sozial - BruderhausDiakonie
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<strong>sozial</strong> • Ausgabe 2 | 2010 Wirtschaftskrise – Auswirkungen auf die <strong>sozial</strong>e Arbeit<br />
TITELTHEMA<br />
(Name geändert) schon die nächsten Kanthölzer auf<br />
die von seinem Chef als Hilfsmittel entworfene Schablone.<br />
Zwei lange außen längs, vier kürzere innen<br />
quer. Mit einem Nagelschussapparat befestigt er die<br />
Hölzer, die zusammen die Rückwand des Drückjagdstandes<br />
bilden. Aufmerksam prüft Peter K., ob alle<br />
Nägel richtig sitzen, dann richtet er sich auf. „Eine<br />
schöne Arbeit“, findet er und betrachtet liebevoll sein<br />
Werk. Der 41-Jährige wirkt ruhig und zuverlässig. Er<br />
arbeitet zeitweise selbstständig, während seine Kollegen<br />
mehr oder weniger Anleitung brauchen.<br />
„Das sind nicht die richtigen Hölzer für die Seitenwände“,<br />
erklärt Nardiello einem kleinen, rundlichen<br />
Mann, der gerade mit ein paar kürzeren Kanthölzern<br />
hereingekommen ist. „Die haben das falsche Maß.“<br />
Weil der Gruppenleiter aber Wert darauf legt, dass<br />
seine Leute das, was sie tun, auch verstehen, versucht<br />
Werkstätten Reutlingen/Ermstal<br />
„Wir haben die Krise ganz gut gemeistert“<br />
Ein Jahr ist es her, dass die Werkstätten<br />
der <strong>BruderhausDiakonie</strong> in Reutlingen<br />
und im Ermstal erhebliche Auftragsverluste<br />
hinnehmen mussten. Man<br />
rechnete mit Einbußen von 30 bis 35<br />
Prozent. Heute, zwölf Monate später,<br />
hat sich die Situation entspannt. „Die<br />
Auftragslage ist im Vergleich zum Frühjahr<br />
2009 deutlich besser“, sagt der Leiter<br />
der Werkstätten, Gerhard Droste und<br />
schätzt die tatsächlichen Verluste auf<br />
etwa zehn Prozent.<br />
Mit rund 850 Beschäftigten in Reutlingen,<br />
Metzingen, Dettingen/Erms und<br />
Bad Urach arbeiten die Werkstätten für<br />
über hundert, größtenteils mittelständische<br />
Unternehmen. Als „richtig erwiesen“<br />
hat sich laut Droste der kontinuierliche<br />
Ausbau des Dienstleistungssektors,<br />
die Zunahme von Eigenprodukten und<br />
die Auslagerung von Arbeitsplätzen in<br />
integrativen Cafeterien und Cafés. Einen<br />
neuen Kunden hat die <strong>BruderhausDiakonie</strong><br />
mit der Firma Raff aus Riederich<br />
gewonnen, für die Arbeiten im Bereich<br />
Kommissionierung und Postversand<br />
erledigt werden.<br />
Seit einigen Monaten gebe es auch<br />
wieder deutlich mehr Anfragen von<br />
er unverdrossen, technisches Verständnis zu<br />
vermitteln. Auch wenn das bei Menschen<br />
mit einer Behinderung, selbst relativ fitten,<br />
nicht immer gelingt. „Die Werkstatt ist wie<br />
ein kleiner Betrieb“, meint Francesco Nardiello.<br />
Vom Einkauf über die Produktion bis zur<br />
Qualitätskontrolle: „Alles muss stimmen.“<br />
Seine neueste Erfindung ist die sogenannte<br />
Ausbaukanzel, ein besonders hoher Drückjagdstand,<br />
der ringsum verkleidet werden<br />
kann. Die ersten Prototypen sind bereits bestellt.<br />
Wie ihre kleineren Vorgängermodelle Einige Ansichtsexemplare<br />
haben auch sie der Belastungsprobe von stehen auf dem Werkstattgelände<br />
in Metzingen<br />
600 Kilo locker Stand gehalten. „Und wann“,<br />
sagt Nardiello und lacht jetzt sogar, „stehen<br />
schon mal sechs Jäger da oben.“<br />
kaw Z<br />
langjährigen Kunden, so dass bestehende<br />
Geschäftsbeziehungen ausgeweitet<br />
worden seien. Wie beispielsweise zum<br />
Stuttgarter Kosmos-Verlag, für den<br />
Experimentierkästen in Kommission<br />
genommen und verpackt werden. Deutlich<br />
verstärkt worden sei auch die Zusammenarbeit<br />
mit<br />
der Tübinger Firma<br />
MHH Solartechnik.<br />
Für deren Photovoltaikanlagen<br />
werden<br />
in den Werkstätten<br />
spezielle Halterungen<br />
hergestellt. Ein Gerhard Droste<br />
Lichtblick war nach Ansicht von Gerhard<br />
Droste letztes Jahr die Erweiterung der<br />
Halle in Dettingen/Erms zur Lagerung<br />
von Zylinderkopfschrauben für den Automobilzulieferer<br />
ElringKlinger. Bis zu<br />
20 Menschen mit Behinderung können<br />
dadurch mit Verpackungsarbeiten beschäftigt<br />
werden.<br />
„Wir haben die Krise ganz gut gemeistert“,<br />
findet Droste. „Und auch als<br />
Chance genutzt.“ Für Bildungsarbeit,<br />
aber auch, um Arbeitsabläufe zu optimieren.<br />
„Schließlich sind wir nicht in<br />
erster Linie ein produzierendes Gewer-<br />
be.“ Zu den Aufgaben der Werkstätten<br />
gehörten vor allem die Förderung<br />
und Rehabilitation von Menschen mit<br />
Handicap. „Wir werden beides im Blick<br />
behalten, Produktion und Assistenzleistungen.“<br />
Auch wenn alle im Krisenjahr geplanten<br />
Ausgaben genau geprüft worden seien,<br />
habe man größere Investitionen, die der<br />
Modernisierung und Zukunftssicherung<br />
dienen, realisiert. So wurde laut Droste<br />
ein neues CNC-Bearbeitungszentrum<br />
angeschafft. In Reutlingen wurde das<br />
neue Werkstattgebäude fertiggestellt,<br />
das alte soll jetzt komplett modernisiert<br />
werden – alles in allem ein Sieben-<br />
Millionen-Euro-Projekt. Geplant sei ein<br />
Neubau als Arbeitsstätte für 120 Menschen<br />
mit psychischer Erkrankung im<br />
Reutlinger Industriegebiet „In Laisen“.<br />
Der Zukunft sieht der Werkstattleiter<br />
optimistisch entgegen. „Wir werden<br />
weiterhin aktiv bleiben, auf Kunden<br />
zugehen und unsere Geschäftsfelder<br />
ausweiten.“ Zum Beispiel im Bereich<br />
der Medizintechnik, wo die Werkstätten<br />
bislang nicht Fuß fassen konnten. Aber<br />
was nicht ist, kann ja bekanntlich noch<br />
werden. kaw Z<br />
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