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Bulletin 2015/1

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Das lange Warten<br />

Ruedi Bieler<br />

Verantwortlicher für Berufsbildner/<br />

-innen-Kurse der SVBL<br />

22<br />

Der Vertrag ist gemacht . . . und jetzt ?<br />

Immer im November schliessen<br />

viele junge Menschen den Bund<br />

– nicht für’s Leben, aber doch für<br />

einen Lebensabschnitt. Sie versprechen,<br />

sich in eine neue Lebensgemeinschaft<br />

hinein geben<br />

zu wollen; in einen ihnen meist<br />

fremden Alltag, mit Menschen,<br />

denen sie vorher noch nie oder<br />

nur selten begegnet sind. Sie haben<br />

zwar mal kurz die neue Lebensumgebung<br />

angeschaut und<br />

auch die Mitmenschen kennengelernt,<br />

aber so richtig eingelebt<br />

haben sie sich noch nicht. Da<br />

gibt es noch so vieles zu tun,<br />

noch so viel Altes abzuschliessen,<br />

so viele Vorbereitungen zu treffen.<br />

Das alte Leben soll man jetzt<br />

schon bald hinter sich lassen und<br />

in das neue eintauchen. Zum<br />

Glück geht das noch ein paar Monate.<br />

Als der Vertrag unterzeichnet<br />

wurde, waren ein paar Menschen<br />

anwesend. Schade, eigentlich<br />

hätte man lieber noch etwas<br />

gefeiert und ein paar Kollegen<br />

mehr eingeladen. Aber das war<br />

in der kurzen, zur Verfügung stehenden<br />

Zeit einfach nicht möglich.<br />

Klar, das neue Oberhaupt in<br />

der neuen Lebensgemeinschaft<br />

hat sich schon gefreut, aber ein<br />

überschwänglicher Gefühlsausbruch<br />

blieb aus. Gut, vielleicht<br />

wäre das auch etwas peinlich<br />

oder gar nahe gewesen. «Die andere<br />

Seite» wusste glaub’s nicht<br />

so recht, wie es wohl werden<br />

würde, wenn man dann zukünftig<br />

so viele Stunden miteinander<br />

verbringen soll . . . Schön war<br />

aber, wie stolz die Eltern waren,<br />

die auch sichtlich Erleichterung<br />

zeigten, dass Fräulein Tochter<br />

oder Herr Sohn in gute Hände<br />

kommen würde . . .<br />

Und so führen die jungen Menschen<br />

vor dem Einzug in die<br />

neue Umgebung ihr bekanntes<br />

Leben weiter und vergessen<br />

manchmal, dass man eben die<br />

obengenannten Vorbereitungen<br />

noch treffen und sich selber nicht<br />

allzu stark verändern sollte, damit<br />

man dann am ersten Tag des<br />

Zusammenlebens nicht zuerst<br />

einen Kultur-Schock bekommt . . .<br />

. . . STOP !<br />

Ich glaube, ich muss hier etwas<br />

klar stellen: Es geht hier nicht<br />

ums Heiraten, und auch nicht um<br />

das Zusammenziehen neuer Eheleute.<br />

Ich rede vom Lehrvertrag<br />

und dem Lehrbeginn !<br />

Liebe Berufsbildnerinnen und<br />

Berufsbildner:<br />

Erinnern Sie sich noch an die<br />

grosse Veränderung, die Sie damals<br />

mitgemacht haben ? Erinnern<br />

Sie sich an die Freude oder<br />

auch an die Zweifel vor den anstehenden<br />

Herausforderungen ?<br />

Wissen Sie noch, wie das so wahr:<br />

Die Zeit zwischen dem Vertragsabschluss<br />

und dem Lehrbeginn ?<br />

Ging die Zeit schnell und ohne<br />

sichtbare Veränderung Ihrer Person<br />

an Ihnen vorüber ? Oder dauerte<br />

es Ewigkeiten, bis Sie endlich<br />

anfangen durften ? War es am<br />

Schluss gar ein Schock, als Sie die<br />

neue Stelle antraten und alles anders<br />

als erwartet? Haben Sie sich<br />

verändert in der Zwischenzeit<br />

und sich vielleicht sogar von den<br />

zukünftigen Lebensgenossen<br />

und dem Job entfremdet ?<br />

Schülerinnen und Schüler in der<br />

Oberstufe berichten immer wieder<br />

gleiches:<br />

Entweder sind sie in einem Betrieb<br />

untergekommen, der sich<br />

seit dem Vertragsabschluss ihrer<br />

annimmt, der sich in regelmässigen<br />

Abständen nach ihnen und<br />

ihrem Befinden erkundet, der<br />

sich interessiert, wie die Schule<br />

und das Leben so läuft und auf<br />

dem Weg der Ablösung und der<br />

baldigen Neuintegration begleitet.<br />

Sie empfinden das meist als<br />

wertschätzend und aufmerksam,<br />

manchmal aber auch als kontrollierend<br />

und belastend, weil man<br />

schon « zu früh » Erwartungen<br />

erfüllen muss . . .<br />

Oder aber sie sind nach dem Vertragsabschluss<br />

irgendwie ein-

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