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Timbos Kleine Taktikschule<br />
Heute: Grundformationen<br />
Mit der Beschreibung von Grundformationen ist das so eine<br />
Sache. Haben die Bayern unter Guardiola ein 4-1-4-1 oder ein<br />
3-4-3 gespielt? Zählt eine abkippende Sechs <strong>zur</strong> Viererkette<br />
und der aufrückende Außenverteidiger ins Mittelfeld oder<br />
gar in den Sturm? Viele Fachleute können mit den Zahlenspielen<br />
in der Fußballjournalistik nichts anfangen, geht es<br />
doch um das Spielsystem in Defensiv- und Offensivsituationen<br />
und davon gibt es weit mehr als das übliche „Mannschaft<br />
xx spielt heute im 4-2-3-1.“. Es ist eher so: Nennt einfach drei<br />
oder vier Zahlen, die zusammen eine 10 ergeben, fangt mit<br />
einer Vier an und ihr könnt euch sicher sein, dass es diese<br />
Formation schon einmal im Weltfußball gegeben hat. Einig<br />
ist man sich immerhin darüber, dass die Mannschaften ihre<br />
Formation während des Spiels variieren, es jedoch zumindest<br />
eine Grundformation gibt.<br />
Wenn die eigene Grundformation mit der des gegnerischen<br />
Teams verglichen wird, geht es darum, wie viele Spieler*innen<br />
im Verhältnis zum gegnerischen Team im Raum verteilt<br />
sind. Das Ziel ist einfach: Mit der eigenen Formation soll eine<br />
Überzahl in den Fokusbereichen des Spielfelds geschaffen<br />
werden. Eine numerische Überzahl führt zwar nicht zwingend<br />
zu einem Torabschluss oder einem Ballgewinn, allerdings<br />
erhöht sich die Chance enorm. Doch welche Formation<br />
ist wann die beste? Wir zeigen die aktuell gängigsten Formationen<br />
mit ihren Vor- und Nachteilen.<br />
4-4-2 flach:<br />
„Flach“ bedeutet in diesem<br />
Fall, dass anstelle einer<br />
Raute, wie sie vor zehn<br />
Jahren angesagt war (und<br />
Bremen 2004 zum Double-Sieger<br />
machte), nun eine<br />
Doppel-Sechs aufgeboten<br />
wird. Dieses System besticht<br />
durch Variabilität,<br />
birgt aber auch Risiken. Während ein Stürmer durchgehend<br />
zentrumsfokussiert agiert, kann der zweite Stürmer als falsche<br />
Neun wirken und Räume für nachrückende Spieler<br />
schaffen. Meist lösen sich eine Sechs und ein Stürmer horizontal,<br />
es kann aus dieser Formation aber auch über das Zentrum<br />
aufgebaut werden, wenn die gegnerische Mannschaft nur<br />
eine Sechs aufbietet. In der Offensive steht und fällt der Erfolg<br />
des Teams mit der Leistung der falschen Neun, da nur diese<br />
Räume schaffen kann. Zur Unterstützung werden deshalb<br />
inzwischen häufig die äußeren Mittelfeldspieler nach innen<br />
gezogen, wodurch den Außenverteidigern eine zentrale Rolle<br />
im Spielaufbau zukommt. Gegen den Ball können leicht Pässe<br />
allerdings besteht gegen Teams im 4-2-3-1 eine numerische<br />
Unterzahl im Zentrum, welches diesen eine Vielfalt an Möglichkeiten<br />
bietet.<br />
4-2-3-1:<br />
Momentan der Shit in Liga<br />
Zwei. Im Offensivspiel<br />
können die drei offensiven<br />
Mittelfeldspieler bei Ballgewinn<br />
sofort in Szene gesetzt<br />
werden und sehr variabel<br />
verschieben. Eine Sechs<br />
kann ebenfalls einrücken,<br />
ohne dass bei Ballverlust<br />
zu große Lücken entstehen, da die zweite Sechs rückverteidigt.<br />
Die Sechsen und die Zehn führen zu enormer Präsenz<br />
im Zentrum. Diese muss vom gegnerischen Team, egal in<br />
welcher Formation, erst einmal zugestellt werden, was wiederum<br />
Räume auf den Außenbahnen ermöglicht, die mit geschicktem<br />
Verschiebeverhalten der Zehn in Überzahlsituationen<br />
münden können. Nachteilig ist die Einzelbesetzung der<br />
Stürmerposition, da dieser positionsgebunden ist und ohne<br />
Horizontalbewegungen agiert. Das führt dazu, dass Räume<br />
im Zentrum nur schwerlich geöffnet werden können. Einige<br />
Teams spielen daher mit einer einrückenden Sechs als Halbstürmer<br />
(siehe Rzatkowski 14/15). Im Spiel gegen den Ball<br />
sorgen die Sechsen ebenfalls für Präsenz im Zentrum und<br />
können auch abkippen, falls die gegnerische Mannschaft zwei<br />
Stürmer aufbietet. Die Überzahl im Zentrum führt zwangsläufig<br />
zu einer Unterzahl auf den Flügeln, welche nur durch<br />
hohe Laufbereitschaft und geschlossenes Verschieben ausgeglichen<br />
werden kann.<br />
3-5-2:<br />
Eine Formation, die uns in<br />
Zukunft häufiger begegnen<br />
wird. Das System lässt sich<br />
mit einem Wort beschreiben:<br />
variabel. Eigentlich ist<br />
es eine Frechheit, es 3-5-2<br />
zu nennen, denn je nach<br />
Spielsituation ist es ein 5-3-<br />
2, 4-4-2, 3-3-4 oder 4-3-3.<br />
Die Dreierkette kann variabel durch die äußeren Mittelfeldspieler<br />
zu einer Vierer- oder Fünferkette anwachsen, was die<br />
Räume stark verengt. Hierbei werden allerdings die Flügel<br />
vernachlässigt. Die Unterzahl auf den Flügeln führt dazu,<br />
technisch höchste Qualität abverlangt wird. Ist diese Qualität<br />
vorhanden, erfüllt diese Formation alle Ansprüche: Zwei<br />
Stürmer besetzen dauerhaft die Tiefe. Das Zentrum ist mit<br />
drei Spielern ausreichend besetzt und die letzte Kette kann in<br />
Notsituationen aus fünf Spielern bestehen. Die taktische Feinabstimmung<br />
muss aber sitzen, ansonsten kann sich die gegnerische<br />
Mannschaft durch schnelles Verlagern oder strikt<br />
vertikales Umschaltspiel recht einfach in die Gefahrenzone<br />
kombinieren.<br />
18 nach Außen provoziert werden, anschließend wird gedoppelt, dass den äußeren Mittelfeldspielern läuferisch, taktisch und<br />
19<br />
4-3-3:<br />
Ein tolles System, weil es<br />
verwirrende Optionen im<br />
Umschaltspiel bietet. Nach<br />
Ballgewinn stehen drei<br />
tiefe Anspielstationen <strong>zur</strong><br />
Verfügung, welche die andere<br />
Mannschaft bei guten<br />
Passläufen in Unterzahl<br />
bringen. Durch hohes Verschieben<br />
der Stürmer können Räume geöffnet werden. Bei<br />
Ballverlust sind allerdings ebenfalls Kontersituationen denkbar,<br />
da die hohe Staffelung Probleme in der Rückverteidigung<br />
forciert. Der gegnerischen Mannschaft bieten sich bei Ballbesitz<br />
das Spiel über die Flügel als auch eine Formation mit zwei<br />
Stürmern (da meist nur eine Sechs) an. Das führt dazu, dass<br />
die Mittelfeldspieler gestaffelt verteidigen (4-2-1-3 oder 4-1-2-<br />
3) Auch hier besteht ein hoher spielerischer und läuferischer<br />
Anspruch an die Außenverteidiger, da die Mittelfeldspieler<br />
defensiv eng zusammenziehen, um ein Spiel durch das Zentrum<br />
zu unterbinden.<br />
4-1-4-1:<br />
Ebenfalls eine Formation<br />
mit Zukunft. Üblicherweise<br />
ist die Sechs am Offensivspiel<br />
unbeteiligt, der<br />
Spielaufbau erfolgt häufig<br />
vertikal über die Außenbahnen.<br />
Das risikoreiche<br />
vertikale Spiel legitimiert<br />
sich dadurch, dass zwei<br />
Zehner im Zentrum eine optimale Raumaufteilung für das<br />
Gegenpressing bieten. Daher sind eigene Ballverluste im<br />
Spielaufbau risikoarm und bieten weitere Offensiv-Option, da<br />
sofort mit dem Gegenpressing gestartet werden kann. Wenn<br />
sich allerdings die Zehner nicht gut im Raum bewegen, wird<br />
das Spiel statisch. Sollten die Zehner jedoch eine gute Raumaufteilung<br />
und –bewegung zeigen, werden die gegnerischen<br />
Ketten auseinandergezogen. In der Defensive bilden sich<br />
zwei Viererketten, was ein Doppeln auf den Flügeln ermöglicht.<br />
Eine Steuerung des gegnerischen Spielaufbaus ist kaum<br />
möglich, jedoch sind sowohl Zentrum als auch Außen ausreichend<br />
besetzt. Schwierig wird es nur, wenn das gegnerische<br />
Team einen zweiten Stürmer aufbietet oder die Ketten durch<br />
Schnittstellenpässe durchbrochen werden, weil die Abstände<br />
nicht stimmen.<br />
Auch bei unserem FC wurden in der Hinrunde viele Formationen<br />
probiert. Aus dem 4-2-3-1 der Vorsaison wurde ein 4-4-<br />
2 und später ein 4-1-4-1, teilweise sogar wieder ein 4-2-3-1.<br />
Es wurde deutlich, dass keine der Formationen greift, wenn<br />
Laufbereitschaft und taktische Disziplin nicht vorhanden<br />
sind und in der letzten Kette die Abstände nicht stimmen.<br />
Die richtige Einstellung muss also formationsunabhängig gegeben<br />
sein.