, 71 × 95 cm,<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und<br />
Fernsehen, Berlin<br />
Seite 229<br />
Josef Fenneker<br />
Plakat zum Film Der gelbe Tod, 1920<br />
Regie: Karl Wilhelm, Lithografie, 71 × 95 cm,<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und<br />
Fernsehen, Berlin<br />
Seite 231<br />
Josef Fenneker<br />
Plakat zum Film Der Januskopf, 1920<br />
Regie: Friedrich Wilhelm Murnau, Lithografie,<br />
72 × 96 cm, Deutsche Kinemathek – Museum<br />
für Film und Fernsehen, Berlin<br />
Seite 231<br />
Josef Fenneker<br />
Plakat zum Film Die Prostitution, 1920<br />
Regie: Richard Oswald, Lithografie,<br />
141 × 95 cm, Deutsche Kinemathek – Museum<br />
für Film und Fernsehen, Berlin<br />
Seite 244<br />
Josef Fenneker<br />
Plakat zum Film Genuine, 1920<br />
Regie: Robert Wiene, Lithografie, 142 × 94 cm,<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und<br />
Fernsehen, Berlin<br />
Seite 290<br />
Josef Fenneker<br />
Plakat zum Film Moriturus, 1920<br />
Regie: Carl Müller-Hagens, Lithografie,<br />
72 × 95 cm, Deutsche Kinemathek – Museum<br />
für Film und Fernsehen, Berlin<br />
Seite 230<br />
Josef Fenneker<br />
Plakat zum Film Das neue Paradies, 1921<br />
Regie: Willy Zeyn senior, Lithografie,<br />
71 × 94 cm, Deutsche Kinemathek – Museum<br />
für Film und Fernsehen, Berlin<br />
Seite 228<br />
Josef Fenneker<br />
Plakat zum Film Zirkus des Lebens, 1921<br />
Regie: Johannes Guter, Lithografie, 72 × 95 cm,<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und<br />
Fernsehen, Berlin<br />
Seite 232<br />
Hermann Finsterlin<br />
Architektur, 1920<br />
Aquarell, Bleistift und Deckweiß auf Papier<br />
aufgezogen, 27,2 × 35 cm, LWL – Landesmuseum<br />
für Kunst und Kulturgeschichte,<br />
Westfälisches Landesmuseum, Münster<br />
Seite 359<br />
Hermann Finsterlin<br />
Papyros Werkstätte, 1924–1928<br />
Aquarell, Bleistift und Tusche, 34,6 × 35 cm,<br />
LWL – Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte,<br />
Westfälisches Landesmuseum,<br />
Münster<br />
Seite 359<br />
Hermann Finsterlin<br />
Zwei Architekturentwürfe, o. J.<br />
Aquarell und Bleistift, 37,9 × 28,3 cm,<br />
LWL – Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte,<br />
Westfälisches Landesmuseum,<br />
Münster<br />
Seite 358<br />
Otto Fischer-Trachau<br />
Plakat zum Vortrag Die Gesellschaftskomödie und<br />
die soziale Revolution von Arthur Sakheim, 1921<br />
Linoldruck, 50,6 × 38,6 cm, Museum für Kunst<br />
und Gewerbe Hamburg<br />
Seite 171<br />
Genuine, 1920<br />
Regie: Robert Wiene, Uraufführung: 2. 9. 1920,<br />
Marmorhaus, Bundesarchiv-Filmarchiv, Berlin<br />
17_Anhang_RZ.indd 475 13.10.2010 9:50:30 Uhr<br />
475
Leo Gestel<br />
Plakat der Firma Philips zur ArgaGlühbirne, um 1918<br />
Lithografie, 104,2 × 77,6 cm, Sammlung<br />
Sachs, Stiftung Deutsches Historisches<br />
Museum, Berlin<br />
Seite 371<br />
Erich Godal<br />
Programmheft zum Film Die Straße, 1923<br />
Regie: Karl Grune, Lithografie, 29 × 22,5 cm,<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und<br />
Fernsehen, Berlin<br />
Seite 226<br />
Walter Gramatté<br />
Das Kreisen, aus: Die Fibel, 1918<br />
Lithografie, 26,3 × 20,3 cm auf 43 × 32 cm,<br />
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen<br />
zu Berlin<br />
Seite 218<br />
Walter Gramatté<br />
Der Rebell. Kopf Peters mit Schusswunde in der Stirn,<br />
Blatt 1 von 4, 1918<br />
Radierung, 17,4 × 12,7 cm auf 26,2 × 21,4 cm,<br />
LETTER Stiftung, Köln<br />
Seite 220<br />
Walter Gramatté<br />
Der Rebell. Robert im Theater, Blatt 2 von 4, 1918<br />
Radierung, 17,4 × 12,8 cm auf 26,2 × 21,4 cm,<br />
LETTER Stiftung, Köln<br />
Seite 222<br />
Walter Gramatté<br />
Der Rebell. Szene im Café mit den Krüppeln, Blatt 3<br />
von 4, 1918<br />
Radierung, 17,4 × 12,5 cm auf 26,2 × 21,4 cm,<br />
LETTER Stiftung, Köln<br />
Seite 222<br />
Walter Gramatté<br />
Der Rebell. Der Sturz in die Unendlichkeit, Blatt 4<br />
von 4, 1918<br />
Radierung, 17,4 × 12,7 cm auf 26,3 × 21,5 cm,<br />
LETTER Stiftung, Köln<br />
Seite 223<br />
George Grosz<br />
Nachtstück. BerlinSüdende, 1915<br />
Öl auf Leinwand, 74,5 × 36,2 cm, Nationalgalerie,<br />
Staatliche Museen zu Berlin<br />
Seite 213<br />
George Grosz<br />
Der Liebeskranke, 1916<br />
Öl auf Leinwand, 100 × 78 cm, Kunstsammlung<br />
Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf<br />
Seite 16<br />
George Grosz<br />
Jonk, the Killer, 1916 / 17<br />
Tusche, 36,5 × 28,5 cm, Leopold Museum, Wien<br />
Seite 258<br />
George Grosz<br />
Menschen im Kaffeehaus, 1918<br />
Aquarell und Tusche, 58,8 × 46 cm, Sammlung<br />
Deutsche Bank, Frankfurt a. M.<br />
Seite 215<br />
476<br />
Carl Gunschmann<br />
Plakat zur Ausstellung Deutscher Expressio<br />
nismus, 1920<br />
Lithografie, 94,5 × 62 cm, Kartensammlung,<br />
Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt<br />
Seite 5<br />
Otto Gutfreund<br />
Angst, 1911 / 12<br />
Bronze, 148 × 45 × 45 cm, Národní Galerie v<br />
Praze, Prag<br />
Seite 105<br />
Wenzel Hablik<br />
Kristallbau auf Bergspitzen, 1903<br />
Aquarell, Bleistift, Gouache und Kreide,<br />
16 × 16,3 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Wenzel Hablik<br />
Ohne Titel (Kristallbau in Berglandschaft), 1903<br />
Aquarell und Bleistift, 20,1 × 15,1 cm, Wenzel-<br />
Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 350<br />
Wenzel Hablik<br />
Ohne Titel (Kristallbau in Berglandschaft), 1903<br />
Gouache, 16,5 × 16,3 cm, Wenzel-Hablik-<br />
Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 352<br />
Wenzel Hablik<br />
»Über den Sternen such Vergessen – die Sehnsucht<br />
zeiget dir den Weg«, 1903<br />
Aquarell und Bleistift, 14,6 × 11,4 cm, Wenzel-<br />
Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 351<br />
Wenzel Hablik<br />
Dekorationsstoff Zackenmuster, 1911<br />
Baumwolle, 68 × 44 cm, Wenzel-Hablik-<br />
Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 413<br />
Wenzel Hablik<br />
Entwurf zum Dekorationsstoff Zackenmuster, 1911<br />
Aquarell, Bleistift und Tusche auf Patronenpapier,<br />
53 × 62,5 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung,<br />
Itzehoe<br />
Seite 421<br />
Wenzel Hablik<br />
Tischuhr, 1911<br />
Messing und Kupfer (Uhrzeiger),<br />
31,7 × 21 × 12,6 cm, Landesmuseum für Kunst<br />
und Kulturgeschichte, Stiftung Schleswig-<br />
Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf<br />
und Dauerleihgeber<br />
Seite 423<br />
Wenzel Hablik<br />
Der Weg des Genius, 1918<br />
Öl auf Leinwand, 160,5 × 95 cm, Wenzel-<br />
Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 25<br />
Wenzel Hablik<br />
Ausstellungsgebäude. A 8, 1919<br />
Aquarell, Bleistift, Farbstift und Tusche,<br />
39,5 × 32 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 363<br />
Wenzel Hablik<br />
Ausstellungsgebäude. A 11, 1919<br />
Aquarell, Bleistift und Tusche, 30,1 × 25,2 cm,<br />
Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Wenzel Hablik<br />
Schale, um 1919<br />
Holz und Ölfarbe, 11,8 cm (Höhe), 18,3 cm<br />
(Durchmesser), Wenzel-Hablik-Stiftung,<br />
Itzehoe<br />
Seite 423<br />
Wenzel Hablik<br />
CentralHotel, 1922<br />
Fotografie, 16,7 × 12,2 cm, Wenzel-Hablik-<br />
Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 420<br />
Wenzel Hablik<br />
Ohne Titel (CentralHotel. Sitzreihe mit Pfeilern), 1922<br />
Aquarell und Tempera, 32,5 × 44,9 cm, Wenzel-<br />
Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 420<br />
Wenzel Hablik<br />
Freitragende Kuppel mit fünf Bergspitzen als Basis.<br />
Material: Eisenbeton, Glasspannweite 1.000 Meter,<br />
aus dem Zyklus Glas aus Erde 1918–1924, 1924<br />
Öl auf Leinwand, 166 × 191 cm, Wenzel-Hablik-<br />
Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 353<br />
Wenzel Hablik<br />
Besteck. Dessertlöffel, um 1925<br />
Silber, 21 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 261<br />
Wenzel Hablik<br />
Besteck. Käsemesser, um 1925<br />
Silber, 13,9 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 261<br />
Wenzel Hablik<br />
Besteck. Vorlegemesser, 1920er-Jahre<br />
Silber, 20,3 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 261<br />
Wenzel Hablik<br />
Cape mit großem Mäander, 1920er-Jahre<br />
Baumwolle, 110 × 300 cm, Wenzel-Hablik-<br />
Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 422<br />
Wenzel Hablik<br />
Fischbesteck. Gabel, 1920er-Jahre<br />
Silber, 18,5 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 261<br />
Wenzel Hablik<br />
Fischbesteck. Messer, 1920er-Jahre<br />
Silber, 19,1 cm, Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 261<br />
Wenzel Hablik<br />
Kristallschlösschen, o. J.<br />
Kristalle, zusammengesetzt, 26,3 × 13,5 × 8,6 cm,<br />
Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 350<br />
Wenzel Hablik<br />
Kristallschlösschen, o. J.<br />
Kristalle, zusammengesetzt, 6,5 × 7,5 × 6,5 cm,<br />
Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Wenzel Hablik<br />
Kristallschlösschen, o. J.<br />
Kristalle, zusammengesetzt, 8,4 × 6,5 × 5,4 cm,<br />
Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
17_Anhang_RZ.indd 476 13.10.2010 9:50:30 Uhr
Wenzel Hablik<br />
Kristallschlösschen, o. J.<br />
Kristalle, zusammengesetzt, 17,5 × 8 × 8 cm,<br />
Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Hugo Häring<br />
Wettbewerbsentwurf. Hochhaus Bahnhof Friedrichstraße,<br />
1921 / 22<br />
Bleistift und Kohle auf Transparentpapier,<br />
104 × 62,8 cm, Hugo Häring-Archiv, Inv.-Nr.<br />
LJ 14 / 12, Akademie der Künste, Berlin<br />
Seite 419<br />
Hugo Häring<br />
Wettbewerbsentwurf. Hochhaus Bahnhof Friedrichstraße.<br />
2. Fassung, 1921/22<br />
Kohle auf Transparentpapier, 53,8 × 41,3 cm,<br />
Hugo Häring-Archiv, Inv.-Nr. LJ 14/5, Akademie<br />
der Künste, Berlin<br />
Otto Hartmann<br />
Quergeschnittenes TonModell der Konstanzer Kirche<br />
von Otto Bartning, 1923<br />
Fotografie, 16,3 × 22,5 cm, Otto-Bartning-Archiv<br />
der Technischen Universität Darmstadt<br />
Erich Heckel<br />
Der Gefangene, in: Oskar Wilde, Die Ballade vom<br />
Zuchthaus zu Reading, Leipzig 1907<br />
Holzschnitt, 20 × 15,1 cm auf 35,8 × 23,1 cm,<br />
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen<br />
zu Berlin<br />
Seite 140<br />
Erich Heckel<br />
Kniende am Stein, 1914<br />
Holzschnitt, 50,2 × 32,3 cm auf 61 × 47,5 cm,<br />
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen<br />
zu Berlin<br />
Seite 399<br />
Erich Heckel<br />
Gerader Kanal, 1915<br />
Holzschnitt, 37,4 × 27,1 cm auf 44,8 × 33,5 cm,<br />
Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen<br />
am Rhein<br />
Erich Heckel<br />
Verwundeter Matrose, 1915<br />
Holzschnitt, 36,7 × 28,8 cm auf 62,5 × 42,5 cm,<br />
Graphische Sammlung, Städel Museum,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 139<br />
Erich Heckel<br />
Mann in der Ebene, 1917, aus: Elf Holzschnitte<br />
1912–1919, Berlin 1921<br />
Holzschnitt auf Maschinenbütten, 37,8 × 27,2 cm<br />
auf 69,5 × 55,5 cm, Hessisches Landesmuseum<br />
Darmstadt<br />
Seite 113 (Detail), 141<br />
Oswald Herzog<br />
Expressionistische Plastik, um 1920<br />
Steinzeug, farbige Glasur, 46,5 × 35,7 × 21,9 cm,<br />
Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum, Zentrum<br />
Internationaler Skulptur, Duisburg<br />
Paul Hindemith<br />
Streichquartett fMoll op. 10, mit zerdrücktem Floh,<br />
komponiert an der Front, 1918<br />
Skizzenbuch Nr. 30, 16,5 × 24,5 cm, Hindemith<br />
Institut Frankfurt<br />
Seite 134<br />
Paul Hindemith<br />
Mörder, Hoffnung der Frauen, 1919<br />
Klavierauszug, 27 × 33,5 cm, Hindemith<br />
Institut Frankfurt<br />
Seite 262<br />
Paul Hindemith<br />
Notenblatt Das NuschNuschi mit Zeichnung, 1919<br />
Skizzenbuch Nr. 38, 34,8 × 26,4 cm, Hindemith<br />
Institut Frankfurt<br />
Seite 33<br />
Paul Hindemith<br />
Notizen zu meinen FeldzugsErinnerungen, 1919<br />
Tagebuch, 17 × 14,5 cm, Hindemith Institut<br />
Frankfurt<br />
Seite 138<br />
Paul Hindemith<br />
Theaterzettel zur Uraufführung Mörder, Hoffnung der<br />
Frauen, 26. 3. 1922<br />
Oper Frankfurt, Regie: Ernst Lert, 27,5 × 40 cm,<br />
Universitätsbibliothek Johann Christian<br />
Sencken berg, Frankfurt a. M.<br />
Adolf Hitler<br />
Mein Kampf, 1. Bd., 1925<br />
Publikation, 23,5 × 16,5 × 3 cm, Deutsche<br />
National bibliothek Leipzig<br />
Hermann Höger und Ludwig Kunstmann<br />
Armlehnsessel, 1925<br />
Eiche und Velours, 116 × 68 × 61 cm, Museum<br />
für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
Seite 452<br />
Internationaler Kunsthistorischer Kongress<br />
Offizieller Bericht über die Verhandlungen des VIII.<br />
Internationalen Kunsthistorischen Kongresses<br />
in Darmstadt 23.–26. September 1907, Leipzig 1907<br />
Publikation, 27 × 19,8 cm, ST N 14, Stadt-<br />
archiv Darmstadt<br />
Siegfried Jacobsohn<br />
Die Weltbühne, Jg. 10, H. 8, 21. 2. 1924<br />
Zeitschrift, 21,7 × 14,3 cm, Privatsammlung,<br />
Darmstadt<br />
Siegfried Jacobsohn<br />
Die Weltbühne, Jg. 10, H. 15, 10. 4. 1924<br />
Zeitschrift, 21,7 × 14,3 cm, Privatsammlung,<br />
Darmstadt<br />
Jahrbuch des Deutschen Werkbundes<br />
Deutsche Form im Kriegsjahr. Die Ausstellung Köln<br />
1914, München 1915<br />
Publikation, 25 × 18,7 cm, Privatsammlung,<br />
Darmstadt<br />
Rudolf Jerchel<br />
Das ChileHaus in Hamburg hrsg. v. Rudolf<br />
Binding, 1925<br />
Holzschnitt, 28,5 × 21,5 cm, Germanisches<br />
Nationalmuseum, Nürnberg<br />
Dora Kallmus / Madame d’Ora<br />
Anita Berber im Kostüm des Tanzes »Morphium«, 1922<br />
Fotografie, 24 × 15 cm, Inv.-Nr. NB 204418D,<br />
Österreichische Nationalbibliothek, Wien<br />
Seite 251<br />
Dora Kallmus / Madame d’Ora<br />
Anita Berber. Tanz »Kokain«, 1922<br />
Fotografie vom Originalnegativ, 24 × 14,5 cm,<br />
Inv.-Nr. NB 606803B, Österreichische<br />
National bibliothek, Wien<br />
Seiten 243 (Detail), 252<br />
Dora Kallmus / Madame d’Ora<br />
Anita Berber und Sebastian Droste. Tänze des<br />
Lasters, des Grauens und der Ekstase, 1922<br />
Fotografie, 24 × 17,4 cm, Inv.-Nr. NB 204415D,<br />
Österreichische Nationalbibliothek, Wien<br />
Seite 254<br />
Dora Kallmus / Madame d’Ora<br />
Anita Berber und Sebastian Droste. Tänze des<br />
Lasters, des Grauens und der Ekstase, 1922<br />
Fotografie, 24 × 18,3 cm, Inv.-Nr. NB 204416D,<br />
Österreichische Nationalbibliothek, Wien<br />
Seite 255<br />
Dora Kallmus / Madame d’Ora<br />
Anita Berber und Sebastian Droste, 1922<br />
Fotografie, 24 × 14,2 cm, Inv.-Nr. NB 204417D,<br />
Österreichische Nationalbibliothek, Wien<br />
Seite 248<br />
Wassily Kandinsky<br />
Ohne Titel, Titelblatt, Der Sturm, hrsg. von Herwarth<br />
Walden, Jg. 3, Nr. 130, 1912<br />
Zeitschrift, 39 × 29,7 cm, Institut <strong>Mathildenhöhe</strong>,<br />
Städtische Kunstsammlung Darmstadt<br />
Wassily Kandinsky und Franz Marc<br />
Almanach Der Blaue Reiter, München 1912<br />
Publikation, 29 × 22 × 2,5 cm, Kunst- und<br />
Museums bibliothek der Stadt Köln<br />
Seite 106<br />
Harry Graf Kessler<br />
Krieg und Zusammenbruch. Aus Feldpostbriefen<br />
1914 / 1918, Weimar 1921<br />
Publikation, 18,5–22,5 × 15 cm, Universitätsbibliothek<br />
Johann Christian Senckenberg,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 153<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Mädchen, auf der Treppe leuchtend, 1904<br />
Linolschnitt, 15,5 × 9,7 cm auf 25,7 × 20,7 cm,<br />
Hessisches Landesmuseum Darmstadt<br />
Seite 297<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Ruth im Morphintraum, 1905 / 06<br />
Lithografie, Eigendruck, 47,2 × 37 cm, Stiftung<br />
Sammlung Kamm, Kunsthaus Zug<br />
Seite 247<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Dorfstraße. Priessnitz, 1910<br />
Holzschnitt, 26 × 36,7 cm, Hessisches Landesmuseum<br />
Darmstadt<br />
Seite 296<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Akte im Atelier. Drei Modelle, 1912<br />
Öl auf Leinwand, 80,7 × 70,7 cm, Leopold<br />
Museum, Wien<br />
Seite 89<br />
17_Anhang_RZ.indd 477 13.10.2010 9:50:30 Uhr<br />
477
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Zwei Berliner Modelle, um 1912<br />
Fotografie, 8,3 × 10,9 cm, Schenkung<br />
Nachlass Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner<br />
Museum Davos<br />
Seite 91<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Porträt Alfred Döblin im Atelier BerlinWilmersdorf,<br />
Durlacher Straße 14, 1912 / 13<br />
Fotografie, Silbergelatine, 16,5 × 12 cm,<br />
Schenkung Nachlass Ernst Ludwig Kirchner,<br />
Kirchner Museum Davos<br />
Seite 87<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Bildnis Alfred Döblin, 1913<br />
Bleistift und Kreide, 41 × 35 cm, Graphische<br />
Sammlung, Städel Museum, Frankfurt a. M.<br />
Seite 59<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Titelblatt zu Das Stiftsfräulein und der Tod von<br />
Alfred Döblin, 1913<br />
Holzschnitt, 24 × 18,5 cm, Germanisches<br />
National museum, Nürnberg<br />
Seite 59<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Gestickte Kissen, um 1913 / 14<br />
Fotografie, Silbergelatine, 11,5 × 16,5 cm,<br />
Schenkung Nachlass Ernst Ludwig Kirchner,<br />
Kirchner Museum Davos<br />
Seite 90<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Selbstporträt im Atelier, 1913–1915<br />
Fotografie, 13 × 18 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Seite 86<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Porträt eines jungen Mannes (Hermann Gewecke?)<br />
in der Mansarde im Atelier BerlinFriedenau, Körnerstraße<br />
45, 1914<br />
Fotografie, 24 × 18 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Seite 87<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Zwei gelbe Akte mit Blumenstrauß, um 1914<br />
Wachsfarbe auf Leinwand, 80 × 71 cm, Bündner<br />
Kunstmuseum, Chur<br />
Seite 85<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Botho Graef und Hugo Biallowons im Atelier Berlin<br />
Friedenau, Körnerstraße 45, 1914 / 15<br />
Fotografie, 18 × 24 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Seite 92<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Mansardennische im Atelier BerlinFriedenau, Körnerstraße<br />
45, 1914 / 15<br />
Fotografie, 24 × 18 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Seite 71<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Porträt Botho Graef im Atelier BerlinFriedenau,<br />
Körner straße 45, 1914 / 15<br />
Fotografie, 24 × 18 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
478<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Porträt eines Mannes in der Mansarde im Atelier<br />
BerlinFriedenau, Körnerstraße 45, 1914 / 15<br />
Fotografie, 24 × 18 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Seite 94<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Unbekannte junge Frau (Gerda Schilling?), E. L.<br />
Kirchner, Erna Schilling, Hermann Gewecke im Atelier<br />
BerlinFriedenau, Körnerstraße 45, 1914 / 15<br />
Fotografie, 18 × 24 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Seite 83<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Werner Gothein, seine Freundin, Erna Schilling, E. L.<br />
Kirchner im Atelier BerlinFriedenau, Körnerstraße 45,<br />
1914 / 15<br />
Fotografie, 18 × 24 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Seite 84<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Interieur, 1915<br />
Öl auf Leinwand, 70 × 80,5 cm, Pinakothek<br />
der Moderne, Bayerische Staatsgemäldesammlungen,<br />
München<br />
Seite 82<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Selbstporträt als Soldat im Atelier BerlinFriedenau,<br />
Körnerstraße 45, 1915<br />
Fotografie, 18 × 13 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Seite 33<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Selbstporträt als Soldat im Atelier BerlinFriedenau,<br />
Körnerstraße 45, 1915<br />
Fotografie, 18 × 13 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Seite 88<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Werner Gothein, Erna Schilling, Gerda Schilling (?)<br />
und Hugo Biallowons im Atelier BerlinFriedenau,<br />
Körnerstraße 45, 1915<br />
Fotografie, 13 × 18 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Seite 90<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Werner Gothein, Hugo Biallowons und Erna Schilling<br />
im Atelier BerlinFriedenau, Körnerstraße 45, 1915<br />
Fotografie, 13 × 18 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Seiten 79 (Detail), 91<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Hugo Biallowons fiel für uns 9. Juli 1916, 1916<br />
Holzschnitt, 46 × 33 cm, Coninx-Stiftung, Zürich<br />
Seite 93<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Der Krankenwärter, 1917<br />
Öl auf Leinwand, 80 × 70 cm, Sammlung<br />
Sander, Darmstadt<br />
Seite 81<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Szenenfotografie aus dem 1. Akt der Aufführung<br />
des Lustspiels De Schnidermeister Schnüffeli und<br />
sin erste Geniestreich von Henri Gysler junior im<br />
Theatersaal des Gasthauses Zum Sand durch den<br />
gemischten Chor Davos Frauenkirch, 1920<br />
Fotografie, 18 × 24 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Szenenfotografie aus dem 2. Akt der Aufführung<br />
des Lustspiels De Schnidermeister Schnüffeli und<br />
sin erste Geniestreich von Henri Gysler junior im<br />
Theatersaal des Gasthauses Zum Sand durch den<br />
gemischten Chor Davos Frauenkirch, 1920<br />
Fotografie, 24 × 18 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Szenenfotografie aus dem 2. Akt der Aufführung<br />
des Lustspiels De Schnidermeister Schnüffeli und<br />
sin erste Geniestreich von Henri Gysler junior im<br />
Theatersaal des Gasthauses Zum Sand durch den<br />
gemischten Chor Davos Frauenkirch, 1920<br />
Fotografie, 18 × 24 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Vorhang zur Aufführung des Lustspiels De Schnidermeister<br />
Schnüffeli und sin erste Geniestreich von<br />
Henri Gysler junior im Theatersaal des Gasthauses<br />
Zum Sand durch den gemischten Chor Davos Frauenkirch,<br />
1920<br />
Fotografie, 13 × 18 cm, Schenkung Nachlass<br />
Ernst Ludwig Kirchner, Kirchner Museum Davos<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Entwurf für das Titelblatt zu Umbra vitae von Georg<br />
Heym, München 1924<br />
Holzschnitt, 15,5 × 9,2 cm auf 18 × 13,4 cm,<br />
Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin<br />
Seite 117<br />
Ernst Ludwig Kirchner<br />
Umschlag zu Umbra vitae von Georg Heym,<br />
München 1924<br />
Holzschnitt auf Leinen, 23,5 × 27 × 1,7 cm,<br />
Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg<br />
Seiten 114 / 115<br />
Ernst Ludwig Kirchner und Erna Schilling<br />
Rückenlehnenbezug aus dem Atelier BerlinFriedenau,<br />
Körnerstraße 45, 1914<br />
Stickereien in Wollfäden auf Leinen,<br />
79 × 165 cm, E. W. K., Bern<br />
Seite 96<br />
Ernst Ludwig Kirchner und Erna Schilling<br />
Rückenlehnenbezug aus dem Atelier BerlinFriedenau,<br />
Körnerstraße 45, 1914<br />
Stickereien in Wollfäden auf Leinen,<br />
79 × 251 cm, E. W. K., Bern<br />
Seite 97<br />
Ernst Ludwig Kirchner und Erna Schilling<br />
Supraporte aus dem Atelier BerlinFriedenau,<br />
Körnerstraße 45, 1914<br />
Stickereien in Wollfäden auf Leinen, 113 cm<br />
(oben), 235 cm (lang), je 44 cm (unten),<br />
E. W. K., Bern<br />
Seite 95<br />
17_Anhang_RZ.indd 478 13.10.2010 9:50:31 Uhr
Ernst Ludwig Kirchner und Erna Schilling<br />
Tischdecke aus dem Atelier BerlinFriedenau,<br />
Körnerstraße 45, 1914<br />
Stickereien in Wollfäden auf Leinen,<br />
67 × 164 cm, E. W. K., Bern<br />
Seite 96<br />
Ernst Ludwig Kirchner und Erna Schilling<br />
Möwenjagd auf Fehmarn, 1914 / 15<br />
Stickereien in Wollfäden auf Leinen,<br />
114 × 160 cm, Privatbesitz<br />
Seite 97<br />
César Klein<br />
Genuine, Szenenbildentwurf, 1920<br />
Regie: Robert Wiene, Pastell, 25,3 × 32,5 cm,<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der<br />
Universität zu Köln<br />
Seite 280<br />
César Klein<br />
Genuine, Szenenbildentwurf, 1920<br />
Regie: Robert Wiene, Aquarell, 25,5 × 32,7 cm,<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der<br />
Universität zu Köln<br />
Seite 289<br />
César Klein<br />
Genuine, Szenenbildentwurf, 1920<br />
Regie: Robert Wiene, Pastell, 24,9 × 33,7 cm,<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der<br />
Universität zu Köln<br />
César Klein<br />
Von morgens bis mitternachts. Verschneites Feld mit<br />
Baum, Bühnenbildentwurf, 1921<br />
Lessingtheater, Berlin, Regie: Victor Barnowsky,<br />
Aquarell und Deckfarbe, 30,5 × 46,4 cm,<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität<br />
zu Köln<br />
Seite 181<br />
Arthur Köster<br />
Einsteinturm von Erich Mendelsohn.<br />
Nordwestansicht, 1923<br />
Fotografie, 23 × 15,3 cm, Kunstbibliothek,<br />
Staatliche Museen zu Berlin<br />
Arthur Köster<br />
Einsteinturm von Erich Mendelsohn.<br />
Seitenansicht, 1923<br />
Fotografie, 17,3 × 16,5 cm, Kunstbibliothek,<br />
Staatliche Museen zu Berlin<br />
Seite 357<br />
Oskar Kokoschka<br />
Mörder, Hoffnung der Frauen I. Mann und Frau<br />
Hand in Hand, 1909<br />
Bleistift und Tusche auf Transparentpapier,<br />
25,5 × 20 cm, Stiftung Sammlung Kamm,<br />
Kunsthaus Zug<br />
Seite 264<br />
Oskar Kokoschka<br />
Mörder, Hoffnung der Frauen IV. Himmlische und<br />
irdische Liebe, 1909<br />
Bleistift und Tusche auf Transparentpapier,<br />
26,7 × 18,5 cm, Moderna Museet, Stockholm<br />
Seite 265<br />
Oskar Kokoschka<br />
Pietà. Plakat für das Sommertheater in der<br />
Kunstschau, 1909<br />
Gartentheater der Ersten Internationalen<br />
Kunstschau, Wien, Regie: Oskar Kokoschka,<br />
Lithografie, 122 × 79,5 cm auf 125 × 82 cm,<br />
Leopold Museum, Wien<br />
Seite 263<br />
Oskar Kokoschka<br />
Mörder, Hoffnung der Frauen III, Titelblatt,<br />
Der Sturm, hrsg. von Herwarth Walden, Jg. 1,<br />
Nr. 20, 1910<br />
Lithografie, 38 × 29 cm, Germanisches<br />
National museum, Nürnberg<br />
Seite 270<br />
Oskar Kokoschka<br />
Herwarth Walden, in: Der Sturm, hrsg. von Herwarth<br />
Walden, Jg. 1, Nr. 22, 1910, S. 175<br />
Lithografie, 39 × 29,7 cm, Universitätsbibliothek<br />
Johann Christian Senckenberg, Frankfurt a. M.<br />
Oskar Kokoschka<br />
Gesindel in der Sternennacht, Titelblatt,<br />
Der Sturm, hrsg. von Herwarth Walden, Jg. 1,<br />
Nr. 29, 1910<br />
Zeitschrift, 39 × 29,7 cm, Institut <strong>Mathildenhöhe</strong>,<br />
Städtische Kunstsammlung Darmstadt<br />
Seite 53<br />
Oskar Kokoschka<br />
Max Reinhardt, Titelblatt, Das Tribunal, hrsg. von<br />
Carlo Mierendorff, Jg. 2, H. 2, 1920<br />
Zeitschrift, 27,2 × 20 cm, ST 47 Die Dachstube<br />
Stadtarchiv Darmstadt<br />
Seite 168<br />
Käthe Kollwitz<br />
Gedenkblatt für Karl Liebknecht, 1920<br />
Holzschnitt, 35,5 × 50 cm, Graphische Sammlung,<br />
Städel Museum, Frankfurt a. M.<br />
Seite 161<br />
Käthe Kollwitz<br />
Die Freiwilligen, 1922 / 23<br />
Holzschnitt, 35 × 49 cm, Graphische Sammlung,<br />
Städel Museum, Frankfurt a. M.<br />
Seite 161<br />
Käthe Kollwitz<br />
Kopf der Mutter zu Kindersterben, 1925<br />
Tusche, 16,7 × 33 cm, E. W. K., Bern<br />
Seite 292<br />
Bernhard Kretzschmar<br />
Von morgens bis mitternachts, Schriftblatt der<br />
Mappe, 1920<br />
Lithografie, 61,5 × 51,5 cm auf 70 x 58 cm,<br />
Sammlung Gerhard Schneider, Olpe<br />
und Solingen<br />
Seite 188<br />
Bernhard Kretzschmar<br />
Von morgens bis mitternachts, Titelblatt zur<br />
Mappe, 1920<br />
Lithografie, Reproduktion, 61,5 × 51,5 cm auf<br />
78,5 × 58,5 cm, Sammlung Gerhard Schneider,<br />
Olpe und Solingen<br />
Bernhard Kretzschmar<br />
Von morgens bis mitternachts. Bankschalter, 1920<br />
Lithografie, 61,5 × 51,5 cm auf 78,5 × 58,5 cm,<br />
Sammlung Gerhard Schneider, Olpe<br />
und Solingen<br />
Seite 190<br />
Bernhard Kretzschmar<br />
Von morgens bis mitternachts. Ekel vor Frauen, 1920<br />
Lithografie, 58,5 × 45,5 cm auf 79 × 58,5 cm,<br />
Sammlung Gerhard Schneider, Olpe<br />
und Solingen<br />
Bernhard Kretzschmar<br />
Von morgens bis mitternachts. Heim der Familie, 1920<br />
Lithografie, 63,5 × 49,5 cm auf 78,5 × 58,5 cm,<br />
Sammlung Gerhard Schneider, Olpe<br />
und Solingen<br />
Bernhard Kretzschmar<br />
Von morgens bis mitternachts. Im Betsaal der Heilsarmee,<br />
1920<br />
Lithografie, 50 × 64 cm auf 58,5 × 78,7 cm,<br />
Sammlung Gerhard Schneider, Olpe<br />
und Solingen<br />
Bernhard Kretzschmar<br />
Von morgens bis mitternachts. RennbahnMassen, 1920<br />
Lithografie, 58 × 46 cm auf 77,5 × 57,5 cm,<br />
Sammlung Gerhard Schneider, Olpe<br />
und Solingen<br />
Bernhard Kretzschmar<br />
Von morgens bis mitternachts. Tollheit, 1920<br />
Lithografie, 53 × 40 cm auf 78,5 × 58,5 cm,<br />
Sammlung Gerhard Schneider, Olpe<br />
und Solingen<br />
Bernhard Kretzschmar<br />
Von morgens bis mitternachts. Verführerin.<br />
Die Frau, 1920<br />
Lithografie, 63,5 × 51,7 cm auf 78,5 × 58,5 cm,<br />
Sammlung Gerhard Schneider, Olpe<br />
und Solingen<br />
Seite 190<br />
Bernhard Kretzschmar<br />
Von morgens bis mitternachts. Winterbaum, 1920<br />
Lithografie, 62,5 × 50 cm auf 78,8 × 58,2 cm,<br />
Sammlung Gerhard Schneider, Olpe<br />
und Solingen<br />
Seite 189<br />
Alfred Kubin<br />
Lichtgott, 1911 / 12<br />
Tusche auf Katasterpapier, 39,3 × 32,2 cm,<br />
Leopold Museum, Wien<br />
Seite 54<br />
Wilhelm Lehmbruck<br />
Kopf eines Denkers, 1918<br />
Steinguss, 61 × 62 × 25 cm, Privatsammlung,<br />
Deutschland<br />
Seite 200<br />
Wilhelm Lehmbruck<br />
Weiblicher Torso, 1918<br />
Bronze, 77,2 × 42,7 × 24 cm, Stiftung Wilhelm<br />
Lehmbruck Museum, Zentrum Internationaler<br />
Skulptur, Duisburg<br />
Hans Leip<br />
Revolution, 1919<br />
Holzschnitt, 30 × 14 cm, Museum für Hamburgische<br />
Geschichte<br />
Seite 158<br />
Hans Leip<br />
Revolution, 1923<br />
Holzschnitt, 11 × 8 cm, Museum für Hamburgische<br />
Geschichte<br />
Seite 158<br />
Paul Leni<br />
Umschlag zu <strong>Expressionismus</strong> und Film von Rudolf<br />
Kurtz, 1926<br />
Publikation, 26,5 × 20,8 × 1,9 cm, Deutsche Kinemathek<br />
– Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
Seite 455<br />
17_Anhang_RZ.indd 479 13.10.2010 9:50:31 Uhr<br />
479
Ernst Wilhelm Lotz<br />
Feldpostkarte an Ludwig Meidner, gelaufen<br />
am 8. 7. 1914<br />
Tinte, 8,7 × 14 cm, ST 45 Ludwig Meidner<br />
Nr. 728, Stadtarchiv Darmstadt<br />
Ernst Wilhelm Lotz<br />
Telegramm an Ludwig Meidner, gelaufen<br />
am 1. 8. 1914<br />
20 × 24,2 cm, ST 45 Ludwig Meidner Nr. 729,<br />
Stadtarchiv Darmstadt<br />
Ernst Wilhelm Lotz<br />
Feldpostkarte an Ludwig Meidner, 1914<br />
Tinte, 8,7 × 13,9 cm, ST 45 Ludwig Meidner<br />
Nr. 725, Stadtarchiv Darmstadt<br />
Seite 137<br />
Hans Luckhardt<br />
Dresden, Stallstraße / Ostraallee. Wettbewerbsentwurf.<br />
Deutsches Hygiene Museum, 1920<br />
Bleistift, Kohle, Kreide und Tusche, 61 × 133 cm,<br />
Hans Luckhardt-Archiv, Inv.-Nr. 13.46.3, Akademie<br />
der Künste, Berlin<br />
Seiten 364 / 365<br />
Wassili Luckhardt<br />
Der Kristall auf der Kugel, um 1920<br />
Bleistift, Gouache und Tusche auf Karton,<br />
47 × 97 cm, Wassili Luckhardt-Archiv, Inv.-<br />
Nr. 12.46.54, Akademie der Künste, Berlin<br />
Seiten 349 (Detail), 362<br />
Wassili Luckhardt<br />
Skizze zum Denkmal der Arbeit An die Freude,<br />
um 1920<br />
Bleistift, 24,5 × 32,8 cm, Wassili Luckhardt-<br />
Archiv, Inv.-Nr. 12.46.1, Akademie der Künste,<br />
Berlin<br />
Emil Maetzel<br />
Die Götzenpauke, 1921<br />
Druck nach Linolschnitt, 86 × 61,4 cm, Museum<br />
für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
Seite 446<br />
Adolph Mahnke<br />
Von morgens bis mitternachts, 1922<br />
Staatstheater Dresden, Regie: Berthold<br />
Viertel, Originalfotografie, 9 × 11,8 cm, Theaterwissenschaftliche<br />
Sammlung der Universität<br />
zu Köln<br />
Adolph Mahnke<br />
Von morgens bis mitternachts. Saal der Heilsarmee,<br />
Bühnenbildentwurf, 1922<br />
Staatstheater Dresden, Regie: Berthold<br />
Viertel, Pastell auf Karton, 39,5 × 45 cm,<br />
Theater wissenschaftliche Sammlung der<br />
Universität zu Köln<br />
Seite 175<br />
Adolph Mahnke<br />
Von morgens bis mitternachts. Saal der Heilsarmee,<br />
Bühnenbildentwurf, 1922<br />
Staatstheater Dresden, Regie: Berthold<br />
Viertel, Aquarell und Deckfarbe, 39 × 44,5 cm,<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der<br />
Universität zu Köln<br />
Adolph Mahnke<br />
Von morgens bis mitternachts. Sportpalast.<br />
Bühnenbildentwurf, 1922<br />
Staatstheater Dresden, Regie: Berthold<br />
Viertel, Pastell und Kohle, 45 × 49 cm, Theaterwissenschaftliche<br />
Sammlung der Universität<br />
zu Köln<br />
480<br />
Carl Mayer und Horst Janowitz<br />
Titelblatt des Originaldrehbuchs zu Das Cabinet<br />
des Dr. Caligari, 1919 / 20<br />
Regie: Robert Wiene, Kohle und Tinte,<br />
26,2 × 21 cm, Deutsche Kinemathek –<br />
Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
Seite 323<br />
Ludwig Meidner<br />
Aufgeregte Gesellschaft. Apokalyptische<br />
Gesellschaft, 1913<br />
Bleistift und Tusche auf Pergaminpapier,<br />
36,5 × 50 cm, Sammlung Sander, Darmstadt<br />
Seite 120<br />
Ludwig Meidner<br />
Berliner Kanallandschaft, 1913<br />
Tusche mit Deckweiß auf Velin, 45,8 × 55,3 cm,<br />
Sammlung Sander, Darmstadt<br />
Seite 121<br />
Ludwig Meidner<br />
Das neue Pathos, H. 1, 1913<br />
Zeitschrift, 25 × 18,5 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Ludwig Meidner<br />
Jakob van Hoddis, 1913<br />
Bleistift und Tusche, 56,5 × 46 cm, Institut<br />
<strong>Mathildenhöhe</strong>, Städtische Kunstsammlung<br />
Darmstadt<br />
Seite 118<br />
Ludwig Meidner<br />
Wogende Menge, 1913<br />
Kaltnadel, 17 × 13,8 cm auf 27,1 × 21,2 cm,<br />
Institut <strong>Mathildenhöhe</strong>, Städtische Kunstsammlung<br />
Darmstadt<br />
Seite 122<br />
Ludwig Meidner<br />
Anleitungen zum Malen von Großstadtbildern, 1914<br />
Tinte, 20,9 × 16,4 cm, ST 45 Ludwig Meidner<br />
Nr. 1596, Stadtarchiv Darmstadt<br />
Ludwig Meidner<br />
Hymne in der Kriegszeit, 15. 11. 1914<br />
Tinte, 33 × 21 cm, ST 45 Ludwig Meidner<br />
Nr. 1571, Stadtarchiv Darmstadt<br />
Ludwig Meidner<br />
Potsdamer Platz, Titelblatt, Die Aktion, hrsg. von<br />
Franz Pfemfert, Jg. 4, Nr. 44 / 45, 1914<br />
Zeitschrift, 30,5 × 23 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Seite 123<br />
Ludwig Meidner<br />
Widmungsblatt für Die Aktion, hrsg. von Franz<br />
Pfemfert, Jg. 5, Nr. 1 / 2, 1915<br />
Zeitschrift, 30 × 23 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Ludwig Meidner<br />
Bildnis des Dichters Max HerrmannNeiße, 1919<br />
Kaltnadel, 21 × 15 cm auf 39,5 × 29,7 cm, Leihgabe<br />
der Bundesrepublik Deutschland, Kunstforum<br />
Ostdeutsche Galerie Regensburg<br />
Seite 126<br />
Ludwig Meidner<br />
Polemische Zeichnung, Titelblatt, Das Tribunal, hrsg.<br />
von Carlo Mierendorff, Jg. 1, H. 4, 1919<br />
Zeitschrift, 27,2 × 20 cm, ST 47 Die Dachstube,<br />
Stadtarchiv Darmstadt<br />
Seite 169<br />
Ludwig Meidner<br />
Max HerrmannNeiße, 1920<br />
Tempera auf Karton, 101 × 72 cm, Institut<br />
<strong>Mathildenhöhe</strong>, Städtische Kunstsammlung<br />
Darmstadt<br />
Seite 127<br />
Moriz Melzer<br />
Der Dreiklang, 1920<br />
Aquarell und Bleistift, 30 × 21,8 cm auf<br />
35 × 24 cm, Berlinische Galerie, Landesmuseum<br />
für Moderne Kunst, Fotografie und<br />
Architektur, Berlin<br />
Seite 165<br />
Moriz Melzer<br />
Typografischer Entwurf für die Novembergruppe,<br />
um 1922<br />
Tusche auf blauem Hochglanzpapier,<br />
35,6 × 21,5 cm, Berlinische Galerie, Landesmuseum<br />
für Moderne Kunst, Fotografie und<br />
Architektur, Berlin<br />
Seite 146<br />
Erich Mendelsohn<br />
Imaginäre Skizze einer Villa für E. Mendelsohn.<br />
Hausvisionen, 1917<br />
Bleistift, 20,7 × 16,2 cm, Kunstbibliothek,<br />
Staatliche Museen zu Berlin<br />
Erich Mendelsohn<br />
Imaginäre Skizze zum Observatorium, 1917<br />
Schwarzer Farbstift, 17 × 11,1 cm, Kunstbibliothek,<br />
Staatliche Museen zu Berlin<br />
Erich Mendelsohn<br />
Perspektivische Skizze zum Einsteinturm, 1920<br />
Monodruck, 12,7 × 21 cm, Kunstbibliothek,<br />
Staatliche Museen zu Berlin<br />
Seite 356<br />
Erich Mendelsohn<br />
Arbeitsraum im Einsteinturm, 1921 / 22<br />
Fotografie, 14,7 × 20,4 cm, Kunstbibliothek,<br />
Staatliche Museen zu Berlin<br />
Seite 347<br />
Erich Mendelsohn<br />
Skizze für Frank Lloyd Wright »Bach<br />
Concerto ...«, 1924<br />
Schwarzbrauner Farbstift, 23,1 × 30,8 cm,<br />
Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin<br />
Seite 356<br />
Erich Mendelsohn<br />
Einsteinturm. Kopie des Originalmodells von<br />
1917–1921, 1997<br />
Gips, 60 × 25 × 36 cm, Deutsches Architekturmuseum,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Ludwig Mies van der Rohe<br />
Hochhaus am Bahnhof Friedrichstraße, Berlin,<br />
1921 / 22<br />
Fotografie der Fotomontage, Vintage Print,<br />
Silbergelatineabzug, 27 × 13 cm, Stiftung<br />
Bauhaus Dessau<br />
Seite 211<br />
Ludwig Mies van der Rohe<br />
Hochhaus am Bahnhof Friedrichstraße, Berlin,<br />
1921 / 22<br />
Fotografie der Fotomontage, Vintage Print,<br />
Silbergelatineabzug, 27 × 13 cm, Stiftung<br />
Bauhaus Dessau<br />
17_Anhang_RZ.indd 480 13.10.2010 9:50:31 Uhr
Ludwig Mies van der Rohe (Entwurf) und<br />
Curt Rehbein (Fotografie)<br />
Hochhaus am Bahnhof Friedrichstraße, Berlin,<br />
1921 / 22<br />
Fotografie der Fotomontage, Vintage Print,<br />
Silbergelatineabzug, 27 × 13 cm, Stiftung<br />
Bauhaus Dessau<br />
Seite 418<br />
Felix Müller<br />
Rettet euch Menschen, Titelblatt, Die Aktion, hrsg.<br />
von Franz Pfemfert, Jg. 7, Nr. 39 / 40, 1917<br />
Zeitschrift, 30,5 × 23 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Robert Neppach<br />
Die Wandlung, Szenenreportage von Hermann<br />
Krehan, 1919<br />
Tribüne, Berlin, Regie: Karlheinz Martin,<br />
Aquarell auf Karton, 41,7 × 65 cm, Theaterwissenschaftliche<br />
Sammlung der Universität<br />
zu Köln<br />
Robert Neppach<br />
Die Wandlung. Friedrich und die Mutter, 1919<br />
Tribüne, Berlin, Regie: Karlheinz Martin,<br />
Fotografie, Reproduktion, 15 × 19 cm,<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der<br />
Universität zu Köln<br />
Seite 194<br />
Robert Neppach<br />
Die Wandlung. Platz vor der Kirche, 1919<br />
Tribüne, Berlin, Regie: Karlheinz Martin,<br />
Foto grafie, Reproduktion, 15 × 23,3 cm,<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der<br />
Universität zu Köln<br />
Seite 195<br />
Robert Neppach<br />
Die Wandlung. Szene mit Kriegsinvaliden, 1919<br />
Tribüne, Berlin, Regie: Karlheinz Martin,<br />
Fotografie, Reproduktion, 10 × 13 cm,<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der<br />
Universität zu Köln<br />
Seite 194<br />
Robert Neppach<br />
Die Wandlung. Totentanz, 1919<br />
Tribüne, Berlin, Regie: Karlheinz Martin,<br />
Fotografie, Reproduktion, 15 × 17 cm,<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der<br />
Universität zu Köln<br />
Seite 195<br />
Nerven, 1919<br />
Regie: Robert Reinert, Filmmuseum München /<br />
Edition Filmmuseum<br />
Emil Nolde<br />
Tänzerin, 1913<br />
Lithografie, 60,5 × 78 cm, Sammlung Sander,<br />
Darmstadt<br />
Seite 238<br />
Emil Orlik<br />
Oskar Kokoschka führt Regie, in: Fünfundneunzig<br />
Köpfe, 1920<br />
Publikation, 12 × 7 cm auf 26 × 20 cm, Deutsches<br />
Literaturarchiv Marbach<br />
Max Pechstein<br />
Das Lager, Titelblatt, Der Sturm, hrsg. von Herwarth<br />
Walden, Jg. 2, Nr. 47, 1911<br />
Zeitschrift, 39 × 29,7 cm, Institut <strong>Mathildenhöhe</strong>,<br />
Städtische Kunstsammlung Darmstadt<br />
Max Pechstein<br />
An die Laterne, 1919<br />
Lithografie, 72 × 95 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Seite 149<br />
Max Pechstein<br />
Arbeitsrat für Kunst. Vignette im Programm des<br />
Arbeitsrats Berlin, 1919<br />
Holzschnitt, 19,4 × 31,5 cm, Abeceda<br />
Antiquariat München<br />
Seite 146<br />
Max Pechstein<br />
Titelblatt, An alle Künstler!, 1919<br />
Lithografie, 20,1 × 13,8 cm, Institut <strong>Mathildenhöhe</strong>,<br />
Städtische Kunstsammlung Darmstadt<br />
Seite 34<br />
Franz Pfemfert<br />
Dem Gedächtnis Georg Heym’s, Titelblatt, Die Aktion,<br />
Jg. 3, Nr. 2, 1913<br />
Zeitschrift, 30,5 × 22,5 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Franz Pfemfert<br />
Der Kapitalismus, der das werktätige Volk ...,<br />
Titelblatt, Die Aktion, Jg. 8, Nr. 45 / 46, 1918<br />
Zeitschrift, 30 × 22,5 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Seite 125<br />
Kurth Pinthus<br />
Menschheitsdämmerung, 1919 / 20<br />
Publikation, 21,2 × 13,5 × 2,4 cm, Institut<br />
<strong>Mathildenhöhe</strong>, Städtische Kunstsammlung<br />
Darmstadt<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel, Architekturskizze, 1918 / 19<br />
Kohle, 18,8 × 28 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 393<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel, Skizze für einen Bautenentwurf zum<br />
Film Der Golem, wie er in die Welt kam, 1920<br />
Bleistift, 20,5 × 13 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 392<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel, Skizze für das unrealisierte Filmprojekt<br />
Vineta, 1920<br />
Mischtechnik, 18,8 × 28 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 393<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel (Doppelturm), Skizze für einen Bautenentwurf<br />
zum Film Der Golem, wie er in die Welt kam,<br />
1920<br />
Kohle, 27,2 × 19 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 395<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel (Doppelturm), Skizze für einen Bautenentwurf<br />
zum Film Der Golem, wie er in die Welt kam,<br />
1920<br />
Bleistift, 27,2 × 18,8 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 395<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel (Gewölbe, Golem), Skizze für einen<br />
Bautenentwurf zum Film Der Golem, wie er in die<br />
Welt kam, 1920<br />
Bleistift und Kohle, 27,2 × 18,8 cm, Adolf und<br />
Luisa Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 395<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel (Ghettohäuser), Skizze für einen<br />
Bautenentwurf zum Film Der Golem, wie er in die<br />
Welt kam, 1920<br />
Schwarze Wachskreide, 27,2 × 18,8 cm,<br />
Adolf und Luisa Haeuser-Stiftung für Kunst<br />
und Kulturpflege, Frankfurt a. M.<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel (Ghettohügel), Skizze für einen<br />
Bautenentwurf zum Film Der Golem, wie er in die<br />
Welt kam, 1920<br />
Bleistift, 27,2 × 18,8 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 394<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel (Ghettomauer, Stadttor), Skizze für einen<br />
Bautenentwurf zum Film Der Golem, wie er in die<br />
Welt kam, 1920<br />
Bleistift, 27,2 × 18,9 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 395<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel (Ghettomauer, Stadttor), Skizze für einen<br />
Bautenentwurf zum Film Der Golem, wie er in die<br />
Welt kam, 1920<br />
Bleistift, 27,2 × 18,8 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 395<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel (Ghettomauer, Stadttor), Skizze für einen<br />
Bautenentwurf zum Film Der Golem, wie er in die<br />
Welt kam, 1920<br />
Bleistift, 27,2 × 18,8 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel (Ghettomauer, Stadttor), Skizze für einen<br />
Bautenentwurf zum Film Der Golem, wie er in die<br />
Welt kam, 1920<br />
Schwarze Wachskreide, 27,2 × 18,8 cm,<br />
Adolf und Luisa Haeuser-Stiftung für Kunst<br />
und Kulturpflege, Frankfurt a. M.<br />
Seite 395<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel (Ghettostadt, Straßen), Skizze für einen<br />
Bautenentwurf zum Film Der Golem, wie er in die<br />
Welt kam, 1920<br />
Kohle, 32,5 × 25,5 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 386<br />
17_Anhang_RZ.indd 481 13.10.2010 9:50:31 Uhr<br />
481
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel (Ghettotor), Skizze für einen<br />
Bauten entwurf zum Film Der Golem, wie er<br />
in die Welt kam, 1920<br />
Bleistift, 27,2 × 18,7 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel (Ghettotor, Schlossberg), Skizze<br />
für einen Bautenentwurf zum Film Der Golem,<br />
wie er in die Welt kam, 1920<br />
Bleistift, 27,1 × 18,8 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel (Schlossberg), Skizze für einen<br />
Bautenentwurf zum Film Der Golem, wie er<br />
in die Welt kam, 1920<br />
Bleistift, 27,1 × 21 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel (Torturm), Skizze für einen<br />
Bautenentwurf zum Film Der Golem, wie er<br />
in die Welt kam, 1920<br />
Bleistift, 27,2 × 18,8 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Hans Poelzig<br />
Plakat zum Film Der Golem, wie er in die Welt<br />
kam, 1920<br />
Regie: Paul Wegener, Lithografie, 71,5 × 93,3 cm,<br />
Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin<br />
Seite 389<br />
Hans Poelzig<br />
Plakat zum Film der UFA Union Der Golem,<br />
wie er in die Welt kam, 1920<br />
Regie: Paul Wegener, Lithografie, 141,8 × 93,1 cm,<br />
Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin<br />
Seite 390<br />
Hans Poelzig<br />
Wettbewerbsentwurf. Hochhaus Bahnhof Friedrichstraße,<br />
Berlin. Perspektivische Ansicht Standpunkt D,<br />
Lösung B, 1921 / 22<br />
Kohle auf Transparentpapier, Faksimile,<br />
108 × 75 cm, Archi tek turmuseum der Technischen<br />
Universität Berlin<br />
Seite 419<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel, Architekturskizze, o. J.<br />
Bleistift, 22 × 28 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 387<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel, Architekturskizze, o. J.<br />
Bleistift, 22 × 28 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 392<br />
Hans Poelzig<br />
Ohne Titel, Architekturskizze mit handschriftlicher<br />
Notiz, o. J.<br />
Bleistift, 22 × 27,4 cm, Adolf und Luisa<br />
Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 387<br />
482<br />
Raskolnikow, 1922 / 23<br />
Regie: Robert Wiene, EYE Film Instituut<br />
Nederland, Amsterdam<br />
Otto Reigbert<br />
Der Sohn. Wohnraum, Bühnenbildentwurf, 1919<br />
Stadttheater Kiel, Regie: Gerhard Ausleger,<br />
Deckfarbe auf Karton, 39,5 × 31,5 cm,<br />
Deutsches Theatermuseum, München<br />
Seite 201<br />
Otto Reigbert<br />
Der Sohn. Zimmer des Vaters, Bühnenbildentwurf, 1919<br />
Stadttheater Kiel, Regie: Gerhard Ausleger,<br />
Deckfarbe auf Karton, 46,5 × 32,5 cm,<br />
Deutsches Theatermuseum, München<br />
Seite 179<br />
Otto Reigbert<br />
Trommeln in der Nacht, Bühnenbildentwurf zur<br />
Uraufführung, 1922<br />
Kammerspiele München, Regie: Otto<br />
Falcken berg, Aquarell und Tusche, 25 × 33 cm,<br />
Deutsches Theatermuseum, München<br />
Seite 198<br />
Otto Reigbert<br />
Trommeln in der Nacht, Uraufführung, 1922<br />
Kammerspiele München, Regie: Otto<br />
Falckenberg, Originalfotografie, 12,8 × 21,9 cm,<br />
Deutsches Theatermuseum, München<br />
Seite 199<br />
Otto Reigbert<br />
Trommeln in der Nacht, Uraufführung, 1922<br />
Kammerspiele München, Regie: Otto<br />
Falckenberg, Originalfotografie, 12,1 × 17,2 cm,<br />
Deutsches Theatermuseum, München<br />
Otto Reigbert<br />
Trommeln in der Nacht, Uraufführung, 1922<br />
Kammerspiele München, Regie: Otto<br />
Falckenberg, Originalfotografie, 12,5 × 20,2 cm,<br />
Deutsches Theatermuseum, München<br />
Seite 199<br />
Otto Reigbert<br />
Trommeln in der Nacht. Im Haus des Fabrikbesitzers<br />
Balicke, Bühnenbildentwurf zur Uraufführung, 1922<br />
Kammerspiele München, Regie: Otto Falckenberg,<br />
Aquarell und Tusche, 22,4 × 29,5 cm,<br />
Deutsches Theatermuseum, München<br />
Seite 197<br />
Otto Reigbert<br />
Trommeln in der Nacht. PiccadillyBar, Bühnenbildentwurf<br />
zur Uraufführung, 1922<br />
Kammerspiele München, Regie: Otto<br />
Falckenberg, Aquarell und Tusche, 24 × 31,5 cm,<br />
Deutsches Theatermuseum, München<br />
Seite 197<br />
Walter Reimann<br />
Ohne Titel (Brücke), Bautenentwurf zum Film<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari, 1919<br />
Regie: Robert Wiene, Pastell, 39,5 × 32,7 cm,<br />
Deutsches Filminstitut – DIF / Deutsches Filmmuseum,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 324<br />
Walter Reimann<br />
Passage 1, Szenen bildentwurf zum Film Das Cabinet<br />
des Dr. Caligari, 1919 / 20<br />
Regie: Robert Wiene, Gouache, 27,4 × 32,5 cm,<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und<br />
Fernsehen, Berlin<br />
Seite 329<br />
Walter Rheiner<br />
Kokain. Mit 7 Zeichnungen von Conrad<br />
Felixmüller, 1918<br />
Publikation, 31 × 24,5 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Revolution, hrsg. von Hans Leybold, Franz Jung und<br />
Hugo Ball, Nr. 3, 1913<br />
Zeitschrift, 32 × 23,5 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Seite 128<br />
Revolution, hrsg. von Hans Leybold, Franz Jung und<br />
Hugo Ball, Nr. 4, 1913<br />
Zeitschrift, 32 × 23,5 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Seite 128<br />
Revolution, hrsg. von Hans Leybold, Franz Jung und<br />
Hugo Ball, Nr. 5, 1913<br />
Zeitschrift, 32 × 23,5 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Seite 129<br />
Walter Röhrig<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari, Szenenbild-<br />
entwurf, 1919<br />
Regie: Robert Wiene, Bleistift und Gouache<br />
auf grauem Karton, 21,9 × 28,4 cm, Cinémathèque<br />
française, Paris<br />
Seite 335<br />
Walter Röhrig<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari, Szenenbild-<br />
entwurf, 1919<br />
Regie: Robert Wiene, Bleistift und Kreide,<br />
21,8 × 28,4 cm, Cinémathèque française, Paris<br />
Seite 335<br />
Fritz Schaefler<br />
Von morgens bis mitternachts. Hotelschreibzimmer,<br />
Bühnenbildentwurf, 1921<br />
Neue Bühne München, Regie: Eugen Felber,<br />
Bleistift und Deckfarbe, 24,8 × 30,7 cm, Deutsches<br />
Theatermuseum, München<br />
Seite 191<br />
Fritz Schaefler<br />
Von morgens bis mitternachts. Kassenraum, Bühnenbildentwurf,<br />
1921<br />
Neue Bühne München, Regie: Eugen Felber,<br />
Bleistift und Deckfarbe, 24,8 × 30,7 cm, Deutsches<br />
Theatermuseum, München<br />
Seite 191<br />
Fritz Schaefler<br />
Von morgens bis mitternachts. Sportpalast, Bühnenbildentwurf,<br />
1921<br />
Neue Bühne München, Regie: Eugen Felber,<br />
Bleistift und Deckfarbe, 43 × 32,5 cm, Deutsches<br />
Theatermuseum, München<br />
Seite 192<br />
Fritz Schaefler<br />
Von morgens bis mitternachts. Sportpalast, Bühnenbildentwurf,<br />
1921<br />
Neue Bühne München, Regie: Eugen Felber,<br />
Bleistift und Deckfarbe, 33,2 × 33,7 cm, Deutsches<br />
Theatermuseum, München<br />
Fritz Schaefler<br />
Von morgens bis mitternachts. Verschneites Feld mit<br />
Baum, Bühnenbildentwurf, 1921<br />
Neue Bühne München, Regie: Eugen Felber,<br />
Bleistift und Deckfarbe, 40,3 × 32 cm, Deutsches<br />
Theatermuseum, München<br />
Seite 187<br />
17_Anhang_RZ.indd 482 13.10.2010 9:50:32 Uhr
Rosa Schapire<br />
Brief an Karl Wolfskehl. Unterschriftensammlung<br />
für die Entlassung Karl SchmidtRottluffs aus dem<br />
Heeresdienst, 1917<br />
Typoskript, 22,1 × 14 cm, Deutsches Literatur<br />
archiv Marbach<br />
Rosa Schapire<br />
Unterschriftensammlung für die Entlassung Karl<br />
SchmidtRottluffs aus dem Heeresdienst, 1917<br />
Schreibmaschine, 28,7 × 22,6 cm, Deutsches<br />
Literaturarchiv Marbach<br />
Hans Scharoun<br />
Architekturphantasie, 1919<br />
Aquarell und Bleistift auf Karton, 32 × 23,5 cm,<br />
Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt a. M.<br />
Seite 415<br />
Hans Scharoun<br />
Durchdringung der Form, 1921–1923<br />
Aquarell und Bleistift, 37,8 × 27,7 cm,<br />
Hans Scharoun-Archiv, Inv.-Nr. Sch-10-2369,<br />
Akademie der Künste, Berlin<br />
Seite 368<br />
Hans Scharoun<br />
Ohne Titel, 1921–1923<br />
Aquarell und Bleistift, 41,8 × 33,1 cm,<br />
Hans Scharoun-Archiv, Inv.-Nr. Sch-10-2362,<br />
Akademie der Künste, Berlin<br />
Seite 366<br />
Hans Scharoun<br />
Ohne Titel, 1921–1923<br />
Aquarell, Bleistift und Deckfarbe, 47,6 × 36 cm,<br />
Hans Scharoun-Archiv, Inv.-Nr. Sch-10-2338,<br />
Akademie der Künste, Berlin<br />
Seite 368<br />
Hans Scharoun<br />
Ohne Titel, 1921–1923<br />
Aquarell und schwarzer Stift, 30,3 × 25,5 cm,<br />
Hans Scharoun-Archiv, Inv.-Nr. Sch-10-2368,<br />
Akademie der Künste, Berlin<br />
Seite 369<br />
Hans Scharoun<br />
Theater, 1921–1923<br />
Aquarell und Bleistift, 24,8 × 33,1 cm,<br />
Hans Scharoun-Archiv, Inv.-Nr. Sch-10-2408,<br />
Akademie der Künste, Berlin<br />
Hans Scharoun<br />
Traum einer Frühlingsnacht, 1921–1923<br />
Aquarell, Bleistift und Deckfarbe, 47,8 × 35,9 cm,<br />
Hans Scharoun-Archiv, Inv.-Nr. Sch-10-2335,<br />
Akademie der Künste, Berlin<br />
Hans Scharoun<br />
Verhaltung, 1921–1923<br />
Aquarell und Bleistift, 37,8 × 27,8 cm,<br />
Hans Scharoun-Archiv, Inv.-Nr. Sch-10-2364,<br />
Akademie der Künste, Berlin<br />
Seite 370<br />
Hans Scharoun<br />
Musikhalle, 1922 / 23<br />
Aquarell und Bleistift, 23,2 × 31,7 cm,<br />
Hans Scharoun-Archiv, Inv.-Nr. Sch-10-2403,<br />
Akademie der Künste, Berlin<br />
Hans Scharoun<br />
Angst, 1920er-Jahre<br />
Bleistift, 33 × 20,8 cm, Deutsches Architekturmuseum,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 219<br />
Hans Scharoun<br />
Ohne Titel, 1920er-Jahre<br />
Bleistift und Pastell, 32,9 × 50 cm, Deutsches<br />
Architekturmuseum, Frankfurt a. M.<br />
Hans Scharoun<br />
Ohne Titel, 1920er-Jahre<br />
Pastell, 32,9 × 49,8 cm, Deutsches Architekturmuseum,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Hans Scharoun<br />
Ohne Titel (Turmbau), 1920er-Jahre<br />
Kohle, 23 × 29,2 cm, Deutsches Architekturmuseum,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Hans Scharoun<br />
Ohne Titel (Volkshausgedanken), 1920er-Jahre<br />
Bleistift, 31,5 × 20,5 cm, Deutsches Architekturmuseum,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 34<br />
Paul Scheerbart<br />
Glasarchitektur, Berlin 1914<br />
Publikation, 25 × 13,7 cm, Privatsammlung,<br />
Darmstadt<br />
Egon Schiele<br />
Gedicht Ein Selbstbild, Juli 1910<br />
Tinte, 30 × 19,1 cm, Leopold Museum, Wien<br />
Seite 64<br />
Egon Schiele<br />
Gedicht Nasser Abend, Juli 1910<br />
Tinte, 30 × 19,3 cm, Leopold Museum, Wien<br />
Seite 62<br />
Egon Schiele<br />
Gedicht Tannenwald, 1910<br />
Tinte, 30 × 19 cm, Privatbesitz<br />
Seite 67<br />
Egon Schiele<br />
Liegendes nacktes Mädchen, 1910<br />
Bleistift, 45,1 × 31,9 cm, Leopold Museum, Wien<br />
Seite 66<br />
Egon Schiele<br />
Brief an Hermann Engel. Offenbarung,<br />
September 1911<br />
Tusche, 22,5 × 28,8 cm, Leopold Museum, Wien<br />
Egon Schiele<br />
Selbstseher II. Tod und Mann, 1911<br />
Öl auf Leinwand, 80,5 × 80 cm,<br />
Leopold Museum, Wien<br />
Seiten 61 (Detail), 65<br />
Egon Schiele<br />
Hockende Frau, 1914<br />
Bleistift, 46,4 × 25,5 cm,<br />
Leopold Museum, Wien<br />
Seite 63<br />
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Ornamental verzierter Holzkasten mit aufklappbarem<br />
Deckel und Vorderteil, 1909<br />
Holz, beschnitzt und mehrfarbig gefasst,<br />
14 × 27 × 22 cm, Lentos Kunstmuseum Linz<br />
Seite 77<br />
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Sitzende Frau. Postkarte an Frl Dr phil R Schapire,<br />
gelaufen am 9. 9. 1909<br />
Tusche, 9 × 14 cm, Altonaer Museum für Kunst<br />
und Kulturgeschichte, Stiftung Historische<br />
Museen Hamburg<br />
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Brosche mit den Buchstaben »RS«, 1910<br />
Messingbronze, geritzt und geätzt, 5,5 × 5,3 cm,<br />
Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte,<br />
Stiftung Schleswig-Holsteinische<br />
Landesmuseen Schloss Gottorf<br />
Seite 99<br />
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Runde Messingbrosche, um 1910<br />
Messing, 8,5 cm, Lentos Kunstmuseum Linz<br />
Seite 99<br />
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Zigarettenkästchen mit Aktdarstellungen, 1911<br />
Lindenholz, beschnitzt und mehrfarbig gefasst,<br />
15 × 9 × 8 cm, Lentos Kunstmuseum Linz<br />
Seite 100<br />
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Holzring mit Silberbügel und vier Perlmutteinlagen,<br />
um 1912<br />
Ebenholz, Perlmutt und Silber, 2,9 × 1,8 cm,<br />
2,3 cm (Durchmesser Bügel), Landes museum<br />
für Kunst und Kulturgeschichte, Stiftung<br />
Schleswig-Holsteinische Landesmuseen<br />
Schloss Gottorf<br />
Seite 99<br />
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Holzanhänger als plastisches Ornament, ab 1913<br />
Holz, Aufhängeröse aus Silberdraht,<br />
6,5 × 3,5 × 0,7 cm, Lentos Kunstmuseum Linz<br />
Seite 99<br />
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Zwei Köpfe. Postkarte an Frl Dr Schapire, gelaufen<br />
am 25. 8. 1913<br />
Tusche, 14,3 × 9,3 cm, Altonaer Museum<br />
für Kunst und Kulturgeschichte, Stiftung<br />
Historische Museen Hamburg<br />
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Frauenkopf mit kleiner Rückenfigur. Postkarte an<br />
I H Frl Dr Schapire, gelaufen am 28. 7. 1919<br />
Tusche, 14 × 9,1 cm, Altonaer Museum für Kunst<br />
und Kulturgeschichte, Stiftung Historische<br />
Museen Hamburg<br />
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Mann mit Netzen. Postkarte an I H Frl Dr Schapire,<br />
gelaufen am 1. 8. 1919<br />
Tusche, 13,9 × 9 cm, Altonaer Museum<br />
für Kunst und Kulturgeschichte, Stiftung<br />
Historische Museen Hamburg<br />
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Sitzende Figur. Postkarte an Fräulein<br />
Dr. Ro. Schapire, gelaufen am 29. 8. 1919<br />
Tusche, 14 × 8,7 cm, Altonaer Museum<br />
für Kunst und Kulturgeschichte, Stiftung<br />
Historische Museen Hamburg<br />
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Fischer beim Aalstechen. Postkarte an<br />
I H Frl Dr Schapire, gelaufen am 7. 9. 1919<br />
Bleistift, 14 × 8,7 cm, Altonaer Museum<br />
für Kunst und Kulturgeschichte, Stiftung<br />
Historische Museen Hamburg<br />
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Franziskus, Titelblatt, Das Tribunal, hrsg. von Carlo<br />
Mierendorff, Jg. 2, H. 1, 1920<br />
Zeitschrift, 27,2 × 20 cm, ST 47 Die Dachstube,<br />
Stadtarchiv Darmstadt<br />
17_Anhang_RZ.indd 483 13.10.2010 9:50:32 Uhr<br />
483
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Armreif, 1920–1930<br />
Silber, 6,8 × 0,75 × 0,2 cm, Landesmuseum<br />
für Kunst und Kulturgeschichte, Stiftung<br />
Schleswig-Holsteinische Landesmuseen<br />
Schloss Gottorf<br />
Seite 99<br />
Karl Schmidt-Rottluff<br />
Interieur mit Frau und Blumenvase, 1923<br />
Farbstift, 50 × 42,5 cm, Lentos<br />
Kunstmuseum Linz<br />
Seite 101<br />
Lavinia Schulz<br />
Tanzschrift Vier Sätze der Toten Frau, 1921, S. 1<br />
Lithografie, 44,5 × 58 cm, Museum für Kunst<br />
und Gewerbe Hamburg<br />
Seite 439<br />
Lavinia Schulz<br />
Szenenbildentwürfe für einen geplanten Tanzfilm,<br />
um 1922 / 23<br />
Bleistift, 22,4 × 29 cm, Museum für Kunst<br />
und Gewerbe Hamburg<br />
Seiten 442 / 443<br />
Lavinia Schulz<br />
Tanzmaske Bertchen schwarz, um 1923<br />
Draht, Sackleinen, Schnallen und Watte,<br />
167 × 112 cm, Museum für Kunst und<br />
Gewerbe Hamburg<br />
Seite 444<br />
Lavinia Schulz<br />
Tanzmaske Toboggan Frau, um 1923<br />
Draht, Pappmaché, Sackleinen, Schnallen<br />
und Leder, 145 cm (Höhe Anzug), 63 × 42 cm<br />
(Maske), Museum für Kunst und Gewerbe<br />
Hamburg<br />
Seite 445<br />
Lavinia Schulz<br />
Tanzmaske Tote Frau, um 1923<br />
Draht, Pappmaché, Sackleinen und<br />
Wolle, 178 × 47 cm, Museum für Kunst<br />
und Gewerbe Hamburg<br />
Seite 438<br />
Martin Schwemer<br />
Tanz. Der schwarze Turm, Nr. 5, 1919<br />
Holzschnitt, 21 × 15 cm, Sammlung der Hamburger<br />
Sparkasse, Dauerleihgabe im Museum<br />
für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
Seite 433<br />
Paul Adolf Seehaus<br />
Bergstadt, 1915<br />
Öl auf Leinwand, 100 × 77 cm,<br />
Museum Ludwig, Köln<br />
Seite 327<br />
Richard Seewald<br />
Revolution, Titelblatt, Revolution, hrsg. von Hans<br />
Leybold, Franz Jung und Hugo Ball, Nr. 1, 1913<br />
Zeitschrift, Reprint, 31,5 × 23 cm, Deutsches<br />
Literaturarchiv Marbach<br />
Seite 145<br />
Franz Wilhelm Seiwert<br />
Der Rufer I, 1919 / 20<br />
Bronze, 42 cm, Museum Ludwig, Köln<br />
484<br />
Ludwig Sievert<br />
Penthesilea, Bühnenbildentwurf, 1920<br />
Schauspiel Frankfurt, Regie: Richard Weichert,<br />
Pastell auf Karton, 48,9 × 61,3 cm, Theater-<br />
wissenschaftliche Sammlung der Universität<br />
zu Köln<br />
Seite 330<br />
Ludwig Sievert<br />
Mörder, Hoffnung der Frauen, Bühnenbild-<br />
entwurf, 1922<br />
Oper Frankfurt, Regie: Ernst Lert, Pastell,<br />
46,5 × 56 cm, Theaterwissenschaftliche Sammlung<br />
der Universität zu Köln<br />
Seite 273<br />
Hans Slavos<br />
Mensch gegen Mensch. Propaganda, Blatt 4 von 12,<br />
um 1916<br />
Holzschnitt, 22,2 × 28 cm auf 41,5 × 53,5 cm,<br />
LETTER Stiftung, Köln<br />
Seite 157<br />
Hans Slavos<br />
Mensch gegen Mensch. Demonstration, Blatt 5 von 12,<br />
um 1916<br />
Holzschnitt, 22,1 × 27,8 cm auf 41,2 × 53,7 cm,<br />
LETTER Stiftung, Köln<br />
Seite 156<br />
Hans Slavos<br />
Mensch gegen Mensch. Revolution, Blatt 11 von 12,<br />
um 1916<br />
Holzschnitt, 22 × 28 cm auf 41,1 × 53,7 cm,<br />
LETTER Stiftung, Köln<br />
Seite 156<br />
Heinrich Stegemann<br />
Einladung zum »Abend der Tafelrunde«<br />
7. Febr. 1921, 1921<br />
Holzschnitt, 21 × 10,4 cm, Museum für Kunst<br />
und Gewerbe Hamburg<br />
Seite 433<br />
Heinrich Stegemann<br />
Tanzschrift Vier Sätze der Toten Frau von Lavinia<br />
Schulz, 1921<br />
Holzschnitt, 15,6 × 18,7 cm, Museum für Kunst<br />
und Gewerbe Hamburg<br />
Seite 440<br />
Milly Steger<br />
Auferstehender Jüngling, 1920<br />
Holz, 117 × 32 × 71,5 cm, Städel Museum,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Seite 160<br />
Jakob Steinhardt<br />
Die Stadt, 1913<br />
Öl auf Leinwand, 61 × 40 cm, Nationalgalerie,<br />
Staatliche Museen zu Berlin<br />
Seite 212<br />
Ernst Stern<br />
Der Bettler, Bühnenbildentwurf, 1917<br />
Deutsches Theater, Berlin, Regie: Max<br />
Reinhardt, Aquarell auf Karton, 32 × 45,5 cm,<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der<br />
Universität zu Köln<br />
Seite 196<br />
Ernst Stern<br />
Die Wupper. Ein blühender, gepflegter Garten, 1919<br />
Deutsches Theater, Berlin, Regie: Heinz<br />
Herald, Originalfotografie, 12,5 × 17 cm,<br />
Theater wissenschaftliche Sammlung der<br />
Universität zu Köln<br />
Seite 184<br />
Ernst Stern<br />
Die Wupper. Ein blühender, gepflegter Garten,<br />
Bühnenbildentwurf, 1919<br />
Deutsches Theater, Berlin, Regie: Heinz<br />
Herald, Aquarell, 24 × 32,3 cm, Theaterwissenschaftliche<br />
Sammlung der Universität zu Köln<br />
Seite 185<br />
Ernst Stern<br />
Die Wupper. Jahrmarkt, 1919<br />
Deutsches Theater, Berlin, Regie: Heinz<br />
Herald, Originalfotografie, 13 × 18 cm, Theaterwissenschaftliche<br />
Sammlung der Universität<br />
zu Köln<br />
Seite 184<br />
Ernst Stern<br />
Die Wupper. Jahrmarkt, Bühnenbildentwurf, 1919<br />
Deutsches Theater, Berlin, Regie: Heinz<br />
Herald, Aquarell und Kohle, 54,8 × 68 cm,<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der<br />
Universität zu Köln<br />
Seiten 176, 183 (Detail)<br />
Ernst Stern<br />
Die Autos am 9. November, aus dem Zyklus<br />
Revolution in Berlin, 1919<br />
Lithografie, 50,5 × 68,4 cm, Kunstsammlung,<br />
Inv.-Nr. A390, Akademie der Künste, Berlin<br />
Seite 155<br />
Ernst Stern<br />
Panik im Lustgarten, aus dem Zyklus Revolution in<br />
Berlin, 1919<br />
Lithografie, 50,8 × 58,6 cm, Kunstsammlung,<br />
Inv.-Nr. A338, FS-Slw 1522, Akademie der<br />
Künste, Berlin<br />
Seite 155<br />
Ernst Stern<br />
Streik in Mariendorf, aus dem Zyklus Revolution in<br />
Berlin, 1919<br />
Lithografie, 51 × 68,4 cm, Kunstsammlung,<br />
Inv.-Nr. A366 D2, Akademie der Künste, Berlin<br />
Seite 154<br />
Otto Heinrich Strohmeyer<br />
ChileHaus, aus der Mappe Hamburgische<br />
Abstraktion, 1925<br />
Linoldruck, 45 × 32 cm, Leihgabe Inken Drozd<br />
Seite 414<br />
Bruno Taut<br />
Alpine Architektur. In 5 Teilen und 30 Zeichnungen<br />
des Architekten, Hagen 1919<br />
Publikation, 40 × 33,7 cm, Privatsammlung,<br />
Darmstadt<br />
Bruno Taut<br />
Die Stadtkrone. Mit Beiträgen von Paul Scheerbart,<br />
Erich Baron, Adolf Behne, Jena 1919<br />
Publikation, 25,4 × 19,1 cm, Privatsammlung,<br />
Darmstadt<br />
Bruno Taut<br />
Brief an die Gläserne Kette, Monument des neuen<br />
Gesetzes, 23. 12. 1919<br />
Lichtpause, 34,5 × 22,3 cm, Wenzel-Hablik-<br />
Stiftung, Itzehoe<br />
Seite 372<br />
Bruno Taut<br />
Der Weltbaumeister, Hagen 1920<br />
Publikation, 23,2 × 19,2 × 0,5 cm, Privatsammlung,<br />
Darmstadt<br />
Seite 279<br />
17_Anhang_RZ.indd 484 13.10.2010 9:50:32 Uhr
Bruno Taut<br />
Der Weltbaumeister, Hagen 1920<br />
Publikation, 23 × 19,5 × 0,5 cm, Deutsche<br />
Nationalbibliothek Leipzig<br />
Bruno Taut<br />
Die Auflösung der Städte oder Die Erde eine gute<br />
Wohnung, Hagen 1920<br />
Publikation, 27,6 × 21,7 × 1,2 cm, Privat-<br />
sammlung, Darmstadt<br />
Seite 344<br />
Bruno Taut<br />
Frühlicht, Jg. 1, H. 1, 1921<br />
Zeitschrift, 28,2 × 21,7 cm, Privatsammlung,<br />
Darmstadt<br />
Bruno Taut<br />
Frühlicht, Jg. 1, H. 2, 1921<br />
Zeitschrift, 28,2 × 21,7 cm, Privatsammlung,<br />
Darmstadt<br />
Bruno Taut<br />
Frühlicht, Jg. 1, H. 3, 1921 / 22<br />
Zeitschrift, 28,2 × 21,7 cm, Privatsammlung,<br />
Darmstadt<br />
Bruno Taut<br />
Frühlicht, Jg. 1, H. 4, 1921 / 22<br />
Zeitschrift, 28,2 × 21,7 cm, Privatsammlung,<br />
Darmstadt<br />
Bruno Taut<br />
Glashaus auf der Werkbundausstellung in Köln 1914,<br />
Modell von Arno Ebner und Alexander Gufler, 2005<br />
Folie, Glas, Leuchtmittel, Messing und Stahl,<br />
75 × 130 × 85 cm, Galerie für Architektenmöbel,<br />
Michael Mertens, Berlin<br />
Ernst Toller<br />
Steckbrief, 15. 5. 1919<br />
Faksimile, 25 × 18 cm, Deutsches Literaturarchiv<br />
Marbach<br />
Seite 37<br />
Ernst Toller<br />
Die Wandlung, 1919<br />
Publikation, 18,6 × 11,8 × 0,6 cm, Institut<br />
Mathilden höhe, Städtische Kunstsammlung<br />
Darmstadt<br />
Ernst Toller<br />
Brief an Kurt Tucholsky aus der Haft, 30. 1. 1922<br />
Tinte, Faksimile, 27,5 × 22,5 cm auf 29,7 × 24 cm,<br />
Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
Unbekannt (ehemals im Besitz von<br />
Ernst Ludwig Kirchner)<br />
Leopardenhocker aus Kamerun, 19. Jahrhundert<br />
Abachiholz, 35 × 42 cm, Bündner Kunst-<br />
museum, Chur<br />
Seite 98<br />
Unbekannt<br />
Cocaine Merck, 1900<br />
Farbdruck, 29,3 × 22,7 cm, Merck Corporate<br />
History, Darmstadt<br />
Seite 256<br />
Unbekannt<br />
The Merck Laboratories were the first to manufacture<br />
Cocaine Hydrochlorate, aus: Merck’s 1901 Manual of<br />
the Materia Medica, 1901<br />
Publikation, 16,5 × 10,3 cm, Merck Corporate<br />
History, Darmstadt<br />
Seite 250<br />
Unbekannt<br />
Werbeanzeige aus: Merck’s Report, Jg. 14, H. 6,<br />
Juni 1905, S. 20<br />
Publikation, 16,5 × 12,5 cm auf 33,2 × 24,5 cm,<br />
Merck Corporate History, Darmstadt<br />
Seite 250<br />
Unbekannt<br />
E. Merck’s. Fine Chemicals and Drugs. Cocaine, aus:<br />
The Chemist and Druggist Diary, 1906, S. 355<br />
Fotografie, 24 × 21,5 cm, Merck Corporate<br />
History, Darmstadt<br />
Seite 253<br />
Unbekannt<br />
Cocainum hydrochloricum Merck Ph. G. 5 mit Korkstopfen<br />
und Papiersiegel, o. J.<br />
Glas, 10 cm (Höhe), 5 cm (Durchmesser),<br />
Merck Corporate History, Darmstadt<br />
Seite 249<br />
Unbekannt<br />
Plakat zum Film Das Cabinet des Dr. Caligari, 1920<br />
Regie: Robert Wiene, Lithografie,<br />
126,3 × 94,6 cm, Deutsche Kinemathek –<br />
Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
Seite 317<br />
Unbekannt<br />
Szenenfotografie von Mörder, Hoffnung der Frauen,<br />
Drama von Oskar Kokoschka, 11. 4. 1920<br />
Neues Theater, Frankfurt, Regie: Heinrich<br />
George, Fotografie, Reproduktion, 11 × 17 cm,<br />
Deutsches Theatermuseum, München<br />
Seite 275<br />
Unbekannt<br />
Szenenfotografie der Uraufführung Mörder, Hoffnung<br />
der Frauen, Oper von Paul Hindemith, 26. 3. 1922<br />
Oper Frankfurt, Regie: Ernst Lert, Fotografie,<br />
11,5 × 16,8 cm, Universitätsbibliothek Johann<br />
Christian Senckenberg, Frankfurt a. M.<br />
Seite 275<br />
Unbekannt<br />
Zeitungsausschnitt zur Uraufführung von Sancta<br />
Susanna und Erstaufführung von Mörder, Hoffnung<br />
der Frauen sowie Das NuschNuschi von Paul<br />
Hindemith in Frankfurt, 26. 3. 1922<br />
Oper Frankfurt, Regie: Ernst Lert,<br />
27,8 × 40,5 cm, Hindemith Institut Frankfurt<br />
Unbekannt<br />
Inneneinrichtung der Wohnung Hertling / Werdemann,<br />
Erikastraße 126, Hamburg, 1925<br />
Fotografie, 40 × 30 cm, Museum für Kunst<br />
und Gewerbe Hamburg<br />
Seite 453<br />
Unbekannt<br />
Inneneinrichtung der Wohnung Hertling / Werdemann,<br />
Erikastraße 126, Hamburg, 1925<br />
Fotografie, 40 × 30 cm, Museum für Kunst<br />
und Gewerbe Hamburg<br />
Seite 453<br />
Unbekannt<br />
Inneneinrichtung der Wohnung Hertling / Werdemann,<br />
Erikastraße 126, Hamburg, 1925<br />
Fotografie, 30 × 40 cm, Museum für Kunst<br />
und Gewerbe Hamburg<br />
Seite 453<br />
Unbekannt<br />
Künstlerfest Der siebente Krater, 1925<br />
Fotografie, 15 × 10,5 cm, Privatbesitz<br />
Seite 42<br />
Unbekannt<br />
Bar in der Wohnung von Carl M. H. Wilkens,<br />
Am Jungfernstieg 12 / Neuer Wall 2, um 1925<br />
Fotografie, 40 × 30 cm, Hamburger Kunsthalle<br />
Seite 450<br />
Unbekannt<br />
Decke im Damenschlafzimmer in der Wohnung<br />
von Carl M. H. Wilkens, Am Jungfernstieg 12 / Neuer<br />
Wall 2, um 1925<br />
Fotografie, 40 × 30 cm, Hamburger Kunsthalle<br />
Unbekannt<br />
Diele in der Wohnung von Carl M. H. Wilkens,<br />
Am Jungfernstieg 12 / Neuer Wall 2, um 1925<br />
Fotografie, 40 × 30 cm, Hamburger Kunsthalle<br />
Unbekannt<br />
Eingangstür von innen in der Wohnung von Carl M. H.<br />
Wilkens, Am Jungfernstieg 12 / Neuer Wall 2, um 1925<br />
Fotografie, 40 × 30 cm, Hamburger Kunsthalle<br />
Seite 449<br />
Unbekannt<br />
Fassade der Wohnung von Carl M. H. Wilkens,<br />
Am Jungfernstieg 12 / Neuer Wall 2, um 1925<br />
Fotografie, 40 × 30 cm, Hamburger Kunsthalle<br />
Seite 448<br />
Unbekannt<br />
Herrenschlafzimmer in der Wohnung von Carl M. H.<br />
Wilkens, Am Jungfernstieg 12 / Neuer Wall 2, um 1925<br />
Fotografie, 40 × 30 cm, Hamburger Kunsthalle<br />
Seite 450<br />
Unbekannt<br />
Musikzimmer in der Wohnung von Carl M. H. Wilkens,<br />
Am Jungfernstieg 12 / Neuer Wall 2, um 1925<br />
Fotografie, 40 × 30 cm, Hamburger Kunsthalle<br />
Seite 450<br />
Unbekannt<br />
Podium in der Wohnung von Carl M. H. Wilkens,<br />
Am Jungfernstieg 12 / Neuer Wall 2, um 1925<br />
Fotografie, 40 × 30 cm, Hamburger Kunsthalle<br />
Seite 451<br />
Unbekannt<br />
Treppenhaus zur Wohnung von Carl M. H. Wilkens,<br />
Am Jungfernstieg 12 / Neuer Wall 2, um 1925<br />
Fotografie, 30 × 40 cm, Hamburger Kunsthalle<br />
Unbekannt<br />
Gästebuch des Hotel Traube in Darmstadt von<br />
1898–1930, 1925, S. 196 f.<br />
Publikation, 26,2 × 19 cm, ST 52-05 Gästebücher,<br />
Stadtarchiv Darmstadt<br />
Unbekannt<br />
Betrachtungsglas, 1920er-Jahre<br />
Aluminium und Glas, 60 × 40 cm, Filmmuseum<br />
Romboy, Wesseling<br />
Seite 283<br />
Von morgens bis mitternachts, 1920<br />
Regie: Karlheinz Martin, Filmmuseum<br />
München / Edition Filmmusem<br />
17_Anhang_RZ.indd 485 13.10.2010 9:50:32 Uhr<br />
485
Aby Warburg<br />
»Frl. Schapire benahm sich eigenartig grün ...«.<br />
Brief an seine Frau Mary, 27. 9. 1907<br />
Tinte, Faksimile, 28,8 × 22,3 cm, The Warburg<br />
Institute Archive, London<br />
Hermann Warm<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari. Modell der Gefängniszelle,<br />
1965<br />
Regie: Robert Wiene, Holzleisten, Farbe und<br />
Pappe, 24 × 25,5 × 20,5 cm, Deutsche Kinemathek<br />
– Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
Seite 311<br />
Hermann Warm<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari. Modell des Jahrmarktwagens,<br />
1965<br />
Regie: Robert Wiene, Farbe, Holz, Metall und<br />
Stoff, 30 × 36 × 53,5 cm (Set), 15 × 16 × 19 cm<br />
(Wagen), Deutsche Kinemathek – Museum für<br />
Film und Fernsehen, Berlin<br />
Seite 312<br />
Hermann Warm<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari. Modell des Rat<br />
hauses, 1965<br />
Regie: Robert Wiene, Elektrokabel, Farbe,<br />
Holz, Metall, Plexiglas, Stoff und Trafo,<br />
27 × 35 × 58 cm, Deutsche Kinemathek –<br />
Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
Seite 312<br />
Hermann Warm<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari. Modell des Wohnzimmers,<br />
1965<br />
Regie: Robert Wiene, Elektrokabel,<br />
Farbe, Holz, Metall, Plexiglas und Stoff,<br />
27 × 35 × 58 cm, Deutsche Kinemathek –<br />
Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
Seite 312<br />
William Wauer<br />
Herwarth Walden, 1917<br />
Bronze, 52 × 37 × 35 cm, Stiftung<br />
Moritzburg, Kunstmuseum des Landes<br />
Sachsen-Anhalt, Halle<br />
Seite 54<br />
Sascha Wiederhold<br />
Umschlaggestaltung zu Kasimir Edschmid, Stehe von<br />
Lichtern gestreichelt (Reihe: Die Silbergäule, hrsg.<br />
von Paul Steegemann), Hannover 1919<br />
Gouache auf Pappe, 22,7 × 14,8 × 1,3 cm, Berlinische<br />
Galerie, Landesmuseum für Moderne<br />
Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin<br />
Seite 424<br />
Sascha Wiederhold<br />
Umschlaggestaltung zu Melchior Vischer, Sekunde<br />
durch Hirn: ein unheimlich schnell rotierender Roman<br />
(Reihe: Die Silbergäule, hrsg. von Paul Steegemann),<br />
Hannover 1920<br />
Gouache auf Pappe, 22,7 × 15,2 × 1,3 cm, Berlinische<br />
Galerie, Landesmuseum für Moderne<br />
Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin<br />
Seite 424<br />
Sascha Wiederhold<br />
Umschlaggestaltung zu Wilhelm Klemm, Traum <br />
schutt: Gedichte (Reihe: Die Silbergäule, hrsg. von<br />
Paul Steegemann), Hannover 1920<br />
Gouache auf Pappe, 22,7 × 14,8 × 1,3 cm, Berlinische<br />
Galerie, Landesmuseum für Moderne<br />
Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin<br />
Seite 425<br />
486<br />
Ignaz Wiemeler<br />
Die gelbe Posaune der 7, 1920<br />
Linoldruck, 73 × 48 cm, Museum für Kunst<br />
und Gewerbe Hamburg<br />
Seite 429<br />
Ignaz Wiemeler<br />
Die gelbe Posaune der 7, 1920<br />
Linoldruck, 73 × 48 cm, Museum für Kunst<br />
und Gewerbe Hamburg<br />
Seite 447<br />
Mary Wigman<br />
Hexentanz, Ausschnitt aus dem Film Mary Wigman<br />
Danser, 1929<br />
Det Danske Filminstitut, Kopenhagen<br />
Walter Würzbach und Rudolf Belling<br />
ScalaRestaurant. Tanzkasino in Berlin, aus:<br />
Wasmuths Monatshefte für Baukunst, Jg. 6, H. 7 / 8,<br />
1921 / 22, S. 238 f.<br />
Fotografie, 31 × 24,5 × 3 cm, Wissenschaftliche<br />
Stadtbibliothek, Mainz<br />
Seite 49<br />
Olga Zuntz<br />
Wohnung von Rosa Schapire, Osterbekstraße 43,<br />
Hamburg, nach 1924<br />
Fotografie, 7,7 × 10,1 cm, Privatbesitz<br />
Seite 75<br />
Olga Zuntz<br />
Wohnung von Rosa Schapire, Osterbekstraße 43,<br />
Hamburg, nach 1924<br />
Fotografie, 9,9 × 7,6 cm auf 13,7 × 8,7 cm,<br />
Privatbesitz<br />
Seite 77<br />
Olga Zuntz<br />
Wohnung von Rosa Schapire, Osterbekstraße 43,<br />
Hamburg, nach 1924<br />
Fotografie, 6,2 × 7,9 cm auf 8,1 × 13,5 cm,<br />
Privatbesitz<br />
17_Anhang_RZ.indd 486 13.10.2010 9:50:33 Uhr
Ausgewählte Literatur A<br />
Robert V. Adkinson, The Cabinet of Dr. Caligari.<br />
A Film by Robert Wiene, Carl Mayer and Hans<br />
Janowitz, London 1972.<br />
Theodor Wiesengrund Adorno, »Expressionis-<br />
mus und künstlerische Wahrhaftigkeit«, in:<br />
Die neue Schaubühne, 2, 1920. Wieder<br />
abgedr. in: Thomas Anz und Michael Stark<br />
(Hrsg.), <strong>Expressionismus</strong>. Manifeste und<br />
Dokumente zur deutschen Literatur 1910–1920,<br />
Stuttgart 1982.<br />
Die Aktion. Sprachrohr der expressionistischen<br />
Kunst, bearb. von Alfred M. Fischer, Ausst.-Kat.<br />
Städtisches Kunstmuseum Bonn, Bonn 1984.<br />
Aktion und Sturm. Holzschneidekunst und<br />
Dich tung der Expressionisten, hrsg. von<br />
Elmar Mittler und Jan-Jasper Fast, bearb.<br />
von Carmen und Werner Hafner, Ausst.-Kat.<br />
Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek<br />
Göttingen (Paulinerkirche),<br />
Göttingen 2003.<br />
Anthony Alofsin, Frank Lloyd Wright. The Lost<br />
Years 1910–1922. A Study of Influence, Chicago<br />
/ London 1993.<br />
An alle Künstler!, Berlin 1919.<br />
Stefan Andriopoulos, Besessene Körper. Hypnose,<br />
Körperschaften und die Erfindung des Kinos,<br />
München 2000.<br />
Ernst Angel, »Ein ›expressionistischer‹ Film«, in:<br />
Die Neue Schaubühne, 2, 1920.<br />
Andreas Anglet, »Das frühexpressionistische<br />
›<strong>Gesamtkunstwerk</strong>‹ als Traumspiel bei<br />
Kokoschka, Pappenheim und Schönberg«,<br />
in: Arcadia, 37, 2, 2002.<br />
Georg Anschütz, FarbeTonForschungen, Bd. 1,<br />
Leipzig 1927.<br />
Thomas Anz, Literatur des <strong>Expressionismus</strong>,<br />
Stuttgart 2002.<br />
Thomas Anz und Michael Stark (Hrsg.),<br />
<strong>Expressionismus</strong>. Manifeste und Dokumente<br />
zur deutschen Literatur 1910–1920, Stuttgart<br />
1982.<br />
Thomas Anz und Michael Stark (Hrsg.), Die<br />
Modernität des <strong>Expressionismus</strong>, Stuttgart /<br />
Weimar 1994.<br />
The Apocalyptic Landscapes of Ludwig Meidner,<br />
bearb. von Carol S. Eliel, Ausst.-Kat. Los<br />
Angeles County Museum of Art, Los Angeles<br />
1990.<br />
Arbeitsrat für Kunst Berlin 1918–1921, Ausst.-Kat.<br />
Akademie der Künste Berlin, Berlin 1980.<br />
Der Architekt Ernst Ludwig Kirchner. Diplomarbeit<br />
und Studienentwürfe 1901–1905, München 1999<br />
(mit einer Einf. von Meike Hoffmann).<br />
Willi Aron, »Opernkrise, Opernreform, Opernregie«,<br />
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17_Anhang_RZ.indd 488 13.10.2010 9:50:33 Uhr
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Das graphische Werk, 2 Bde., New York<br />
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Annemarie und Wolf-Dieter Dube, Ernst Ludwig<br />
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Wolf-Dieter Dube, Der <strong>Expressionismus</strong> in Wort<br />
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Werner Durth und Niels Gutschow, Träume in<br />
Trümmern. Planungen zum Wiederaufbau zerstörter<br />
Städte im Westen Deutschlands, Bd. 2,<br />
Braunschweig / Wiesbaden 1988.<br />
Werner Durth und Paul Sigel, Baukultur. Spiegel<br />
gesellschaftlichen Wandels, Berlin 2009.<br />
Manfred Durzak, Das expressionistische Drama.<br />
Carl Sternheim, Georg Kaiser, München 1978.<br />
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Nora Eckert, Das Bühnenbild im 20. Jahrhundert,<br />
Berlin 1998.<br />
Kurt Eisner, »Der sozialistische Staat und der<br />
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Lotte Eisner, Die dämonische Leinwand (1952),<br />
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Lotte Eisner, »A Contribution to the Definition of<br />
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Literary Phenomenon, Budapest / Paris, 1973,<br />
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Lotte Eisner, »Der Einfluß des expressionistischen<br />
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1900–1933. Übereinstimmungen und Gegen sätze<br />
Frankreich – Deutschland, Ausst.-Kat. Centre<br />
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Hamburg 1928.<br />
Andreas Engelhardt, »Ernst Tollers Stationendrama<br />
›Die Wandlung‹ auf der expressionistischen<br />
Experimentierbühne ›Die Tribüne‹«, in: Hans-<br />
Peter Bayerdörfer u. a., Judenrollen / Stage<br />
Representations of Jews. Darstellungsformen<br />
im europäischen Theater von der Restauration<br />
bis zur Zwischenkriegszeit, Berlin / New York<br />
2008, S. 237–254.<br />
Entfesselt. <strong>Expressionismus</strong> in Hamburg um 1920,<br />
hrsg. von Rüdiger Joppien, Ausst.-Kat.<br />
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg,<br />
Hamburg 2006.<br />
Erich Mendelsohn 1887–1953. Gedankenwelten. Unbekannte<br />
Texte zu Architektur, Kulturgeschichte<br />
und Politik, hrsg. von Ita Heinze-Greenberg<br />
und Regina Stephan, Ostfildern 2000.<br />
Ernst Ludwig Kirchner 1880–1938, Ausst.-Kat.<br />
Nationalgalerie Berlin u. a., München 1979.<br />
Ernst Ludwig Kirchner. Retrospektive, hrsg. von<br />
Felix Krämer, Ausst.-Kat. Städel Museum<br />
Frankfurt am Main, Ostfildern 2010.<br />
Ernst Ludwig Kirchner und die Kunst Kameruns,<br />
hrsg. von Lucius Grisebach, Ausst.-Kat.<br />
Museum Rietberg, Zürich; Museum der Weltkulturen<br />
Frankfurt am Main, Zürich 2008.<br />
Espressionismo tedesco. Arte e società, hrsg.<br />
von Stephanie Barron und Wolf-Dieter Dube,<br />
Ausst.-Kat. Palazzo Grassi Venedig, Mailand<br />
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Europäischer <strong>Expressionismus</strong>, bearb. von Ingrid<br />
Krause und Paul Vogt, Ausst.-Kat. Haus<br />
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Moderne Paris, München 1970.<br />
Lisbeth Exner, »Franz Pfemfert oder: Die Seligkeit<br />
des Kampfes«, in: Aktion und Sturm.<br />
Holzschneidekunst und Dichtung der Expressionisten,<br />
hrsg. von Elmar Mittler und Jan-Jasper<br />
Fast, Ausst.-Kat. Niedersächsische Staats- und<br />
Universitätsbibliothek Göttingen (Paulinerkirche),<br />
Göttingen 2003.<br />
<strong>Expressionismus</strong>. Die zweite Generation 1915–1925,<br />
hrsg. von Stephanie Barron, Ausst.-Kat. Kunstmuseum<br />
Düsseldorf und Staatliche Galerie<br />
Moritzburg Halle, München 1989.<br />
<strong>Expressionismus</strong> in Dresden im ersten Viertel<br />
unseres Jahrhunderts (Dresdner Hefte, 14),<br />
Dresden 1988.<br />
<strong>Expressionismus</strong>. Literatur und Kunst, hrsg. von<br />
Bernhard Zeller, Ausst.-Kat. Schiller-Nationalmuseum<br />
(Kat.-Nr. 7), Marbach 1960.<br />
Expressionist Utopias. Paradise, Metropolis, Architectural<br />
Fantasy, hrsg. von Timothy O. Benson,<br />
Ausst.-Kat. Los Angeles County Museum of<br />
Art, Seattle 1993.<br />
Die Expressionisten. Vom Aufbruch bis zur Verfemung,<br />
hrsg. von Gerhard Kolberg, Ausst.-Kat.<br />
Museum Ludwig Köln, Ostfildern 1996.<br />
Expressionistisches Theater, bearb. von Eckehart<br />
Nölle, Ausst.-Kat. Deutsches Theatermuseum<br />
München, München 1980.<br />
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Hans W. Fischer, »Die Götzenpauke«, in: Neue<br />
Hamburger Zeitung, 14. 2. 1921.<br />
Hans W. Fischer, Hamburger Kulturbilderbogen.<br />
Eine Kulturgeschichte 1909–1922, neu hrsg.<br />
und kommentiert von Kai-Uwe Scholz u. a.,<br />
Hamburg 1998.<br />
Lothar Fischer, Anita Berber. Göttin der Nacht,<br />
2. Aufl., Berlin 2007.<br />
Lothar Fischer, George Grosz, Reinbek 1976.<br />
Robert Fischer, Das Cabinet des Dr. Caligari,<br />
Stuttgart 1985.<br />
Erika Fischer Lichte, Kurze Geschichte des deutschen<br />
Theaters, Tübingen / Basel 1993.<br />
Marianne de Fleury, Cinéma expressioniste allemande.<br />
Splendeur d’une collection, Paris 2006.<br />
Roger Fornoff, Die Sehnsucht nach dem <strong>Gesamtkunstwerk</strong>.<br />
Studien zu einer ästhetischen<br />
Konzeption der Moderne, Diss. Hannover 2003,<br />
Hildesheim 2004.<br />
Eberhard Freitag, Arnold Schönberg, Reinbek<br />
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Ivo Frenzel (Hrsg.), Friedrich Nietzsche. Werke,<br />
München / Wien 1999.<br />
Sigmund Freud, »Beitrag zur Kenntnis der Cocainwirkung«<br />
(1885), in: ders., Schriften über<br />
Kokain (1996), hrsg. von Albrecht Hirschmüller,<br />
2. Aufl., Frankfurt a. M. 1999, S. 87–98.<br />
Sigmund Freud, Gesammelte Werke, hrsg. von<br />
Anna Freud, Bd. XIV (1948), Frankfurt a. M.<br />
1999.<br />
Sigmund Freud, Schriften über Kokain (1996),<br />
hrsg. von Albrecht Hirschmüller, 2. Aufl.,<br />
Frankfurt a. M. 1999.<br />
Sigmund Freud, »Selbstdarstellung« (1925), in:<br />
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in: Das »Dritte Reich« und die Musik, Berlin<br />
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Gerald Köhler, »Zum Raum wird hier das Licht.<br />
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hrsg. von Ingrid Pfeiffer und Max<br />
Hollein, Ausst.-Kat. Schirn Kunsthalle Frankfurt<br />
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und Birgit Dalbajewa, Ausst.-Kat. Staatliche<br />
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Siegfried Kracauer, Von Caligari zu Hitler. Eine<br />
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Siegfried Kracauer, Das Ornament der Masse.<br />
Essays, Frankfurt a. M. 1977.<br />
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Wolken überflaggt. Gedichte, Leipzig 1916,<br />
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Ernst Wilhelm Lotz, Wolkenüberflaggt. Gedichte,<br />
Leipzig 1916.<br />
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Ludwig Meidner. Zeichner, Maler, Literat.<br />
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in: Zeitschrift für Kunstgeschichte,<br />
1, 1986.<br />
Klaus Mann, Kind dieser Zeit (1932), Reinbek<br />
2005.<br />
Klaus Mann, Der Wendepunkt. Ein Lebensbericht<br />
(1942), erw. Neuausg., Reinbek 2006.<br />
Thomas Mann, Politische Reden und Schriften,<br />
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Laura Marholm, Zur Psychologie der Frau, Bd. 1,<br />
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Georg Marzynski, Die Methode des <strong>Expressionismus</strong>.<br />
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17_Anhang_RZ.indd 492 13.10.2010 9:50:34 Uhr
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1887–1953. Gedankenwelten. Unbekannte Texte<br />
zu Architektur, Kulturgeschichte und Politik,<br />
hrsg. von Ita Heinze-Greenberg und Regina<br />
Stephan, Ostfildern 2000.<br />
Erich Mendelsohn, Gedankenwelten. Unbekannte<br />
Texte zu Architektur, Kulturgeschichte und<br />
Politik, hrsg. von Ita Heinze-Greenberg und<br />
Regina Stephan, Ostfildern 2000.<br />
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<strong>Expressionismus</strong> 1890–1918, München 2000.<br />
Modell Bauhaus. 90 Jahre Bauhaus, hrsg. von<br />
Bauhaus-Archiv Berlin, Museum für Gestaltung<br />
u. a., Ausst.-Kat. Bauhaus-Archiv Berlin u. a.,<br />
Ostfildern 2009.<br />
Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis<br />
1950. <strong>Expressionismus</strong> und Neue Sachlichkeit,<br />
hrsg. von Vittorio Magnago Lampugnani und<br />
Romana Schneider, Ausst.-Kat. Deutsches<br />
Architekturmuseum Frankfurt am Main,<br />
Ostfildern 1994.<br />
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17_Anhang_RZ.indd 494 13.10.2010 9:50:35 Uhr
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17_Anhang_RZ.indd 495 13.10.2010 9:50:35 Uhr<br />
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Hans M. Wingler, Das Bauhaus 1919–1933.<br />
Weimar, Dessau, Berlin, Köln 1962.<br />
Georg Jacob Wolf und F. Wolter (Hrsg.), Münchner<br />
Künstlerfeste. Münchner Künstlerchroniken,<br />
München 1925.<br />
Alfred Wolkenstein (Hrsg.), Die Erhebung. Jahrbuch<br />
für neue Dichtung und Wertung, Berlin 1919.<br />
Wilhelm Worringer, Abstraktion und Einfühlung.<br />
Ein Beitrag zur Stilpsychologie, München 1908.<br />
Wilhelm Worringer, »Vorwort zur dritten Auflage«,<br />
in: Abstraktion und Einfühlung. Ein Beitrag zur<br />
Stilpsychologie, München 1918.<br />
Wulf Wülfing u. a., Handbuch literarischkultureller<br />
Vereine, Gruppen und Bünde 1825–1933, Stuttgart<br />
/ Weimar 1998.<br />
496<br />
Z<br />
Michael Zepter, »Das karnevalistische Ding<br />
an sich. Kölner Künstlerfeste zwischen den<br />
Weltkriegen«, in: Rheinisches Jahrbuch für<br />
Volkskunde, 31, 1995–1998, S. 81–140.<br />
Bruno Zevi, »Le tre stagioni dell’espressionismo<br />
architettonico«, in: Espressionismo tedesco.<br />
Arte e società, hrsg. von Stephanie Barron und<br />
Wolf-Dieter Dube, Ausst.-Kat. Palazzo Grassi<br />
Venedig, Mailand 1997, S. 99 ff.<br />
Reinhard Zimmermann, Die Kunsttheorie von<br />
Wassily Kandinsky, Bd. 1: Darstellung, Berlin<br />
2002.<br />
Verena Zimmermann, Das gemalte Drama. Die<br />
Vereinigung der Künste im Bühnenbild des<br />
deutschen <strong>Expressionismus</strong>, Diss. Aachen 1997.<br />
Walter Zimmermann, »Wem gehört die Gotik?«,<br />
in: Hannes Böhringer und Beate Söntgen<br />
(Hrsg.), Wilhelm Worringers Kunstgeschichte,<br />
München 2002.<br />
Viktor Žmegač, »Exkurs über den Film im Umkreis<br />
des <strong>Expressionismus</strong>«, in: Sprache im<br />
technischen Zeitalter, 35, Juli / Sept. 1970.<br />
Stefan Zweig, Die Welt von Gestern. Erinnerungen<br />
eines Europäers, Frankfurt a. M. 2010.<br />
17_Anhang_RZ.indd 496 13.10.2010 9:50:35 Uhr
Die Autoren<br />
Thomas Anz<br />
geb. 1948 in Göttingen, Studium der Neueren<br />
deutschen Literaturwissenschaft, Linguistik und<br />
Soziologie. 1976 Promotion, 1987 Habilitation<br />
in München.<br />
1981/82 Feuilletonredakteur der Frankfurter<br />
All gemeinen Zeitung, 1982 bis 1990 in München<br />
wissenschaftlicher Assistent und Privatdozent,<br />
1990 bis 1998 Professor für Neuere deutsche<br />
Literaturwissenschaft an der Universität Bamberg,<br />
danach an der Universität Marburg. 2004 bis<br />
2007 Erster Vorsitzender des Deutschen Germanistenverbandes,<br />
im WS 2009 / 10 Gastprofessur<br />
am Exzellenzcluster Languages of Emotion der<br />
FU Berlin.<br />
Publikationen u. a.: Literatur der Existenz. Literarische<br />
Psychopathographie und ihre soziale Be<br />
deutung im Frühexpressionismus (1977); <strong>Expressionismus</strong>.<br />
Manifeste und Doku mente zur deutschen<br />
Literatur 1910–1920 (1982); Die Modernität des Ex<br />
pressionismus (1994); Lite ratur des Expressinismus<br />
(2002); Marcel ReichRanicki (2004); Literaturkritik.<br />
Geschichte, Theorie, Praxis (2004); Psychoanalyse<br />
in der literarischen Moderne, Bd. I (2006);<br />
Handbuch Literaturwissenschaft, 3 Bde. (2007).<br />
Astrid Becker<br />
geb. 1971, Studium der Kunstgeschichte, Klassischen<br />
Archäologie und Geschichte in Köln und Berlin. 2006<br />
Promotion in Köln.<br />
Von 1999 bis 2009 Volontariat und Aus stel lungsassistenz<br />
bei der ALTANA Kultur stiftung, Bad<br />
Homburg. Kuratorin der Aus stellungen Gabriele<br />
Münter. »Verwandlung der Wirklichkeit«. Druckgraphik<br />
aus der Sammlung des Lenbachhauses,<br />
München (2007), Walter Moroder – Alberto<br />
Giacometti. Geheime Welt (2008). Seit 2009<br />
wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut<br />
Mat hildenhöhe in Darmstadt.<br />
Publikationen und Aufsätze: Karl SchmidtRottluff.<br />
Die »Pranke des Löwen«. Die Druckgraphik (2004);<br />
Bernd Koberling – Aquarelle. »Wunderbare Inseln<br />
zur Entdeckung« (2007); Gabriele Münter. »Verwand<br />
lung der Wirklichkeit« (2007); Alberto<br />
Giacometti. »Der Riß in der Welt«. Die weibliche<br />
Figur in Zeichnung und Druckgraphik (2008);<br />
Sabine Kuehnle. The Voyage Out. Fahrt ins Ungewisse<br />
(2009); Max Beckmann. Selbst und Weltbild<br />
in den Themen Caféhaus und Tanz (2010).<br />
Beiträge in Faszination Venus. Bilder einer Göttin<br />
von Cranach bis Cabanel (2000); Max Beckmann.<br />
Spektakel des Lebens. Arbeiten auf Papier (2001);<br />
60 Jahre – 60 Werke (2009).<br />
Leonie Beiersdorf<br />
geb. 1980 in Bad Kreuznach, Studium der Betriebswirtschaftslehre<br />
in Mainz und der Kunstgeschichte in<br />
Cambridge und London (M. A.).<br />
Von 2007 bis 2009 Volontärin in der Abteilung<br />
Jugendstil / Moderne am Museum für Kunst und<br />
Gewerbe Hamburg. Kuratorin der Ausstellungen<br />
Inspiration Mittelalter. Holzschnitte der Hamburgischen<br />
Sezession (2007); Rosa. Eigenartig grün.<br />
Rosa Schapire und die Expressionisten (2009).<br />
Studien zur Erinnerungskultur der BRD und DDR.<br />
Promotionsstudium zum »Wandel der Erinnerungszeichen<br />
in ostdeutschen Städten 1989–2009« an<br />
der Humboldt-Universität zu Berlin.<br />
Publikationen: Inspiration Mittelalter. Holz schnitte<br />
der Hamburgischen Sezession (2007); Rosa.<br />
Eigen artig grün. Rosa Schapire und die Expressionisten<br />
(2009).<br />
Ralf Beil<br />
geb. 1965 in Kobe / Japan, Studium der Kunstgeschichte,<br />
Germanistik und Philosophie in Freiburg<br />
im Breisgau und Paris. Promotion in Essen.<br />
Von 1990 bis 1998 freier Ausstellungskurator<br />
und Kunstkritiker für Artefactum, Neue Zürcher<br />
Zeitung, KunstBulletin, Kunstforum International.<br />
1999 bis 2003 Ausstellungskurator und Konservator<br />
der Gemälde- und Skulpturensammlung am<br />
Kunstmuseum Bern. 2004 / 05 Konservator und<br />
Ausstellungs kurator für 20. und 21. Jahrhundert<br />
am Musée Cantonal des Beaux-Arts Lausanne.<br />
Seit Januar 2006 Direktor des Instituts <strong>Mathildenhöhe</strong><br />
Darmstadt.<br />
Ausstellungen und Publikationen u. a.: Ilya<br />
Kaba kov. 50 Installationen (2000); Black Box.<br />
Der Schwarzraum in der Kunst (2001); Zeitmaschine.<br />
Oder: Das Museum in Bewegung<br />
(2002); Künstlerküche. Lebensmittel als Kunstmaterial<br />
von Schiele bis Jason Rhoades (2002);<br />
Le monde selon François Dubois (2003); Albert<br />
Oehlen. Peintures / Malerei 1980–2004. Selbstportrait<br />
mit 50millionenfacher Geschwindigkeit<br />
(2004); Didier Rittener. Eccentric Society (2005);<br />
Mathilda is calling. Erinnerung als Zukunft (2006);<br />
Christian Boltanski. Zeit (2006); Janet Cardiff &<br />
George Bures Miller. The Killing Machine und<br />
andere Geschichten (2007); Andreas Gursky.<br />
Archi tektur (2008); Russland 1900. Kunst und<br />
Kul tur im Reich des letzten Zaren (2008); Masken.<br />
Metamorphosen des Gesichts von Rodin bis<br />
Picasso (2009); Nedko Solakov. Emotions<br />
(with out masks) (2009); Joseph Maria Olbrich<br />
1867–1908. Architekt und Gestalter der frühen<br />
Moderne (2010).<br />
Camilla Bork<br />
geb. 1975, Studium der Musikwissenschaft, Komparatistik,<br />
Publizistik und Violine in Mainz und Berlin.<br />
2001 Promotion mit einer Arbeit zu Paul Hindemith.<br />
Wissenschaftliche Assistentin am Musikwissenschaftlichen<br />
Seminar der Humboldt-Universität<br />
Berlin. 2003 bis 2005 Postdoc-Stipendiatin des<br />
DAAD am Music Department in Stanford, dort<br />
u. a. Forschungen zur Figur des Virtuosen und der<br />
Diskussion über musikalische Aufführung im frühen<br />
19. Jahrhundert. Derzeit Arbeit an einem Projekt<br />
zu Repräsentationen des Violinvirtuosen 1800<br />
bis 1840, unterstützt durch ein Stipendium des<br />
European Network for Musicological Research.<br />
Forschungsschwerpunkte: Verbindungen von Kultur-<br />
und Musikgeschichte, die Aufführungsdimension<br />
von Musik in Konzert und Oper, Fragen der<br />
Musikhistoriografie und Genderforschung sowie<br />
die Wechselbeziehungen von Musik und Politik.<br />
Publikationen u. a.: »Epochenwandel im Werk?<br />
– Paul Hindemiths Sonate für Vio lon cello und<br />
Klavier op. 11, 3 in den Fas sungen von 1919 und<br />
1921«, in: Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft für<br />
mit telrheinische Musikgeschichte, 74 / 75 (2002);<br />
»Wendung zur Komödie: Hindemiths Ein akter ›Das<br />
Nusch-Nuschi‹«, in: HindemithJahrbuch, 2004 /<br />
XXXIII (2004); Im Zei chen des <strong>Expressionismus</strong>.<br />
Kompo sitionen Paul Hindemiths im Kontext des<br />
Frankfurter Kul turlebens um 1920 (2006);<br />
»Choreo graphierte Musik: Paul Hindemith und<br />
der Tanz«, in: Die Beziehung von Musik und<br />
Choreographie im Ballett (2007); »Pädagogische<br />
Musik als Kunstmusik? Zu den Violinduetten Paul<br />
Hindemiths«, in: Kunst lernen. Meisterwerke<br />
päda gogischer Musik im 20. Jahrhundert (2008);<br />
Musikalische Analyse und kulturelle Kontextualisierung.<br />
Gewidmet Reinhold Brinkmann (2009).<br />
17_Anhang_RZ.indd 497 13.10.2010 9:50:36 Uhr<br />
497
Gerda Breuer<br />
geb. 1948 in Aachen, Studium der Kunstgeschichte,<br />
Baugeschichte, Philosophie und Soziologie<br />
in Aachen. Promotion in Kunstgeschichte an der<br />
TH Aachen.<br />
1985 bis 1990 Leiterin Industriemuseum Cromford<br />
(Ratingen), 1990 bis 1995 Stellvertretende<br />
Direktorin des Instituts Mathilden höhe Darmstadt.<br />
Seit 1995 Lehrstuhl für Kunst- und Designgeschichte<br />
der Bergischen Universität Wuppertal.<br />
Leiterin der Designsammlung der Universität und<br />
Geschäftsführerin des Instituts für angewandte<br />
Kunst- und Bildwissenschaft. Internationale Lehr-,<br />
Museums- und Ausstellungstätigkeit. Seit 2005<br />
Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats der<br />
Stiftung Bauhaus Dessau.<br />
Publikationen u. a.: Ludwig Meidner 1884–1966.<br />
Maler, Zeichner, Literat, 2 Bde. (1991); Wendingen.<br />
Amsterdamer Expres sionismus (1992); Wenzel<br />
Hablik. Architek turvisionen (1994); Werner Graeff<br />
1901–1978. Der Künstleringenieur (2010); Max<br />
Burchartz. 1887–1961. Künstler. Typograf. Päda goge<br />
(2010); Hans Schwippert 1899–1973. Moderation<br />
des Wiederaufbaus (2010).<br />
Claudia Dillmann<br />
geb. 1954 in Geisenheim. Volontariat bei einer Tageszeitung,<br />
anschließend Redakteurin der Frankfurter<br />
Rundschau. Studium der Germanistik, Kunstgeschichte<br />
sowie Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften in<br />
Frankfurt a. M. (M. A.).<br />
Anschließend Kuratorin am Deutschen Filmmuseum<br />
in Frankfurt a. M. Ausstellungen und<br />
Publikationen zur Geschichte des Films, zur<br />
Filmarchitektur, zum westdeutschen Nachkriegsfilm<br />
oder zur russischen Avantgarde. 1990 bis<br />
1997 stellvertretende Direktorin des Deutschen<br />
Filmmuseums. Seit 1997 Direktorin des Deutschen<br />
Filminstituts – DIF. Gründerin von goEast<br />
– Festival des mittel- und osteuropäischen Films<br />
in Wies baden. Chefredakteurin von filmportal.de,<br />
der zentralen Internet-Plattform zum deutschen<br />
Kinofilm. Seit 2004 Präsidentin der Associa tion<br />
des Cinémathèques Européenes. Seit der Fusion<br />
im Januar 2006 Direktorin des Deutschen Filminstituts<br />
– DIF und des Deutschen Filmmuseums.<br />
Publikationen u. a.: Perspektiven zur Geschichte<br />
der filmischen Wahrnehmung (1986); Artur Brauner<br />
und die CCC. Film geschäft, Produktionsalltag,<br />
Studiogeschichte 1946–1990 (1990); »Schurkenstücke.<br />
Entflechtung und Lex UFI«, in: Das Ufa<br />
Buch (1992); Sergej Eisenstein im Kontext<br />
der russischen Avantgarde 1920–1925 (1992);<br />
»Die Wirkung der Archi tektur ist eine magische.<br />
Hans Poelzig und der Film«, in: Hans Poelzig.<br />
Bauten für den Film (1997); »Neuer Deutscher<br />
Film«, in: Recherche: Film. Quellen und Methoden<br />
der Film forschung (1997); 50 Jahre DIF. Deutsches<br />
Filminstitut (1999); »Kino für alle?«, in: Realitäten<br />
und Visionen. Hilmar Hoffmann zu Ehren<br />
(2000); »Zu bittere Kräuter. Zeugin aus der Hölle.<br />
Die Produktion und Rezeption eines ›riskanten‹<br />
Films«, in: Die Vergangenheit in der Gegenwart.<br />
Konfrontationen mit den Folgen des Holocaust im<br />
deut schen Nachkriegs film (2001); »Der Filmproduzent<br />
Artur Brauner«, in: Artur Brauner. Produzent,<br />
Producer (2002); 2 × 20. Juli. Die Doppelverfilmung<br />
von 1955 (2004); Sein Haus für den Film<br />
(2005); »Die Zürcher Verlobung 1957«, in: Fredy<br />
Bockbein trifft Mister Dynamit. Filme auf den zweiten<br />
Blick (2007); »Wirklichkeit im Spiel. Film und<br />
Filmarchitektur«, in: Hans Poelzig 1869 bis 1936.<br />
Architekt, Lehrer, Künstler (2007).<br />
498<br />
Werner Durth<br />
geb. 1949 in Mengeringhausen, Studium der<br />
Archi tektur und Stadtplanung an der Technischen<br />
Hochschule Darmstadt, Soziologie und Philo so-<br />
phie an der Goethe-Universität in Frankfurt a. M.<br />
1976 Promotion.<br />
Nach 1976 Lehraufträge für Urbanistik und<br />
Stadtsoziologie in Bremen und Hannover,<br />
seit 1978 wissenschaftlicher Mitarbeiter am<br />
Institut für Sozio logie an der TH Darmstadt.<br />
1981 Professor für Umweltgestaltung an der<br />
Johannes Gutenberg-Universität Mainz, ab<br />
1993 Professor für Grundlagen moderner Architektur<br />
und Entwerfen an der Universität Stuttgart.<br />
Seit 1998 Professor für Geschichte und<br />
Theorie der Architektur an der TU Darmstadt.<br />
Ausstellungen und Publikationen zur Ge -<br />
schichte der Architektur und Stadtplanung<br />
u. a.: Die Inszenierung der Alltagswelt. Zur Kritik<br />
der Stadtgestaltung (1977); Deutsche Architekten.<br />
Biographische Verflechtungen 1900–1970<br />
(1986); Träume in Trümmern. Planun gen zum<br />
Wiederaufbau im Westen Europas 1940–1960,<br />
2 Bde. (1988); Ostkreuz / Aufbau. Architektur<br />
und Stadtplanung der DDR, 2 Bde. (1998);<br />
Berlin – Pariser Platz. Neubau der Akademie<br />
der Künste (2005); Baukultur. Spie gel gesellschaftlichen<br />
Wandels (2009).<br />
Joachim Fontaine<br />
geb. 1962 in Neunkirchen / Saar, Studium der Musik,<br />
Musikwissenschaft, Philosophie und Germanistik<br />
in Saarbrücken, Paris und Oxford.<br />
Tätigkeit als Moderator und Autor verschiedener<br />
Rundfunkanstalten, Buch- und Musikverlage.<br />
Übernahme von Lehraufträgen an Universität<br />
und Hochschule. 1996 bis 2006 tätig als Studienrat.<br />
Seit 2006 Verantwortlicher Leiter des<br />
Projekts Mise en Musique in Luxemburg.<br />
Publikationen zu Musikästhetik, Historischer<br />
Auf führungspraxis und Musikgeschichte zwischen<br />
1870 und 1945. Neben der pädagogischen<br />
und publi zistischen Tätigkeit Konzertauftritte.<br />
Aufnahmen für verschiedene CD-Labels (cpo,<br />
BMG-Arte Nova, K 617, querstand u. a.) und<br />
Rundfunkanstalten (Saarländischer Rundfunk,<br />
SWR, WDR, BR, ARD, EBU).<br />
Petra Gehring<br />
geb. 1961 in Düsseldorf, Studium der Philo sophie,<br />
Politikwissenschaft und Rechtswissen schaften<br />
in Gießen, Marburg und Bochum. Promotion in<br />
Bochum, Habilitation in Hagen.<br />
Seit 2002 Professorin für Phi lo so phie am<br />
Insti tut für Philosophie der TU Darmstadt.<br />
Forschungsschwerpunkte: Meta physik und<br />
Metaphysikkritik im 19. und 20. Jahr hundert,<br />
klassische und nachklassische Phäno meno logie,<br />
(Post-) Strukturalismus, Theo rie- und Machtgeschichte<br />
der Lebenswissen schaf ten und ihre<br />
Technologien, neue Medien, Philosophische<br />
Begriffsgeschichte, Metaphorologie.<br />
Publikationen u. a.: Foucault. Die Philo sophie<br />
im Archiv (2004); Was ist Biomacht? Vom<br />
zweifel haften Mehrwert des Lebens (2006);<br />
Ambivalenzen des Todes. Wirklichkeit des Sterbens<br />
und Todestheo rien heute (2007); Traum<br />
und Wirk lichkeit. Zur Geschichte einer Unterscheidung<br />
(2008); Michel Foucault. Geometrie<br />
des Verfahrens (2009); Theorien des Todes<br />
(2010); Raumprobleme (2010); sowie zahlreiche<br />
Aufsätze.<br />
Justin Hoffmann<br />
geb. 1955 in Cham / Oberpfalz, Studium der<br />
Kunst erziehung, Neueren Geschichte, Kom mu nikationswissenschaft<br />
und Kunstgeschichte in München.<br />
Promotion in München. Kurator, Musiker (FSK)<br />
und Kunsthistoriker.<br />
War Dozent u. a. an der Hochschule für Gestaltung<br />
Karlsruhe, der Akademie der bildenden<br />
Künste Wien, der HBK Braunschweig, an der Merz<br />
Akademie Stuttgart, der Akademie der Bildenden<br />
Künste München. Gastprofessor an der Kunstuniversität<br />
Linz. Seit 2004 Leitung des Kunstvereins<br />
Wolfsburg.<br />
Publikationen u. a.: Süddeutsche Freiheit. Kunst<br />
der Revolution in München 1919 (1993); Destruktionskunst.<br />
Der Mythos der Zerstörung in der<br />
Kunst der frühen sech ziger Jahre (1995); Gustav<br />
Metzger. Manifeste. Schriften. Konzepte (1997);<br />
Das Phantom sucht seinen Mörder. Ein Reader zur<br />
Kulturalisierung der Ökonomie (1999); Strips &<br />
Characters. Kunst unter dem Einfluss von Comics<br />
(2004); NonStop. Ein Reader zur Ambivalenz<br />
von Krieg und Frieden (2005); Der Traum von der<br />
Zeichenmaschine (2006); Next Level. Die Lust<br />
am Spiel in der Netzwerkgesellschaft (2007);<br />
Work Fiction (2007); In the Shadows (2008);<br />
Tribute to Gustav Metzger (CD und Booklet,<br />
2008); Best of 50 Years (2010).<br />
Uli Jung<br />
geb. 1955, Studium der Germanistik und Anglistik<br />
in Aachen, Worcester, Mass., und Trier. Promotion<br />
in Trier.<br />
Filmhistoriker und Dozent im Fach Anglistik<br />
an der Universität Trier. Freier Mitarbeiter der<br />
Cinémathèque de la Ville de Luxembourg und<br />
Herausgeber von deren akademischer Buchreihe<br />
Filmgeschichte international (seit 1993).<br />
Publikationen u. a.: Filmkultur zur Zeit der<br />
Wei ma rer Republik (1992); Robert Wiene. Der<br />
CaligariRegisseur (1995); Dracula. Filmanalytische<br />
Studien zu einem Motiv der viktorianischen<br />
PopulärLiteratur (1997); Geschichte des dokumentarischen<br />
Films, Bd. 1: Kaiserreich 1895–1918<br />
(2005); sowie zahlreiche Aufsätze zur deut-<br />
schen und internationalen Filmgeschichte.<br />
Gerald Köhler<br />
geb. 1959 in Wuppertal, Studium der Theater-,<br />
Film- und Fernsehwissenschaft, Kunstgeschichte und<br />
Bibliothekswissenschaft an der Universität zu Köln.<br />
1993 Promotion in Köln.<br />
Seit 1993 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der<br />
Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität<br />
zu Köln, dort Kustos der Graphischen<br />
Sammlungen. Seit 1993 Dozent an der Universität<br />
zu Köln im Fachbereich Medienkulturwissenschaft.<br />
Forschungsschwerpunkte: Themenkreise<br />
Theater und Gewalt, Theater und bildende Kunst,<br />
Theater der Weimarer Republik.<br />
Publikationen u. a.: »›Alle warten auf das Licht‹.<br />
Zur elektrischen Beleuchtung auf der Theaterbühne«,<br />
in: Unbedingt modern sein. Elektrizität<br />
und Zeitgeist um 1900 (2001); Das Instrumentale<br />
Thea ter des Gustav Rudolf Sellner (2002);<br />
»Moderne und Tradition in der Operninszenierung<br />
zwischen 1920 und 1945«, in: Das »Dritte<br />
Reich« und die Musik (2006); »Zum Raum wird<br />
hier das Licht. Der szenische Theaterkosmos von<br />
László Moholy-Nagy«, in: László MoholyNagy.<br />
Retro spektive (2009); »›Das Bild war in ständiger<br />
Bewegung‹. Zu Kandinskys Bildern einer<br />
17_Anhang_RZ.indd 498 13.10.2010 9:50:36 Uhr
Aus stellung«, in: Kandinsky. Punkt und Linie zu<br />
Fläche. Kandinsky am Bauhaus (2009); »Menschensohn<br />
statt Gottessohn. Zur sakralisierten<br />
Bühne der Expressionisten«, in: Christus an Rhein<br />
und Ruhr. Zur Wiederentdeckung des Sakralen in<br />
der Moderne 1910–1930 (2009).<br />
Steffen Krämer<br />
geb. 1963 in Offenbach a. M., Studium der Kunstgeschichte,<br />
Klassischen Archäologie, Philosophie, Vor-<br />
und Frühgeschichte an den Universitäten in Frankfurt<br />
a. M., Heidelberg und München. 1995 Promotion,<br />
2004 Habilitation.<br />
1995 bis 2000 wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
am Kunsthistorischen Institut der Universität<br />
München. 2003 bis 2007 wissenschaftlicher<br />
Lehrbe auf tragter an der Hochschule für Gestaltung<br />
Karlsruhe im Bereich Kunstwissenschaft<br />
und Medientheorie. Seit 2005 Privatdozent am<br />
Kunsthistorischen Institut der Universität<br />
München. Forschungsschwerpunkte: Mittelalterliche<br />
Baukunst, Architektur / Architekturtheorie<br />
und Städte- und Siedlungsbau vom 19. bis<br />
zum 21. Jahrhundert.<br />
Publikationen u. a.: Die postmoderne Archi tekturlandschaft.<br />
Museumsprojekte von James Stirling<br />
und Hans Hollein (1995); Münchner Moderne.<br />
Kunst und Architektur der zwanziger Jahre (2002);<br />
»›Urbanität durch Dichte‹. Die neue Maxime im<br />
deutschen Städte- und Siedlungsbau der 1960er<br />
Jahre«, in: Denkmal! Moderne. Architektur der<br />
60er Jahre (2007); Herrschaftliche Grablege und<br />
lokaler Heiligenkult. Architektur des englischen<br />
Decorated Style (2007); »No Place like Utopia«,<br />
in: Space between People. How the Virtual Changes<br />
Physical Architecture (2008); »Lichtdom und<br />
Kaufpalast. Das Warenhaus Tietz in Düsseldorf«,<br />
in: Joseph Maria Olbrich 1867–1908. Architekt und<br />
Gestalter der frühen Moderne (2010).<br />
Susanne Neubronner<br />
geb. 1979 in Goslar. Studium der Angewandten<br />
Kulturwissenschaften in den Bereichen Kunst- und<br />
Bildwissenschaften, Sprache und Kommunikation<br />
sowie Kulturinformatik in Lüneburg (M. A.).<br />
Seit 2005 Mitarbeit u. a. in der Katalogredak tion<br />
diverser Filmfestivals. 2007 bis 2008 Volontariat<br />
im Bereich Sonderausstellungen am Deutschen<br />
Filmmuseum – DIF in Frankfurt a. M., 2008 bis<br />
2009 Koordination und Kuratorium von Sonderausstel<br />
lungen, Redaktion von Begleitpublikationen und<br />
Organisation der Frankfurter Kinowoche für das<br />
Deutsche Filminstitut in Frankfurt a. M. Seit 2009<br />
freie Redakteurin und Ausstellungskoordinatorin.<br />
Mitarbeit an Ausstellungsprojekten u. a.: Die<br />
endgültige Wahrheit über Arnold Hau!? (2007);<br />
Anime! High Art. Pop Culture (2008); Jim Rakete:<br />
1 / 8 Sek. Augen. Blick. Porträts (2008); Lost<br />
Media: Found (2009); Bernhard Grzimek zum<br />
100. Geburtstag (2009).<br />
Wolfgang Pehnt<br />
geb. 1931 in Kassel, Studium der Germanistik,<br />
Kunst geschichte und Philosophie an den Universitäten<br />
Marburg, München und Frankfurt a. M.<br />
1956 Promotion in Frankfurt a. M. 1995 Ernennung<br />
zum Professor.<br />
1957 bis 1963 Lektor im Verlag Gerd Hatje, Stuttgart.<br />
1963 bis 1995 Redakteur. Ab 1974 Leiter der<br />
Abteilung Literatur und Kunst im Deutsch landfunk<br />
(DeutschlandRadio), Köln. 1995 bis 2009 Lehrtätigkeit<br />
an der Ruhr-Uni ver sität Bochum.<br />
Mitgliedschaften u. a.: Akademie der Künste,<br />
Berlin; Bayerische Akademie der Schönen Künste,<br />
München; Nordrhein-Westfälische Akademie der<br />
Wissenschaften und Künste, Düsseldorf; Ehrenmitglied<br />
Deutscher Werkbund NRW. Zahlreiche<br />
Auszeichnungen, zu letzt 2009 Deutscher Preis für<br />
Denkmalschutz (Karl Friedrich Schinkel-Ring).<br />
Publikationen u. a.: Die Architektur des <strong>Expressionismus</strong><br />
(1973, erweitert 1998); Deutsche<br />
Archi tektur seit 1900 (2005); Monografien über<br />
Rudolf Schwarz, Karljosef Schattner, Gottfried<br />
Böhm, Hans Poelzig; Aufsatzbände. Zahlreiche<br />
Publikationen in Fachzeitschriften, Katalogen,<br />
Nachschlage werken, Sammelbänden, Tageszeitungen<br />
(u. a. Frankfurter Allgemeine Zeitung),<br />
Rundfunkprogrammen. Co-Kurator internationaler<br />
Ausstellungen zu Schwarz und Poelzig.<br />
Rüdiger Schütt<br />
geb. 1966 in Hamburg. Studium der Germanistik<br />
und Philosophie in Hannover und Hamburg. Promotion<br />
mit einer Arbeit über Hans Leip.<br />
Seit 1993 Organisation von Literaturausstellungen<br />
und Publikationen über deutschspra chige Autoren<br />
des 18. bis 20. Jahrhunderts. Seit 2001 Germanist<br />
und wissenschaft licher Bibliothekar in Kiel.<br />
Publikationen u. a.: Hans Leip und die Hamburger<br />
Künstlerfeste (1993); Artist, Royalist, Anarchist.<br />
Das Leben des Baron Detlev Freiherr von Liliencron<br />
1844–1909 (1994); WRWlt, o Urakkord. Die<br />
Welten des Richard Dehmel (1995); Bohemiens<br />
und Biedermänner. Die Hamburger Gruppe 1925<br />
bis 1931 (1996); »Zu allererst antikonservativ«.<br />
Kurt Hiller 1885–1972 (1998); Hans W. Fischer.<br />
Hamburger Kulturbilderbogen. Eine Kulturgeschichte<br />
1909–1922 (1998); »Dichter gibt es nur<br />
im Himmel«. Leben und Werk von Hans Leip<br />
1893–1948 (2001); Carl Friedrich Cramer. Revolutionär,<br />
Professor und Buchhändler (2002);<br />
»Ein Mann von Feuer und Talenten«. Leben und<br />
Werk von Carl Friedrich Cramer (2005); Hans<br />
Leip. Tage und Nächtebuch der Hamburger Puppenspiele.<br />
Expressionistisches Puppentheater in<br />
Hamburg (2005); Zwischen den Kriegen. Werner<br />
Riegel, Klaus Rainer Röhl und Peter Rühmkorf.<br />
Briefwechsel mit Kurt Hiller 1953–1971 (2009);<br />
Gorch Fock. Mythos, Marke, Mensch. Aufsätze<br />
zu Leben, Werk und Wirkung des Schriftstellers<br />
Johann Kinau 1880–1916 (2010).<br />
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499
Register<br />
Mit � versehene Seitenzahlen verweisen auf<br />
zentrale Stellen, Lexikon-Stichwörter oder Text-<br />
dokumente, kursiv gesetzte auf Abbildungen.<br />
500<br />
A<br />
Adler, Friedrich (1878–1942) 42, 42, 428, 430,<br />
430, 431 f.<br />
Adorno, Theodor W. (1903–1969) 18, 36, 44<br />
Albers, Josef (1888–1976) 407<br />
Andrejew, Andrej (1887–1967) 282, 301 ff., 301 f.,<br />
306, �462, �469<br />
Anger, Herbert, Die Revolution 151, 151<br />
Appia, Adolphe (1862–1928) 55, 272<br />
Arbeitsrat für Kunst (ARK, Berlin) 14, 17, 18, �23,<br />
�35 f., 44, 144, 146, 146, 147, 150, �166 f., 282,<br />
341 f., 360, 360 f., 404, 411, �462, 463, 464,<br />
465, 466, 467, 468, 469, 470, 471; �s. auch<br />
Gläserne Kette<br />
– Flugblätter 35, 44, 150, �166 f., 404<br />
– Ja! – Stimmen des Arbeitsrats ... (1919)<br />
23, 36, 404<br />
– Programm (1918) 144, 341 f., 346<br />
– Ruf zum Bauen. Zweite Publikation ... (1920)<br />
360, 360 f.<br />
– Vignette (Pechstein, 1919) 146, 146, 404<br />
Arpke, Otto (1886–1943) 15, 15, 332, 332<br />
Ausleger, Gerhard (1891–1969) 179, 179, 201, 201<br />
B<br />
Bab, Julius (1880–1955) 271, 274<br />
Bachmair, Heinrich F. S. (1889–1960) 147, 148<br />
Bahn, Roma (1896–1975) 467, 469, 471<br />
Bahr, Hermann (1863–1934) 28, 48, 471<br />
Ball, Hugo (1886–1927) 31, 32, 44, �47, 52, 55,<br />
128 f., 128 f., 145, 150, �462, 463, 465, 466,<br />
467, 469, 471<br />
– Briefe an Maria Hildebrand (1914) 31, 32,<br />
44, �47<br />
– Revolution (Zeitschrift) 128 f., 128 f., 145, 462,<br />
467; �s. auch Zeitschriften<br />
Barlach, Ernst (1870–1938) 17, 32, 44, 52, 130 f.,<br />
130 f., 174, 292, 292, 379<br />
– Engelskopf. Kopf des Güstrower Ehrenmals<br />
(1927) 292, 292<br />
– Der heilige Krieg (1914) 130, 130<br />
– Der Rächer (1914 / 1957) 32, 131, 131<br />
Barnowsky, Victor (1875–1952) 181, 181, 465,<br />
471, 472<br />
Bartning, Otto (1883–1959) 20, 20 f., 35, 166, 342,<br />
354 f., 354 f., 396, 396, �462, 464, 469, 471<br />
Bastl, Alois (1872–1947) 379<br />
Bauhaus 36, 40, 52, 144, 320, 338, 342, 376, 380,<br />
398, 398, �400, 401, 401, �404–411, 405, 406,<br />
409 f., 428, 435, 464, 466, 468, 470, 472<br />
– Ausstellung 1923 406, 406, 407<br />
– Haus A. Sommerfeld, Berlin (1920/21) �407,<br />
409, 409<br />
– Manifest (April 1919) 36, 52, 376, �400, 401,<br />
401, 404, 407; (Kathedrale, Feininger) 376,<br />
404, 405, 405, �407<br />
– Villa am Strand (Feininger, 1921 / 22) 398, 398<br />
– Werkstättentrakt, Dessau (L. Moholy, 1926)<br />
407, 409, 409<br />
Becce, Giuseppe (1877–1973) 316, 319 f.<br />
Becher, Johannes R. (1891–1958) 111, 148, 150, 204,<br />
�462, 466, 467, 469<br />
Beckmann, Max (1884–1950) 18, 44, 52, 147, 168,<br />
168, 207, 379<br />
Behne, Adolf (alias Ekkehard, 1885–1948) 35, 36,<br />
43, 166 f., 341, 342, 376, 379, 380, 383, 411,<br />
�462, 463, 466, 471<br />
Behrens, Peter (1868–1940) 28, 48, 338, �462, 464,<br />
468, 471<br />
Belling, Rudolf (1886–1972) 14, 34, 34, 35, 36, 44,<br />
49, 49, 144, 164, 164, 166, 462, �463, 464, 468,<br />
472<br />
Benn, Gottfried (1886–1956) 17, 31, 43, �253, 376,<br />
383, 462, �463, 464, 466, 467, 468, 469, 470<br />
Berber, Anita (1899–1928) 14, 38, �38 f., 45, 242,<br />
243, 248, 248, �249, 251, 251 f., 252, 254 f.,<br />
254 f., �463, 464, 466, 471<br />
– Kokain (Gedicht / Tanz, mit S. Droste, 1922)<br />
14, 39, 45, 242, 243, �249, 252, 252<br />
– Morphium (Tanz, 1922) 39, 248, 248, 251, 251,<br />
– Plakat (1925) 38, 38 f.<br />
– Porträts (Dix, 1925) 38, 38, 245, 245<br />
– Die Prostitution / Das gelbe Haus (1919)<br />
39, 244, 244, 463, �464, 466, 467, 471<br />
– Die Tänze des Lasters ... (Tanz / Publikation)<br />
39, �249, 254 f., 254 f., 463<br />
Berg, Alban (1885–1935) �463, 467, 470, 472;<br />
– Wozzeck (1922) 17, 18, 40, 45, 268, �271, 274,<br />
463, 467, �472<br />
Bergson, Henri (1859–1941) 236, 379<br />
Berliner Secession 107, 144, 462, �463, 464, 465,<br />
466, 467, 468, 470<br />
Biallowons, Hugo (1879–1916) 32, 73, 78, 79, 90–93,<br />
90–93, 466<br />
Birinski, Leo (1884–1951), Das Wachsfigurenkabinett<br />
(1923 / 24) 259, 259, 285, 285, �471<br />
Der Blaue Reiter (Almanach, 1912) 31, 52, 104, 106,<br />
106, �271, 463, 466, 467, 470<br />
Der Blaue Reiter (Künstlergruppe) 14, 31, 52, 55,<br />
104, 107, 108, 144, 148, 150, 462, �463, 466,<br />
467, 470<br />
Blei, Franz (1871–1942) 31, 46, 465<br />
Bleyl, Fritz (1880–1966) 28, 463<br />
Bloch, Ernst (Simon, 1885–1977) 18, 70, 411<br />
Blümner, Rudolf (1873–1945) 52, 471<br />
Boccioni, Umberto (1882–1916) 338, 379<br />
Boese, Carl (Eduard Hermann, 1887–1958),<br />
Der Golem ... (1920) �s. Filme<br />
Böhm, Dominikus (1880–1955) 376, 383<br />
Brecht, Bertolt (1898–1956) 462, �463, 466, 469,<br />
470, 471, 472<br />
– Trommeln in der Nacht (1919) 197 ff., 197 ff.,<br />
470, �471<br />
Breuer, Marcel (1902–1981) 35, 404, 406, 406,<br />
409, 409, 468<br />
Brod, Max (1884–1968) 150, 278, 462, 469,<br />
470, 472<br />
Brücke (Künstlervereinigung) 14, 28, 31, 35, 43,<br />
70, 73, 76, 104, 107, 108, 111, 147, 379, 404,<br />
462, �463, 465, 466, 468, 469, 470<br />
– Programm (Kirchner, 1906) 28, 80, 80, 104<br />
Buber, Martin (1878–1965) 18, 28, 110, 147, 468<br />
Buch, Fritz Peter (1884–1964) 175, 175<br />
Büchner, Georg (1813–1837), Woyzeck (1837) 40,<br />
268, �271, 274, 463, 466, �472<br />
Burchartz, Max (1887–1961) 299 f., 299 f.<br />
C<br />
Cabaret Voltaire (Zürich) 28, 55, 56<br />
Café Größenwahn (Café des Westens, Berlin)<br />
�48, 107<br />
Campendonk, Heinrich (1889–1957) 44, 144, 147, 167,<br />
463, 468, 470<br />
Cézanne, Paul (1839–1906) 216, 334, 376<br />
Chochol, Josef (1880–1956) 381, 381<br />
Citroën, Paul (1896–1983), Metropolis (1923) 205, 205<br />
Corrinth, Curt (1894–1960) 204<br />
Craig, Edward Gordon (1872–1966) 55, 272<br />
Cranach Presse (Weimar) 153, 466<br />
Curiohaus (Hamburg, Rothenbaumchaussee 15)<br />
428, 430, 430 ff., 440, 446, 446, �463, 465;<br />
�s. auch Hamburger Künstlerfeste<br />
D<br />
Die Dachstube (Vereinigung, Zeitschrift)<br />
�s. Zeitschriften<br />
Dada 28, 55, 148, 150, 428<br />
Dagover, Lil (1887–1980) 333, 463, 469<br />
17_Anhang_RZ.indd 500 13.10.2010 9:50:36 Uhr
Darmstädter Sezession 18, 44, 462, �463,<br />
464, 465<br />
Däubler, Theodor (1876–1934) 376, 462, 467,<br />
469, 471<br />
Davidson, Willy (1890–1933) 42, 42, 431, 432<br />
Davringhausen, Heinrich Maria (1894–1970) 35,<br />
147, 257, 257<br />
Debussy, Claude (1862–1918) 28, 29, 272, 316,<br />
319, 334<br />
Dehmel, Richard (1863–1920) 28, 379, 463, 468,<br />
469, 470, 471<br />
Delaunay, Robert (1885–1941) 217, 376, 467<br />
Deutsch, Ernst (1890–1969) 174, 281, �463, 464,<br />
465, 466, 469, 471, 472<br />
Deutscher Werkbund 31, 32, 338 f., 339, 341, 376,<br />
407, 408, 462, 464, 465, 466, 469, 471, 472<br />
– Ausstellung Köln 1914 338 f., 341; (Glashaus,<br />
Taut) 32, �338 f., 339, 341, 408, 469, 471<br />
Deutsches Theater (Berlin) 174, 176, 176, 182 ff.,<br />
183 ff., 196, 196, 463, 465, 473<br />
Diaghilew, Sergej Pawlowitsch (1872–1929) 319<br />
Dibbert, Fritz (1896–1979) 417, 417<br />
Diebold, Bernhard (1886–1945) 177, 180<br />
Diez-Dührkoop, Minya (1873–1929) 434, 434, 436,<br />
437, 465, 469, 470<br />
Dix, Otto (1891–1969) 18, 32, 35, 38, 38, 44, 132 f.,<br />
132 f., 135 f., 135 f., 147, 159, 159, 162 f., 162 f.,<br />
204, 206, 206, 207, 238, 238, 245 f., 245 f.,<br />
260, 260, 462, �463, 464, 465, 468<br />
– Anita Berber (Porträts, 1925) 38, 38, 245,<br />
245, 463<br />
– Großstadt (Triptychon, 1927 / 28) 206, 206<br />
– Kopf am Abend (1923) 246, 246<br />
– Lustmord (1922) 260, 260<br />
– Der Lustmörder (1920) 238, 238<br />
– Plakate (Sächsischer Kunstverein, 1919)<br />
162, 162; (Gruppe 1919, Galerie E. Richter,<br />
1919) 163, 163<br />
– Die Schlacht (1917) 135, 135<br />
– Der Schrei (1919) 159, 159<br />
– Schwerer Granateneinschlag (um 1918) 132, 132<br />
– Sterbender Soldat (1915) 136, 136<br />
– Tod und Frau II (1924) 238, 238<br />
– Der Volltreffer I (um 1917) 133, 133<br />
Döblin, Alfred (1878–1957) 28, 32, 55, 59, 59, 87, 87,<br />
108, 204, 319, �464, 466, 467, 468, 470, 471<br />
– Porträts von E. L. Kirchner (1912 / 13, Foto)<br />
87, 87; (1913, Zeichnung) 59, 59<br />
– Das Stiftsfräulein und der Tod (Illustration,<br />
Kirchner, 1913) 59, 59<br />
Dostojewski, Fjodor Michailowitsch (1821–1881),<br />
Schuld und Sühne (Raskolnikoff, 1866)<br />
282, 469; (Illustrationen, Burchartz, 1919)<br />
299 f., 299 f.; �s. auch Filme, Raskolnikow<br />
Dransfeld, Gebrüder 416, 416<br />
Dresdner Sezession Gruppe 1919 44, 147, 163, 163,<br />
463, �464, 465, 466, 468<br />
Droste, Sebastian 39, 45, 248, 248, �249, 254 f.,<br />
254 f., 463<br />
– Morphium (Tanz, mit A. Berber, 1922)<br />
248, 248<br />
– Kokain (Gedicht, mit A. Berber, 1922)<br />
45, �249<br />
– Die Tänze des Lasters ... (Tanz / Publikation,<br />
mit A. Berber, 1923) 39, �249, 254 f.,<br />
254 f., 463<br />
Dürer, Albrecht (1471–1528) 104, 106, 106<br />
Dzubas, Willy (Grafiker) 19, 19, 40<br />
E<br />
Eberz, Josef (1880–1942) 147, 471<br />
Edschmid, Kasimir (1890–1966) 147, 168, 168, 424,<br />
424, 462, 463, �464, 466, 468, 471<br />
Ehrenstein, Albert (1886–1950) 55, 462, 469<br />
Einstein, Carl (1885–1940) 29, 282, 462, 463<br />
Eisler, Hanns (1898–1962) 35, 463, 468<br />
Eisner, Kurt (1867–1919) 35 f., 44, 147<br />
Engel, Erich (1891–1966) 431<br />
Engert, Ernst Moritz (1892–1986) 168, 168, 463,<br />
�464, 465, 467, 468, 471, 476<br />
Ensor, James (1860–1949) 376<br />
Ernst, Max (1891–1976) 464, 465<br />
Ey, Johanna (1864–1947) 463, �464, 465;<br />
�s. Galerie Junge Kunst – Frau Ey<br />
F<br />
Falckenberg, Otto (1873–1947) 197 ff., 197 ff., 471<br />
Falke, Gertrud (1891–1984) und Ursula (1896–1981)<br />
431, 432, 435, 465<br />
Feininger, Lyonel (1871–1956) 35, 43, 166, 326, 326,<br />
338, 376, 397 f., 397 f., 400, 405, 405, 407,<br />
462, 463, �464, 465, 467, 468, 469, 470<br />
– Brücke IV. Brücke in Weimar (1918) 326, 326<br />
– Manifest / Programm des Staatlichen Bauhauses<br />
(1919) 400; (Kathedrale, Titelblatt)<br />
376, 404, 405, 405, 407<br />
– Ohne Titel (um 1914) 397, 397<br />
– Die Stadt am Ende der Welt (um 1914)<br />
397, 397<br />
– Villa am Strand (1921 / 22) 398, 398<br />
Felber, Eugen (Regisseur) 187, 187, 191, 191 f., 192<br />
Felixmüller, Conrad (1897–1977) 35, 39 ff., 41, 41,<br />
44, 124, 124, 147, 148, 170, 170, 207, 462, 463,<br />
�464, 466, 468, 469<br />
– Bildnis F. Pfemfert (1923) 124, 124<br />
– Menschen über der Welt (1919) 170, 170<br />
– Der Tod des Dichters W. Rheiner (1925)<br />
40 f., 41<br />
Fenneker, Josef (1895–1956) 38, 38, 39, 225, 225,<br />
228–233, 228–233, 244, 244, 290, 290, �464,<br />
466, 467, 468<br />
– Filmplakate<br />
(Der Alchimist, 1918) 230, 230; (Der gelbe<br />
Tod, 1920) 231, 231; (Genuine, 1920) 290, 290;<br />
(Hass, 1919 / 20) 229, 229; (Der Januskopf,<br />
1920) 231, 231; (Moriturus, 1920) 230,<br />
230; (Das neue Paradies, 1921) 228, 228;<br />
(Die Prostitution, 1920) 39, 244, 244, 464;<br />
(Totentanz, 1919) 233, 233; (Zirkus des Lebens,<br />
1921) 232, 232<br />
– Werbeanzeige (Nerven, 1919) 225, 225<br />
Filme<br />
– Der Alchimist (1918, Regie: K. H. Heiland)<br />
230, 230<br />
– Algol. Eine Tragödie der Macht (1920, Regie:<br />
H. Werckmeister) 281, 469<br />
– Das Cabinet des Dr. Caligari (1920, Regie:<br />
R. Wiene) Umschlag, 14, 15, 15, 40, 44, 55,<br />
57, 57, 174, 237, 237, 241, 241, 278, 281 f.,<br />
�306 ff., 307 f., 309, 311, 311, 313, 316 ff., 317,<br />
321, 321 f., 323, 324, 324 f., 325, 328 f., 329, 331,<br />
�331 ff., 332, 335, 335, �463, 466, 467, 469, 471<br />
- Bauten / Ausstattung (W. Reimann, 1919)<br />
281, 306, 309, 313, 324, 324, 328 f., 329, 469;<br />
(W. Röhrig, 1919) 281, 306, 333, 335, 335,<br />
469; (H. Warm, 1919) 311, 311<br />
- Plakate (»Das Cabinet des Dr. Caligari«,<br />
1920) 15, 15, 317, 317, 321, 321; (»Du musst<br />
Caligari werden«, 1919 / 20) 332, 333<br />
- B. Rogers, Strawinsky im Lichtspielhaus<br />
(1921) 316, 318, 318, 320, �334<br />
- Tucholsky, Dr. Caligari (1920) 281 f.,<br />
309, �328<br />
– Dr. Mabuse, der Spieler (1921 / 22, Regie:<br />
F. Lang) 14, 39, 41, 41, 45, 46, 46, 454, 454,<br />
458, 459, 463, �464<br />
– Das gelbe Haus / Die Prostitution (1919)<br />
�s. Die Prostitution<br />
– Der gelbe Tod (1920, Regie: C. Wilhelm),<br />
Plakat (Fenneker, 1920) 231, 231<br />
– Genuine (1920, Regie: R. Wiene) 280, 280,<br />
282, 289 ff., 289 ff., �464, 466, 467, 469, 472;<br />
(Szenenbild, Klein, 1920) 280, 280, 282, 289,<br />
289, 464; (Plakat, Fenneker, 1920) 290, 290,<br />
464<br />
– Der Golem, wie er in die Welt kam (1920,<br />
Regie: P. Wegener, C. Boese) 44, 55, 281,<br />
294, 294 f., 295, 384, 385, 386, 386, 388–392,<br />
388–392; (Bauten, H. Poelzig) 278, 386, 386,<br />
392, 392, 394 f., 394 f.; (Plakate, Poelzig,<br />
1920) 389 f., 389 f.<br />
– Hass (1920, Regie: M. Noa), Plakat (Fenneker,<br />
1919 / 20) 229, 229<br />
– Das Haus zum Mond (1920, Regie: K. Martin)<br />
278, �465, 466, 467, 468<br />
– Der Januskopf (1920, Regie: F. W. Murnau),<br />
Plakat (Fenneker, 1920) 231, 231<br />
– Metropolis (1926, Regie: F. Lang) 147, 207,<br />
208, 209, 209, 313<br />
– Moriturus (1920, Regie: C. Müller-Hagens)<br />
230, 230<br />
– Nerven (1919, Regie: R. Reinert) 10, 10, 224 f.,<br />
224 f., 464, �468; (Anzeigen, Fenneker,<br />
1919) 225, 225, 468<br />
– Das neue Paradies (1921, Regie: W. Zeyn sen.),<br />
Plakat (Fenneker) 228, 228<br />
– Die Prostitution / Das gelbe Haus (1919,<br />
Regie: R. Oswald) 39, 463, �464, 466, 467,<br />
471; (Plakat, Fenneker, 1920) 39, 244, 244, 464<br />
– Raskolnikow (1922 / 23, Regie: R. Wiene)<br />
282 f., 283, 286, 287, 293, 293, 298, 298,<br />
306, 462, �469, 472; (Szenenbildentwurf,<br />
Andrejew, 1921 / 22, 1923) 282, 301 ff., 301 f.,<br />
306, 462<br />
– Richard Wagner – eine Filmbiographie (1913,<br />
Regie: O. Messter) 316, 472<br />
– Die Straße (1923, Regie: K. Grune) 226 f.,<br />
226 f., 282, 285, 285, 467, �470<br />
– Totentanz (1919, Regie: O. Rippert) 464, 466,<br />
471; (Plakat, Fenneker) 233, 233<br />
– Von morgens bis mitternachts (1920, Regie:<br />
K. Martin) 174, 186, 186, 193, 193, 278, 280,<br />
280 ff., 306, 309, 463, 465, 467, 468, �471<br />
– Das Wachsfigurenkabinett (1923 / 24, Regie:<br />
L. Birinski, P. Leni) 259, 259, 282, 285, 285,<br />
466, 467, 470, �471<br />
– Zirkus des Lebens (1921, Regie: J. Guter)<br />
232, 232<br />
Finsterlin, Hermann (alias Prometheus, 1887–1973)<br />
36, 44, 167, 278, 342, 358 f., 358 f., 373, 379,<br />
380, 408, 462, �464, 471<br />
Fischer, Hans Waldemar (1876–1945) �428, 431,<br />
432, 435<br />
Fischer-Trachau, Otto (1878–1958) 171, 171, 428, 431<br />
Flechtheim, Alfred (1878–1937) 44, 167, 299<br />
Fokine, Michel (1880–1942) 31, 319<br />
Frankfurter <strong>Expressionismus</strong> 272, 470, 472<br />
Freie Secession (Berlin) 462, 463, 466<br />
Freud, Sigmund (1856–1939) 236 f., 239 f., 282<br />
Freundlich, Otto (1878–1943) 35, 144, 166, 462, 468<br />
Friedlaender, Salomo(n) (Pseud. Mynona, 1871–1946)<br />
29, 29, 110, 462, 466, 470<br />
Futurismus 55, 338, 379<br />
G<br />
Gabriele Münter (1877–1962) 463, 466, 470<br />
Galerie Junge Kunst – Frau Ey (Düsseldorf) 463,<br />
�464, 465<br />
Gaudí (i Cornet), Antoni (1852–1926) 380, 382, 382<br />
George, Heinrich (1893–1946) 174, 275, 275, 462,<br />
463, 466, 468<br />
Gert, Valeska (1892–1978) 18, 431<br />
Gestel, Leo (1881–1941) 371, 371<br />
Gewecke, Hermann 83, 83, 87, 87, 111<br />
Ghuttmann, Wilhelm Simon �s. Guttmann<br />
17_Anhang_RZ.indd 501 13.10.2010 9:50:37 Uhr<br />
501
Gläserne Kette (Architektengemeinschaft)<br />
14, 17, �24, 36, 44, 278, 281, �338 ff., 342 f.,<br />
343, 372 , �372 f., 404, 408, 462, �464, 465,<br />
467, 471<br />
– Briefe �24, 36, 44, 278, 372, 372 f., 464<br />
– Pseudonyme 342, 404, 464<br />
– Rundschreiben mit Zeichnung (H. Luckhardt,<br />
1919) 343, 343<br />
GNU (literarisches Cabaret) 465<br />
Godal, Erich (1899–1969) 226, 226, 470<br />
Goldwyn, Samuel (1882–1974) 316<br />
Goll, Ivan (Iwan, Yvan, 1891–1950) 204, �288, 462,<br />
467, 469<br />
Goltz, Hans (1873–1927) 148<br />
Gothein, Werner (1890–1968) 32, 73, 78, 79, 84, 84,<br />
90 f., 90 f., 111, 477<br />
Graef, Botho (1857–1917) 32, 73, 92, 92, 466<br />
Graeff, Werner (1901–1978) 404, 408<br />
Gramatté, Walter (1897–1929) 147, 218, 218, 220,<br />
220, 222 f., 222 f., �464, 465, 470<br />
Grisebach, Eberhard (1880–1945) 76, 466<br />
Gropius, Walter (alias Maß, 1883–1969) 18, 35, 36,<br />
44, 52, 144, 166 f., 338, 341 f., 346, 380, �400,<br />
404, 407 ff., 409, 410, 410, 411, 462, �464, 466,<br />
467, 468, 471<br />
– Arbeitsrat für Kunst �s. dort;<br />
(Programm, 1918) 144, 341 f., 346;<br />
(Rede, 1919) 144<br />
– Bauhaus-Manifest (1919) 36, 52, �400, 404<br />
– Denkmal für die Märzgefallenen (1920 / 21)<br />
�407 f., 410, 410<br />
– Haus A. Sommerfeld, Berlin (1920 / 21, mit<br />
Meyer) 407, 409, 409<br />
Groß, Otto (1877–1920) 31, 43, 129, 469<br />
Grosz, George (1893–1959) 16, 16, 18, 32, 35, 36 f.,<br />
44, 147, 148, 204, 207, 209, 209, 213, �213 ff.,<br />
215, 258, 258, 462, 463, �464, 465, 466, 467,<br />
468, 470, 471<br />
– Jonk, the Killer (1916 / 17) 258, 258<br />
– Der Liebeskranke (1916) 16, 16<br />
– Menschen im Kaffeehaus (1918)<br />
(Aquarell) 215, 215; (Gedicht) 214<br />
– Nachtstück. BerlinSüdende (1915) 213, 213<br />
– Selbstmord (1916) 209, 209<br />
Grulich, Paul (1872–1938) 204, 205, 205<br />
Gründgens, Gustaf (1899–1963) 40, 42, 42, 45, 465<br />
Grune, Karl (1890–1962), Die Straße (1923) 226 f.,<br />
226 f., 282, 285, 285, �470<br />
Gurlitt, Manfred (1890–1972) 268, �271, 274<br />
Gurlitt, Wolfgang (1888–1965) �465, 466, 472;<br />
(Galerie) 284; (Villa Gurlitt) 466, 472<br />
Guter, Johannes (1882–1962) 232, 232<br />
Gutfreund, Otto (1889–1927) 28, 104 f., 105, 470<br />
Guttmann (Ghuttmann), Wilhelm Simon (1891–1990)<br />
28, 29, 29, 43, 107, �119, 465, 466, 468<br />
502<br />
H<br />
Haas, Willy (1891–1973) 466, 472<br />
Hablik, Wenzel August (alias W. H., 1881–1934) 14,<br />
�24, 25, 25, 28, 36, 44, 167, 207, 261, 261, 278,<br />
281, 342, 350–353, 350–353, 363, 363, 373,<br />
408, 411 f., 413, 420–423, 420–423, 462, 464,<br />
�465, 468, 470, 471<br />
– Ausstellungsgebäude. A 8 (1919) 363, 363<br />
– Besteck (um 1925) 261, 261<br />
– Cape mit großem Mäander (1920er-Jahre)<br />
422, 422<br />
– CentralHotel (1922) 420, 420<br />
– Dekorationsstoff Zackenmuster (1911) 412, 413,<br />
421, 421<br />
– Freitragende Kuppel mit fünf Bergspitzen als<br />
Basis (Glas aus Erde 1918–1924) 353, 353<br />
– Kristallschlösschen (o. J.) 350, 350<br />
– Kristallbau in Berglandschaft (1903) 350, 350,<br />
352, 352<br />
– Schale (um 1919) 423, 423<br />
– Tischuhr (1911) 423, 423<br />
– »Über den Sternen such Vergessen ...«<br />
(1903) 351, 351<br />
– Der Weg des Genius (1918) 25, 25<br />
Hamann, Paul (1891–1973) 42, 42, 431, 432<br />
Hamburger Künstlerfeste 40, 42, 42, �428–435, 429,<br />
430, 433, 440, �441, 446 f., 446 f., 463, 465, 472<br />
– Curiohaus (Rothenbaumchaussee 15) 428–431,<br />
429 f., 440, 446, 446, �463, 465<br />
– Einladung zum »Abend der Tafelrunde« ...<br />
(1921) �428, 433, 433, 435<br />
– Künstlerfeste<br />
(Cubicuria, die seltsame Stadt, 1924) 432,<br />
465, (Almanach) 435, (Rezension, Lüth) 440;<br />
(Dämmerung der Zeitlosen, 1919) 428, 429,<br />
429, 465; (Fest der Namenlosen, 1923) 432,<br />
465; (Futurubumbum, 1914) 428, 429, 429;<br />
(Die gelbe Posaune der 7, 1919) 428, 429,<br />
429, �431 f., 447, 447, 463, 465, (Festalmanach)<br />
431; (Die Götzenpauke, 1921) 430 f.,<br />
446, 446, 463, 465; (Der Himmlische Kreisel,<br />
1922) 432, 463, 465; (Der siebente Krater,<br />
1925) 40, 42, 42, 463, 465<br />
– Maskentänze (Schulz / Holdt) 431, �432, 440<br />
– Rezensionen<br />
(Lorenz, 1922) 441; (Lüth, 1924) 440<br />
Hansen, Hans (alias Antischmitz) 373, 464<br />
Häring, Hugo (1882–1958) 345, 419, 419, �465, 468<br />
Hartlaub, Gustav Friedrich (1884–1963) 44, 167<br />
Hasenclever, Walter (1890–1940) 43, 174, 177 ff., 179,<br />
201, 278, 463, �465, 466, 467, 468, 469, �470,<br />
471, 472<br />
– Der Sohn (1914) 174, 177, 179, 179, 201, 201,<br />
465, �470, 472<br />
Hauptmann, Gerhart (1862–1946) 48, 73, 467<br />
Heartfield, John (Helmut Herzfeld, 1891–1968) 147,<br />
148, 282, 468<br />
Heckel, Erich (1883–1970) 18, 28, 35, 70, 76, 107,<br />
108, 111 f., 113, 139 ff., 139 ff., 166, 342, 399, 399,<br />
462, 463, 464, �465, 466, 467, 468, 469<br />
– Der Gefangene (zu O. Wilde, 1907) 140, 140<br />
– Kniende am Stein (1914) 399, 399<br />
– Mann in der Ebene (1917) 112, 113, 141, 141<br />
– Verwundeter Matrose (1915) 139, 139<br />
Hegemann, Werner (1881–1936) 204<br />
Hellpach, Willy (1877–1955) 204<br />
Helm, Dörte (1898–1941) 407, 409<br />
Henning, Paul Rudolf (1886–1986) 166, 462<br />
Herald, Heinz, Die Wupper (Deutsches Theater<br />
Berlin, 1919) 176, 176, 177, 182, 183 ff., 184 f.,<br />
328, 472<br />
Herlth, Robert (1893–1962) 469, 471<br />
Herrmann-Neiße, Max (1886–1941) 18, 39, 43, 126 f.,<br />
126 f., 462, 464, �465, 467, 469, 471<br />
Herzfelde, Wieland (1896–1988) 148<br />
Herzog, Oswald (1881–1939) 167, 462, 468, 470<br />
Heym, Georg (Franz Artur, 1887–1912) 17, 28,<br />
29, 43, 44, 104, 107, 110, 114, 114 ff., �116,<br />
117, 117, 462, 462, �465, 466, 467, 468<br />
– Der Krieg (1911) 104, �116<br />
– Programm des Neopathetischen Cabarets<br />
(Der Neue Club, 1911) 29, 110<br />
– Umbra vitae (1924) 107, 114, 465;<br />
(Illustrationen, Kirchner) 44, 107, 114, 114 f.,<br />
117, 117, 465, 466<br />
Hiller, Kurt (1885–1972) 28, 31, 32, 43, 107, 462, 464,<br />
�465, 467, 468, 469, 470<br />
Hindemith, Paul (1895–1963) 14, 33, 33, 35, 36, 39,<br />
44, 45, 108, 134, 134, 138, 138, 174, 262, 262,<br />
�268 f., 271 f., 274 f., 275, 319, 320, 463, �465,<br />
�468, 470<br />
– Kriegstagebuch 35, 44, 138, 138<br />
– Mörder, Hoffnung der Frauen (1919) 14, 39, 44,<br />
45, 108, 174, 262, 262, �268 f., 272, 273, 275,<br />
275, 465, �468, 470<br />
– Notizen zu meinen FeldzugsErinnerungen<br />
(1919) 138, 138<br />
– Das NuschNuschi (1920) 33, 33, 35, 44,<br />
272, 465<br />
– Sancta Susanna (1922) 44, 268, 272,<br />
465, 470<br />
– Streichquartett fMoll op. 10, mit zerdrücktem<br />
Floh ... (1918) 35, 134, 134<br />
Hirsch, Karl Jakob (1892–1952) 166, 462, 468<br />
Hoddis, Jakob van (1887–1942) 17, 28, 29, 43,<br />
�46, 55, 104, 107, 110, 118, �118, 462, �465,<br />
467, 468, 469<br />
– Kinematograph (1910) �46, 55, 104<br />
– Porträt (Meidner, 1913) 118, 118<br />
– Weltende (1911) 107, �118, 467<br />
Hodler, Ferdinand (1853–1918) 48, 376<br />
Hoetger, Bernhard (1874–1949) 44, 167, 462, 471<br />
Hofmannsthal, Hugo von (1874–1929) 48, 56, 467<br />
Höger, Fritz (1877–1949) 19, 40, 414, 416 f., 416 f.,<br />
– ChileHaus (Hamburg, 1922–1924)<br />
Foto (Gebr. Dransfeld, 1922–1924) 416, 416<br />
Holzschnitt (Dibbert, 1924) 417<br />
Lithografie (Dzubas, 1925) 19, 40<br />
– ChileHaus (Strohmeyer, Hamburgische<br />
Abstraktion, 1925) 414<br />
Höger, Hermann (1882–1950) 452, 452<br />
Holdt, Walter (1899–1924) 14, 45, 428, �432, 436,<br />
437, �440 f., �465, 470<br />
Holz, Arno (1863–1929) 48, 468, 470, 471<br />
Huelsenbeck, Richard (1892–1974) 47, 150, 467, 469<br />
I<br />
Ibsen, Henrik (1828–1906) 48, 470<br />
Internationale Kunstschau (Wien, 1909) 263, 263<br />
Iszelenow, Nikolai Iwanowitsch 380, 381, 381, 383<br />
Itten, Johannes (1888–1967) 338, �408, 410, 410,<br />
468, 470<br />
J<br />
Jahn, Martin 407, 409, 409<br />
Jahnn, Hans Henny (1894–1959) 428, 431<br />
Janowitz, Hans (1890–1954) 194, 194 f., 306 f., 313,<br />
319, 320, 322, 323, 328, 333, 463, 467<br />
Jawlensky, Alexej von (1865–1951) 463, 466, 468, 470<br />
Jensen-Klint, Peder Vilhelm (1853–1930) 378, 378,<br />
379<br />
Jessner, Leopold (1878–1945) 274, 466, 467<br />
Jost, Heinrich (1889–1949) 44, 167<br />
Jung, Franz (1888–1963) 128 f., 128 f., 145, 150, 469;<br />
�s. auch Zeitschriften, Revolution<br />
Das Junge Deutschland (Versuchsbühne,<br />
M. Reinhardt) 55, �465, 466, 467, 469, 472<br />
Das Junge Rheinland (Düsseldorf) 463, 464,<br />
�465, 468<br />
K<br />
Kaesbach, Walter (1879–1961) 166, 462<br />
Kafka, Franz (1883–1924) 14, 466, 469, 472<br />
Kaiser, Georg (1878–1945) 147, 174 f., 175, 177 f.,<br />
181, 188 ff., 188 ff., 191 f., 268, 278, 463, 465,<br />
�466, 471<br />
– Hölle, Weg, Erde (1919) �465, 466<br />
– Von morgens bis mitternachts<br />
(Drama, 1912) 174 f., 175, 177 f., 181, 187, 191 f.,<br />
278, 281 f., 466, �471<br />
(Film) �s. Filme<br />
(Lithografien, Kretzschmar, 1920)<br />
188 ff., 188 ff.<br />
Kallmus, Dora �s. Madame d’Ora<br />
Kandinsky, Wassily (1866–1944) 14, 17, 18, 30, 30, 31,<br />
32, 35, 44, 52, 55, 56, 104, 106, 106, 108, 111,<br />
144, 150, 271, 274, 338, 408, 462, 463, �466,<br />
467, 468, 470, 471<br />
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– Der gelbe Klang (1912) 18, 31, 55, �271<br />
– Komposition VII (1913) 106, 106<br />
– Über das Geistige in der Kunst (1912) 43,<br />
56, 111<br />
– Widmungsfoto Schönbergs (1911) 30, 30<br />
Kayser, Hans (1891–1964) 319, 320<br />
Kemp, Paul (1899–1953) 42, 42, 465<br />
Kerr, Alfred (1867–1948) 48, 178<br />
Kessler, Harry Graf (1868–1937) 28, 152, 153, 207,<br />
462, 463, 464, �466, 469, 471<br />
Kierkegaard, Sören (Aabye, 1813–1855) 178, 236<br />
Kirchner, Ernst Ludwig (1880–1938) 14, 18, 28, 30,<br />
30 ff., 33, 43, 52, 59, 59, �68 ff., 71 ff., 72 f.,<br />
75, 75 f., 78, 79 f., �80–98, 81–98, 104, 108,<br />
111, 207, 209, 209, 247, 247, 282, 296 f., 296 f.,<br />
310, 376, 462, 463, 464, 465, �466, 467, 468,<br />
469, 470, 472<br />
– Akte im Atelier. Drei Modelle (1912) 89, 89<br />
– Ateliers 70 ff.<br />
- Berlin (Durlacher Str. 14) 30, 30, 31 f., 70,<br />
76, 87, 87<br />
- Berlin (Körnerstraße 45) 14, 31 f., 70 f., 71,<br />
73, 76, 78, 79, 83 f., 83 f., 86 f., 86 f., 90 ff.,<br />
90 ff., 94–97, 94–97; (Rückenlehnenbezug,<br />
1914) 96 f., 96 f.; (Supraporte, 1914) 71, 95,<br />
95; (Tischdecke, 1914) 31 f., 96, 96<br />
- Dresden (Berliner Str. 60, 80) 31 f., 70, 72, 72<br />
– Badende im Raum / Bacchanal (1909 / 10) 70,<br />
72, 72<br />
– Bett für Erna (1919) 72, 72, 73<br />
– Bildnis A. Döblin (1913) 59, 59<br />
– Dorfstraße. Prießnitz (1910) 296, 296<br />
– Friedrichstraße, Berlin (1914) 209, 209<br />
– Gestickte Kissen (um 1913/14) 90, 90<br />
– Hockender Mädchenakt (1909/10) 72, 72<br />
– Hugo Biallowons fiel für uns 9. Juli 1916<br />
(1916) 32, 93, 93<br />
– Interieur (1915) 82, 82<br />
– Der Krankenwärter (1917) 81, 81<br />
– Leopardenhocker aus Kamerun (19. Jh.) 70, 71,<br />
98, 98<br />
– Mädchen, auf der Treppe leuchtend (1904) 28,<br />
297, 297<br />
– Möwenjagd auf Fehmarn (mit Erna Schilling,<br />
1914 / 15) 97, 97<br />
– Porträt A. Döblin in Kirchners Atelier Berlin,<br />
Durlacher Str. 14 (1912 / 13) 87, 87<br />
– Programm der»Brücke« (1906) 28, 80, 80, 104<br />
– Rückenlehnenbezug aus dem Atelier ... (mit<br />
E. Schilling, 1914) 96 f., 96 f.<br />
– Ruth im Morphintraum (1905/06) 247, 247<br />
– Selbstporträt im Atelier (1913–1915) 86, 86<br />
– Das Stiftsfräulein und der Tod (1913, zu Döblin)<br />
59, 59<br />
– Supraporte aus dem Atelier ... (mit E. Schilling,<br />
1914) 71, 95, 95<br />
– Umbra vitae (Heym, Titel / Umschlag,<br />
1924) 44, 107, 114, 114 f., 117, 117, 465, 466<br />
– Weibliches Brustbild (Porträt R. Schapire,<br />
1910) 73, 75, 75<br />
– Zwei gelbe Akte mit Blumenstrauß (um 1914)<br />
85, 85<br />
Klabund (eigtl. Alfred Henschke, 1890–1928) 463,<br />
�466, 467<br />
Klee, Paul (1889–1940) 52, 144, 146, 146, 147, 150,<br />
338, 406, 406, 407, 467, 470, 471<br />
– Die erhabene Seite (1923, zur Bauhaus-<br />
Ausstellung) 406, 406, 407<br />
– Junger Proletarier (1919) 146, 146<br />
Klein, César (1876–1954) 35, 36, 43, 144, 147, 166 f.,<br />
178, 181, 181, 280, 280, 282, 284, 289, 289, 341,<br />
411, 462, 463, 464, 465, �466, 467, 468, 469,<br />
470, 471<br />
– Genuine (1920) 280, 280, 282, 289, 289, 464<br />
– Von morgens bis mitternachts (1921) 178, 181,<br />
181, 282, 471<br />
Kleist, Heinrich von (1777–1811), Penthesilea 174,<br />
330, 330, 470, 472<br />
Klemm, Wilhelm (1881–1968) 425, 425, 462, 467<br />
Klerk, Michel de (1884–1923) 378, 378<br />
Klingelhöfer, Gustav (1888–1961) 148, 148, 150<br />
Kokain 39 f., 45, 236 f., 239, �466<br />
Kokoschka, Oskar (1886–1980) 14, 17, 18, 28, 30,<br />
30 f., 39, 43, 48, 52, 53, 53, 104, 108, 111,<br />
168, 168, 174, �262, 263 ff., 263 ff., �268, 270,<br />
270 f., 274 f., 275, 376, 463, 464, 465, �466,<br />
�468, 469, 470, 471<br />
– Gesindel in der Sternennacht (Titelblatt, Der<br />
Sturm, 1910) 53, 53<br />
– Herwarth Walden (1910) 30, 30<br />
– Kokoschka (Kornfeld, 1917) 262<br />
– Max Reinhardt (Titelblatt, Das Tribunal, 1920)<br />
168, 168<br />
– Mörder, Hoffnung der Frauen (Einakter, Uraufführung<br />
1909) 14, 39, 43, 52, 108, 111, �268,<br />
270, 270, 275, 275, 466, �468; (1917, Dresden,<br />
Albert-Theater) 108, 262, 468; (1920, Neues<br />
Theater, Frankfurt) 275, 275, 468, 486<br />
– Mörder, Hoffnung der Frauen (Zeichnungen)<br />
I. Mann und Frau Hand in Hand (1909) 111, 264,<br />
264; II. Mann und Frau vor Mond und Sonne<br />
(1910) 111; III. Titelblatt (Der Sturm, 1910) 108,<br />
111, 268, 270, 270; IV. Himmlische und irdische<br />
Liebe (1910) 111, 265, 265<br />
– Orpheus und Eurydike (1915, 1917) 268<br />
– Pietà. Plakat für das Sommertheater in der<br />
Kunstschau (1909) 263, 263<br />
Kolbe, Georg (1877–1947) 166, 342, 462, 463, 470<br />
Kollwitz, Käthe geb. Schmidt (1867–1945) 44, 144,<br />
161, 161, 292, 292, 380, 462, 463, �465<br />
– Die Freiwilligen (1922 / 23) 161, 161<br />
– Gedenkblatt für Karl Liebknecht (1920)<br />
44, 161, 161<br />
– Kopf der Mutter (zu Kindersterben, 1925)<br />
292, 292<br />
Kornfeld, Paul (1889–1942) 52, �262, 463, 464,<br />
�466, 468, 469, 472<br />
Korngold, Erich Wolfgang (1897–1957), Die tote Stadt<br />
(1920, Oper) 178, 181, 272<br />
Kortner, Fritz (1892–1970) 178, 278, 465, �466, 467,<br />
469, 471<br />
Köster, Arthur (1890–1965) 357, 357<br />
Kraus, Karl (1874–1936) 28, 48, 108, 467, 470, 471,<br />
472; �s. auch Zeitschriften, Die Fackel<br />
Krauss, Werner (1884–1959) 233, 281, 309, 313, 328,<br />
333, 463, 464, �466, 469, 471<br />
Kretzschmar, Bernhard (1889–1972), Von morgens bis<br />
mitternachts (zu G. Kaiser, 1920) 188 ff., 188 ff.<br />
Kropotkin, Pjotr A. (1842–1921) 341, 379<br />
Kubin, Alfred (1877–1959) 17, 43, 52, 54, 54, 147,<br />
306, 328, 462, 463, 465, �466, 469<br />
Kunstmann, Ludwig (1877–1961) 452, 452<br />
Kunstsalon Emil Richter 147, 163, 163, 464, �466<br />
Kurtz, Rudolf (1884–1960) 29, 278, 284, 455, 455,<br />
462, 467, 468, 470<br />
L<br />
Laban, Rudolf von (1879–1958) 431, 440<br />
Landauer, Gustav (1870–1919) 147, 341<br />
Lang, Fritz (1890–1976) 14, 39, 41, 41, 45, 46,<br />
46, 147, 207, 208, 209, 209, 454, 454, 458,<br />
459, 464<br />
– Dr. Mabuse. Der Spieler (1921 / 22) 14, 39, 41,<br />
41, 45, 46, 46, 454, 454, 458, 459, 463, �464<br />
– Metropolis (1926) 147, 207, 208, 209, 209<br />
Lasker-Schüler, Else (1869–1945) 28, 48, 52, 55,<br />
107, 108, 110, 174, 278, 338, 462, 463, 464, 465,<br />
�467, 468, 469, 470, 471, �472<br />
– Die Versöhnung (1910) 110<br />
– Die Wupper (1902 / 1919) 28, 107, 467, 176, 176,<br />
182, 183 ff., 184 f., 328, 470, �472<br />
Léger, Fernand (1881–1955) 281, 319<br />
Lehmbruck, Wilhelm (1881–1919) 18, 200, 200, 379,<br />
462, 466, �467<br />
Leip, Hans (1893–1983) 158, 158, 429, 429, 431, 465;<br />
�s. auch Zeitschriften, Revolution<br />
Leni, Paul (1885–1929) 259, 259, 282, 285, 285, 455,<br />
455, �467, 471<br />
– <strong>Expressionismus</strong> und Film von R. Kurtz<br />
(Umschlag, 1926) 455, 455<br />
– Das Wachsfigurenkabinett (1923 / 24) 259, 259,<br />
282, 285, 285, 466, 467, 470, �471<br />
Leonhard, Rudolf (1889–1953) �160, 465, 467<br />
Lert, Ernst (1883–1955) 181, 181, 272 f., 273, 275, 275<br />
Lessingtheater (Berlin) 178, 181, 181, 282, 465,<br />
466, 471<br />
Leybold, Hans (1882–1914) 47, 128 f., 128 f., 145, 145,<br />
150, 462, �467, 469; �s. auch Zeitschriften,<br />
Revolution<br />
Lichtenstein, Alfred (1889–1914) �11, 43, 55, 379,<br />
462, 463, 467, 470<br />
Liebknecht, Karl (1871–1919) 35, 44, 150, �160, 161,<br />
161, 408<br />
Loos, Adolf (1870–1933) 18, 463, 468, 470, 471<br />
Lorenz, Karl (1888–1961) 431, 433, �441, 469<br />
Lotz, Ernst Wilhelm (1890–1914) 32, 44, 137, 137,<br />
204, �221, 465, �467<br />
Lubitsch, Ernst (1892–1947) 177, 282, 316<br />
Luckhardt, Hans (alias Angkor, 1890–1954) 342,<br />
343, 343, 345, 364, 364 f., 373, 404, 462, 464,<br />
�467, 471<br />
– Deutsches Hygiene-Museum, Dresden (1920)<br />
364, 364 f.<br />
– Rundschreiben an die Gläserne Kette ... (1919)<br />
343, 343<br />
Luckhardt, Wassili (alias Zacken, 1889–1972)<br />
342 f., 343, 348, 349, 362, 362, 373, 462, 464,<br />
�467, 471<br />
Luksch, Richard (1872–1936) 430, 430 ff.<br />
Lüth, Erich (1902–1989) 432, 440<br />
Luxemburg, Rosa (1871–1919) 35, 44, 148, 150, 408<br />
M<br />
Macke, August (1887–1914) 32, 108, 150, 376, 379,<br />
463, 464, 465, �467, 471<br />
Mackintosh, Charles Rennie (1868–1928) 379, 380<br />
Madame d’Ora (Dora Kallmus, 1881–1963) 242,<br />
243, 248, 248, 251 f., 251 f., 254 f., 254 f., 463,<br />
�466, 467<br />
– Anita Berber<br />
(Tanz »Kokain«, 1922) 242, 243, 252, 252<br />
(Tanz »Morphium«, 1922) 251, 251<br />
– Anita Berber und Sebastian Droste. Tänze<br />
des Lasters ... (1922) 248, 248, 254 f., 254 f.<br />
Maeterlinck, Maurice (1862–1946) 48, 271<br />
Maetzel, Emil (1877–1955) 42, 42, 428, 432,<br />
446, 446<br />
Mahler, Gustav (1860–1911) 43, 467, 471<br />
Mahler-Werfel, Alma geb. Schindler (1879–1964)<br />
463, 464, 466, �467, 469, 470, 472<br />
Mahnke, Adolph (Bühnenbildner) 175, 175, 178<br />
Mann, Erika (1905–1969) 40, 42, 42, 45<br />
Mann, Heinrich (1871–1950) 36, 48, 147, 462, 466,<br />
467, 470, 471<br />
Mann, Klaus (1905–1949) 39, 40, 42, 42, 45, 463<br />
Mann, Thomas (1875–1955) 108, 376, 467<br />
Marc, Franz (1880–1916) 31, 32, 44, 52, 104 f., 105,<br />
108 f., 109 f., 110, 150, 174, 379 f., 462, 463, 464,<br />
465, 466, �467, 468, 470, 471<br />
– Der Blaue Reiter (Almanach, 1912) �s. dort<br />
– Tierschicksale (1913) 104, 109, 109<br />
– Versöhnung (1912, nach Lasker-Schüler) 110, 110<br />
– Wölfe. Balkankrieg (1913) 104 f., 105<br />
Marchi, Virgilio (1895–1960) 380 f., 381<br />
Marcks, Gerhard (1889–1981) 35, 166, 342, 406,<br />
406, 407, 462<br />
17_Anhang_RZ.indd 503 13.10.2010 9:50:38 Uhr<br />
503
Marcuse, Ludwig (1894–1971) 18, 178<br />
Marinetti, Filippo Tommaso (1876–1944) 55, 56<br />
Marmorhaus (Uraufführungskino, Berlin) 284, 310,<br />
316, 464, 466, �467<br />
Martin, Karlheinz (1886–1948) 18, 36, 174, 186,<br />
186, 193, 193, 194, 194 f., 204, 278, 280, 280,<br />
309, 465, 466, �467, 468, 471<br />
– Das Haus zum Mond (1920) 278, �465<br />
– Von morgens bis mitternachts (Film, 1920) 174,<br />
186, 186, 193, 193, 204, 278, 280, 280 ff., 309, �471<br />
– Die Wandlung (E. Toller, 1919) 36, 178, 194,<br />
194 f., 278, 471<br />
Masereel, Frans (1889–1972) 463, 471<br />
<strong>Mathildenhöhe</strong> (Darmstadt) 5, 14, 17, 18, 43<br />
Matisse, Henri (1869–1954) 216, 376<br />
May, Ernst (1886–1970) 379<br />
Mayer, Carl (1894–1944) 306, 328, 333, 463,<br />
464, �467<br />
Meidner, Ludwig (1884–1966) 17, 18, 28, 32, 35,<br />
39, 40, 44, 52, 107, 109, 109, 118, 118, 120–123,<br />
120–123, 126 f., 126 f., 137, 137, 144, 166, 169,<br />
169, 206, 206 f., �216 f., 282, 338, 342, 462,<br />
463, 464, 465, �467, 468, 469, 470, 472<br />
– »Anleitung zum Malen von Großstadtbildern«<br />
(1914) 207, �216 f., 338<br />
– Apokalyptische Landschaften 107, 109, 109,<br />
120, 120, 207, 342<br />
– Aufgeregte Gesellschaft. Apokalyptische<br />
Gesellschaft (1913) 120, 120<br />
– Berliner Kanallandschaft (1913) 121, 121<br />
– Bildnis des Dichters M. Herrmann-Neiße<br />
(1919) 126, 126<br />
– Feldpostkarten (E. W. Lotz, 1914) 32, 44,<br />
137, 137<br />
– Ich und die Stadt (1913) 206, 206 f.<br />
– Im Nacken das Sternemeer (Publikation,<br />
1918) 342<br />
– Jakob van Hoddis (1913) 118, 118<br />
– Max HerrmannNeiße (1920) 127, 127<br />
– Das neue Pathos �s. Zeitschriften<br />
– Polemische Zeichnung (Titelblatt, Das<br />
Tribunal, 1919) 169, 169<br />
– Potsdamer Platz (Titelblatt, Die Aktion,<br />
1914) 123, 123<br />
– Die Straße (Filmkulisse, 1923) 282<br />
– Wogende Menge (1913) 122, 122<br />
Meier-Graefe, Julius (1867–1935) 48, 462<br />
Meinert, Rudolf (1882–1943) 306, 333<br />
Melzer, Moriz (1877–1966) 107, 146, 146, 165, 165,<br />
166, 462, 463, 466, �467, 468, 469<br />
Mendelsohn, Erich (1887–1953) 35, 44, 167, 347, 347,<br />
356 f., 356 f., �367, 379, 462, 463, �467, 468<br />
– Das hebt sich aus der Tiefe des Meeres<br />
(1911) 367<br />
– Einsteinturm (Potsdam) 347, 347, 356 f., 356 f.;<br />
Arbeitsraum (1921 / 22) 347, 347; Perspektivische<br />
Skizze (1920) 356, 356; Seitensicht<br />
(Foto, Köster, 1923) 357, 357<br />
– Skizze für F. Lloyd Wright »Bach Concerto ...«<br />
(1924) 356, 356<br />
Menschheitsdämmerung (Anthologie, hrsg. von<br />
K. Pinthus 1919 / 20) 111, 150, �160, 204, 462,<br />
463, 465, 466, �467, 469, 470, 471, 472<br />
Mense, Carlo (1886–1965) 462, 463, 465, 468, 470<br />
Merck 39, 236, 249, 249, 250, 250, 253, 253, 256,<br />
256, 466<br />
Merz, Merzbühne 52, 55<br />
Messter, Oskar (1866–1943) 316, 472<br />
Meyer, Adolf (1881–1929) 167, �407, 409, 409, 469<br />
Meyer, Hannes (1889–1954) 407<br />
Mierendorff, Carlo (1897–1943) 44, �154, 168 f.,<br />
168 f., 278, 281, 463, 464, �467 f., 471<br />
– Die Dachstube (Hrsg.)<br />
Aufruf (Nov. 1918) 154; �s. auch Zeitschriften<br />
– Hätte ich das Kino! (1920) 278, 281, 468<br />
– Das Tribunal (Hrsg.) �s. Zeitschriften<br />
504<br />
Mies van der Rohe, Ludwig (1886–1969)<br />
35, 207, 209, 209 f., 211, 408, 418, 418, 462,<br />
465, �468<br />
Moholy, Lucia geb. Schulz (1894–1989) 409, 409<br />
Moholy-Nagy, László (1895–1946) 282, 408<br />
Mombert, Alfred (1872–1942) 48, 468<br />
Muche, Georg (1895–1987) 407, 408<br />
Mueller, Otto (1874–1930) 35, 167, 462, 463, 465,<br />
466, 468, 469, 470<br />
Mühsam, Erich (1878–1934) 148, 150, 469<br />
Müller-Hagens, Carl, Moriturus (1920, Plakat,<br />
Fenneker, 1920) 230, 230<br />
Munch, Edvard (1863–1944) 48, 73, 376, 379<br />
Murnau, Friedrich Wilhelm (F. W., 1888–1931) 231, 231<br />
Muthesius, Hermann (1861–1927) 338, 346, 379,<br />
467, 471<br />
Mutzenbecher, Franz (1880–1968) 167, 462<br />
Mynona �s. Friedlaender<br />
N<br />
Neopathetisches Cabaret (Neuer Club, Berlin)<br />
28 f., 29, 29, 43, 55, 107, 110, 110, �116, �118,<br />
�119, 465, �468, 470<br />
Neppach, Robert (1890–1939) 36, 174, 194, 194 f.,<br />
278, 281, 309, 465, 467, �468, 471<br />
– Die Wandlung (E. Toller, Tribüne, Berlin, 1919)<br />
36, 178, 194, 194 f., 471<br />
Der Neue Club (Berlin) 28, 29, 29, 43, 107, 110, 110,<br />
464, 465, �468; �s. auch Neopathetisches<br />
Cabaret<br />
Neue Künstlervereinigung München (N. K. V. M.)<br />
107, 376, 463, 466, 467<br />
Neue Sachlichkeit (Ausstellung, Mannheim, 1925)<br />
14, 18, 40<br />
Neue Secession (Berlin) 107, 108, 463, 466, 467,<br />
�468, 470<br />
Nietzsche, Friedrich Wilhelm (1844–1900) 104, 108,<br />
236, 341, 463, 465, 467, �468, 470<br />
Nijinsky, Waslaw (1888–1950) 319<br />
Noa, Manfred (1893–1930) 229, 229<br />
Nolde, Emil (1867–1956) 18, 35, 107, 144, 167,<br />
238, 238<br />
Novembergruppe (Berlin) 34, �34 f., 146, 146 f., 281,<br />
282, 463, 464, 465, 466, 467, �468, 470, 471<br />
– An alle Künstler! (Aufruf, Anthologie, 1919)<br />
34, 34 f., 44, 468, 469<br />
– Typografischer Entwurf (Melzer, um 1922)<br />
146, 146<br />
O<br />
Olbrich, Joseph Maria (1867–1908) 14, 18, 43, 379<br />
Orlik, Emil (1870–1932) 167<br />
Ornstein, Leo (Lew, 1892–2002) 316, 320<br />
Osthaus, Karl Ernst (1874–1921) 44, 167, 342, 462,<br />
464, 465, �468, 470, 471<br />
Oswald, Richard (1880–1963), Die Prostitution /<br />
Das gelbe Haus (1919) �s. Filme<br />
Otto, Frei (geb. 1925) 345<br />
P<br />
Pabst, Erich (1890–1955) 431<br />
Pabst, Georg Wilhelm (1885–1967) 204<br />
Die Pathetiker (Künstlergruppe) 107, 338, 467, 470<br />
Pechstein, Max (1881–1955) 18, 34, 34 f., 44, 48, 52,<br />
104, 107, 108, 144, 146, 146 f., 149, 149, 166, 342,<br />
404, 462, 463, 465, 466, 467, �468 f., 470,<br />
471, 472<br />
– An die Laterne (1919) 149, 149<br />
– Titelblatt »An alle Künstler!« (1919)<br />
34, 34 f., 469<br />
– Vignette im Programm des Arbeitsrats für<br />
Kunst, Berlin (1919) 146, 146, 404<br />
Perzynski, Friedrich (1877–1962?) 167, 462<br />
Pfemfert, Franz (1879–1954) 28, 47, 107, 108, 124,<br />
124, 147, 379, 462, 463, 464, 465, 467, �469<br />
– Die Aktion �s. Zeitschriften<br />
– Porträt (Felixmüller, 1923) 124, 124<br />
– Der Rote Hahn (Bücherreihe) 469<br />
Philippson, Molly (Salon, Berlin) 44<br />
Picasso, Pablo (Ruiz y, 1881–1973) 319, 376<br />
Pinthus, Kurt (1886–1975) 55, 150, 160, 174, 204, 271,<br />
274, 278, 462, 463, 465, 466, �467, �469, 470,<br />
471, 472<br />
– Kinobuch (1913) 55, 174, 278, 466, 469<br />
– Menschheitsdämmerung (Anthologie, 1920)<br />
111, 150, �160, 204, 462, 463, 465, 466,<br />
�467, 469, 470, 471, 472<br />
Poelzig, Hans (1869–1936) 14, 278, 376 f., 377,<br />
386 f., 386 f., 389 f., 389 f., 392 ff., 392 ff., 419,<br />
419, 462, 463, 464, �469, 470, 472<br />
– Festspielhaus Salzburg (um 1920–1922)<br />
376 f., 377<br />
– Der Golem ... (Filmarchitektur, 1920) 278;<br />
(Plakate, 1920) 389 f., 389 f.; (Skizzen, 1919)<br />
386, 386, 392, 392, 394 f., 394 f.; �s. auch Filme<br />
– Großes Schauspielhaus (Berlin, 1919) 278,<br />
376, 469<br />
– Ohne Titel (Architekturskizzen, o. J. / 1918 / 19)<br />
387, 387, 392 f., 392 f.<br />
– Vineta (Ohne Titel, zu einem unrealisierten<br />
Filmprojekt, 1920) 393, 393<br />
– Wettbewerbsentwurf Hochhaus am Bahnhof<br />
Friedrichstraße, Berlin ... (1921 / 22) 419, 419<br />
Prokofjew, Sergej Sergejewitsch (1881–1953) 316,<br />
320, 334<br />
Protazanow, Jakow (1881–1945) 310<br />
R<br />
Rapée (Rapee), Ernö (Erno, 1891–1945) 316, 320, 334<br />
Ray, Man (1890–1976) 282<br />
Reigbert, Otto (1890–1957) 179, 179, 197 ff., 197 ff.,<br />
201, 201, 471<br />
– Der Sohn (Hasenclever, Bühnenbild, 1919)<br />
179, 179, 201, 201<br />
– Trommeln in der Nacht (Brecht, Bühnenbild,<br />
1922) 197 ff., 197 ff., 471<br />
Reimann, Walter (1887–1936) 281, 306, 309 f., 313,<br />
324, 324, 328 f., 329, 463, 466, �469, 471<br />
– Das Cabinet des Dr. Caligari (Bauten, 1919)<br />
281, 309 f., 313, 324, 324, 328 f., 329, 463<br />
Reinert, Robert (1872–1928), Nerven (1919) 10, 10,<br />
224 f., 224 f., 464, �468<br />
Reinhardt, Max (1873–1943) 55, 168, 168, 174, 196,<br />
196, 274, 278, 282, 306, 462, 463, 464, 465,<br />
466, 467, �469, 470, 471, 472<br />
– Das Junge Deutschland (Versuchsbühne)<br />
55, �465, 466, 467, 469, 472<br />
– Max Reinhardt (Kokoschka, Das Tribunal,<br />
1920) 168, 168<br />
Rheiner, Walter (1895–1925) 18, 39, 40 f., 41, �250,<br />
462, 464, 465, 466, 467, �469<br />
Richter, Emil, Kunstsalon (Galerie) 147, 163, 163,<br />
464, �466<br />
Richter, Hans (1888–1976) 144, 147<br />
Richter-Berlin, Heinrich (1884–1981) 35, 107, 147,<br />
166, 462, 466, 467, 468, �469, 470<br />
Rilke, Rainer Maria (1875–1926) 56<br />
Der Ring (Architektenvereinigung) 462, 463,<br />
465, 467<br />
Ringelnatz, Joachim (1883–1934) 432, 468<br />
Rippert, Otto (1869–1940) Die Pest in Florenz (1919)<br />
�s. Filme; Totentanz (1919) 464, 466, 471,<br />
(Plakat, Fenneker) 233, 233<br />
Rogers, Bernard (1893–1968) 316, 318, 318, 320, �334<br />
Rohlfs, Christian (1849–1938) 167, 468, 470<br />
Röhrig, Walter (1893–1945) �469, 471; Das Cabinet<br />
des Dr. Caligari (Bühnenbild, 1919) 281, 306,<br />
310, 328, 333, 335, 335<br />
17_Anhang_RZ.indd 504 13.10.2010 9:50:38 Uhr
Rote Gruppe 147<br />
Roters, Ernst (1892–1961) 431, 432<br />
Rothafel, Samuel »Roxy« (1882–1936) 316, 318,<br />
320, 334<br />
Rottenberg, Ludwig (1864–1932) 272, 468<br />
Rubiner, Ludwig (1881–1920) 55, 469<br />
Russolo, Luigi (1885–1947) 338<br />
Ruttmann, Walt(h)er (1887–1941) 144, 147, 208, 468<br />
Rye, Stellan (1880–1914)<br />
Der Student von Prag (1913) 306, 472<br />
S<br />
Sachs, Lessie (gest. 1942) 148, 150<br />
Sächsischer Kunstverein (Plakat, Dix, 1919) 162, 162<br />
Sakheim, Arthur (1889–1931) 171, 171<br />
Satie, Erik (1866–1925) 319, 320<br />
Schaefler, Fritz (1888–1954) 144, 147, 148, 150, 187,<br />
187, 191, 191 f., 192, 466, �469<br />
– Von morgens bis mitternachts (Bühnenbildentwürfe,<br />
1921) 187, 187, 191, 191 f., 192<br />
Schapire, Rosa (1874–1954) 14, 28, 43, 45, 67,<br />
�73 ff., 75, 77, 77, 463, 465, 466, �469<br />
– Porträt (Kirchner, 1910) 73, 75, 75<br />
– Wohnung (Hamburg, Osterbekstr. 43)<br />
73, 75, 75, 77, 77<br />
Scharoun, Hans (alias Hannes, 1893–1972) 34, 34,<br />
36, 207, 219, 219, 342, 343, 343 ff., 344, 366,<br />
366, 368 ff., 368 ff., 415, 415, 462, 464, �469<br />
– Angst (1920er-Jahre) 219, 219<br />
– Architekturphantasie (1919) 415, 415<br />
– Durchdringung der Form (1921–1923) 368, 368<br />
– Ohne Titel (um 1920) 34, 34;<br />
(1921–1923) 366, 366, 368 f., 368 f.<br />
– Philharmonie (Berlin) 344, 344, 345<br />
– Verhaltung (1921–1923) 370, 370<br />
– Die zu und die abgekehrten Prinzipien der<br />
Baukunst (1919–1921) 343, 343<br />
Scheerbart, Paul (1863–1915) 28, 32, 39, 45, 48,<br />
56, 207, 208, �338 f., 342, 346, 379, 408, 462,<br />
466, �469, 470, 471<br />
Scheffler, Karl (1869–1951) 208<br />
Scheibe, Richard (1879–1964) 167, 462<br />
Schickele, René (1883–1940) 462, 465, 466, 467,<br />
469, 470, 471<br />
Schiefler, Gustav (1857–1935) 76, 111, 463, 466,<br />
468, 469<br />
Schiele, Egon (1890–1918) 17, 43, 60, 61–67, 62–67,<br />
462, 464, �470<br />
– Gedichte (Ein Selbstbild, 1910) 64, 64; (Nasser<br />
Abend, 1910) 62, 62; (Tannenwald, 1910) 67, 67<br />
– Hockende Frau (1914) 63, 63<br />
– Liegendes nacktes Mädchen (1910) 66, 66<br />
– Selbstseher II. Tod und Mann (1911) 60, 61,<br />
65, 65<br />
Schilling, Erna (1884–1945) 30, 30 ff., �70–73, 71, 72,<br />
78, 79, 83 f., 83 f., 90, 90, 95, 95 ff., 96 f., 466<br />
– Bett für Erna (Kirchner, 1919) 72, 72, 73<br />
– Einrichtungsentwürfe, Atelier Kirchners,<br />
Berlin-Friedenau (mit Kirchner, 1914) Rückenlehnenbezug<br />
96 f., 96 f.; Supraporte 71, 95, 95;<br />
Tischdecke 31 f.<br />
– Fotografien, Atelier Kirchners, Berlin<br />
(Friedenau, Körnerstr. 45, 1914 / 15) 73, 78,<br />
79, 83 f., 83 f., 90, 90; (Wilmersdorf, Durlacher<br />
Str. 14, um 1912 / 14) 30, 30<br />
Schilling, Gerda (1893–1923) 83, 83, 90, 90<br />
Schlemmer, Oskar (1888–1943) 408, 411, 435<br />
Schmidt, Joost (1893–1948) 407, 409, 409<br />
Schmidt, Kurt F. (Architekt) 428, 430, 430 f.<br />
Schmidt-Rottluff, Karl (1884–1976) 14, �23, 28 f.,<br />
29, 29, 35, 36, 43, 45, 70, �73 ff., 77, 77, 99 ff.,<br />
99 ff., 107, 110, 110, 111, 147, 166, 282, 342, 462,<br />
463, 464, 465, 466, 467, 468, 469, �470, 471<br />
– Brosche mit den Buchstaben »RS« (1910)<br />
99, 99<br />
– Holzanhänger als plastisches Ornament<br />
(nach 1913) 99, 99<br />
– Holzring mit Silberbügel und vier Perlmutteinlagen<br />
(um 1912) 99, 99<br />
– Idealprojekt. Bau einer Bergstadt (1919)<br />
�23, 36<br />
– Interieur mit Frau und Blumenvase (1923)<br />
101, 101<br />
– Neopathetisches Cabaret, Programm, Schriftzug<br />
(1911) 29, 29, 107, 110, 110, 468<br />
– Ornamental verzierter Holzkasten mit aufklappbarem<br />
Deckel und Vorderteil (1909) 74, 77, 77<br />
– Zigarettenkästchen mit Aktdarstellungen (1911)<br />
74, 100, 100<br />
Schönberg, Arnold (1874–1951) 14, 17, 18, 28, 30, 30,<br />
31, 36, 43, 52, 55, �268 f., 269, �271 f., 274,<br />
316, 319, 334, 463, 466, 467, �470, 471<br />
– Die glückliche Hand (1910–1913) 18, 31, 43, 55,<br />
268 f., 269, �271 f., 274, 319, 470<br />
– Pierrot lunaire (1912) 271, 316<br />
– Das Verhältnis zum Text (in: Almanach<br />
Der Blaue Reiter, 1912) 31, 271, 470<br />
Schreker (eigtl. Schrecker), Franz (1878–1934) 272<br />
Schreyer, Lothar (1886–1966) 52, 55, 108, 174, 338,<br />
408, 432, 465, �470, 471<br />
Schrimpf, Georg (1889–1938) 147, 148, 150, 468<br />
Schröder, Johannes (1883–1973) 174<br />
Schulz, Lavinia (1896–1924) 14, 45, 108, 428,<br />
�432, 433, 433, 436, 437, 438 ff., 438 f.,<br />
�440 f., 442–445, 442–445, 465, 468, �470<br />
– Rezension (Lorenz, 1922) �441<br />
– Szenenbildentwürfe für einen geplanten<br />
Tanzfilm (um 1922 / 23) 442 f., 442 f.<br />
– Tanzmasken (Bertchen schwarz, um 1923),<br />
444, 444; (Toboggan Frau, um 1923) 432, 433,<br />
433, 438, 438; (Tote Frau, um 1923) 432, 445,<br />
445; (Tanzpaar Toboggan, mit W. Holdt, um<br />
1924) 436, 437<br />
– Tanzschrift Vier Sätze der Toten Frau (1921)<br />
439 f., 439 f.<br />
Schwemer, Martin (1894 – vor 1958) 433, 433<br />
Schwitters, Kurt (1887–1948) 18, 52, 55, 58, 428<br />
Seehaus, Paul Adolf (1891–1919) 327, 327<br />
Seewald, Richard (1889–1976) 145, 145, 150<br />
Seiwert, Franz Wilhelm (1894–1933) 462, �470<br />
Severini, Gino (1883–1966) 338<br />
Sievert, Ludwig (1887–1966) 14, 39, 174 f., 175, 177,<br />
179, 179, 181, 181, �272 f., 273, 330, 330, 468,<br />
�470, 472<br />
– Die große Landstraße (1923) 175, 175<br />
– Mörder, Hoffnung der Frauen (1922) 14, 39,<br />
�272 f., 273, 468, 470<br />
– Penthesilea (1920) 174, 330, 330, 470<br />
– Der Sohn (1918) 177, 179, 179, 470<br />
– Die tote Stadt (1921) 178, 181, 181<br />
Simmel, Georg (1858–1918) 104, 204, 207, 236,<br />
465, 471<br />
Skrjabin, Alexander Nikolajewitsch (1872–1915)<br />
319, 320<br />
Slavos, Hans 156 f., 156 f.<br />
Slevogt, Max (1868–1932) 463<br />
Slutzky, Naum (1894–1965) 408, 410, 410<br />
Sommerfeld, Adolf (1886–1964), Wohnhaus, Berlin<br />
407, 409, 409<br />
Sonderbund (Westdeutscher Kunstfreunde und<br />
Künstler) 376, 468, 470<br />
Sorge, Reinhard Johannes (1892–1916) 55, 174, 177,<br />
463, 468, �470; Der Bettler. Eine dramatische<br />
Sendung (1912) 174, 177 f., �463, 469, (Deutsches<br />
Theater, Berlin, 1917) 55, 177 f., 196,<br />
196, 463, 469<br />
Stadler, Ernst (1883–1914) 379, 462, 464, 467<br />
Stahl, Erich Ludwig (geb. 1887) 15, 15, 332, 332<br />
– Plakate (mit O. Arpke) »Du musst Caligari<br />
werden« (1919 / 20) 332, 332; »Das Cabinet<br />
des Dr. Caligari« (1920) 15, 15<br />
Steegemann, Paul (1894–1956), Reihe: Die Silbergäule<br />
424 f., 424 f., 464<br />
Stegemann, Heinrich (1888–1945) 433, 433,<br />
440, 440<br />
Steger, Milly (1881–1948) 160, 160, 167, 462, 467,<br />
468, �470<br />
Steiner, Rudolf (1861–1925) 319, 378, 378,<br />
379, 408<br />
Steinhardt, Jakob (1887–1968) 338, 467, 468, �470;<br />
(Die Stadt, 1913) 212, 212<br />
Stephan, Rudi (1887–1915) 272<br />
Stern, Ernst (1876–1954) 107, 154 f., 155, 176,<br />
176, 177 f., 182, 183, 196, 196, 282, 463, 469,<br />
�470, 471<br />
– Der Bettler (Bühnenbild, 1917) 177 f., 196,<br />
196, 463<br />
– Revolution in Berlin (Lithografien, 1919)<br />
154 f., 155, 470<br />
– Die Wupper (Bühnenbild, 1919) 107, 176, 176,<br />
182, 183 ff., 184 f., 282, 472<br />
Sternheim, Carl (1878–1942) 40 f., 41, 462, 466, 469<br />
De Stijl 40, 404<br />
Stölzl, Gunta (1897–1983) 404, 406, 406<br />
Stramm, August (1874–1915) 32, 44, 268, 465, 467,<br />
�470, 471<br />
Strauss, Richard (Georg, 1864–1949) 316, 334, 467<br />
Strawinsky, Igor Fjodorowitsch (1882–1971) 36, 316,<br />
318, 318, 319 f., �334<br />
Strindberg, (Johan) August (1849–1912) 48, 53, 174,<br />
175, 319, 379, 470, 472<br />
– Die große Landstraße (1909) 174 f., 175<br />
Strohmeyer, Otto Heinrich (geb. 1895), ChileHaus<br />
(1925) 414, 414<br />
Stuckenberg, Fritz (1881–1944) 167, 462<br />
Stuckenschmidt, Hans Heinz (1901–1988) 35, 433,<br />
465, 468, �470<br />
Der Sturm<br />
– Buchhandlung 28, 108, 471<br />
– Bühne 28, 108, �470, 471<br />
– Galerie 14, 28, 31, 35, 52, 55, 107, 108, 174,<br />
338, 376, �470, 471<br />
– Kunstschule 28, 52, 108, 466, 471<br />
– Verlag 28, 52, 56, 108, 466, 468, �470<br />
– Zeitschrift �s. Zeitschriften<br />
T<br />
Tappert, Georg (1880–1957) 35, 107, 167, 462, 467,<br />
468, 469<br />
Taut, Bruno (alias Glas, 1880–1938) 14, 35, 36,<br />
44, 45, 144, 166, 204, 207, 278 f., 279, 281,<br />
�338 ff., 339, 340, 341, 344, 344, 345, 372,<br />
372, �373, 376, 379, 380, 404, 408, 411, 462,<br />
464, 465, 466, 467, 468, 469, �471<br />
– Alpine Architektur (1919) 340, 340 f., 471<br />
– Die Auflösung der Städte (1920) 340, 340,<br />
�341, 344, 344, 373, 471<br />
– Briefe an die Gläserne Kette (Monument<br />
des neuen Gesetzes, 1919) 36, 44, 372, 372;<br />
(Freunde! Prometh! Zacken! Angkor! Antischmitz!<br />
MT! Anfang! WH!, 1920) �373<br />
– Brief W. Habliks an die Gläserne Kette (Sehr<br />
erfreut über Ihre Filmidee ..., 1920) �24, 44<br />
– Erde, asiatische Seite (1919) 340, 340<br />
– Firnen im Eis und Schnee (1919) 340, 340<br />
– Frühlicht (Zeitschrift, 1921 / 22) 473, 380,<br />
383, 471<br />
– Glashaus (Deutscher Werkbund, Köln<br />
1914) 32, �338 f., 339, 341, 342, 408, 469, 471<br />
– Die Stadtkrone (1919) 204, 341, 373, 379,<br />
469, 471<br />
– Der Weltbaumeister (1920) 14, 278 f., 279,<br />
373, 471<br />
Taut, Max (alias M. T., 1884–1967) 35, 166, 342, 373,<br />
462, 463, 464, 468, �471<br />
Titze, Willi (1890–1979) 428, 431<br />
17_Anhang_RZ.indd 505 13.10.2010 9:50:39 Uhr<br />
505
Toller, Ernst (1893–1939) 14, 32 f., 36 f., 37, 44, 144,<br />
148, 150, 174, 278, 462, 465, 466, 467, 468, �471<br />
– Steckbrief (1919) 37, 37<br />
– Die Wandlung (1919) 36, 45, 144, 174, 178,<br />
194 f., �194 f., 278, 310, 466, 467, 468, �471<br />
Trakl, Georg (1887–1914) 28, 56, 107, 379, 466,<br />
467, �471<br />
Tribüne (Privattheater, Berlin) 36, 45, 178, 194 f.,<br />
194, 278, 310, 465, 466, 467, 468, �471, 472<br />
Trüdinger, Philipp (1866–1950) 28, 463<br />
Tucholsky, Kurt (alias Peter Panter, 1890–1935)<br />
281 f., 284, 309, �328, �456 f., 471<br />
– Dämmerung (1920) 456 f.<br />
– Dr. Caligari (1920) 281 f., 309, �328<br />
Tügel, Otto Tetjus (1892–1973) 431, 432<br />
Twardowski, Hans Heinrich von (1898–1958)<br />
309, 313, 333<br />
506<br />
U<br />
Unger, Erich (1887–1950) 29, 110<br />
Unold, Max (1885–1964) 147<br />
Urbas, Otto 148, 150<br />
V<br />
Varèse, Edgar (1883–1965) 316<br />
Veidt, Conrad (1893–1943) 230, 231, 309, 313, 333,<br />
463, 464, 467, 469, �471<br />
Velde, Henry van de (1863–1957) 377, 377, 379,<br />
404, 468, 471<br />
Viertel, Berthold (1885–1953) 175, 175<br />
Vinnen, Carl (1863–1922) 376<br />
Vischer, Melchior (1895–1975) 424, 424<br />
W<br />
Wach, Aloys (1892–1940) 147, 148 f., 149, 150<br />
Wagner, Otto (1841–1918) 379, 380<br />
Wagner, Richard (1813–1883) 14, 17, 18, 52, 174, 177,<br />
268, 272, 316<br />
Walden, Herwarth (Georg Levin, 1878–1941)<br />
17, 28, 29, 30, 30, 31, 32, 35, �48, 52, 54, 54,<br />
107, 108, 147, 338, 376, 379, 462, 463, 464,<br />
465, 466, 467, 468, 469, 470, �471; �s. auch<br />
Der Sturm<br />
– Café Größenwahn (1912) 48<br />
– Porträts (Kokoschka, Öl, 1910) 30, 30;<br />
(Kokoschka, Der Sturm, 1910) 28;<br />
(Wauer, 1917) 54, 54<br />
Walzel, Oskar (1864–1944) 52<br />
Warburg, Aby (1866–1929) 43, 487<br />
Warm, Hermann (Georg, 1889–1976) 281, 306, 309,<br />
311 f., 311 f., 328, 333, 463, 469, �471<br />
Wauer, William (Ernst Hermann, 1866–1962) 54, 54 f.,<br />
467, 470, 471, �472<br />
Wedekind, Frank (1864–1918) 28, 48, 462, 463, 471<br />
Wegener, Paul (1874–1948) 55, 174, 278 f., 279,<br />
294, 294 f., 295, 306, 328, 384, 385, 388–392,<br />
388–392, 394, 464, 465, 469, 471, �472<br />
– Der Golem ... (1920) 55, 278, 294, 294 f., 295,<br />
384, 385, 388–392, 388–392, 394 f., 394 f.,<br />
463, �464, 469, 472<br />
– Lebende Buddhas (1924) 469, 472<br />
– Der Student von Prag (1913) 306, 472<br />
Weichert, Richard (1880–1961) 174, 179, 179, 272,<br />
330, 330, 470, �472<br />
Weill, Kurt (1900–1950) 35, 268, 463, 466, 468<br />
Weininger, Otto (1880–1903) 268<br />
Wenz, Walter 148, 150<br />
Werckmeister, Hans (1871 / 72 oder 1879–1929),<br />
Algol. Eine Tragödie der Macht (1920) 281, 469<br />
Werefkin, Marianne von (1860–1938) 463, 466, 470<br />
Werfel, Franz (1890–1945) 52, 462, 463, 464, 465,<br />
466, 467, 468 469, �472<br />
Wiederhold, Sascha (1904–1962) 424 f., 424 f.<br />
Wiemeler, Ignaz (1885–1952) 429, 429, 447, 447<br />
Wiene, Robert (1873–1938) 14, 40, 44, 55, 57, 57,<br />
174, 237, 237, 241, 241, 278, 281 ff., 283, 298,<br />
298, 306, �306 ff., 307 f., 311, 311, 313, 328,<br />
463, 464, 466, �472<br />
– Das Cabinet des Dr. Caligari (1920) 14, 40, 44,<br />
55, 57, 57, 174, 237, 237, 241, 241, 278, 281 f.,<br />
�306 ff., 307 f., 311, 311, 316, 321, 321 f., 323 ff.,<br />
324 f., 331, 331, 335, 335, �463, 466, 467, 469,<br />
471, 472; �s. auch Filme<br />
– Genuine (1920) 282, 291, 291, �464, 466, 467,<br />
469, 472; (Szenenbild, Klein, 1920) 280, 280,<br />
282, 289, 289, 466; (Filmplakat, Fenneker,<br />
1920) 290, 290, 474<br />
– Raskolnikow (1922 / 23) 282 f., 283, 286, 287,<br />
293, 293, 298, 298, 306, 462, �469, 472<br />
Wigman, Mary (1886–1973) 14, 39, 431, 465, 466,<br />
468, �472<br />
Wilhelm, Karl (1872–1935) 231, 231<br />
Wilkens, Carl M. H. (1891–1969) 448–451, 448–451<br />
Wolff, Kurt (1887–1963) 108, 466; (Verlag)<br />
114, 114 f., 117, 117, 464, 465, �466, 468,<br />
469, 471, 472<br />
– Der jüngste Tag (Broschürenreihe)<br />
108, 466, 468<br />
– Kinobuch (1913) �s. Pinthus<br />
Worringer, Wilhelm (1881–1965) 376, 462<br />
Wright, Frank Lloyd (1867–1959) 356, 356, 377,<br />
377, 379<br />
Würzbach, Walter (1885–1950) 49, 49, 463, �472<br />
Z<br />
Zech, Paul (1881–1946) 55, 463, 465, 467, 468,<br />
471, �472<br />
Zehder, Hugo (Architekt) 147<br />
Zeitschriften<br />
– Die Aktion (Hrsg. F. Pfemfert) 28, 31, 43,<br />
107, 108, 123, 123, 125, 125, 144, 147, 151, 151,<br />
379, �462, 463, 464, 465, 466, 467, 469,<br />
470, 471<br />
- Titelblätter<br />
(Der Kapitalismus, der das werktätige<br />
Volk ..., 1918) 125, 125<br />
(Potsdamer Platz, Meidner, 1914) 123, 123<br />
(Die Revolution, Anger, 1919) 151, 151<br />
– Die Bücherkiste 147, 148, 150<br />
– Die Dachstube (Hrsg. C. Mierendorff)<br />
�154, �463, 468, 471<br />
– Der Demokrat 43, 107, 465, 469<br />
– Die Fackel 48, 108, 467<br />
– Frühlicht (Hrsg. B. Taut, ) 380, 383, 471<br />
– Neue Hamburger Zeitung 428, 435<br />
– Das neue Pathos (Berlin) 463, 464, 465, 466,<br />
467, �468, 472<br />
– Revolution (Hrsg. H. Leybold u. a.) 31, 128 f.,<br />
128 f., 144 f., 145, 147, 148, 150, 462, 467, �469<br />
– Die Rote Erde (Hrsg. K. Lorenz, R. Schapire,<br />
Hamburg) 441, 464, �469, 470<br />
– Der Sturm (Hrsg. H. Walden) 14, 28, 35, 43,<br />
48, 52, 53, 53, 55, 56, 104, 107, 108, 144, 147,<br />
268, 270, 270, 278, 338, 376, 463, 464, 465,<br />
466, 467, 468, 469, �470, 471, 472<br />
- Titelblätter von Kokoschka<br />
(Gesindel in der Sternennacht, 1910) 53, 53;<br />
(Mörder, Hoffnung der Frauen, 1910) 268,<br />
270, 270<br />
– Süddeutsche Freiheit (Montagszeitung)<br />
148 f., 149<br />
– Das Tribunal (Hrsg. C. Mierendorff) 32, 44,<br />
168 f., 168 f., 462, 463, 464, 465, 466, 468,<br />
471, �472<br />
- Titelblätter<br />
(Max Reinhardt, Kokoschka, 1920) 168, 168;<br />
(Polemische Zeichnung, Meidner, 1919)<br />
169, 169<br />
– Die Weltbühne (Hrsg. S. Jacobsohn,<br />
T. Tucholsky u. a.) 281 f., 456 f.; Beiträge<br />
Tucholskys (Dämmerung, 1920) 456 f.,<br />
(Dr. Caligari, 1920) 281 f., 309, �328<br />
– Wendingen (Amsterdam) 379<br />
– Der Ziegelbrenner (Hrsg. Ret Marut) 147<br />
Zeyn, Willy sen. (1876–1946) 228, 228<br />
Zucker, Paul (1888–1971) 167, 342, 462<br />
Zuntz, Olga (Fotografin) 75, 75, 77, 77<br />
Zweig, Stefan (1881–1942) 111, 268<br />
17_Anhang_RZ.indd 506 13.10.2010 9:50:39 Uhr
Leihgeber und Dank<br />
Dank an institutionelle Leihgeber<br />
Städtische Kunstsammlungen, Galerie Albstadt<br />
Dr. Marina Sauer<br />
Dr. Veronika Mertens<br />
EYE Film Instituut Nederland, Amsterdam<br />
Sandra den Hamer<br />
Akademie der Künste, Berlin<br />
Dr. Wolfgang Trautwein<br />
Dr. Petra Albrecht<br />
Architekturmuseum der Technischen<br />
Universität Berlin<br />
Dr. Hans-Dieter Nägelke<br />
Franziska Schilling<br />
Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne<br />
Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin<br />
Prof. Jörn Merkert<br />
Dr. Thomas Köhler<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und<br />
Fernsehen, Berlin<br />
Dr. Rainer Rother<br />
Werner Sudendorf<br />
Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin<br />
Dr. Moritz Wullen<br />
Dr. Elke Blauert<br />
Dr. Anita Kühnel<br />
Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin<br />
Prof. Dr. Heinrich Schulze Altcappenberg<br />
Dr. Anita Beloubek-Hammer<br />
Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin<br />
Udo Kittelmann<br />
Dr. Joachim Jäger<br />
Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin<br />
Prof. Dr. Hans Ottomeyer<br />
Andrea von Hegel<br />
Cineteca di Bologna<br />
Giuseppe Bertolucci<br />
Gian Luca Farinelli<br />
Bündner Kunstmuseum, Chur<br />
Dr. Beat Stutzer<br />
Hessisches Landesmuseum Darmstadt<br />
Dr. Theo Jülich<br />
Dr. Mechthild Haas<br />
Dr. Klaus-Dieter Pohl<br />
Stadtarchiv Darmstadt<br />
Dr. Peter Engels<br />
Dr. York Haase<br />
Dr. Friedrich Knieß<br />
Otto-Bartning-Archiv der Technischen<br />
Universität Darmstadt<br />
Dr. Meinrad von Engelberg<br />
Kirchner Museum Davos<br />
Dr. Karin Schick<br />
Stiftung Bauhaus Dessau<br />
Prof. Philipp Oswalt<br />
Lutz Schöbe<br />
Wolfgang Thöner<br />
Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf<br />
Dr. Marion Ackermann<br />
Dr. Anette Kruszynski<br />
Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum, Zentrum<br />
Internationaler Skulptur, Duisburg<br />
Prof. Dr. Raimund Stecker<br />
Dr. Gottfried Leinz<br />
Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt a. M.<br />
Peter Cachola Schmal<br />
Inge Wolf<br />
Sammlung Deutsche Bank, Frankfurt a. M.<br />
Friedhelm Hütte<br />
Claudia Schicktanz<br />
Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt a. M.<br />
Claudia Dillmann<br />
Hans-Peter Reichmann<br />
Hindemith Institut Frankfurt<br />
Prof. Dr. Giselher Schubert<br />
Dr. Susanne Schaal-Gotthardt<br />
Städel Museum, Frankfurt a. M.<br />
Max Hollein<br />
Dr. Felix Krämer<br />
Dr. Jutta Schütt<br />
Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg,<br />
Frankfurt a. M.<br />
Berndt Dugall<br />
Dr. Ann Kersting-Meuleman<br />
Kunstsammlung Gera<br />
Holger Peter Saupe<br />
Wolgang Schwarzentrub<br />
Stiftung Moritzburg, Kunstmuseum des Landes<br />
Sachsen-Anhalt, Halle<br />
Dr. Katja Schneider<br />
Ernst Barlach Haus,<br />
Stiftung Hermann F. Reemtsma, Hamburg<br />
Dr. Karsten Müller<br />
Hamburger Kunsthalle<br />
Prof. Dr. Hubertus Gaßner<br />
Dr. Ulrich Luckhardt<br />
Dr. Andreas Stolzenburg<br />
Museum für Hamburgische Geschichte<br />
Prof. Dr. Elisabeth Kosok<br />
Dr. Ortwin Pelc<br />
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg<br />
Dr. Sabine Schulze<br />
Dr. Rüdiger Joppien<br />
Stiftung Historische Museen Hamburg, Altonaer<br />
Museum für Kunst und Kulturgeschichte<br />
Prof. Dr. Torkild Hinrichsen<br />
Dr. Nicole Tiedemann-Bischop<br />
Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe<br />
Katrin Maibaum<br />
Janna Lipsky<br />
Museumslandschaft Hessen Kassel<br />
Prof. Dr. Bernd Küster<br />
Kolumba, Köln<br />
Dr. Stefan Kraus<br />
Dagmar Wolff<br />
Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln<br />
Dr. Elke Purpus<br />
Thomas Romándi<br />
17_Anhang_RZ.indd 507 13.10.2010 9:50:39 Uhr<br />
507
Museum Ludwig, Köln<br />
Prof. Kasper König<br />
Dr. Stephan Diederich<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der<br />
Universität zu Köln<br />
Prof. Dr. Christiane M. Bongartz<br />
Dr. Gerald Köhler<br />
Det Danske Filminstitut, Kopenhagen<br />
Henrik Bo Nielsen<br />
Thomas C. Christensen<br />
Deutsche Nationalbibliothek Leipzig<br />
Dr. Elisabeth Niggemann<br />
Jörg Räuber<br />
Lentos Kunstmuseum Linz<br />
Stella Rollig<br />
Dr. Elisabeth Nowak-Thaller<br />
Museum Behnhaus Drägerhaus,<br />
Die Lübecker Museen<br />
Dr. Thorsten Rodiek<br />
Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen am Rhein<br />
Dr. Reinhard Spieler<br />
Nina Gülicher<br />
Wissenschaftliche Stadtbibliothek, Mainz<br />
Dr. Stephan Fliedner<br />
Silja Geisler-Baum<br />
Deutsches Literaturarchiv Marbach<br />
Prof. Dr. Ulrich Raulff<br />
Dr. Nicolai Riedel<br />
Deutsches Theatermuseum, München<br />
Dr. Claudia Blank<br />
Dr. Susanne de Ponte<br />
Filmmuseum München<br />
Stefan Drössler<br />
Stephanie Hausmann<br />
Pinakothek der Moderne, Bayerische Staatsgemäldesammlungen<br />
München<br />
Prof. Dr. Klaus Schrenk<br />
Prof. Dr. Carla Schulz-Hoffmann<br />
LWL – Landesmuseum für Kunst<br />
und Kulturgeschichte, Westfälisches<br />
Landesmuseum, Münster<br />
Dr. Hermann Arnhold<br />
Melanie Bono<br />
Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg<br />
Prof. Dr. G. Ulrich Großmann<br />
Cinémathèque française, Paris<br />
Costa Gavras<br />
Serge Toubiana<br />
Národní Galerie v Praze, Prag<br />
Prof. Dr. Milan Knížák<br />
Lyonel-Feininger-Galerie, Quedlinburg<br />
Dr. Björn Egging<br />
Ellen Lenz<br />
Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg<br />
Dr. Andrea Madesta<br />
Dr. Roman Zieglgänsberger<br />
508<br />
Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte,<br />
Stiftung Schleswig-Holsteinische Landes museen<br />
Schloss Gottorf, Schleswig<br />
Prof. Dr. Claus von Carnap-Bornheim<br />
Dr. Jürgen Fitschen<br />
Dr. Ulrich Schneider<br />
Moderna Museet, Stockholm<br />
Lars Nittve<br />
Kunstmuseum Stuttgart<br />
Dr. Ulrike Groos<br />
Dr. Daniel Spanke<br />
Filmmuseum Romboy, Wesseling<br />
Manfred Romboy<br />
Leopold Museum, Wien<br />
Elisabeth Leopold<br />
Peter Weinhäupl<br />
Dr. Franz Smola<br />
Österreichische Nationalbibliothek, Wien<br />
Dr. Hans Petschar<br />
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
Thomas Zeipelt<br />
Gudrun Weiss<br />
Kunsthaus Zug<br />
Dr. Matthias Haldemann<br />
Dr. Marco Obrist<br />
Coninx-Stiftung, Zürich<br />
Dr. Ernst Hefti<br />
Inga Hefti<br />
Dank an Privatsammlungen und Stiftungen<br />
Neben den institutionellen Leihgebern danken<br />
wir insbesondere auch den passionierten<br />
Privatsammlerinnen und Privatsammlern sowie<br />
den Stif tungen und den Kunsthandlungen für<br />
ihre großzügigen Leihgaben<br />
Galerie für Architektenmöbel, Berlin<br />
Michael Mertens<br />
E.W.K., Bern<br />
Kunsthandel Wolfgang Werner, Bremen / Berlin<br />
Wolfgang Werner<br />
Merck Corporate History, Darmstadt<br />
Dr. Sabine Bernschneider-Reif<br />
Hans-Joachim und Gisa Sander, Darmstadt<br />
Adolf und Luisa Haeuser-Stiftung für Kunst und<br />
Kulturpflege, Frankfurt a. M.<br />
Heinz Vogel<br />
LETTER Stiftung, Köln<br />
Dr. Rudolf Rieger<br />
Abeceda Antiquariat, München<br />
Sammlung Gerhard Schneider, Olpe und Solingen<br />
Inken Drozd, Weil am Rhein<br />
sowie all jenen, die hier nicht namentlich genannt<br />
werden wollen.<br />
Herzlichen Dank<br />
Barbara Alms, Babette Angelaeas,<br />
Thomas Anz, Martin Apelt, Arno Barnert,<br />
Korinna Barthel, Leonie Beiersdorf,<br />
Dieter Bingen, Margarete Boller,<br />
Camilla Bork, Gerda Breuer, Bernd Busch,<br />
Beate Dannhorn, Burghardt Darmer,<br />
Michael Davidis, Magdalena Depta,<br />
Stephan Dinges, Michael Dörfler,<br />
Lisa Dressler, Werner Durth,<br />
Mandana Edjtemai, Alexander Eiling,<br />
Christiane Eulig, Lothar Fischer,<br />
Sabine Fischer, Joachim Fontaine,<br />
Reinhard Franz, Eric Gebel, Petra Gehring,<br />
Ragna Gräbner, Heike Hambrock,<br />
Michael Hasenclever, Wolfgang Henze und<br />
Ingeborg Henze-Ketterer, Helge Heynold,<br />
Justin Hoffmann, Alfred Hoh,<br />
Raja Hohlmann, Karl-Heinz Hoffmann,<br />
Margit Hoffmann, Vera Hullen,<br />
Roland Jaeger, Harry Joelson-Strohbach,<br />
Uli Jung, Gisela Kaiser, Markus Kalb,<br />
Albrecht von Kalnein, Jürgen Kasten,<br />
Thomas Kemme, Cornelia Kemp,<br />
Rosemarie Kilian, Eva-Maria Klother,<br />
Susanne Knapp, Gerald Köhler,<br />
Steffen Krämer, Evelyn Kroll,<br />
Karl-Wieland Kurz, Christiane Lange,<br />
Judith Leitz, Françoise Lémerige,<br />
Petra Mandt, Andrea Meneghelli,<br />
Cord Meijering, Gabriele Mielcke,<br />
André Mieles, Freya Mühlhaupt,<br />
Ursula Müller, Claus K. Netuschil,<br />
Ruth Oberhand, Susanne Oehmke,<br />
Liona Paulus, Isabelle Pauly,<br />
Wolfgang Pehnt, Ad Pollé, Georg Polster,<br />
Volker Probst, Claudia Quiring,<br />
Isabelle Regelsperger, Erik Riedel,<br />
Lisa Roth, Andreas Rühl,<br />
Hanna Santelmann, Anett Sawall,<br />
Rudolf Schmitz, Susanne Schorn,<br />
Jörg Schulz, Rüdiger Schütt,<br />
Frank Schütz, Herbert Schwarze,<br />
Heinz Stahlhut, Elena Tammaccaro,<br />
Ronny Temme, Robert Waggon,<br />
Claudia Wagner, Claudia Wedepohl,<br />
Martina Weiß, Annette Windisch,<br />
Karin Wirschem, Annette Wittboldt<br />
17_Anhang_RZ.indd 508 13.10.2010 9:50:40 Uhr
Bild- und Textnachweis<br />
Bildnachweis<br />
Abeceda Antiquariat München:<br />
S. 146<br />
Akademie der Künste, Berlin, Baukunstarchiv:<br />
S. 343, 344, 349 (Detail), 362, 366, 368, 369,<br />
370, 372, 419<br />
Akademie der Künste, Berlin, Kunstsammlung /<br />
Roman März, Berlin:<br />
S. 154, 155<br />
akg-images, Berlin:<br />
S. 16<br />
Architekturmuseum der Technischen Universität<br />
Berlin:<br />
S. 364 / 365, 419<br />
Archiv der Autoren:<br />
S. 34, 72, 105, 109, 111, 146, 149, 205, 206,<br />
209, 340, 377, 378, 381, 382, 406, 409, 410,<br />
429, 433<br />
Archiv Rudolf Belling, Krailling:<br />
S. 34<br />
Arnold Schönberg Center, Wien:<br />
S. 269<br />
Atelier L. & A. Schaul, Hamburg:<br />
S. 430<br />
Bauhaus-Archiv, Berlin / Hartwig Klappert, Berlin:<br />
S. 406, 409, 410<br />
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Pinakothek<br />
der Moderne, München:<br />
S. 6 (Detail), 82<br />
Berlinische Galerie, Landesmuseum für Moderne<br />
Kunst, Fotografie und Architektur, Berlin /<br />
Kai-Annett Becker, Berlin:<br />
S. 146, 165, 360 / 361, 424, 425<br />
bpk / Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek /<br />
Dietmar Katz, Berlin:<br />
S. 6 (Detail), 19, 117, 347, 356, 357<br />
bpk / Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett<br />
/ Volker-H. Schneider, Berlin:<br />
S. 140, 218, 238, 398, 399<br />
bpk / Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie /<br />
Jörg P. Anders, Berlin:<br />
S. 212, 213<br />
Bundesarchiv-Filmarchiv, Berlin:<br />
S. 289<br />
Bündner Kunstmuseum, Chur:<br />
S. 85, 98<br />
Cinémathèque française, Bibliothèque du Film,<br />
Paris:<br />
S. 301, 302 / 303, 335<br />
Cineteca di Bologna:<br />
S. 259, 285<br />
Coninx-Stiftung, Zürich:<br />
S. 93<br />
Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt a. M.:<br />
S. 34, 219, 415<br />
Deutsches Filminstitut – DIF, Frankfurt a. M.:<br />
S. 186, 193, 209, 225, 279, 280, 291, 295, 324,<br />
325, 385 (Detail), 386, 387, 388, 391, 392,<br />
393, 394, 395<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und<br />
Fernsehen, Berlin:<br />
S. 6 (Detail), 7 (Detail), 226, 228, 229, 230,<br />
231, 232, 233, 244, 290, 317, 323, 329, 331, 355<br />
Deutsche Kinemathek – Museum für Film und<br />
Fernsehen, Berlin / dadaware, Berlin:<br />
S. 6 (Detail), 311, 312<br />
Deutsches Literaturarchiv, Marbach:<br />
S. 29, 37, 110, 123, 125, 128, 129, 145, 149, 151<br />
Deutsches Theatermuseum, München:<br />
S. 7 (Detail), 179, 187, 191, 192, 197, 198, 199,<br />
201, 275<br />
EYE Film Instituut Nederland, Amsterdam:<br />
S. 283, 287 (Detail), 293, 298<br />
Filmmuseum München / Gerhard Ullmann, München:<br />
S. 10 (Detail), 224<br />
Filmmuseum Romboy, Wesseling:<br />
S. 283<br />
Fotostudio Burger, Fürth:<br />
S. 106<br />
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden:<br />
S. 6 (Detail), 41, 46, 57, 227, 237, 241, 285,<br />
294, 307, 308, 311, 454, 459<br />
Galerie Kornfeld, Bern / Peter Lauri, Bern:<br />
S. 95, 96, 97, 292<br />
Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg /<br />
Monika Runge, Nürnberg:<br />
S. 59, 114 / 115, 270<br />
H.-P. Cordes, Hamburg:<br />
S. 131<br />
Hamburger Kunsthalle / Elke Walford, Hamburg:<br />
S. 448, 449, 450, 451<br />
Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett /<br />
Christoph Irrgang, Hamburg:<br />
S. 75, 417<br />
Hessisches Landesmuseum Darmstadt:<br />
S. 113 (Detail), 141, 257, 296, 297<br />
Hindemith Institut Frankfurt:<br />
S. 33, 134, 138, 262<br />
Institut <strong>Mathildenhöhe</strong>, Städtische Kunstsammlung<br />
Darmstadt:<br />
S. 6 (Detail), 34, 53, 118, 122, 127<br />
J. H. Tooker Print Company, New York:<br />
S. 321<br />
Kirchner Museum Davos:<br />
S. 30, 33, 71, 72, 79 (Detail), 83, 84, 86, 87,<br />
88, 90, 91, 92, 94, 326<br />
17_Anhang_RZ.indd 509 13.10.2010 9:50:40 Uhr<br />
509
Kolumba, Köln / Lothar Schnepf, Köln:<br />
S. 170<br />
Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Regensburg:<br />
S. 126<br />
Kunsthandel Wolfgang Werner, Bremen / Berlin:<br />
S. 164<br />
Kunsthaus Zug, Stiftung Sammlung Kamm:<br />
S. 247, 264<br />
Kunstmuseum Stuttgart: S. 38, 132, 133, 206<br />
Kunstsammlung Gera / Ulrich Fischer, Gera:<br />
S. 159, 260<br />
Lentos Kunstmuseum Linz / Rainhard Haider, Linz:<br />
S. 77, 99, 100, 101<br />
Leopold Museum, Wien:<br />
S. 6 (Detail), 7 (Detail), 54, 61 (Detail), 62,<br />
63, 64, 65, 66, 67, 89, 258, 263<br />
LETTER Stiftung, Köln:<br />
S. 156, 157, 220, 222, 223, 299, 300<br />
LWL – Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte,<br />
Münster / Sabine Ahlbrand-Dornseif,<br />
Münster:<br />
S. 109, 358, 359<br />
Lyonel-Feininger-Galerie, Quedlinburg / Hans Wulf<br />
Kunze, Magdeburg:<br />
S. 397<br />
Merck Corporate History, Darmstadt:<br />
S. 249, 250, 253, 256<br />
Moderna Museet, Stockholm:<br />
S. 265<br />
Museum Behnhaus Drägerhaus, Die Lübecker<br />
Museen / Michael Haydn, Eichede:<br />
S. 130<br />
Museum für Hamburgische Geschichte:<br />
7 (Detail), S. 158<br />
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg:<br />
7 (Detail), S. 171, 416, 429, 433, 434, 437,<br />
438, 439, 440, 442 / 443, 444, 445, 446,<br />
447, 452, 453<br />
Museumslandschaft Hessen Kassel, Graphische<br />
Sammlung:<br />
S. 135, 136, 238<br />
Museumslandschaft Hessen Kassel, Neue Galerie:<br />
S. 124<br />
Nachrichtenamt der Stadt Köln:<br />
S. 339<br />
Národní Galerie v Praze, Prag:<br />
S. 105<br />
Nic Tenwiggenhorn, Düsseldorf:<br />
S. 200<br />
Österreichische Nationalbibliothek, Wien:<br />
S. 243 (Detail), 248, 251, 252, 254, 255<br />
510<br />
Privatbesitz:<br />
S. 42, 75, 77, 97, 279, 414<br />
R. Piper Verlag, München:<br />
S. 106<br />
Rheinisches Bildarchiv, Köln:<br />
S. 327<br />
Sammlung Deutsche Bank, Frankfurt a. M.:<br />
S. 215<br />
Sammlung Lothar Fischer, Berlin:<br />
S. 38<br />
Sammlung Gerhard Schneider, Olpe / Saša Fuis,<br />
Köln:<br />
S. 188, 189, 190<br />
Sammlung Sander, Darmstadt:<br />
S. 81, 246<br />
Sammlung Sander, Darmstadt / Rühl & Bormann,<br />
Darmstadt:<br />
S. 120, 121<br />
Sammlung Sander, Darmstadt / Uwe Walter, Berlin:<br />
S. 238<br />
Serge Sabarsky Collection, New York:<br />
S. 80<br />
Stadtarchiv Darmstadt:<br />
S. 41, 137, 168, 169<br />
Städel Museum, Frankfurt a. M.:<br />
S. 59, 139, 160, 161, 168<br />
Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau<br />
München:<br />
S. 30, 106<br />
Städtisches Museum Abteiberg, Mönchengladbach /<br />
Ruth Kaiser, Viersen:<br />
S. 292<br />
Stiftung Bauhaus Dessau:<br />
S. 211, 418<br />
Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin:<br />
S. 7 (Detail), 15, 162, 163, 389, 390<br />
Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin,<br />
Sammlung Sachs:<br />
S. 332, 371<br />
Stiftung Moritzburg, Kunstmuseum des Landes<br />
Sachsen-Anhalt, Halle / Ludwig Rauch, Berlin:<br />
S. 54<br />
Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen<br />
Schloss Gottorf, Landesmuseum für Kunst und<br />
Kulturgeschichte, Schleswig:<br />
S. 99, 261, 423<br />
Technische Universität Darmstadt, Archiv-Otto-<br />
Bartning / Jürgen Schreiter, Darmstadt:<br />
S. 7 (Detail), 20 / 21, 354, 355, 396, 401, 405<br />
Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität<br />
zu Köln:<br />
S. 175, 176, 179, 181, 183 (Detail), 184, 185, 194,<br />
195, 196, 273, 280, 289, 330<br />
Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg,<br />
Frankfurt a. M.:<br />
S. 153, 275<br />
Villa Grisebach, Berlin:<br />
S. 245<br />
Wenzel-Hablik-Stiftung, Itzehoe:<br />
S. 7 (Detail), 25, 350, 351, 352, 353, 363, 413<br />
(Detail), 420, 421, 422, 423<br />
Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen am Rhein:<br />
S. 292<br />
Wissenschaftliche Stadtbibliothek, Mainz:<br />
S. 49<br />
Textnachweis<br />
© 2010 für die abgedruckten Texte von<br />
Gottfried Benn beim Klett-Cotta Verlag, zit. nach:<br />
Gottfried Benn, Sämtliche Werke (Stuttgarter Ausgabe),<br />
Bd. I: Gedichte 1, in Verb. mit Ilse Benn hrsg.<br />
von Gerhard Schuster, Stuttgart 1986<br />
S. 253<br />
Ivan Goll beim Wallstein Verlag<br />
S. 288<br />
Jakob van Hoddis bei der Erben gemeinschaft<br />
Jakob van Hoddis, zit. nach: Jakob van Hoddis,<br />
Dich tung und Briefe, hrsg. von Regina Nörtemann,<br />
Göttingen 2007<br />
S. 46, 118<br />
Ludwig Meidner beim Stadtarchiv Darmstadt, ST 45<br />
Ludwig Meidner Nr. 1569<br />
S. 216<br />
Herwarth Walden beim Nachlass Walden, München<br />
S. 48<br />
sowie bei den Künstlern oder ihren Rechtsnachfolgern<br />
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Ausstellung<br />
Diese Publikation erscheint<br />
anlässlich der Ausstellung<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong> <strong>Expressionismus</strong><br />
Kunst, Film, Literatur, Theater, Tanz<br />
und Architektur 1905–1925<br />
<strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt<br />
24. Oktober 2010 bis 13. Februar 2011<br />
Direktor<br />
Ralf Beil<br />
Idee<br />
Ralf Beil, Claudia Dillmann<br />
Kurator<br />
Ralf Beil<br />
Konzeptionelle Mitarbeit<br />
Claudia Dillmann<br />
Kuratorische Mitarbeit<br />
Astrid Becker<br />
Wissenschaftliche Mitarbeit<br />
Susanne Neubronner<br />
Gesamtkoordination<br />
Astrid Becker<br />
Koordination Filmmuseum<br />
Susanne Neubronner<br />
Ausstellungsassistenz<br />
Anke Hillen, Anna-Pauline Weinke<br />
Ausstellungsarchitektur<br />
Christian Häussler, Ralf Beil<br />
Sekretariat<br />
Angelika Nitsch, Indra Metzger<br />
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
Gwendolin Ross<br />
Konservatorische Betreuung<br />
Gitta Hamm, Vera Grunder,<br />
Moya Schönberg<br />
Aufbau und Technik<br />
Jürgen Preusch, Uwe Brückner,<br />
Hartmut Kani, Karl-Heinz Köth,<br />
Fritz Schmunk<br />
HEITEC-Heiser GmbH, Gau-Algesheim<br />
Mediengestaltung<br />
Marco Kühne, 2SPOT Produktion<br />
Administration<br />
Ulli Emig, Michael Heine, Sandra Jakobi<br />
Werbemedien<br />
BECKER SPÄTH Konzept und Design<br />
Institut <strong>Mathildenhöhe</strong><br />
Olbrichweg 13<br />
64287 Darmstadt<br />
Tel. +49 6151 13-2778<br />
Fax. +49 6151 13-3739<br />
www.mathildenhoehe.eu<br />
Sponsoren und Partner<br />
Eine Ausstellung im Rahmen von<br />
Ermöglicht durch<br />
In Kooperation mit<br />
Kulturpartner<br />
Medienpartner<br />
Mit freundlicher Unterstützung von<br />
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511
Katalog<br />
512<br />
Herausgeber<br />
Ralf Beil, Claudia Dillmann<br />
Konzeption<br />
Ralf Beil<br />
Textredaktion<br />
Ralf Beil, Astrid Becker<br />
Bildredaktion<br />
Astrid Becker, Ralf Beil, Anna-Pauline Weinke<br />
Institutslektorat<br />
Astrid Becker, Anke Hillen, Susanne Neubronner,<br />
Anna-Pauline Weinke<br />
Verlagslektorat<br />
Regina Dorneich, Dagmar Lutz<br />
Grafisches Konzept und Gestaltung<br />
KOMA AMOK, Kunstbüro für Gestaltung, Stuttgart<br />
Schriften<br />
Caligari Pro (Joerg Ewald Meißner und Gerd<br />
Sebastian Jakob, inspiriert von den Zwischentitelentwürfen<br />
aus dem Film Das Cabinet des Dr. Caligari),<br />
Old Style (Monotype), FF Bau (Christian Schwartz)<br />
Papier<br />
Profimatt, 150 g / m²<br />
Verlagsherstellung<br />
Christine Emter<br />
Reproduktionen<br />
LVD Gesellschaft für Datenverarbeitung mbH, Berlin<br />
Gesamtherstellung<br />
Firmengruppe Appl, Wemding<br />
© 2010 Institut <strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt, Hatje<br />
Cantz Verlag, Ostfildern, und Autoren<br />
© 2010 für die abgebildeten Werke von Max Beckmann,<br />
Rudolf Belling, Max Burchartz, Paul Citroën,<br />
Otto Dix, Ernst Moritz Engert, Lyonel Feininger,<br />
Conrad Felixmüller, Hermann Finsterlin, Walter<br />
Gropius, George Grosz, Hugo Häring, Christoph<br />
Irrgang, Johannes Itten, Wassily Kandinsky, Paul<br />
Klee, César Klein, Arthur Köster, Käthe Kollwitz,<br />
Bernhard Kretzschmar, Ludwig Mies van der Rohe,<br />
Lucia Moholy, Hans Scharoun, Joost Schmidt,<br />
Karl Schmidt-Rottluff, Arnold Schönberg, Gunta<br />
Stölzl, Nic Tenwiggenhorn, Henry van de Velde,<br />
Frank Lloyd Wright, William Wauer bei VG Bild-<br />
Kunst, Bonn;<br />
von Otto Bartning beim Nachlass Otto Bartning,<br />
Technische Universität Darmstadt; Marcel Breuer<br />
bei Thomas Breuer, USA; Heinrich Maria Davringhausen<br />
bei Renata Davringhausen, c/o Leopold-<br />
Hoesch Museum der Stadt Düren; Gebrüder Dransfeld<br />
bei Gudrun Dransfeld, Hamburg; Josef Fenneker<br />
beim Stadtmuseum Bocholt; Otto Fischer-Trachau<br />
beim Nachlass Fischer-Trachau, Hamburg; Carl<br />
Gunschmann beim Nachlass Gunschmann, Darmstadt;<br />
Horst von Harbou bei Deutsche Kinemathek –<br />
Museum für Film und Fernsehen, Berlin; Erich<br />
Heckel beim Nachlass Erich Heckel, Hemmen hofen;<br />
Paul Hindemith beim Hindemith Institut Frankfurt<br />
und Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg,<br />
Frankfurt a. M.; Martin Jahn beim Nach lass<br />
Martin Jahn, Warschau; Franz Jung bei Peter Jung,<br />
Miami, Florida; Oskar Kokoschka bei Fondation Oskar<br />
Kokoschka / VG Bild-Kunst, Bonn; Alfred Kubin bei<br />
Eberhard Spangenberg / VG Bild-Kunst, Bonn; Hans<br />
Leip beim Museum für Hamburgische Geschichte;<br />
Ernst Wilhelm Lotz beim Jüdischen Museum,<br />
Frankfurt a. M.; Hans und Wassili Luckhardt beim<br />
Nachlass Freese, Celle; Emil Maetzel beim Nachlass<br />
Maetzel / Maetzel Johannsen; Gerhard Marcks<br />
bei der Gerhard Marcks Stiftung, Bremen; Ludwig<br />
Meidner beim Jüdischen Museum, Frankfurt a. M.;<br />
Moriz Melzer mit freundlicher Unterstützung Renate<br />
Kneifel, Essen; Erich Mendelsohn bei Daria Joseph,<br />
Mill Valley, Kalif.; Emil Nolde bei der Ada und Emil<br />
Nolde Stiftung, Seebüll; Max Pechstein bei der<br />
Ur heberrechtsgemeinschaft Max K. Pechstein, Hamburg;<br />
Franz Pfemfert beim Deutschen Literaturarchiv,<br />
Marbach; Richard Seewald bei der Richard<br />
und Uli Seewald-Stiftung, Zürich; Milly Steger bei<br />
L. Schwebel; Jakob Steinhardt beim Nachlass<br />
Steinhardt, Nahariya; Herwarth Walden beim Nachlass<br />
Walden, München;<br />
sowie bei den Künstlern oder ihren Rechtsnachfolgern<br />
© 2010 für die abgebildeten Filme Das Cabinet<br />
des Dr. Caligari, Der Golem, wie er in die Welt kam,<br />
Dr. Mabuse, der Spieler. 1. Teil: Der große Spieler –<br />
Ein Bild der Zeit, Genuine und Metropolis bei der<br />
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden;<br />
Raskolnikow beim EYE Film Instituut Nederland,<br />
Amsterdam; Von morgens bis mitternachts und Nerven<br />
beim Filmmuseum München / Edition Filmmuseum;<br />
Das Wachsfigurenkabinett bei der The Douris Cor poration,<br />
Los Angeles, Kalif.<br />
Umschlagabbildung<br />
Das Cabinet des Dr. Caligari, 1919 / 20, Regie:<br />
Robert Wiene, ausbelichtetes Filmbild, Friedrich-<br />
Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden<br />
Frontispiz (S. 5)<br />
Carl Gunschmann, Plakat zur Ausstellung Deutscher<br />
<strong>Expressionismus</strong>, 1920, Lithografie, Kartensammlung,<br />
Universitäts- und Landesbibliothek, Darmstadt<br />
Erschienen im<br />
Hatje Cantz Verlag<br />
Zeppelinstraße 32<br />
73760 Ostfildern<br />
Deutschland / Germany<br />
Tel. +49 711 4405-200<br />
Fax +49 711 4405-220<br />
www.hatjecantz.com<br />
Buchhandelsausgabe<br />
(Hardcover mit Schutzumschlag):<br />
ISBN 978-3-7757-2712-9 (Deutsch)<br />
ISBN 978-3-7757-2713-6 (Englisch)<br />
Museumsausgabe: Hardcover<br />
Zur Ausstellung erscheint in der Reihe<br />
Kunst zum Hören auch der offizielle Audioguide:<br />
ISBN 978-3-7757-2726-6 (Deutsch)<br />
ISBN 978-3-7757-2727-3 (Englisch)<br />
Zur Ausstellung erscheint die Dokumentation<br />
<strong>Gesamtkunstwerk</strong> <strong>Expressionismus</strong> auf DVD<br />
(25 Minuten), produziert im Auftrag des Instituts<br />
<strong>Mathildenhöhe</strong> Darmstadt und des Deutschen<br />
Filmmuseums, Frankfurt a. M.,<br />
von cine + Filmproduktion<br />
Informationen zu dieser und zu anderen<br />
Ausstellungen finden Sie unter www.kq-daily.de<br />
Printed in Germany<br />
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